OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.03.2012 - 8 D 47/11.AK
Fundstelle
openJur 2012, 85686
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Widerruf einer Verzichtserklärung für ein sog. Altkraftwerk nach § 20 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 der 13. BImSchV.

1. Die Klägerin betreibt am Standort Datteln ein westlich des Dortmund-Ems-Kanals gelegenes Steinkohlekraftwerk mit drei Blöcken und einer Feuerungswärmeleistung von 793 MWth (im Folgenden: Altkraftwerk Datteln). Die Blöcke werden im Wesentlichen mit Steinkohle befeuert.

Die Errichtung und der Betrieb der Blöcke 1 und 2 wurden durch Bescheid vom 5. September 1962 durch das Bergamt Recklinghausen, die Errichtung und der Betrieb von Block 3 beginnend mit Zwischenbescheid vom 14. Juli 1967 durch das Oberbergamt Dortmund zugelassen. Die Blöcke 1 und 2 wurden 1964/65, Block 3 1969 in Betrieb genommen. Im April 1986 zeigte die Klägerin das Altkraftwerk Datteln gemäß § 67 Abs. 2 BImSchG dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Recklinghausen an.

Das Altkraftwerk Datteln wurde durch verschiedene Teilgenehmigungen - zuletzt im August 1988 - um Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA) und Rauchgasentstickungsanlagen (DENOX) erweitert.

Das Altkraftwerk Datteln speist mit einer elektrischen Leistung von 303 MW in das Bahnstromnetz der Deutschen Bahn ein. Zudem wird die Fernwärmeversorgung der Stadt Datteln, deren Fernwärmeversorgungsanteil 48 % beträgt, derzeit ausschließlich über dieses Kraftwerk gedeckt.

2. Die Klägerin beantragte am 4. Januar 2006 bei der Bezirksregierung Münster einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid für ein neues Mono-Block-Steinkohlekraftwerk am Standort Datteln östlich des Dortmund-Ems-Kanals (im Folgenden: Kraftwerk Datteln 4). Aus den Antragsunterlagen ergibt sich, dass das Kraftwerk Datteln 4 das Altkraftwerk Datteln vollständig ersetzen und die Erzeugung des Bahnstroms sowie der Fernwärme für die Stadt Datteln übernehmen soll; eine Inbetriebnahme des Kraftwerks Datteln 4 war für das Jahr 2011 geplant. Dementsprechend erteilte die Bezirksregierung Münster der Klägerin am 31. Januar 2007 einen Vorbescheid zur Errichtung und zum Betrieb eines Steinkohlekraftwerkes mit einer Feuerungswärmeleistung von 2.400 MW mit Nebenanlagen unter der Bedingung, dass innerhalb eines Jahres nach Inbetriebnahme des Kraftwerks Datteln 4 das Altkraftwerk Datteln außer Betrieb geht und innerhalb von drei weiteren Jahren abschließend rückgebaut wird.

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2006 erklärte die Klägerin gegenüber der Bezirksregierung Münster, "gemäß § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV unser o.g. Kraftwerk mit den Blöcken I - III ... bis spätestens zum 31.12. 2012 unter Verzicht auf die Berechtigung zum Betrieb aus der Genehmigung stillzulegen". Bis zu diesem Zeitpunkt würden die Anlagen entsprechend den vorliegenden Genehmigungen sowie den Anforderungen der Richtlinie 2001/80/EG betrieben.

3. Bauplanungsrechtliche Grundlage für die Errichtung des Kraftwerks Datteln 4 sollte der am 19. Januar 2007 bekannt gemachte Bebauungsplan Nr. 105 - E.ON Kraftwerk - der Stadt Datteln sein. Zu diesem Bebauungsplan hatten die Stadt Datteln und die Klägerin am 15. Januar 2007 einen städtebaulichen Vertrag geschlossen, in dem sich die Klägerin verpflichtet hatte, das Altkraftwerk Datteln "nach der sicheren Inbetriebnahme des neuen Steinkohlekraftwerks" stillzulegen und rückzubauen. Block 3 des alten Kraftwerks sollte nach der sicheren Inbetriebnahme des neuen Kraftwerks noch ein Jahr betriebsfertig vorgehalten werden.

Mit Urteil vom 3. September 2009 (10 D 121/07.NE) erklärte der 10. Senat des erkennenden Gerichts den Bebauungsplan Nr. 105 - E.ON Kraftwerk - der Stadt Datteln für unwirksam. Zu diesem Zeitpunkt waren wesentliche Anlagenteile - insbesondere der Kühlturm - bereits vollständig errichtet. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Beschluss vom 16. März 2010 (4 BN 66.09) die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision zurück.

Bislang sind für das Kraftwerk Datteln 4 - neben dem erwähnten Vorbescheid vom 31. Januar 2007 - fünf Teilgenehmigungen erteilt worden. Gegen den Vorbescheid und die 1., 3., 4. und 5. Teilgenehmigung sind Anfechtungsklagen beim erkennenden Senat anhängig (8 D 38/08.AK und 8 D 114/07.AK).

4. Infolge der Nichtigerklärung des Bebauungsplanes ist es zu erheblichen Verzögerungen bei der Errichtung des Kraftwerks Datteln 4 gekommen. Nach derzeitigem Planungs- und Genehmigungsstand ist eine Inbetriebnahme vor dem 31. Dezember 2012 ausgeschlossen.

Vor diesem Hintergrund erklärte die Klägerin gegenüber der Bezirksregierung Münster mit Schreiben vom 6. Oktober 2010 den Widerruf ihrer Stilllegungserklärung vom 18. Dezember 2006; sie bat zugleich darum, den Widerruf als verbindlich zu bestätigen. Zur Begründung führte die Klägerin aus: Bei dem Altkraftwerk Datteln handele es sich um eine nachgerüstete Altanlage i.S.d. § 20 Abs. 4 der 13. BImSchV. Der Widerruf habe zur Folge, dass das Altkraftwerk Datteln spätestens zum 31. Dezember 2010 verschärfte - im Einzelnen aufgeführte - Emissionsanforderungen gemäß § 20 Abs. 4 der 13. BImSchV erfüllen müsse. Um diese Anforderungen ohne Inanspruchnahme der Privilegierung nach § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV ab diesem Zeitpunkt sicher zu erfüllen, seien bestimmte - ebenfalls näher genannte - Maßnahmen geplant bzw. bereits umgesetzt, darunter Mess- und Reinigungsarbeiten. Als Anlage zu ihrem Schreiben fügte die Klägerin einen Vermerk ihrer Prozessbevollmächtigten zur Zulässigkeit des Widerrufs der Stilllegungserklärung nach § 20 Abs. 3 Satz 1 der 13. BImSchV bei.

5. Mit Schreiben vom 11. November 2010 teilte das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) der Bezirksregierung Münster mit, dass zu der Frage der rechtlichen Zulässigkeit des Widerrufs der Verzichtserklärung ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben worden sei. Die Bezirksregierung werde gebeten, dessen Ergebnis abzuwarten und bis dahin nichts zu veranlassen.

Die Bezirksregierung Münster kam in einem Vermerk vom 18. November 2010 zu dem Ergebnis, dass der Widerruf der Stilllegungserklärung rechtlich zulässig und wirksam sei. Zudem bestätigte sie, dass das Altkraftwerk Datteln die emissionsbezogenen Anforderungen nach der 13. BImSchV zu jedem Zeitpunkt eingehalten habe und dass davon auszugehen sei, dass diese Anforderungen auch in Zukunft eingehalten würden.

Auch die Bezirksregierung Arnsberg sowie das Regierungspräsidium Darmstadt kamen in zwei Parallelverfahren - Widerruf der Stilllegungserklärungen in Bezug auf zwei weitere von der Klägerin betriebene Kraftwerke in Herne bzw. in Großkrotzenburg/Hessen - zu dem Ergebnis, dass der Widerruf zulässig sei (vgl. Vermerk der Bezirksregierung Arnsberg vom 22. Oktober 2010 bzw. Schreiben des Regierungspräsidums Darmstadt vom 5. Mai 2011).

