Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 13.10.2011 - 1 K 83/11
Fundstelle
openJur 2012, 72222
  • Rkr:
Tenor

Die Einkommensteuerbescheide für 1999, 2000 und 2001 vom 11. August 2003 sowie der Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 04. November 2003, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 19. Februar 2007, werden geändert. Die Einkünfte der Kläger aus nichtselbständiger Arbeit werden um das bislang erfasste Urlaubs- und Weihnachtsgeld reduziert, und zwar in Höhe von jeweils insgesamt 19.429,10 EUR (38.000,00 DM) in 1999 bis 2001 und um 19.720,00 EUR in 2002. Die Einkommensteuer für 1999 bis 2002 wird entsprechend niedriger festgesetzt. Die Berechnung der festzusetzenden Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte (Bekl) bei der Einkommensbesteuerung der Kläger (Kl) zu Recht davon ausgegangen ist, dass diesen in den Veranlagungszeiträumen 1999 bis 2002 Urlaubs- und Weihnachtsgeld zugeflossen ist.

Bei den Kl handelt es sich um Ehegatten, die in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden sind. Sie hatten im Jahr 1991 die ... GmbH (GmbH) gegründet. Zunächst waren die Klägerin (Klin) zu 20 % und der Kläger (Kl) zu 80 % an der GmbH beteiligt, seit dem 23. Juli 1997 besteht ein Beteiligungsverhältnis von 50 : 50. Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird enthält keine Regelungen zur Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung oder zur Stimmrechtsverteilung.

Die Kl waren - und sind - für die GmbH als Arbeitnehmer tätig, der Kl als Geschäftsführer und die Klin als kaufmännische Angestellte. Für ihre Tätigkeiten bezogen - und beziehen - sie Arbeitslohn i.S.d. § 19 Einkommensteuergesetz (EStG). Unter dem 16. Juli 1997 wurden die Dienstverträge der Kl mit Wirkung zum 01. September 1997 neu gefasst. Nach der Neufassung sollten beide Kl zusätzlich zu dem ihnen schon bislang zustehenden Gehalt Sonderzuwendungen erhalten, und zwar jeweils ein volles Monatsgehalt als Weihnachts- und als Urlaubsgeld (Kl: je 15.000,00 DM, Klin: je 4.000,00 DM). Wegen der Einzelheiten wird auf die Dienstverträge vom 16. Juli 1997 Bezug genommen.

Im Jahr 1997 wurden die genannten Sonderzuwendungen von der GmbH - anteilig - gezahlt. Im Jahr 1998 sowie in den Streitjahren wurden hingegen - trotz grundsätzlich bestehender Zahlungsfähigkeit der GmbH - weder das Urlaubs- noch das Weihnachtsgeld ausgezahlt. Jedenfalls für die Streitjahre erfolgten bei der GmbH auch keine Aufwandsbuchungen, ein entsprechender Passivposten wurde in der Bilanz der GmbH nicht gebildet.

In den für 1999 bis 2002 eingereichten Einkommensteuerklärungen erklärten die Kl ihre Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, ohne das Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu berücksichtigen. Die Veranlagungen für 1999 bis 2001 erfolgten insoweit zunächst antragsgemäß.

Im Jahre 2003 fand bei der GmbH eine Lohnsteuer-Außenprüfung statt. Die Prüferin stellte sich unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auf den Standpunkt, dass der Zufluss der Sonderzuwendungen bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Ansprüche erfolgt sei (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 08. Oktober 1991 VIII R 48/88, BFHE 166, 64, BStBl II 1992, 174 und vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480), die auch in den Jahren 1999 bis 2002 bestanden hätten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 22. Mai 2003 Bezug genommen.

Der Beklagte erließ daraufhin unter dem 11. August 2003 entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für 1999 bis 2001 bzw. setzte die Einkommensteuer für 2002 unter dem 04. November 2003 erstmals entsprechend fest. Im Einzelnen wurden den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers (2 x 15.000,00 DM =) 30.000,00 DM (15.338,76 EUR) und der Klägerin (2 x 4.000,00 DM =) 8.000,00 DM (4.090,34 EUR) für 1999 bis 2001 und (2 x 7.760,00 EUR) = 15.520,00 EUR bzw. (2 x 2.100,00 EUR =) 4.200,00 EUR für 2002 hinzugerechnet.

