Hessischer VGH, Beschluss vom 14.05.2012 - 9 B 1918/11
Fundstelle
openJur 2012, 68915
  • Rkr:

1. Sofern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die UVP-Pflicht mit Hilfe einer Projektzersplitterung umgangen werden soll, ist das Hinzutreten von neu genehmigten Windenergieanlagen zu einer bestehenden Windfarm dann nicht als europarechtlich UVP-pflichtig zu beanstanden, wenn die Altanlagen Bestandsschutz nach § 3 b Abs. 3 Satz 3 UVPG genießen. Dies gilt auch, wenn der für die UVP-Pflicht maßgebliche Schwellenwert damit insgesamt weit überschritten wird und infolge des Lückenschlusses mit anderen Standorten eine Windfarm mit insgesamt 40 Anlagen entsteht.

2. Einem Umweltverband kann im Hinblick auf von ihm geltend gemachte Verstöße gegen das Raumordnungsrecht die Antragsbefugnis jedenfalls insoweit nicht versagt werden, als er sich auf unionsrechtliches Umweltrecht und dessen Umsetzung durch die bei Erlass der angefochtenen Genehmigung zu beachtende Raumordnungsplanung beruft. Dem steht nicht entgegen, dass es sich dabei um nationales Verfahrensrecht handelt und Umweltverbänden durch das Raumordnungsrecht selbst keine subjektiven Rechtspositionen eingeräumt werden.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Gießen vom 31. August 2011 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Gießen vom 14. Februar 2011 in Bezug auf die Windenergieanlage „BWU-1“ wiederhergestellt.

Der Antragsteller hat - unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses auch insoweit - die Kosten des gesamten Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2/3 zu tragen. Der Antragsgegner und die Beigeladene haben die Kosten des gesamten Verfahrens zu je 1/6 zu tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 30.000,--€ festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsgegner erteilte der Beigeladenen gegenüber mit Bescheid vom 14. Februar 2011 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen (Typ Enercon E-82 E2) mit einer Spitzenhöhe von 179,38 m (Nabenhöhe 138,38 m und Rotordurchmesser 82 m) sowie einer Nennleistung von jeweils 2,3 MW auf den Grundstücken in Lautertal,Gemarkung Meiches, Flur 6, Flurstück 3 (BWU-1), sowie Ulrichstein,Gemarkung Helpershain, Flur 2, Flurstück 2/3 (BWU-2 und BWU-3) und ordnete insoweit die sofortige Vollziehung an.

Die Standorte liegen innerhalb des EU-Vogelschutzgebiets 5421-401 „Vogelsberg". Im Umfeld der vorgesehenen Standorte befinden sich außerdem die beiden FFH – Gebiete „Talauen von Brenderwasser, Sengersbach, Wannbach- und Köpfelbachtal" (5231-301) sowie „Wald nördlich Köddingen" (5321-304). Die Standorte zweier Anlagen (BWU-2 und BWU-3) können dem „Vorranggebiet für Windenergienutzung Bestand Nr. 571“ zugeordnet werden, wie dieses in dem Regionalplan Mittelhessen 2010 festgelegt worden ist. Der Standort der Windkraftanlage BWU – 1 liegt außerhalb der nur geringfügig arrondierten „Vorranggebiete für Windenergienutzung Bestand Nrn. 570 und 571“, die gegenüber dem im Genehmigungsverfahren zugrunde gelegten Regionalplan-Entwurf 2009 durch Arrondierung nur in geringem Umfang geändert wurden.

Der Regionalplan wurde von der Regionalversammlung am 22. Juni 2010 beschlossen und nach Genehmigung durch die Landesregierung am 13. Dezember 2010 im Staatsanzeiger des Landes Hessen am 28.Februar 2011 bekannt gegeben. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat diesen Regionalplan mit Urteil vom 10. Mai 2012 für unwirksam erklärt, soweit er unter Ziffer 7.2.2-1 (Z) (K) als Ziel der Raumordnung Vorranggebiete für Windenergienutzung festlegt und zugleich bestimmt, dass außerhalb dieser Vorranggebiete raumbedeutsame Windenergieanlagen ausgeschlossen sind.

Schon im Regionalplan Mittelhessen 2001 war der Bereich der Standorte als Vorranggebiet für Forstwirtschaft ausgewiesen. Neben den hier streitgegenständlichen Anlagen sind weitere 4Windenergieanlagen eines anderen Betreibers (des Parallelverfahrens 9 B 1977/11) als kumulierendes Vorhaben genehmigt worden. Westlich bzw. südwestlich (BWU-1) des Standortes der insgesamt 7 Anlagen befinden sich 25 Windenergieanlagen der „Windfarm Helpershain-Engelrod“ und östlich der Standorte 8Windenergieanlagen der „Windfarm Dirlammen-Hörgenau“.

Der Antragsteller hat am 14. März 2011 gegen den Bescheid vom 14. Februar 2011 Klage erhoben und am 11. Juli 2011 einen Eilantrag bei dem Verwaltungsgericht gestellt. Zur Begründung brachte er vor,die Genehmigung erweise sich schon deshalb als rechtswidrig, weil eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG - erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei.Artenschutzrechtlich begegne die Genehmigung in Bezug auf verschiedene Vogel- und Fledermausarten gravierenden Bedenken.Darüber hinaus werde die im Rahmen dieses Genehmigungsverfahrens vorgenommene Bestandserfassung der Schwarzstorchpopulation den Anforderungen der Rechtsprechung offensichtlich nicht gerecht. Die vorgelegte FFH - Vorprüfung sei in Bezug auf den Rotmilan und den Schwarzstorch von falschen Annahmen ausgegangen, denn ein Brutplatz des Schwarzstorches sei in einer Entfernung von etwa 1.400 m nördlich der Windenergieanlage am Standort BWU-1 festgestellt worden, und ein Brutplatz des Rotmilans sei in einer Entfernung von ca. 1.200 m von der Windenergieanlage am Standort BWU-2 bestätigt worden. Der Vorsorgeabstand von 3.000 m werde nicht eingehalten,der Rotmilan werde im näheren Umfeld seines Brutplatzes von Windenergieanlagen besonders gefährdet.

Das Vorhaben verstoße außerdem gegen raumordnungsrechtliche Belange, denn für den Standort BWU-1 sei vor Erteilung der Genehmigung kein Zielabweichungsverfahren nach § 12 HLPGdurchgeführt worden, obwohl alle geplanten Anlagenstandorte außerhalb der im Regionalplan ausgewiesenen Vorrangflächen lägen.Das öffentliche Interesse am Artenschutz nach Art. 20a GG überwiege zudem das private Interesse an der Errichtung der Windenergieanlagen.

Der Antragsgegner ist dem Antrag unter ausführlicher Begründung entgegengetreten. Aus seiner Sicht fehlt es dem Antragsteller schon an der Antragsbefugnis, jedenfalls sei der Antrag aber unbegründet.Insbesondere seien die Standorte auch mit den Erfordernissen der Raumordnung vereinbar.

Die Beigeladene ist dem Antrag ebenfalls unter ausführlicher Begründung entgegengetreten.

