Die Berufung des Klägers gegen das am 05. Juli 1983 ver-
kündete Urteil des Amtsgerichts Krefeld (8 C 159/83) wird
auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1
ZPO abgesehen.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache selbst je-
doch ohne Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch gemäß § 812
BGB aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung
auf Rückzahlung des klageweise geltend gemachten Betrages in
Höhe von 775,43 DM nach Maßgabe seiner Berechnung vom 27. 01.
1983 (Blatt 8 der Akten).
Die Beklagte hat die in § 6 des Fernwärmelieferungs-Vertrages
in seiner letzten Fassung vereinbarte Preisgleitklausel zum
01.06.1981 rechtswirksam geändert.
Mithin war der Kläger zur Zahlung derjenigen Beträge ver-
pflichtet, deren Rückerstattung er nunmehr klageweise ver-
langt.
Die Befugnis der Beklagten, den bestehenden Fernwärmelieferungs-
vertrag, insbesondere die ursprünglich vereinbarte Preisgleit-
klausel, einseitig zu ändern, ergibt sich aus § 24 Abs. 3 der
AVB-Fernwärme. Die gesetzliche Ermächtigung zum Erlaß dieser
Verordnung wiederum folgt aus § 27 AGBG.
In Óbereinstimmung mit der 1. Zivilkammer des Landgerichts
Krefeld (Urteil vom 22.12.1982 1 S 143/82) steht die Kammer
auf dem Standpunkt, daß die Beklagte nach Maßgabe der zitierten Vorschriften grundsätzlich dazu berechtigt ist, in der hier vorgenommenen Form die bisher vereinbarte Preisgleitklausel einseitig zu ändern. Insbesondere ist die rückwirkende
Einbeziehung "alter Verträge" unter die AVB-Fernwärme als ver-
fassungsrechtlich unbedenklich anzusehen.
§ 27 AGBGB entspricht den Erfordernissen des Artikel 80 Abs. 1
Grundgesetz, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der den Verordnungs-
gebern erteilten Ermächtigung gesetzlich hinreichend bestimmt
sein müssen und ist daher als Verordnungsgrundlage wirksam.
Diesen Bestimmtheitserfordernissen nach Artikel 80 Grundgesetz
steht nicht entgegen, daß § 27 AGBGB dem Verordnungsgeber auf-
gibt, die allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Fern-
wärme "ausgewogen" zu gestalten. Der Begriff der Ausgewogenheit
stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der inhaltlich be-
stimmbar und daher gerichtlich nachprüfbar ist (vgl. dazu Witzel,
Die Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung
mit Fernwärme (Seite 30; LG Krefeld a.a.0.).
AVB-Fernwärme wiederum, insbesondere der hier maßgebliche
§ 24 Abs. 3 AVB-Fernwärme, findet ihre Rechtsgrundlage in § 27
AGBGB.
Die Kammer stimmt der von der 1. Zivilkammer vertretenen Auf-
fassung zu, daß auch die Regelung der Preisgleitklausel durch § 27
AGBGB gedeckt ist. § 27 AGBGB sieht vor, daß durch Rechtsverordnung
Regelungen über den Vertragsschluß, den Gegenstand und die Be-
endigung der Verträge getroffen sowie die Rechte und Pflichten
der Vertragspartner festgelegt werden können. Dem muß entnommen
werden, daß alle für einen Energielieferungsvertrag wesentlichen
Elemente unter die Verordnungsermächtigung fallen. Zu diesen
wesentlichen Elementen des Vertrags ist insbesondere die Zahlung
des Entgelts als Pflicht des Fernwärmeabnehmers zu rechnen. Berück-
sichtigt man ferner, daß es sich beim Fernwärmelieferungsvertrag
um ein Dauerschuldverhältnis handelt, so stellt eine Preisänderungs-
klausel bei einem solchen auf längere Zeit angelegten Vertragsver-
hältnis ein wesentliches Element dieses Vertrags dar. Insofern
wird daher die Regelung der Preisgleitklausel nach Maßgabe des §
24 Abs. 3 AVB-Fernwärme durch die Ermächtigungsnorm § 27 AGBG ge-
deckt.
Die Bestimmung des § 24 Abs. 3 AVB-Fernwärme ermöglicht ferner die Er-
mächtigung zur einseitigen Änderung von Preisgleitklauseln auch
in bestehende Verträge. In Óbereinstimmung mit der zitierten Ent-
scheidung ist festzuhalten, daß die rückwirkende Einbeziehung
alter Verträge unter die AVB-Fernwärme verfassungsrechtlich unbe-
denklich ist. Es handelt sich nämlich hier nicht um einen Fall
echter, sondern um einen solchen unechter Rückwirkung. Unechte
Rückwirkung deshalb, weil es hier um eine Einwirkung auf gegen-
seitige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbe-
ziehungen geht. In Fällen dieser Art ist das Vertrauen des
einzelnen auf den Fortbestand einer Regelung (so des Vertrages)
mit der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der
Allgemeinheit abzuwägen (LG Krefeld a.a.O.). Die Abwägung er-
gibt, daß das Vertrauen des einzelnen Abnehmers zurückzutreten
hat hinter Belangen des Allgemeinwohls. Die Möglichkeit der ein-
seitigen Änderung der Preise bei der Versorgung mit Fernwärme
ist geschaffen worden, um alle Bezieher möglichst unter gleichen
preislichen Bedingungen beliefern zu können. Dies dient insbe-
sondere in Zeiten der Verknappung und Verteuerung der Energie dem
Allgemeinwohl. Das bedeutet, daß im Einzelfall die Änderung der
bisherigen Rechtsposition hingenommen werden muß. Verfassungs-
rechtliche Bedenken bestehen daher nicht (LG Krefeld a.a.O.).