Die Klägerin gab zu der Frage der Zulässigkeit des Widerrufs einer Stilllegungs- und Verzichtserklärung nach § 20 Abs. 3 Satz 1 der 13. BImSchV ebenfalls ein externes Rechtsgutachten in Auftrag. Der von ihr beauftragte Gutachter Prof. Dr. Jarass kam in seinem Gutachten vom Januar 2011 (im Folgenden: Jarass-Gutachten) zu dem Ergebnis, dass ein Widerruf einer solchen Verzichtserklärung unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sei und diese Voraussetzungen vorliegend gegeben seien. Der vom MKULNV beauftragte Gutachter, Prof. Dr. Klinski, kam in seinem Gutachten vom 6. Dezember 2010 (im Folgenden: Klinski-Gutachten) zu dem Ergebnis, dass der Widerruf unzulässig sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die in der Gerichtsakte befindlichen Gutachten Bezug genommen.

Das MKULNV beauftragte zudem das Büro für Energiewirtschaft und technische Planungen GmbH (BET), eine Kurzstudie zu Handlungsoptionen zur Bereitstellung der erforderlichen Bahnstrommengen und der Fernwärmeversorgung für die Stadt Datteln zu erstellen; die entsprechende Studie datiert vom 26. April 2011.

6. Mit Schreiben vom 27. Mai 2011 bat das MKULNV die Bezirksregierung Münster - unter Beifügung eines mehrseitigen Vermerks zur Rechtslage -, gegenüber der Klägerin durch Verwaltungsakt festzustellen, dass wegen der abgegebenen Verzichtserklärungen die Genehmigungen zum Betrieb des Altkraftwerks Datteln zum 31. Dezember 2012 erlöschen. Weiterhin bat das Ministerium darum, auf die Möglichkeit sowie die Voraussetzungen einer Duldung des Weiterbetriebs hinzuweisen.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 29. Juni 2011 stellte die Bezirksregierung Münster - nach vorangegangener Anhörung der Klägerin - fest, dass die von der Klägerin abgegebene Verzichtserklärung vom 18. Dezember 2006 das Erlöschen der Genehmigung zum Betrieb des Altkraftwerks Datteln bewirke. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Die gesetzliche Grundlage für den Erlass des Verwaltungsaktes bilde § 18 BImSchG. Zum jetzigen Zeitpunkt scheide wegen noch offener Fragen zur anderweitigen Energieversorgung eine Stilllegungsanordnung nach § 20 Abs. 2 BImSchG aus. Zur Frage der Zulässigkeit des Widerrufs einer nach § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV abgegebenen Erklärung gebe es unterschiedliche Auffassungen. Aufgrund der fachaufsichtlichen Weisung des MKULNV sei sie - die Bezirksregierung Münster - gehalten, sich der dort vertretenen Ansicht anzuschließen, wonach die Erklärung nicht widerruflich sei.

7. Die Klägerin hat am 20. Juli 2011 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen an: Die Stilllegungserklärung nach § 20 Abs. 3 Satz 1 der 13. BImSchV stelle eine bloße Absichtserklärung dar, der kein Rechtsbindungswille zukomme und die der Anlagenbetreiber deshalb grundsätzlich frei widerrufen könne. Die Stilllegungserklärung bewirke - ebenso wie die Stilllegungsanzeige nach § 15 Abs. 3 BImSchG - keinen (sofortigen) Verzicht auf die Genehmigung; dieser solle vielmehr erst bei der Stilllegung selbst erfolgen. Selbst wenn man aber in der Stilllegungserklärung eine einseitige empfangsbedürftige öffentlichrechtliche Willenserklärung sehe, die nur unter der Voraussetzung widerruflich sei, dass von der durch die Stilllegungserklärung bewirkten Privilegierung noch kein Gebrauch gemacht werde, lägen diese Voraussetzungen hier vor. Sie, die Klägerin, habe ihre Stilllegungserklärung mit Schreiben vom 6. Oktober 2010 und damit vor Eintritt der Privilegierung nach § 20 Abs. 3 Satz 2 und 3 der 13. BImSchV (mit Ablauf des 31. Dezember 2010) widerrufen.

Die Klägerin beantragt,

den Feststellungsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 29. Juni 2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Anlage über den 31. Dezember 2012 hinaus weiter betrieben werden darf.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich zur Begründung auf den streitgegenständlichen Bescheid.

Auf Nachfrage des Senats hat die Bezirksregierung Münster erläutert, dass das Altkraftwerk Datteln grundsätzlich die Einhaltung der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Grenzwerte der kontinuierlich zu messenden Parameter gewährleiste. Etwaige Grenzwertüberschreitungen träten situationsbedingt auf, nicht aber, weil sich grundsätzlich ein Einhalten der Anforderungen als problematisch darstelle. Die Grenzwerte der diskontinuierlich zu ermittelnden Parameter würden bei dem Betrieb des Kraftwerks ebenfalls eingehalten. Das (bessere) Emissionsverhalten der Anlagen sei nicht auf technische Nachrüstungen, sondern auf Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten zurückzuführen, die insbesondere im Jahre 2010 durchgeführt worden seien. Auch würde seit Ende 2010 Kohle mit deutlich geringeren Ballastanteilen eingesetzt, wodurch sich die Staub-Rohgaskonzentration deutlich verringere. Dass mit diesen Maßnahmen die Einhaltung des Anforderungsniveaus der 13. BImSchV plausibel sei, habe das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) geprüft und mit Schreiben vom 14. Dezember 2010 bestätigt.

Der Senat hat am 17. August 2011 einen Erörterungstermin durchgeführt, an dem neben den Beteiligten auch Vertreter des MKULNV im Beistand von Mitarbeitern des BET teilgenommen haben. In dem Termin hat die Klägerin ihr Einverständnis damit erklärt, dass die Bezirksregierung Münster in der Handlungsform eines feststellenden Verwaltungsakts entschieden habe. Auf das Sitzungsprotokoll wird insoweit Bezug genommen. Der Beklagte hat im Erörterungstermin auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Dem hat sich die Klägerin mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2011 angeschlossen, nachdem die vom Senat angeregten Vergleichsbemühungen nicht zu einem Ende geführt werden konnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten (1 Heft) und dem MKULNV vorgelegten Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

I. Der Feststellungsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 29. Juni 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Der Beklagte durfte im vorliegenden Fall durch einen feststellenden Verwaltungsakt entscheiden (1). Die mit Bescheid vom 29. Juni 2011 getroffene Feststellung ist auch in der Sache nicht zu beanstanden. Der Feststellungstenor ist hinreichend bestimmt (2). Er ist auch inhaltlich zutreffend. Der Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die von der Klägerin abgegebene Verzichtserklärung vom 18. Dezember 2006 trotz der späteren Widerrufserklärung das Erlöschen der Genehmigung zum Betrieb des Altkraftwerkes Datteln bewirkt. Die Verzichtserklärung nach § 20 Abs. 3 Satz 1 der 13. BImSchV,

Dreizehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Großfeuerungs- und Gasturbinenanlagen) vom 20. Juli 2004 (BGBl. I S. 1717, 2847), in Kraft getreten am 24. Juli 2004, zuletzt geändert durch Verordnung vom 27. Januar 2009 (BGBl. I S. 2009, 129),

ist keine jederzeit frei widerrufliche Absichtserklärung, sondern der bereits verbindlich erklärte - lediglich hinsichtlich der Erlöschenswirkung zeitlich hinausgeschobene - Verzicht auf die Anlagengenehmigung (3). Eine solche Verzichtserklärung kann nach § 130 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BGB analog nicht widerrufen werden (4). Die Klägerin kann sich auch nicht auf den Nichteintritt einer Bedingung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen (5).

