VG Düsseldorf, Urteil vom 11.04.2012 - 23 K 4431/10
Fundstelle
openJur 2012, 86101
  • Rkr:
Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Be-klagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Soweit das Verfahren durch übereinstimmende Erklärungen der Parteien in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, war es einzustellen.

Im Übrigen ist die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 22. Juni 2010 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Die Untersagung des gewerbsmäßigen Handels und der gewerbsmäßigen Zucht von Katzen findet ihre Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 3 Tierschutzgesetz (TierSchG). Danach soll die zuständige Behörde demjenigen die Ausübung der Tätigkeit untersagen, der die nach § 11 Abs. 1 Satz 1 TierSchG erforderliche Erlaubnis nicht hat. Dabei bedeutet "soll", dass die Behörde die Tätigkeit außer in atypischen Ausnahmefällen untersagen muss,

vgl. Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 2. Auflage 2007, § 11 Rn. 27.

Bei der Untersagungsverfügung nach § 11 Abs. 3 Satz 2 TierSchG handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt. Denn sie beinhaltet nicht nur das Gebot, eine ohne Erlaubnis begonnene Tätigkeit aufzugeben, sondern auch auf Dauer das Verbot, diese oder eine vergleichbare Tätigkeit wieder aufzunehmen, solange keine Erlaubnis erteilt ist. Der Erlass einer entsprechenden Anordnung ist daher nur dann nicht erforderlich, wenn die Behörde bereits im Zeitpunkt des Bescheiderlasses mit Sicherheit annehmen musste, dass die unerlaubt ausgeübte Tätigkeit nicht nur aktuell aufgegeben wurde, sondern auch künftig nicht wieder aufgenommen wird,

vgl. BayVGH, Beschluss vom 8. September 2008 - 9 ZB 05.2191 - in: juris.

Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Die Klägerin hat im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides einen gewerbsmäßigen Handel mit Katzen (I.) und eine gewerbsmäßige Zucht mit Katzen (II.) betrieben.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a) und b) TierSchG bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer gewerbsmäßig mit Wirbeltieren handeln oder mit ihnen züchten will. Gewerbsmäßig im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 3 TierSchG handelt, wer die in der Vorschrift genannten Tätigkeiten selbständig, planmäßig, fortgesetzt und mit der Absicht der Gewinnerzielung ausübt,

vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes - AVV- Nr. 12.2.1.5; Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 2. Auflage 2007, § 11Rn. 9.

Mit der Ausübung der Tätigkeit darf erst nach Erteilung der Erlaubnis begonnen werden.

I.

