OLG Hamm, Urteil vom 25.02.2011 - I-20 U 105/10
Fundstelle
openJur 2012, 79029
  • Rkr:

1.

Die Umgestaltung des kirchlichen Gesamtversorgungssystems in ein Punktemodell durch Änderung der Satzung der Kirchlichen Zusatzversorgungskassen (KZVK) durch die Übernahme des Wechsels des Versorgungssystems des öffentlichen Dienstes ist wirksam.

2.

Für sog. rentenferne Jahrgänge ist auch im Bereich der KZVK dem Umstand, dass die Satzungsregelung, nach der in jedem Jahr der Pflichtversicherung 2,25 % der Vollrente erworben werden, wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam ist (BGH VersR 2008, 1625 ff), dadurch Rechnung zu tragen, dass festgestellt wird, dass die von der KZVK erteilte Startgutschrift den Wert der bis zum 31.12.2001 erlangten Anwartschaft auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalles zu leistende Betriebsrente nicht verbindlich festlegt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 08.07.2010 verkündete Teilaner-kenntnis- und Endurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Systemumstellung in der Altersversorgung bei der beklagten kirchlichen Zusatzversorgungskasse sowie gegen die Verbindlichkeit der ihm erteilten Startgutschrift.

Der am 21.06.1947 geborene Kläger ist seit dem 01.07.1979 bei den C Anstalten als Krankenpfleger beschäftigt. Sein Arbeitgeber ist Beteiligter der Beklagten. Seit dem 01.07.2002 befindet er sich in Altersteilzeit.

Er wendet sich - als Angehöriger der sog. "rentenfernen Jahrgänge" - gegen die Umstellung der Zusatzversorgung von der endgehaltsbezogenen Gesamtversorgung auf das sog. Punktemodell durch Neufassung der Satzung der Beklagten vom 26.04.2002 rückwirkend zum 01.01.2002; dabei hatte die Beklagte den Wechsel des Versorgungssystems des öffentlichen Dienstes übernommen.

Die Beklagte setzte mit Mitteilung vom 20.12.2002 die bereits erdiente Anwartschaft des Klägers auf der Grundlage des durch die neue Satzung der Beklagten eingeführten Punktemodells auf 417,28 EUR fest. Den hier gegen eingelegten Widerspruch des Klägers lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.07.2003 ab.

Am 01.07.2007 ist der Versicherungsfall eingetreten und der Kläger bezieht bei der Beklagten eine monatliche Rentenleistung von 434,05 EUR.

Mit seiner Klage hat sich der Kläger auf den Standpunkt gestellt, dass die von der Beklagten vollzogene Systemumstellung rechtswidrig sei und gemeint, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Systemumstellung der Altersversorgung im Bereich des öffentlichen Dienstes auf die beklagte kirchliche Zusatzversorgungskasse nicht übertragbar sei.

Mit der Klage hat der Kläger beantragt,

festzustellen, dass die von der Beklagten am 26.04.2002 beschlossene mit Wirkung zum 01.01.2002 vorgenommene Neufassung der Satzung (n.F.) - hier Umstellung von Gesamtversorgung auf Punktemodell durch die §§ 30 ff. der Neufassung und insbesondere die in § 72 ff der Satzung n.F. enthaltene Regelung zur Umrechnung der bereits erdienten Anwartschaften in das Punktemodell unwirksam ist, soweit hierdurch in die von dem Kläger bis 31.12.2001 bereits erdienten Anwartschaften auf Zusatzversorgung eingegriffen wird;

hilfsweise

die Einspruchsentscheidung der Beklagten vom 10.07.2003, dem Kläger zugegangen am 14.07.2003, aufzuheben und dem Einspruch des Klägers gegen die Mitteilung der Startgutschrift vom 20.12.2002 stattzugeben sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die dem Kläger mit Beginn der Altersrente zustehenden Versorgungsleistungen nach den Regelungen der bis zum 31.12.2001 gültigen Satzung der KZVK (hier insbesondere nach den §§ 27 ff der bis zum 31.12.2001 gültigen Fassung) zu berechnen und abzuwickeln,

hilfsweise hierzu

die Beklagte zu verurteilen, mit Beginn der Altersrente an den Kläger eine dynamische Versorgungsrente in Höhe von mindestens 890,44 EUR monatlich zu zahlen,

hilfsweise

festzustellen, dass die von der Beklagten erteilte Startgutschrift den Wert der von dem Kläger bis zum 31.12.2001 erlangten Anwartschaft auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalles zu leistende Betriebsrente nicht verbindlich festlegt.

