OLG Hamm, Urteil vom 23.09.1987 - 20 U 26/87
Fundstelle
openJur 2012, 72778
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. Oktober 1986 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts ... wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,- DM abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Neuwertentschädigung, die die Beklagte der Klägerin aus einer Hausratsversicherung wegen eines Brandschadens zu gewähren hat.

Die Klägerin unterhielt seit dem Jahre 1979 bei der Beklagten eine Versicherung des Hausrats ihres Einfamilienhauses in ... zum Neuwert mit einer Gesamtversicherungssumme von 700.000,- DM, davon 200.000,- DM für echte Teppiche, Gobelins und Kunstgegenstände, u.a. gegen Feuer. Dem Versicherungsvertrag, der eine jährliche Erhöhung der Versicherungssumme um 4 % vorsah, lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Neuwertversicherung des Hausrats gegen Feuer-, Einbruchdiebstahl-, Beraubungs-, Leitungswasser-, Sturm- und Glasbruchschäden (VHB 74) zu Grunde.

Am 04.12.1981 brach im Hause der Klägerin ein Brand aus, durch den der versicherte Hausrand weitgehend vernichtet oder beschädigt wurde.

Zur Ermittlung des Schadens wurde ein Sachverständigenverfahren (§15 VHB 74) durchgeführt. Die Klägerin benannte den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ... in ... die Beklagte den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ... in ... Die Sachverständigen ernannten ihrerseits am 03.02.1982 gemäß §15 Abs. 2 b VHB 74 den vereidigten Sachverständigen ... in ... zum Obmann.

Nach Vorbesichtigung des Brandschadens durch den Sachverständigen ... am 11.12.1981 gingen beide Sachverständigen die von der Klägerin erbetene umfangreiche Schadensaufstellung (Bl. 97 bis 111 d.A.), die mit einem Betrag von 563.311,22 DM abschließt, nach Inaugenscheinnahme der durch den Brand betroffenen Gegenstände am 03.02.1982 Position für Position mit der Klägerin und ihrem Ehemann gemeinsam durch und nahmen nach Vorlage einiger von ihnen erbetener Belege durch die Klägerin am 18.03.1982 eine gemeinsame abschließende Bewertung aller Schadenpositionen vor. In ihrem gemeinsamen Gutachten vom 01.04.1982, auf das Bezug genommen wird (Bl. 13 bis 37 d.A.), kamen beide Sachverständige übereinstimmend zu dem Ergebnis, daß der Neuwertschaden der Klägerin 391.326,- DM betrage, davon 22.318,- DM für Gold-, Silber- und Schmucksachen sowie Pelze und 1.650,- DM für Aufräumkosten, der Zeitwertschaden 311.602,- DM, davon 18.394,- DM für Gold-, Silber- und Schmucksachen sowie Pelze und 1.650,- DM für Aufräumkosten.

Auf der Grundlage des gemeinsamen Gutachtens der Sachverständigen ... und ... regulierte die Beklagte den Brandschaden der Klägerin am 24.05.1982 zum Zeitwert mit insgesamt 310.452,- DM (309.952,- DM Zeitwertschaden + 500,- DM Aufräumkosten) und erklärte sich zur Zahlung eines Neuwertanteils von 77.406,- DM nach Sicherstellung der Wiederbeschaffung von Hausrat im Gegenwert von insgesamt 387.858,- DM bereit. Auch dieser Neuwertanteil ist, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.09.1987 übereinstimmend erklärt haben, inzwischen gezahlt.