1. Der Beklagte durfte den zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsstreit über die Widerruflichkeit der Verzichtserklärung vom 18. Dezember 2006 durch feststellenden Verwaltungsakt entscheiden.

Für einen feststellenden Verwaltungsakt ist kennzeichnend, dass er sich - wie hier - mit seinem verfügenden Teil darauf beschränkt, das Ergebnis eines behördlichen Subsumtionsvorgangs verbindlich festzuschreiben.

Vgl. zum Regelungsgehalt eines feststellenden Verwaltungsakts in Abgrenzung zu einer unverbindlichen bloßen Meinungskundgabe BVerwG, Urteil vom 5. November 2009 - 4 C 3.09 -, BVerwGE 135, 209, juris, Rn. 15.

Für den Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls dann einer gesetzlichen Grundlage, wenn sein Inhalt etwas als rechtmäßig feststellt, was der Betroffene erklärtermaßen nicht für rechtens hält. Eine Ermächtigungsgrundlage muss nicht ausdrücklich vorliegen; es genügt, wenn sie durch Auslegung des Gesetzes ermittelt werden kann.

BVerwG, std. Rspr., vgl. nur Urteil vom 22. Oktober 2003 - 6 C 23.02 -, BVerwGE 119,123, juris, Rn. 14; vgl. zur Problematik, aber auch zum praktischen Bedürfnis für den Erlass feststellender Verwaltungsakte Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Auflage 2011, § 35 Rn. 24 f. m.w.N.

Die Ermächtigungsgrundlage ergibt sich im vorliegenden Fall - wie im Feststellungsbescheid unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1989

- 4 C 36.86 -, BVerwGE 84, 209, juris, Rn. 23,

zu Recht angenommen - aus einer analogen Anwendung des § 18 BImSchG. Danach erlischt die Genehmigung, wenn innerhalb der von der Genehmigungsbehörde gesetzten angemessenen Frist nicht mit der Errichtung oder dem Betrieb der Anlage begonnen oder eine Anlage während eines Zeitraumes von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben worden ist (Abs. 1); die Genehmigung erlischt ferner, soweit das Genehmigungserfordernis aufgehoben wird (Abs. 2). Das Bundesverwaltungsgericht hat neben den sonstigen Erlöschensgründen wie Eintritt einer auflösenden Bedingung (§ 12 Abs. 1 BImSchG), Befristung (§ 12 Abs. 2 und 3 BImSchG) und Widerruf (§ 12 Abs. 2 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 3, § 21 BImSchG) den Verzicht auf die Genehmigung als (weiteren) Erlöschensgrund angesehen und ausgeführt: Wenngleich bereits die Verzichtserklärung des Berechtigten das Erlöschen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bewirke und daher eine ausdrückliche Aufhebung der Genehmigung rechtlich nicht erforderlich sei, könne es doch zweckmäßig sein, dass die Genehmigungsbehörde die Änderung der Rechtslage gleichermaßen wie die Erteilung der Genehmigung bekanntgebe, um dies gegenüber allen, die es angeht, klarzustellen.

BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1989 - 4 C 36.86 -, BVerwGE 84, 209, juris, Rn. 23; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 7 C 9.02 -, BVerwGE 117, 133, juris, Rn. 10 (zu § 18 Abs. 2 BImSchG als Ermächtigungsgrundlage für einen feststellenden Verwaltungsakt).

Der vorliegende Fall ist dem oben geschilderten vergleichbar. Es liegt ebenfalls eine Verzichtserklärung eines Anlagenbetreibers vor und auch hier ist angesichts der erheblichen Folgen, nicht zuletzt der Auswirkungen auf die Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Bezug auf Fernwärme und Bahnstrom, eine verbindliche Feststellung der Rechtslage angezeigt, nachdem Streit über die Wirksamkeit des Widerrufs - und damit zugleich über die Fortgeltung des Verzichts - entstanden ist.

Dessen ungeachtet ist das Handeln der Bezirksregierung durch feststellenden Verwaltungsakt auch aus einem anderen Grund nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat in ihrem Widerrufsschreiben um eine verbindliche Klarstellung gebeten und sich sodann in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich mit der von der Beklagten gewählten Handlungsform einverstanden erklärt.

2. Der Feststellungstenor ist hinreichend bestimmt. Der Beklagte hat festgestellt, dass die von der Klägerin abgegebene Verzichtserklärung vom 18. Dezember 2006 das Erlöschen der Genehmigung zum Betrieb des Altkraftwerks Datteln bewirkt. Die verwendete Bezeichnung (Genehmigung zum Betrieb) ist eindeutig; sie verhält sich weder zur Errichtungsgenehmigung noch zu den eingeschlossenen - von der Konzentrationswirkung erfassten - Genehmigungen.

Vgl. zum "Betrieb einer Anlage" Jarass, BImSchG, 9. Auflage 2012, § 4 Rn. 57.

3. Der Beklagte hat in der Sache zutreffend festgestellt, dass die von der Klägerin abgegebene Verzichtserklärung vom 18. Dezember 2006 das Erlöschen der Genehmigung zum Betrieb des Altkraftwerks Datteln bewirkt.

Die in § 20 Abs. 3 Satz 1 der 13. BImSchV geregelte Verzichtserklärung ist Teil der Übergangsregelungen für Altanlagen (hierzu a). Die Verzichtserklärung ist entgegen der Auffassung der Klägerin keine jederzeit frei widerrufliche Absichtserklärung (b). Vielmehr handelt es sich um den bereits verbindlich erklärten - lediglich hinsichtlich der Erlöschenswirkung zeitlich hinausgeschobenen - Verzicht auf die Genehmigung für die Altanlage (c).

a) Die am 24. Juli 2004 in Kraft getretene Neufassung der 13. BImSchV hat die Anforderungen an Großfeuerungs- und Gasturbinenanlagen verschärft. Sie enthält zugleich Sonder- und Übergangsregelungen für Altanlagen (hierzu aa), mit denen der Verordnungsgeber dem Europarecht (bb) sowie dem Verfassungsrecht (cc) Rechnung trägt.

aa) Die 13. BImSchV sieht zum einen vor, dass die hier in Rede stehenden Kohlekraftwerks-Altanlagen zwar verschärften Emissionsgrenzwerten unterliegen, aber nicht den noch anspruchsvolleren Anforderungen für Neuanlagen entsprechen müssen (vgl. § 3 Abs. 8 - 15 der 13. BImSchV). Zum anderen bestimmt die Übergangsregelung des § 20 Abs. 1 und 2 der 13. BImSchV, dass Altanlagen die für sie geltenden - strengeren - Anforderungen der 13. BImSchV nicht sofort, sondern erst innerhalb bestimmter gestaffelter Fristen - beginnend mit dem 1. November 2007 - erfüllen müssen; für eine - wie hier unstreitig vorliegende - Altanlage (vgl. zur Legaldefinition § 2 Nr. 3 der 13. BImSchV), die auf Grund der Verordnung über Großfeuerungsanlagen nachgerüstet wurde, gelten die neuen Anforderungen erst ab dem 1. Januar 2011 (§ 20 Abs. 4 der 13. BImSchV). Nur wenige Bestimmungen der 13. BImSchV gelten bereits ab dem 27. November 2004. Hierzu zählt insbesondere der Dritte Teil, der Regelungen zur Messung und zur Überwachung enthält. Bis dahin gelten für Altanlagen im Wesentlichen die Anforderungen der 13. BImSchV a.F.,

Verordnung über Großfeuerungsanlagen vom 22. Juni 1983 - BGBl. I S. 719 -, zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 3. Mai 2000 - BGBl. I S. 632,

sowie die Anforderungen der Richtlinie 2001/80/EG ,

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen in die Luft (ABl. L 309, S. 1), inzwischen - ebenso wie andere sektorale Richtlinien - aufgegangen in der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (ABl. L 334, S. 17), die am 6. Januar 2011 in Kraft getreten und bis zum 7. Januar 2013 in nationales Recht umzusetzen ist,

soweit sie über die Anforderungen der 13. BImSchV a.F. oder n.F. hinausgehen.