Mit Beschluss vom 31. August 2011 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Zwar sei die Antragsbefugnis für den Antragsteller als Umweltverband neben den Rechten aus § 44 Abs. 1BNatSchG und §§ 32 ff BNatSchG i.V.m. der FFH-RL und der V-RL auch insoweit zu bejahen, als dieser vorbringe, der Antragsgegner habe im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu Unrecht die nach den Bestimmungen des UVPG erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt, sondern sich auf eine Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit beschränkt. Er könne sich allerdings auch über § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG nicht darauf berufen,dass das Vorhaben gegen Raumordnungsrecht verstoße, weil durch Raumordnung und Landesplanung in der Regel keine Rechte Einzelner begründet würden.

Der Bescheid sei jedoch offensichtlich rechtmäßig und auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei nicht zu beanstanden. Der Antragsteller habe nicht hinreichend substantiiert und überzeugend dargelegt, dass von den geplanten Anlagen solche erheblichen Störungen ausgehen würden, die der Rechtmäßigkeit der Genehmigung entgegenstehen könnten. Dabei könne er sich insbesondere nicht schon allein darauf stützen, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft durchgeführt wurde, denn als Verfahrensfehler i.S.v. § 4UmwRG könne nur das gänzliche Fehlen einer UVP-Vorprüfung oder einer UVP erfolgreich geltend gemacht werden; eine UVP-Vorprüfung sei hier jedoch durchgeführt worden. Naturschutzrechtliche Vorschriften verletze die Genehmigung nicht, denn das hierzu vorgelegte avifaunistische Gutachten entspreche den fachlichen Anforderungen und ergebe weder in Bezug auf den Rotmilan noch auf den Schwarzstorch einen Verstoß gegen das Tötungsverbot, auch FFH-und Vogelschutzgebiete würden nicht nachhaltig beeinträchtigt.

Mit seiner Beschwerde macht der Antragsteller geltend, die Vorschrift des § 4 Abs. 1 UmwRG sei fehlerhaft interpretiert worden, denn seine Rüge beziehe sich darauf, dass eine UVP hier unterlassen worden sei, obwohl mit den angegriffenen Genehmigungen die Grenze von mehr als 19 Windenergieanlagen deutlich überschritten werde. Dadurch entstehe nämlich ein Windpark mit insgesamt 40 Anlagen, und es stelle einen schwerwiegenden Fehler bei der Durchführung der UVP-Vorprüfung dar, dass die Lückenschließung mit den weiteren vorhandenen Windenergieanlagen nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Auch sei seine Antragsbefugnis in Bezug auf raumordnungsrechtliche Vorschriften fehlerhaft verneint worden. Diese bestehe in Bezug auf raumordnungsrechtliche Belange bereits deswegen, weil die raumordnerischen Vorgaben, also die Ausweisung der Vorranggebiete,über ihre nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB steuernde Wirkung Rechtsvorschriften der Europäischen Union im Bereich der Umwelt umsetzten. Raumordnungsrechtliche Belange würden verletzt, weil mit Ausnahme der Anlage BWU-3 sämtliche Anlagen außerhalb der Vorranggebiete Nrn. 570 und 571 lägen und der bisher zwischen den Vorrangflächen bestehende Abstand dadurch eliminiert werde. Das nach Erlass der Genehmigung durchgeführte Zielabweichungsverfahren vom Regionalplan sei fehlerhaft, denn es habe keine Trägerbeteiligung stattgefunden. Außerdem sei die Ladungsfrist nach § 7 Abs. 8 GO nicht eingehalten worden, obwohl kein Eilfall vorgelegen habe. Auch Artenschutz sei verletzt, da Horste von Rot-und Schwarzmilan in etwa 920 bis maximal 1.000 m Entfernung lägen,und damit eine hohe Tötungswahrscheinlichkeit für diese Arten gegeben sei. Die in der Genehmigung vorgesehenen Schwarzstorchmaßnahmen seien nur erlaubt, es bestehe jedoch keine Verpflichtung zu deren Vornahme.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Gießen vom 31. August 2011 die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 14. März 2011 gegen den Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 14. Februar 2011 - 43.1-53e621-BWU-Helpershain 1/10 - wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er bestreitet weiterhin die Antragsbefugnis hinsichtlich der vom Antragsteller angeführten raumordnungsrechtlichen Vorschriften,denn hierbei handele es sich nicht um Umweltrecht der Europäischen Gemeinschaft. Eine über umweltschützende Bestimmungen hinausgehende „Totalprüfung" widerspräche dem Sinn und Zweck, der Entstehungsgeschichte und dem systematischen Zusammenhang der europarechtlichen Regelungen über die Öffentlichkeitsbeteiligung.Nach § 4 UmwRG könne nur das gänzliche Unterlassen einer UVP oder UVP-Vorprüfung geltend gemacht werden, da es sich hierbei um reines Verfahrensrecht handele. Eine UVP-Pflicht bestehe hier aber auch nicht, denn das Unterscheidungskriterium sei die UVP-Pflichtigkeit des Grundvorhabens nach den zum Zeitpunkt der jeweiligen Behördenentscheidung geltenden Rechtsvorschriften. Im Übrigen sei im Rahmen der UVP-Vorprüfung auch eine Gesamtbetrachtung der durch die schon bestehenden Windfarmen „Helpershain-Engelrod“und „Dirlammen-Hörgenau“ hervorgerufenen Vorbelastungen mit den durch die Erweiterung mit 7 Windkraftanlagen hinzukommenden Belastungen vorgenommen worden. Weder Schwarzstörche noch Rot- oder Schwarzmilane würden durch das Vorhaben gestört, auch bestehe für diese Arten kein Kollisionsrisiko. Bei dem vom Antragsteller angeführten Horst handele es sich nur um einen Brutverdacht, der andere liege etwa 1.000 m südlich der hier nicht streitgegenständlichen Windkraftanlage he-10. Die Schwarzstorchmaßnahmen seien verbindlich in der Genehmigung festgeschrieben.

Die Beigeladene beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie führt ergänzend aus, die artenschutzrechtlichen Bedenken seien unbegründet, sämtliche nach der Genehmigung vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien schon umgesetzt worden. In Bezug auf das Raumordnungsrecht fehle dem Antragsteller die Antragsbefugnis. Im Übrigen lasse eine Regionalplanung schon angesichts des Kartenmaßstabs von 1:100.000 mit einer Strichstärke von 100 m Spielraum im Hinblick auf die genaue Festlegung der Vorranggebiete.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 146 Abs. 1, 4; 147 VwGO), aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Teil begründet. Das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, das allein das Beschwerdegericht zu überprüfen hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO),gibt nur insoweit Veranlassung, die verwaltungsgerichtliche Entscheidung abzuändern.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers in seiner Beschwerdebegründung besteht hier nicht schon eine gesetzliche Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.