Die Klägerin hat im Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Ordnungsverfügung einen gewerblichen Katzenhandel ohne entsprechende Erlaubnis betrieben. Sie hat zahlreiche Katzenwelpen auf entsprechenden Internetportalen zu einem Preis von jeweils 250,00 Euro zum Kauf angeboten. Bereits der Umfang der zum Verkauf angebotenen Tiere spricht für eine Gewerbsmäßigkeit. So sind für den Zeitraum von Januar 2009 bis Mai 2010 mindestens 101 Anzeigen dokumentiert. Die Einlassung der Klägerin, in der Zeit von Januar bis April 2010 lediglich sieben Katzen annonciert zu haben, wird durch die in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten enthaltenen Unterlagen sowie die vom Beklagten übersandte Liste des Providers der Klägerin widerlegt. Zunächst ist bereits der Vortrag, in insgesamt neun Anzeigen aus der Zeit vom 8. Januar bis 27. Februar 2010 werde stets der gleiche Welpe angeboten, nicht nachvollziehbar. Die genannten Anzeigen enthalten zwei verschiedene Geburtsdaten und verschiedene Geschlechtsangaben. Die hierfür gegebenen Erklärungen der Klägerin, das Geschlecht des Tieres sei nicht feststellbar gewesen und als Geburtsdaten würden irgendwelche Daten in das Internet-Formular eingetragen, vermögen in keiner Weise zu überzeugen. Die Angabe des richtigen Geburtsdatums der Katze, das der Klägerin bekannt sein muss, dürfte ebenso einfach sein wie die Angabe irgendeines fingierten Datums. Vielmehr lässt diese Vorgehensweise nur den Schluss zu, dass es sich jeweils um verschiedene Tiere gehandelt hat. Ebenso vermag der das Vorbringen der Klägerin, sie gebe zum Teil rein prophylaktische Annoncen auf, nicht zu überzeugen. In jeder Anzeige wird mittels Bildern und unter Angabe von individuellen Charaktereigenschaften, Alter oder Geburtsdatum, Geschlecht, Fellfärbung und weiterer Details ausdrücklich ein bestimmtes Tier zum Verkauf angeboten. Wieso es sich hierbei um "fingierte" Anzeigen handeln soll, die die Chancen erhöhen sollen, "überhaupt als Anbieter (dann aber einer anderen Katze) erkannt zu werden", erschließt sich nicht. Denn das Angebot der wirklich vorhandenen Katze würde die Aufmerksamkeit der Leser in gleicher Weise auf sich ziehen. Selbst wenn sich aber die von der Beklagten gesammelten Internet-Anzeigen in der Zeit von Januar bis April 2010 - wie die Klägerin vorträgt - nur auf insgesamt sieben Katzen beziehen, so hat sie im gleichen Zeitraum im Internetportal "E.de" noch mindestens drei weitere Katzen zum Verkauf angeboten. Dies ergibt sich aus der von der Beklagten übersandten Auflistung des Providers. Danach hat die Klägerin am 15. und 23. Januar sowie am 11. Februar 2010 eindeutig drei Tiere angeboten, die in der von der Beklagten gefertigten Liste nicht enthalten sind. Im Übrigen hat die Klägerin vom 11. Mai bis 16. Juni 2010 insgesamt 31 weitere Anzeigen geschaltet. Allein aus den dort genannten verschiedenen Farbbezeichnungen und Geburtsdaten der Katzen ergibt sich, dass es sich um mindestens sechs weitere verschiedene Tiere gehandelt haben muss. Die Auflistung des Providers enthält überdies für den Zeitraum Januar bis Dezember 2009 insgesamt 67 Verkaufsanzeigen. Auch unter Berücksichtigung von Mehrfachanzeigen spricht alles für ein fortgesetztes und planmäßiges Handeln der Klägerin. Die Größenordnung der ausgewiesenen Preise bewegt sich im Rahmen dessen, was in Internet- und Zeitungsanzeigen für vergleichbare Katzen verlangt wird. Die von der Klägerin behauptete bloße Kostendeckung ihrer Tätigkeit ist nicht plausibel dargelegt und auch nicht ersichtlich. Die Tiere sind bei der Abgabe nicht grundimmunisiert; mithin fallen insoweit keine Tierarztkosten an. Auch auf entsprechende Nachfrage in der mündlichen Verhandlung konnte die Klägerin nicht näher konkretisieren, wie häufig und in welcher Höhe Tierarztkosten bei den Welpen anfallen bzw. anfielen. So konnte sie sich für das Jahr 2011 nur an einen Fall erinnern; im Jahr 2012 waren ihr nach ihren Angaben noch keine Tierarztkosten entstanden. Die Klägerin hat keinerlei konkrete Angaben dazu gemacht, welche anderen Kosten und in durchschnittlich welcher Höhe ihr entstehen und wie hoch ihre durchschnittlichen Einnahmen aus dem Verkauf der Welpen sind. Im Übrigen setzt die Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht nicht voraus, dass tatsächlich ein Gewinn erzielt wird. Für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit reicht es bereits aus, dass, selbst wenn Verluste erwirtschaftet werden oder der Gewinn den erhofften Umfang nicht erreicht, jedenfalls eine Gewinnerzielungsabsicht besteht,

vgl. Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz , 2. Auflage 2007 § 11 Rn. 9; VG Mainz, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 1 L 712/10.MZ - in: juris.

Aus den genannten Gründen bestehen hieran vorliegend keine Zweifel.

II.

