SG Düsseldorf, Urteil vom 21.07.2011 - S 27 (15) R 233/06
Fundstelle
openJur 2012, 81234
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die durch eine Betriebsprüfung veranlasste Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Beigeladenen zu 1. und 2. streitig.

Die Klägerin ist ein Unternehmen mit dem Gegenstand "Kfz-Motorenbau", sie ist insbesondere auf die Entwicklung von Motoren für die Automobilindustrie und den Rennsport spezialisiert. Die Klägerin ist in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) organisiert und wurde am 26.03.1980 gegründet. Die Beigeladenen zu 1. und 2. sind studierte Maschinenbauingenieure und schon seit längerem für die Klägerin tätig, seit April 1999 als Geschäftsführer. Bis Dezember 2002 hielten die Beigeladenen zu 1. und 2. jeweils eine Beteiligung von 6 % an der Klägerin, die übrigen Gesellschafter rekrutierten sich aus der Familie T. Die zuständige Krankenkasse (U Krankenkasse – UK) teilte den Beigeladenen zu 1. und 2. mit Schreiben vom 11.07.2002 mit, dass sie ihre seit dem 01.04.1999 ausgeübte Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausüben. Sie seien bezüglich Ort, Zeit und Art und Weise der Tätigkeit nicht gegenüber der Gesellschaft gebunden, es fehle somit das Direktionsrecht eines Arbeitgebers gegenüber einem beschäftigten Arbeitnehmer. Mit notariellem Kaufvertrag vom 02.12.2002 verkauften die ursprünglichen Gesellschafter der Klägerin – auch die Beigeladenen zu 1. und 2. – ihre Geschäftsanteile an die BWM1 (Anstalt für Verbrennungsmotoren M1) I Deutschland GmbH mit Sitz in G b N. Die Klägerin schloss sodann mit den Beigeladenen zu 1. und 2. zum 01.01.2003 neue Geschäftsführerverträge. § 1 des jeweiligen Geschäftsführervertrages definiert die Aufgaben und Pflichten. Danach vertritt der Geschäftsführer die Klägerin nach Maßgabe der Vorschriften des Gesellschaftsvertrages, der Geschäftsordnung und des Geschäftsverteilungsplanes in jeweiliger Fassung sowie der sonstigen Bestimmungen und Beschlüsse der Gesellschafter. Er führt die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, der Geschäftsordnung, des Geschäftsverteilungsplanes und der sonstigen Bestimmungen und Beschlüsse der Gesellschafter. Bei allen Entscheidungen muss sich der Geschäftsführer allein vom Wohl der Gesellschaft leiten lassen und er unterliegt einem Konkurrenzverbot. Nach § 2 wird der Vertrag für die Dauer von fünf Jahren geschlossen, bei einer Verlängerung des Vertrages wird die Dauer des Vertrages neu festgelegt. Bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages steht den Beigeladenen zu 1. und 2. eine Abfindung zu; die Bestellung der Beigeladenen zu 1. und 2. zu Geschäftsführer kann jederzeit widerrufen und sie können auch von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt werden. § 3 legt die Vergütung mit einem Jahresgehalt von 143.161,72 Euro (brutto) fest. Das Jahresgehalt wird in zwölf gleichen Raten unter Einbehaltung der gesetzlichen Abzüge zum Ende eines jeden Kalendermonats gezahlt. Ab dem 01.01.2003 erhöht sich das Gehalt um 2,5 % pro Jahr. Ferner erhalten die Beigeladenen zu 1. und 2. eine Tantieme in Höhe von 5 % des Jahresüberschusses nach Handelsbilanz vor den Ertragssteuern. § 4 regelt die Bezüge bei Krankheit und Tod. Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit wird die feste Vergütung für die Dauer von bis zu sechs Monaten weitergezahlt. Im Falle des Todes der Beigeladenen zu 1. und 2. während der Dauer dieses Vertrages haben sowohl die jeweiligen Witwen als auch die unterhaltsberechtigten ehelichen Kinder Anspruch auf Fortzahlung des festen Gehaltes für den Sterbemonat und die sechs folgenden Monate einschließlich der anteilig anfallenden Tantieme bis zum Sterbemonat. Nach § 5 können die Beigeladenen zu 1. und 2. einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen beanspruchen. § 6 enthält sonstige Leistungen (Firmenwagen, auch zur privaten Nutzung sowie Aufwandserstattungsanspruch bei Dienstreisen). Nach § 9 stehen alle Rechten aus Diensterfindungen der Beigeladenen zu 1. und 2. der Klägerin zu. Schließlich räumen die Beigeladenen zu 1. und 2. der Klägerin ein ausschließliches, zeitlich und räumlich unbeschränktes, übertragbares und unentgeltliches Nutzungsrecht an allen im Rahmen des Dienstverhältnisses bereits geschaffenen oder künftig urheberrechtsschutzfähigen Werken für alle bekannten Verwendungsarten ein.