Die Beklagte hat den letzten Hilfsantrag anerkannt und im Übrigen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat durch das angefochtene Teilanerkenntnis- und Endurteil die über den anerkannten Hilfsantrag hinausgehende Klage aus im Wesentlichen folgenden Gründen abgewiesen:

Die Umstellung der Gesamtversorgung auf das neue Punktemodell als solche sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts, von der kein Anlass bestehe abzuweichen, rechtlich zulässig. Dass die Satzung der Beklagten anders als die Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (nachfolgend: VBL) nicht zwischen den Tarifvertragsparteien ausgehandelt worden sei, sei unerheblich. In einer Arbeitsrechtlichen Kommission hätten die Kirchenleitungen und die Mitarbeitervertretungen gleichberechtigt (paritätisch) und partnerschaftlich die Arbeits- und Versorgungsbedingungen festgelegt.

Für den Systemwechsel habe auch ein ausreichender Anlass bestanden. Die Bewertung, dass wegen der demografischen Entwicklung der Bevölkerung, der längeren Laufzeit der Renten und der immer größer werdenden Zahl der Versorgungsempfänger auch das Gesamtversorgungssystem der Beklagten auf Dauer nicht aufrecht zu erhalten sei, unterliege der Einschätzungsprärogative der Beklagten und sei gerichtlich nicht zu beanstanden.

Die Übergangsregelung der Satzung der Beklagten sei wirksam und greife nicht unverhältnismäßig in Versorgungsbesitzstände unter Verstoß gegen den Vertrauensgrundsatz ein.

Es sei sachlich gerechtfertigt, den älteren Versicherten wegen ihrer Rentennähe (rentennahe Jahrgänge) einen weitergehenden Vertrauensschutz einzuräumen als den rentenfernen Jahrgängen.

Die Notwendigkeit, im Rahmen von Massenverfahren hoch komplizierte Materien zu bearbeiten, zwänge zu Vereinfachungen und Typisierungen, wobei das Näherungsverfahren eine sachgerechte Pauschalierung und Typisierung ermögliche.

Der seitens des Bundesgerichtshofs festgestellten Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der rentenfernen Versicherten habe die Beklagte durch Anerkenntnis des letzten Hilfsantrags des Klägers Rechnung getragen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Er macht geltend, dass die Gleichbehandlung der Satzung der Beklagten mit der der VBL weder zwingend noch überhaupt zu begründen sei. Die Arbeitsrechtsregelung durch die sog. Arbeitsrechtlichen Kommissionen stünde den Tarifvertragsparteien nicht gleich. Die Grundsätze der Tarifautonomie würden für sie auch nicht entsprechend gelten, wie das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden habe. Die Arbeitsrechtsregelung durch die Arbeitsrechtlichen Kommissionen seien Leistungsbestimmungen durch Dritte, die nicht den gleichen erheblichen Gestaltungsspielraum wie die Tarifvertragsparteien hätten, sondern die Grundsätze des billigen Ermessens zu beachten hätten.

Die streitigen Satzungsänderungen seien im Sinne der §§ 317, 319 BGB grob unbillig, da sie einseitig auf die Interessen der Arbeitgeberseite abstellten und das Interesse des Klägers am Erhalt der zugesagten Altersversorgung grundlegend vernachlässigten, ohne dass hierfür sachliche Gründe erkennbar seien. Bei der Beklagten seien zum damaligen Zeitpunkt keine besonderen Finanzierungslasten zu erwarten gewesen. Werde im Rahmen der Billigkeitskontrolle nach § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB festgestellt, dass eine bestimmte Regelung oder ein gesamtes kirchlichdiakonisches Regelungswerk unverbindlich sei, müsse die Bestimmung gemäß § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB durch Urteil entsprechend den Hauptanträgen erfolgen.

