OLG Hamm, Urteil vom 28.06.2011 - I-4 U 25/11
Fundstelle
openJur 2012, 80579
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Antragstellers wird das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Dem Antragsgegner wird es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,- EUR, Ordnungshaft höchstens 2 Jahre) verboten,

im Zusammenhang mit geschäftlichen Handlungen im Bereich Goldankauf

a)

mit der Überschrift "Gold Ankauf N" und der Behauptung eines Goldankaufes in N und Umgebung zu werben, wenn der Antragsgegner in N und Umgebung keine Niederlassung oder Zweigstelle betreibt, insbesondere wie mit der Werbung auf der Website unter der URL *Internetadresse1* geschehen;

b)

mit der Überschrift "Goldankauf in N - Gold Ankauf" und der Behauptung eines Goldankaufes in N und Umgebung zu werben, wenn der Antragsgegner in N und Umgebung keine Niederlassung oder Zweigstelle betreibt, insbesondere wie mit der Werbung auf der Website unter der URL *Internetadresse2* geschehen.

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Antragsteller 1/3 und der Antragsgegner 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.

Der Antragsteller begehrt von dem Antragsgegner im Wege des Verfügungsverfahrens das Verbot von beanstandeter Werbung im Internet im Bereich des Goldankaufs.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Der Antrag sei unzulässig, weil der Antragsteller mit der Geltendmachung der Unterlassungsansprüche im vorliegenden Verfahren rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 8 Abs. 4 UWG handle. Es lägen im Streitfall hinreichende Anhaltspunkte vor, die es rechtfertigen würden, ein missbräuchliches Verhalten des Antragstellers anzunehmen.

Der Antragsteller habe die beiden Werbungen auf den Internetseiten des Antragsgegners, die er am 01.12.2010 bemerkt habe, am selben Tag mit zwei getrennten Abmahnungen, jeweils eine Abmahnung für eine Internetseite, beanstanden lassen. Das habe dazu geführt, dass für beide Verstöße jeweils ein getrennter Streitwert in Ansatz gebracht worden sei, und zwar 50.000,- € und 30.000,- €. Dies habe bei Annahme eines Gesamtstreitwertes von 80.000,- € für beide Verstöße Mehrkosten von 805,20 € ausgelöst. Darüber hinaus sei für diese beiden Wettbewerbsverstöße ein Streitwert von insgesamt 50.000,- € angemessen, so dass der Antragsteller durch die Aufspaltung der Abmahnungen dem Antragsgegner zusätzliche vorprozessuale Kosten von 1.005,40 € habe aufbürden wollen.

Es liege auch keine die Verfahrensaufspaltung sachlich rechtfertigende unterschiedliche Rechts- oder Beweissituation bei den gerügten Verstößen vor. Abgesehen von den auf der Internetseite *Internetadresse1* zusätzlich gerügten "Goldgeschichten" seien die beanstandeten Erklärungen im Kern inhaltlich übereinstimmend.

Die zu weite Formulierung der Unterlassungsverpflichtungen in den beiden Abmahnungen zeige, dass der Antragsteller auch auf die Erzielung von Vertragsstrafen abgestellt habe. In den beiden strafbewehrten Unterlassungserklärungen habe der Antragsteller vom Antragsgegner Unterlassung nicht nur der Werbung mit Goldankauf in N verlangt, sondern generell die Unterlassung der Werbung mit Goldankauf "in Städten" oder "im Zusammenhang mit Städtenamen". Eine solche strafbewehrte Unterlassungserklärung gehe weit über das Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung eines regelkonformen Wettbewerbs hinaus. Denn ein Wettbewerbsverhältnis habe zwischen den Parteien lediglich in N bestanden.

Das Gebührenerzielungsinteresse werde auch daran deutlich, dass unter Ziffer 4 der vorformulierten Unterlassungserklärungen die Erstattung der Abmahnkosten jeweils gleichrangig, wie die Unterwerfungserklärung aufgeführt sei.