Auch bei der von der Antragstellerin betriebenen Zucht von Perserkatzen handelt es sich um eine nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a) TierSchG erlaubnispflichtige Tätigkeit. Eine gewerbsmäßige Katzenzucht liegt im Regelfall bereits dann vor, wenn in einer Haltungseinheit fünf oder mehr fortpflanzungsfähige Katzen gehalten oder fünf oder mehr Würfe pro Jahr erreicht werden (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes - AVV - Nr. 12.2.1.5.1). Bei der für die Annahme einer Gewerbsmäßigkeit maßgeblichen Anzahl der Zuchttiere sind nicht nur die weiblichen Katzen, sondern der gesamte Zuchttierbestand zu berücksichtigen, da aus der in der AVV verwendeten Formulierung "Katzen" keine Beschränkung nur auf weibliche Tiere herzuleiten ist,

vgl. VG Mainz, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 1 L 712/10.MZ - in: juris.

In Nr. 12.21.5.1 AVV wird bei den dort angeführten Tieren nur bei der zuerst genannten Gattung der Hunde ausdrücklich darauf abgestellt, dass es bei der maßgeblichen Anzahl der Zuchttiere (nur) auf die "Hündinnen" ankommt. Bei allen anderen Tierarten wird dagegen bei deren Bezeichnung gerade keine Differenzierung nach dem Geschlecht vorgenommen.

Die von der Klägerin gehaltene Anzahl von Zuchttieren erreichte zum maßgeblichen Zeitpunkt den erlaubnispflichtigen Umfang einer gewerblichen Katzenzucht. Nach ihren eigenen Angaben hielt sie drei fortpflanzungsfähige weibliche Katzen sowie einen fortpflanzungsfähigen Kater, mithin insgesamt vier fortpflanzungsfähige Katzen. Nach ihrer Einlassung besaß sie darüberhinaus eine am 1. September 2009 geborene Katze, die sie nicht hatte verkaufen können. Zählt man diese zwischenzeitlich geschlechtsreife Katze dem übrigen - zugestandenen - Bestand hinzu, so ist mit fünf fortpflanzungsfähigen Tieren die Regelvermutung der AVV erfüllt. Auch im August 2008 waren bei der Klägerin insgesamt fünf fortpflanzungsfähige Katzen vorgefunden worden.

Jedenfalls hat die Klägerin aber mehr als drei Würfe pro Jahr erzielt. Dies ergibt sich eindeutig aus der Anzahl und dem Alter der bei der Kontrolle am 30. Dezember 2009 vorgefundenen Welpen. Die Klägerin hielt zu diesem Zeitpunkt insgesamt sieben Jungtiere, davon zwei Tiere im Alter von 5 Monaten, ein Tier im Alter von 3,5 Monaten, ein Tier im Alter von 2,5 Monaten, zwei Tiere im Alter von 2 Monaten und ein Tier, das am Tag der Kontrolle geboren wurde. Mithin handelte es sich um Tiere aus insgesamt fünf verschiedenen Würfen und nicht, wie die Klägerin vorträgt, aus lediglich drei Würfen. Auch aus den in den Anzeigen im Zeitraum Januar bis April 2010 angegebenen Geburtsdaten ergibt sich, dass es sich bei den dort angebotenen Tieren um Katzen aus mehr als drei Würfen gehandelt hat. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben, dass sie in diesem Zeitraum nur Welpen aus eigener Zucht inseriert hat.

Besondere Umstände, die im Hinblick auf die Regelvermutung ein Abweichen rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Sie sind insbesondere nicht darin zu sehen, dass die Klägerin nach ihren Angaben keine Gewinne aus der Zucht erzielt. Denn wie oben bereits ausgeführt, reicht es aus, dass eine Gewinnerzielungsabsicht besteht.

Die Kosten wurden der Klägerin gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 161 Abs. 2 VwGO ganz auferlegt, da die Beklagte im Hinblick auf den erledigten Teil nur geringfügig unterlegen ist. Denn die Zwangsmittelandrohung erhöht den Streitwert nicht, sodass der Teilerfolg der Klägerin keinen Einfluss auf die Kosten des Verfahrens hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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