VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.04.1999 - 8 S 5/99
Fundstelle
openJur 2013, 11040
  • Rkr:

1. Hat der Gemeinderat über einen Verhandlungsgegenstand entschieden, kann nicht mehr nachträglich mit Erfolg geltend gemacht werden, die Einberufung zur Sitzung oder die Informationen über den Verhandlungsgegenstand seien zu spät erfolgt. Das gilt jedenfalls dann, wenn keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß ein Mitglied des Gemeinderats gerade wegen von ihm als zu kurz empfundener Vorbereitungszeit der Sitzung ferngeblieben ist.

2. Welche Vorlauffrist für die Einberufung des Gemeinderats, die Mitteilung der Verhandlungsgegenstände und die Übersendung der Sitzungsunterlagen angemessen ist, beurteilt sich im Einzelfall maßgeblich nach der Ortsgröße und dem Umfang der Tagesordnung sowie nach der Bedeutung und Schwierigkeit der einzelnen Verhandlungsgegenstände und der anstehenden Entscheidungen. Auch Vorbehandlungen des Beratungsgegenstandes in früheren Sitzungen kommt insoweit Bedeutung zu (im Anschluß an VGH Bad-Württ, Urt v 12.2.1990 - 1 S 588/89 -, VBlBW 1990, 457).

3. Ein Gemeinderatsbeschluß über einen Bebauungsplan, der ein bestimmtes Projekt planerisch ermöglichen soll ("Abfallentsorgungszentrum"), ist nicht deshalb rechtswidrig, weil ein Gemeinderatsmitglied, das zugleich Planer und Bauleiter des Projekts ist, die Einzelheiten der Planung von der Verwaltungsbank aus dem Gemeinderat erläutert.

4. Ein Bebauungsplan für ein immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtiges Vorhaben wird nicht dadurch obsolet, daß die Immissionsschutzbehörde nachträglich davon ausgeht, ihrer Entscheidung komme die Rechtswirkung des § 38 BauGB zu.

5. Der Grundsatz, daß Wohngebiete und umgebungsbelastende Industriegebiete möglichst nicht nebeneinander liegen sollen, gilt in erster Linie für die Überplanung bisher unbebauter Flächen und erfaßt nicht die "Heranplanung" an vereinzelte Wohngebäude im Außenbereich.

6. Ein Bebauungsplan muß nicht alle Probleme, die sich aus der in ihm enthaltenen grundsätzlichen Zulassung bestimmter Nutzungen im Plangebiet im Einzelfall für andere, insbesondere für nachbarliche Belange ergeben können, selbst abschließend bewältigen. Es bleibt der plangebenden Gemeinde im Rahmen ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit überlassen zu bestimmen, welches Maß an Konkretisierung von Festsetzungen der jeweiligen Situation unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen ist und dem Gebot gerechter Abwägung der öffentlichen und privaten Belange entspricht und was nachfolgenden Genehmigungsschritten überlassen werden soll (im Anschluß an BVerwG, Beschluß v 13.07.1989 - 4 B 140/88 -, PBauE § 1 Abs 6 BauGB Nr 12).

Tatbestand

Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan "Storzeln Nord der Antragsgegnerin vom 24.9.1996, der ein Industriegebiet für ein Entsorgungszentrum ausweist, das mit nicht bestandskräftigem Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg v. 3.7.1997 immissionsschutzrechtlich genehmigt wurde.

Das etwas über 6 ha große Plangebiet umfaßt den nördlich der B 314 gelegenen Teil des seit dem Jahre 1989 nicht mehr bewirtschafteten Hofguts Storzeln auf der Gemarkung Binningen der Gemeinde Hilzingen (Flst. Nrn. 3330/1, 3331, 3398 - Teilfläche - und 3339 - Teilfläche der Bundesstraße). Das Kompostwerk des Landkreises Konstanz, dessen Tochtergesellschaft, die Hegau-Kreislaufwirtschaft GmbH, das Gelände erworben hat, beabsichtigte, dort Anlagen und Einrichtungen zur Sortierung, Verwertung und Aufbereitung von Altholz, Restmüll, Grüngut und Elektronikschrott, für Anlagen entsprechend dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sowie für die Ersatzbrennstofferzeugung und Energiegewinnung zu errichten.

Die Antragsteller 1 und 2 sind jeweils zu 1/2 Miteigentümer und Bewohner des Wohnanwesens Storzeln Haus 2 (Flst. Nr. 3333), das etwa 200 m nordwestlich des geplanten Industriegebiets liegt. Dem Antragsteller 3 gehört das als Streuobstwiese genutzte Grundstück Flst. Nr. 2193, das etwa 300 m entfernt südöstlich des Plangebiets liegt.

Der Bebauungsplan sieht in einem Abstand von 20 m zur Bundesstraße ein etwa 300 langes und 110 m breites Baufenster vor, das weitgehend umrahmt wird von Flächen, für die Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt sind. Als Art der baulichen Nutzung sieht der Bebauungsplan ein in vier Bereiche mit unterschiedlichen Festsetzungen für die Gebäudehöhen gegliedertes, eingeschränktes Industriegebiet vor. Zulässig sind nach den Bebauungsvorschriften:

"1.3.1 Gebäude und Anlagen für die Sortierung, Verwertung und Aufbereitung von Altholz, Wertstoffen und Restmüll, Sperrmüll, Gewerbemüll, DSD-Sortierreste mit Klärschlammzugabe inkl. der Ersatzbrennstoff-Erzeugung.

1.3.2 Gebäude und Anlagen für die Verbrennung bzw. Vergasung von unbehandeltem Altholz in Form eines Blockheizkraftwerkes. Ausgeschlossen ist jedoch jegliches thermische Verfahren zur Restmüllbehandlung.

1.3.3 Gebäude und Anlagen für den Rückbau und die Verwertung von Elektro- und Elektronikschrott sowie Kühlgeräten.

1.3.4 Lagerplätze für Altholz, Elektro- und Elektronikschrott und Kühlgeräte sowie für die in 1.3.1 genannten sonstigen Wertstoffe. Die Lagerung von Abfällen, wie sie in § 2, Absatz 2 des Gesetzes über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz - AbfG) vom 27.08.86 in der Fassung der Bekanntmachung vom 30.09.94 beschrieben sind, ist nicht gestattet, auch nicht in der Form als Zwischenlager und Behandlungsanlagen. Die kurzzeitige Zwischenlagerung ist jedoch möglich für Stoffe, die aus der Aufbereitung aus den obengenannten Anlagen stammen.