Darüber hinaus eröffnet § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV dem Anlagenbetreiber folgende - von der Klägerin in Anspruch genommene - Alternative:

"Wenn ein Betreiber einer Altanlage bis zum 31. Dezember 2006 gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich erklärt, dass er diese Altanlage unter Verzicht auf die Berechtigung zum Betrieb aus der Genehmigung bis zum 31. Dezember 2012 stilllegt, findet Absatz 1 Satz 1 keine Anwendung. Bis zu diesem Zeitpunkt gelten die Anforderungen der Verordnung über Großfeuerungsanlagen."

Verzichtet der Anlagenbetreiber also darauf, die Anlage über den 31. Dezember 2012 hinaus zu betreiben, gelten bis zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich die alten weniger strengen - Anforderungen weiter. Maßgeblich sind dann insbesondere die 13. BImSchV a.F. sowie die RL 2001/80/EG, soweit sie über die Anforderungen der 13. BImSchV a.F. oder n.F. hinausgehen bzw. für den Einzelfall festgelegte Vorsorgeanforderungen (vgl. § 20 Abs. 3 Sätze 3 und 4 der 13. BImSchV).

Der Verordnungsgeber lässt dem Betreiber einer Altanlage damit die Wahl: Dieser kann einerseits seine Anlage an die ab 1. November 2007 bzw. ab 1. Januar 2011 geltenden strengeren Anforderungen der 13. BImSchV anpassen; dann darf er die Anlage ohne zeitliche Befristung weiterbetreiben. Er kann aber auch die Anlage spätestens zu dem in § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV vorgesehenen Zeitpunkt (Ende 2012) stilllegen; dann wird er gegenüber den anderen Betreibern von Altanlagen privilegiert und darf die Anlage - bis auf die genannten Ausnahmen, die auch die übrigen Altanlagenbetreiber zu beachten haben - bis zur Stilllegung nach den bis dahin geltenden Anforderungen weiterbetreiben. Die Abgabe der Verzichtserklärung kommt insbesondere für ältere Altanlagen in Betracht, die ohnehin in absehbarer Zeit aus Altersgründen hätten stillgelegt werden müssen. Damit bietet § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV einen umweltpolitischen Anreiz zur vorzeitigen Abschaltung dieser Altanlagen, um diese durch Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung oder durch solche Anlagen zu ersetzen, die nicht die für Altanlagen geltenden Grenzwerte nach § 3 Abs. 8 bis 15 der 13. BImSchV, sondern die noch strengeren Grenzwerte des § 3 Abs. 1 bis 6 der 13. BImschV einhalten müssen. Diesem Zweck dient auch die am 31. Dezember 2006 endende Erklärungsfrist (§ 20 Abs. 3 Satz 1 der 13. BImSchV): Sie soll helfen, den für die Planung neuer Anlagen erforderlichen zeitlichen Vorlauf abzusichern und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

bb) Die Regelung zur Verzichtserklärung nach § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV ist vor dem Hintergrund der RL 2001/80/EG, deren Umsetzung sie dient,

vgl. BT-Drucks. 15/1074, S. 1,

zu sehen. Die Bestimmung ist offenbar angelehnt an Art. 4 Abs. 4 der RL 2001/80/EG, wonach bestehende Anlagen u.a. dann von der Einhaltung der Emissionsgrenzwerte bzw. der Einbeziehung in den nationalen Emissionsverminderungsplan (vgl. Art. 4 Abs. 3 a) und b) RL 2001/80/EG) ausgenommen werden konnten, wenn der Betreiber einer bestehenden Anlage sich in einer schriftlichen Erklärung, die spätestens bis zum 30. Juni 2004 der zuständigen Behörde vorzulegen war, verpflichtete, die Anlage ab 1. Januar 2008 nicht länger als 20.000 Betriebsstunden und längstens bis zum 31. Dezember 2015 zu betreiben.

Vgl. nunmehr Art. 33 der Richtlinie 2010/75/EU, der wiederum eine Ausnahmeregelung für eine beschränkte Laufzeit vorsieht (Erklärungsfrist bis spätestens 1. Januar 2014/Stilllegungsfrist bis spätestens 31. Dezember 2023).

Soweit in der Begründung zum Verordnungsentwurf auf Art. 5 Nr. 1 erster Anstrich der RL 2001/80/EG - statt auf Art. 4 Abs. 4 - Bezug genommen wird (BT-Drucks. 15/1074, S. 31), dürfte es sich um ein Versehen handeln.

Die Erklärungsfrist in § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV wurde im Verordnungsentwurf offenbar wegen der verspäteten Richtlinienumsetzung zeitlich angepasst (31. Dezember 2005 statt 30. Juni 2004). Diese ursprünglich vorgesehene Frist wurde sodann auf Betreiben des Bundesrates nochmals - auf den 31. Dezember 2006 - verschoben. Der entsprechende Maßgabebeschluss des Bundesrates enthält hierzu folgende Begründung:

"Die Verlängerung der Frist für die Stilllegungserklärung ist erforderlich, da derzeit die Rahmenbedingungen für den Emissionsrechtehandel noch nicht feststehen, diese aber für die Planungen der Betreiber erforderlich sind.

Im Jahr 2006 muss sich der Betreiber entscheiden, ob er seine Anlagen ab dem Jahr 2007 mit teilweise moderat dynamisierten Werten betreiben oder aber Ende 2012 stilllegen möchte."(BR-Drucks. 490/03 (Beschluss), S. 22).

Die Erklärungsfristen sorgen für klare und rechtssichere Verhältnisse; zu den jeweiligen Zeitpunkten steht fest, ob die der Übergangsregelung unterfallenden Großfeuerungs-Altanlagen weiterbetrieben werden oder auslaufen. Ein möglichst umfassender Überblick der nationalen Behörden über Anzahl und Betriebsumfang von Großfeuerungsanlagen wird von der RL 2001/80/EG, die ausdrücklich ein koordiniertes Vorgehen der Mitgliedstaaten auf dem Großfeuerungsanlagensektor vorsieht (Erwägungsgründe 5 und 6), vorausgesetzt. Die Richtlinie enthält nämlich nicht nur eine Überarbeitung und Fortschreibung der Anforderungen an Großfeuerungsanlagen, sondern führt auch zu einer erweiterten Berichtspflicht der Mitgliedstaaten. Diese sollten erstmals 2004 und dann für jedes folgende Jahr eine Aufstellung der jährlichen Gesamtemissionen der SO2-, NOx- und Staubemissionen aus allen Feuerungsanlagen anfertigen, deren thermische Nennleistung 50 MW oder mehr beträgt. Darauf aufbauend übermittelt Deutschland im Rahmen der Berichterstattung zur Umsetzung der RL 2001/80/EG in bestimmten Abständen eine Zusammenfassung dieser Daten an die EU-Kommission.

http://www.umweltbundesamtdatenzurumwelt.de (Emissionsminderung bei Großfeuerungsanlagen).

Nach Art. 15 Abs. 2 e) der RL 2001/80/EG müssen die Mitgliedstaaten der Kommission u.a. auch über die erfolgten oder geplanten endgültigen Stilllegungen von Feuerungsanlagen berichten. Den europarechtlich vorgegebenen Berichtspflichten trägt § 19 der 13. BImSchV (jährliche Berichte über Emissionen) Rechnung.