Die Beklagte hat unter Vorlage einer Aufstellung, in der die Neuwertschadenansätze der Sachverständigen ... und ... Position für Position dem angeblich wirklich entstandenen Neuwertschaden gegenübergestellt sind (Bl. 38 bis 56 d.A.), geltend gemacht, ihr Gesamtneuwertschaden infolge des Brandes betrage 576.551,76 DM, so daß von der Beklagten noch ein Betrag von 185.325,67 DM zu zahlen sei. Das gemeinsame Gutachten der Sachverständigen ... und ... sei wegen erheblicher und offenbarer Fehlschätzungen unrichtig und deshalb nicht bindend. Allein der an den Orientteppichen entstandene Schaden sei um 47.120,- DM, der Neuwert der vernichteten oder beschädigten Kleidung und Wäsche um 46.592,- DM zu niedrig angesetzt worden. Offenkundig falsch sei außerdem die von den Sachverständigen vertretene Ansicht, die Zinnsammlung und der überwiegende Teil des Porzellans ließen sich reinigen und seien nicht als Totalschaden anzusehen.

Die Sachverständigen hätten außerdem die zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel nicht ausreichend genutzt. Ferner sei die Vorlage eines gemeinsamen Gutachtens mit §15 Abs. 2 b VHB 74 nicht vereinbar.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 185.325,67 DM nebst 6 % Zinsen seit dem 05.01.1982 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, das von den Sachverständigen ... und ... zulässigerweise vorgelegte gemeinsame Gutachten sei für beide Parteien verbindlich. Es enthalte keine offenbaren Unrichtigkeiten und auch im Bezug auf Teppiche, Bekleidung, Wäsche, Zinn und Porzellan keine unrichtigen Ansätze des Neuwert- und Zeitwertschadens. Die Forderung der Klägerin berücksichtige außerdem nicht, daß die Entschädigung für die von ihr mit 34.000,- DM angesetzten Gold-, Silber- und Schmucksachen sowie Pelze gemäß §2 Abs. 8 VHB 74 auf 20.000,- DM begrenzt sei.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.11.1985 (Bl. 157 bis 161 d.A.) Bezug genommen. Außerdem hat es den Sachverständigen ... beauftragt, über die Höhe des Brandwertschadens der Klägerin ein schriftliches Gutachten zu erstatten. Dieser hat mit Schreiben vom 25.06.1986 mitgeteilt, ohne Inaugenscheinnahme der zu bewertenden Gegenstände, die mit Ausnahme von zwei bei dem Brand beschädigten Orientteppichen unstreitig weitestgehend nicht mehr vorhanden sind, zur Erstellung des erbetenen Gutachtens nicht in der Lage zu sein.

Durch Urteil vom 29.10.1986 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und dazu in den Entscheidungsgründen, auf die wegend er näheren Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 202 f d.A.), ausgeführt, die Klägerin habe den ihr obliegenden Beweis, daß das gemeinsame Gutachten der Sachverständigen ... und ... offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweiche, nicht geführt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht ergänzend geltend, das unzulässigerweise gemeinsam erstattete Gutachten der Sachverständigen ... und ... beruhe auf einer unzulänglichen Beurteilungsgrundlage. Den Sachverständigen seien die erforderlichen Auskunftspersonen benannt worden (Beweis: Zeugnis ihres Ehemannes ... sowie der Frau ...). Die Sachverständigen hätten die vorhandenen Erkenntnismittel jedoch anders als die vom Senat beauftragten Sachverständigen ... und ... nicht ausgeschöpft, sondern lediglich Wertangaben entgegengenommen und nicht nachvollziehbare Abschläge gemacht. Sie, die Klägerin, habe nur die von dem Brand betroffenen Gegenstände vernichtet, die die Sachverständigen ... und ... ausdrücklich freigegeben hätten (Beweis: Zeugnis ihres Ehemannes ... sowie der Frau ...).

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 171.325,67 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 05.01.1982 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise, ihr zu gestatten, Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, nimmt Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und behauptet ergänzend, den Sachverständigen ... und ... seien nur die Klägerin und ihr Ehemann als Auskunftspersonen benannt worden. Die beiden vorgenannten Sachverständigen hätten den Brandschaden insbesondere auch an den Teppichen, der Bekleidung und Wäsche, nach Inaugenscheinnahme der beschädigten Gegenstände und Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten unter Berücksichtigung der Abnutzung und modischer Trends richtig bewertet. Von ihnen seien nur durch den Brand total beschädigte Gegenstände zur Vernichtung freigegeben worden (Beweis: Zeugnis der Sachverständigen ... und ...).

