Bayerisches LSG, Urteil vom 14.03.2008 - L 4 KR 250/07
Fundstelle
openJur 2012, 90793
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 1. Februar 2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Zahlung eines anteiligen Krankengeldbetrages neben einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der Versicherung des am 12.03.2005 verstorbenen Ehemannes der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin.

Dieser war aufgrund eines bösartigen Tumorleidens am 30.09.2003 arbeitsunfähig erkrankt und bezog von der Beklagten seit 12.11.2003 Krankengeld. Dieses wurde in der Zeit vom 10.08. bis 07.09.2004 durch die Zahlung von Übergangsgeld durch die BfA aufgrund einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme unterbrochen. Anschließend setzte wieder Krankengeld ein, das bis Ende des Monats September 2004 bezahlt wurde. Am 27.10.2004 erließ die BfA einen Bescheid, wonach sie die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.05.2004 gewähre und die Zahlungen dazu ab 01.11.2004 aufnehme. Die Nachzahlung bis einschließlich 31.10.2004 überwies die BfA zunächst an die Beklagte, die diese mit dem Krankengeld verrechnete und ab 01.10.2004 namens der BfA die Rente für Oktober 2004 an den Versicherten überwies. Mit Bescheid vom 02.11.2004 unterrichtete sie den Versicherten davon und entschied zugleich, das Krankengeld nicht über den 30.09.2004 hinaus zu zahlen. Daraufhin ließ der Versicherte einen bereits am 03.08.2004 ausgestellten Auszahlungsschein am 02.11.2004 von seiner behandelnden Ärztin über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit ausstellen und reichte diesen tags darauf bei der Beklagten ein und forderte im Widerspruch vom 15.11.2004, ihm auch für den Monat Oktober 2004 das volle Krankengeld, also den Betrag, der die Oktoberrente übersteigt, zu bezahlen. Dies lehnte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2004 ab, so dass es am 14.03.2005 zur Klage beim Sozialgericht München kam. Hierzu ließ der Versicherte vortragen, dass der Anspruch auf volles Krankengeld für Oktober 2004 deswegen bestehe, weil die BfA erst am 27.10.2004 die Rente rückwirkend zugebilligt habe. Bis Erhalt dieses Bescheides habe der Krankengeldanspruch fortbestanden. Dem folgte das Sozialgericht im Urteil vom 01.02.2007 nicht und wies die nunmehr von der Rechtsnachfolgerin fortgeführt Klage ab, weil der Versicherte keinen nachträglichen Anspruch auf den Spitzbetrag habe, wenn die Rentenleistung bereits festgestellt ist, ohne dass bis dahin Krankengeld von der Krankenkasse gezahlt worden ist.

Die hiergegen am 29.05.2007 eingelegte Berufung wird damit begründet, dass die Krankenkasse verpflichtet sei, ein rechtsverbindlich bewilligtes Krankengeld auch dann noch auszuzahlen, wenn rückwirkend eine Rente gewährt werde. Eine Krankengeldbewilligung habe bis zum Zeitpunkt der Aufnahme der Rentenzahlung zum 01.11.2004 vorgelegen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 01.02.2007 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 02.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.03.2005 dahin abzuändern, dass ihr auch noch für den Monat Oktober 2004 das Krankengeld unter Anrechnung des Rentenanspruchs bezahlt wird. Gleichfalls begehrt sie die sich daraus ergebenden Folgen, nämlich die Verpflichtung der Beklagten zur Beitragsabführung zur Rentenversicherung während des Bezuges des Krankengeldes.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und bezieht sich auf das Urteil des Sozialgerichts München.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegt Berufung, deren Beschwerdewert die Grenze von 500,- EUR übersteigt, ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), in der Sache selbst jedoch nicht begründet. Die Klägerin kann als Sonderrechtsnachfolgerin gemäß § 56 SGB I den sog. Spitzbetrag deswegen nicht verlangen, weil es an einer geeigneten Anspruchsgrundlage dafür fehlt.

Im Monat Oktober 2004 war der Versicherte unstreitig krankheitsbedingt nicht in der Lage, seinen zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben, so dass Arbeitsunfähigkeit bestand. Damit ist für einen Krankengeldanspruch gemäß § 44 Abs.1 Satz 1 SGB V die Voraussetzung des Bestehens von Arbeitsunfähigkeit erfüllt. Darüber hinaus erfordert aber § 46 SGB V neben des Bestehens der Arbeitsunfähigkeit auch die entsprechende ärztliche Feststellung darüber und im Übrigen geht ein Krankengeldanspruch dann zu Ende, wenn die Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung beginnt. Der Rentenanspruch hat beim Versicherten am 01.05.2004 begonnen, ein Zeitpunkt, an dem das Krankengeld noch bezahlt wurde. Daher bestimmt § 50 Abs.1 Satz 2 SGB V, dass ein Rückforderungsanspruch der Krankenkasse für bereits gezahltes Krankengeld auch bei rückwirkender Rentenbewilligung ausgeschlossen ist. Hier bleibt der Krankenkasse nur die Verrechnung mit der Rentennachzahlung, wie dies beim Versicherten geschehen ist.