Der Antragsteller ist mit diesem Vorbringen jedoch nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Antragsgegner hier eine Allgemeine UVP-Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Ziff. 2 UVPG i.V.m. Anlage 1, Ziff.1.6.2 Spalte 2 durchgeführt hat, und der Antragsteller nach § 4UmwRG allein das vollständige Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer Vorprüfung rügen darf.Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung bisher offen gelassen, ob die europarechtliche UVP-Richtlinie (RL85/337/EWG; seit 17.02.2012: Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten; ABl. L 26/1 ff.) den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit das Recht verleiht, die Durchführung einer gemeinschaftsrechtlich gebotenen Umweltverträglichkeitsprüfung unabhängig von deren konkreter Auswirkung auf die Behördenentscheidung zu verlangen (vgl. Urteil vom 26. April 2007 - BVerwG 4 C 12.05 - Rn. 35 - NVwZ 2007, 1074).Danach werde durch das bisher aufgestellte Erfordernis der Darlegung konkreter Anhaltspunkte für die Möglichkeit, dass die Genehmigungsbehörde ohne den Fehler anders entschieden hätte, die Ausübung eines etwaigen durch die Richtlinie verliehenen Rechts nicht übermäßig erschwert, weil der verbleibende Verstoß im Wesentlichen formeller Art sei, und die Nachholung einer nur noch förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung weder den Klägern noch dem Ziel der Richtlinie nütze (vgl. BVerwG, 13.12.2007 - 4 C 9/06 -,juris, Rn. 41 ff, nach EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 - Rs.C-201/02 - Slg. 2004, I-723 ; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.07.2010 - 11 S 45.09 -, vgl. auch EuGH, Urteil vom 16. September 1999 - Rs. C-435/97 - Slg. 1999, I-5613, Rn. 50 ff., Flughafen Bozen).

Da in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs - unter Berücksichtigung der Århus-Konvention und der Einführung des Art.10a in die UVP-RL (jetzt Art. 11 UVP-RL 2012) - die Umweltprüfung jedoch zunehmend als strikte und einklagbare verfahrensrechtliche Verpflichtung angesehen wird (zuletzt EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011– Rs. C-115/09 -, juris Rn. 56 ff.) und das Bundesverwaltungsgericht deshalb in einer neueren Entscheidung entschieden hat, dass für Umweltschutzvereinigungen im Sinne von §2 Abs. 1 UmwRG die Beschränkung ihrer Rügebefugnis auf "drittschützende" Umweltvorschriften in § 2 Abs. 5 Satz 1Nr. 1 UmwRG gegen Art. 10a der RL 85/337/EWG (jetzt: Art. 11 UVP-RL2012) verstoße (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 7 C 21/09-, juris;), ist das Interesse der Nichtregierungsorganisationen,die die in Artikel 1 Absatz 2 der UVP-RL genannten Voraussetzungen erfüllen, nunmehr als ausreichendes Interesse im Sinne von Art. 10a Absatz 1 Buchstabe a) (jetzt Art. 11 Absatz 1 Buchstabe a) UVP-RL2012) zu bewerten. Da diese Organisationen deshalb auch als Träger von Rechten im Sinne des bisherigen Art. 10a und des jetzt anwendbaren Art. 11 Absatz 1 Buchstabe b) UVP-RL 2012 gelten,dürfte nach Ansicht des Senats die Beschränkung dieser Rügebefugnis allein auf die Durchführung einer UVP oder einer Vorprüfung unabhängig von deren materiell-rechtlicher Qualität unzulässig sein (vgl. hierzu Beschluss vom 19.03.2012 – 9 B 1916/11 -).

Dies kann hier aber dahingestellt bleiben, da die Beschwerde auch bei Zugrundelegen der Rügebefugnis insoweit erfolglos bleibt.Die Entscheidung des Antragsgegners, nur eine UVP-Vorprüfung durchzuführen, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Er hat in seiner Genehmigung zunächst zutreffend zugrunde gelegt, dass zwar für die Windfarm „Helpershain-Engelrod“ mit insgesamt 25 Windenergieanlagen zum heutigen Zeitpunkt eine UVP-Pflicht unabhängig davon bestehe, dass 19 Anlagen vor Ablauf der Umsetzungsfrist der RL 97/11/EG genehmigt worden seien. Dass dennoch nur die Vorhaben der hier streitgegenständlichen 3 Anlagen der Beigeladenen mit den weiteren – hier nicht streitgegenständlichen - 4 Anlagen aus einem anderen Genehmigungsverfahren als kumulierend bewertet, deshalb die insgesamt 7 Windenergieanlagen als eine Anlage im Sinne der Spalte 1 der Anlage 1 zum UVPG i.V.m. § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV i.V.m. §3e UVP beurteilt wurden (S. 34 der Genehmigung) und nach § 1 Abs.3, 2. Alt. der 9. BImSchV i.V.m. § 3e Abs. 1 Nr. 2, 1. Halbsatz UVPG nur eine Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles durchgeführt worden ist, verstößt auch nicht gegen § 3b UVPG und die europarechtlichen Regelungen über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung.

§ 3e UVPG sieht eine UVP-Pflicht nur vor, wenn das Erweiterungsvorhaben seinerseits die in Anlage 1 Spalte 1 zum UVPGangegebenen Größen- oder Leistungswerte überschreitet. Demgegenüber ist ein Vorhaben nach § 3b UVPG UVP-pflichtig, wenn der maßgebende Größen- oder Leistungswert durch die Änderung eines bestehenden,bisher aber nicht UVP-pflichtigen Vorhabens erstmals erreicht oder überschritten wird; als bestehende Vorhaben sind dabei auch kumulierende Vorhaben im Sinne von § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPGanzusehen. Der Begriff der „kumulierenden Vorhaben“wurde durch den Umweltausschuss des Bundestages geprägt, durch dessen Beschlüsse § 3b Abs. 2 UVPG mehrere Änderungen erfahren hat.Als „kumulierende Vorhaben“ sind demnach solche Vorhaben zu verstehen, die aus mehreren Teil-Vorhaben derselben Art bestehen, die gleichzeitig verwirklicht werden sollen und in engem Zusammenhang stehen (Hoppe, UVPG, Kommentar, 4. Aufl. 2012, § 3b Rn.17). Damit sollte auch verdeutlicht werden, dass die Regelungen über das „Hineinwachsen in den Schwellenwert“ für die UVP-Pflicht nicht nur für Erweiterungen, sondern auch für sonstige Änderungen bestehender Vorhaben gelten sollte, und zwar unabhängig von den Vorhabensträgern (Hoppe, a.a.O., § 3b Rn. 10).

Gemäß § 3b Abs. 2 Satz 3 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Fall kumulierender Vorhaben, die gleichzeitig verwirklicht werden und zusammengenommen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte erreichen oder überschreiten, wenn die neuen Vorhaben jeweils für sich genommen die Werte für die standortbezogene Vorprüfung oder für die Allgemeine Vorprüfung nach Anlage 1 Spalte 2 erreichen. Mit dieser Vorschrift wurde die UVP-Änderungsrichtlinie aus 1997zutreffend dahingehend interpretiert, dass die Durchführung einer UVP unabhängig davon erforderlich wird, ob die Größen- oder Leistungswerte erst in Folge einer Erweiterung, oder schon durch das neue Vorhaben an sich erreicht werden. Damit soll ein Unterlaufen der UVP-Pflicht durch sukzessive Vorhabenserweiterungen verhindert werden (Hoppe, a.a.O., § 3b Rn. 37). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nur hinsichtlich der 2011genehmigten, insgesamt 7 Windenergieanlagen gegeben, die auch jeweils die sogenannten „Abschneidewerte“ (vgl. Hoppe,a.a.O., Rn. 34) erreichen.