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen und die in den nachstehenden Entscheidungsgründen ergänzend mitgeteilten Tatsachen verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Gutachten der Sachverständigen ... und ... in ... sowie durch ergänzende Anhörung beider vorgenannten Sachverständigen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten der Sachverständigen vom 28.08. und 03.09.1987 und den Vermerk des Berichterstatters über ihre Anhörung (Bl. 336 bis 339 d.A.) verwiesen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer weiteren Entschädigung in Höhe von 171.325,67 DM aus der bei der Beklagten genommenen Hausratversicherung wegen des Brandschadens vom 04.12.1981 nicht zu.

Auf der Basis des im Sachverständigenverfahren gemäß §15 VHB 74 erstatteten Gutachtens der Sachverständigen ... und ... vom 01.04.1982 beläuft sich der Gesamtneuwertentschädigungsanspruch der Klägerin auf den unstreitig gezahlten Betrag von 387.858,- DM. Von dem von den Sachverständigen ... und ... festgestellten Gesamtneuwertschaden der Klägerin in Höhe von 391.326,- DM sind insgesamt 3.468,- DM, und zwar 2.318,- DM für Gold-, Silber- und Schmucksachen sowie Pelze und 1.150,- DM für Aufräumkosten abzusetzen. Der von den Sachverständigen ... und ... mit 22.318,- DM festgestellte Neuwertschaden an Gold-, Silber- und Schmucksachen sowie Pelzen ist gemäß §2 Abs. 8 VHB 74 nur mit maximal 20.000,- DM zu entschädigen. Für Aufräumkosten beträgt die Entschädigungsgrenze gemäß §1 Satz 2 b VHB 74.500,- DM.

Die Feststellungen der Sachverständigen ... und ... sind gemäß §15 Abs. 3 VHB 74 für die Parteien verbindlich, da nicht nachgewiesen ist, daß sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen.

I.

Das Gutachten der Sachverständigen ... und ... weist entgegen der Ansicht der Klägerin keine formellen Mängel auf.

1.

Das gemeinsame Gutachten der beiden ordnungsgemäß bestellten Sachverständigen genügt den Anforderungen des §15 Abs. 2 c VHB 74.

2.

Die Vorlage eines gemeinsamen Gutachtens entspricht zwar nicht §15 Abs. 2 d VHB 74, der von getrennten Gutachten der beiden Sachverständigen ausgeht. Ein gemeinsames Gutachten reicht jedoch aus, wenn sich die Parteien als Auftraggeber damit stillschweigend im voraus oder nachträglich einverstanden erklärt haben. Davon ist auszugehen, wenn gemeinsame Besichtigungen des Objekts und eine gemeinsame Besprechung zwischen den beiden Sachverständigen und dem Versicherungsnehmer stattgefunden haben, ohne daß von den Parteien Einwendungen dagegen erhoben worden sind (BGH VersR 1987, 601 (602); Prölss-Martin, VVG, 23. Aufl., §64 Anm. 6 c).

So liegt der Fall hier. Die Sachverständigen ... und ... haben den durch den Brand betroffenen Hausrat der Klägerin am 03.02.1982 gemeinsam in Augenschein genommen und sind die von der Klägerin vorgelegte Schadenaufstellung (Bl. 97 bis 111 d.A.) gemeinsam Punkt für Punkt mit ihr und ihrem Ehemann durchgegangen, ohne daß die Klägerin gegen dieses Vorgehen Einwendungen erhoben hat. Damit hat sie sich, ebenso wie die Beklagte, stillschweigend mit einem gemeinsamen Gutachten einverstanden erklärt und kann dies jetzt nicht mehr rügen (vgl. Prölss-Martin, VVG, 23. Aufl., §64 Anm. 9 d).

