Hessisches LAG, Urteil vom 02.03.2012 - 3 Sa 509/11
Fundstelle
openJur 2012, 69682
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 9. Dezember 2010 - 11 Ca 2742/10 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 438,46 EUR (in Worten: Vierhundertachtunddreißig und 46/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Januar 2010 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 13. November 2009 zum 15.Dezember 2009 beendet wurde.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger dessen Lohnsteuerkarte für das Jahr 2009 herauszugeben sowie eine Bescheinigung über die An- und Abmeldung zur Sozialversicherung zu erteilen.

Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.

Die erstinstanzlichen Kosten haben zu 20 % der Kläger und zu 80% die Beklagte zu tragen.

Die Kosten der Berufung haben zu 43 % der Kläger und zu 57 % die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug noch um rückständige Vergütungsansprüche, Tagesspesen, Übernachtungsspesen und Auslöse für den Zeitraum Januar 2009 bis Dezember 2009, Urlaubsabgeltung,die Herausgabe der Lohnsteuerkarte, eine Meldebescheinigung sowie im Wege der Widerklage um Rückzahlungsansprüche und Schadensersatz.

Der Kläger war vom 16. Januar 2009 bis 15. Dezember 2009 bei der Beklagten als Montagearbeiter beschäftigt. Ob das Bruttomonatsgehalt des Klägers € 1.900,00 betragen hat oder ob es einvernehmlich auf € 1.500,00 abgesenkt worden ist, ist zwischen den Parteien umstritten. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Aktiengesellschaft Uerischen Rechts, welche ausweislich des Handelsregisterauszuges in A vom 11. Februar 2009 bis zum 25.Februar 2010 eine Zweigniederlassung hatte. Ihr Hauptzweck bestand in der Vermittlung von Dienstleistungen an Bauprojekten, wobei sie selbst als Auftraggeberin auftrat. Im Januar 2009 arbeitete der Kläger für 70 Stunden für die Zentrale in der U, im Übrigen in V.Die Arbeiten der bei der Beklagten beschäftigten Monteure bestanden in der Montage von Glas- und Metallteilen. Der Kläger verfügte bei der W, der Finanzsparte der Uerischen Post, über ein Postscheckkonto, welches in Euro geführt wurde und auf das die Beklagte Überweisungen tätigte.

In dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Januar 2009, wegen dessen Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 4 ff. d. A. verwiesen wird,ist ua. Folgendes geregelt:

„…5. Beendigung des Arbeitsverhältnisses:5.1 Die Kündigung kann von beiden Vertragspartnern zu den gesetzlich festgelegten Fristen erfolgen, kündigungsberechtigt für den AG sind die Geschäftsführung sowie die Mitarbeiter der Personalabteilung.…

6. Vergütung und Zahlung…6.2 Die monatliche Entlohnung erfolgt auf der Basis eines Leistungsgrundlohnes in Höhe von 1.900,00 €zzgl. ggf. gesondert schriftlich vereinbarter projektbezogenen Akkordaufschläge.…6.4 Für die Entlohnung bei Einsätzen außerhalb Vs wird der jeweilige Mindestlohn gezahlt.6.5 Die Zahlung der Vergütung erfolgt monatlich nachträglich bis spätestens zum 15ten eines jeden Folgemonats durch Überweisung auf eines vom AN zu benennenden Kontos per Scheck.…

8. Auslösung und Spesen:8.1. Der AN hat bei Montageeinsätzen mit einer Entfernung von mehr als 30 km vom Wohnort Anspruch auf Auslösungszahlungen.8.2 Diese beträgt steuerfrei zurzeit pauschal für Verpflegungsmehraufwand 24,00 EUR pro Arbeitstag und 20,00 EUR pro Übernachtung.8.3 Bei Arbeitszeiten unter 6,5 Stunden wird das Verpflegungsgeld um 12,00 € gekürzt und beträgt 12,00 €. Sollte die Arbeitszeit über 6,5 Stunden liegen beträgt der reguläre Satz 24,00€ Verpflegungsgeld.

8.4 Spesen werden jeweils als Vorauszahlung in Höhe von 400,00 € jeweils am 1ten und 15ten eines Monats gezahlt. Die Endabrechnung erfolgt dann mit der nächsten regulären Lohnabrechnung im Folgemonat.…

9. Arbeitszeit:9.1. Die Arbeitszeit, wöchentlich von Montag bis Freitag, beträgt 175 Stunden pro Monat. Dieses entspricht einer täglichen Arbeitszeit von 8,75 Stunden welche durch den Leistungsgrundlohn ausgeglichen werden.…

11. Urlaubsregelung:11.1 Der Urlaubsanspruch des AN beträgt 24Arbeitstage im Kalenderjahr, anteilig je Beschäftigungsmonat ein Zwölftel.…11.4 Die Gewährung von Urlaubstagen liegt grundsätzlich im Ermessen des AG und hat sich nach den betrieblichen Erfordernisse zu richten. Die Urlaubsgewährung setzt eine rechtzeitige Beantragung schriftlich (jeweils möglichst 6 Monate, spätestens aber 3 Monate vor Urlaubsantritt) voraus, wobei die Urlaubswünsche des ANmöglichst angemessen berücksichtigt werden.…

15. Vertragsstrafe und Schadensersatz:Unbeschadet der Ansprüche des Arbeitgebers auf Schadensersatz, hergeleitet durch schuldhaftes Verhalten des AN,ist der AG zur Berechnung einer Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes berechtigt, wenn der AN das Arbeitsverhältnis nicht aufnimmt, den Vertrags ohne Einhaltung der vorgesehen Kündigungsfrist beendet oder aus vertragswidrigem Verhalten Grund zur fristlosen Kündigung herleitet.

16. Ausschlussfristen:…16.2 Die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Soweit die Gegenseite nach Geltendmachung eines Anspruchs nicht reagiert oder den Anspruch zurückweist, ist der Anspruchsteller innerhalb einer weiteren Frist von 3 Monaten, d.h. insgesamt 5 Monate nach Fälligkeit des rückständigen Anspruchs verpflichtet, den Anspruch gerichtlich geltend zu machen.

16.3. Im Falle des Ausscheidens müssen die Ansprüche beider Seiten spätestens einen Monat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden.…

19. Schlussbestimmungen:19.1 Änderungen des Arbeitsvertrages bedürfen der Schriftform, mündliche Nebenabreden sind unwirksam.19.2 Auf dieses Vertragsverhältnis findet ausschließlich deutsches Recht Anwendung.19.3 Gerichtsstand ist A.…“

Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 27. Juli 2009, dem 29. Juli 2009, dem 2. September 2009, dem 14. September 2009, dem 14. Oktober 2009, dem 18. November 2009 und dem 3. Dezember 2009Abrechnungen bzw. Korrekturausdrucke, die jeweils Tagesspesen in Höhe von € 148,50 netto sowie von Februar 2009 bis November 2009 Bruttozahlungen in Höhe von € 1.500,00 zum Gegenstand haben. Die Januarabrechnung weist einen Bruttobetrag in Höhe von € 800,00 aus. Wegen der Einzelheiten dieser Abrechnungen wird im Übrigen auf Bl. 558 – 568 d. A. verwiesen. Die Beklagte erteilte dem Kläger jedenfalls für die Monate Juli 2009 bis September 2009 zusätzlich Lohnabrechnungen in Uer Franken, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 9 – 17 d. A. Bezug genommen wird.

Der Kläger füllte für die Monate Januar bis Dezember 2009Monatsübersichten aus, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 489 –500 d. A. verwiesen wird.

Die Beklagte erteilte dem Kläger für die Monate Januar 2009 bis Dezember 2009 Korrekturabrechnungen, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 110 – 122 d. A. verwiesen wird.

Der Kläger erhielt am 27. November 2009 ein Kündigungsschreiben vom 13. November 2009, nach dem das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zum 15. Dezember 2009 enden sollte. Das Kündigungsschreiben, wegen dessen Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 8 d. A. verwiesen wird, war auf dem Geschäftspapier der Beklagten ausgefertigt und trug die Unterschrift der damaligen Mitarbeiterin der Beklagten, Frau B. Ob dem Kläger das Kündigungsschreiben im Original zuging, ist zwischen den Parteien umstritten. Die Aufgabe von Frau B bei der Beklagten bestand in der Verwaltung des Montagepersonals inklusive der Kalkulationsunterstützung und in der internen Unterstützung der Montageleitung. Sie hat die jeweiligen Abrechnungen mit den Mitarbeitern besprochen und Personalanforderungen bearbeitet. Ihr direkter Vorgesetzter bei der Beklagten war der für die gesamte externe Montage- und Projektleitung zuständige Mitarbeiter Herr C.In einem „Motivationsschreiben“ der Beklagten vom 21.Oktober 2009 wird Frau B als für die Personalverwaltung zuständig bezeichnet. Das Geschäftspapier, auf dem sich das „Motivationsschreiben“ befindet, enthält jeweils am unteren Seitenende im Kleindruck den Zusatz: „Der Leistungserbringer schuldet die Umsatzsteuer dem jeweiligen Land“. Darunter findet sich der Zusatz: „Für alle Leistungen gelten ausschließlich unsere aktuellen allgemeinen Geschäftsbedingungen“. Hierunter heißt es:„Verbindliche Erklärungen bedürfen der zusätzlichen schriftlichen Bestätigung durch die Geschäftsführung der Gesellschaft“.

Der Kläger erhielt von der Beklagten im Dezember 2009 einen Brief, in dem mitgeteilt wird, dass er wieder eingestellt werde,sobald die Baustellen wieder liefen. Dieser Brief wurde an die gekündigten Mitarbeiter versandt, nachdem sich Herr C mit Email vom 9. Dezember 2009 an Frau D und Frau B gewandt und um ein Schreiben an jeden einzelnen Mitarbeiter zum Thema „Wiedereinstellung“ im neuen Jahr gebeten hat, da dies bei den Arbeitsämtern den Vorteil habe, dass nicht jeder Mitarbeiter an „diversen Vermittlungsgesprächen sowie an sogenannten Maßnahmen teilnehmen“ müsse.