II.
Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Beklagte im vorliegenden
Fall darüber hinaus den Erfordernissen des § 24 Abs. 3 AVB-Fern--
wärme gerecht geworden ist, als sie im April 1981 die Änderung der
bisher vereinbarten Preisänderungsklausel vornahm.
§ 24 Abs. 3 AVB-Fernwärme schreibt vor, daß Preisänderungs-
klauseln nur so gestaltet sein dürfen, daß sie sowohl die Kosten-
entwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch
das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem
Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Ferner müssen die maßgeb-
lichen Berechnungsfaktoren vollständig und in allgemein ver-
ständlicher Form ausgewiesen werden.
Diesen Erfordernissen ist die Beklagte, jedenfalls in dem hier
zu entscheidenden Fall, in ausreichender Weise gerecht geworden.
Wie sich aus der Formulierung von § 24 Abs. 3 AVB-Fernwärme er-
gibt, müssen bei Preisänderungsklauseln die maßgeblichen Be-
rechnungsfaktoren vollständig und in allgemein verständlicher
Form ausgewiesen werden. Diesem Erfordernis hat die Beklagte
Rechnung getragen. Im Rahmen der öffentlichen Bekanntgabe der Preisänderungsklausel vom 08.04.1981(veröffentlicht am 15.04.1981, Blatt 40 der Akten) hat die Beklagte die neue Preisänderungsklausel erläutert, indem sie die
Berechnungsformel dargelegt hat, nach der der nunmehr geforderte
Preis berechnet wird. Ferner hat sie die einzelnen Elemente der
Formel jedenfalls soweit näher bezeichnet, daß für den Abnehmer
erkennbar war, aus welchen Elementen sich die neue Klausel zu-
sammensetzt und zu welchen Prozentsätzen die einzelnen Berechnungs-
faktoren Anwendung gefunden haben. Zwar ist dem Kläger zuzugeben,
daß es für einen Laien nicht immer einfach ist, die einzelnen
Kriterien der neuen Preisänderungsklausel zu erfassen und nachzu-
vollziehen. In dem Zusammenhang ist aber darauf zu verweisen, daß
die branchenüblichen Preisänderungsklauseln bei der Fernwärmever-
sorgung grundsätzlich verhältnismäßig kompliziert sind, anderer-
seits aber eine wesentliche Vereinfachung kaum möglich sein
dürfte (vgl. dazu Hermann Recknagel-Schmidt-Salzer, Kommentar
zu den allgemeinen Versorgungsbedingungen, Band II § 24 Anmerkung 33)
Die hier streitige Klausel war jedoch hinreichend erläutert , wobei anzumerken ist, dass der Kläger selbst in seiner Berechnung (Bl. 40d.A.) it der Formel zu arbeiten weiß.
Im vorliegenden Falle hat die Beklagte die maßgeblichen Berechnungsfaktoren, nämlich die wesentlichen Kosteneinflußgrößen ( Brennstoffkosten, Lohn usw.) dargelegt. So ist auch für einen Laien bei sorgfaltigem Studium der Preisänderungsklausel erkennbar, zu welchen Prozentsätzen welche Berechnungsfaktoren in die neue Formel Eingang gefunden haben. Höhere Anforderungen wird man angesichts der nicht zu vermeidenden Schwierigkeit des
Sachverhaltes jedenfalls im Rahmen des § 24 Abs. 3 AVB-Fern-
wärmeverordnung nicht fordern können. Eine andere Frage ist,
ob die Beklagte bei der Gestaltung der hier, streitigen neuen
Preisänderungsklausel den weiteren Erfordernissen des § 24 Abs.