Darüber hinaus habe der Antragsteller in den beiden vorformulierten Unterlassungserklärungen unter der Überschrift "strafbewehrte Unterlassungserklärung" gleichrangig mit der unter Ziffer 1 formulierten Unterlassungserklärung unter Ziffer 2 die Verpflichtung zur Auskunft bis zum 15.12.2010 und unter Ziffer 3 ein Anerkenntnis dem Grunde nach zum Schadensersatz verlangt.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Antragsteller mit seiner Berufung, mit der er seine ursprünglichen Anträge weiterverfolgt.

Er ist der Ansicht, dass ein missbräuchliches Vorgehen seinerseits nicht vorliege. Zunächst sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den verfolgten Verstößen nicht um lediglich geringfügige wettbewerbsrechtliche Verstöße handele, sondern um eine massive Irreführung der Verbraucher durch den Antragsgegner  mit erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Antragsteller selbst. Neben diesem Interesse des Antragstellers existiere ein nennenswertes eigenes wirtschaftliches Interesse, solche irreführenden Handlungen zu verfolgen, da mit solchen Werbemethoden eine Vielzahl an Verbrauchern irregeführt werde.

Die Tatsache, dass beide Sachverhalte getrennt abgemahnt worden seien, sei nicht durch ein Gebührenerzielungs- oder Kostenbelastungsinteresse begründet, sondern in der Unterschiedlichkeit der Sachverhalte. Die Webseite *Internetadresse1*" stelle sich insgesamt mit den Aussagen, Kundenmeinungen und der Gesamtaufmachung als etwas reißerische Werbung dar. Die Unrichtigkeit der aufgeführten Goldgeschichten, Kundenmeinungen und Aussagen sei für den Antragsteller mit einer gewissen Schwierigkeit nachzuweisen. Daneben enthalte die Werbung etliche rechtliche bedenkliche Aussagen, die für sich genommen wettbewerbsrechtlich zu beanstanden wären. Dem Antragsteller sei es bei der Abmahnung überwiegend auf die unlautere Werbung mit irreführendem Lokalbezug angekommen, da diese sich am meisten zu seinen Lasten auswirke. Hätte ein Gebührenerzielungsinteresse überwogen, hätte man wohl nach so vielen Verstößen wie möglich gesucht, um so den Streitwert anzuheben. Etwas anders verhalte es sich mit der Webseite "*Internetadresse2*". Diese Webseite sei nüchterner und verweise auf den zweiten Blick auf die Bestellung eines Goldkits, womit Versandunterlagen gemeint seien. Dies schwäche die Irreführung doch ab, wenn es sie auch nicht gänzlich ausräume. Trotz einer gewissen Ähnlichkeit der Sachverhalte könne der konkrete Sachverhalt im Hinblick auf die Irreführung unterschiedlich beurteilt werden. Auch bestehe eine andere Beweissituation jedenfalls hinsichtlich der Goldgeschichten, Kundenbewertungen und angegebenen Städte, in denen der Antragsgegner tätig sein will. Insbesondere aufgrund dieser zusätzlichen Aspekte, die nur die Webseite "*Internetadresse1*" beträfen, sei entschieden worden, die Abmahnungen zu trennen.

Die in den Abmahnungen angesetzten Streitwerte spiegelten das maßgebliche Interesse des Antragstellers wieder.

Nicht unberücksichtigt bleiben dürfe auch das Verhalten des Abgemahnten auf die Abmahnungen. So sei mit demselben Tag, an dem die Abmahnung vom Antragsgegner anwaltlich zurückgewiesen worden sei, eine Gegenabmahnung ausgesprochen worden, um eine Gegenposition aufzubauen. Die beigefügte Unterlassungserklärung sehe eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe und den Ausschluss des unbeachtlichen Fortsetzungszusammenhangs vor. Nachdem das Landgericht in der mündlichen Verhandlung geäußert habe, dass das Verhalten des Antragsgegners wohl wettbewerbswidrig sei, habe dieser seine Internetauftritte umgeändert. Auch habe der Antragsgegner wiederholt wahrheitswidrig behauptet, der Antragsteller habe die Umsatzsteuer auf die außergerichtlichen Anwaltsgebühren ersetzt verlangt und unter anderem damit seine Missbräuchlichkeit begründet, was aber nicht zutreffe.