Mit Email vom 11. Dezember 2009, wegen deren Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 299 d. A. verwiesen wird, wandte sich Herr C wie folgt an die Mitarbeiterin B:

„…Bitte für die Herren E, F, G, H, I, J und K am 14.12. und 15.12.09Urlaub eintragen.…“

Mit Schreiben vom 4. Januar 2010, wegen dessen Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 283 d. A. verwiesen wird, wandte sich die Beklagte wie folgt an den Kläger:

„…Sie haben die Baustelle vor Weihnachten ungerechtfertigter Weise am 11. Dezember 2009 vorzeitig verlassen; noch schlimmer aber waren die geschäftsschädigenden und verleumderischen Aussagen durch Sie und den Führungskader unseren Auftraggebern gegenüber, dass sämtliche Montagemitarbeiter gekündigt hätten, weil keine Löhne gezahlt würden.…Die Vorauszahlungen auf Ihr Postscheckkonto beziehen sich auf Leistungen, die durch die Monteure in der U zu erbringen sind und den Uer Mindestlöhnen unterliegen. Von unserer Revisionsstelle wurden wir angewiesen, diese monatlich als Vorauszahlung zu leisten und eine Jahresendabrechnung zu erstellen. Diesbezüglich leisten Sie uns bitte Ihre Stunden- und Leistungsnachweise für die im Jahr 2009 erbrachten Arbeiten in der U nach.…Durch Ihre ungerechtfertigte Kündigung der gesamten Mitarbeiter und die damit ausgelöste Reaktionen der Auftraggeber, die jetzt die berechtigten Forderungen nicht zahlen, liegt der momentane Umsatz und das Einkommen der L bei Null, wobei die laufenden Deckungsbeitragskosten weiter laufen.…Wir bitten Sie, zur Wahrung ihrer Interessen, das Vertragswerk zu lesen und Ihrem Rechtsbeistand zur Kenntnisnahme zu übergeben,damit dieser Ihnen die durch uns an Sie gerichteten Schadensersatzforderungen und vertragsgerechte Abrechnung erklären kann.…“

Mit Schreiben vom 8. Januar 2010, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 18 f. d. A. verwiesen wird, wandte sich die Prozessbevollmächtigte des Klägers an die Beklagte und machte ua.rückständige Vergütung, Übernachtungspauschalen und Verpflegungspauschalen in Höhe von € 3.437,41 netto geltend.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2010 (Bl. 48 ff. d. A.) nahm die Beklagte zu dem Schreiben vom 8. Januar 2010 Stellung und bat um Rückerstattung einer aus ihrer Sicht bestehenden Überzahlung in Höhe von € 79,07.

Der Kläger erhielt von der Beklagten am 5. März 2010 eine Nettozahlung in Höhe von € 270,00 und am 6. März 2010 eine weitere Nettozahlung in Höhe von € 150,00.

Der Kläger hat behauptet, zwischen den Parteien sei ein monatlicher Basislohn in Höhe von € 1.900,00 brutto vereinbart worden. Nach den ihm vorliegenden Unterlagen und Aufzeichnungen über seine Arbeitseinsätze habe er für den Zeitraum Januar 2009 bis Dezember 2009 einen Nettobetrag in Höhe von € 24.193,63 zu beanspruchen, wobei wegen der einzelnen monatlichen Vergütungsansprüche auf Bl. 2 d. A. verwiesen wird. Die Beklagte habe hierauf lediglich € 20.515,20 netto gezahlt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne von der Beklagten für den Zeitraum Januar 2009 bis Dezember 2009 noch rückständige Vergütung, Tagesspesen, Übernachtungsspesen und Auslöse in Höhe von € 3.258,43 netto verlangen. Er könne für fünf Urlaubstage Urlaubsabgeltung in Höhe von € 475,12 brutto verlangen. Das Arbeitsverhältnis habe am 15. Dezember 2009 auf Grund der Kündigung der Beklagten geendet.

Der Kläger hat nach Klagerücknahme in Höhe einer Forderung von € 35,00 zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 3.258,34 netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Januar 2010 zu zahlen;2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 475,12 brutto nebst Zinsen in Höhe fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Januar 2010 zu zahlen;3. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 13. November 2009 zum 15.Dezember 2009 aufgelöst worden ist;4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn seine Lohnsteuerkarte für das Jahr 2009 herauszugeben sowie eine Bescheinigung über die An-und Abmeldung zur Sozialversicherung zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen sowie widerklagend,

1. den Kläger zu verurteilen, an sie € 2.129,07 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, ihr sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr darüber hinaus aus dem arbeitsvertragswidrigen Fernbleiben von der Arbeit seit Dezember 2009 entstanden ist.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, dass die Kündigung vom 13. November 2009 auf Weisung des Montageleiters Herrn C ausgesprochen und rückdatiert worden sei. Am 24. November 2009 habe dieser seine Assistentin Frau B in der damaligen Zentrale in M angewiesen, auf den 13. November datierte und zum 15. Dezember 2009 lautende Kündigungsschreiben an sämtliche Mitarbeiter der Niederlassung zu fertigen, zu unterzeichnen und ihm per Email zur Übergabe an sie zu übermitteln. Diese Anweisung habe er angeblich in Absprache mit der Geschäftsleitung gegeben, was jedoch nicht der Fall gewesen sei.Vielmehr habe er die Monteure zusammen mit dem früheren Prokuristen, Herrn N, dazu verleitet, die Arbeit für sie zu beenden. Auch für den Kläger sei deutlich gewesen, dass die Kündigung nicht wirksam gewesen sei. Frau B sei zur Kündigung nicht berechtigt gewesen. Die ihr übertragene Personalverwaltung umfasse nicht die Einstellung und Entlassung, sondern Lohnabrechnungen,Urlaubserfassung, Arbeitspapiere uä. Der Kläger habe das Kündigungsschreiben nicht im Original erhalten, sondern per Email oder als eingescannten Ausdruck. Das Schreiben, das der Kläger im Dezember 2009 erhalten habe, rühre nicht von der Beklagten, sondern von Herrn C, der Frau B hierum gebeten habe. Der Kläger habe zu viel Vergütung erhalten, es liege eine Überzahlung in Höhe von € 79,07 vor (Schriftsatz vom 14. Mai 2010, Bl. 32 d. A.). Es sei wegen geringerer Qualifikation nur ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von € 1.500,00 vereinbart worden. Dies ergebe sich auch aus dem Telefax des Klägers vom 15. August 2009 (Bl. 192 d. A.).Sie habe dem Kläger € 21.153,07 gezahlt (Schriftsatz vom 14.Mai 2010, Bl. 32 d. A.). Mit Schriftsatz vom 29. September 2010(Bl. 96, 100 d. A.) hat die Beklagte behauptet, den Gesamtlohnansprüchen des Klägers in V und in der U in Höhe von € 20.977,99 stünden Zahlungen von insgesamt € 21.573,07gegenüber, so dass er mit € 595,08 überzahlt sei. Der Kläger habe zusätzlich zu der Pauschalabrechnung in V als Vorauszahlung für die Arbeit in der U immer Zahlungen auf das Uer Konto erhalten.Sie habe Arbeitsleistungen des Klägers in der U erwartet und daher zusätzlich als Vorschau zur Verrechnung für Leistungen in der ULöhne abgerechnet und Nettobeträge auf das Uer Konto des Klägers überwiesen. Diese Zahlungen seien als Vorauszahlung gekennzeichnet.Wegen der behaupteten Zahlungen zugunsten des Klägers auf das Uer und das deutsche Konto wird auf Bl. 100 – 103 d. A.verwiesen. Sie habe diese Zahlungen getätigt, um den gesetzlichen Mindestlöhnen und Sozialabgaben in der U zu genügen. Diese Vorauszahlungen in der U seien notwendig, da sie nicht vorher absehen könne, welcher Monteur in der U tätig werde. Wegen der Regelung des Mindestlohnes in Ziff. 6.4 des Arbeitsvertrages habe sie 28,15 Uer Franken, was € 18,77 entspreche und 6,05 %Sozialabgaben auf die Vorauszahlungen geleistet, was den deutschen Stundenlohn in Höhe von € 10,85 brutto deutlich übersteige.Sämtliche Sozialabgaben und Steuern auf das Bruttoentgelt habe sie abgeführt. Dies habe der ehemalige Montageleiter des Klägers, Herr C, am 21. Dezember 2009 für ihre Auftraggeber bestätigt und könne ggf. durch amtliche Aufrechnungsbescheinigungen und Ähnliches belegt werden. Der Kläger sei ohne genehmigten Urlaub seit dem 14.Dezember 2009 der Arbeit fern geblieben. Der Vorgesetzte des Klägers, Herr C, sei nicht dazu berechtigt gewesen, Urlaub zu genehmigen. Dieser habe mit der Zentrale in der U abgestimmt werden müssen. Der Kläger habe sie noch im März 2010 in die Irre geführt und sie zu den Zahlungen von € 270,00 netto und € 150,00netto veranlasst. Der Kläger habe Herrn Karlheinz T in einem Telefonat am 5. März 2010 zugesagt, er werde zu der Beklagten zurückkehren und am 8. März 2010 an der Baustelle zu sein, um ab dem 10. März 2010 mit einer Kolonne Monteure weiterzuarbeiten. Er benötige eine Spesenvorauszahlung von CHF 400,00. Der Auftraggeber habe am 9. März 2010 per Telefax mitgeteilt, dass kein Monteur erschienen sei und habe die Restleistung gekündigt.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die zu viel geleisteten Nettozahlungen seien als Vorauszahlungen auf die Nettolohnzahlungen für die Arbeit in V zu verrechnen. Es habe eine Aufrechnungslage wegen der Uer Zahlungen bestanden.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat der Klage mit am 9.Dezember 2010 verkündetem Urteil stattgegeben, die Widerklage abgewiesen und im Wesentlichen – soweit für die Berufung von Bedeutung – ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von € 3.258,34 netto nebst Zinsen. Der Anspruch beruhe auf § 611 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag,insbesondere auch in der geltend gemachten Höhe wie sich aus der Regelung in Ziffer 6.2 des Arbeitsvertrages ergebe. Der Kläger mache geltend, sein Gesamtanspruch für Januar bis Dezember 2009belaufe sich auf € 24.193,63 netto, die Beklagte habe jedoch nur € 20.515,20 sowie im März 2010 € 270,00 und €150,00 gezahlt. Hieraus errechne sich eine behauptete Gesamtzahlung der Beklagten von € 20.935,20 netto. Die Beklagte behaupte,sie habe an den Kläger € 21.573,07 inklusive Spesen gezahlt;der Kläger habe aber nur einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von € 20.977,99, weswegen eine Überzahlung von € 595,08vorliege. Die von dem Kläger in der Klageschrift angeführte Liste seiner Forderungen sei schlüssig und orientiert sich an den ihm vorliegenden Lohnabrechnungen aus der U. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sein Bruttomonatsgehalt habe statt wie im Arbeitsvertrag vereinbart € 1.900,00 nur noch € 1.500,00betragen, folge dem die Kammer nicht. Auch dem in dem Kammertermin zu den Akten gereichten handschriftlichen Schreiben lasse sich dies gerade nicht entnehmen. Daraus ergebe sich – soweit man diesem Schreiben überhaupt einen Erklärungswert des Klägers zukommen lassen wolle - nicht, dass das Bruttomonatsgehalt herabgesetzt werde. Vielmehr ergebe sich aus diesem Schreiben, dass ab Februar 2009 € 1.500,00 über das deutsche Lohnkonto und € 400,00 über das Lohnkonto in der U abgerechnet werden sollten, was in der Summe wieder die im Arbeitsvertrag vereinbarte Bruttomonatsvergütung von € 1.900,00 ergebe. Die Kammer habe keinen Grund anzunehmen, der Kläger habe von der Beklagten insgesamt € 21.573,07 netto und nicht wie vorgetragen insgesamt € 20.935,20 netto erhalten. Insbesondere könnten die an den Kläger behaupteten Zahlungen nicht den in Abschrift zu den Akten gereichten Kontoauszügen so entnommen werden, wie die Beklagte es vorgetragen habe. Zum einen stimmten die von ihr angegebenen Daten der Zahlungen nicht immer mit den in den Kontoauszügen angegebenen Daten überein. Zum anderen stimmten auch die angegebenen Beträge nicht immer mit den in den Kontoauszügen angegebenen Beträgen überein. Der Kläger habe einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von €475,12 brutto nebst Zinsen. Mit der Klageforderung mache der Kläger noch fünf offene Urlaubstage geltend. Einwendungen der Beklagten,welche durchgriffen, bestünden nicht. Der Kläger habe einen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung vom 13. November 2009 zum 15. Dezember 2009 beendet worden sei. Eine Mitarbeiterin der Beklagten habe selbst eine Kündigung ausgesprochen, welche sie sich zurechnen lassen müsse. Selbst wenn die Kündigung ohne Vollmacht ausgesprochen worden sein solle, liege in der anschließenden Nichtaufforderung zur Arbeitsleistung des Klägers eine konkludente Genehmigung der Kündigung. Soweit sich die Beklagte darauf berufe,die Kündigung sei wohl nicht formwirksam gewesen oder wegen einer Rückdatierung nicht fristgerecht ausgesprochen worden, führe dies zu keiner anderen Beurteilung. Zum einen sei die Einhaltung der Frist nicht notwendige Voraussetzung für eine Kündigung. Zum anderen müsse sich die Beklagte auch die mögliche Formunwirksamkeit der Kündigung zurechnen lassen, da ihre ehemalige Mitarbeiterin gehandelt habe. Der Kläger habe einen Anspruch auf Herausgabe seiner Lohnsteuerkarte für das Jahr 2009, da das Arbeitsverhältnis unterjährig beendet worden sei. Der Kläger habe einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung der Jahresmeldung für das Jahr 2009 gemäß § 28a Abs. 2 SGB IV und gemäß § 28a Abs. 5 SGB IV. Die Beklagte habe keine Zahlungsansprüche gegen den Kläger nebst Zinsen. Eine Überzahlung, welche die Beklagte geltend machen könne,liege nicht vor.