Gegen diese Bescheide erhoben die Kl am 14. August 2003 bzw. am 07. November 2003 Einspruch. Zum einen sei die Vereinbarung betreffend die Zahlung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes bereits im Jahre 1998 dergestalt abgeändert worden, dass die Sonderzuwendungen von der GmbH nur noch auf freiwilliger Basis zu leisten gewesen seien. Insofern haben die Kläger eine schriftliche Fixierung dieser Vereinbarung vom 22. April 2003 vorgelegt, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Danach hätten die Kl keinen Rechtsanspruch mehr auf die Sonderzuwendungen gehabt. Die Grundsätze der angeführten BFH-Rechtsprechung seien überdies nicht anwendbar, weil es sich bei den Kl im Streitzeitraum nicht um beherrschende Gesellschafter der GmbH gehandelt habe.

Die Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidungen vom 19. Februar 2007 zurückgewiesen. Die Grundsätze der o.g. BFH-Rechtsprechung seien durchaus zu berücksichtigen. Insbesondere handele es sich bei den Kl um Gesellschafter, die die GmbH aufgrund einer Gleichrichtung ihrer Interessen beherrschten. Es gebe keine objektiv erkennbaren Umstände, die darauf schließen ließen, dass die Vereinbarung betreffend die Zahlung der Sonderzuwendungen bereits im Jahre 1998 wieder geändert worden sei. Allein die Behauptung, es sei eine mündliche Vereinbarung getroffen worden, reiche nicht aus. Die in 2003 erfolgte schriftliche Vereinbarung habe keine Auswirkungen auf die Streitjahre, da sie keine steuerliche Rückwirkung entfalten könne.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer am 19. März 2007 bei dem Finanzgericht eingegangenen Klage. Sie hätten im Vorhinein auf ihren Rechtsanspruch auf die Sonderzuwendungen verzichtet, ein Zufluss derselben könne daher nicht unterstellt werden. Es habe sich im Nachhinein herausgestellt, dass die Zahlung des Weihnachtsgeldes für 1997 die Liquidität der GmbH beeinträchtigt habe. Da die Gehälter der Kl - zumal nach der im Juni 1997 erfolgten Erhöhung - auch ohne die Sonderzuwendungen auskömmlich gewesen seien, seien die Kl mit der Gesellschaft, diese vertreten durch ihren Geschäftsführer, den Kl, Anfang 1998 übereingekommen, dass ein Rechtsanspruch auf die Sonderzuwendungen nicht mehr bestehen solle. Der Erinnerung der Kl nach sei diese Vereinbarung seinerzeit auch schriftlich niedergelegt worden, sie sei jedoch nicht mehr auffindbar. Aus diesem Grunde sei die schriftliche Bestätigung vom 22. April 2003 gefertigt worden.

Die Kläger beantragen (sinngemäß),

die gegen die Kläger ergangenen Einkommensteuerbescheide für 1999, 2000 und 2001 vom 11. August 2003 sowie den Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 04. November 2003, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 19. Februar 2007, zu ändern, die Einkünfte der Kläger aus nichtselbständiger Arbeit um das bislang erfasste Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von jeweils insgesamt 19.429,09 EUR (38.000,00 DM) in 1999 bis 2001 sowie 19.720,00 EUR in 2002 zu reduzieren und die Einkommensteuer für 1999 bis 2002 entsprechend niedriger festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es könne nur dann davon ausgegangen werden, dass die Sonderzuwendungen den Kl nicht zugeflossen seien, wenn die Dienstverträge vor den jeweiligen Veranlagungszeiträumen schriftlich abgeändert worden wären, weil für die steuerliche Anerkennung von Vereinbarungen zwischen einer GmbH und den sie beherrschenden Gesellschaftern klare und im Voraus getroffene Vereinbarungen erforderlich seien. Verzichte ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer nicht rechtzeitig auf sein Gehalt oder Teile desselben, könne der Gehaltszufluss nicht verhindert werden. Der Verzicht auf den entstandenen Anspruch stelle eine Einkommensverwendung durch den Gesellschafter in Gestalt einer Einlage in die Gesellschaft dar. Hier sei nicht davon auszugehen, dass die Kl in 1998 die behauptete Vereinbarung mit der GmbH getroffen hätten. Die angeblichen Hintergründe dafür seien schon deshalb nicht plausibel dargelegt, weil die GmbH ab 1997 verstärkt Wertpapieran- und -verkäufe getätigt habe, was gegen eine beeinträchtigte Liquidität spreche. Es könne auch nicht angehen, dass etwaige Buchungsfehler in Gestalt der Nichtbuchung bestehender Ansprüche der Gesellschafter dadurch "belohnt" würden, dass nur aufgrund dessen ein Zufluss bei dem Gesellschafter nicht erfasst werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die von den Beteiligten zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Verwaltungsvorgänge waren beigezogen und Gegenstand des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig, soweit der Bekl dem seitens der Kl erklärten Bruttoarbeitslohn bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit noch Urlaubs- und Weihnachtsgeld hinzugerechnet hat.