Auch nach dem Verkauf der Geschäftsanteile berief die Klägerin weiterhin Gesellschafterversammlungen ein, die regelmäßig zu Beschlüssen führten, wonach der Jahresabschluss des vergangenen Geschäftsjahres genehmigt und über die Verteilung des Jahresüberschusses beschlossen wurde. Daneben wurden die Geschäftsführer (die Beigeladenen zu 1. und 2.) entlastet und ein Abschlussprüfer bestellt. Ferner fanden sogenannte Beiratssitzungen der Klägerin statt. Mitglieder des Beirates waren u. a. der ehemalige Gesellschafter der Klägerin, T1, der Geschäftsführer der T1 I GmbH, T2, sowie M2, der Gesellschafter der BWM1 I GmbH ist. Dort wurde die Geschäftsentwicklung, Projekte sowie die Zusammenarbeit "BWM2– T1" besprochen.

In der Zeit vom 12.07.2005 bis 24.10.2005 führte die Beklagte bei der Klägerin zur Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen zu 1. und 2. eine Betriebsprüfung durch; zuvor hatte sie bereits eine Betriebsprüfung am 08.07.2005 bezüglich der weiteren Beschäftigten durchgeführt. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung gaben die Beigeladenen zu 1. und 2. an, dass sie unterschiedliche Geschäftsbereiche hätten. Der Beigeladene zu 1. habe den Geschäftsbereich Motorenversuch, Motorenkomponenten, Qualitätswesen, Personalwesen und Arbeitssicherheit, der Beigeladene zu 2. folgenden Geschäftsbereich: Konstruktion, CAE, Fertigung, EDV, Werbung, Finanz- und Rechnungswesen sowie allgemeine Verwaltung. Sie seien vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit und unterlägen nicht dem Direktionsrecht der Gesellschaft bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung. Lediglich Geschäfte und Maßnahmen, die vom Unternehmensplan abwichen (z. B. Veräußerung des Geschäftsbetriebes), könnten sie nicht eigenverantwortlich treffen. Sie könnten aber beispielsweise selbstständig Personal einstellen und/oder entlassen. Eine geregelte Arbeitszeit bestehe nicht. Mit Schreiben vom 24. und 27.10.2005 hörte die Beklagte die Klägerin und die Beigeladenen zu 1. und 2. zur beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 66.187,24 Euro an. Die Beigeladenen zu 1. und 2. seien nicht selbstständig tätig, sondern abhängig beschäftigt. Die Klägerin und die Beigeladenen zu 1. und 2. nahmen dahingehend Stellung, dass auch sogenannte Fremd-Geschäftsführer selbstständig tätig sein könnten, auch dann, wenn sie nicht in einer sogenannten Familiengesellschaft tätig wären. Das treffe auch auf die Beigeladenen zu 1. und 2. zu, es fehle an der für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses maßgeblichen Eingliederung in einen fremden Betrieb. Die Beigeladenen zu 1. und 2. seien bis zum 01.12.2002 an der klägerischen Gesellschaft beteiligt und dementsprechend als nicht abhängig beschäftigt und damit nicht versicherungs- und beitragspflichtig beurteilt worden. Auch nach der Veräußerung der Geschäftsanteile wäre eine Fortführung des Unternehmens nach fachlicher Einschätzung der formalen Geschäftsleitung ohne die Beigeladenen zu 1. und 2. nicht denkbar gewesen. Die Beigeladenen zu 1. und 2. hätten sich im Jahre 2002 erfolgreich um den Verkauf ihrer Geschäftsanteile und der übrigen Geschäftsanteile bemüht und diesen auch erst dadurch ermöglicht, dass sie sich bereit erklärt hätten, auch weiterhin an gleicher Stelle – und auf die gleiche Art und Weise mit dem selben Einfluss – aktiv die Geschicke der klägerischen Gesellschaft zu gestalten und fortzuentwickeln. Ferner seien sie hinsichtlich Arbeitszeit, Inhalt, Arbeitsdauer und Arbeitsort weisungsfrei tätig gewesen. Mit Bescheid vom 30.01.2006 forderte die Beklagte von der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 02.12.2002 bis 31.12.2004 in Höhe von 66.187,24 Euro nach (Prüfzeitraum: 01.01.2001 bis 31.12.2004). Die Beigeladenen zu 1. und 2. hätten seit dem 02.12.2002 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen. Soweit die UK X mit Bescheid vom 11.07.2002 Versicherungsfreiheit für die Beigeladenen zu 1. und 2. festgestellt habe, seien diese nach Änderung der Inhaberverhältnisse – Verkauf der Gesellschafteranteile mit Notarvertrag vom 02.12.2002 – versicherungsrechtlich neu zu beurteilen. Nach dem Verkauf ihrer Geschäftsanteile seien die Beigeladenen zu 1. und 2. sogenannte Fremd-Geschäftsführer, die grundsätzlich abhängig beschäftigt tätig seien. Hierfür spreche, dass die Beigeladenen zu 1. und 2. über keinen eigenen Betriebssitz verfügten, sie ein gleichbleibendes monatliches Gehalt erhielten, welches nicht von Gewinn oder Verlust des Unternehmens bestimmt werde. Weiterhin erhielten sie im Krankheitsfalle Lohnfortzahlung, es fehle somit am entsprechenden eigenen Kapitaleinsatz und damit sei auch kein Unternehmerrisiko vorhanden. Soweit sie geltend gemacht hätten, sie seien für die Führung der Klägerin unentbehrlich, stünde dem gegenüber, dass die Beigeladenen zu 1. und 2. jederzeit als Geschäftsführer abberufen werden könnten und auch weitere Geschäftsführer eingesetzt werden könnten. Dies sei ein weiteres Indiz für die Weisungsgebundenheit.