Gegen das Urteil vom 9. Dezember 2010, das der Beklagten am 21.März 2011 zugestellt worden ist, hat sie mit am 11. April 2011vorab per Telefax bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf rechtzeitigen Antrag hin bis zum 21. Juni 2011 durch am 8. Juni 2011 vorab per Telefax bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte macht mit der Berufung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend, dass der Rechtsweg zu den deutschen Gerichten nach dem Luganer Übereinkommen für den Kläger nicht eröffnet sei. Dass zwischen den Parteien nur ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von € 1.500,00 vereinbart worden sei, ergebe sich auch aus der bei dem Jugendamt O vorgelegten Verdienstbescheinigung (Bl. 379 d. A.). Außer dem Arbeitsvertrag und der Betriebsordnung gebe es im Übrigen keine weiteren Abreden über Entgelte irgendwelcher Art oder sonstige Zusatzvereinbarungen über Prämien, Gratifikationen oder Ähnliches. Der Kläger habe im Jahr 2009 insgesamt € 20.977,99 netto ausweislich der Korrekturausdrucke der Lohnabrechnungen und Conguaglio zu erhalten gehabt. Ausgezahlt worden seien ihm unstreitig € 21.573,07.Das Arbeitsverhältnis habe fortbestanden als der Kläger und seine Kollegen vertragswidrig die Arbeitsstelle verlassen hätten und nicht mehr zur Arbeit erschienen seien. Urlaub habe der Kläger nicht beantragt. Von vertretungsberechtigten Personen sei keine Kündigung ausgesprochen worden. Es sei abwegig, einem Arbeitgeber deshalb eine nichtige Kündigung zuzurechnen, weil eine Mitarbeiterin sie ausgesprochen habe. Der Kläger und seine Kollegen hätten rechtswidrig die Beendigung der Aufträge an den Baustellen veranlasst. Zeitgleich hätte der Konkurrenzunternehmer P mit ihrem früheren Prokuristen das Konkurrenzunternehmen Q International GmbHgegründet. Dort seien nach ihren Informationen ihre früheren Monteure sofort über Treuhandverträge zu 3,5 % beteiligt worden.Die Monteure arbeiteten seit Februar und März „offiziell“ mit Arbeitsverträgen in diesem neuen Konkurrenzunternehmen. Frühere Auftraggeber hätten bestätigt, dass die frühere Montagegruppe des Projekts dieses sofort für Qübernommen habe. Dies stelle die Übernahme des Betriebsteils Montage nach § 613a BGB durch das neue Unternehmen dar. Damit trete dieses in die Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen ein. Die Zahlungsansprüche des Klägers seien nach § 362 BGBvollständig erfüllt. Im Übrigen sei ihr auch hilfsweise die Aufrechnung gegen unpfändbare Ansprüche auf Arbeitsentgelt möglich.Sie habe mit Nettozahlungen gegen Nettozahlungen aufgerechnet. Das Arbeitsgericht verwehre ihr auch zu Unrecht Bereicherungsansprüche.Sie habe keine Leistungen in Kenntnis einer Nichtschuld nach § 814BGB erbracht. Ein Kennenmüssen genüge nicht. Sie sei nach wie vor der Meinung, auf Grund der bilateralen Abkommen der U mit V wie geschehen abrechnen zu müssen. Im Hinblick auf Zahlungen, welche von der Uer Zentrale zur Ersparnis von Bankgebühren (immerhin € 12,00 bei Transaktionen nach V) auf die Uerischen Konten einzelner Monteure geleistet worden seien, sei die zuständige Mitarbeiterin, Frau D, von Beginn an von einer gesonderten Abrechnungspflicht über Nettozahlungen an die Uer Behörden ausgegangen. Dies sei auf Grund entsprechender Erläuterungen in Seminaren zur Wirtschaftprüfung als auch wiederholter Auskünfte des Bürovorstehers der kantonalen Ausgleichskasse Tessin der Alters-und Hinterbliebenenversicherung AHV, Herrn R, geschehen. Dieser halte eine Abrechnung nach bilateralen Abkommen für zwingend. Die Widerklage sei hinreichend begründet. Es bestünden Rückzahlungsansprüche in Höhe von € 79,07. Für sie, die Beklagte, gelte der allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsvertrag im Uerischen Dach- und Wandgewerbe, an dessen Mindestlöhne sie sich für Leistungen halten müsse, die deutsche Arbeitnehmer in der Uerbrächten. Geprüft werde dies durch sog. paritätische Kommissionen. Dies solle Lohndumping durch den Einsatz ausländischer Arbeitnehmer an Uer Baustellen verhindern. Im Gesamtarbeitsvertrag heiße es unter Ziff. 22.4.: „Bei Austritt des Arbeitnehmers während des laufenden Jahres wird eine Schlussabrechnung für die Zeit vom 1. Januar bis zum Austritt erstellt.“ Da im Arbeitsvertrag unter Ziff. 6.4 bei Einsätzen außerhalb Vs der entsprechende Mindestlohn vorgesehen sei, habe sie den deutschen Monteuren jeden Monat den Lohn und die Spesen laut Arbeitsvertrag bezahlt und im Hinblick auf die von ihr in der Ubedienten Baustellen jeden Monat Pauschallohnabrechnungen erstellt.Hierüber sei am Jahresende definitiv abzurechnen gewesen, wie viele Stunden der Monteur in der U gearbeitet habe, wie viel sie auf Grund der Pauschallohnabrechnungen zu viel oder zu wenig gezahlt habe. Sie habe sich für verpflichtet gehalten, in Vorausschau auf die an Uer Baustellen oder bei Auslandsaufenthalten in der Uer Zentrale schon ab Grenzübertritt anzuwendenden Mindestlohn Zahlungen zu leisten und über diese gegenüber den AHVAusgleichskassen abzurechnen. Im Übrigen seien ihre Rückzahlungsansprüche nicht ausgeschlossen, da schon die Abrechnungen erst am 18. Februar 2010 korrigiert erstellt und zugleich mit der Gesamtabrechnung an die Monteure übersandt worden seien, was dem Schreiben vom 22. Februar 2010 an den Kläger zu entnehmen sei. Die Ansprüche seien sodann fristgerecht gerichtlich geltend gemacht worden. Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2012 (Bl.505 ff. d. A.) behauptet die Beklagte Nettozahlungen vom 13. Januar 2009 bis 6. März 2010 in Höhe von € 21.973,58, welche ua.durch die auf Bl. 509 – 555 d. A. befindlichen Kontoauszüge belegt würden. Der Kläger vernachlässige auch die Barzahlung durch ihren ehemaligen Prokuristen, Herrn N, im April 2009.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 22. November 2011 (Bl. 466d. A.) die Berufung wegen der mit der Widerklage verfolgten Forderungen wegen der Vertragsstrafe in Höhe von einem Bruttomonatsgehalt (= € 1.500,00) und des pauschalen Aufwandsentgelts in Höhe von € 150,00 zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt zuletzt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 9. Dezember 2010 - 11 Ca 2742/10 - abzuändern und1. die Klage abzuweisen;2. auf die Widerklage den Kläger zu verurteilen, an sie €479,07 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Mai 2010 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.Er behauptet, er habe von der Vergütung in Höhe von € 1.900,00brutto € 1.500,00 brutto in V erhalten und € 400,00brutto in der U. Dies ergebe sich aus dem von der Beklagten vorgelegten handschriftlichen Schreiben vom 15. August 2009. Er habe keine Veranlassung gehabt, an der Wirksamkeit der Kündigung der Beklagten zu zweifeln. Darüber hinaus habe ihn die Beklagte anschließend nicht zur Arbeitsleistung aufgefordert und somit die Kündigung konkludent genehmigt. Er habe im Übrigen noch am 12.Dezember 2009, einem Samstag, für die Beklagte gearbeitet. Da jedoch auf der Baustelle nicht genügend Material für alle Leute vorhanden gewesen sei, habe der zuständige Montageleiter, Herr C,sie nach Hause geschickt.