Das Landgericht schließe zu Unrecht aus einer vermeintlich zu weit formulierten Unterlassungserklärung in den Abmahnungen - bezogen auf andere Städte als N - auf eine Absicht des Antragstellers, insbesondere Vertragsstrafen vom Antragsgegner zu erzielen. Mit der Werbung mit angeblich lokalen Angeboten in verschiedenen Städten täusche der Antragsgegner neben der örtlichen Verfügbarkeit auch über die Größe und Bedeutung seines Unternehmens. Dies könne die Entscheidung von Kunden beeinflussen. Die Nichtverfolgung dieses Anspruchs führe jedoch nicht dazu, dass die außergerichtlich geforderte Unterlassungserklärung überzogen oder zu weit gefasst sei. Die Vertragsstrafe von 5.100,- € sei nicht überhöht.

Auch in der sonstigen Gestaltung der vorformulierten Unterlassungserklärung sei kein Hinweis auf rechtsmissbräuchliches Verhalten zu sehen. Die vorformulierte Erklärung, die als Vorschlag dem Antragsgegner mit den Abmahnungen übersandt worden sei, habe lediglich die dem Antragsteller zustehenden Ansprüche im üblichen Umfang enthalten. Der Antragsgegner sei stets wettbewerblich anwaltlich beraten gewesen, so dass ihm klar gewesen sei, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, genau diese Unterlassungserklärung abzugeben, um die Wiederholungsgefahr auszuräumen.

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände könne von einem überwiegenden sachfremden Interesse nicht ausgegangen werden. 

Der Antragsteller beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts N vom 21.01.2011 es dem Antragsgegner bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten, im Zusammenhang mit geschäftlichen Handlungen im Bereich Goldankauf

a.

mit der Überschrift "Gold Ankauf N" und der Behauptung eines Goldankaufes in N und Umgebung zu werben, wenn der Antragsgegner in N und Umgebung keine Niederlassung oder Zweigstelle betreibt, insbesondere wie mit der Werbung auf der Webseite unter der URL *Internetadresse1* geschehen;

b.

mit der Überschrift "Gold Ankauf in N - Gold Ankauf" und der Behauptung eines Goldankaufes in N und Umgebung zu werben, wenn der Antragsgegner in N und Umgebung keine Niederlassung oder Zweigstelle betreibt, insbesondere wie mit der Werbung auf der Webseite unter der URL  *Internetadresse2* geschehen;

c.

mit "Goldgeschichten aus N/Goldankauf auf Tour" zu werben, in denen mit einem Ankauf vor Ort in N geworben wird, soweit dies nicht den Tatsachen entspricht, wie unter URL *Internetadresse1* geschehen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B.

Die Berufung des Antragstellers hat teilweise Erfolg.

I.

Der Unterlassungsantrag ist bestimmt genug im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die auf den Internetseiten des Antragsgegners beanstandeten Behauptungen und "Goldgeschichten", deren Unterlassung begehrt wird, werden konkret im Antrag benannt.

II.

Es liegt auch ein Verfügungsgrund vor. Dem Antragsteller kommt die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG zugute. Sie ist hier auch nicht widerlegt. Insbesondere hat der Antragsgegner, der insoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt, insoweit nichts vorgetragen. Auch im Übrigen ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Überschreitung der sogenannten Monatsfrist. Im Gegenteil hat der Antragsteller am 01.12.2010 den Verstoß im Internet bemerkt und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist am 30.12.2010 beim Landgericht eingegangen.

III.

Die Verfolgung des Unterlassungsanspruchs durch den Antragsteller ist nicht als rechtsmissbräuchliches Handeln gemäß § 8 Abs. 4 UWG zu qualifizieren.

Allgemein ist von einem Missbrauch in diesem Sinne auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind. Diese müssen allerdings nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele des Handelns eindeutig überwiegen. Ob die Anspruchsverfolgung vorwiegend von sachfremden Erwägungen bestimmt ist, muss im Einzelfall im Rahmen einer Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände bestimmt werden.

1.