1.3.5 Gebäude und Anlagen für die Grüngut-Umladung, -Aufbereitung und Verwertung.

1.3.6 Gebäude und Anlagen für die Verwaltung, als Bestandteil eines gewerblichen Unternehmens (Büro-, Sozial- und Wirtschaftsräume sowie Verpflegungseinrichtungen), auch dann, wenn sie in selbständigen Gebäuden untergebracht werden.

Ferner wird für jede Anlage eine Höchstmengen-Begrenzung festgesetzt. Danach darf die stündliche Durchsatzmenge je Einzelanlage die Obergrenze bis weniger als 10 Tonnen nicht überschreiten. Im Teilplangebiet 2, das den der Straße zugewandten Teil des bisherigen Hofanwesens umfaßt, können nach Grundfläche und Baumasse unter- und dem Gewerbebetrieb zugeordnete Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter ausnahmsweise zugelassen werden. Gebäude und Anlagen für nicht genannte Betriebszweige sind nicht zulässig.

Dem Plan liegt folgendes Verfahren zugrunde: Am 11.10.1994 faßte der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Beschluß zur Aufstellung eines Bebauungsplans für ein Gewerbegebiet, um dem Landkreis Konstanz die Errichtung eines Rückbau- und Verwertungszentrums auf dem Grundstück Flst. Nr. 3331 zu ermöglichen. Dieser Aufstellungsbeschluß wurde bestätigt und ergänzt durch Beschlüsse des Gemeinderats v. 26.9.1995, 13.2.1996 und 5.3.1996. Im Rahmen der vorgezogenen Bürgerbeteiligung fand am 20.5.1996 eine Informationsveranstaltung statt, an der 139 Personen teilnahmen und in der vor allem die Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung sowie die Geeignetheit des Standorts eine Rolle spielten. Mit Schreiben v. 18.4.1996 wurden die Träger öffentlicher Belange gehört. Das Amt für Landwirtschaft, Landschafts- und Bodenkultur Stockach äußerte sich dahin, daß durch den Betrieb von Einrichtungen der Kreislaufwirtschaft bei Einhaltung der TA Luft keine negativen Auswirkungen auf die landwirtschaftlich genutzten Flächen zu erkennen seien. Auch das Gewerbeaufsichtsamt Villingen-Schwenningen und das Straßenbauamt Konstanz sowie die Polizeidirektion Konstanz brachten keine grundsätzlichen Bedenken vor. Der Planentwurf wurde nach seiner Billigung durch Beschluß des Gemeinderats v. 18.6.1996 in der Zeit v. 1.7.1996 bis 1.8.1996 öffentlich ausgelegt. Die Antragsteller 1 und 2 äußerten sich nicht. Der Antragsteller 3 stellte in seinem Einwendungsschreiben v. 28.7.1996 die Geeignetheit des Standorts am Rand des Einzugsgebiets in Frage und bat im Hinblick auf die beabsichtigte Verarbeitung von Klärschlamm um eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Verwertbarkeit der Früchte seiner Streuobstwiese. Die eingegangenen Bedenken und Anregungen wurden in der Sitzungsvorlage der Verwaltung v. 19.9.1996 dargestellt und abgehandelt. Am 24.9.1996 beschloß der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan als Satzung. In dieser Sitzung war - wie in allen vorangegangenen - ein Gemeinderat anwesend, der zugleich Planer und (teilweise) Bauleiter des Entsorgungszentrums ist. In den Sitzungsprotokollen ist jeweils vermerkt, er nehme in seiner Eigenschaft als Planer und nicht als Mitglied des Gremiums teil. Die Durchführung des Anzeigeverfahrens wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin v. 31.10.1996 bekanntgemacht.

Am 13.2.1997 haben die Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Sie beantragen,

den Bebauungsplan "Industriegebiet Storzeln Nord der Gemeinde Hilzingen vom 24. September 1996 für nichtig zu erklären.

Sie machen geltend: Ihre Antragsbefugnis ergebe sich daraus, daß ihre Grundstücke infolge der Wasserdampfaustritte aus der geplanten Anlage in Verbindung mit der vorhandenen Topographie (enge Tallage) mit Dauernebel, Industrieschnee usw. beaufschlagt würden. Daneben verursache sie negative Geruchs- und Staubemissionen; im Störfall Schwelbrand führe sie zu Gesundheitsgefährdungen. Schließlich ziehe die Zwischenlagerung der in der Anlage herzustellenden Brennstoffbriketts Krähen und Möwen an. Der dadurch erzeugte Saat- und Erntefraß stelle einen enteignungsgleichen Eingriff in das Grundeigentum des Antragstellers 3 dar.