II.

Das Gutachten der Sachverständigen ... und ... leidet auch in materieller Hinsicht nicht an erheblichen Mängeln.

1.

Bereits eine erhebliche Abweichung der von ihnen getroffenen Feststellungen von der wirklichen Sachlage läßt sich nicht feststellen.

a)

Ob eine Abweichung von der wirklichen Sachlage erheblich ist, ist nicht schematisch nach dem Prozentsatz der Abweichung, sondern nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (BGH VersR 1987, 601 (602); Bruck-Möller, VVG, 8. Aufl., §64 Anm. 57; Prölss-Martin, VVG, 23. Aufl., §64 Anm. 7). Im Interesse der weitgehenden Gleichbehandlung der Versicherungsnehmer kann jedoch von einem Prozentsatz "als Richtschnur" ausgegangen werden (BGH a.a.O.). In der Rechtsprechung werden teilweise Abweichungen von 20 bis 25 % für notwendig erachtet (vgl. OLG Schleswig VersR 1954, 506; OLG München VersR 1959, 1017; OLG Braunschweig. VersR 1976, 329; zum Meinungsstand in der Literatur vgl. Bruck-Möller a.a.O. §64 Anm. 57: Abweichung von mehr als 10 % reicht aus; Prölss-Martin a.a.O. §64 Anm. 7: Angabe bestimmter Prozentsätze ist abzulehnen).

Der erkennende Senat hat in seinem Urteil - 20 U 246/84 vom 08.05.1985 ausgesprochen, daß eine Abweichung vom Gesamtergebnis von weniger als 15 % nicht ausreicht und keine erhebliche Abweichung im Sinne der §§64 Abs. 1 VVG und 15 Abs. 1 AFG ist. Dies hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11.04.1987 (VersR 1987, 601) nicht beanstandet. Der Prozentsatz der Abweichung ist dabei in der Weise zu errechnen, daß der vom Kläger geforderte höhere Betrag, hier 559.183,67 DM (387.858,- DM gezahlter Betrag + 171.325,67 DM Klageforderung) mit 100 % gleichgesetzt wird (BGH VersR 1987, 601 (602)).

b)

Ausgehend davon beläuft sich die Gesamtneuwertschadenabweichung zwischen den Gutachten der Sachverständigen ... und ... einerseits und dem gemeinsamen Gutachten der Sachverständigen ... und ... andererseits auf 78.231,68 DM. Davon entfallen 3.225,- DM auf die vom Sachverständigen ... begutachteten Teppiche (2.600,- DM Differenz bei der Galerie ... 3.900,- DM Neuwertschaden laut Gutachten ... (Seite 3); 1.300,- DM Neuwertschaden laut Gutachten ... (Bl. 30 d.A.)) + 625,- DM Differenz bei dem Orientteppich Täbris/Ghazwin (35.625,- DM Wertminderung laut Gutachten ... (Bl. 338 d.A., Seite 5 des Gutachtens); 35.000,- DM Neuwertschaden laut Gutachten der Sachverständigen ... und ... (Bl. 30 d.A.)) und 75.006,68 DM auf den von dem Sachverständigen ... bewerteten übrigen Hausrat. Dieser Betrag ergibt sich aus der Addition aller Neuwertschadendifferenzbeträge zwischen dem Gutachten des Sachverständigen ... und dem gemeinsamen Gutachten der Sachverständigen ... und ... (Schadenspositionen 10, 14, 18, 19, 22 bis 24, 26, 27, 34, 35, 37, 43 bis 45, 48 bis 50, 53, 54, 60, 68, 74, 75, 81, 82, 94, 98, 102, 103, 106, 109, 111, 113, 114, 116, 117, 119, 121, 129, 130, 132, 137, 141, 156, 159, 161, 163, 165, 167, 169, 170, 175 bis 177, 180, 185, 187 bis 190, 193, 195, 200, 201, 204, 212, 215, 218, 220, 221, 225, 228, 232, 236 bis 238, 241, 245, 247 bis 250, 252, 253, 255, 257, 258, 260, 275, 280, 282, 286, 292, 298, 299, 302, 303, 307, 309 bis 312 des Gutachtens des Sachverständigen ... (B. 276 bis 284 d.A.)). Bei Position 312 (Bekleidung und Wäsche) beträgt der Neuwertschadendifferenzbetrag zwischen den Gutachten 26.097,68 DM (77.097,68 DM Neuwertschaden laut Gutachten ... (Bl. 287) abzüglich 51.000,- DM Neuwertschaden laut Gutachten ... und ... (Bl. 34 d.A.)).