Selbst wenn vorliegend keine Billigkeitsprüfung nach den §§ 317, 319 Abs. 1 BGB in Betracht käme, käme die Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff BGB zu keinem anderen Ergebnis. Denn die arbeitsvertragliche Klausel, die auf die Regelungen der betrieblichen Altersversorgung "in der jeweils geltenden Fassung" verweise, sei nach

§ 308 Nr. 4 BGB unwirksam. Auch eine an sich nicht überraschende Bezugnahmeklausel könne dazu führen, dass Bestimmungen, die für die Vertragspartner bei Abschluss des Vertrages schlechterdings nicht vorhersehbar gewesen seien, nicht Vertragsinhalt würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei diese Inhaltskontrolle nur dann beschränkt, wenn sichergestellt sei, dass die Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission weisungsunabhängig seien, so dass die Dienstgeberseite ihre Interessen nicht einseitig durchsetzen könne. Hier habe es jedoch an der bei Tarifvertragsverhandlungen üblicherweise festzustellenden echten Parität und Mächtigkeit der an den Verhandlungen beteiligten Gruppen gefehlt. Nach der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten 3-Stufen-Theorie könne die Satzungsänderung keinen Bestand haben. Es könne für die Berechtigung von Eingriffen keinen Unterschied machen, ob ein Arbeitgeber die betriebliche Altersversorgung direkt gewähre oder über eine Zusatzversorgungskasse vornehme.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den sog. VBL-Fällen sei nicht übertragbar, weil diese maßgeblich auf die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie abstelle, die hier ohne Bedeutung sei. Da vorliegend auch keine kirchenrechtlichen Besonderheiten zu beachten seien, sei kein Grund ersichtlich die Satzungsänderung der Beklagten anders zu behandeln als Entscheidungen sonstiger Pensions- und Unterstützungskassen.

Der Kläger beantragt,

abändernd

festzustellen, dass die von der Beklagten am 26.04.2002 beschlossene mit Wirkung zum 01.01.2002 vorgenommene Neufassung der Satzung (n.F.) - hier Umstellung von Gesamtversorgung auf Punktemodell durch die §§ 30 ff. der Neufassung und insbesondere die in § 72 ff der Satzung n.F. enthaltene Regelung zur Umrechnung der bereits erdienten Anwartschaften in das Punktemodell unwirksam ist, soweit hierdurch in die von dem Kläger bis 31.12.2001 bereits erdienten Anwartschaften auf Zusatzversorgung eingegriffen wird;

hilfsweise

die Einspruchsentscheidung der Beklagten vom 10.07.2003, dem Kläger zugegangen am 14.07.2003, aufzuheben und dem Einspruch des Klägers gegen die Mitteilung der Startgutschrift vom 20.12.2002 stattzugeben sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die dem Kläger mit Beginn der Altersrente zustehenden Versorgungsleistungen nach den Regelungen der bis zum 31.12.2001 gültigen Satzung der KZVK (hier insbesondere nach den §§ 27 ff der bis zum 31.12.2001 gültigen Fassung) zu berechnen und abzuwickeln,

hilfsweise hierzu

die Beklagte zu verurteilen, mit Beginn der Altersrente an den Kläger eine dynamische Versorgungsrente in Höhe von mindestens 890,44 EUR monatlich zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt mit näheren Darlegungen die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihrer Anlagen verwiesen.

