LAG Köln, Urteil vom 16.03.2011 - 9 Sa 1308/10
Fundstelle
openJur 2012, 78812
  • Rkr:

Zur Unwirksamkeit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses einer Arbeitsvermittlerinn bei der Bundesagentur für Arbeit.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 17.06.2010 – 9 Ca 1544/10 – abgeändert:

a. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2009 geendet hat.

b. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als Arbeitsvermittlerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag zu lit. a) weiter zu beschäftigen.

c. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.337,71 € brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 3.235,20 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.04.2010 zu zahlen.

2. Die Kosten des erstinstanzlichen und zweitinstanzlichen Verfahrens trägt die Beklagte.

3. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 31. Dezember 2009 geendet hat.

Die Klägerin, geboren am 1971, war seit dem 8. Mai 2006 aufgrund von vier befristeten Arbeitsverträgen bei der Beklagten ohne Unterbrechung beschäftigt.

Nach dem letzten Arbeitsvertrag vom 12. November 2008 war sie ab dem 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2009 tätig. In einem dazu erstellten schriftlichen Vermerk vom 11. November 2008 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, sie werde als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben eingesetzt. In dem Vermerk wird der Befristungsgrund wie folgt angegeben: § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG (Haushaltsmittel).

Die Parteien streiten darüber, ob die Befristung für das Jahr 2009 zur Vertretung des Arbeitsvermittlers Herrn K im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG erfolgte oder aus anderen Gründen sachlich gerechtfertigt war iSd § 14 Abs. 1 TzBfG.

Der Agentur für Arbeit A standen ab dem Jahr 2007 von der Zentrale jeweils für ein Kalenderjahr zugewiesene Haushaltsmittel aus dem Programm WeGebAU (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen) für Personalausgaben zur Verfügung. Im Dezember 2007 übertrug die Beklagte dem Arbeitnehmer K die Tätigkeit eines Weiterbildungsberaters in dem Programm WeGebAU für die Zeit bis längstens zum 30. November 2008 unter Gewährung einer persönlichen Zulage nach § 15 Abs. 1 TV-BA. Diese Beauftragung verlängerte sie mit Schreiben vom 25. August 2008 für die Zeit bis zum 31. Dezember 2009 und mit Schreiben vom 3. Dezember 2009 für die Zeit bis zum 31. Dezember 2010.

Nach eigenen Angaben der Beklagten erfolgte für das Jahr 2010 keine Zuweisung von Haushaltsmitteln aus dem Programm WeGebAU an die Agentur für Arbeit A . Gleichwohl entschied die Agentur für Arbeit A , auch im Jahr 2010 Herrn K als Weiterbildungsberater einzusetzen und den Ausfall von Herrn K als Arbeitsvermittler von den anderen Beschäftigten auffangen zu lassen, ohne eine Ersatzkraft einzustellen.

Mit der vorliegenden Klage, die am 4. November 2009 beim Arbeitsgericht Aachen eingegangen ist, wendet sich die Klägerin gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung. Zugleich verlangt sie Weiterbeschäftigung bereits während der Dauer des Beendigungsrechtsstreits und Zahlung von Annahmeverzugslohn für die Monate Januar 2010 bis einschließlich März 2010.

Das Arbeitsgericht Aachen hat durch Urteil vom 17. Juni 2010 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund der Befristung zum 31. Dezember 2009 beendet worden. Die Befristung sei nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG sachlich gerechtfertigt gewesen, weil die Klägerin den Mitarbeiter Herrn K als Arbeitsvermittler vertreten habe. Herr K sei im Jahr 2009 als Weiterbildungsberater beschäftigt worden, nachdem die Zentrale der Beklagten der Agentur für Arbeit A befristet für das Jahr 2009 Haushaltsmittel aus dem W -Programm zur Verfügung gestellt habe. Der Klägerin sei dieser Befristungsgrund im Oktober 2008 von der Teamleiterin mündlich mitgeteilt worden.

Das Urteil ist der Klägerin am 20. Oktober 2010 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 26. Oktober 2010 Berufung einlegen und diese zugleich begründen lassen.

Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, die Befristung in dem Arbeitsvertrag vom 12. November 2008 sei unwirksam, weil es an einem sachlichen Grund fehle. Es müsse auf den Sachgrund abgestellt werden, den ihr die Beklagte mit Vermerk vom 11. November mitgeteilt habe, nämlich die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für eine Befristung nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG aber nicht erfüllt. Deshalb versuche die Beklagte, nachträglich die Befristung auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TzBfG zu stützen. Ein Vertretungsfall im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung habe aber nicht vorgelegen, da Herr K mit seiner Arbeitsleistung nicht ausgefallen sei, sondern nur mit anderen Aufgaben beschäftigt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 17. Juni 2010 – 9 Sa 1544/10 –

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2009 geendet hat,

die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als Arbeitsvermittlerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag zu Ziffer 1) weiter zu beschäftigen,

hilfsweise, für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1), die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 9.337,71 brutto abzüglich gezahltem Arbeitslosengeld in Höhe von EUR 3.235,20 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie ist der Ansicht, auch auf die vorliegende Fallkonstellation, bei der ein Beschäftigter innerhalb der Dienststelle vorübergehend mit anderen Aufgaben betraut werde und für ihn befristet eine Ersatzkraft eingestellt werde, sei § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG anwendbar. Andernfalls könne sie sich auf einen sonstigen sachlichen Grund, der nicht in § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 – 8 TzBfG genannt sei, berufen. Es habe nur ein vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung der Klägerin bestanden, weil Herr K bereits in einem Vertragsverhältnis zu ihr – der Beklagten – gestanden habe und sie von einer Rückkehr des Herrn K auf seinen Arbeitsplatz als Arbeitsvermittler habe ausgehen müssen. Tatsächlich werde Herr K auch seit dem Jahr 2011 wieder als Arbeitsvermittler mit Beratungsaufgaben eingesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Gründe

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nach § 64 Abs. 2 b, c ArbGG statthaft und innerhalb der Fristen nach § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet worden.

II. Die Berufung ist auch begründet.

Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht die Befristungsklage abgewiesen und folgerichtig auch den Klagen auf Weiterbeschäftigung und auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung nicht stattgegeben.

1. Die vereinbarte Befristung zum 31. Dezember 2009 ist unwirksam. Sie ist nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt.

a. Der Kläger hat durch die bereits vor Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit erhobene Klage die Klagefrist nach § 17 Satz 1 TzBfG gewahrt (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 2. Juni 2010 – 7 AZR 136/09 - ).

b. Die Beklagte kann sich auf den Sachgrund nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG berufen, obwohl sie in dem der Klägerin bei Abschluss des letzten Arbeitsvertrages vom 12. November 2008 zur Kenntnis gebrachten schriftlichen Vermerk vom 11. November 2008 für den Befristungsgrund auf § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG (Haushaltsmittel) verwiesen hat.

Da der Befristungsgrund dem Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss nicht mitgeteilt werden muss und das Schriftformerfordernis nicht für den Befristungsgrund gilt, ist die Wirksamkeit der Befristung unter Berücksichtigung aller von den Parteien vorgetragenen tatsächlichen Umstände zu prüfen. Sofern ein im Arbeitsvertrag angegebener Sachgrund die Befristung nicht rechtfertigt, kann ein anderer nachgeschoben werden (vgl. BAG, Urteil vom 16. März 2005 – 7 AZR 289/04 - ). Auch nach dem im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) war die Beklagte nicht verpflichtet, den Sachgrund im Arbeitsvertrag anzugeben (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 15. August 2001 – 7 AZR 263/00 - ).

c. Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG setzt die Vertretung eines anderen Arbeitnehmers voraus. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein zur Rechtfertigung der Befristung eines Arbeitsvertrags in Betracht kommender Vertretungsfall gegeben, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitskräftebedarf, den er durch die Einstellung des Vertreters abdecken will, an sich bereits durch die Beschäftigung eines anderen Arbeitnehmers abgedeckt hat, aber wegen des zeitweiligen Ausfalls dieses anderen Arbeitnehmers ein vorübergehender, bis zu dessen Rückkehr zeitlich begrenzter Bedarf an der Arbeitskraft des Vertreters besteht. Der Sachgrund der Vertretung liegt somit darin begründet, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend wegen Krankheit, Beurlaubung oder aus sonstigen Gründen an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis steht und mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit durch diesen rechnet (vgl. z. B. BAG, Urteil vom 2. Juni 2010 – 7 AZR 136/09 - ). Es geht hier anders als bei dem Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TzBfG nicht um die Bewältigung eines vorübergehenden höheren Arbeitsanfalls (vgl. HWK-Schmalenberg, 4. Aufl., § 14 TzBfG Rdn. 25). Vielmehr muss ein Kausalzusammenhang zwischen einem zeitweiligen Ausfall eines Mitarbeiters und dem dadurch hervorgerufenen Vertretungsbedarf einerseits und der befristeten Einstellung der Vertretungskraft andererseits bestehen (vgl. BAG, Urteil vom 15. August 2001 – 7 AZR 263/00 - ).