Arbeitslohn i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG liegt vor, wenn einem Arbeitnehmer Geld oder geldeswerte Güter für eine Beschäftigung im privaten Dienst zugeflossen sind; der Zufluss ist Teil des Lohnbegriffs (vgl. BFH-Urteil vom 16. April 1999 VI R 60/96, BFHE 188, 334, BStBl II 2000, 406; Drenseck in Schmidt, EStG, 30. A., § 19 Rn. 45), wobei der Zuflussbegriff des § 11 Abs. 1 EStG gilt.

Hier sind den Kl die streitgegenständlichen Urlaubs- und Weihnachtsgeldbeträge nicht in diesem Sinne zugeflossen, so dass ihre Erfassung als Arbeitslohn nicht in Betracht kommt.

1.) Zugeflossen sind einem Steuerpflichtigen Einnahmen, sobald er über sie wirtschaftlich verfügen kann (vgl. BFH-Urteil vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480). Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Jedoch kann auch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldbuchverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck kommt, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verfügung steht. Allerdings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. etwa BFH-Urteile vom 2. November 1962 VI 284/61 S, BFHE 76, 270, BStBl III 1963, 96; vom 2. März 1993 VIII R 13/91, BFHE 171, 48, BStBl II 1993, 602; vom 11. Mai 1999 VIII R 70/95, BFH/NV 2000, 18; vom 28. Oktober 2008 VIII R 36/04, BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, und vom 11. Februar 2010 VI R 47/08, BFH/NV 2010, 1094).

Da sich die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht nach den tatsächlichen Verhältnissen richtet, kann das Zufließen i.S.d. § 11 EStG grundsätzlich nicht fingiert werden. Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung hiervon lediglich bei beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft. Bei diesen wird angenommen, dass sie über eine von der Gesellschaft geschuldete Vergütung bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit verfügen können und ihnen damit entsprechende Einnahmen zugeflossen sind (BFH-Urteile in BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480, unter 2.b; vom 16. November 1993 VIII R 33/92, BFHE 174, 322, BStBl II 1994, 632). Allerdings werden von dieser Zuflussfiktion nur Gehaltsbeträge und sonstige Vergütungen erfasst, die die Kapitalgesellschaft den sie beherrschenden Gesellschaftern schuldet und die sich bei der Ermittlung ihres Einkommens ausgewirkt haben (BFH-Urteil vom 11. Februar 1965 IV 213/64 U, BFHE 82, 440, BStBl III 1965, 407).

Hingegen fließen dem Gesellschafter keine Einnahmen zu, wenn er gegenüber der Gesellschaft auf bestehende oder künftige Ansprüche ohne Ausgleich verzichtet und dadurch eine Vermögenseinbuße erleidet; etwas anderes gilt nur, wenn der verzichtende Gesellschafter den Erlass gewährt und dadurch eine (verdeckte) Einlage leistet, denn hierdurch erleidet er keine Vermögenseinbuße, sondern bewirkt eine Umschichtung seines Vermögens (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307, m.w.N.).

2.) Nach diesen Grundsätzen sind die streitigen Sonderzuwendungen den Kl weder tatsächlich noch bei Fälligkeit oder im Wege einer verdeckten Einlage zugeflossen.

a.) Die Kläger haben vorgetragen, dass ihnen die streitigen Beträge weder bar ausgezahlt noch auf ein für sie bei einem Kreditinstitut bestehendes Konto überwiesen worden seien. Gegenteiliges behauptet auch der Beklagte nicht. Es sind auch sonst keine Umstände ersichtlich, die die Annahme rechtfertigten, dass die Beträge den Kl tatsächlich zugeflossen wären. Insbesondere sind sie ihnen nicht in den Büchern der GmbH gutgeschrieben worden.

b.) Die von der GmbH nicht ausgezahlten Beträge gelten den Klägern auch nicht mit ihrer Fälligkeit als zugeflossen. Denn die Grundsätze über den Zufluss von Einnahmen bei beherrschenden Gesellschaftern sind vorliegend nicht anzuwenden.