Der Bebauungsplan leide an zu seiner Nichtigkeit führenden formellen und materiellen Mängeln. Der Planverfasser und Bauleiter von Teilen des Projektes habe als befangener Gemeinderat an der Beratung des Satzungsbeschlusses teilgenommen. Ferner sei den Mitgliedern des Gemeinderats der Antragsgegnerin die - umfängliche - Sitzungsvorlage erst drei Tage vor der Verhandlung über den Satzungsbeschluß und damit zu spät zugegangen. Das sei von einem Gemeinderatsmitglied gerügt worden. Der Plan verstoße darüber hinaus gegen das Gebot gerechter Abwägung. Die Planung sei von vornherein auf ein bestimmtes Ergebnis fixiert gewesen, nachdem bereits vor dem Satzungsbeschluß die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsanträge gestellt worden seien. Die Antragsgegnerin sei deshalb nicht mehr abwägungsbereit gewesen und habe Planungsalternativen nicht geprüft. Ferner seien die Belange des Naturschutzes und die privaten Belange der Antragsteller nicht zutreffend gewichtet worden. Die von der geplanten Anlage ausgehenden Lärmimmissionen überschritten die für ein Mischgebiet geltenden Grenzwerte. Es seien auch gebietsunverträgliche Staub- und Geruchsimmissionen zu erwarten. Die Streuobsterzeugnisse des Antragstellers 3 seien bedingt durch die Schadstoffanreicherung und durch den Fruchtfraß der Möwen und Krähen, die durch die Anlage angelockt würden, nicht mehr vermarktbar. Schließlich fehle eine Umweltverträglichkeitsprüfung.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Sie erwidert: Es sei nicht richtig, daß an der Beratung des Satzungsbeschlusses ein befangener Gemeinderat mitgewirkt habe. Ausweislich des Protokolls habe der Planverfasser in dieser Eigenschaft und nicht als Mitglied des Gemeinderats an der Erörterung des Gremiums teilgenommen. Er habe die Sitzung auch "verlassen gehabt und sich deutlich vom übrigen Kollegium abgehoben, denn er habe auf der Verwaltungsbank Platz genommen und von dort aus seine technischen Ausführungen gemacht. Er sei der einzige Sachbearbeiter seines Büros gewesen, der die erforderliche Kompetenz zur Erläuterung besessen und sich deshalb bei der erforderlichen Unterrichtung des Gremiums nicht habe vertreten lassen können. Die Gemeinderäte seien zu der Sitzung am 24.9.1996 rechtzeitig eingeladen worden, im übrigen hätten sie rügelos abgestimmt und damit stillschweigend zu erkennen gegeben, daß sie gegen die Ladungsfrist keine Einwendungen erheben. Die geltend gemachten Abwägungsfehler lägen nicht vor. Aus der nicht zu bestreitenden Tatsache, daß es sich um eine objektbezogene Planung handle, könne nicht geschlossen werden, daß sie nicht mehr abwägungsbereit gewesen sei. Die Ansiedlung einer Abfallverwertungsanlage könne nicht ohne darauf ausgerichtete bauplanungsrechtliche Wegbereitung erfolgen. Die Planung habe unter ständiger Mitwirkung des Gemeinderates stattgefunden, alle Entwürfe seien ihm zur Billigung vorgelegt worden. Andererseits entspreche es dem Wesen einer solchen Planung, die Frage der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsfähigkeit möglichst frühzeitig und deshalb parallel zur Bauleitplanung prüfen zu lassen. In die Abwägung seien auch alle relevanten Belange mit dem ihnen zukommenden Gewicht eingestellt worden. Aus den vorliegenden Gutachten der TÜV ECOPLAN AKUSTIK GmbH v. 2.9.1996 und der TÜV ENERGIE UND UMWELT GmbH v. 3.9.1996 bzw. 4.9.1996 ergebe sich, daß eine Belästigung oder Gefährdung von Mensch und Natur allein durch anlagebezogene Immissionsbeiträge auszuschließen sei. Die vom Antragsteller 3 befürchteten Schäden durch Fruchtfraß könnten nicht eintreten. Die Planung widerspreche nicht dem Flächennutzungsplan, der im Parallelverfahren weiterentwickelt worden sei. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei wegen der Höchstmengenbegrenzung auf unter 10 Tonnen je Anlage nicht erforderlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die dem Senat vorliegenden Bebauungsplanakten verwiesen. Der Senat hat das Plangebiet und seine Umgebung in Augenschein genommen. Die dabei getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der hierüber gefertigten Niederschrift.

Gründe

Die Anträge bleiben ohne Erfolg

I. Der Senat hat bereits Zweifel, ob die Antragsteller geltend machen können, durch den angegriffenen Bebauungsplan in ihren Rechten verletzt zu sein, und daher die gemäß § 47 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis besitzen. Als möglicherweise verletztes Recht der Antragsteller kommt nur der aus § 1 Abs. 6 BauGB folgende Anspruch des von einer Bauleitplanung Betroffenen auf eine angemessene Berücksichtigung seiner eigenen Belange im Rahmen der Abwägung in Betracht (BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 -, NJW 1999, 592 = ZfBR 1999, 39 = UPR 1999, 27 = DÖV 1999, 208; Normenkontrollurteil des Senats v. 13.5.1997 - 8 S 2814/96 -, VBlBW 1997, 426 = PBauE § 47 Abs. 2 VwGO Nr. 39). Angesichts der Entfernungen zwischen dem Wohnhaus der Antragsteller 1 und 2 bzw. der Obstwiese des Antragstellers 3 zu dem Plangebiet erscheint aber fraglich, ob ihre privaten Belange überhaupt abwägungsbeachtlich waren, zumal sie in ihrer Antragsbegründung mit Ausnahme der von Möwen und Krähen drohenden Fraßschäden keine spezifischen eigenen Betroffenheiten gerade durch die Planfestsetzungen darstellen.

II. Der Senat sieht jedoch davon ab, den Zweifeln an der Zulässigkeit der Anträge weiter nachzugehen, da diese jedenfalls in der Sache keinen Erfolg haben können. Der angefochtene Bebauungsplan leidet an keinen zu seiner Nichtigkeit führenden Mängeln; er hält insbesondere den Angriffen der Antragsteller stand.

1. Die noch rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 4 Abs. 4 GemO erhobenen Verfahrensrügen der Antragsteller greifen nicht durch.

a) Sie berufen sich zum einen darauf, den Mitgliedern des Gemeinderats der Antragsgegnerin seien die Unterlagen zur Sitzung v. 24.9.1996, in der der Satzungsbeschluß gefaßt wurde, erst drei Tage vorher und damit verspätet zugegangen. Sie können mit dieser Rüge aber schon deshalb nicht durchdringen, weil § 34 Abs. 1 GemO, der für die rechtzeitige Mitteilung der Verhandlungsgegenstände und die beizufügenden, für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen eine "angemessene Frist vorschreibt, nur den Interessen der Mitglieder des Gremiums dient. Stimmen diese ohne Beanstandung der Rechtzeitigkeit der ihnen zugeleiteten Informationen über den Verhandlungsgegenstand ab, so liegt darin der Verzicht auf eine längere Vorbereitungsfrist. Allerdings wird in der Literatur vertreten, daß dies nur dann angenommen werden könne, wenn alle Gemeinderäte erschienen seien (vgl. Kunze/Bronner/Katz/von Rotberg, GemO, 4. Aufl., § 34 RdNr. 4). Diese Voraussetzung wäre im vorliegenden Fall nicht gegeben gewesen, weil drei Gemeinderäte entschuldigt waren. Nach Auffassung des Senats kann die Wirksamkeit eines stillschweigenden Verzichts auf eine längere Vorbereitungsfrist aber nicht von dem eher zufälligen Umstand abhängen, ob der Gemeinderat vollzählig erschienen ist, oder ob einzelne Mitglieder - entschuldigt oder nicht - abwesend sind. Das muß jedenfalls dann gelten, wenn - wie hier - keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß ein Gemeinderat gerade wegen der von ihm als zu kurz empfundenen Vorbereitungszeit der Sitzung ferngeblieben ist. Ausweislich des Sitzungsprotokolls, das eine öffentliche Urkunde darstellt und deshalb Beweis erbringt für die Einhaltung aller wesentlichen Förmlichkeiten (Kunze/Bronner/Katz/von Rotberg, a.a.O., § 38 RdNr. 1), zu denen die Rüge der verspäteten Unterrichtung der Mitglieder des Gemeinderats gehören würde, wurde eine derartige Rüge - entgegen dem Vortrag der Antragsteller - von niemandem erhoben. Es kann deshalb nicht mehr nachträglich mit Erfolg geltend gemacht werden, die Einberufung zur Sitzung oder die Informationen über den Verhandlungsgegenstand seien zu spät erfolgt.