Eine möglichst umfassende Kenntnis von Anzahl und (Rest-)Laufzeit der einzelnen Großfeuerungsanlagen ist zudem Voraussetzung für die Wahrnehmung der Überwachungsaufgaben durch die zuständigen Behörden. Sie erhalten einen frühen und eindeutigen Überblick über das für diese Altanlagen geltende Rechtsregime, insbesondere erhalten sie ausreichend Zeit, um bei denjenigen Altanlagen, für die keine Erklärung abgegeben wird, auf die Einhaltung der strengeren Anforderungen - ggf. durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 BImSchG - hinwirken zu können.

Ebenso Jarass-Gutachten, S. 21.

Zugleich kennen sie und ggf. betroffene Dritte, etwa Betreiber anderer luftverschmutzender Anlagen, das Ausmaß der durch diese Altanlagen verursachten Luft-Vorbelastung.

cc) Die beschriebenen Übergangsregelungen tragen des Weiteren verfassungsrechtlichen Anforderungen Rechnung.

Zum einen sind für die hier in Rede stehenden Kohlekraftwerks-Altanlagen die (verschärften) Emissionsgrenzwerte niedriger als bei Neuanlagen. Zum anderen dürfen Altanlagen, wenn sich eine aufwändige Nachrüstung wirtschaftlich nicht mehr lohnt, vorübergehend noch nach altem Recht fortgeführt werden, ohne dass sie an die verschärften Anforderungen angepasst werden müssen. Der Gesetzgeber trägt damit dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz (Art. 14 GG), der auch die auf der Grundlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung errichtete und in Betrieb genommene Anlage sowie die durch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vermittelte Rechtsposition umfasst, sowie den rechtsstaatlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit Rechnung.

Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2010 - 1 BvR 1627/09 -, NVwZ 2010, 771, juris Rn. 27 f.; speziell zu Altanlagen nach dem BImSchG vgl. Scheidler, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Kommentar, Band 1, Teil 1, Stand: Oktober 2011, § 7 Rn. 57 sowie Jarass-Gutachten, S. 12 und 22 f.

Die Verzichtsregelung des § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV ist - auch soweit es wie hier um "nachgerüstete Altanlagen" i.S.d. § 20 Abs. 4 der 13. BImSchV geht - verfassungsrechtlich zulässig. Zwar wird eine frühzeitige Entscheidung vom Anlagenbetreiber verlangt: Er muss die Erklärung mindestens zehn Monate vor der frühesten Anpassungspflicht an die strengeren Werte abgeben, wenn er die Anlage noch bis zu gut fünf Jahren - ohne Nachrüstung - weiterbetreiben will (§ 20 Abs. 3 der 13. BImSchV). Bei einer "nachgerüsteten Anlage" i.S.d. § 20 Abs. 4 der 13. BImSchV muss der Betreiber sich sogar schon vier Jahre vorher verbindlich entscheiden, ob er eine Privilegierung für nur zwei Jahre in Anspruch nehmen will; denn er muss die Erklärung ebenfalls Ende 2006 abgeben, obwohl die Anpassungspflicht erst ab Januar 2011 besteht.

Angesichts des weiten Regelungsermessens, das dem Verordnungsgeber bei der Ausgestaltung einer Übergangsregelung nach Maßgabe der jeweiligen Gegebenheiten zukommt und von dem er sogar ohne besondere gesetzliche Ermächtigung Gebrauch machen kann,

vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 30. April 2009 - 7 C 14.08 -, NVwZ 2009, 1441, juris, Rn. 30 ff., und Beschluss vom 10. Januar 2007 - 6 BN 3.06 -, NVwZ 2007, 958, juris, Rn. 10,

hat der Senat keine Bedenken hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Regelung, zumal dem Anlagenbetreiber ausdrücklich ein Wahlrecht eingeräumt wird. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der beschriebenen Regelungen wird im Übrigen auch von den Beteiligten nicht in Frage gestellt.

Selbst wenn man hinsichtlich des Sonderfalls der "nachgerüsteten Anlagen" von einer unverhältnismäßig langen Erklärungsfrist ausgehen würde, müsste jedenfalls die zehnmonatige Erklärungsfrist des § 20 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 a) der 13. BImSchV entsprechend angewandt werden mit der Folge, dass spätestens ab Ende Februar 2010 von einer verbindlichen Erklärung auszugehen ist. Der Verordnungsgeber wollte der zuständigen Behörde für den Fall, dass für eine Altanlage keine Verzichtserklärung abgegeben wird, einen Zeitraum von mindestens zehn Monaten zur Prüfung einräumen, ob und ggf. welche Maßnahmen, insbesondere nachträgliche Anordnungen (§ 17 BImSchG), zu ergreifen sind um zu gewährleisten, dass diese Anlage die neuen Anforderungen erfüllt. Dieser Zeitraum muss der zuständigen Behörde auch für die entsprechende Prüfung einer nachgerüsteten Altanlage i.S.d. § 20 Abs. 4 der 13. BImSchV zur Verfügung stehen.

b) Die Verzichtserklärung nach § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV ist nicht, wie die Klägerin unter Bezugnahme auf Ohms meint, eine bloße - jederzeit frei widerrufliche - Absichtserklärung. Ohms geht davon aus, dass der Verzicht erst im Zeitpunkt der Stilllegung wirksam wird. Die Verzichtserklärung sei - bis sie Rechtswirkungen auslöse - "nicht mehr als eine Absichtserklärung wie die Erklärung nach § 15 Abs. 3 BImSchG". Deshalb könne die Erklärung solange widerrufen werden.

Ohms, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Stand: Juli 2011, § 20 der 13. BImSchV Rn. 15.

Diese Auffassung verkennt, dass die Erklärung sofort - und nicht erst später - Rechtsfolgen auslöst (aa). Auch der Vergleich mit § 15 Abs. 3 BImSchG überzeugt nicht (bb).

aa) Für die Altanlage gelten nach Abgabe der Erklärung - wie oben näher ausgeführt - sofort und ohne Zutun der Behörde weniger strenge Anforderungen als für sonstige Altanlagen; zugleich bewirkt der Verzicht, dass die Genehmigung des Altanlagenbetreibers "befristet" wird. Die Genehmigung erlischt automatisch zu dem in der Verzichtserklärung genannten Zeitpunkt, also spätestens Ende 2012. Diese Rechtsfolge ergibt sich zum einen bereits aus einem Umkehrschluss aus § 20 Abs. 3 Satz 5 der 13. BImSchV: "Gibt der Betreiber keine Erklärung ab, gelten die Anforderungen für einen unbefristeten Betrieb". Zum anderen stellt, wie dargelegt, der Verzicht auf die Anlagengenehmigung einen in § 18 BImSchG nicht ausdrücklich geregelten sonstigen Erlöschensgrund dar.

BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1989 - 4 C 36.86 -, BVerwGE 84, 209, Leitsatz 1 und juris, Rn. 23; Jarass, BImSchG, 9. Auflage 2012, § 18 Rn. 9, jeweils m.w.N.

Liegen die Voraussetzungen für einen Erlöschensgrund vor, wird die für die Anlage erteilte Genehmigung automatisch unwirksam, d.h. alle aus der Genehmigung resultierenden Rechte und Pflichte entfallen; Nebenbestimmungen zur Gewährleistung der Erfüllung der Nachsorgepflichten aus § 5 Abs. 3 Nr. 3 BImSchG bleiben allerdings bestehen. Wird die Anlage trotz Erlöschens der Genehmigung weiterbetrieben, ist eine Stilllegung nach § 20 Abs. 2 BImSchG möglich. Auch kommt das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit bzw. eines Straftatbestandes in Betracht.

Jarass, BImSchG, 9. Auflage 2012, § 18 Rn. 11 f. sowie § 4 Rn. 58, jeweils m.w.N.

bb) Auch der von Ohms gezogene Vergleich mit § 15 Abs. 3 BImSchG überzeugt nicht. Danach hat der Betreiber, der beabsichtigt, den Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage einzustellen, dies unter Angabe des Zeitpunktes der Einstellung der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen. Der Anlagenbetreiber kann seine Einstellungsabsicht innerhalb der Drei-Jahres-Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG wieder rückgängig machen.