aa.) Zum einen haben sich die streitigen Beträge bei der Ermittlung des Einkommens der GmbH nicht ausgewirkt, weil sie - zwischen den Beteiligten unstreitig - in den Büchern der Gesellschaft nicht als Gehaltsaufwand erfasst worden sind. Schon deshalb kommt die Anwendung der genannten Grundsätze nicht in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 03. Februar 2011 VI R 4/10, BFHE 232, 501, BFH/NV 2011, 904).

bb.) Zum anderen waren die Kl in den Streitjahren keine beherrschenden Gesellschafter der GmbH. Eine beherrschende Stellung eines GmbH-Gesellschafters liegt vor, wenn er in der Gesellschafterversammlung entscheidenden Einfluss ausüben kann. Da der Gesellschaftsvertrag der GmbH keine Regelungen zur Beschlussfassung und zur Stimmrechtsverteilung enthält, gilt die gesetzliche Grundregel des § 47 GmbHG. Danach erfolgen die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen (Abs. 1), wobei sich der Umfang der Stimmrechte nach dem Umfang der Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft bestimmt (Abs. 2). Die Kl waren in den Streitjahren allerdings lediglich zu jeweils 50 % am Stammkapital der GmbH beteiligt und besaßen jeder für sich genommen keine Stimmrechtsmehrheit. In einem solchen Fall ist kein Gesellschafter ein beherrschender (vgl. BFH-Urteil vom 5. Oktober 2004 VIII R 9/03, BFH/NV 2005, 526).

Zwar kann ein Gesellschafter, der nicht mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile hält, nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung einem beherrschenden Gesellschafter gleichgestellt werden, wenn er mit anderen gleichgerichtete materielle, d.h. finanzielle Interessen verfolgenden Gesellschaftern zusammenwirkt, um eine ihren Gesellschafterinteressen entsprechende Willensbildung der Kapitalgesellschaft herbeizuführen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 4. Dezember 1991 I R 63/90, BFHE 166, 279, BStBl II 1992, 362, m.w.N.; vom 13. Dezember 1989 I R 45/84, BFH/NV 1990, 455; vom 28. Februar 1990 I R 83/87, BFHE 160, 192, BStBl II 1990, 649; vom 10. März 1993 I R 51/92, BFHE 171, 58, BStBl II 1993, 635, m.w.N.). Tatsachen, die vorliegend auf gleichgerichtete materielle Interessen der beiden im nämlichen Umfang an der GmbH beteiligten Gesellschafter schließen lassen, können vorliegend jedoch nicht festgestellt werden. Insofern ist auf die objektive Interessenlage bezogen auf den jeweils in Rede stehenden "Geschäftsvorfall" abzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 09. April 1997 I R 52/96, BFH/NV 1997, 808; Gosch, KStG, 2. A., § 8 Rn. 221). Das ist hier die Auszahlung Sonderzuwendungen und nicht der Abschluss bzw. die Änderung der Anstellungsverträge, mit der die Ansprüche auf diese Sonderzuwendungen ursprünglich einmal begründet worden waren. Dementsprechend kommt es - anders als in dem von dem Beklagten in diesem Zusammenhang angeführten BFH-Urteil vom 09. April 1997 I R 52/96 (BFH/NV 1997, 808) - nicht darauf an, ob die Kl in jenem Zeitpunkt als beherrschende Gesellschafter anzusehen waren. Entscheidend ist vielmehr, ob das auch (noch) zu den - von dem Beklagten unterstellten - Zuflusszeitpunkten im Hinblick auf die Auszahlung der Sonderzuwendungen der Fall gewesen ist. Das kann hier nicht festgestellt werden. Es geht eben nicht um die Neubegründung von (Gehalts-)Forderungen der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft, woran beide Gesellschafter für sich ein - gleichgerichtetes - Interesse haben, das sie aufgrund der Stimmrechtsverteilung in der Gesellschafterversammlung nur durch ein Zusammenwirken umsetzen können. Vielmehr geht es darum, jeweils bestehende (Gehalts-)Ansprüche eines Gesellschafters (nur) diesem gegenüber von Seiten der Gesellschaft zu erfüllen. Dabei wird man zum einen davon ausgehen müssen, dass der eine Gesellschafter jedenfalls nicht ohne weiteres ein eigenes Interesse daran hat, dass die Gesellschaft Ansprüche des jeweils anderen Gesellschafters erfüllt, zumal die Erfüllung der eigenen Ansprüche nicht davon abhängt, dass auch die Ansprüche des anderen erfüllt werden. Zum anderen wäre jeder Gesellschafter für sich in der Lage, seine Ansprüche gegenüber der Gesellschaft geltend zu machen und durchzusetzen, ohne dass es hierzu eines Interessengleichlaufs mit dem anderen Gesellschafter bedürfte. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend dennoch ein Interessengleichklang gegeben gewesen sein könnte, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Gesellschafter Eheleute sind, kann eine entsprechende Vermutung jedenfalls nicht begründen (vgl. den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. März 1985 1 BvR 571/81, 1 BvR 494/82, 1 BvR 47/83, BVerfGE 69, 188, BStBl II 1985, 475).