Eine Ausnahme davon ist in § 3b Abs. 3 UVPG nur beschränkt auf bestehende, bisher nicht UVP-pflichtige Vorhaben bestimmt worden.Von § 3b Abs. 3 Satz 3 UVPG werden die in den Anwendungsbereich der RL 97/11/EG fallenden, aber vor Ablauf der Umsetzungsfristen genehmigten 19 Anlagen der Windfarm „Helpershain-Engelrod“ erfasst, die vor dem 14. März 1999 als nicht-UVP-pflichtig genehmigt worden waren. Der „Bestandsschutz-Gedanke“ dieser Vorschrift wirkt sich zunächst rein mathematisch aus, so dass der davon erfasste Altbestand rechnerisch abzuziehen ist (vgl. Hoppe, a.a.O., § 3b Rn.42). Die 19 Anlagen bleiben deshalb als Altbestand hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte durch weitere Vorhaben, die ihrerseits nicht schon UVP-pflichtig sind, unberücksichtigt. Nicht von § 3b Abs. 3 Satz 3 UVPG erfasst werden möglicherweise die 6 weiteren dortigen Anlagen, weil sie nach Ablauf der Umsetzungsfrist der RL 97/11/EG, jedoch vor Inkrafttreten des die Richtlinie umsetzenden Gesetzes genehmigt wurden. Anders zu bewerten wären diese Anlagen nur, wenn deren Genehmigung vor Ablauf der Umsetzungsfrist beantragt worden wäre.Dies kann jedoch dahinstehen, da selbst bei deren Berücksichtigung eine gemeinsame Betrachtung allenfalls zusammen mit den 7 Anlagen des neuen Vorhabens in Betracht käme, die Grenze zur UVP-Pflicht (20 Anlagen) aber auch dann nicht überschritten wird.

Für die 8 Anlagen des Windparks „Dirlammen“ ist schon aufgrund ihrer Entfernung von den Anlagen der Windfarm „Helpershain-Engelrod“ zweifelhaft, ob sie überhaupt als eine Erweiterung der bestehenden Altanlage bewertet werden dürften. Insoweit fehlt es auch im Beschwerdeverfahren jedenfalls an einem hinreichend substantiierten Vorbringen des Antragstellers.Auch hier käme nur eine Gesamtbetrachtung mit den neu genehmigten 7Anlagen infrage, die jedoch nicht zur Überschreitung des für die UVP-Pflicht geltenden Schwellenwertes führt.

Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner das Hinzutreten der insgesamt genehmigten sieben Windenergieanlagen zu den bestehenden 25 Anlagen (Standort Helpershain-Engelrod) als unbeachtlich bewertet hat, auch wenn die für die UVP-Pflicht maßgebliche Schwelle von 20 Anlagen nunmehr weit überschritten wird. Gleiches gilt auch für die 8 Altanlagen in Dirlammen (a.A.offenbar Sangenstedt, Umweltrecht; § 3b Rn. 54; vgl. auch Hoppe,a.a.O., Rn. 41, unter Bezugnahme auf das „Irland-Urteil“ des EuGH - Urt. v. 21.09.1999 –C-392/96 -).Zu einer anderen Bewertung führt auch nicht, dass alle Windenergieanlagen zusammen nunmehr einen Windpark mit insgesamt 40Anlagen bilden, indem die bisher dazwischen liegenden Lücken durch die jetzt genehmigten Anlagen geschlossen werden. Dagegen spricht einerseits, dass ein Lückenschluss in dem Sinne, dass sich alle Standorte gemeinsam wie eine Windfarm darstellen, angesichts der verbleibenden Zwischenräume von teilweise über 2 km noch nicht erreicht wird. Insbesondere aber bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Genehmigung der jeweils für sich genommen nicht UVP-pflichtigen Windenergieanlagen als Umgehung der UVP-Pflichtigkeit für die gesamte Anlage darstellt. Derartige Anhaltspunkte hat der Antragsteller weder vorgetragen, noch sind sie sonst ersichtlich. Vor allem die großen zeitlichen Abstände der einzelnen Genehmigungsverfahren sprechen gegen eine Umgehungsabsicht durch Projektzersplitterung.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers gibt es aus diesen Gründen auch keine Grundlage dafür, die insgesamt 14 Altanlagen (6Anlagen in der Windfarm Helpershain und 8 im Windpark Dirlammen),die offenbar nach Ablauf der Umsetzungsfrist der UVP-Änderungsrichtlinie und vor Inkrafttreten des diese umsetzenden Artikelgesetzes genehmigt wurden, bei der Bewertung der neuen Vorhaben mit insgesamt 7 Anlagen im Sinne einer europarechtskonformen Regelung unter Anwendung der aktuellen UVP-rechtlichen Anforderungen nationalen Rechts als UVP-pflichtig mit einzubeziehen. Die Notwendigkeit einer (rückwirkend)europarechtskonformen Rechtsanwendung kann aus der unmittelbaren Geltung von Artikel 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II. 3. i) der UVP-RL85/337/EWG sowie der Änderung dieser Richtlinie durch die RL97/11/EG aus den oben dargestellten Gründen des Bestandsschutzes nicht hergeleitet werden. Auch die insoweit vom Antragsteller herangezogene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 20.08.2008 - 4 C 11/07 -) gibt dies nicht her. Das Bundesverwaltungsgericht hat nur einen Einzelfall entschieden, in dem für den schon vorhandenen Bestand von 12.000 Plätzen eines Putenmaststalles zwar vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 97/11/EG (am 14. März 1999), aber nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 85/337/EWG (3. Juli 1988) die Genehmigung beantragt worden war und die Ausnahmevoraussetzungen dann als erfüllt angesehen, wenn solche „Altanlagen“ nur in den Anwendungsbereich der Richtlinie 97/11/EG, aber nicht bereits in den der Richtlinie 85/337/EWG fallen. Die Frage, ob das dort streitgegenständliche Vorhaben als Erweiterung der Altanlage zu qualifizieren wäre und die Ausnahmevorschrift des § 3b Abs. 3 Satz 3 UVPG eingreifen würde, wurde jedoch ausdrücklich offen gelassen (BVerwG, a.a.O., juris, Rn. 22; vgl. hierzu auch Hoppe, a.a.O., §3b Rn. 35.1).

Die von dem Beklagten durchgeführte UVP-Vorprüfung ist auch nicht materiell fehlerhaft. Es kann deshalb offen bleiben, ob der Antragsteller hier erfolgreich nach § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 UmwRGdie Fehlerhaftigkeit der durchgeführten UVP-Vorprüfung überhaupt geltend machen kann. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Anwendbarkeit dieser Vorschrift verneint, wenn eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde, weil Fehler bei der Durchführung einer UVP keinen Verfahrensmangel im Sinne der Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRGbegründen. Insoweit sollte vielmehr das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht und damit § 46 VwVfG zur Anwendung kommen, in dem das Erfordernis der Kausalität zwischen einem Verfahrensfehler und dem Inhalt der angegriffenen Entscheidung seine gesetzliche Stütze gefunden hat (BVerwG, Urteil vom 24.November 2011 – 9 A 23/10 -; juris Rn. 17, mit Hinweis auf BT-Drs. 16/2495 S. 14). Bei § 4 Abs. 1 UmwRG sollte es sich demnach um eine Sonderregelung handeln, die die Relevanz bestimmter Verfahrensverstöße gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweitert und nicht etwa einschränkt.