Davon abgesehen kann die Zuleitung der Sitzungsunterlagen drei Tage vor der Verhandlung des Gemeinderats auch nicht als verspätet angesehen werden. § 34 Abs. 1 GemO nennt für die Einberufung des Gemeinderats, die Mitteilung der Verhandlungsgegenstände und die Übersendung der Sitzungsunterlagen keinen nach Tagen bemessenen Zeitraum. Vorgeschrieben wird lediglich, daß dies "in angemessener Frist" erfolgen müsse. Welche Frist angemessen ist, beurteilt sich im Einzelfall maßgeblich nach der Ortsgröße und dem Umfang der Tagesordnung sowie nach der Bedeutung und Schwierigkeit der einzelnen Verhandlungsgegenstände und der anstehenden Entscheidungen. Auch Vorbehandlungen des Beratungsgegenstandes in früheren Sitzungen haben Bedeutung für die Angemessenheit der Übersendungsfrist, weil sie den Vorbereitungsaufwand für eine Sitzung verkleinern (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 12.2.1990 - 1 S 588/89 -, VBlBW 1990, 457 = NVwZ-RR 1990, 369). Im allgemeinen wird eine Mindestfrist von drei Tagen angenommen (Kunze/Bronner/Katz/von Rotberg, a.a.O., § 34 RdNr. 4). Nach diesen Grundsätzen kann die Einladung der Mitglieder des Gemeinderats fünf Tage vor der Sitzung v. 24.9.1996 und die Zusendung der Sitzungsunterlagen am 21.9.1996 nicht beanstandet werden. Die anstehende Entscheidung war zwar von großer Tragweite für die Gemeinde, aber den zu behandelnden Fragen war in acht vorausgegangenen Sitzungen seit dem 4.10.1994 und durch zwei Besichtigungsfahrten des Gemeinderats nachgegangen worden. Eine längere Frist war auch nicht im Hinblick auf die über 100 Einwendungsschreiben erforderlich, da deren Durchsicht zur Vorinformation in den drei Tagen bis zur Gemeinderatssitzung vorgenommen werden konnte. Das Plangebiet und seine besondere Problematik mußte den Gemeinderäten schon im Hinblick auf die Größe der Antragsgegnerin (6.800 Einwohner) bekannt sein. Hierzu bedurften sie keiner weiteren Informationen. Hinzu kommt schließlich, daß alle Einwendungen in der Sitzung des Gemeinderats einzeln behandelt wurden, mithin also nochmals Gelegenheit gegeben war, sich mit ihnen gründlich auseinanderzusetzen.

b) Die Antragsteller machen ferner geltend, Gemeinderat W. habe an der Beratung zum Satzungsbeschluß mitgewirkt, obwohl er als Planverfasser des Komplexes und Bauleiter einiger Teilprojekte befangen gewesen sei. Diese Rüge trifft aber nicht zu. Richtig ist, daß Gemeinderat W. befangen gewesen ist. Das folgt zwar nicht daraus, daß er als freier Architekt den Plan erstellt hat, denn er hat damit nur seine Fähigkeiten zur Verfügung gestellt, um dem Willen des Gemeinderats in der gehörigen Form Ausdruck zu verleihen und dürfte insoweit nicht in anderer als öffentlicher Eigenschaft i.S.d. § 18 Abs. 2 Nr. 4 GemO tätig geworden sein. Seine Befangenheit ergab sich aber daraus, daß er als Planer und Teilprojektleiter des als Betreiber des Entsorgungszentrums vorgesehenen Unternehmens aus der Planungsentscheidung einen unmittelbaren Vorteil ziehen konnte (§ 18 Abs. 1 GemO). Er hat aber - nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung unstreitig - nicht an der Entscheidung mitgewirkt. Denn er nahm an der Sitzung in seiner Eigenschaft als Planer und nicht als Gremiumsmitglied teil. Er verließ bei Aufruf des Tagesordnungspunktes den Ratstisch und nahm auf der Verwaltungsbank Platz, von wo aus er seine "technischen Ausführungen" vornahm. Diese Vorgehensweise ist nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Beschluß v. 12.6.1974 - II 1057/72 -, BauR 1974, 394) nicht zu beanstanden. Danach ist es zulässig, daß ein Gemeinderatsmitglied, das zugleich Projektplaner ist, den Plan erläutert und Auskünfte erteilt, weil diese Tätigkeit noch keine Mitwirkung an der Beratung ist. Erst wenn der Gemeinderat in die Erörterung der für und gegen die Planung sprechenden Gesichtspunkte und vorliegender Bedenken eintritt, beginnt die Beratung. In der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung v. 24.9.1996 ist zwar festgehalten, Gemeinderat W. habe an der "Erörterung des Tagesordnungspunktes "Aufstellung des Bebauungsplans "Storzeln Nord, Gemarkung Binningen teilgenommen. Seine Erörterungsbeiträge erschöpften sich aber in Erläuterungen und Auskünften, die ein anderes Mitglied seines Büros nicht erteilen konnte. Deshalb war seine Anwesenheit zur vollständigen Information des Gremiums aus erster Hand unerläßlich. Es ist auch nicht zu beanstanden, daß er dabei am Tisch der Verwaltung saß und als - in den Worten des Bürgermeisters der Antragsgegnerin - "Verwaltungssprecher" auftrat. Denn wenn er im Zuhörerbereich Platz genommen hätte, wäre es ihm lediglich erschwert worden, die notwendigen Erläuterungen anhand der ausgehängten Plänen zu geben.