Der Beschäftigungsbedarf für die Klägerin ist nicht darauf zurückzuführen, dass Herr K vorübergehend an der Erbringung seiner Arbeitsleistung in der Dienststelle der Agentur für Arbeit in A verhindert war. Vielmehr beruht er darauf, dass in dieser Dienststelle ein Mehrbedarf an Arbeitsleistung entstanden war und dieser durch Herrn K jedenfalls für das Haushaltsjahr 2009 abgedeckt wurde. Sofern auch bei einer derartigen Fallgestaltung die Befristung nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG wirksam wäre, könnte der Arbeitgeber durch die befristete Übertragung von neuen Aufgaben auf Stammkräfte Vertretungsfälle schaffen, die einer weiteren Kontrolle entzogen wären (so auch LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26. Mai 2010 – 2 Sa 321/09 -).

2. Die Befristung ist aber auch nicht nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG sachlich gerechtfertigt.

Nach dieser Vorschrift darf der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend bestanden haben.

Die Wirksamkeit ist von dem prognostizierten vorübergehend erhöhten Arbeitsanfall abhängig. Es kann sich um einen vorübergehend erhöhten Arbeitskräftebedarf zur Bewältigung zusätzlicher Arbeitsaufgaben oder eines periodisch wiederkehrenden Arbeitsanfalls handeln. Es muss im Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund greifbarer Tatsachen zu erwarten sein, dass die Arbeit demnächst wieder mit normaler Belegschaftsstärke bewältigt werden kann. Eine projektbezogene Befristung setzt voraus, dass die Aufgabe tatsächlich von begrenzter Dauer ist. Es müssen im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass nach dem Ende der Vertragslaufzeit keine weiteren Projekte mehr durchzuführen sind, bei denen der Arbeitnehmer eingesetzt werden könnte. Es darf sich nicht um Tätigkeiten handeln, die der Arbeitgeber im Rahmen des von ihm verfolgten Betriebszwecks dauerhaft wahrnimmt oder zu deren Durchführung er verpflichtet ist (vgl. BAG, Urteil vom 7. November 2007 – 7 AZR 484/06 -; HWK-Schmalenberg, a.a.O., § 14 TzBfG Rdn. 13 f.). Der Sachgrund nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG setzt nicht voraus, dass der befristet eingestellte Arbeitnehmer mit den Aufgaben betraut wird, die den vorübergehenden Arbeitskräftebedarf begründen. Diese können neu verteilt und auf andere Arbeitnehmer übertragen werden (vgl. HWK-Schmalenberg, a.a.O., § 14 TzBfG Rdn. 15). Dagegen rechtfertigt allein die Abhängigkeit von Haushaltsmitteln grundsätzlich nicht die Befristung, jedenfalls soweit nicht die besonderen Voraussetzungen nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG erfüllt sind, wobei die Wirksamkeit dieses Befristungsgrundes nunmehr grundsätzlich in Zweifel gezogen worden ist (vgl. Vorlagebeschluss des BAG vom 27. Oktober 2010 – 7 AZR 485/09 – A -). Wegen der zeitlichen Begrenzung des Haushaltsplans durch das Haushaltsjahr ist zwar ungewiss, ob ein künftiger Haushaltsplan noch Mittel vorsieht. Aber auch in der Privatwirtschaft ist nicht gesichert, dass entsprechende Mittel in Zukunft zur Verfügung stehen. Die Unsicherheit der finanziellen Entwicklung gibt noch keinen sachlichen Grund für die Befristung ab (vgl. BAG, Urteil vom 8. April 1992 – 7 AZR 135/91 - ).

Ausgehend von diesen Grundsätzen sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG nicht erfüllt. Als der letzte befristete Vertrag im November 2008 geschlossen wurde, bestanden keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass nach dem 31. Dezember 2009 in der Agentur für Arbeit A nicht mehr das Projekt WeGebAU fortgeführt würde. Vielmehr bestand nur die Ungewissheit, ob auch für das Jahr 2010 besondere Haushaltsmittel für das Projekt dieser Dienststelle zur Verfügung gestellt würden.