Die Gesamtneuwertschadenabweichung von 78.231,68 DM zwischen den Gutachten der Sachverständigen ... und ... einerseits und dem gemeinsamen Gutachten der Sachverständigen ... und ... andererseits entspricht 13,99 % der von der Klägerin beanspruchten Gesamtneuwerdentschädigung von 559.183,67 DM. Sie liegt damit unter 15 % und ist deshalb unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht erheblich im Sinne der §§64 Abs. 1 VVG, 15 Abs. 3 VHB 74.

c)

Eine 78.231,68 DM übersteigende Gesamtneuwertschadenabweichung läßt sich auf keinen Fall feststellen. Die Sachverständigen ... und ... haben, wie die Klägerin selbst vorträgt (Bl. 327 d.A.) von den (noch) zur Verfügung stehenden Auskunftsmöglichkeiten und Erkenntnisquellen angemessen und in dem erforderlichen Umfang Gebrauch gemacht. Substantiierte Einwendungen, daß auch die von dem Sachverständigen ... und ... in Ansatz gebrachten Neuwertschadenansätze zu niedrig sind, sind von der Klägerin nicht erhoben worden und in keiner Weise ersichtlich.

Der Senat hält vielmehr sogar eine Reduzierung der Neuwertschadenansätze des Sachverständigen Kersten in einigen Punkten in einem Gesamtvolumen von 10.970,- DM für unbedingt geboten.

aa)

Bei Positionen 27, 165, 169, 185, 201, 215 und 255 seines Gutachtens wird nicht beachtet, daß sich der gemäß §5 Abs. 1 a VHB 74 zu ersetzende Versicherungswert zerstörter Sachen nach dem Zeit- und nicht nach deren Neuwert bemißt, wenn der sich aus Alter, Abnutzung und Gebrauch ergebende Zeitwert der Sachen niedriger als 50 % des Wiederbeschaffungspreises (Neuwert) ist (§4 Abs. 1 VHB 74). Dadurch ermäßigt sich die Gesamtneuwertschadenabweichung zwischen dem Gutachten des Sachverständigen ... und dem gemeinsamen Gutachten der Sachverständigen ... und ... um insgesamt 7.410,- DM.

bb)

Der Ansatz von 1.560,- DM bei Position 311 des Gutachtens des Sachverständigen ... ist zu streichen, da der Neuwert des Zulufttrockengerätes für das Schwimmbad unstreitig beim Gebäudeschaden berücksichtigt ist (Bl. 307, 328).

cc)

Der Ansatz bei Position 275 über 15.500,- DM für Gardinen und Dekorationen ist um 2.000,- DM auf den Ansatz im Gutachten der Sachverständigen ... und ... zu reduzieren. Die angebliche, dem Sachverständigen ... nicht einmal vorgelegte Rechnung über neu angeschaffte Gardinen besagt über den Neuwert der durch den Brand betroffenen Gardinen nichts Wesentliches. Zwischen Gardinen bestehen ganz erhebliche Preisunterschiede.

dd)