B.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Der Hauptantrag und die Hilfsanträge, mit denen der Kläger verlangt so gestellt zu werden, als sei die zum 01.01.2002 vorgenommene Satzungsänderung der Beklagten unwirksam und als könne er Altersrente nach der bis zum 31.12.2001 gültigen Satzung der Beklagten beziehen, sind unbegründet, weil die Satzungsänderung als solche zum 01.01.2002 wirksam erfolgt ist. Soweit die dem Kläger erteilte Startgutschrift nicht verbindlich ist, hat die Beklagte bereits erstinstanzlich den weiteren Hilfsantrag des Klägers anerkannt.

I.

Die gerichtliche Kontrolle der Satzungsbestimmungen der Beklagten als einer kirchlichen Zusatzversorgungskasse ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs neben der Prüfung, ob die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft beachtet sind, darauf zu erstrecken, ob ein Verstoß gegen das Grundgesetz vorliegt (BGH VersR 2008, 1677, 1678; BGH VersR 2011, 64, 65 jeweils m.w.N.).

Die Satzungsbestimmungen der Beklagten sind insbesondere an den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit sowie dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu messen. Für die Überprüfung der Übergangsregelung für die rentenfernen Versicherten gilt der im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.11.2007 (VersR 2008, 1625) dargestellte Maßstab. Daran gemessen hält die Übergangsregelung für rentenferne Versicherte einer Prüfung stand, allerdings mit der vom BGH im Einzelnen begründeten Ausnahme der Regelung in § 79 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der VBL, die derjenigen in § 73 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten entspricht, weil insoweit ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (VersR 2008, 1625) ist die im Rahmen der Systemumstellung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes getroffene Übergangsregelung für sogenannte rentenferne Versicherte, zu denen auch der Kläger zählt, mit Ausnahme der vorgenannten Regelung wirksam. Zwar bezieht sich diese Entscheidung auf die Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder; die Satzung der VBL ist jedoch mit der der Beklagten inhaltsgleich.

Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegen halten, dass es im Bereich der Beklagten auf die Grundsätze der Tarifautonomie nicht ankomme. Zwar trifft es zu, dass die Arbeitsbedingungen der bei der Beklagten versicherten kirchlichen Mitarbeiter nicht auf Tarifverträgen beruhen. Darauf kommt es jedoch im hier zur Rede stehenden Zusammenhang nicht an. Denn die Übergangsregelung in den §§ 72 f der neugefassten Satzung der Beklagten beruht in gleicher Weise wie im öffentlichen Dienst auf den in § 33 des Tarifvertrages Altersversorgung ATV (Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vom 01.03.2002) bzw. des Tarifvertrages Altersvorsorge-TV-Kommunal ATV-K (Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vom 01.03.2002) getroffenen Regelungen und damit auf einer Grundentscheidung der Tarifpartner und damit auf der insoweit auch zu beachtenden Tarifautonomie (BGH NJW-RR 2009, 864, 867 Tz 19; BGH VersR 2011, 63, 64 Tz 23).

Dem entspricht es, dass das Bundesarbeitsgericht für den Bereich von Arbeitsvertragsregelungen, die auf dem sog. Dritten Weg entstanden und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mietgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sind, entschieden hat, dass diese nur einer eingeschränkten gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegen (BeckRS 2010, 72932 Tz 31). Dies kommt auch hier zum Tragen, weil die nach den §§ 2 ff ARRG paritätisch besetzte Rheinisch-Westfälische-Lippische Arbeitsrechtliche Kommission durch einstimmige Abstimmung am 19.06.2002 die Geltung der Satzung in ihrer neugefassten Form beschlossen hat.

Deshalb ist entgegen der Ansicht der Berufung für eine Billigkeitskontrolle der Satzungsänderung nach den §§ 317, 319 BGB kein Raum. Jedoch hielte die Satzungsänderung, selbst wenn vorliegend eine solche Inhaltskontrolle statthaft wäre, einer solchen nach §§ 317, 319 BGB stand, wie das Bundesarbeitsgericht (NZA 2009, 1275, 1278 Tz 38 ff) für die Frage der arbeitsrechtlichen Wirksamkeit entschieden hat. Ebenfalls scheidet aus diesem Grund eine weitergehende AGB-rechtliche Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff BGB aus (BGH VersR 2008, 1625, 1628 Tz 32).