Nach den oben dargestellten neueren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs sowie nachfolgend des Bundesverwaltungsgerichts, denen zufolge die Umweltprüfung als strikte und einklagbare verfahrensrechtliche Verpflichtung anzusehen ist, stellt es sich als zweifelhaft dar, wenn gleichwohl Fehler bei der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht geltend gemacht werden können, denn damit würden die oben dargestellten Entscheidungen im Ergebnis wohl leer laufen. Dies dürfte vor allem dann anzunehmen sein, wenn es sich um die Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit einer nach nationalem Recht durchgeführten UVP-Vorprüfung handelt, in deren Folge –womöglich rechtsfehlerhaft – die UVP-Pflichtigkeit verneint und eine Umweltverträglichkeitsprüfung infolge dessen nicht durchgeführt wurde (vgl. hierzu Hess.VGH, Beschluss vom 19.03.2012– 9 B 1916/11 -).

Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, denn die durchgeführte UVP-Vorprüfung erweist sich nicht als fehlerhaft. Ein materieller Fehler folgt insbesondere nicht schon daraus, dass der Untersuchungsraum in dem für die UVP-Vorprüfung eingeholten Gutachten (X…, Avifaunistisches Gutachten zu sieben geplanten Windenergieanlagen am Standort Helpershain/Melches -Stadt Ulrichstein und Gemeinde Lautertal, Vogelsbergkreis -, vom 7.Juni 2010) auf einen Umkreis von 1.000 m um die insgesamt genehmigten sieben neuen Anlagen beschränkt wurde. Zum Einen wurde – wie aus dem Gutachten selbst hervorgeht (S. 08 des X…-Gutachtens) - neben dem engeren Untersuchungsraum von 1.000 m ein erweiterter Untersuchungsraum von 2.000 m zugrunde gelegt, mithin die Untersuchung nicht allein auf einen Radius von 1.000 m beschränkt. Außerdem sind - wie oben dargestellt - die Auswirkungen der vorhandenen Altanlagen hier zu Recht schon deshalb unberücksichtigt geblieben, da ihnen entweder Bestandsschutz in Bezug auf eine UVP-Pflichtigkeit zukommt (für 19 Anlagen der Windfarm Helpershain Engelrod) oder sie wegen ihrer geringen Anzahl nach Anl. 1 Nr. 1.6.2 zum UVPG auch bei einer Gesamtbetrachtung nicht UVP-pflichtig werden (Erweiterung Helpershain-Engelrod um 6,Windfarm Dirlammen mit 8 Anlagen). Da zudem Anhaltspunkte für eine (bewusste) Umgehung der europarechtlichen Vorgaben über die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung weder dargelegt wurden noch sonst ersichtlich sind und außerdem die vorhandenen Windenergieanlagen als Vorbelastung bei der UVP-Vorprüfung berücksichtigt wurden, führt auch eine Bewertung der Genehmigung im Lichte der europarechtlichen Regelungen zu keinem anderen Ergebnis.

Die Beschwerde hat jedoch insoweit Erfolg, als der Antragsteller raumordnungsrechtliche Belange anführt, allerdings nur bezogen auf die Windenergieanlage „BWU-1“. Hinsichtlich dieser Anlage entsprach die Genehmigung weder in Bezug auf den zum Zeitpunkt ihres Erlasses am 14. Februar 2011 noch geltenden Raumordnungsplan Mittelhessen 2001, noch in Bezug auf den am 28.Februar 2011 in Kraft getretenen Raumordnungsplan Mittelhessen 2010dem Raumordnungsrecht. Sie ist auch nicht aufgrund der Unwirksamkeit der Zielfestsetzung in Bezug auf Vorrangflächen und Ausschlussflächen für Windenergienutzung infolge des Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Mai 2012 offensichtlich rechtmäßig geworden.

Dem Antragsteller kann im Hinblick auf von ihm geltend gemachte Verstöße gegen das Raumordnungsrecht die Antragsbefugnis jedenfalls insoweit nicht versagt werden, als er sich auf unionsrechtliches Umweltrecht und dessen Umsetzung durch die Raumordnungsplanung beruft, die im Genehmigungsverfahren zu beachten ist. Der Antragsteller führt durch die Habitatrichtlinie geschützte Arten an, darunter Rot- und Schwarzmilan, Schwarzstorch und verschiedene Fledermausarten. Nach einer neueren Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist in einem solchen Fall nationales Recht im Hinblick auf die Gewährung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes in den vom Umweltrecht der Union erfassten Bereichen so anzuwenden,dass es so weit wie möglich in Einklang mit den in Art. 9 Abs. 3des Übereinkommens von Århus (Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vom 17. Februar 2005, ABl. L 124, S. 1)festgelegten Zielen steht (EuGH, 08.03.2011 – C-240/09 -,juris). Auch das nationale Verfahrensrecht ist demzufolge in einer Weise auszulegen, die es einem Umweltschutzverband ermöglicht, eine Entscheidung, die am Ende eines Verwaltungsverfahrens ergangen ist,das möglicherweise im Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht,vor einem Gericht anzufechten (EuGH, a.a.O.). Dabei ist zugrunde zu legen, dass in einem Raumordnungsverfahren europäisches Umweltrecht in vielfacher Hinsicht anzuwenden ist, wie sich auch aus dem zuletzt geltenden Raumordnungsplan Mittelhessen 2010 in seinem begründenden Teil ergibt, und zwar hier konkret durch die mögliche Betroffenheit eines Vogelschutzgebietes und in der Nähe gelegener FFH-Gebiete. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung zu Art. 10a (jetzt Art. 11) der UVP-RL kann dem Antragsteller in Bezug auf die Geltendmachung eines fehlenden oder fehlerhaften Zielabweichungsverfahrens vom Regionalplan Mittelhessen 2010 nicht schon deshalb die Antrags- und Klagebefugnis versagt werden, weil es sich allein um nationales Verfahrensrecht handelt und ihm durch das Raumordnungsrecht selbst keine subjektiven Rechtspositionen eingeräumt werden.

Allerdings gilt dies nicht in Bezug auf den vom Antragsteller geltend gemachten Verstoß gegen § 12 Abs. 2 HLPG durch mangelnde Wahrung der Ladungsfrist nach § 7 Abs. 8 der Geschäftsordnung der Regionalversammlung, weil er insoweit weder aus unionsrechtlichen Gesichtspunkten noch aus Raumordnungsrecht als Rechtsträger infrage kommt. Auf die Geschäftsordnung der Regionalversammlung oder Verstöße dagegen können sich grundsätzlich nur diejenigen berufen,die aus der Geschäftsordnung auch mit Rechten und/oder Pflichten berechtigt oder belastet werden. Auch die Geltendmachung von Artenschutz aus europäischem Umweltrecht vermittelt keinen Verfahrensrechtsschutz in Bezug auf solche organisationsrechtlichen Positionen.