Mit Schriftsatz vom 4. November 2011 (Bl. 426 d. A.) und vom 15.November 2011 (Bl. 455 d. A.) behauptet der Kläger bis zu dem Monat Oktober 2009 seien Rückstände auf die zu leistenden Löhne, Spesen,Übernachtungspauschalen, etc. in Höhe von € 690,05aufgelaufen. Darüber hinaus seien von der Beklagten weder die Löhne für die Monate November 2009 und Dezember 2009 noch die Spesen und Übernachtungspauschalen für diese Monate gezahlt worden. Seine Lohnansprüche orientierten sich an den von der Beklagten erteilten Lohnabrechnungen und dem Arbeitsvertrag der Parteien. Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2012 (Bl. 487 d. A.) behauptet der Kläger, die Beklagte habe neben dem Basislohn in Höhe von €1.500,00 brutto noch Tagesspesen in Höhe von € 148,00 über ihre deutsche Niederlassung abgerechnet. Den restlichen vereinbarten Basislohn sowie die übrigen Spesen, Zulagen,Kilometerpauschale etc. seien pauschal über die Niederlassung der Beklagten in der U abgerechnet worden. Ausweislich seiner Montagenachweise sei er ständig mehr als 30 km von seinem Wohnort entfernt eingesetzt worden. Die Beklagte habe ihm in der Zeit von Januar 2009 bis Dezember 2009 € 20.697,59 netto in mehreren über den Monat verteilten Einzelabrechnungen überwiesen. Wegen der Höhe der vom Kläger behaupteten monatlichen Zahlungen wird auf Bl.487 d. A. verwiesen.

Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 9. Dezember 2010 - 11 Ca 2742/10 - ist gemäߧ§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2b) ArbGG statthaft und auch zulässig,insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden,§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO. Die Berufung ist zum Teil begründet. Der Anspruch des Klägers auf rückständige Vergütung, Tages- und Übernachtungsspesen sowie Auslöse besteht nicht (Klageantrag zu 1.). Die Höhe der Urlaubsabgeltung für fünf Tage beträgt nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG lediglich € 438,46brutto (Klageantrag zu 2.). Im Übrigen hat die Berufung in der Sache keinen Erfolg. Im Einzelnen:

I.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht als zulässig angesehen, weil die Beklagte der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen ist.

Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch in der Berufungsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl.auch für die Revisionsinstanz BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 562/08- EzA ZPO 2002 § 38 Nr. 1), ergibt sich allerdings nicht aus Ziff. 19.3 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 15. Januar 2009.Nach Ziff. 19.3 ist Gerichtsstand A. Auf die Rechtswirksamkeit dieser Gerichtsstandsvereinbarung nach geltendem innerstaatlichem Recht kommt es vorliegend nicht an, weil die Bestimmungen des Lugano-Übereinkommens (im Folgenden „LugÜ“) gegenüber §38 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorrangig sind (vgl. BAG 8. Dezember 2010- 10 AZR 562/08 - EzA ZPO 2002 § 38 Nr. 1 mwN.; Geimer 5. Aufl. Rn.1643). Nach Art. 17 Nr. 1 LugÜ kann von den Vorschriften des 4. Abschnitts nur abgewichen werden, wenn die Vereinbarung nach Entstehen der Streitigkeit getroffen wird. Dies ist hier nicht der Fall, weil die Gerichtsstandsvereinbarung bereits Gegenstand des Arbeitsvertrages vom 15. Januar 2009 war. Die internationale Zuständigkeit richtet sich danach nach dem LugÜ, wobei dort Art. 18maßgeblich ist.

1. Das LugÜ ist von den Gerichten der Mitgliedstaaten anzuwenden, wenn die maßgeblichen Bezugspunkte über den Kreis der Mitgliedstaaten hinausführen und auf einen Lugano-Staat weisen.Diese Grundregel führt Art. 64 Abs. 2 LugÜ (früher Art. 54b Abs. 2)für die drei Bereiche Zuständigkeit, Rechtshängigkeit sowie Anerkennung und Vollstreckung weiter aus (Kropholler 8. Aufl.Einl. Rn. 69). Danach ist das LugÜ insbesondere anzuwenden,wenn die beklagte Partei ihren Wohnsitz in einem sog.„Lugano-Staat“ hat. Vorliegend hat die Beklagte ihren Wohn- bzw. Geschäftssitz in der U, mit der Folge, dass das LugÜAnwendung findet.

2. Nach Art. 18 Abs. 1 LugÜ bestimmt sich die Zuständigkeit unbeschadet des Art. 4 und Art. 5 Nr. 5 nach diesem Abschnitt, wenn ein individueller Arbeitsvertrag oder Ansprüche aus einem individuellen Arbeitsvertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden.Dies ist hier der Fall.

a) Der Begriff des Arbeitsvertrags ist nicht nach nationalen Kriterien zu bestimmen, sondern als genuiner Begriff des LugÜautonom auszulegen (zur autonomen Auslegung solcher internationalen Regelungen: EuGH 10. April 2003 - C-437/00 - Rn.16, Slg. 2003, I-3573; BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 562/08 - EzAZPO 2002 § 38 Nr. 1; BAG 20. August 2003 - 5 AZR 45/03 - APLugano-Abkommen Art. 5 Nr. 1; Kropholler 8. Aufl. Art. 18 LugÜ Rn.2). Unter dem Begriff des „individuellen Arbeitsvertrages“ ist eine Vereinbarung zu verstehen, die eine abhängige, weisungsgebundene Tätigkeit für eine bestimmte Dauer zum Inhalt hat, bei der der Arbeitnehmer regelmäßig in einer bestimmten Weise in den Betrieb des Arbeitgebers eingebunden ist und für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (BAG 8.Dezember 2010 - 10 AZR 562/08 - EzA ZPO 2002 § 38 Nr. 1; BAG 24.September 2009 - 8 AZR 306/08 - AP EuGVVO Art. 18 Nr. 1). Dass eine soziale und wirtschaftliche Abhängigkeit der schwächeren Partei besteht, wirkt indiziell, ist aber für sich allein weder erforderlich noch ausreichend. Der Begriff „individuell“ grenzt den Arbeitsvertrag lediglich von kollektiven Vereinbarungen wie Tarifvertrag, Betriebs- und Dienstvereinbarung ab (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 562/08 -EzA ZPO 2002 § 38 Nr. 1; Musielak/Stadler 7. Aufl. Art. 18 EuGVVORn. 2; Junker NZA 2005, 199, 201).

b) Danach handelt es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Januar 2009 um einen individuellen Arbeitsvertrag. Der Vertrag ist nicht nur als „Arbeitsvertrag als Individualvereinbarung“ überschrieben, der Kläger wird auch als Arbeitnehmer bezeichnet. Ferner wird durchweg der Begriff „Arbeitsverhältnis“ verwandt.