Jarass, BImSchG, 9. Auflage 2012, § 15 Rn. 46; Jarass-Gutachten, S. 8.

Der Wortlaut des § 15 Abs. 3 BImSchG unterscheidet sich deutlich von der hier in Rede stehenden Vorschrift. Nach § 15 Abs. 3 BImSchG soll lediglich die Absicht wenngleich im Sinne einer hohen Wahrscheinlichkeit -,

vgl. Jarass, BImSchG, 9. Auflage 2012, § 15 Rn. 43,

angezeigt werden; es handelt sich damit um eine bloße Wissenserklärung, an die noch keine weiteren Rechtsfolgen geknüpft sind, nicht aber um eine verbindliche Willenserklärung. Demgegenüber wird nach § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV nicht nur die Absicht der Stilllegung, sondern die Stilllegung selbst ("unter Verzicht auf die Genehmigung") erklärt.

Im Ergebnis ebenso Fest/Leifer, NVwZ 2011, 1046, 1048; Jarass-Gutachten, S. 15; Klinski-Gutachten, S. 14.

c) Hiervon ausgehend handelt es sich bei der Erklärung nach § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV bereits um den verbindlich erklärten - lediglich hinsichtlich der Erlöschenswirkung zeitlich aufgeschobenen - Verzicht auf die Genehmigung, nicht aber um die bloße Verpflichtung zu einem späteren Verzicht auf die Genehmigung.

So aber Klinski-Gutachten, S. 12.

Letzteres würde im Übrigen zu unpraktikablen und wenig rechtssicheren Ergebnissen führen: Es wäre stets noch eine zusätzliche Erklärung des Altanlagenbetreibers erforderlich, die die Behörde im Falle der Nichtabgabe ggf. gerichtlich durchsetzen müsste. Zugleich bestünde Unklarheit, ob die Anlage ab 1. Januar 2013 mit oder ohne Genehmigung betrieben wird.

4. Die Verzichtserklärung nach § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV kann nicht widerrufen werden. Schon der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte der Norm (a) sowie ein Vergleich mit der Verzichtserklärung nach Nr. 6.2.4 der TA Luft sprechen gegen die Widerruflichkeit (b). Jedenfalls ergibt sich die Unwiderruflichkeit der Verzichtserklärung aus einer - auch ansonsten im öffentlichen Recht üblichen - analogen Anwendung des § 130 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BGB (c).

a) Die Vorschrift des § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV sieht einen Widerruf nicht vor; insbesondere enthält sie hierfür keine Fristen oder sonstigen näheren Vorgaben. Dies spricht dagegen, dass ein Widerruf möglich sein soll. Auch die Festlegung eines besonderen Stichtags - Erklärung bis Ende Dezember 2006 - mit der Festlegung weitreichender Rechtsfolgen (Verzicht auf eine Anlagengenehmigung) ist ein deutliches Indiz gegen die Widerruflichkeit der Verzichtserklärung. Anderenfalls würden die Fristen leerlaufen.

Ähnlich Klinski-Gutachten, S. 15; vgl. zur Bedeutung der Frist Jarass-Gutachten, S. 20 f.

Der Verordnungsgeber selbst ging, wie die oben unter 3. a) bb) zitierte Begründung des Bundesrates für die Fristverschiebung zeigt, von einer verbindlichen und damit nicht widerruflichen Entscheidung des Anlagenbetreibers aus ("Im Jahr 2006 muss sich der Betreiber entscheiden...").

b) Gegen die Widerruflichkeit spricht ferner, dass vergleichbare Verzichtserklärungen in anderen Regelungszusammenhängen als unwiderruflich angesehen werden. Hätte der Verordnungsgeber eine hiervon abweichende Regelung treffen wollen, hätte er dies hinreichend zum Ausdruck bringen müssen. So eröffnet Nr. 6.2.4 der TA Luft - eine Altanlagen-Übergangsvorschrift zum Schutz der Luftreinhaltung dem Anlagenbetreiber ebenfalls die Möglichkeit, eine Verzichtserklärung zur Abwendung der Nachrüstungspflicht abzugeben. Die Regelung lautet:

"6.2.4 Verzicht auf die Genehmigung

Eine nachträgliche Anordnung ist nicht zu erlassen, wenn der Betreiber durch schriftliche Erklärung gegenüber den Genehmigungsbehörden darauf verzichtet hat, die Anlage länger als bis zu den in den Nummern 6.2.3.2 bis 6.2.3.4 genannten Fristen zu betreiben. Satz 1 gilt nicht für nachträgliche Anordnungen im Sinne von Nummer 6.2.3.1 und Nummer 6.2.3.5."

Die Bestimmung befindet sich im Kapitel 6.2 "Nachträgliche Anordnungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen". Damit sollten alle bei Inkrafttreten der TA Luft im Oktober 2002 bestehenden Anlagen - Altanlagen i.S.v. Nr. 2.10 - innerhalb bestimmter Fristen an die Vorsorgeanforderungen der neuen TA Luft herangeführt werden. Bei den in Nr. 6.2.3.2 bis 6.2.3.4 genannten Fristen handelt es sich um im Einzelnen festgelegte Sanierungsfristen.

Die Verzichtsregelung nach Nr. 6.2.4 der TA Luft wird als eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung angesehen, die mit dem Zugang bei der Behörde wirksam wird und nicht widerrufen oder angefochten werden kann.

Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Stand: Juli 2011, Nr. 6.2 TA Luft Rn. 27.

Da dem Verordnungsgeber bei Erlass des § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV die bereits bestehende Regelung nach Nr. 6.2.4 der TA Luft bekannt war, besteht kein Grund zur Annahme, dass er der Verzichtserklärung nach § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV eine andere Bedeutung beimessen wollte. Andernfalls hätte er dies ausdrücklich regeln müssen.

Ebenso Fest/Leifer, NVwZ 2011, 1046, 1048.

Anders als die Klägerin vermag der Senat keinen entscheidenden Unterschied darin zu erkennen, dass bei der Erklärung nach der TA Luft noch besondere nachträgliche Anordnungen der Behörde erforderlich sind, während nach der 13. BImSchV die strengeren Anforderungen automatisch gelten.

Vgl. hierzu Jarass-Gutachten, S. 24.

Für die Frage der Verbindlichkeit der Erklärungen - und die hiermit verbundene Frage der Widerruflichkeit - kommt es allein darauf an, ob an ihre Abgabe (überhaupt) Rechtsfolgen geknüpft sind. Das ist bei beiden Erklärungen der Fall. Eine Bewertung der Rechtsfolgen hinsichtlich ihrer "Bedeutung" dürfte sich schon deshalb verbieten, weil es hierfür an geeigneten Kriterien fehlt. Abgesehen davon spräche mehr dafür, der in § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV vorgesehenen automatischen Geltung strengerer Anforderungen ein größeres "Gewicht" zukommen zu lassen als umgekehrt.

c) Die Unwiderruflichkeit der Erklärung nach § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV ergibt sich jedenfalls aus einer analogen Anwendung des § 130 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BGB.

Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht (Satz 2). Nach Abs. 3 findet die Regelung auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist (sog. amtsempfangsbedürftige Erklärung).

Wirksamkeit nach § 130 BGB bedeutet, dass die mit der Erklärung bewirkten Rechtsfolgen eintreten und dass der Erklärende seine Erklärung nicht mehr widerrufen kann.

Einsele, in: Münchner Kommentar zum BGB, Band 1, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. 2001, § 130 Rn. 3.