Der Antragsteller macht mit seiner Beschwerde jedoch in Bezug auf die Windenergieanlage BWU-1 zu Recht geltend, dass die Genehmigung insoweit gegen Raumordnungsrecht verstoße und deshalb rechtswidrig sei.

Diese Windenergieanlage liegt unstreitig und deutlich außerhalb der Vorrangflächen Nr. 570 und Nr. 571 für Windenergieanlagen sowohl nach dem Regionalplan Mittelhessen 2001 als auch nach dem Regionalplan Mittelhessen 2010. Dort stehen die insbesondere im zuletzt geltenden Regionalplan Mittelhessen 2010 im Einzelnen aufgeführten Ausschluss- und Restriktionskriterien als öffentliche Belange einer Windenergienutzung entgegen (Regionalplan Mittelhessen 2010 – Textteil -, S. 132). Für den hier betroffenen Bereich ist im Fall der Neuerrichtung deshalb eine Einzelfallprüfung vorgesehen, sofern es sich um ein Gebiet mit sehr hoher Bedeutung für gegen Windenergieanlagen empfindliche Vogelarten oder um Wald mit sehr hoher Bedeutung für gegen Windenergieanlagen empfindliche Fledermausarten handelt (Regionalplan Mittelhessen 2010 – Textteil -, S. 134),während für schon bestehende oder genehmigte Anlagen ausdrücklich Bestandsschutz besteht (RP MH 2010, S. 133). Des Weiteren sollen zwischen Vorranggebieten für Windenergienutzung in der Regel Abstände von mindestens 3 km als sogenannter „Überlastungsschutz“ freigehalten werden (RP MH 2010,S. 135). Ein großräumiges Vogelschutzgebiet gemäß der EU-Vogelschutz-RL stellt sich allerdings nur dann als Ausschlussgebiet dar, wenn es sich um überörtlich bedeutsame Rastplätze und Lebensräume von seltenen und gefährdeten Brutvögeln,die gegen Windenergieanlagen empfindlich sind, handelt. Diese Gebiete werden gutachterlich durch die Staatliche Vogelschutzwarte ermittelt. Gewisse Konflikte mit Belangen des Vogelschutzes sind nach dem Regionalplan Mittelhessen 2010 jedoch auch dann vertretbar und zu akzeptieren, und dies ist in Anlagengenehmigungsverfahren zu bedenken.

In der Genehmigung vom 14. Februar 2011 wurden die oben genannten Restriktionsflächen zwar aufgeführt, jedoch nicht hinreichend berücksichtigt. Nicht erkennbar berücksichtigt wurde neben der als Überlastungsschutz freizuhaltenden Fläche von 3 km zwischen den bestehenden Vorrangflächen für Windenergie, die in der zunächst erfolgten Aufzählung nicht genannt worden ist (Genehmigungsbescheid S. 38) vor allem, dass die Anlage BWU-1keinerlei räumlichen Bezug zu einem Vorranggebiet für Windenergie mehr aufweist. Obwohl für die Anlage auch nach dem Regionalplanentwurf 2009 von einem grundsätzlichen Ausschluss an dem gewählten Standort auszugehen war, wurde ein formelles Zielabweichungsverfahren im Genehmigungsverfahren nicht für erforderlich gehalten und ist demzufolge nicht durchgeführt worden.Dass, wie die Genehmigungsbehörde ausgeführt hat, die in der Genehmigung ausdrücklich genannten raumordnerischen Aspekte unter Beteiligung der zuständigen Behörden und betroffenen Gemeinden behandelt wurden und ein formelles Abweichungsverfahren deshalb zum Zeitpunkt der Zulassung des vorzeitigen Baubeginns unverhältnismäßig war, ist schon deshalb nicht zweifelsfrei nachvollziehbar, weil sich nicht erkennen lässt, dass und inwieweit dieser grundsätzliche Ausschluss an diesem Standort überhaupt in die Erwägungen eingestellt wurde.

Die Genehmigung enthält nur eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Belangen des Naturschutzes unter Berücksichtigung der kumulierenden Umweltauswirkungen sowohl der hier streitgegenständlichen als auch der Windenergieanlagen aus dem parallel verlaufenen Genehmigungsverfahren, nicht jedoch in Bezug auf den Aspekt des Ausschlusses an diesem Standort (Bescheid vom 14.02.2011, S. 41 ff.). Dieser stellt sich insbesondere deshalb als beachtlich dar, weil die Anlage BWU-1 an diesem in Bezug auf die Vorranggebiete völlig isolierten Standort als Vorbelastung künftig Anlass bieten kann – oder sogar soll – weitere Windenergieanlagen dort zu „arrondieren“, obwohl die planerische Abwägung zu der Entscheidung geführt hatte, diesen Bereich völlig frei von diesen Anlagen zu halten. Schon insoweit bestehen deshalb erhebliche Zweifel daran, dass die raumordnungsrechtlichen Belange mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Genehmigung eingestellt wurden. Hinzu kommen die vom Antragsteller geäußerten artenschutzrechtlichen Bedenken in Bezug auf den Rotmilan, von dem ein Brutplatz in 1.400 m Entfernung von der hier streitgegenständlichen Windenergieanlage BWU-1festgestellt wurde (Bescheid vom 14.02.2011, S. 43). Auch wenn hier offen bleiben kann, ob die Genehmigung entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts deshalb schon wegen eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 BNatSchG rechtswidrig wäre, ist diesem Aspekt jedenfalls in Zusammenhang mit dem Belang des Ausschlusses der Windenergienutzung zugunsten des Landschafts- und Naturschutzes offenbar nicht hinreichend Rechnung getragen worden,vor allem unter Berücksichtigung der Begründung eines neuen Anlagenstandortes weit außerhalb der schon bestehenden Windfarmen.Gerade das Gebot, hinreichende Abstandsflächen zwischen Vorranggebieten für Windenergieanlagen als ein für Naturräume und Landschaftseinheiten errichtetes Konzept planerisch vorzusehen,soll dem Schutz, der Pflege und der Entwicklung von Natur und Landschaft dienen und kann auch dann als Tabubereich für die Windenergienutzung in die Abwägung eingestellt werden, wenn der aktuelle Zustand dem angestrebten Zustand noch nicht entspricht. Es ist deshalb als sachgerecht angesehen worden, die Raumwirkung von Windkraftanlagen, die durch das Bewegungsmoment der Rotoren erheblich gesteigert wird und die erst ab einer Entfernung von etwa 4 bis 5 Kilometern wegen dann fehlender Dominanzwirkung nicht mehr zu berücksichtigen sind, auf diese Weise zu begrenzen (vgl. hierzu SächsOVG, Urt. v. 25.10.2006 – 1 D 3/03 -; juris, Rn. 65).Dies gilt insbesondere bei schon bestehenden Gruppen von –wie hier in Helpershain-Engelrod – mehr als 10Windkraftanlagen und in besonders schutzwürdigen Umgebungen.Daneben ergeben sich in artenschutzrechtlicher Hinsicht vor allem in Bezug auf die insbesondere im Bereich der BWU-1 festgestellten Fledermausvorkommen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, weil sich damit der Grund für den vorgesehenen Ausschluss von Windanlagen, außerhalb der festgelegten Vorranggebiete Rückzugs- und Erholungsbereiche vorzusehen,verwirklicht. Das Verwaltungsgericht hat hierzu festgestellt, dass an allen drei hier streitgegenständlichen Anlagenstandorten Kollisionsrisiken für die dort vertretenen Arten der Rauhautfledermaus und der Zwergfledermaus bestehen, und die Kollisionsrate, die von standörtlichen Bedingungen abhängig ist,vor allem bei Standorten im Wald oder in dessen Nähe erhöht sein kann. Die von dem Verwaltungsgericht aufgrund der vorhandenen Datenlage erstellte Prognose, ein signifikant erhöhtes Tötungs- und Verletzungsrisiko der Fledermäuse durch die drei Anlagen sei nicht als gerechtfertigt anzusehen und infolge dessen sei das in dem angegriffenen Bescheid angeordnete Monitoring (Ziff. 5.5 und 5.6,S. 18 des Bescheides vom 14. Februar 2012) durch eine kontinuierliche akustische Überwachung der Fledermausaktivität im Rotorbereich ausreichend, begegnet schon deshalb Zweifeln, weil damit entgegen dem artenschutzrechtlichen Verbot das Tötungsrisiko in Kauf genommen wird und Vermeidungsmaßnahmen erst für den Fall vorbehalten bleiben, dass „beim akustischen Monitoring der Fledermäuse an den Windkraftanlagen BWU-1, BWU-3 … ein relevantes Kollisionsrisiko prognostiziert wird“ (zur Bedenklichkeit eines Monitorings bei drohendem Verstoß gegen das naturschutzrechtliche Tötungsverbot ohne Vermeidungsmaßnahmen oder Schutzkonzept vgl. BVerwG, Urteil vom 17.07.2011 – 9 A 12/10-, juris Rn. 105 ff.). Durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Genehmigung ergeben sich deshalb auch aus der fehlenden Berücksichtigung dieses naturschutzrechtlichen Belangs.