cc.) Da die Annahme eines Zuflusses der Sonderzuwendungen bereits mit Fälligkeit aus den dargelegten Gründen somit von vornherein nicht in Betracht kommt, muss der Frage, ob die Kl rechtzeitig vor deren Fälligkeit wirksam auf ihre Ansprüche auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet haben, nicht näher nachgegangen werden. Sie ist vorliegend ohne Bedeutung.

c.) Die Kläger haben auch keine einen Zufluss begründende verdeckte Einlage bewirkt. Erforderlich wäre hierfür, dass eine Vermögensumschichtung dergestalt stattgefunden hätte, dass es durch einen Verzicht der Kl zum Wegfall einer zuvor passivierten Verbindlichkeit bei der GmbH gekommen wäre, so dass das Vermögen der GmbH vermehrt und ihre Ertragsfähigkeit gesteigert worden wäre (vgl. BFH-Urteil vom 03. Februar 2011 VI R 4/10, BFHE 232, 501, BFH/NV 2011, 904). Letzteres lässt sich hier jedoch nicht feststellen. Denn die streitigen Sonderzuwendungen sind zu keinem Zeitpunkt als Aufwandsposten in die Bücher der GmbH eingegangen. Damit hätten die Kl im Streitfall durch den Verzicht ihr Vermögen nicht in Beteiligungskapital umgeschichtet, sondern eine tatsächliche Vermögenseinbuße erlitten.

3.) Diese Sichtweise führt auch nicht dazu, dass Buchungsfehler bei der Gesellschaft "belohnt" werden. Zunächst ist nichts dafür ersichtlich, dass die Nichtbuchung der Sonderzuwendungen bei der GmbH überhaupt aufgrund eines Fehlers erfolgt ist. Dagegen spricht vielmehr, dass diese Handhabung über mehrere Jahre unverändert praktiziert worden ist. Das lässt auf ein planvolles Vorgehen schließen. In der Nichtbuchung des entsprechenden Gehaltsaufwands dürfte gerade der konkludente Verzicht auf die Sonderzuwendungen zu sehen sein (vgl. dazu Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 18. Februar 2009 III 1027/05, zitiert nach juris), ohne dass es hier - wie oben dargelegt - entscheidend darauf ankäme. Zu einer "Belohnung" im Sinne der Verschaffung eines einseitigen Vorteils kommt es überdies schon deshalb nicht, weil der Nichterfassung eines Zuflusses bei den Kl eine entsprechende Nichterfassung von Gehaltsaufwand bei der GmbH gegenübersteht. Die Gesellschaft wäre durch einen solchen bei ihr verursachten Fehler daher gerade benachteiligt.

Keinesfalls könnte die Annahme eines wirksamen Verzichts allein daran scheitern, dass es insoweit an einer von vornherein klar und eindeutig getroffenen Vereinbarung fehlte, wie der Beklagte in Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung zu verdeckten Gewinnausschüttungen bei beherrschenden Gesellschaftern meint. Es erscheint schon fraglich, ob die Kl insoweit (vgl. oben) überhaupt als beherrschende Gesellschafter anzusehen wären. Denn eine Verzichtserklärung im Rahmen eines Erlassvertrages gem. § 397 des Bürgerlichen Gesetzbuches könnte formlos durch jeden Gesellschafter für sich abgegeben werden, ohne dass es eines Interessengleichklangs bedürfte bzw. ein solcher hier festzustellen wäre. Außerdem können die von dem Beklagten angeführten Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung nicht auf die hier vorliegende Konstellation übertragen werden. Während die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung dazu dient, bei der Gesellschaft zu Unrecht gebuchten Aufwand zu egalisieren, hat es hier solche Aufwandsbuchungen nämlich zu keinem Zeitpunkt gegeben, so dass es eines entsprechenden Korrektivs nicht bedarf.

4.) Die Übertragung der Berechnung der für die Streitjahre jeweils festzusetzenden Steuer auf den Beklagten erfolgt gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 (analog), 711 Zivilprozessordnung.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Anhaltspunkte für das Vorliegen von Zulassungsgründen i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO weder dargetan noch sonst ersichtlich sind.