2. Nach Art. 18 Abs. 2 LugÜ wird der Arbeitgeber, mit dem der Arbeitnehmer einen individuellen Arbeitsvertrag geschlossen hat und der im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates keinen Wohnsitz hat, ua.für Streitigkeiten aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hätte. Für die Eröffnung des Gerichtsstandes kommt es auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses an,nicht auf die Situation im Zeitpunkt der Klageerhebung.Anderenfalls könnte der Arbeitgeber den Gerichtsstand der Zweigniederlassung abschütteln, in dem er diese schließt. In diesem Falle ginge der Arbeitnehmer des Schutzes durch das LugÜ insgesamt verlustig, was im Ergebnis dem sozialpolitischen Anliegen des Arbeitsprozessrechts, aber auch den Prinzipien der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit der gerichtlichen Zuständigkeiten widerspräche (zu dem inhaltsgleichen Art. 18 Abs. 2 EuGVVOStein/Jonas/Wagner 22. Aufl. Art. 18 EuGVVO Rn. 26). Für diese Sichtweise spricht im Übrigen auch die Bestimmung des Art. 19 Nr. 2a) und b) LugÜ, die es zulässt, dass ein Arbeitgeber auch in einem durch das LugÜ gebundenen Staat vor dem Gericht des Ortes, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat, oder bei Verrichtung der Tätigkeit in mehr als einem Staat vor dem Gericht des Ortes, an dem sich die Niederlassung, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, befindet bzw.befand, verklagt wird. Denn nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung soll der Arbeitnehmer wegen seiner sozialen Schutzbedürftigkeit bei der Eröffnung des Gerichtsstandes bevorzugt werden (vgl.Kropholler 8. Aufl. Art. 19 LugÜ Rn. 4 und 12). Es liefe dieser Zielsetzung zuwider, wenn ein Kläger, der überwiegend nur in einem Staat eingesetzt würde und bei dem dort wegen der Natur seiner Tätigkeit kein gewöhnlicher Arbeitsort feststellbar ist, nur deshalb am Wohnsitz des Arbeitgebers klagen müsste, während der Arbeitnehmer mit einem festen Arbeitsort an diesem Arbeitsort Klage erheben könnte.

3. Unter Anwendung vorstehender Grundsätze ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Zwar wurde die Zweigniederlassung der Beklagten erst am 11. Februar 2009in das Handelsregister eingetragen. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Januar 2009 benennt als Arbeitgeberin aber bereits die „L Zweigniederlassung V S“. Danach handelt es sich um eine Streitigkeit aus dem Betrieb der Zweigniederlassung, deren Löschung aus dem Handelsregister am 25. Februar 2010 vor Rechtshängigkeit die Annahme der internationalen Zuständigkeit nicht hindert.

II.

Die Berufung ist teilweise begründet. Der Anspruch des Klägers auf rückständige Vergütung, Tages- und Übernachtungsspesen sowie Auslöse (Klageantrag zu 1.) ist trotz entsprechender Hinweise der Kammer und eines dahingehenden Auflagenbeschlusses sowie Erörterungen im Kammertermin vom 2. März 2011 nicht schlüssig dargetan. Die Höhe der Urlaubsabgeltung für fünf Tage beträgt nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nicht € 475,12 brutto, sondern lediglich € 438,46 brutto. Im Übrigen bleibt die Berufung in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger von der Beklagten dem Grunde nach Urlaubsabgeltung für fünf Tage, die Herausgabe der Lohnssteuerkarte sowie eine Bescheinigung über den Inhalt der An- und Abmeldung zur Sozialversicherung verlangen kann. Auch das Arbeitsverhältnis hat auf Grund der Kündigung zum 15. Dezember 2009 geendet. Die Beklagte kann wegen der behaupteten Überzahlung nicht gegen die Zahlungsansprüche des Klägers aufrechnen. Ebenso wenig hat die Widerklage im Umfang von € 479,07 netto Erfolg.

1. Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Zahlung rückständiger Vergütung, Spesen und Auslöse für den Zeitraum Januar 2009 bis Dezember 2009 verlangen. Der Anspruch folgt nicht aus §611 Abs. 1 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag vom 15. Januar 2009. Die Forderung in Höhe von € 3.258,34 netto ist trotz des Hinweisbeschlusses vom 7. Oktober 2011, des Auflagenbeschlusses vom 9. Dezember 2011 und der Erörterung im Kammertermin vom 2. März 2012 nicht schlüssig dargelegt worden.

a) Der Kläger beruft sich zur Begründung seiner Forderung auf Lohnabrechnungen der Beklagten aus der U (Bl. 9 – 17 d. A.),die deutschen Lohnabrechnungen (Bl. 558 – 568 d. A.), welche im Kammertermin vom 2. März 2012 zu den Gerichtsakten gereicht worden sind, sowie die Regelungen des Arbeitsvertrags der Parteien,die Bruttovergütung, Spesen und Auslöse zum Gegenstand haben. Zu der Berechnung seiner Forderung hat er zuletzt vorgetragen, dass bis zu dem Monat Oktober 2009 Rückstände auf die zu leistenden Löhne, Spesen, Übernachtungspauschalen, etc. in Höhe von €690,05 aufgelaufen seien. Darüber hinaus seien von der Beklagten weder die Löhne für die Monate November 2009 und Dezember 2009 noch die Spesen und Übernachtungspauschalen für diese Monate gezahlt worden. Seine Lohnansprüche orientierten sich an den von der Beklagten erteilten Lohnabrechnungen und dem Arbeitsvertrag der Parteien. Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2012 behauptet der Kläger die Beklagte habe neben dem Basislohn in Höhe von € 1.500,00brutto noch Tagesspesen in Höhe von € 148,00 über die deutsche Niederlassung der Beklagten abgerechnet. Den restlichen vereinbarten Basislohn sowie die übrigen Spesen, Zulagen,Kilometerpauschale etc. seien pauschal über ihre Niederlassung in der U abgerechnet worden. Ausweislich seiner Montagenachweise sei er ständig mehr als 30 km von seinem Wohnort entfernt eingesetzt worden. Die Beklagte habe ihm in der Zeit von Januar 2009 bis Dezember 2009 € 20.697,59 netto in mehreren über den Monat verteilten Einzelabrechnungen überwiesen. In den Monaten November 2009 und Dezember 2009 habe die Beklagte dem Kläger € 1.581,09netto und € 409,07 netto überwiesen. Darüber hinaus hat der Kläger im März 2010 unstreitig € 270,00 netto und €150,00 netto von der Beklagten erhalten.

b) Auf Grund des Vortrags des Klägers ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, welche Vergütungsbestandteile (Grundvergütung,Spesen, Auslöse) er für welchen Zeitraum beansprucht und woraus folgt, dass es sich um rückständige Vergütung handelt. Mit Beschluss vom 7. Oktober 2011 (Bl. 414 f. d. A.) hat die Kammer daher darauf hingewiesen, dass seine Forderung Bedenken im Hinblick auf die Schlüssigkeit begegnet, weil eine Lohnabrechnung kein Anerkenntnis darstellt (vgl. BAG 10. März 1987 - 8 AZR 610/84 -NZA 1987, 557 f.). Mit Auflagenbeschluss vom 9. Dezember 2011(Bl. 468 d. A.) wurde dem Kläger unter Belehrung nach § 56 Abs. 2Satz 2 ArbGG aufgegeben, seine mit dem Klageantrag zu 1. verfolgten Zahlungsansprüche ergänzend unter Beweisantritt zu begründen und im Einzelnen darzulegen, für welche Zeiträume er welche Vergütungsbestandteile verlangt und welche Zahlungen er von der Beklagten tatsächlich erhalten habe. Der Kläger wurde ferner vorsorglich darauf hingewiesen, dass eine pauschale Inbezugnahme von Lohnabrechnungen unzulässig sei. Gleichwohl hat der Kläger nicht konkret dargelegt, für welche Zeiträume er welche Vergütungsbestandteile beansprucht. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil der Kläger selbst nur eine Grundvergütung in Höhe von € 1.900,00 brutto behauptet, aber nach seinem eigenen Vortrag Nettobeträge von der Beklagten für Januar 2009 bis Dezember 2009erhalten hat, welche die Bruttogrundvergütung für elf Monate übersteigen. Der Kläger hat bei den geltend gemachten Nettoansprüchen nicht nach Anspruchsgrundlagen differenziert,sondern abstrakt zu Spesen und Auslöse vorgetragen, dass er ausweislich seiner Montagenachweise ständig mehr als 30 km von seinem Wohnort entfernt eingesetzt worden sei. Wie sich die Gesamtforderung in Höhe von € 3.258,34 netto zusammensetzt,erschließt sich hieraus nicht. Die von ihm zu den Gerichtsakten gereichten Lohnabrechnungen sind ebenfalls nicht geeignet, die Forderung zu substantiieren. Zu Recht hat das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass sich seine Forderungen an den Lohnabrechnungen „orientierten“. Im Kammertermin vom 2. März 2011 hat die Kammer dem Kläger Gelegenheit gegeben, seine Forderungen exemplarisch anhand der Abrechnungen für den Monat September 2009(Bl. 9 – 11 d. A. und Bl. 560 d. A.) zu erläutern. Danach mögen sich die Forderungen in der Tat an den Abrechnungen orientieren, sie stimmen mit ihnen – jedenfalls was die Uer Lohnabrechnungen anbelangt – jedoch keineswegs überein. So weist die Septemberabrechnung einen weiteren Bruttolohn von CHF1.200,00 aus, der 1.068,60 netto entspricht, und einen Spesenersatz von CHF 377,00. Hieraus ergibt sich nach der Lohnabrechnung eine Nettoauszahlung in Höhe von € 965,07 netto. Die Lohnabrechnung aus V über € 1.500,00 brutto (bestehend aus Gehalt und Entgeltfortzahlung sowie Tagesspesen in Höhe von € 148,50netto) weist eine Nettoauszahlung in Höhe von € 1.226,37 aus.Insbesondere den Uerischen Abrechnungen kann nicht entnommen werden, für welche Arbeitsleistungen die Vergütung geschuldet ist.Ungeachtet des Umstands, dass es nicht Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen in einem Urteilsverfahren ist, den erforderlichen Vortrag einer Partei durch Prüfung pauschal in Bezug genommener Anlagen zu ersetzen, sind die zu den Akten gereichten Lohnabrechnungen auch nicht geeignet, den knapp bemessenen Vortrag des Klägers zu fundieren. Auch hierdurch wird an keiner Stelle nachvollziehbar, welche Vergütung, Spesen und Auslöse der Kläger aus seiner Sicht für welche Monate zu beanspruchen gehabt hätte und welche Zahlungen die Beklagte tatsächlich erbracht hat. Eine weitere Frist zur Stellungnahme, welche den Rechtsstreit verzögern würde, ist dem Kläger nicht zu gewähren, nachdem er bereits nach §56 Abs. 2 Satz 2 ArbGG belehrt worden ist und auch keine Entschuldigungsgründe vorgetragen hat.

2. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auf Grund der Kündigung vom 13. November 2009 zum 15. Dezember 2009 beendet worden. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt.

a) Für den Antrag besteht ein besonderes Feststellungsinteresse.Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. So verhält es sich hier: Die Beklagte berühmt sich gegenüber dem Kläger zahlreicher Schadensersatzansprüche wegen der von ihr behaupteten Rechtsunwirksamkeit der Kündigung.Umgekehrt sind zahlreiche Ansprüche des Klägers (ua.Urlaubsabgeltung, Herausgabe der Lohnsteuerkarte) von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängig. Auch die für die Beklagte maßgeblichen Ausschlussfristen in Ziff. 16.3 knüpfen an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses an. Die Feststellung ist mithin geeignet, wesentliche Streitpunkte der Parteien abschließend zu klären.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die von der Mitarbeiterin B unterzeichnete Kündigung vom 13. November 2009 das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 15. Dezember 2009 beendet.

aa) Das Kündigungsschreiben vom 13. November 2011 war auf dem Geschäftspapier der Beklagten ausgefertigt und trug die Unterschrift der damaligen Mitarbeiterin der Beklagten, Frau B. Die Aufgabe von Frau B bei der Beklagten bestand unstreitig in der Verwaltung des Montagepersonals inklusive der Kalkulationsunterstützung und in der internen Unterstützung der Montageleitung. Sie hat die jeweiligen Abrechnungen mit den Mitarbeitern besprochen und Personalanforderungen bearbeitet. Ihr direkter Vorgesetzter bei der Beklagten war der für die gesamte externe Montage- und Projektleitung zuständige Mitarbeiter Herr C.In dem Motivationsschreiben aus Oktober 2009 wird Frau B als für die Personalverwaltung zuständig bezeichnet. In Ziff. 5.1 des Arbeitsvertrags der Parteien heißt es, dass kündigungsberechtigt für den Arbeitgeber ua. die Mitarbeiter der Personalabteilung seien.

bb) Die Kündigung vom 13. November 2009 durch die Mitarbeiterin B ist der Beklagten jedenfalls nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht zuzurechnen.

(1) Von einer Anscheinsvollmacht wird gesprochen, wenn der Vertretene das Handeln seines angeblichen Vertreters nicht kennt,es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn ferner der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln seines (Schein-)Vertreters (BAG 11. September 1984 - 3 AZR33/82 - nv.; BGH 10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04 - NJW 2007, 987ff.; Palandt 70. Aufl. § 172 BGB Rn. 11 mwN). Die Anscheinsvollmacht setzt danach zunächst das Vorliegen eines Rechtsscheintatbestandes voraus (MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl.§ 167 BGB Rn. 57). Das Verhalten, das den Rechtsschein einer Bevollmächtigung erzeugt, muss von einer gewissen Dauer oder Häufigkeit sein, wobei die wiederholte Verwendung überlassener Geschäftspapiere oder Firmenstempel ausreichend ist (BGH 5.März 1998 - III ZR 183/96 - NJW 1998, 1854 ff.; BGH 12. Februar 1952 - I ZR 96/51 - BGHZ, 111 ff.). Dem Vertretenen muss weiter eine Verletzung von Sorgfaltspflichten zur Last fallen, dh.er musste die Möglichkeit haben, das vollmachtlose Handeln vorauszusehen oder zu verhindern (Palandt 70. Aufl. § 172 BGBRn. 12). Der Rechtsschein der Bevollmächtigung muss zur Zeit des vollmachtlosen Auftretens noch bestanden haben und für das Handeln des anderen Teils ursächlich geworden sein. Der Geschäftsgegner muss daher in der Regel die Tatsachen kennen, aus denen sich der Rechtsschein der Bevollmächtigung ergibt (BGH10. Januar 2007 - VIII ZR 380/04 - NJW 2007, 987 ff). Ferner muss der andere Teil in analoger Anwendung des § 173 BGB gutgläubig gewesen sein. Er wird nicht geschützt, wenn er den Mangel der Vollmacht kannte oder infolge Fahrlässigkeit nicht kannte (Palandt 70. Aufl. § 172 BGB Rn. 15). Es ist hierbei Sache des Vertretenen, die mangelnde Zurechenbarkeit, also das Fehlen der Kenntnis oder des Kennenmüssens, zu behaupten und notfalls zu beweisen (MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 167 BGB Rn.64).

(2) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Beklagte hat zunächst in zurechenbarer Weise einen Rechtsschein gesetzt. Der Mitarbeiterin B stand nicht nur Geschäftspapier zur Verfügung, sie hat davon auch mit Wissen und Wollen der Beklagten Gebrauch gemacht. Dementsprechend ist auch das sog.„Motivationsschreiben“ vom 21. Oktober 2009 neben Frau D und Herrn T von ihr unterschrieben worden. Hinzu kommt auch, dass in Ziff. 5.1 des Arbeitsvertrags geregelt ist, dass kündigungsberechtigt für den Arbeitgeber ua. die Mitarbeiter der Personalabteilung sind. In dem Motivationsschreiben wird der Begriff der Personalabteilung zwar nicht verwandt, Frau B wird aber, nachdem zuvor darauf hingewiesen wurde, dass der Innendienst nur noch aus drei Mitarbeitern besteht, als für die Personalverwaltung zuständig bezeichnet. Frau B war auch unstreitig Ansprechpartnerin für den Kläger als Mitarbeiter des Montagepersonals. Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aber bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der (jeweilige) Inhaber einer bestimmten Funktion kündigungsbefugt ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer Innenvollmacht (BAG 14. April 2011 - 6 AZR727/09 - NZA 2011, 683 ff.). Frau B war als alleinige Mitarbeiterin in der Personalverwaltung zwar nicht gleichzusetzen mit einer Personalabteilung, das „Motivationsschreiben“war aber dazu geeignet, bei den Mitarbeitern den Eindruck zu erwecken, Frau B falle als für die Personalverwaltung verbliebene Mitarbeiterin im Innendienst unter Ziff. 5.1 des Arbeitsvertrags.Das vollmachtlose Handeln der Mitarbeiterin wäre für die Beklagte auch zu verhindern gewesen, indem sie die Vertretungsverhältnisse bei Kündigungen gegenüber den Mitarbeitern klargestellt hätte. Dies wäre umso mehr zu fordern gewesen, als sich die Beklagte gerade in einem Umbruch befand – der ehemalige Montageleiter Herr Carbeitete ein neues Geschäftskonzept aus – und einige ihrer Führungskräfte wie der ehemalige Prokurist, Herr N, nicht mehr bei ihr beschäftigt waren. Soweit sich die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte darauf beruft, dem Kläger sei bekannt gewesen, dass die Mitarbeiterin B sie nicht habe rechtgeschäftlich vertreten dürfen, so wird diese Behauptung nicht durch ihr Vorbringen getragen. Der kleingedruckte Zusatz in dem „Motivationsschreiben“, nach dem „verbindliche Erklärungen“ der zusätzlichen schriftlichen Bestätigung durch die Geschäftsführung der Gesellschaft bedürfen, belegt weder die Kenntnis des Mangels der Vollmacht noch deren fahrlässige Unkenntnis. Denn dieser Zusatz steht im inhaltlichen Zusammenhang mit den zuvor in dem Passus enthaltenen Erklärungen „Der Leistungserbringer schuldet die Umsatzsteuer dem jeweiligen Land“ und „Für alle Leistungen gelten ausschließlich unsere aktuellen allgemeinen Geschäftsbedingungen“. Es handelt sich bei den kleingedruckten Zusätzen auf dem Geschäftspapier erkennbar um Geschäftsbedingungen, die gegenüber den Kunden und Geschäftspartnern der Beklagten im Rechtsverkehr Geltung beanspruchen sollen, nicht aber um den Versuch der Klärung von Vertretungsverhältnissen im Innenverhältnis gegenüber ihren Mitarbeitern.

cc) Der Rechtswirksamkeit der Kündigung steht auch nicht die Formnichtigkeit der Kündigung nach §§ 623, 125 Satz 1 BGB wegen der Übersendung per Email entgegen. Der Beklagten ist es nach § 242 BGBverwehrt sich hierauf zu berufen.

Die Berufung auf einen Formmangel kann ausnahmsweise gegen Treu und Glauben verstoßen (BAG 4. Dezember 1997 - 2 AZR 799/96 - APBGB § 626 Nr. 141). Grundsätzlich ist die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form zwar zu beachten. Denn wenn die Formvorschriften des bürgerlichen Rechts nicht ausgehöhlt werden sollen, kann ein Formmangel nur ausnahmsweise nach § 242 BGB als unbeachtlich angesehen werden. Das kann unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) dann der Fall sein, wenn der Erklärungsgegner einen besonderen Grund hatte, auf die Gültigkeit der Erklärung trotz des Formmangels zu vertrauen und der Erklärende sich mit der Berufung auf den Formmangel zu eigenem vorhergehenden Verhalten in Widerspruch setzt (BAG 16. September 2004 - 2 AZR 659/03 - BGB§ 623 Nr. 1). Ein solches Vorgehen, das zum früheren eigenen Verhalten in unlösbarem Widerspruch steht, kann dann anzunehmen sein, wenn sich jemand zu seinem Vorteil auf eine Rechtsvorschrift beruft, die er selbst missachtet (BAG 4. Dezember 1997 - 2 AZR799/96 - AP BGB § 626 Nr. 141).