Die Rechtswidrigkeit der Genehmigung ist auch nicht infolge der von der Regionalversammlung am 1. September 2011 (Bl. II/296 Nr.17) auf den Antrag der Gemeinde Lautertal beschlossenen Zielabweichung in Bezug auf die Windenergieanlage BWU-1 geheilt worden, da das Zielabweichungsverfahren seinerseits als fehlerhaft zu beanstanden ist. Zwar folgt dies nicht schon daraus, dass die insgesamt geplanten neuen Anlagen die zwischen den Vorrangflächen liegenden Restriktionsflächen eliminieren und deshalb sämtliche geplanten Anlagen, also auch die Anlagen BWU-2 und -3 sowie die dadurch in Anspruch genommenen Flächen in die Zielabweichungsplanung hätten aufgenommen werden müssen. Die Standorte dieser beiden Anlagen sind gesondert zu betrachten, da insoweit schon nicht mit der hier erforderlichen Offensichtlichkeit festgestellt werden kann, dass sie außerhalb der Vorrangflächen und damit innerhalb der Restriktionsflächen gelegen sind, wie noch darzustellen ist (siehe unten, S. 19).

Hinsichtlich der Anlage „BWU-1“ fehlt es jedoch an der ordnungsgemäßen Beteiligung der betroffenen Gebietskörperschaften und Fachbehörden als Träger öffentlicher Belange. Dass im Zielabweichungsverfahren lediglich auf die schon im immissionsrechtlichen Genehmigungsverfahren vorgelegten Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange verwiesen wurde (Drs. Nr. 104 vom 4. August 2011 zur Vorlage der Oberen Landesplanungsbehörde an die Regionalversammlung; II/286) ist schon deshalb zu beanstanden, weil dort nicht alle raumordnungsrechtlich relevanten Belange berücksichtigt wurden, wie sich aus dem oben Dargestellten ergibt. Damit steht aber zugleich fest, dass auch in dem Zielabweichungsverfahren die Träger öffentlicher Belange nicht zu dem Gesichtspunkt des Ausschlusses gehört wurden. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass unter Berücksichtigung dieses Aspekts andere Stellungnahmen abgegeben worden wären. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass mit dieser Anlage deutlich über die bisherigen Standorte bestehender Windfarmen und der bisher festgelegten Vorranggebiete hinausgegangen wird, und dies mit der Regionalplanung gerade verhindert werden sollte. Aus diesen Gründen erweist sich die hier angegriffene Genehmigung aus raumordnungsrechtlichen Gründen nach der hier anzustellenden summarischen Prüfung wegen des Ausfalls eines erheblichen raumordnungsrechtlichen Belangs in Bezug auf den Standort der Anlage BWU-1 als offensichtlich rechtswidrig.

Darauf, ob auf den Beschluss der Regionalversammlung vom 1.September 2011 (Bl. II/296 Nr. 17) kein rechtsmittelfähiger Bescheid ergangen ist, kommt es hier allerdings schon deshalb nicht an, da dieser Beschluss dem Antragsteller letztlich bekannt geworden und nicht erkennbar ist, welche weiteren Rechte er aus der fehlenden Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten noch herleiten könnte.

Die Bewertung der Genehmigung als rechtmäßig in Bezug auf den Standort der Anlage BWU-1 ergibt sich auch nicht daraus, dass der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 10. Mai 2012 (4 C841/11.N) den Regionalplan Mittelhessen 2010 insoweit für unwirksam erklärt hat, als er unter Ziffer 7.2.2-1 (Z) (K) als Ziel der Raumordnung Vorranggebiete für Windenergienutzung festlegt und zugleich bestimmt, dass außerhalb dieser Vorranggebiete raumbedeutsame Windenergieanlagen ausgeschlossen sind. Allerdings ist damit - auch wenn diese Entscheidung bisher nicht rechtskräftig ist - der angefochtenen Genehmigung die raumordnungsrechtliche Grundlage für alle streitgegenständlichen Anlagen entzogen worden,denn der Raumordnungsplan Mittelhessen 2001 lebt nicht etwa in Bezug auf diese Festsetzung wieder auf. Damit fehlt es nunmehr an den Vorranggebieten für Windenergie ebenso wie an dem Standortausschluss im übrigen Plangebiet. Demzufolge wäre der Antrag nach § 35 BauGB zu beurteilen, und bei dieser Beurteilung sind sowohl die oben dargestellten Belange des Natur-, Landschafts-und Artenschutzes als auch die Errichtung einer Anlage an einem vom bisherigen Bestand räumlich deutlich entfernten Standort und die damit zu besorgende Zersiedelung der Landschaft sowie die negative Vorbildfunktion in gleicher Weise zu berücksichtigen. Ob und in welcher Form es zu einer erneuten Zielbestimmung in der Form der Festlegung von Vorrangflächen für Windenergie außerhalb der Bestandsschutz genießenden Altanlagen kommen wird, ist einem erneuten Abwägungsprozess vorbehalten und deshalb nicht absehbar.Über die Genehmigung wird daher – gegebenenfalls im Rahmen des Hauptsacheverfahrens – unter Klärung dieser Umstände erneut zu entscheiden sein, da sie angefochten ist, die Anlagen mithin nicht dem Bestandsschutz unterfallen und für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich ist.

