OLG Köln, Beschluss vom 13.03.1996 - 27 WF 17/96
Fundstelle
openJur 2012, 75248
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

Der seit 1991 verheiratete Antragsteller begehrt

Prozeßkostenhilfe, um vor Ablauf des Trennungsjahres die Scheidung

von seiner getrennt lebenden Ehefrau durchzuführen, die

gleichgeschlechtliche Beziehungen unterhält und mit der anderen

Frau nach Auszug des Antragstellers in der ehelichen Wohnung wohnt.

Das Amtsgericht hat die Prozeßkostenhilfe mangels einer

unzumutbaren Härte verweigert. Hiergegen richtet sich die

Beschwerde des Antragstellers.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Landgericht hat mit Recht die Voraussetzungen der

unzumutbaren Härte im Sinne des § 1565 Abs. 2 BGB verneint. An die

Feststellung der unzumutbaren Härte sind strenge Anforderungen zu

stellen (Henrich/Johannsen/Jaeger, Eherecht, 2. Aufl., § 1565 Rdn.

65 m.w.N.; Palandt/Diederichsen, BGB, 54. Aufl., § 1565 Rdn. 15).

Es muß sich um eine Ausnahmesituation gegenüber der bloß

gescheiterten Ehe handeln. Entscheidendes Kriterium für die

Zumutbarkeitsprüfung ist, ob dem Antragsteller in seiner konkreten

Lage angesonnen werden kann, nach dem Zweckgedanken des § 1565 Abs.

1 BGB den Ablauf des Trennungsjahres abzuwarten. Die Zuwendung zu

einem anderen Partner und das Zusammenleben mit diesem läßt zwar in

der Regel den Schluß zu, daß die Ehe der Ehepartner gescheitert und

eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr

zu erwarten ist. Die Zuwendung eines Ehegatten zu einem anderen

Partner kann demnach Zerrüttungsgrund sein. Sie ist aber als solche

nicht zugleich Ausnahmetatbestand mit der Folge der Unzumutbarkeit

für den anderen Ehegatten. Der Senat schließt sich der Auffassung

des 14. Senats des Oberlandesgerichts Köln an (FamRZ 1992, 319),

nach der es auch nicht ausreicht, wenn der aus der Ehe ausbrechende

Teil mit dem anderen Partner zusammenlebt, da auch dies für die

Gestaltung eines partnerschaftlichen Verhältnisses eher die Regel

als ungewöhnlich ist (vgl. auch Johannsen/Henrich/Jaeger, § 1565

Rdn. 69). Hier besteht allerdings die Besonderheit, daß die

Antragsgegnerin nach dem Vortrag des Antragstellers Beziehungen zu

einer anderen Frau unterhält und mit dieser zusammenlebt. Dieser

Umstand allein rechtfertigt aber keine andere Beurteilung.

Gleichgeschlechtliche Beziehungen unterliegen aus den vom

Amtsgericht genannten Gründen - größere Akzeptanz in der

Bevölkerung infolge der Liberalisierung der Sitten- und

Moralvorstellungen seit Ende der 60-er Jahre auch auf dem Gebiet

sexueller Beziehungen - grundsätzlich den gleichen Regeln wie

heterosexuelle Beziehungen. Dem Argument, in der Aufnahme

homosexueller Beziehungen sei zusätzlich auch die Mißachtung des

anderen Ehepartners als Geschlechtspartner zu sehen

(Soergel/Heintzmann, 12. Aufl., § 1565 Rdn. 67), fehlt es an

Óberzeugungskraft. Selbst wenn das Argument zuträfe, wäre die

Voraussetzung der unzumutbaren Härte dadurch i.U. nicht erfüllt.

Weitere besondere Umstände, die es ihm unzumutbar machten, das

Trennungsjahr abzuwarten, trägt der Antragsteller nicht vor. Da der

Antragsteller nunmehr in H.-R. wohnt, die Antragsgegnerin aber in

G. wohnen geblieben ist, hat er auch das Gerede von Nachbarn nicht

zu fürchten.

Es ist davon auszugehen, daß die Parteien erst seit August 1995

getrennt leben. Nach dem Vortrag des Antragstellers haben sie sich

nach einer Trennung im September 1994 nur wenig später wieder

versöhnt. Da die Parteien seitdem etwa neun Monate wieder

zusammengelebt haben, liegen die Voraussetzungen des § 1567 Abs. 2

BGB nicht vor.

Gebühr: 50,-- DM.