Darüber hinaus trägt der Senat ganz erhebliche Bedenken, den von dem gemeinsamen Gutachten der Sachverständigen ... und ... abweichenden Ansätzen des Sachverständigen ... in den Positionen 170, 175, 190, 195, 204, 218, 220, 225, 232, 237, 238, 245, 250, 252, 253, 292 und 312 zu folgen. Ob eine Reinigung von Gegenständen erfolgversprechend ist oder nicht, kann ohne Inaugenscheinnahme dieser Gegenstände kaum zuverlässig beantwortet werden. Gleiches gilt im besonderen Maße für die Bewertung gebrauchter Kleidung und Wäsche. Da nur die auch nach Einschätzung des Sachverständigen ... erfahrenen Sachverständigen ... und ... diese Gegenstände in Augenschein nehmen konnten, spricht vieles dafür, daß ihr Gutachten insoweit zuverlässiger ist als das des Sachverständigen ... der insoweit ausschließlich auf Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes angewiesen war.

Die Frage bedarf indes letztlich keiner Entscheidung, da die Gesamtneuwertschadenabweichung zwischen den Gutachten der Sachverständigen ... und ... dessen Gutachten zu folgen der Senat keine Bedenken trägt, und dem Gutachten der Sachverständigen ... und ... höchstens 67.261,68 DM (78.231,68 DM abzüglich 10.970,- DM (s.o. S. 11, 12)), das heißt rund 12 % von 559.183,67,- DM, beträgt und damit eindeutig nicht erheblich ist (§§64, Abs. 1 VVG, 15 Abs. 3 VHB 74).

Es kommt deshalb nicht darauf an, ob den Sachverständigen ... und ... die erforderlichen Auskunftspersonen benannt worden sind und die Klägerin nur die Gegenstände weggeworfen hat, die von den Sachverständigen ... und ... ausdrücklich freigegeben worden sind. Den entsprechenden Beweisanträgen der Klägerin war daher nicht nachzugehen.

2.

Weiterhin läßt sich erst recht nicht feststellen, daß die Neuwertschadenansätze der Sachverständigen ... und ...offenbar von der wirklichen Sachlage abweichen.

a)

Eine derartige Abweichung liegt nur vor, wenn sich die Unrichtigkeit einem Sachkundigen aufdrängt, d.h. mit Deutlichkeit ergibt. Die Anfechtungsmöglichkeit soll sich nämlich nach dem Sinn und Zweck der §§64 Abs. 1 VVG, 15 Abs. 3 VHB 74 "auf die wenigen Fälle ganz offensichtlichen Unrechts" beschränken (BGH VersR 1987, 601 (602); Bruck-Möller, VVG, 8. Aufl., §64 Anm. 58; Prölss-Martin, VVG, 23. Aufl., §64 Anm. 7). Nur bei "offensichtlichen Fehlentscheidungen" (vgl. BGH a.a.O.; OLG Schleswig VersR 1954, 506) soll eine Abhilfe ermöglicht werden.

Von einer offenbaren Unrichtigkeit der Neuwertschadenansätze der Sachverständigen ... und ... kann danach, was den von dem Sachverständigen ... teilweise abweichend bewerteten Hausrat der Klägerin angeht, keine Rede sein. Der Sachverständige ... hat bei seiner Anhörung durch den Senat vielmehr ausdrücklich erklärt, nicht sagen zu können, daß die Schadenbewertung der ihm als erfahren bekannten Sachverständigen ... und ... in Bezug auf Wäsche und Bekleidung oder andere Schadenpositionen offenbar von der wirklichen Sachlage abweiche oder offenbar unvertretbar sei.

Der Senat folgt den insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ... Da die durch den Brand betroffenen Gegenstände für eine Begutachtung und Bewertung weitestgehend nicht mehr zur Verfügung stehen, läßt sich eine offensichtliche Fehlbewertung durch die Sachverständigen ... und ... mit der für eine Verurteilung der Beklagten erforderlichen Zuverlässigkeit nicht (mehr) feststellen.

III.

Die Berufung der Klägerin war daher nach alledem mit der Kostenfolge aus §97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Beschwer der Klägerin beträgt 171.325,67 DM.