Soweit der Antragsteller mit seine Beschwerde geltend macht,dass auch die Anlagenstandorte BWU-2 und BWU-3 gegen Raumordnungsrecht verstoßen, weil sie ebenfalls außerhalb der Vorrangflächen „des geltenden Regionalplans“ liegen,bleibt ihm der Erfolg versagt. Ein Verstoß lässt sich mit der gebotenen Offensichtlichkeit weder gegen die Festsetzungen in dem Raumordnungsplan Mittelhessen 2001 noch gegen den Raumordnungsplan Mittelhessen 2010 feststellen. Allein aus der grafischen Darstellung sowie daraus, dass die zwischen den Vorrangflächen 570und 571 liegenden Flächen mit dem Regionalplan Mittelhessen 2010grundsätzlich als Ausschlussbereich festgelegt worden sind, lässt sich dies für die Anlagen BWU-2 und BWU-3 nicht folgern. Die grafische Darstellung im Regionalplan trifft insoweit keine parzellenscharfe Festlegung, anhand derer allein sich schon bestimmen ließe, ob ein Standort noch genau innerhalb der Fläche,auf der Grenze oder knapp außerhalb davon liegt. Darüber hinaus sind die hier maßgeblichen Vorranggebiete mit dem Regionalplan Mittelhessen 2010 geringfügig arrondiert worden, so dass die Zuordnung der Standorte der Anlagen BWU-2 und -3 zum Vorranggebiet Nr. 571 zumindest wegen der großen räumlichen Nähe und angesichts des Fehlens eines abtrennend wirkenden topographischen Einschnitts nicht mit der hier in der summarischen Prüfung im Eilverfahren erforderlichen Offensichtlichkeit beanstandet werden kann. Der Antragsteller hat dies auch nicht anhand von Plänen oder detaillierten Ausführungen zu den jeweiligen Standorten hinreichend substantiiert zu belegen vermocht. Dabei ist zugrunde zu legen,dass es wegen der nicht parzellenscharf erfolgenden Ausweisung von Vorranggebieten durch die grafische Darstellung dem Genehmigungsverfahren vorbehalten bleibt, im Einzelfall die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Angesichts der aus dem Genehmigungsbescheid ersichtlichen Koordinaten der Standorte der hier geplanten Windenergieanlegen reicht die Rüge, es fehle insoweit an einer nachvollziehbaren kartografischen Darstellung (Bl. 120 des Hauptsacheverfahrens – 1 K 616/11.GI -), nicht aus, um die hier im Eil- und Beschwerdeverfahren dem Antragsteller obliegende Substantiierungslast zu wahren. Bei einer Beurteilung nach § 35 BauGB entfällt schon aus diesen Gründen die Besorgnis der Zersiedelung der Landschaft, und zugunsten des Standortes ist in natur- und artenschutzrechtlicher Hinsicht von einer Vorbelastung infolge der Nähe der schon bestehenden Anlagen auszugehen.

Mit seiner weiter erhobenen Rüge, die Genehmigung verletze in Bezug auf alle Anlagenstandorte artenschutzrechtliche Vorschriften,weil damit Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen in Bezug auf den Schwarzstorch nur erlaubt worden seien, jedoch keine entsprechende Verpflichtung bestehe, bleibt der Antragsteller dagegen ohne Erfolg. Die Feststellung in dem erstinstanzlichen Beschluss, aus der mangelnden Einhaltung des von der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten empfohlenen Tabubereichs für Schwarzstörche folge wegen der insoweit vorgesehenen Maßnahmen zur Vermeidung und/oder Verminderung von Kollisionen nicht schon die Rechtswidrigkeit der Genehmigung, ist nicht zu beanstanden. Die Genehmigung selbst bietet keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Durchführung der sogenannten „Schwarzstorchmaßnahmen“ in das Belieben der Beigeladenen gestellt wird und mithin keine entsprechende Verpflichtung begründet worden ist. Vielmehr geht aus Teil B. der Genehmigung „Nebenbestimmungen für die Errichtung und Betrieb der Schwarzstorchmaßnahmen“ (S. 21 ff. der Genehmigung vom 14. Februar 2012) der verpflichtende Charakter der dort getroffenen Angaben hervor, indem es dort unter Ziff. B. 1.1 heißt:„Ergeben sich Widersprüche zwischen dem Inhalt der Antragsunterlagen und den in diesem Bescheid festgelegten Angaben,so gelten letztere“, zusätzlich sind Anzeige- und Abstimmungspflichten bei bzw. mit den zuständigen Behörden vorgesehen und die allgemeinen wasserrechtlichen Belange im Einzelnen geregelt worden (Ziff. B. 2., S. 23 ff. der Genehmigung vom 14.02.2012). Im Übrigen sind die Maßnahmen nach dem insoweit unwiderlegt gebliebenen Vorbringen der Beigeladenen auch schon durchgeführt worden. Den Feststellungen des Verwaltungsgerichts über das gezielte Anfliegen von Nahrungsangeboten, wie sie in diesen Maßnahmen vorgesehen sind, vermag der Antragsteller mit der nicht weiter vertieften Wiederholung seines Vorbringens, die Schwarzstörche würden ein mögliches Nahrungsangebot nicht „ad hoc“ annehmen, nichts hinreichend Substantiiertes entgegenzusetzen. Dass diese Maßnahmen – unter anderem in Form der Anlage neuer Teiche etc. – selbst zunächst einen gravierenden Eingriff darstellen und sich erst allmählich Nahrungshabitate daraus entwickeln, ist angesichts der übrigen Feststellungen zu Zugrichtung, Flughöhe und Vermeidungsverhalten der Schwarzstörche allein nicht schon geeignet, zu einer anderen Bewertung zu führen.

Gleiches gilt für die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Wertung hinsichtlich des Rot- und Schwarzmilan-Vorkommens. Dass der Hessen-Forst (Forsteinrichtung und Naturschutz - FENA -) unter dem 26. September 2011 dem Antragsteller mitgeteilt hat, die Bereiche um Helpershain und Meiches wiesen im Vergleich zum übrigen Vogelsberg eine verhältnismäßig hohe Greifvogel- und Schwarzstorchdichte auf, vermag die vom Antragsteller behauptete signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Anlagen noch nicht zu begründen. Zwar werden diese Feststellungen des Hessen-Forst mit einem Totfund im Jahr 2010 (Rotmilan) belegt, eine daraus zu folgernde relevante Erhöhung des Tötungsrisikos wegen einer Entfernung des Brutplatzes zu Windenergieanlagen von maximal 980 m (Rotmilan) und maximal 1.000 m (Schwarzmilan) gibt der Antragsteller selbst in seiner Beschwerdebegründung jedoch nur für die Anlage heW-10 an, die allerdings nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens ist.

Die Entscheidung über die Kosten und den Streitwert des Beschwerdeverfahrens ergeben sich aus §§ 154 Abs. 3, 155 Abs. 1,162 Abs. 3 VwGO und §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).