c) Die Antragsteller beanstanden zu Unrecht, der Bebauungsplan sei nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden. Die Antragsgegnerin hat im Parallelverfahren gemäß § 8 Abs. 3 BauGB mit der Aufstellung des Bebauungsplans die Änderung des Flächennutzungsplans verfahrensmäßig betrieben. Die Änderung ist zwar noch nicht in Kraft getreten, was aber unschädlich ist. Denn nach § 8 Abs. 3 S. 2 BauGB in der hier anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung v. 8.12.1986 (BGBl. I S. 2253), zuletzt geändert durch Art. 1 BauGBÄndG v. 30.7.1996 (BGBl. I S. 1189) kann der Bebauungsplan vor dem Flächennutzungsplan angezeigt und bekanntgemacht werden, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, daß der Bebauungsplan aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Denn nach dem von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung in Kopie vorgelegten Auszug aus ihrem Flächennutzungsplanentwurf stimmen dessen Darstellungen mit den Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans exakt überein. Im übrigen wäre ein Verstoß gegen § 8 Abs. 3 BauGB gemäß § 214 Abs. 2 Nr. 4 BauGB unbeachtlich, weil kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt wäre.

d) Sonstige nach den §§ 214, 215 Abs. 1 BauGB beachtliche Einwendungen gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen des Bebauungsplans werden von den Antragstellern nicht erhoben. Auch der Senat vermag solche nicht zu erkennen; insbesondere ist der Plan - entgegen der Andeutung der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung - am Tag der Bekanntmachung ordnungsgemäß ausgefertigt worden (vgl. das Urteil des Senats v. 18.9.1998 - 8 S 1575/98). Der ebenfalls erstmals in der mündlichen Verhandlung unter Berufung auf das Normenkontrollurteil des Senats v. 11.12.1998 (8 S 1174/98, VBlBW 1999, 178) angedeutete Einwand, bei der Auslegung des Planentwurfs habe die Antragsgegnerin gegen § 3 Abs. 2 BauGB verstoßen, ist unbeachtlich, weil er erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erhoben wurde.

2. Der angefochtene Bebauungsplan ist auch nicht mangels Erforderlichkeit nichtig oder wegen Funktionslosigkeit ungültig geworden.

a) Die Antragsteller ziehen zu Unrecht die Erforderlichkeit der Abfallverwertungsanlage, für die der Plan die Grundlage schaffen soll, mit der Begründung in Zweifel, das Abfallwirtschaftskonzept des Landkreises Konstanz sehe am Standort Storzeln weder eine Altholz- noch eine Restmüllaufbereitungsanlage vor. Dieser Einwand ist deshalb nicht berechtigt, weil das Landratsamt Konstanz als untere Abfallrechtsbehörde in seiner Stellungnahme v. 7.6.1996 (Anlage 9 zur Gemeinderatsvorlage v. 12.6.1996) die Planung ausdrücklich begrüßt und ausgeführt hat, das Vorhaben, das auf deren Grundlage umgesetzt werden könne, füge sich in vollem Umfang in das Abfallwirtschaftskonzept des Landkreises ein und sei auch aus dem Blickwinkel des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zu begrüßen.

b) Auch das Vorbringen der Antragsteller, für die Abfallentsorgungsanlage "Storzeln sei ein Bebauungsplan deshalb nicht (mehr) erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB, weil das Regierungspräsidium Freiburg in dem nach § 31 KrW-/AbfG durchgeführten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die geplante Anlage als öffentlich zugänglich eingestuft und somit nach § 38 BauGB behandelt habe, vermag ihren Anträgen nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn der Bebauungsplan ist vor der immissionsschutzrechtlichen Entscheidung in Kraft getreten. Die Erforderlichkeit der Planung kann deshalb durch die spätere Sicht der Immissionsschutzbehörde nicht in Frage gestellt werden. Bezogen auf den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses läßt sich aber nicht ernstlich in Zweifel ziehen, daß die Planung städtebaulich geboten war.

c) Der Bebauungsplan ist auch nicht funktionslos geworden. Ein Normenkontrollantrag kann zwar auch mit dem Ziel gestellt werden, die Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans feststellen zu lassen (BVerwG, Urt. v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97; Normenkontrollurteil des Senats v. 31.3.1999 - 8 S 2854/98), die angefochtenen Festsetzungen sind aber weder im Hinblick auf die inzwischen ergangene, aber noch nicht bestandskräftige immissionsschutzrechtliche Genehmigung der Anlagen noch mit Rücksicht auf die neuesten Entwicklungen in der Frage, wer den Müll in den Landkreisen Bodenseekreis und Konstanz abnimmt, obsolet geworden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerwG (vgl. u. a. Urt. v. 29.4.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5 = PBauE § 10 BauGB Nr. 1; Beschluß v. 31.8.1989 - 4 B 161.88 -, NVwZ-RR 1990, 121 = PBauE § 10 BauGB Nr. 10; Beschluß v. 6.6.1997 - 4 NB 6.97 -, BauR 1997, 803 = PBauE § 10 BauGB Nr. 16) tritt eine bauplanerische Festsetzung wegen Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und diese Tatsache so offensichtlich ist, daß ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Die bloße Aufgabe oder die Änderung gemeindlicher Planungsabsichten bewirkt daher für sich allein noch keine Funktionslosigkeit. Es muß sich vielmehr um nachträgliche tatsächliche Veränderungen handeln, die der Planverwirklichung objektiv entgegenstehen. Eine Festsetzung wird nicht allein dadurch obsolet, daß die Chancen auf ihre Verwirklichung nur gering erscheinen (Normenkontrollurteil des Senats v. 31.3.1999, a.a.O.).