3 AVB-Fernwärme Rechnung getragen hat.
In dem Zusammenhang kam die bereits mehrmals zitierte Ent-
scheidung der 1. Zivilkammer des Landgerichts zu dem Ergebnis,
daß die Beklagte in dem damals zu entscheidenden Fall nicht
ausreichend dargelegt habe, die jeweiligen Verhältnisse auf dem
Wärmemarkt angemessen berücksichtigt zu haben. Dieser Dar-
legungsverpflichtung ist die Beklagte nunmehr jedoch in aus-
reichender Weise nachgekommen. Sowohl in ihrem Schreiben an den
Kläger vom Februar 1983 als auch im Rahmen ihres Prozeßvor-
trages hat sie im einzelnen dargelegt, welche Kriterien für
die Abfassung der Preisänderungsklausel in der neuen Form maß-
geblich gewesen sind. Gegen die detaillierten Ausführungen der Be-
klagten hat sich der Kläger nicht gewandt, so daß das Vorbringen der Beklagten insoweit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu behandeln war. Die Kammer ist nicht der Auffassung, dass die Beklagte im Rahmen der Erläuterung der Klausel nach § 24 III AVB -Fernwärme verpflichtet war, bereits vorprozessual darzulegen, ob und inwieweit den den Verhältnissen aus dem Wärmemarkt Rechnung getragen worden ist. Dieses Erfordernis ist § 24 Abs. 3 AVB-Fernwärme nicht zu entnehmen, so dass bezüglich der Preisänderungsklausel nur die Berechnungsfaktoren selbst zu erläutern sind. Unter Berechnungsfaktoren sind die einzelnen Klauselbestandteile zu verstehen (Witzel a.a.O. S. 111). Diese hat aber die Beklagte in verständlicher Form aufgeschlüsselt.
Daß dabei die mathematisch ausgedrückte Preisänderungsklausel
den Kriterien des § 24 Abs. 3 AVB-Fernwärme nicht in der ge-
botenen Weise Rechnung getragen hat, kann nicht festgestellt
werden.
§ 24 Abs. 3 AVB-Fernwärme soll das Versorgungsunternehmen ver-
pflichten, in Preisänderungsklauseln sowohl Kostenentwicklungen
als auch die Verhältnisse am Wärmemarkt zu berücksichtigen, und
zwar in angemessener Weise. Dabei betrifft die zu berück-
sichtigende Kostenentwicklung sowohl die Kosten der Erzeugung
als auch die der Bereitstellung. Die Erzeugungskosten werden über-
wiegend durch die Brennstoffkosten und erst in zweiter Linie
durch Lohnkosten beeinflußt, während die Bereitstellungskosten
überwiegend auf Lohnkosten beruhen und nur in geringerem Maße
auch durch Materialkosten bestimmt werden. Die einfachste
Möglichkeit, § 24 Abs. 3 zu entsprechen, ist somit ein Kosten-
faktor, der ein Brennstoff- und ein Lohnelement enthält. Es
können allerdings auch andere oder eine Kombination von mehreren
anderen Kostenfaktoren benutzt werden, wie dies die Beklagte ge-
tan hat (vgl. Witzel a.a.0. Seite 106). So hat die Beklagte in
die Klausel einen Fixanteil von 30 % einfliessen lassen, auf den
Änderungen beim Lohn, beim Preis für leichtes Heizöl und
beim Kohlepreis keine Auswirkungen haben können. Die Einfügung
eines derartigen konstanten Elementes unterliegt keinen Be-
denken, da es letztlich kundenfreundlich ist, weil dadurch die
jeweiligen Preissteigerungen der Energie und der Löhne nicht in
vollem Umfang an die Kunden weitergegeben werden. Im übrigen hat
die Beklagte, was den variablen Teil des Preises betrifft, 20 %
an den Lohn und 40 % an den Preis für leichtes Heizöl gebunden.
Hinzu tritt eine 10 %-ige Bindung des variablen Teils des
Preises an den Kohlepreis. Damit hat die Beklagte die jeweiligen
Verhältnisse auf dem Wärmemarkt im Sinne von § 24 Abs. 3 AVB
angemessen berücksichtigt. Insbesondere die starke Bindung des
Preises an den Preis für leichtes Heizöl entspricht den Markt-
verhältnissen, da allgemein der Preis für leichtes Heizöl den
der anderen Energieträger mitbestimmt. Gesichtspunkte, die gegen
ein angemessenes Verhältnis zwischen Kosten und Marktorientierung
in der hier streitigen Klausel sprechen, haben sich jedenfalls nicht
ergeben und sind vom Kläger auch nicht vorgetragen. Auch die weiteren Ausführungen der Beklagten zu ihrer Kostensituation und dem Betriebsergebnis ihrer Betriebsstelle lassen nicht erkennen, daß in die Preisgleitklausel Elemente ein-
geflossen sind, die mit der AVB-Fernwärmeverordnung nicht in Ein-
klang zu bringen sind.
Die Beklagte hat somit in diesem Verfahren schlüssig dargelegt,
hinsichtlich der hier streitigen Preisgleitklausel den gesetzlich
vorgeschriebenen Erfordernissen in ausreichender Weise Rechnung
getragen zu haben.
Hinzuzufügen ist, daß die Preisgleitklausel nach der Recht-
sprechung des Bundesgerichtshofes einer Genehmigung der zu-
ständigen Landeszentralbank nach § 3 Satz 2 Währungsgesetz nicht
bedarf (vgl. BGH BB 1979, 1214).
Da somit die neue Preisgleitklausel als wirksam zu behandeln ist,
besteht der klageweise geltend gemachte Rückzahlungsanspruch des
Klägers nicht. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Streitwert: 775,43 DM.