Unmittelbare Anwendung findet § 130 BGB allerdings nur auf zivilrechtliche empfangsbedürftige Erklärungen gegenüber Privaten oder gegenüber Behörden sowie auf zivilrechtliche geschäftsähnliche Handlungen. Hierunter fallen etwa Kündigungen, Erklärungen gegenüber der Hinterlegungsstelle oder dem Grundbuchamt, Mängelanzeigen und Abmahnungen. Die entsprechende Anwendung der Vorschriften des BGB über die Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff.) und über Willenserklärungen (§§ 116 ff.) ist jedoch - über die ausdrücklich normierte ergänzende Anwendung auf den öffentlichrechtlichen Vertrag hinaus (vgl. § 62 Satz 2 VwVfG) - im Grundsatz auch im Verwaltungsverfahrensrecht anerkannt.

Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Auflage 2011, § 62 Rn. 12 m.w.N.

Dementsprechend wird nach einhelliger Auffassung auch die Regelung des § 130 BGB auf empfangsbedürftige öffentlichrechtliche Willenserklärungen wie insbesondere den Verzicht auf ein materielles Recht mit der Folge angewandt, dass ein späterer Widerruf nicht möglich ist.

Vgl. etwa Bay.VGH (Großer Senat), Beschluss vom 3. November 2005 - 2 BV 04.1756, 2 BV 04.1758, 2 BV 04.1759 -, DÖV 2006, 303, juris, Rn. 12 m.w.N. (zur fingierten Zustimmung nach Art. 71 Abs. 1 Satz 2 BayBO); OVG NRW, Beschluss vom 16. Juli 2009 - 14 A 1745/07 -, juris, Rn. 4 ff. (Verzichtserklärung eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs); VGH Bad.-Württ., Urteil vom 6. April 2004 - 8 S 1997/03 -, NVwZ-RR 2005, 377, juris, Rn. 30 (Widerruf der Einverständniserklärung des Eigentümers im Planfeststellungsverfahren); OVG LSA., Beschluss vom 4. Februar 2002 - 2 M 328/01 -, juris, Rn. 8 (Verzicht auf Nachbarrechte im Baurecht); VG München, Beschluss vom 28. September 2007 - M 1 S 07.3589 -, juris, Rn. 27 (Verzicht auf die Fahrerlaubnis); aus der Literatur vgl. etwa Gurlit, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Auflage 2010, § 28 Rn. 12; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Auflage 2011, § 53, Rn. 50 f.

Hiervon ausgehend findet § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB auch auf die Verzichtserklärung nach § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV entsprechende Anwendung. Es handelt sich um eine einseitige öffentlichrechtliche Willenserklärung, durch die auf ein materielles Recht - die Berechtigung zum Anlagenbetrieb - und nicht etwa nur auf ein Verfahrensrecht verzichtet wird.

Ein sachlicher Grund, von der ansonsten im öffentlichen Recht anerkannten analogen Anwendung des § 130 BGB im vorliegenden Fall abzuweichen, ist weder ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen worden. Vielmehr ist eine analoge Anwendung auch hier interessengerecht, weil die Verzichtserklärung den Sinn verfolgt, innerhalb der Frist klare Verhältnisse über das für die Altanlage geltende Rechtsregime zu schaffen. Dabei hat die Verzichtserklärung - wie oben näher ausgeführt - nicht nur Auswirkungen für den Anlagenbetreiber selbst, sondern darüber hinaus auch für die Behörden und deren Wahrnehmung von Überwachungsaufgaben und Berichtspflichten sowie ggf. für Dritte, die ihrerseits Anlagen betreiben und das Ausmaß der Luftverschmutzung in ihre eigenen Planungen einbeziehen müssen.

Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 1. Dezember 2011 - 8 D 58/08.AK -, juris, Rn. 602 ff., insbesondere Rn. 641 ff.

Dies zugrundegelegt lässt sich die Widerruflichkeit der Verzichtserklärung auch nicht damit begründen, es liege ein Sonderfall einer einseitigen öffentlichrechtlichen Willenserklärung - eine sog. "gestreckte Willenserklärung" - vor. Da die mit dem Verzicht verbundenen Rechtsfolgen erst später einträten, käme noch so lange ein Widerruf in Betracht, wie noch kein Gebrauch von der mit der Verzichtserklärung verbundenen Privilegierung gemacht worden sei.

Jarass-Gutachten, S. 16.

Dem kann aus den o.g. Gründen nicht gefolgt werden: Der Verzicht zeitigt die beschriebenen sofortigen Folgen, insbesondere gelten für die Altanlage automatisch andere - weniger strenge - Anforderungen; lediglich das Erlöschen der Genehmigung wird zeitlich hinausgeschoben. Der mit der Verzichtserklärung verfolgte Regelungszweck würde unterlaufen, würde man je nach Einzelfall einen Widerruf und damit zugleich die Möglichkeit einer Verzichtserklärung "auf Vorrat" zulassen. Insofern kann auch das weitere Argument von Jarass, die grundrechtliche Fundierung der Übergangsregelung des § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV spreche ebenfalls für die Zulässigkeit eines Widerrufs,

Jarass-Gutachten, S. 23,

nicht überzeugen; denn die Vorschrift bezweckt eben nicht allein den Eigentumsschutz des Betreibers, sondern soll darüber hinaus auch für die übrigen von der Anlage Betroffenen (Behörde, Dritte) für rechtssichere Verhältnisse sorgen. Die Berücksichtigung dieser Interessen rechtfertigt die mit der Unwiderruflichkeit der Verzichtserklärung entstandenen eigentumsrechtlichen Einschränkungen des Anlagenbetreibers.

Die hier vertretene Auffassung - Unzulässigkeit des Widerrufs auch im Falle der Einhaltung aller ab dem 1. Januar 2011 geltenden Grenzwerte - bedeutet nicht deshalb eine bloße Förmelei, weil ein vollumfängliches Neugenehmigungsverfahren durchgeführt werden müsste, obwohl die Anlage geprüft und genehmigt ist.

Ebenso Fest/Leifer, NVwZ 2011, 1046, 1048.

Denn auch bei einer von vornherein befristet erteilten Genehmigung (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 BImSchG) führt der Ablauf der Frist ohne weiteres Zutun der Behörde zum Erlöschen der Genehmigung (vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG).

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 2001 7 B 83.01 -, juris, Rn. 5; Jarass, BImSchG, 9. Auflage 2012, § 12 Rn. 26.

Es muss dann ein erneutes Genehmigungsverfahren durchgeführt werden, wenn sich der Betreiber entscheidet, die Anlage länger betreiben zu wollen.

Jarass, BImSchG, 9. Auflage 2012, § 12 Rn. 28 m.w.N.

Dass das streitige Altkraftwerk Datteln die für ein Neugenehmigungsverfahren geltenden Anforderungen nicht erfüllt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Ebenso wenig handelt es sich um ein - wie die Klägerin geltend macht - widersinniges Ergebnis. Zwar hat die Klägerin die Privilegierung des § 20 Abs. 3 der 13. BImschV nicht in Anspruch genommen, weil die streitgegenständliche Anlage die ab dem 1. Januar 2011 geltenden Grenzwerte einhält, mit der Folge, dass sie die Anlage ohne Abgabe der Verzichtserklärung vom 18. Dezember 2006 auf unbestimmte Zeit hätte weiterbetreiben können. Jedoch misst die Klägerin dem bereits oben unter 3. a) aa) dargelegten umweltpolitischen Anreiz des § 20 Abs. 3 der 13. BImSchV zur Abschaltung von Altanlagen und dem damit verbundenen Aspekt der Planungssicherheit nicht das ihnen gebührende Gewicht bei.

5. Die Verzichtserklärung stand auch weder unter einer Bedingung (a) noch konnte sie nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage widerrufen werden (b), weil sich die Inbetriebnahme des Kraftwerks Datteln 4 verzögert hat.

a) Die Verzichtserklärung der Klägerin stand nicht unter der stillschweigenden Bedingung einer rechtzeitigen Inbetriebnahme des Kraftwerks Datteln 4 bis zum 31. Dezember 2012. Eine solche Bedingung wäre unzulässig. Sie würde bewirken, dass die Anlage bis zum Eintritt der Bedingung Ende 2012 ohne die erforderliche Nachrüstung für Altanlagen hätte weiterbetrieben werden können. Die bedingte Verzichtserklärung würde also zu einer Verschiebung des Fristendes um zwei Jahre führen. Dies würde die Vorgaben der Verordnung unterlaufen. Es kann nicht unterstellt werden, dass die Klägerin eine unzulässige Erklärung hat abgeben wollen.