Die von den Antragstellern angeführten Situationsveränderungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Allein deswegen, weil die Immissionsschutzbehörde - unterstellt - davon ausgegangen ist, ihrer Entscheidung komme die Rechtswirkung des § 38 BauGB zu, ist der Plan nicht funktionslos geworden. Denn die Genehmigungsbehörde muß - wie die Antragsgegnerin zu Recht hervorhebt - die aus dem Bebauungsplan sich ergebenden städtebaulichen Belange beachten (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 38 RdNr. 4). Es ist auch nicht erkennbar, daß sich die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von den Festsetzungen des Bebauungsplans gelöst hätte und diese deshalb gegenstandslos geworden sein könnten. Funktionslosigkeit ist auch nicht dadurch eingetreten, daß die Hegau-Kreislaufwirtschaft GmbH, der im wesentlichen die Grundstücke im Plangebiet gehören, bei der Ausschreibung des Müllaufkommens der beiden Landkreise Bodenseekreis und Konstanz nicht zum Zuge gekommen ist. Denn zum einen erscheint dadurch das Konzept der Anlagen - unabhängig von der Person eines möglichen Betreibers - nicht aus den Angeln gehoben. Zum anderen ist ohnehin nur ein Teil der Anlagen dafür gedacht, Müll aus den beiden Landkreisen zu verarbeiten. Schließlich hat sich auch die Behauptung der Antragsteller, die Hegau-Kreislaufwirtschaft GmbH sei vom Kaufvertrag über die Grundstücke zurückgetreten oder könne dies aufgrund einer entsprechenden Vertragsklausel noch tun, in der mündlichen Verhandlung als nicht stichhaltig erwiesen. Denn die Rücktrittsklausel war auflösend befristet auf den 31.12.1998; bis zu diesem Zeitpunkt wurde von ihr kein Gebrauch gemacht.

3. Die Antragsteller rügen schließlich ohne Erfolg unter mehreren Gesichtspunkten die Verletzung des Abwägungsgebots.

Die gerichtliche Kontrolle der von der Gemeinde gemäß § 1 Abs. 6 BauGB vorzunehmenden Abwägung der öffentlichen und privaten Belange hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 - IV C 50.72 -, BVerwGE 45, 309 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 3) auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden mußte, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht. Diesen Anforderungen, die sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch auf das Abwägungsergebnis beziehen, wird der angefochtene Plan gerecht.

a) Allein die Tatsache, daß der Bebauungsplan auf ein bestimmtes Projekt (Entsorgungszentrum) bezogen ist, rechtfertigt entgegen dem Vorbringen der Antragsteller nicht die Annahme eines völligen Abwägungsausfalls. Der Entscheidungsspielraum des Gemeinderats wurde nicht durch eine vorweggenommene Selbstbindung an die von der Hegau-Kreislaufwirtschaft GmbH entwickelte Planungsvorstellungen unzulässig verengt oder gar auf "Null reduziert.

Eine unzulässige Vorwegbindung liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine Gemeinde intensiv mit Interessenten oder Betroffenen zusammenarbeitet. Das gilt selbst dann, wenn etwa Bauträger eigene Planentwürfe ausarbeiten und zur Verfügung stellen (VGH Bad.-Württ., Normenkontrollurteil v. 11.7.1995 - 3 S 1242/95 -, UPR 1996, 115). Auch wenn die Gemeinde auf der Grundlage eines solchen Projektentwurfs einen Bebauungsplan aufstellt, ohne selbst alternative Entwürfe zu fertigen, macht dies den Bebauungsplan für sich noch nicht abwägungsfehlerhaft (BVerwG, Beschluß vom 28.8.1987 - 4 N 1.86 -, NVwZ 1988, 351 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 7). Eine Zusammenarbeit mit Dritten kann sich durchaus als sachgerecht und sogar als notwendig erweisen, um umfangreiche Planungen effektiv, schnell und kostengünstig realisieren zu können (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 - IV 50.72 -, BVerwGE 45, 309 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 3). Ein Abwägungsausfall der Gemeinde liegt nur dann vor, wenn vorgeschaltete tatsächliche oder rechtliche Bindungen die Interessenabwägung des Gemeinderats beim abschließenden Satzungsbeschluß erkennbar verkürzen, der Gemeinderat mithin nicht mehr "abwägungsbereit'' ist. Der Gemeinderat muß - positiv ausgedrückt - trotz solcher Bindungen "Herr des Bebauungsplanverfahrens" bleiben und die Ziele und Zwecke der Planung i.S.d. § 1 BauGB eigenständig vorgeben (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 2 BauGB bzw. - für den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses - § 6 Abs. 2 S. 1 BauGB-MaßnahmenG).

Nach diesen Maßstäben hat sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin durch die Planung der zukünftigen Betreiberin nicht das Heft aus der Hand nehmen lassen und ist Herr des Aufstellungsverfahrens geblieben. Er hat zwar die Gelegenheit sozusagen beim "Schopf ergriffen", für die aufgegebene Nutzung des Hofguts eine Ersatznutzung vorzusehen. Allein aus dem Planungsaufwand, insbesondere den beiden unternommenen Informationsfahrten zu vergleichbaren Anlagen in Dortmund-Lünen und Kaiserslautern-Kapiteltal folgt aber, daß der Gemeinderat der Antragsgegnerin eigene Vorstellungen über die zukünftige Nutzung des Ortsteils entwickelt hat. Er hat ferner durch detaillierte Festsetzungen zu Höchstmengenbegrenzungen der Durchsatzfähigkeit einzelner Anlagen deutlich zu erkennen gegeben, daß er die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsseite der Anlage im Blick hatte. Von einem Abwägungsausfall kann deshalb nicht die Rede sein.

b) Die Antragsgegnerin hat auch nicht gegen den Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG verstoßen. Der Grundsatz, daß Wohngebiete und umgebungsbelastende Industriegebiete möglichst nicht nebeneinander liegen sollen, gilt in erster Linie für die Bauleitplanung bisher unbebauter Flächen, nicht dagegen für die Beplanung einer bereits vorhandenen Gemengelage (BVerwG, Urt. v. 30.6.1989 - 4 C 16.88 -, ZfBR 1990, 27 = UPR 1989, 436 = PBauE § 1 Abs. 9 BauNVO Nr. 2; Beschluß v. 20.1.1992 - 4 B 71.90 -, PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 15). Eine bereits vorhandene Gemengelage ist hier deshalb anzunehmen, weil das Hofgut Storzeln mindestens teilweise schon bisher gewerblich genutzt wurde. Im übrigen spricht § 50 BImSchG nur "Gebiete" an, deren Belastung vermieden werden soll. Die Grundstücke der Antragsteller gehören aber (ebenso wie das Grundstück der Antragsteller im Parallelverfahren - 8 S 6/99) nicht zu einem bestimmten, besonders schutzwürdigen Gebiet, sondern liegen im Außenbereich. Würden bereits vereinzelte Wohngebäude außerhalb eines Bebauungszusammenhangs zu einer Beachtung des Trennungsgrundsatzes zwingen, wäre es aber kaum mehr möglich, neue Baugebiete für jedenfalls nicht nur dem Wohnen dienende Nutzungen auszuweisen.