Das Projekt war in der Agentur für Arbeit A bereits in den Jahren 2007 und 2008 durchgeführt worden. Für die damit bezweckte Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit bestand ein Dauerbedarf. Von einem Ende der hohen Beschäftigungslosigkeit, die vor allem auch diesen Personenkreis betrifft, konnte Ende 2008 im Bezirk der Agentur für Arbeit A nicht ausgegangen werden. Dies wird durch den Umstand bestätigt, dass die Agentur für Arbeit A das Projekt im Jahr 2010 fortgeführt hat, obwohl nicht mehr gesonderte Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt worden waren. Das Projekt war von einer derartigen Wichtigkeit, dass Herr K weiterhin als Weiterbildungsberater eingesetzt wurde und sein Ausfall als Arbeitsvermittler von anderen Beschäftigten aufgefangen wurde.

3. Die Befristung ist auch nicht nach § 14 Abs. 1 Nr. 7 TzBfG sachlich gerechtfertigt.

Dabei kann dahinstehen, ob dieser Sachgrund überhaupt mit europarechtlichen Vorgaben vereinbar ist (vgl. dazu den bereits erwähnten Vorlagebeschluss des BAG vom 27. Oktober 2010 – 7 AZR 485/09 - A -).

Denn nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 9. März 2011 – 7 AZR 728/09 – kann die beklagte Bundesagentur für Arbeit die Befristung von Arbeitsverhältnissen nicht damit rechtfertigen, ein von ihr aufgestellter Haushaltsplan sehe Haushaltsmittel für befristete Arbeitsverträge vor.

4. Die Befristung ist schließlich auch nicht aus einem sonstigen, in § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 – 8 TzBfG nicht erwähnten Sachgrund gerechtfertigt.

Das Bundesarbeitsgericht hat einen den Befristungstatbeständen nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 3 TzBfG gleichgestellten sonstigen Befristungsgrund anerkannt, wenn der Arbeitgeber einen Arbeitsplatz zu einem späteren Zeitpunkt mit einem anderen Arbeitnehmer besetzen will, mit dem er bereits eine vertragliche Bindung eingegangen ist, insbesondere wenn er die Stelle erst zu einem späteren Zeitpunkt mit einem bereits beschäftigten Arbeitnehmer besetzten will, dessen Arbeitsplatz wegfällt und der sich vor der Umsetzung einer Qualifizierungsmaßnahme unterziehen muss. Auch dann besteht nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis an der Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers (vgl. BAG, Urteil vom 9. Dezember 2009 – 7 AZR 399/08 – und Urteil vom 2. Juni 2010 – 7 AZR 136/09 - ).

Eine derartige Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Es geht nicht darum, einen neu eingerichteten oder frei gewordenen Arbeitsplatz mit einem bereits beschäftigten Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt zu besetzen, sondern um die Bewältigung des sich durch ein Projekt ergebenden Beschäftigungsmehrbedarfs und eine spätere Rückumsetzung von Herrn K auf seinen bereits inngehabten Arbeitsplatz.

Nach alledem ist die Befristung des letzten Arbeitsvertrages mangels eines sie nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigenden sachlichen Grundes unwirksam mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht am 31. Dezember 2009 geendet hat.

5. Da die Befristung unwirksam ist, ist die Beklagte nach den Grundsätzen in dem Beschluss des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 – GS 1/84 - bereits vor rechtskräftigen Abschluss des Bestandsrechtsstreits verpflichtet, die Klägerin als Arbeitsvermittlerin weiter zu beschäftigten (vgl. HWK-Schmalenberg, a.a.O., § 17 TzBfG Rnd. 17).

6. Die Beklagte hat der Klägerin zudem für die Monate Januar 2010 bis einschließlich März 2010 nach § 615 BGB aus Annahmeverzug die der Höhe nach unstreitige Vergütung unter Anrechnung des gezahlten Arbeitslosengeldes zu leisten.

Da das Arbeitsverhältnis durch die Befristung nicht zum 31. Dezember 2009 beendet worden ist und sonstige Beendigungsgründe nicht ersichtlich sind, ist von dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in diesem Zeitraum - und auch danach - auszugehen. Nach § 296 S. 1 BGB war selbst ein wörtliches Angebot der Arbeitsleistung durch die Klägerin entbehrlich, da ihr die Beklagte keinen Arbeitsplatz für die Zeit ab Januar 2010 zur Verfügung gestellt hat. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin im Klagezeitraum nicht leistungsbereit oder nicht leistungsfähig war.

Der Zinsanspruch ist nach § 291 BGB gerechtfertigt.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, bei der sich keine grundsätzlichen Rechtsfragen stellten, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht beantwortet sind.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.

Schwartz Scharf Pelzer