Nach dieser Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) kann die maßgebliche Satzung auch ohne Zustimmung der Versicherten geändert werden. Die Übergangsregelung für rentenferne Versicherte hält auch einer Prüfung unter Beachtung der verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen der Versicherten stand; dies gilt allerdings nicht hinsichtlich der Regelung in § 79 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der VBL, die derjenigen in § 73 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten entspricht. Denn diese Regelung, nach der in jedem Jahr der Pflichtversicherung 2,25 % der Vollrente erworben werden, verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG (BGH VersR 2008, 1625, 1636 Tz 122 ff). Diese Verfassungswidrigkeit und die sich daraus ergebende Unwirksamkeit dieser Detailregelung der neuen Satzung ändert an der Wirksamkeit der Systemumstellung als solcher nichts (so ausdrücklich BGH VersR 2008, 1625, 1637 Tz 141; durch Nichtannahmebeschluss vom 29.03.2010 hat das BVerfG VersR 2010, 1166 die Verfassungsgemäßheit der Rechtsprechung zum Systemwechsel betreffend rentenferne Jahrgänge bestätigt). Unwirksam ist lediglich die getroffene Übergangsregelung, was zur Folge hat, dass die dem Kläger erteilte Startgutschrift einer ausreichenden rechtlichen Grundlage entbehrt und damit den Wert der vom Kläger bis zum Umstellungsstichtag erdienten Anwartschaft auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalls zu leistende Rente nicht verbindlich festlegt (vgl. BGH VersR 2008, 1625, 1637 Tz 141). Dieser Unverbindlichkeit der dem Kläger erteilten Startgutschrift hat die Beklagte bereits erstinstanzlich durch Anerkenntnis des dritten Hilfsantrags des Klägers Rechnung getragen.

II.

Der Systemwechsel erfolgte nicht willkürlich, da für ihn ein ausreichender Anlass bestand. Die Einnahmen- und Ausgabenentwicklung bei den Zusatzversorgungskassen insgesamt hatte zu einer Krise der Zusatzversorgung geführt. Dies beruhte jedenfalls auf der veränderten Personalstruktur des öffentlichen Dienstes (Personalabbau, Privatisierung ehemals staatlicher Aufgabenbereiche), sowie auf der Abhängigkeit des Gesamtversorgungssystems von externen Faktoren (gesetzliche Rentenversicherung, Steuerrecht), die tendenziell zu einer Verringerung der auf die Gesamtversorgung anzurechnenden Sozialversicherungsrente und damit einhergehend zu einer Erhöhung der von der Beklagten zur Erreichung der Gesamtversorgung aufzubringenden Zusatzrente führten. Zusätzlichen Anlass für einen Ausstieg aus dem kritisierten Gesamtversorgungssystem gab schließlich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (VersR 2000, 835) zur sog. Halbanrechnung von Vordienstzeiten.

Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, kommt es auch nicht darauf an, ob sich die Beklagte konkret in einer günstigen wirtschaftlichen Lage befand. Selbst wenn mit Finanzierungsschwierigkeiten nicht zu rechnen gewesen wäre, bedeutet dies nicht, dass von einer Systemänderung hätte abgesehen werden müssen (BGH VersR 2008, 1677, 1679 Tz 28; BGH Urteil vom 04.11.2009 IV ZR 118/07 Tz 12).

Wie der BGH bereits ausdrücklich entschieden hat, hat für den Systemwechsel nicht nur für die VBL, sondern auch für den Bereich der kommunalen Zusatzversorgungskassen ein ausreichender Anlass bestanden. Für den Bereich der Beklagten als kirchlicher Zusatzversorgungskasse kann schon deshalb nichts anderes gelten, weil nicht eine einzelne Zusatzversorgungskasse aus dem System der Zusatzversorgungskassen ausscheren kann. Ohnehin ist davon auszugehen, dass die Einnahmen- und Ausgabenentwicklungen bei den Zusatzversorgungskassen insgesamt zu einer Krise der Zusatzversorgung geführt haben (BGH VersR 2008, 1677, 1679 Tz 27). Das neue System beseitigt gerade zukunftsgerichtet durch seine beitragsorientierte Ausgestaltung die Ursachen ausufernder Kostensteigerungen und unzureichender Kalkulierbarkeit.