c) Die Antragsgegnerin hat auch nicht die privaten Belange der Antragsteller mißachtet oder fehlgewichtet. Deren Vorbringen beruht offensichtlich auf dem grundsätzlichen Mißverständnis, der angefochtene Bebauungsplan selbst lasse bereits die geplanten Anlagen zu und müsse deshalb alle Vorkehrungen zur Vermeidung von Belastungen der Umgebung treffen. Der angefochtene Bebauungsplan enthält dagegen - außer durch die festgesetzten maximalen Durchsatzmengen - keinerlei Bestimmungen über die zulässigen Emissionen der Anlagen. Er muß solche Festsetzungen auch nicht enthalten, weil er die vorgesehene Nutzung der Fläche nur planerisch vorbereitet und nicht alle Probleme, die sich aus der in ihm enthaltenen grundsätzlichen Zulassung bestimmter Nutzungen im Plangebiet im Einzelfall für andere, insbesondere für nachbarliche Belange ergeben können, selbst abschließend bewältigen muß. Es bleibt vielmehr der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit überlassen, zu bestimmen, welches Maß an Konkretisierung von Festsetzungen der jeweiligen Situation unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles angemessen ist und dem Gebot gerechter Abwägung der öffentlichen und privaten Belange entspricht und was nachfolgenden Genehmigungsschritten überlassen werden soll (vgl. BVerwG, Beschluß v. 13.7.1989 - 4 B 140.88 -, BauR 1989, 703 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 12; Urt. v. 11.3.1988 - 4 C 56.84 -, DVBl. 1988, 845 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 8). Dementsprechend hat sie es der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und den in ihr festzusetzenden Nebenbestimmungen vorbehalten, sicherzustellen, daß die sich aus § 5 BImSchG oder aus einer auf der Grundlage des § 7 BImSchG erlassenen Verordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Für die bauplanungsrechtliche Abwägungsentscheidung war dagegen - bezogen auf den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (vgl. § 214 Abs. 3 BauGB) - allein entscheidend, ob Anlagen der vorgesehenen Art und Größe ohne erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft betrieben werden können. Daß dies möglich sein werde, hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin aufgrund der ihm vorliegenden Gutachten zu Recht angenommen.

Hinsichtlich der zu erwartenden Schallimmissionen gelangt die gutachtliche Stellungnahme des TÜV ECOPLAN v. 2.9.1996 auch für den Fall eines gemeinsamen Betriebs der Restmüll- und der Holzaufbereitungsanlage zu dem Ergebnis, daß eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte der TA Lärm bzw. der Richtlinie VDI 2058, Blatt 1, nicht gegeben sei. Die Gutachter haben dabei auch den maximalen (ungünstigsten) Beurteilungspegel am Wohnhaus der Antragsteller 1 und 2 (Immissionsort I 4, "Haus im Außenbereich") berechnet. Er unterschreitet mit 47 dB(A) am Tag und 33 dB(A) bei Nacht selbst die für reine Wohngebiete geltenden Immissionsrichtwerte der Nr. 2.321 der TA Lärm. Der durch das Entsorgungszentrum ausgelöste, mit 72 zusätzlichen Fahrten angenommene Lkw-Verkehr auf der B 314 führt nach den Berechnungen der Gutachter (Blatt 15) zu einer Erhöhung um 0,17 dB, bei einer Berechnung der Beurteilungspegel nach der 16. BImSchV beträgt die Veränderung 0 dB. Diesem Ergebnis können die Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, der im Auftrag der Bürgerinitiative "Hofgut Storzeln" erstellte Bericht des Freiburger Instituts für Umweltchemie e. V. (FIUC) v. 17.2.1997 stufe diese Aussage des TÜV als "unseriös" ein. Denn das FIUC gibt keine Begründung für den Vorwurf der Unseriosität.

Was die Staub- und Geruchsbelastungen anbetrifft, konnte sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin auf das plausibel begründete Lufthygienische Gutachten der TÜV ENERGIE UND UMWELT GmbH v. 4.9.1996 stützen. Diese Untersuchung kommt bezüglich der zu erwartenden Geruchsimmissionen, Immissionsbeiträge bei Schwebstaub und Staubniederschlag sowie anlagenbedingter Immissionen verkehrsspezifischer Luftschadstoffe zu dem Ergebnis: "Insgesamt gehen vom geplanten Entsorgungszentrum Storzeln nur sehr geringe lufthygienische Auswirkungen aus. Die einschlägigen Grenz- und Richtwerte werden überall eingehalten." Ferner heißt es in der zusammenfassenden Bewertung: "Auf allen Beurteilungsflächen, d. h. selbst auf dem eigentlichen Anlagengelände, werden die bestehenden Grenzwerte (TA Luft, VDI) und die strengen Richt-/Orientierungswerte (LAI, WHO, MAK) für die Gesamtbelastung durch die Immissionen von Schwebstaub, Staubniederschlag und Inhaltsstoffen eingehalten bzw. deutlich unterschritten. Die Staubimmissionsbeiträge halten außerdem auf allen Beurteilungsflächen außerhalb des Anlagengeländes die zur Beurteilung herangezogenen Schwellenwerte ein und sind somit als irrelevant zu beurteilen. Eine Belästigung oder Gefährdung von Mensch und Natur allein durch anlagenbezogene Immissionsbeiträge ist damit auszuschließen." Auch in diesen Punkten gelangt das FIUC in seinen Stellungnahmen v. 17.2. und 11.3.1997 zu abweichenden Einschätzungen. Diese Ausführungen beziehen sich aber auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren, in dem es - wie ausgeführt - um die Zulassung einer konkret beschriebenen Anlage geht, deren Emissionsverhalten notfalls durch Bedingungen und Auflagen gesteuert werden muß. Der angefochtene Bebauungsplan enthält insoweit keinerlei Aussagen über Art und Menge des Schadstoffaustritts und konnte solche auch nicht treffen, weil er nicht über die unmittelbare Zulassung des konkreten Projekts entscheidet.