Die Klägerin widersprach und machte geltend, ohne die Beigeladenen zu 1. und 2. sei eine erfolgreiche oder auch nur brauchbare Fortführung des Unternehmens nicht möglich. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 zurück.

Mit ihrer am 11.10.2006 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt.

Sie ist weiterhin der Auffassung, die Beigeladenen zu 1. und 2. unterlägen nicht der Versicherungspflicht, weil sie bei ihr nicht abhängig beschäftigt seien. Hierfür sprächen zunächst formelle Aspekte: Die Beigeladenen zu 1. und 2. seien jeweils alleinvertretungsberechtigt und auch vom Selbstkontrahierungsverbot aus § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit. Entscheidend sei aber der tatsächliche Einfluss der Beigeladenen zu 1. und 2. auf die Geschicke der klägerischen Gesellschaft. Dieser ginge entscheidend über die formellen Vereinbarungen hinaus. Sie übten unverändert ihre Tätigkeit seit der ersten Bestellung zum Geschäftsführer zum 01.04.1999 aus und seien vor der Veräußerung der Geschäftsanteile als selbstständig tätig beurteilt worden. Als der damalige Hauptgesellschafter, T1, aus dem klägerischen Unternehmen habe aussteigen wollen, sei überlegt worden, dass die Beigeladenen zu 1. und 2. sämtliche Geschäftsanteile erwerben. Ihre Mittel hätten hierzu aber nicht ausgereicht, weswegen die Anteile an die BWM I veräußert worden seien. Dieser Veräußerung habe auch zu Grunde gelegen, dass die Beigeladenen zu 1. und 2. weiterhin als Geschäftsführer für das klägerische Unternehmen tätig blieben. Andernfalls hätte die BWM I von einem Anteilserwerb abgesehen. Ein Abgang der Beigeladenen zu 1. und 2. würde das klägerische Unternehmen der zentralen, wertbildenden Personen berauben. Die Beigeladenen zu 1. und 2. verfügten u. a. über die entscheidenden Kundenkontakte am Markt und das erforderliche Knowhow in der Motorenentwicklung. Sie bildeten auch im Übrigen das Rückgrat des Unternehmens und unterlägen in der Praxis keiner gesellschafterseitigen Maßgabe. Das gelte uneingeschränkt in Zeiten des Gewinns und des Verlustes. Die Beigeladenen zu 1. und 2. seien ferner weder in das Weisungsgefüge eingebunden noch seien sie im Rechtssinne in das Unternehmen eingegliedert. Die Gesellschafterversammlung gebe ihnen keine Vorgaben auf, sie könnten vielmehr nach eigenem Gutdünken schalten und walten.