Anders als die Klägerin annimmt, war vor Erlass des Rentenbescheides am 27.10.2004 das Krankengeld für diesen Monat noch nicht bewilligt worden, um ihr in Anwendung des von ihr zitierten Urteils des BSG vom 25.11.1981 - USK 81259 - einen Zahlungsanspruch zu verschaffen.

Die Bewilligung und Zahlung des Krankengeldes hat die Beklagte immer nur abschnittsweise vorgenommen und zwar anhand der ärztlichen Feststellung auf den Auszahlungsscheinen. Die Krankengeldzahlung ist keine Dauerleistung, die einmal gewährt wird und dann - etwa wie bei der Rente - weiter bezahlt wird, bis die Zahlung formell aufgehoben wird (vgl. BSG vom 26.06.2007 - B 1 KR 8/07 R). Vielmehr ist der Zahlungsanspruch abhängig von der ärztlichen Feststellung und Meldung der Arbeitsunfähigkeit (§ 46 Abs.1 Nr.2 und § 49 Abs.1 Nr.5 SGB V). Dabei soll gemäß § 6 Abs.2 der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien vom 01.12.2003 in der "Bescheinigung für die Krankengeldzahlung" (Auszahlungsschein) nicht für einen mehr als sieben Tage zurückliegenden und nicht mehr als zwei Tage im vorausliegenden Zeitraum eine Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit erfolgen. Bei schweren Erkrankungen wie der des Versicherten, können auch längere Zeiträume bescheinigt werden. Danach richtet sich dann die Festsetzung der Krankengeldzahlung durch die Krankenkasse, die jedoch nicht an den Inhalt einer solchen AU-Bescheinigung gebunden ist. Grundsätzlich scheidet eine Krankengeldzahlung aus für Zeiträume, für die keine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit vorliegt.

Daneben ist es zusätzlich notwendig, dass die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit der Krankenkassen auch rechtzeitig gemeldet wird, weil andernfalls der Krankengeldanspruch zwar entsteht, aber ruht, mithin also keine Zahlung erfolgt (§ 49 Abs.1 Nr.5 SGB V).

Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies: Aufgrund des Auszahlungsscheins vom 17.05.2004, auf dem Dr. B. am 23.08.2004 das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit bis auf weiteres bescheinigt hatte und daran anschließender Auszahlungsscheine, bewilligte die Beklagte das Krankengeld bis Ende September 2004. Auf dem Auszahlungsschein mit der neuerlichen Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit, den die Beklagte bereits Anfang August 2004 dem Kläger übersandt hatte, bestätigte Dr. B. erst am 02.11.2004 die andauernde Arbeitsunfähigkeit. Den Schein erhielt die Beklagte am Folgetag, dem 03.11.2004. Zu diesem Zeitpunkt war bereits der Bescheid der Beklagten vom 02.11.2004 ergangen, mit dem sie wegen des seit 01.05.2004 bestehenden Rentenanspruchs eine Bewilligung für Krankengeld für einen neuen, an den 30.04.2004 anschließenden Abschnitt verweigerte. Stattdessen zahlte sie für Oktober 2004 namens der BfA die Erwerbsminderungsrente, ehe ab November 2004 dann die Zahlung direkt von der BfA einsetzte.

Von daher ist es auch unzutreffend, wenn klägerseits behauptet wird, der Versicherte habe einen leistungslosen Zeitraum überbrücken müssen.

Somit bestehen keine Zweifel, dass die Beklagte den § 50 SGB V korrekt angewendet hat. Sie hat vielmehr für die bis 30.09.2004 angewiesenen Krankengeldzahlungen jeweils eine rechtzeitige ärztliche AU-Feststellung und Meldung angenommen. Für die Zeit danach kann dies offen bleiben, denn die Zahlung für das Krankengeld ab 01.10.2004 wurde erst am 03.11.2004 beantragt, so dass die Beklagte gehalten war, wegen des in § 50 normierten Ausschlusses der Krankengeldzahlung zu diesem Zeitpunkt eine Wiederaufnahme der Krankengeldzahlung weder zu bewilligen noch durchzuführen und zwar auch nur in Höhe des Spitzbetrages, also unter Anrechnung der Oktoberrente.

Mangels eines Krankengeldanspruches für Oktober 2004 bestand auch keine über den 30.09.2004 hinausgehende Rentenversicherung bei der BfA auf der Grundlage von §§ 3, 170, 176 SGB VI.

Angesichts des Verfahrensausgangs besteht kein Anlass der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe, die Revision zuzulassen sind nicht ersichtlich.