Die Antragsgegnerin war danach nicht gehalten, den Problemen der Wasserdampf-, Geruchs- und Staubemissionen sowie den Schwelbrandgefahren, die in den Stellungnahmen des FIUC in den Vordergrund gerückt sind, näher nachzugehen. Sie konnte vielmehr aufgrund der Gutachten des TÜV berechtigterweise davon ausgehen, die geplanten Anlagen könnten bei Einhaltung der zu erwartenden, in der nachfolgenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung festzulegenden Bedingungen so betrieben werden, daß Unzuträglichkeiten für die Nachbarschaft ausgeschlossen sind. Im übrigen bestätigen die Ausführungen des FIUC diese Annahme. Denn im Hinblick auf die Wasserdampfbelastung der Umgebung folgt aus dessen Beanstandung, die vorgesehenen Maßnahmen zur Kondensatrückhaltung könnten nicht überprüft werden (Bericht v. 17.2.1997, S. 12 oben), daß derartige Emissionen nicht zwangsläufig auftreten, sondern von der Art und Dimensionierung der vorzusehenden oder vorzuschreibenden Rückhalteeinrichtungen abhängen. Daß die Schwelbrandgefahr ebenso wie die Staub- und Geruchsemissionen jedenfalls beherrschbar sein müssen, ergibt sich daraus, daß der FIUC-Bericht v. 17.2.1997 (S. 35) sogar die "fehlende Nähe" zu Siedlungsgebieten als angeblich erheblichen Standortnachteil erwähnt. Da er zwischen Siedlungsgebieten und Gewerbe-/Industriegebieten unterscheidet, können mit ersteren nur Wohn- und Mischgebiete gemeint sein. Der Bericht geht damit selbst von einer möglichen Nachbarschaft solcher Gebiete zu einem Entsorgungszentrum wie dem geplanten aus. Erst recht muß dann ein Nebeneinander von Entsorgungsanlagen und einzelnen verstreuten Wohngebäuden möglich sein.

Auch für die Bedenken des Antragstellers 3, der um die Vermarktungsfähigkeit der Früchte seiner Obstwiese infolge von Staub- und Geruchsimmissionen fürchtet, gilt nichts anderes. Zwar führt das FIUC in seiner ergänzenden Stellungnahme v. 11.3.1997 aus, es müsse mit einer biologischen Akkumulation von Aldehyden und anderen geruchsintensiven und damit aromaschädigenden Stoffen gerechnet werden, die nicht durch Waschen entfernt werden können. Diese Einschätzung betrifft aber thematisch wiederum das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren und die mit der Genehmigung zu verbindenden Auflagen. Die Geruchsemissionen werden nach der Prognose der Gutachter des TÜV UMWELT im wesentlichen aus dem Biofilter der Restmüllaufbereitungsanlage stammen. Da der Bebauungsplan über dessen Auslegung und Dimension keine Aussagen trifft und nach dem eingangs Gesagten auch nicht treffen muß, bestand für den Gemeinderat der Antragsgegnerin keine Veranlassung, dessen Geruchsstoffauswirkungen auf die Landwirtschaft und speziell auf das Grundstück des Antragstellers 3 in der Abwägung näher zu beleuchten. Es wird jedenfalls von keiner Seite behauptet, ein Entsorgungszentrum ohne solche Auswirkungen sei technisch nicht machbar. Ähnliches verhält es sich mit der Befürchtung des Antragstellers 3, seine Obsterzeugnisse könnten infolge der Fraßschäden, die durch die Anlagen des Zentrums angelockte Möwen und Krähen anrichteten, nicht mehr vermarktbar sein. Eine derartige Anziehungskraft muß das Entsorgungszentrum nicht zwangsläufig haben. Der Antragsteller kann sich deshalb auch nicht mit Erfolg auf das Urteil des Bundesgerichtshofs v. 13.12.1979 (III ZR 95/78, NJW 1980, 770) berufen. Denn dort ging es um Entschädigung für die nachteiligen Auswirkungen einer Mülldeponie, die große Scharen von Möwen und Krähen angelockt hatte, die auf benachbarten Äckern Schäden an der Saat angerichtet hatten. Mit einer Mülldeponie, die nur verzögert abgedeckt werden kann, läßt sich das geplante Entsorgungszentrum, bei dem die Prozesse weitgehend "eingehaust" ablaufen sollen, nicht vergleichen.

d) Schließlich beanstanden die Antragsteller erfolglos das angebliche Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 3 UVPG und der Anlage Nr. 1 sowie dem Anhang Nr. 27 hierzu ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung auch bei Bebauungsplänen durchzuführen, durch die die Zulässigkeit von Abfallentsorgungsanlagen begründet werden soll (vgl. auch: BVerwG, Beschluß v. 18.5.1994 - 4 NB 15.94 -, ZfBR 1994, 237 = PBauE § 9 Abs. 1 (Nr. 5) BauGB Nr. 2). Das Verfahren und der Umfang der Prüfung richten sich nach den Vorschriften des BauGB (§ 17 UVPG). Hierauf bezogene Verfahrensrügen haben die Antragsteller nicht erhoben; es ist auch nicht ersichtlich, daß der Antragsgegnerin insoweit Fehler unterlaufen wären. Insbesondere stellen die Gutachten des TÜV, vor allem dasjenige des TÜV ENERGIE UND UMWELT GmbH v. 3.9.1996 zu den Umweltbelangen, nichts anderes als Umweltverträglichkeitsanalysen dar. Daß keine Standortalternativen untersucht wurden, wie die Antragsteller unter Berufung auf den FIUC-Bericht v. 17.2.1997 beanstanden, ist unschädlich. Denn weder aus dem UVPG noch aus der UVP-Richtlinie 85/337/EWG ergibt sich eine Verpflichtung zur Alternativenprüfung im Rahmen von planerischen Zulassungsentscheidungen (BVerwG, Beschluß v. 14.5.1996 - 7 NB 3.95 -, BVerwGE 101, 166 = DVBl. 1997, 48 = NuR 1996, 594).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 S. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 2 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.