Danach ist die Beklagte nicht berechtigt, sich auf einen etwaigen Formmangel wegen der Übersendung per Email zu berufen. Der Kläger durfte wegen des vorangegangenen Verhaltens der Beklagten darauf vertrauen, dass die Kündigung trotz des Formmangels gültig sein sollte. Im Kammertermin vom 7. Oktober 2011 hat der Beklagtenvertreter erklärt, dass es bei der Beklagten bereits im Gespräch gewesen sei, die Arbeitsverhältnisse über den Winter zu beenden, die Geschäftsleitung aber letztlich davon Abstand genommen habe. Die Kündigung entsprach demzufolge der ursprünglichen Absicht der Geschäftsleitung, die Arbeitsverhältnisse über den Winter zu beenden. Der Kläger hat zudem nach Ausspruch der Kündigung von der Beklagten einen Brief erhalten, der zwar auf die Initiative von Herrn C zurückgehen mag, nach dem er aber wieder eingestellt werden soll, sobald die Baustellen wieder liefen. Damit hat die Beklagte die Kündigung gegenüber dem Kläger nochmals bestätigt. Erstmals in dem Schreiben vom 4. Januar 2010 spricht sie von ungerechtfertigten Kündigungen, wobei sie sich auch hier nicht auf den Formmangel beruft. Der Kläger durfte danach darauf vertrauen, dass die Beklagte den Formmangel nicht geltend machen würde.

3. Im Hinblick auf die Urlaubsabgeltung ist die Berufung der Beklagten zum Teil begründet. Der Kläger kann von der Beklagten zwar die Abgeltung von fünf Urlaubstagen verlangen. Die Höhe der Abgeltung beträgt nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG jedoch nur €438,46 brutto.

a) Nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist der zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehende Urlaubsanspruch abzugelten,wenn er wegen der Beendigung nicht mehr gewährt werden kann. Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf fünf Urlaubstage erfüllt. Die Beklagte hat keine Einwendungen gegen die Anzahl der offenen Urlaubstage erhoben. § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG stellt dazu als Berechnungsgrundlage auf den Verdienst ab, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn erhalten hat bzw. zu erhalten gehabt hätte. Danach berechnet sich die Urlaubsabgeltung bei einer 5-Tage-Woche und einem Bruttomonatsgehalt von €1.900,00 wie folgt: drei x € 1.900,00 brutto geteilt durch 65Tage = € 87,69 brutto x fünf Urlaubstage = € 438,46brutto.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, es sei – entgegen Ziff. 6.2. des Arbeitsvertrages – nur eine Bruttovergütung in Höhe von € 1.500,00 monatlich vereinbart worden, so steht dem schon Ziff. 19.1 des Arbeitsvertrages entgegen. Danach bedürfen Änderungen des Arbeitsvertrages der Schriftform, mündliche Nebenabreden sind unwirksam. Aus dem Schreiben des Kläger vom 15.August 2009 (Bl. 192 d. A.) ergibt sich eine derartige Vereinbarung der Parteien gerade nicht. Denn dort sind ua. gerade auch die von ihm behaupteten € 400,00 unter „CH-Lohnabrechnung“aufgeführt. Ungeachtet dessen ist das Schreiben auch nicht von der Beklagten gegengezeichnet. Dasselbe gilt für das Schreiben des Jugendamtes O (Bl. 379 d. A.). Dieses stellt keine Vereinbarung der Parteien dar und widerspricht auch nicht dem Vortrag des Klägers,ihm seien € 400,00 brutto auf sein Uer Konto überwiesen worden. Es ist im Übrigen zwar möglich, dass mündlich vereinbarte Änderungen eines Vertrages trotz einer vereinbarten Schriftform wirksam sind, wenn die Parteien die Maßgeblichkeit der mündlichen Vereinbarung übereinstimmend gewollt und damit das früher vereinbarte Schriftformerfordernis jedenfalls für diese Änderungsabrede aufgehoben haben (vgl. BAG 24. März 1992 - 1AZR 215/91 - nv.; BAG 10. Januar 1989 - 3 AZR 460/87 - AP HGB § 74Nr. 57), vorliegend fehlt es jedoch an Vortrag der Beklagten zu einer solchen konkludenten Abrede der Parteien. Ihr Vortrag erschöpft sich im Wesentlichen in der Behauptung, es sei wegen geringer Qualifikation eine Grundvergütung in Höhe von €1.500,00 brutto vereinbart worden. Über das Schreiben des Klägers vom 15. August 2009 hinaus verweist die Beklagte hierzu pauschal auf das Zeugnis ihrer Mitarbeiterin Frau B. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Vereinbarung über die behauptete einvernehmliche Herabsenkung der Vergütung hinreichend zu substantiieren.

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass an die Substantiierungslast der darlegungspflichtigen Partei keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen. Die Partei ist nicht verpflichtet, den streitigen Lebenssachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen. Vielmehr genügt sie ihrer Darlegungslast bereits dadurch, dass sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Dabei muss das Gericht aufgrund dieser Darstellung beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (BGH 20. September 2002 - V ZR 170/01 - NJW-RR2003, 69, 70; BGH 8. Mai 2002 - I ZR 28/00 - NJW-RR 2002, 1433ff.). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, welche Angaben einer Partei zumutbar und möglich sind (BGH 27. September 2001- IX ZR 281/00 - NJW 2002, 825 ff.). Falls sie keinen Einblick in die Geschehensabläufe hat und ihr die Beweisführung deshalb erschwert ist, kann sie auch nur vermutete Tatsachen unter Beweis stellen (BGH 15. Mai 2003 - III ZR 7/02 - BGHReport 2003, 891;BGH 20. Juni 2002 - IX ZR 177/99 - NJW-RR 2002, 1419, 1420 f.; vgl.auch BAG 3. August 2005 - 10 AZR 585/04 - NZA 2006, 175 f.).Vorliegend ist es der Beklagten sowohl möglich als auch zumutbar,substantiierter als geschehen zu der behaupteten Vergütungsabrede vorzutragen. Die dieser zu Grunde liegenden vorzutragenden Umstände und Tatsachen liegen auch in ihrer Sphäre. Schon wegen der tatsächlich erfolgten Zahlungen, die nach dem eigenen Vortrag der Beklagten weit über die von ihr behauptete Bruttovergütung hinausgehen, wären weitergehende konkrete Ausführungen zu dem behaupteten Zustandekommen der Vereinbarung erforderlich gewesen.Bereits der Entscheidung des Arbeitsgerichts war hinreichend deutlich zu entnehmen, dass der pauschale Vortrag der Beklagten keinem Beweismittel zugänglich ist.

b) Dem Bestand der Forderung gegen die Beklagte steht auch nicht der von dieser behauptete Betriebsübergang – ungeachtet des Umstands, dass hierfür keine rechtlichen Anhaltspunkte bestehen – nach § 613a Abs. 1 BGB auf die Q International GmbHentgegen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat mit Ablauf des 15.Dezember 2009 sein Ende gefunden, mit der Folge, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung gegen die Beklagte entstanden ist.

c) Der Urlaubsabgeltungsanspruch wäre – die Anwendung von Ausschlussfristen auf Urlaubsansprüche unterstellt (vgl. grds.zu § 7 Abs. 3 BUrlG BAG 9. August 2011 - 9 AZR 425/10 - derzeit nv.; zu tariflichem Mehrurlaub BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 -NZA 2011, 1050 ff.) – auch nicht verfallen. Die Ausschlussfristen in Ziff. 16.2 und 16.3. des Arbeitsvertrages der Parteien vom 15. Januar 2009 sind zu kurz bemessen, benachteiligen den Kläger unangemessen und sind deshalb unwirksam. Die Beklagte ist im Übrigen nicht berechtigt, mit ihren verfallenen Forderungen aufzurechnen. Sind Ansprüche nach den Ausschlussfristen verfallen,so kann mit ihnen auch nicht mehr die Aufrechnung erklärt werden (BAG 30. März 1973 - 4 AZR 259/72 - AP BGB § 390 Nr. 4;Schaub/Treber 14. Aufl. § 209 Rn. 10).

aa) Die Beklagte macht vorliegend nach teilweiser Rücknahme der Berufung noch insgesamt Gegenforderungen in Höhe von € 479,07geltend. Dies umfasst Ansprüche wegen behaupteter Überzahlungen in Höhe von € 79,07 sowie € 400,00, die der aus Sicht der Beklagten fehlerhaften Zugrundlegung eines Bruttomonatsgehalts von € 1.900,00 bei der Vertragsstrafenregelung geschuldet sind (vgl. Bl. 7 der Berufungsbegründung vom 8. Juni 2011, Bl. 377 d.A.). Ungeachtet des Umstands, dass das Vertragsstrafeversprechen in Ziff. 15 des Arbeitsvertrages der Parteien einer AGB-Kontrolle nicht standhält (vgl. BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 -AP BGB § 307 Nr. 48), wären auch die Ausschlussfristen nicht eingehalten. Die Beklagte stützt ihre Ansprüche nicht auf die im März 2010 erfolgten Zahlungen in Höhe von € 270,00 und €150,00. Nach Ziff. 16.2 des Arbeitsvertrags vom 15. Januar 2009müssen die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Soweit die Gegenseite nach Geltendmachung eines Anspruchs nicht reagiert oder den Anspruch zurückweist, ist der Anspruchsteller danach innerhalb einer weiteren Frist von 3 Monaten, d.h. insgesamt 5 Monate nach Fälligkeit des rückständigen Anspruchs verpflichtet, den Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Ziff. 16.3 regelt, dass im Falle des Ausscheidens die Ansprüche beider Seiten spätestens einen Monat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden. An diese Voraussetzungen ist der Kläger nicht gebunden. Die hieran gebundene Beklagte hat sie sowohl in inhaltlicher als auch in zeitlicher Sicht nicht gewahrt.

bb) Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auf Grund der Kündigung der Mitarbeiterin B vom 13. November 2009 zum 15.Dezember 2009 beendet worden. Hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 15. Dezember 2009 geendet, hätte es der Geltendmachung nach Ziff. 16.3. des Arbeitsvertrags vom 15. Dezember 2009 bedurft.An einer ordnungsgemäßen Geltendmachung der Forderungen fehlt es vorliegend. Mit Schreiben vom 4. Januar 2010 hat sich die Beklagte zwar an den Kläger gewandt und ihm mitgeteilt, dass die Vorauszahlungen auf sein Postscheckkonto sich auf Leistungen bezögen, die durch die Monteure in der U zu erbringen seien und den Uer Mindestlöhnen unterliegen würden. Sie hat auch diverse Schäden an Baustellen reklamiert wegen des behaupteten rechtswidrigen Verlassens der Arbeitsstelle. Die Beklagte hat den Kläger in der Folge jedoch nur angewiesen, seine Stunden- und Leistungsnachweise für die im Jahr 2009 erbrachten Arbeiten in der U einzureichen. Am Ende des Schreibens bittet sie den Kläger, zur Wahrung seiner Interessen, das Vertragswerk zu lesen und seinem Rechtsbeistand zur Kenntnisnahme zu übergeben, damit dieser ihm die Schadensersatzforderungen und vertragsgerechte Abrechnung erklären könne.