Nachdem die Beklagten mit Bescheid vom 06.04.2010 auch für den Prüfzeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2009 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 155.869,47 Euro nachgefordert hat, hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass dieser Bescheid zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist. Mit Verfügung vom 21.02.2011 hat das Gericht darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom 06.04.2010 nicht nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, da er die mit der Klage angefochtenen Bescheide nicht abändert.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

den Bescheid der Beklagten vom 30.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2006 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladenen zu 1. und 2. im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Klägerin seit dem 02.12.2002 nicht der Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen und dementsprechend, dass eine Nachforderung nicht zu erheben ist.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die getroffene Entscheidung weiterhin für zutreffend.

Die Beigeladenen zu 1. bis 4. haben keinen Klageantrag gestellt. Die Beigeladenen zu 1. und 2. haben sich gegenüber dem Gericht dahingehend eingelassen, dass sie sich wechselseitig im Falle der Krankheit und des Urlaubs vertreten und dass letztlich hinter dem Firmenkonstrukt BWM1 M2 stehe, der ebenfalls Maschinenbauingenieur sei. Er habe die BWM1 damals von seinem Vater übernommen. Dieses Unternehmen sei heute Weltmarktführung bei der Entwicklung von Motoren jeglicher Art, das "gehe vom Kettensägenmotor bis hin zum Schiffsmotor". Die Gesellschafterversammlungen liefen sehr familiär ab. M2 sei sehr technikbegeistert und möchte dann im Einzelnen darüber informiert werden, welche Vorhaben geplant und welche Aufträge in Bearbeitung seien. Wenn sie – die Beigeladenen zu 1. und 2. – neue Ideen hätten, so stellten sie diese Herrn M2 vor. Ihm gehe es dabei aber nur darum, sein Interesse an der Technik befriedigt zu bekommen, er stimme allen Vorschlägen zu 100 % zu und folge diesen dann. Der Unternehmensplan werde von den Beigeladenen zu 1. und 2. gemacht und es hätte bisher keinen Fall gegeben, bei dem wegen Abweichens vom Unternehmensplan eine Zustimmung der Gesellschafter hätte eingeholt werden müssen. Sie betrieben auch private Altersvorsorge in Höhe von ca. 1.000 Euro monatlich.

Im Übrigen wird wegen des weiteren Sach- und Streitstandes auf die Gerichtsakten und die von der Beklagten beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Gründe

Das Gericht konnte eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt hatten, § 124 Abs. 2 SGG.

Die Klage ist zunächst zulässig. Sie ist als Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 30.01.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2006 statthaft. Der Bescheid der Beklagten vom 06.04.2010 ist demgegenüber nicht verfahrensgegenständlich. Er ist insbesondere nicht nach § 96 SGG zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden, da er die ursprünglich angefochtenen Bescheide weder ersetzt noch abändert. Er betrifft nicht den angefochtenen Prüfzeitraum vom 01.01.2001 bis 31.12.2004, sondern den nachfolgenden Prüfzeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2009.