Ebenso Jarass-Gutachten, S. 28.

b) Ein Widerruf kommt auch nicht ausnahmsweise wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht. Insoweit macht die Klägerin geltend, sie sei - in Übereinstimmung mit der Bezirksregierung Münster - bei Abgabe ihrer Verzichtserklärung davon ausgegangen, dass das Kraftwerk Datteln 4 im Jahre 2011 in Betrieb genommen werde. Diesem Umstand sei besondere Bedeutung zugekommen, weil sowohl die Fernwärmeversorgung der Stadt Datteln als auch die Bahnstromversorgung durchgehend sichergestellt werden müssten. Die nun eingetretene Verzögerung bei der Realisierung des Kraftwerks Datteln 4 berechtige sie zum Widerruf unter dem Gesichtspunkt eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage.

Zwar wird vereinzelt die Auffassung vertreten, § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (Anpassung und Kündigung eines öffentlichrechtlichen Vertrages in besonderen Fällen) sei als Ausdruck allgemeiner Rechtsgrundsätze auf bestimmte einseitige Rechtsgeschäfte, z.B. einen Verzicht, anwendbar.

Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Auflage 2011, § 60 Rn. 5 unter Hinweis auf Bay. VGH, DÖV 1981, 70, Schliesky, in: Knack/Henneke, VwVfG, 9. Auflage 2010, § 60 Rn. 3 unter Hinweis auf BVerfGE 34, 216 (230 f.) und die verfassungsrechtliche Verankerung sowie Jarass-Gutachten, S. 30 f.

Diese Auffassung kann indes nicht überzeugen; insbesondere lässt sie sich nicht mit der zur Begründung herangezogenen Rechtsprechung belegen:

Die von Kopp/Ramsauer zitierte Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs betrifft eine vertragliche Vereinbarung zwischen einem Prüfling und dem Prüfungsamt, nicht aber eine einseitige Willenserklärung.

Bay.VGH, Beschluss vom 30. Oktober 1979 7.Ce - 1552/79 -, UA S. 5 ff.; in DÖV 1981, 70 nur mit Leitsatz veröffentlicht.

Auch der Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Entscheidung vom 30. Januar 1973 - 2 BvH 1/72 -, BVerfGE 34, 216, juris, Rn. 38 ff.,

vermag die entsprechende Anwendung auf einen Verzicht nicht zu stützen, da der zugrundeliegende Fall eine staatsvertragliche Vereinbarung, also ebenfalls keine einseitige Willenserklärung betraf.

Demgegenüber wird im Zivilrecht mit überzeugender Begründung die Anwendung des § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) auf einseitige Rechtsgeschäfte gemeinhin abgelehnt. Die Einbeziehung sei nicht plausibel, da es an einer Gegenpartei fehle, die an der (gemeinsamen) Geschäftsgrundlage teilhaben könne. Dem Bedürfnis nach einer Korrektur privatautonomer Regelungen sei umso leichter nachzukommen, je weniger gegenläufige Interessen berücksichtigungsfähig seien; dies könne im Einzelfall durch eine Auslegung der Erklärung geschehen.

Roth, in: Münchener Kommentar, Band 2 a, Schuldrecht - Allgemeiner Teil, 4. Auflage 2003, § 313 Rn. 127 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 25. November 1992 - IV ZR 147/91 -, NJW 1993, 850, juris Rn. 8 (für testamentarisches Vermächtnis); Palandt, 71. Auflage 2012, § 313 Rn. 8; Junker (Hrsg.), juris Praxiskommentar, 5. Auflage 2010, § 313 Rn. 85.

Dem schließt sich der Senat für das öffentliche Recht an.

Unabhängig hiervon bestehen aber auch erhebliche Zweifel, ob die Voraussetzungen des § 60 VwVfG - ihre analoge Anwendbarkeit unterstellt - vorlägen.

Es ist schon zweifelhaft, ob die Nichtrealisierung bzw. die verzögerte Realisierung des Kraftwerks Datteln 4 ausdrücklich oder stillschweigend Verzichtsgrundlage geworden ist.

Jedenfalls erscheint es nicht treuwidrig oder schlechthin unzumutbar, die Klägerin an ihrer - freiwillig abgegebenen - Verzichtserklärung festzuhalten. Unzumutbarkeit wird in diesem Zusammenhang dann angenommen, wenn die Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zu einem mit Recht und Gerechtigkeit unvereinbaren Ergebnis führen würde. Diese hohe Zumutbarkeitsgrenze berücksichtigt insbesondere, ob ein Beteiligter sich die veränderten Umstände zurechnen lassen muss. Dabei ist entsprechend § 313 Abs. 1 BGB auch maßgeblich, in wessen Risikosphäre ein Umstand fällt.

Schliesky, in: Knack/Henneke, VwVfG, 9. Auflage 2010, § 60 Rn. 16; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Auflage 2011, § 60 Rn. 12 f.

Zwar hat die Klägerin die Nichtigkeit des Bebauungsplans und die damit zusammenhängende Verzögerung nicht zu verantworten. Sie hat aber bei Abgabe der Verzichtserklärung bewusst auf eigenes unternehmerisches Risiko gehandelt. Sie konnte und durfte zu diesem Zeitpunkt nach Lage der Dinge nicht darauf vertrauen, dass das neue Kraftwerk Datteln 4 fristgemäß ans Netz gehen werde: Bei Abgabe der Stilllegungserklärung vom 18. Dezember 2006 lag für das geplante Kraftwerk Datteln 4 weder der Bebauungsplan noch eine Genehmigung vor. Außerdem musste die Klägerin angesichts der ihr bekannten Widerstände gegen das Kraftwerksprojekt mit der ernsthaften Möglichkeit einer Klage sowie eines gerichtlichen Eilantrages rechnen, zumal das Umweltrechtsbehelfsgesetz, das Umweltverbänden ein gegenüber den bisher geltenden Regelungen erweitertes Klagerecht einräumt, bereits am 15. Dezember 2006 in Kraft getreten war.

Nach den eigenen Planungen der Klägerin sollte ein Block des Altkraftwerks Datteln noch ein Jahr lang nach Inbetriebnahme des Kraftwerks Datteln 4 vorgehalten werden, um eine Reserve und Absicherung für das Kraftwerk Datteln 4 zu gewährleisten. Das Altkraftwerk Datteln konnte deshalb nach dem eigenen Terminplan der Klägerin frühestens 2012 insgesamt stillgelegt werden; bereits geringfügige Verzögerungen mussten folglich bewirken, dass die erklärte Stilllegung zu Problemen führt.

II. Die Klage ist auch insoweit unbegründet, als sie auf die Feststellung gerichtet ist, dass das Altkraftwerk Datteln über den 31. Dezember 2012 hinaus weiter betrieben werden darf. Denn die Betriebsgenehmigung für diese Anlage erlischt wie unter I. ausgeführt zu diesem Zeitpunkt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO und §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Insbesondere kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zu: Der Rechtsstreit betrifft eine ausgelaufene Übergangsvorschrift. Entsprechend dem Zweck der Grundsatzrevision, eine für die Zukunft richtungweisende Klärung des geltenden Rechts herbeizuführen, rechtfertigen Rechtsfragen zu ausgelaufenem oder auslaufendem Recht sowie zu Übergangsrecht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig - und so auch hier - nicht die Zulassung einer Grundsatzrevision im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2009 - 1 B 3.09 -, juris, Rn. 4 m.w.N.