Hierin liegt keine ordnungsgemäße Geltendmachung der in Streit stehenden Ansprüche. Denn Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die aus Sicht des Anspruchstellers noch offene Forderung einstellen, Beweise sichern oder - bei hohen Summen - vorsorglich Rücklagen bilden können. Die Geltendmachung einer Forderung im Sinne einer Ausschlussfrist verlangt daher, dass die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufgefordert wird (für tarifliche Ausschlussfristen BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - AP TVG § 1Tarifverträge: Gaststätten Nr. 11). Dies braucht zwar nicht wörtlich, muss jedoch hinreichend klar geschehen. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung bestehen wird (für tarifliche Ausschlussfristen BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - AP GG Art. 9 Nr. 140; BAG 5. April 1995 - 5AZR 961/93 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 130). Hierzu gehört auch die Spezifizierung nach Grund und Höhe (Schaub/Treber 14. Aufl. § 209 Rn. 47).

An einer solchen Geltendmachung fehlt es hier. Die Beklagte stellt zwar mögliche Gesamtschäden in den Raum, beziffert diese in Bezug auf den Kläger aber nicht. Bezüglich der von ihr behaupteten Vorschusszahlungen in der U fordert die Beklagte den Kläger nur zur Hereingabe von Stundenzetteln und Leistungsnachweisen auf. Eine Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen liegt darin nicht. Für den Kläger war auch nicht erkennbar, in welcher Höhe Forderungen wegen der behaupteten Vorschusszahlungen geltend gemacht werden.Schließlich vermag die Aufforderung, sich dem eigenen Rechtsbeistand zuzuwenden, um sich Klarheit über die Ansprüche zu verschaffen, eine ordnungsgemäße Geltendmachung nicht zu ersetzen.Es ist nicht Sache der auf Rückzahlung in Anspruch genommenen Partei, die Forderungen der Gegenseite unter Inanspruchnahme juristischen Beistands auf ihre Kosten schlüssig zu machen.

cc) Im Übrigen fehlt es an einer rechtzeitigen Geltendmachung der behaupteten Forderungen. Der Anspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlter Vergütung wird im Zeitpunkt der Überzahlung fällig, wenn die Vergütung fehlerhaft berechnet worden ist, obwohl die maßgebenden Umstände bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen. Auf die Kenntnis des Arbeitgebers von seinem Rückzahlungsanspruch kommt es regelmäßig nicht an (BAG 1. Juni 1995 - 6 AZR 912/94 - BGB § 812 Nr. 16). Damit sind die letzten behaupteten Vorschusszahlungen der Beklagten aus Dezember 2009 spätestens in diesem Monat fällig geworden. Nach Ziff. 16.3des Arbeitsvertrags vom 15. Januar 2009, der Ausschlussfristen nach dem Ausscheiden regelt, wären die letzten verbliebenen Ansprüche der Beklagten wegen der Rechtswirksamkeit der Kündigung zum 15.Dezember 2009 spätestens am 15. Januar 2010 geltend zu machen gewesen.

Die Beklagte hat im Kammertermin vom 7. Oktober 2011 erklärt,die im Wege der Widerklage erhobenen Forderungen seien auch außergerichtlich geltend gemacht worden. Mit Schriftsatz vom 4.November 2011 hat sie auf den Hinweisbeschluss der Kammer vom 7.Oktober 2011 ausgeführt, ihre Rückzahlungsansprüche seien nicht ausgeschlossen, da schon die Abrechnungen erst am 18. Februar 2010korrigiert erstellt und zugleich mit der Gesamtabrechnung an die Monteure übersandt worden seien. Die Ansprüche seien sodann fristgerecht gerichtlich geltend gemacht worden.

Hierin liegt – unabhängig von dem möglichen Inhalt und dem Zugangszeitpunkt des Schreibens vom 22. Februar 2010 – keine Einhaltung der vertraglichen Ausschlussfrist.

dd) Die rechtzeitige Geltendmachung wäre aber erforderlich gewesen, weil die Ausschlussfristen in Ziff. 16 trotz deren Rechtsunwirksamkeit gegenüber dem Kläger im Verhältnis zur Beklagten Geltung behalten.

(1) Die Beklagte kann sich im Verhältnis zum Kläger zwar nicht auf die Ausschlussfrist berufen, weil sie diesen – wie schon das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat – unangemessen benachteiligt. Sie selbst bleibt aber an die Ausschlussfristen gebunden.

Im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Januar 2009hat die Beklagte Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1Sätze 1 und 2 BGB aufgestellt. Sie hat die für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen dem Kläger in dieser Form angeboten. Die Parteien haben die Vertragsbedingungen ungeachtet der Formulierung „Arbeitsvertrag als Individualvereinbarung“ nicht nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGBausgehandelt. Der Text ist vollständig vorformuliert und für die Parteien wird durchweg die Bezeichnung „AG“ und „AN“ verwandt. Ausschlussfristen können grundsätzlich auch in Formulararbeitsverträgen vereinbart werden. Die §§ 305 ff.BGB enthalten keine Bestimmungen, die Ausschlussfristen für unwirksam erklären (BAG 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - BGB §305 Nr. 10; BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - AP BGB § 307 Nr.7; BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - AP BGB § 310 Nr. 1).

§ 16.2 und § 16.3. des Arbeitsvertrags sind gemäß § 307 Abs. 1Satz 1 BGB rechtsunwirksam. Nach dieser Rechtsnorm sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Die Regelung benachteiligt den Kläger unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Eine einzelvertragliche Verfallfrist von zwei Monaten bzw. einem Monat nach dem Ausscheiden ist mit wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Verjährungsrechts nicht vereinbar (§307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Erfasst sie alle Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, schränkt sie wesentliche Rechte, die sich aus der Natur des Arbeitsvertrags ergeben, so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist daher eine Frist für die erstmalige Geltendmachung von weniger als drei Monaten unangemessen kurz (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - AP BGB § 307 Nr.7).

(2) Die Rechtsunwirksamkeit der Ausschlussfrist betrifft allerdings nur das Verhältnis der Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten. Die Beklagte selbst ist nicht berechtigt, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen als rechtunwirksam zu rügen. Sie bleibt als Verwenderin hieran gebunden (vgl. BGH 4. Dezember 1997 - VII ZR 187/96 - NJW-RR 1998, 594 f.). Es würde gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstoßen, wenn sich die Beklagte als Verwenderin einer nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksamen Klausel einerseits auf diese Klausel berufen und andererseits deren Unwirksamkeit geltend machen könnte, um darzulegen, der Kläger dürfe sich auf diese Klausel rechtens nicht stützen. Die Vorschriften, auf die sich die Beklagte in diesem Fall berufen würde, dienen dem Schutz des Verbrauchers vor Vertragsgestaltungen,die ihn in nicht mehr hinzunehmender Weise benachteiligen und nicht dem Schutz des Verwenders (vgl. für eine Versetzungsklausel auch BAG 3. April 2008 - 2 AZR 879/06 - AP KSchG 1969 § 1Namensliste Nr. 17).

(3) Entgegen der Auffassung der Beklagten wären die Ausschlussfristen in dem Arbeitsvertrag vom 15. Januar 2009 auch zu berücksichtigen, wenn sich der Kläger hierauf nicht ausdrücklich darauf berufen hätte. Es ist ausreichend, dass er der Forderung der Beklagten entgegengetreten und der Arbeitsvertrag in den Prozess eingeführt ist. Die Beklagte verweist in ihrer Berufungsbegründung im Übrigen selbst auf die Ausschlussfristen in § 16 des Arbeitsvertrags. Zu beachten ist hierbei, dass der Ablauf der Ausschlussfrist rechtsvernichtende Wirkung hat und von Amts wegen zu berücksichtigen ist, anders als die Verjährung, die Einrede ist,und damit nach § 214 BGB die Durchsetzung der rechtlich fortbestehenden Forderung hindert (vgl. BAG 28. September 2005- 5 AZR 52/05 - AP BGB § 307 Nr. 7).

f) Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 288 Abs. 1 Satz 2,286 Abs. 1 Satz. 1, Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 BGB.

4. Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seine Lohnsteuerkarte für das Jahr 2009 auszuhändigen. Der Anspruch folgt aus § 41b Abs. 1 Satz 4EstG. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Lohnsteuerkarte auszuhändigen, wenn das Dienstverhältnis vor Ablauf des Kalenderjahres beendet wird. Dies war hier am 15.Dezember 2009 der Fall. Die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Bescheinigung über den Inhalt der Abmeldung zur Sozialversicherung beruht auf § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 9SGB IV.

5. Die Beklagte kann von dem Kläger nicht im Wege der Widerklage Zahlung von € 479,07 netto verlangen. Die Widerklage ist im verbliebenen Umfang der Berufung unbegründet. Die Ansprüche sind verfallen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird wegen der rechtlichen Erwägungen auf II. 3. c) verwiesen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 269 Abs.3 Satz 2, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Die Parteien haben die Kosten des Rechtsstreits entsprechend ihrem Obsiegen und Unterliegen anteilig zu tragen, wobei der Beklagten zudem die Kosten der teilweisen Rücknahme der Berufung aufzuerlegen sind und dem Kläger die Kosten der erstinstanzlichen Klagerücknahme in Höhe von € 35,00.

Für die Zulassung der Revision gibt es keinen gesetzlichen Grund nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 - 3 ArbGG.