OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.03.2012 - 18 W 48/12
Fundstelle
openJur 2012, 72259
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerdesache … wird zur erneuten Entscheidung darüber, ob der sofortigen Beschwerde der Beklagten vom 03.01.2012gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16.12.2011 abzuhelfen ist, an das Landgericht Frankfurt am Main zurückgegeben.

Gründe

1. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung über die Abhilfe an das Landgericht zurückzugeben, weil das Verfahren zur gemäß § 572Abs. 1 Satz 1 ZPO zu treffenden Entscheidung über die Abhilfe nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden ist.

Bei der Prüfung, ob der sofortigen Beschwerde der Beklagten abzuhelfen ist, hätte das Landgericht auch prüfen müssen, ob der Kostenfestsetzungsantrag der Kläger vom 04.01.2011 (Bl. 363, 363 d.A.) zulässig ist. Dies folgt aus § 103 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der anordnet, dass die Kostenfestsetzung nur auf einen zulässigen Kostenfestsetzungsantrag hin erfolgen kann.

Das Landgericht hat diese Prüfung jedoch unterlassen, was sich aus dem Umstand ergibt, dass es weder in den Gründen des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 16.12.2011 (Bl.381, 382 d. A.) noch in denen des Nichtabhilfebeschlusses vom 03.01.2012 (Bl. 394, 395 d. A.) Ausführungen zur Zulässigkeit des Festsetzungsantrags macht. Eine Auseinandersetzung mit der Zulässigkeit des Festsetzungsantrags wäre vorliegend indes erforderlich gewesen, weil Kostenfestsetzungsanträge wie der der Kläger nach ständiger Rechtsprechung des Beschwerdegerichts unzulässig sind.

Denn die Kläger haben als Streitgenossen einen gemeinsamen Kostenfestsetzungsantrag gestellt, der nicht erkennen lässt, zu Gunsten welchen Antragstellers welcher Erstattungsbetrag verlangt wird. Dies ist aber erforderlich, weil die Kläger im Festsetzungsverfahren der Beklagten als Einzelgläubiger gegenüberstehen, so dass eine pauschale Festsetzung der insgesamt entstandenen Avalkosten nicht in Betracht kommt (vgl. zu außergerichtlichen Kosten allgemein: OLG Köln, Beschluss vom 09.03.2009, Az.: 17 W 39/09, NJW-Spezial 2009, 749 – zitiert nach juris. Vgl. auch Herget in Zöller, Rdnr. 21 zu § 104 ZPO„Streitgenossen“). Eine Auslegung dahin, dass zu Gunsten jedes der beiden antragstellenden Kläger jeweils nur die Festsetzung der Hälfte des begehrten Gesamtbetrages beantragt wird,ist in Anbetracht des Umstandes, dass die Kläger anwaltlich vertreten sind, nicht möglich.

Zwar wäre der Kostenfestsetzungsantrag der Kläger zulässig, wenn sie nicht Einzel- sondern Gesamtgläubiger des Kostenerstattungsanspruchs wären. Dies ist jedoch nicht der Fall.Die vorliegend maßgeblichen Kostengrundentscheidungen finden sich in den Urteilen des Landgerichts vom 10.02.2010 (Bl. 237 bis 254 d.A.) und des Oberlandesgerichts vom 09.11.2011 (Bl. 336, 350d. A.),welche keine Anordnungen einer Gesamtgläubigerschaft der Kläger enthalten.

2. Das Beschwerdegericht weist darauf hin, dass damit das Innenverhältnis zwischen den Klägern für die Höhe des ihnen jeweils zu erstattenden Betrags maßgeblich ist. Dies folgt aus § 91 Abs. 1Satz 1 ZPO. Nach dieser Regelung sind nur die Kosten erstattungsfähig, die der erstattungsberechtigten Partei „erwachsen“ sind. Da dies als dauerhafte Vermögensbelastung zu verstehen ist, sind einer Partei Kosten nur dann im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 „erwachsen“, wenn feststeht, dass sie diese tatsächlich bezahlen muss (vgl. BGH,Beschluss vom 30.04.2003, Az.: VIII ZB 100/02, NJW-RR 2003,1217-1218 – zitiert nach juris).

Den Bestätigungen der … Bank1 vom 19.02.2010 und vom 15.12.2010 (Bl. 364, 365 d. A.) zufolge sind die Kläger Gesamtschuldner des Zinsanspruchs des … Bank1.

Sie müssen diesen Anspruch jeweils nur zur Hälfte tatsächlich erfüllen, weil ihnen im Innenverhältnis ein Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz BGB gegen den jeweils anderen Streitgenossen zusteht. Damit ist ihr Vermögen nicht dauerhaft mit dessen hälftigem Kostenanteil belastet. Soweit eine Partei im Innenverhältnis der Streitgenossen mehr zahlt als sie muss,beziehungsweise ihren Ausgleichsanspruch nicht geltend macht,erwachsen ihr die Kosten zwar, sind aber dennoch nicht gemäß von §91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, erstattungsfähig. Denn diese Norm setzt des Weiteren voraus, dass die entstandenen Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Eine überobligatorische Zahlung im Innenverhältnis oder ein Verzicht auf die Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs gegen den anderen Gesamtschuldner ist freiwillig und deshalb nicht notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 30.04.2003, Az.: VIII ZB 100/02, NJW-RR 2003, 1217-1218 –zitiert nach juris). Eine Ausnahme gilt nur, wenn feststeht, dass der Streitgenosse seinen gesetzlichen Ausgleichsanspruch aus § 426Abs. 1 Satz 1 BGB nicht realisieren kann, und er deshalb die vollen Kosten bezahlen muss oder – wenn er bereits über seinen Anteil hinaus gezahlt hat – den ihm im Innenverhältnis zustehenden Ausgleich nicht erhalten wird (vgl. BGH, Beschluss vom 30.04.2003, Az.: VIII ZB 100/02, NJW-RR 2003, 1217-1218 –zitiert nach juris und BGH, Beschluss vom 11.05.2006, Az.: V ZB73/05, FamRZ 2006, 1028 – zitiert nach juris).

3. Das Landgericht hätte schon bei der Entscheidung über den Festsetzungsantrag, spätestens aber bei der Entscheidung über die Abhilfe die Unzulässigkeit des Festsetzungsantrags der Kläger erkennen und die Parteien gemäß § 139 Abs. 3 ZPO auf diese aufmerksam machen müssen, um sodann den Klägern Gelegenheit zu geben, einen zulässigen Festsetzungsantrag zu stellen. Dies hat nunmehr im erneut durchzuführenden Verfahren zur Entscheidung über die Abhilfe zu geschehen.

4. Sollten die Beklagten auf den zu erteilenden Hinweis zulässige Festsetzungsanträge stellen, wird das Landgericht auch zu beachten haben, dass eine Verzinsung gegebenenfalls festzusetzender Beträge gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. ZPO erst ab Eingang eines zulässigen Kostenfestsetzungsantrags in Betracht kommt.