Zudem hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass bei ihr zum 31.12.2001 eine Unterdeckung (Fehlbetrag) von knapp 34 Mio. EUR bestand.

III.

Die Umgestaltung des Versorgungssystems und die dazu ergangenen Übergangsregelungen stellen auch keinen unzulässigen Eingriff in ein grundrechtlich geschütztes, eigentumsgleiches Anwartschaft dar. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nur Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen. Bloße Chancen und Erwartungen werden nicht geschützt. Beruht eine Rechtsposition auf privatrechtlichen Vereinbarungen, ist deren Inhalt entscheidend. Weitergehende Ansprüche schafft Art. 14 Abs. 1 GG nicht (BGH VersR 2008, 1625, 1629 m.w.N.).

Die durch Beiträge erworbene Versorgungsanwartschaft sichert zunächst nur das grundsätzliche Teilhaberrecht an den Versorgungsleistungen der Beklagten. Das Teilhaberrecht konkretisiert sich für den einzelnen Versicherten anhand der satzungsmäßigen Anspruchsvoraussetzungen und den danach maßgeblichen Bemessungsgrößen, seinerzeit noch bezogen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls. Ein der Höhe nach feststehender und dem eigentumsrechtlichen Bestandsschutz unterliegender Rechtsanspruch vor Eintritt des Versorgungsfalls bestand nicht. Es bestand lediglich der durch das Rechtsstaatsprinzip begründete Vertrauensschutz, welcher hier jedoch nicht verletzt wird.

IV.

Auch sind die Überleitungsvorschriften nicht deshalb verfassungswidrig, weil die auf ihnen fußenden Berechnungen eine Komplexität erreicht, die es dem einzelnen Versicherten kaum mehr ermöglicht, zu überschauen, welche Leistungen er zu erwarten hat und wie sich berufliche Veränderungen im Rahmen des Erwerbslebens auf die Höhe der Leistungen auswirken (vgl. BVerfG VersR 2008, 835). Denn hier werden die Überleitungsvorschriften sogleich in eine Startgutschrift umgesetzt, anhand derer der Versicherte ohne Weiteres seine aktuellen Aussichten auf Versorgung ersehen kann. Insoweit bewirkt die Umstellung auf das Punktesystem gerade die im Interesse der Versicherten gebotene Vereinfachung.

Formelle Mängel bei der Beschlussfassung sind nicht ersichtlich und werden von der Berufung auch nicht geltend gemacht.

V.

Anders als der Kläger meint geht es im hiesigen Rechtsstreit nicht um die Frage der Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Klausel, nach der der Arbeitgeber des Klägers die Möglichkeit habe, die arbeitsvertraglichen Regelungen und auch die dem Kläger als Arbeitnehmer versprochene betriebliche Altersversorgung zu ändern. Diese im Verhältnis zu seinem Arbeitgeber zu entscheidende Frage gehört vor die Arbeitsgerichtsbarkeit. Deshalb ist nur der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass das Bundesarbeitsgericht für den Bereich der kirchlichen Zusatzversorgungskassen bereits entschieden hat (NZA 2009, 1275), dass ein solcher Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten der kirchlichen Arbeitgeber nicht vorliegt und die vom Kläger beanstandete dynamische Verweisung auf die Satzung der kirchlichen Zusatzversorgungskasse in vollem Umfang wirksam ist. Auch das von dem Kläger befürwortete dreistufige Prüfungsschema findet keine Anwendung (BAG NZA 2009, 1275, 1278 f Tz 41).

VI.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97, 708 Nr. 10, 543 Abs. 2 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine erneute Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Die

für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die zitierten Entscheidungen des Revisionsgerichts bereits geklärt und solche des Einzelfalls.

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