Die Klage ist indes nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 30.01.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2006 beschwert die Klägerin nicht nach § 54 Abs. 2 SGG. Diese Bescheide sind rechtmäßig, weil die Beklagte von der Klägerin zu Recht Gesamtsozialversicherungsbeiträge zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Beigeladenen zu 1. und 2. in Höhe von 66.187,24 EUR für den Zeitraum 02.12.2002 bis 31.12.2004 fordert. Dies folgt aus § 28 p Abs. 1 Viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV) i. V. m. § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Sozialgesetzbuch (SGB VI) und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Sozialgesetzbuch (SGB III). Nach § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung – hier die Beklagte – bei den Arbeitgebern – hier der Klägerin – ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen nach § 28 a SGB IV mindestens alle vier Jahre. Nach Satz 4 der Vorschrift erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. In diesem Zusammenhang ergibt sich aus § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, dass Personen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen, wenn sie gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Auch § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III stellt für das Eintreten von Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung auf das Vorliegen einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ab. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach Satz 2 der Vorschrift sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers. Hierbei unterliegt der Beschäftigte dem Weisungsrecht des Arbeitgebers insbesondere hinsichtlich der Zeit, der Dauer, des Ortes und der Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein, wenn der Versicherte nur in den Betrieb eingegliedert ist (Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch, wenn es um die Beantwortung der Frage geht, ob ein geschäftsführendes Organ einer juristischen Person abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist (BSG a.a.O.). Ausgehend hiervon übt ein sogenannter Fremdgeschäftsführer einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung aus (BSG a.a.O; Urteil vom 22.8.1973, 12 R K 24/72; LSG NRW, Urteil vom 23.12.2010; L 16 KR 27/10; Beschluss vom 21.5.2010 – L 8 R 213/10 B ER; Urteil vom 6.5.2010 – L 16 KR 125/09; Urteil vom 25.3.2010 L 16 (5) KR 190/08; Urteil vom 20.11.2008 L 16 KR 113/08). Denn ein solcher Geschäftsführer ist an der Gesellschaft selbst nicht beteiligt, er darf nur im Rahmen der Gesellschaftsbeschlüsse handeln und unterliegt insoweit der Prüfung und Überwachung durch die Gesellschafter (so insbesondere: BSG, Urteil vom 22.8.1973 12 R K 24/72). Das gilt erst Recht, wenn ein wirtschaftliches Risiko des Fremdgeschäftsführers fehlt, weil er ein erfolgsunabhängiges Gehalt erhält, Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle und Urlaub hat (BSG, Urteil vom 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R; LSG Schleswig Holstein, Urteil vom 3.6.2010 – L 5 KR 110/08; LSG NRW, Urteil vom 20.11.2008 – L 16 KR 113/08). Demgegenüber übt ein Fremdgeschäftsführer ausnahmsweise seine Tätigkeit selbständig aus, wenn er in der GmbH "frei schalten und walten" kann, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil sie wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG, Urteil vom 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R). Letzteres kommt insbesondere bei sog. Familiengesellschaften in Betracht, wenn der Geschäftsführer das Geschäft aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen nach eigenem Gutdünken führen kann, die Ordnung des Betriebes selbst prägt und deshalb faktisch wie ein Alleininhaber tätig wird, wenn es also aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt (BSG, Urteil vom 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R). Ferner kann auch ohne familiäre Verbundenheit ein beherrschender Einfluss auf die GmbH aufgrund besonderen Fachwissens oder besonderer Verantwortung und die dadurch bedingte tatsächliche Unabhängigkeit von Weisungen der Gesellschafter im Einzelfall dazu führen, dass ein Fremdgeschäftsführer selbständig tätig ist (so insbesondere: LSG Hessen, Urteil vom 23.11.2006 L 1 KR 763/03). Ausgehend hiervon übten die Beigeladenen zu 1. und 2. ihre Beschäftigungen als Geschäftsführer der Klägerin im strittigen Zeitraum im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses aus. Sie waren als sogenannte Fremdgeschäftsführer tätig, weil sie am Stammkapital der Klägerin nicht beteiligt sind und damit keinen Einfluss auf die Gesellschaftsbeschlüsse nehmen konnten und insoweit auch der Prüfung und Überwachung durch die Gesellschafter unterlagen. Für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spricht im Falle der Beigeladenen zu 1. und 2. ferner, dass bei ihnen nur ein geringes wirtschaftliches Risiko vorlag, weil sie wie jeder abhängig Beschäftigte ein erfolgsunabhängiges festes Gehalt, Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall und bezahlten Jahresurlaub erhielten; lediglich die erfolgsabhängige Tantieme von 5 % des Jahresüberschusses führte wegen der Ungewissheit, ob dieser erzielt wird, zu einem geringen wirtschaftlichen Risiko, dem aber keine große Bedeutung beizumessen ist, weil die Beigeladenen zu 1. und 2. bereits durch das erfolgsunabhängige feste Gehalt ausreichend wirtschaftlich abgesichert waren. Für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spricht des Weiteren, dass nach § 9 des jeweiligen Geschäftsführervertrages alle Rechten aus Diensterfindungen der Beigeladenen zu 1. und 2. der Klägerin zustehen; auch dies unterstreicht die persönliche Abhängigkeit und spricht gegen Selbständigkeit. Zudem liegt insbesondere kein Ausnahmefall für die Annahme eines selbständig tätigen Fremdgeschäftsführers vor. Namentlich hatten die Beigeladenen zu 1. und 2. keinen beherrschenden Einfluss auf die klägerische Gesellschaft aufgrund besonderen Fachwissens oder besonderer Verantwortung und die hierdurch bedingte tatsächliche Unabhängigkeit von Weisungen der Gesellschafter. Denn der hinter der Klägerin stehende Hauptgesellschafter (M2) ist ebenso wie die Beigeladenen zu 1. und 2. Maschinenbauingenieur und schon seit langem in der Motorenentwicklung tätig. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, ohne die Beigeladenen zu 1. und 2. könne sie nicht mit Erfolg am Markt weiter bestehen, nur die Beigeladenen zu 1. und 2. verfügten über das für die Motorenentwicklung erforderliche Knowhow, verlieh allein dies den Beigeladenen zu 1. und 2. keinen derart beherrschenden Einfluss, dass sie in der Gesellschaft frei schalten und walten konnte. Denn der Hauptgesellschafter war aufgrund seiner Erfahrung in der Lage, die durch die Beigeladenen zu 1. und 2. erstellte Geschäftsplanung nachzuvollziehen und auf ihre wirtschaftliche Vernunft hin zu überprüfen, was nach den vorliegenden Protokollen der Gesellschafterversammlungen und der Beiratssitzungen auch regelmäßig geschehen ist. Dass der Hauptgesellschafter der von den Beigeladenen zu 1. und 2. erstellten Geschäftsplanung stets zugestimmt hat, besagt nichts anderes. Ein beherrschender Einfluss erwuchs den Beigeladenen zu 1. und 2. hieraus nicht, der Hauptgesellschafter hätte – wie ausgeführt - jederzeit aufgrund seiner Erfahrung die Umsetzung der Planung verhindern können; dass er dies in der Vergangenheit nicht getan hat kann ebenso der guten Qualität der durch die Beigeladenen zu 1. und 2. erstellten Planung geschuldet und muss nicht Ausdruck eines beherrschenden Einflusses sein. Zudem vertreten die Beigeladenen zu 1. und 2. die Klägerin nach § 1 des jeweiligen Geschäftsführervertrages nach Maßgabe der Vorschriften des Gesellschaftsvertrages, der Geschäftsordnung und des Geschäftsverteilungsplanes in jeweiliger Fassung sowie der sonstigen Bestimmungen und Beschlüsse der Gesellschafter. Bei allen Entscheidungen müssen sich die Beigeladenen zu 1. und 2. allein vom Wohl der Gesellschaft leiten lassen. Ihre Bestellung zum Geschäftsführer kann jederzeit widerrufen und sie können auch von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt werden; gegen einen beherrschenden Einfluss der Beigeladenen zu 1. und 2. spricht ferner, dass ihre jeweiligen Geschäftsführerverträge zunächst nur für die Dauer von 5 Jahren geschlossen wurden. Zusammenfassend mag es zutreffen, dass den Beigeladenen zu 1. und 2. eine erhebliche wirtschaftliche Macht zukam, eine solche selbst alleinige faktische wirtschaftliche Macht führt allein aber nicht dazu, dass der Fremdgeschäftsführer frei schalten und walten kann (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3.9.2010 – 9 KR 272/09), weil die Gesellschafter weiterhin das Weisungsrecht gegenüber dem Fremdgeschäftsführer haben und dieses insbesondere nicht wirksam abbedungen ist (BSG, Urteil vom 25.1.2008, B 12 KR 30/04 R).