Ein Indiz für einen Rechtsmissbrauch stellt es - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat -  dar, wenn ein Anspruchsberechtigter bei einem einheitlichen Wettbewerbsverstoß getrennte Verfahren anstrengt und dadurch die Kostenlast erheblich erhöht, obwohl eine Inanspruchnahme in einem Verfahren für ihn mit keinerlei Nachteilen verbunden ist (Köhler/Bornkamm UWG, 29. Aufl., § 8 Rn. 4.14; BGH GRUR 2000, 1089 - missbräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH GRUR 2009, 1180 - 0,00 Grundgebühr; BGH GRUR 2010, 454 - Klassenlotterie). Diese zunächst auf einen einheitlichen Wettbewerbsverstoß beschränkten Grundsätze sind ebenfalls anwendbar, wenn es um die mehrfache Verfolgung gleichartiger oder ähnlich gelagerter Wettbewerbsverstöße geht (BGH - Klassenlotterie; Köhler a.a.O.).

Hier hat der Antragsteller am 01.12.2010 zwei Abmahnungen ausgesprochen.  Beide beanstandeten Werbemaßnahmen hat er an diesem Tag bemerkt. Hinsichtlich beider Werbemaßnahmen wirft der Antragsteller dem Antragsgegner vor, dass dieser auf seinen Internetseiten *Internetadresse1* und *Internetadresse2*  Städtenamen benennt, in denen er tatsächlich nicht ansässig oder tätig ist, worin eine Täuschung liege. Die kostenmäßigen Auswirkungen hat das Landgericht anschaulich dargestellt. Hätte der Antragsteller nur eine Abmahnung mit einem  Gesamtstreitwert von 80.000,- € (50.000,- € + 30.000,- €) ausgesprochen, wären außergerichtliche Kosten in Höhe von 805,20 € eingespart worden.

Dieses Indiz wäre jedoch dann entkräftet, wenn es für das getrennte Vorgehen einen sachlichen, vernünftigen Grund gäbe (BGH - Grundgebühr; Köhler a.a.O. Rn 4.17). Insoweit macht der Antragsteller die Unterschiedlichkeit der den Abmahnungen zugrundeliegenden Sachverhalte geltend. Dieses Argument greift jedoch nicht durch. Im Ergebnis wird mit beiden Abmahnungen beanstandet, dass der Antragsgegner vortäusche, in N oder in den genannten Städten ansässig zu sein. Dieser angebliche Eindruck wird auch auf beiden Internetseiten durch die gleiche Art und Weise hervorgerufen, auch wenn der Text auf den Internetseiten nicht übereinstimmt. Übereinstimmend wird nämlich der angebliche Eindruck dadurch erzeugt, dass der Städtename - hier N - im Zusammenhang mit dem Vorgang des Goldankaufs genannt wird. Dies ist der Kern. Die Tatsache, dass ein Gericht die Werbung auf der einen Interseite schon als irreführend und die Werbung auf der anderen Seite als noch nicht irreführend ansehen könnte, rechtfertigt es nicht mit zwei Abmahnungen vorzugehen. Denn es stellt dann keine Schwierigkeit dar, einen Unterlassungstitel hinsichtlich der einen Werbung zu erlangen. Dementsprechend hat der Antragsteller auch beide Werbemaßnahmen zum Gegenstand eines Verfügungsverfahrens gemacht. Aus diesem Grund kann der Antragsteller auch nichts daraus herleiten, dass die Werbeaussagen auf der Seite *Internetadresse1* reißerischer sein sollen als diejenigen auf der Seite *Internetadresse2*.

2.

Jedoch ist kein Indiz für einen Rechtsmissbrauch darin zu sehen, dass der Antragsteller in den Abmahnungen nicht nur auf die Stadt N, sondern auf alle Städtenamen abgestellt hat, in denen der Antragsgegner keine Niederlassung hat. Dieser Gesichtspunkt stellt nur eine Frage der Begründetheit dar. Der Antragsteller argumentiert damit, dass durch die Benennung von Städtenamen, in denen der Antragsgegner keine Niederlassung hat, eine gewisse Größe des Unternehmens des Antragsgegners vorgetäuscht werde, die dazu führen könnte, dass Verbraucher aufgrund der Größe auf eine gewisse Kompetenz und auch Vertrauenswürdigkeit dieses Unternehmens schließen. Unabhängig davon, ob diese Rechtsansicht zutrifft, ist sie als plausible Motivation für die weite Formulierung der Abmahnung anzusehen. Dementsprechend kann auch die entsprechende Formulierung in der vorgeschlagenen Unterlassungserklärung nicht als ein Indiz für einen Rechtsmissbrauch angesehen werden.

3.

Die Höhe der Vertragsstrafe von 5.100,- € für jeden Verstoß ist üblich und angemessen. Auch hier ist kein Indiz für einen Rechtsmissbrauch ersichtlich.

4.

In den Gegenstandswertansätzen des Antragstellers ist auch kein Indiz für einen Rechtsmissbrauch zu erkennen. Wäre jeder angebliche Wettbewerbsverstoß für sich zu beurteilen, wäre jeweils ein Gegenstandswert von 30.000,- € vertretbar. Bei gemeinsamer Rechtsverfolgung mit einer Abmahnung wäre dann ein Gegenstandswert von 50.000,- € gerechtfertigt. Die Tatsache, dass der Antragsteller den Wert bei einem Wettbewerbsverstoß (*Internetadresse1*) bei 50.000,- € angesiedelt hat, ist zwar nicht zutreffend, aber auch nicht so eklatant überzogen, dass darin ein Indiz für einen Rechtsmissbrauch gesehen werden könnte. Der Kummulierungseffekt beim Gegenstandswert für die Abmahnungen durch die getrennte Verfolgung ist bereits oben (Ziffer 1.) berücksichtigt worden.

5.

Der Inhalt der Unterlassungserklärungen lässt nur in geringem Maße auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten schließen. Zwar ist in den vorformulierten Unterlassungserklärungen neben der Unterwerfungserklärung auch die Erstattung der Abmahnkosten in Ziffer 4. aufgenommen worden. Jedoch wird im Text der Abmahnungen deutlich, dass der Antragsgegner die Unterlassungsklage und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung schon durch die bloße Abgabe der Unterwerfungserklärung vermeiden kann. Denn in den Abmahnschreiben wird für die Beibringung der Unterlassungserklärung eine Frist bis zum 13.10.2010 und für die Begleichung der Abmahnkosten eine Frist bis zum 15.10.2010 gesetzt. Weiterhin hat der Antragsteller in den Abmahnschreiben deutlich gemacht, dass nur die Unterwerfungserklärung die Wiederholungsgefahr entfallen lässt. Damit wird auch klargestellt, dass bei Abgabe der Unterwerfungserklärung der Unterlassungsanspruch hinfällig ist. Dass der Antragsteller Fristen für die anderen Ansprüche gesetzt hat, entspricht anwaltlicher Übung. Ungewöhnlich ist allerdings, in einer Abmahnung auch schon Auskunft und Anerkennung der Schadensersatzverpflichtung zu fordern.

6.

Gegen einen Rechtsmissbrauch spricht hier, dass der Antragsteller bisher nicht als ein Initiator von Abmahnwellen bekannt ist. Vielmehr sind dem Senat bisher lediglich 3 Abmahnungen (zwei Abmahnungen im hiesigen Verfahren, eine Abmahnung in dem Verfahren xx ./. xx, OLG Hamm Az. 4 U 24/11) bekannt.

7.

Auch im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände ist ein Rechtsmissbrauch nicht zu erkennen.

IV.

Der Antragsteller hat gegen den Antragsgegner gemäß §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UWG einen Anspruch, es zu unterlassen, auf seiner Internetseite  *Internetadresse1* mit der Überschrift "Gold Ankauf N" und der Behauptung eines Goldankaufes in N und Umgebung zu werben.

1.

Der Antragsteller ist antragsbefugt und aktivlegitimiert gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Die beiden Parteien betätigen sich im Bereich des Goldankaufs und sind damit Mitbewerber auf demselben Markt.

2.

Unlauter im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UWG handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die Person des Unternehmers wie z.B. Art des Vertriebs oder Orte von Niederlassungen enthält.

a.

Eine solche Irreführung liegt vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise sich aufgrund der Werbeaussage eine bestimmte Vorstellung machen, die nicht der Wirklichkeit entspricht und deshalb täuschen kann. Es ist also zu fragen, wer die angesprochenen Verkehrskreise sind, welche Vorstellung sie sich von den Angaben des Städtenamens N in der konkreten Form bzw. von den Goldgeschichten machen und ob diese Vorstellung der Wirklichkeit entspricht. Ist das nicht der Fall, muss die Fehlvorstellung geeignet sein, auf eine Entscheidung der Verkehrskreise Einfluss zu nehmen, die Dienste des Antragsgegners in Anspruch zu nehmen.

b.

Angesprochene Verkehrskreise sind Personen aus N und Umgebung, die Gold oder Schmuck veräußern wollen. Dieser Verkehrskreis durchzieht die meisten Bereiche bzw. Schichten der Bevölkerung. Deren Vorstellung kann der Senat aufgrund eigener Sachkunde oder jedenfalls der Lebenserfahrung selbst beurteilen. 

c.

Der Antrag zu a. betrifft die Internetseite *Internetadresse1*. Allerdings betrifft dieser Antrag nicht auch die "Goldgeschichten", die sich ebenfalls auf dieser Internetseite befinden.

Aber schon der übrige Text vermittelt den Eindruck, der Antragsgegner betreibe zumindest eine Filiale in N. Dies wird zwar nicht schon durch den Textteil "Gold Ankauf N" oder "Goldankauf N" deutlich. Jedoch heißt es an einer  Stelle im Text "Goldankauf in N", an einer anderen Stelle "Kaufangebot in     N". Diese Formulierungen lassen darauf schließen, dass der Antragsteller über eine Verkaufsstelle in N verfügt, was allerdings unstreitig nicht der Fall ist. Denkbar ist zwar, dass nicht jeder Verbraucher dies als einzige Möglichkeit ansieht. Aber der Großteil des angesprochenen Verkehrskreises wird von einer Verkaufsstelle in N ausgehen. Dieser Eindruck wird weiterhin durch die Textpassagen "Ihr Weg wird Sie sehr schnell zu uns zurückführen,..." und "auch in N erreichbar!" unterstützt.

Das Argument des Antragsgegners, tatsächlich biete er in bestimmten Fällen auch einen Schnelltransportservice für den Schmuck oder das zu verkaufende Gold an, greift nicht durch. Denn der Regelfall sieht anders aus. Auch die auf der Internetseite angegebene Telefonnummer, die  - für jeden N erkennbar - hinsichtlich der Vorwahl nicht aus dem Bereich N stammt, lässt nicht darauf schließen, dass dem Verbraucher deutlich wird, dass in Wirklichkeit keine Filiale in N besteht. Denn denkbar wäre auch, dass sich die Servicetelefonnummer auf die Zentrale in X bezieht und dort die wesentlichen Entscheidungen getroffen werden, aber in N zumindest eine Betriebsstätte besteht, die die Abwicklung des Goldankaufs durchführt.

d.

Der durch den in dem Antrag zu a. monierte Text vermittelt den Eindruck, in N bestehe eine Verkaufsstelle des Antragsgegners. Das ist unstreitig falsch.

3.

Eine solche Fehlvorstellung ist auch wettbewerbsrechtlich relevant. Sie ist dazu geeignet und kann dazu führen, dass an einer Veräußerung von Gold oder Schmuck interessierte Personen sich an den Antragsgegner wenden, weil sie glauben, sie müssten ihre sehr wertvollen Gegenstände nicht per Post versenden und hätten es auch im Rahmen der Abwicklung des Geschäfts einfacher, da man sich bei Unklarheiten direkt an die Verkaufsstelle in N wenden könne.

4.

Die Wiederholungsgefahr ist durch den begangenen Wettbewerbsverstoß indiziert.

V.

Der Antragsteller hat gegen den Antragsgegner gemäß §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UWG einen Anspruch, es zu unterlassen, auf seiner Internetseite  *Internetadresse2* mit der der Behauptung eines Goldankaufes in N und Umgebung zu werben.

1.

Der Text auf dieser Internetseite enthält eine irreführende Werbung, weil er zumindest mehrdeutig ist. Im Falle der Mehrdeutigkeit muss der Werbende die verschiedenen Bedeutungen gegen sich gelten lassen; dies gilt auch bei einer unbewussten Mehrdeutigkeit (Köhler / Bornkamm, UWG 28. Aufl., § 5 Rn 2.111, 2.111a).

Der hier in Rede stehende Text kann einem Leser jedenfalls auch den Eindruck vermitteln, der Antragsgegner betreibe zumindest eine Filiale in N. Dies wird zwar nicht schon durch die Textteile "...bieten wir auch für N..." oder "Unser Goldankauf und Edelmetallankauf für N umfasst:" deutlich. Jedoch heißt es schon in den Überschriften "Goldankauf in N" und "Goldankauf und Schmuckankauf in N". Diese Formulierung lässt den Schluss zu, dass der Antragsteller über eine Verkaufsstelle in N verfügt. Insoweit kann auf die Ausführungen zu III. 2 c verwiesen werden.

Die Tatsache, dass auf dieser Seite ein online Goldrechner angeboten wird, mit dem schon einmal ausgerechnet werden kann, wie viel Geld man für die Edelmetalle erhalten wird, bedeutet nicht unweigerlich, dass es an einer Verkaufsstelle in N fehlt. Vielmehr kann der Verbraucher dies als Service verstehen, den er in Anspruch nehmen kann, bevor er überhaupt  eine Verkaufsstelle des Antragsgegners - in N - aufsucht. Auch die Passage "Wir bieten jedem Kunden einen gleich kundenfreundlichen Service an, so dass Sie sich bei uns in guten Händen für einen Goldankauf in N befinden" deutet nicht zwingend auf eine fehlende Verkaufsstelle in N hin. Dies kann vielmehr als eine lediglich allgemeine, anpreisende Werbeaussage des Antragsgegners verstanden werden.

Auch die Aufforderungen im ersten Absatz, sich ein Goldkit zu bestellen, sowie im dritten Absatz "senden sie uns ihre Edelmetalle zu", die auch für eine Betriebsstätte außerhalb von N sprechen könnten, können den zuvor erzeugten Eindruck, dass tatsächlich in N eine Betriebsstätte bestehen könnte, nicht beseitigen. Dabei spielt auch eine Rolle, dass sich das Angebot auf dieser Internetseite nicht nur an Kunden aus N selbst, sondern aus dem ganzen Münsterland, das eine beträchtliche Ausbreitung aufweist, richtet. Es kann also durchaus sein, dass Kunden aus dem Randgebiet des Münsterlandes sehr weit von N entfernt wohnen und meinen, sie sollten ihren Schmuck nach N senden.

2.

Die durch den monierten Text hervorgerufene Fehlvorstellung ist wettbewerbsrechtlich relevant (vgl. III. 3).

3.

Auch hier indiziert der begangene Wettbewerbsverstoß die Wiederholungsgefahr.

VI.

Der Antragsteller hat gegen den Antragsgegner keinen Anspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UWG, es zu unterlassen, auf seiner Internetseite  *Internetadresse1* "Goldgeschichten aus N/ Goldankauf auf Tour" zu werben, in denen mit einem Ankauf vor Ort in N geworben wird.

In diesem Text wird gerade nicht der Eindruck vermittelt, dass der Antragsgegner eine Niederlassung oder Verkaufsstelle in N hat. Der Begriff Goldgeschichten aus N besagt nur, dass es sich um Erlebnisse handelt, die sich in N abgespielt haben. Das heißt nicht zwingend, dass diese Geschehnisse sich auch in einer Stätte des Antragsgegners ereignet haben müssen. Vielmehr wird aus dem weiteren Text deutlich, dass der Antragsgegner wohl keinen festen Sitz in N hat, wenn es dort heißt: "Eine Ankauf Tour ..."; "Alle fünf Wochen kommen wir hier vorbei, um ..."; "Unser Weg führt uns nach N zwecks Altgoldkauf, nach ..."; "..., da wir aber in der Gegend waren, haben wir uns für eine persönliche Abholung gegen Barzahlung entschieden."

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.