Hinter diesen gewichtigen Argumenten für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung tritt zurück, dass die Beigeladenen zu 1. und 2. Alleinvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot aus § 181 BGB befreit waren und hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Art und Ausführung ihrer Tätigkeiten keinen Weisungen unterlagen. Denn diese Freiheiten sind bei Diensten höherer Art üblich (BSG Urteil vom 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R – LSG NRW, Urteil vom 25.3.2010, L 16, 5 KR 190/08). Vergleichbares gilt, soweit die Beigeladenen zu 1. und 2. selbständig Personal einstellen durften und über die entscheidenden Kundenkontakte am Markt verfügten; auch dies gehört zur typischen Kompetenz von Angestellten, die Dienste höherer Art verrichten. Ferner kann auch die anderweitige Alterssicherung der Beigeladenen zu 1. und 2. zu keinem anderen Ergebnis führen, weil diese allein deswegen nicht selbständig tätig geworden sind. Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Die Fachkenntnis eines Fremdgeschäftsführers allein reicht nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit, es ist vielmehr eine – hier nicht gegebene – Dominanz der Gesellschafter durch den Fremdgeschäftsführer erforderlich (so insbesondere LSG Niedersachsen – Bremen, Urteil vom 24.1.2007 – L 2 R 35/06).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Sie berücksichtigt, dass die Klage keinen Erfolg hatte und dass die Beigeladenen zu 1. bis 4. mangels Stellung eines eigenen Klageantrages kein wirtschaftliches Risiko eingegangen sind.

&8195;

Zitate11
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte