Bayerisches LSG, Urteil vom 29.06.2010 - L 8 SO 132/09
Fundstelle
openJur 2012, 108772
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SozialgerichtsLandshut vom 23.04.2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Betriebskosten für ein dem Kläger gehörendes selbstbeschafftes Kfz im Wege der Eingliederungshilfe durch den Beklagten streitig.

Der 1934 geborene Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung -GdB- zunächst 80, ab 24.4.2007: 100, Merkzeichen "B", "G" und "aG"). Er lebt mit seiner 1941 geborenen Ehefrau zusammen, bei der ein Grad der Behinderung von 40 (zuletzt 50 ) durch das Zentrum Bayern Familie und Soziales festgestellt wurde. Beide beziehen Altersrenten und seit 1.07.2006 ergänzende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII von dem Beigeladenen zu 1. Im Rahmen der Leistungsbewilligung der Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII legte der Kläger den Mietvertrag vom 10.03.2006 vor, in dem der Mieter unter § 19 zur Gartenpflege, insbesondere des Rasens im Vorgarten verpflichtet wurde. Seinen Widerspruch vom 01.08.2006 gegen den ersten Bewilligungsbescheid des Beigeladenen zu 1 vom 26.07.2006 begründete der Kläger im Hinblick auf die von ihm begehrten höheren Unterkunftskosten damit, dass die von ihm bewohnte Wohnung verkehrsgünstig liege und vor allem Ärzte und Einkaufsmöglichkeiten ohne Auto und ohne Mühen von der Wohnung aus zu erreichen seien.

Auf Antrag vom 23.5.2008 wurde ab 1.7.2008 im Rahmen der Grundsicherung im Alter antragsgemäß eine Aufstockung der Leistung für eine Haushaltshilfe von 4 h pro Monat auf Grundlage von § 28 Abs. 1 S. 2 SGB XII in Höhe von monatlich 31 € bewilligt. Mit Bescheid vom 24.6.2009 bewilligte der Beigeladene zu 1 rückwirkend ab 1.4.2009 antragsgemäß eine Stundenzahl von 10 h pro Monat (bis 30.06.2009 monatlich 77,50 €, ab 1.07.2009 monatlich 80, 00 €). Die Bewilligung erfolgte jedoch nicht mehr im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, sondern im Rahmen der Hilfe zur Pflege. Gegen die Bewilligung im Rahmen der Hilfe zur Pflege erhob der Kläger Widerspruch, über den noch nicht entschieden wurde.

Am 23.10.2006 beantragte der Kläger telefonisch bei dem Beklagten einen Zuschuss zu den monatlichen Betriebskosten seines Kraftfahrzeugs. Ausweislich des Fahrzeugscheines handelte sich um einen PKW der Marke Mazda, der erstmals 1996 zugelassen wurde. Der Pkw ist nach den Bedürfnissen des Klägers behindertengerecht umgebaut (Gaspedal und Bremse nach links verlegt, Automatikgetriebe). Der Beklagte holte eine Stellungnahme von Dr. W., Landratsamt P., Gesundheitsamt F. vom 8.11.2006 ein. Dieser untersuchte den Kläger und seine Ehefrau anlässlich eines Hausbesuches am 7.11.2006 amtsärztlich. Er stellte fest, dass der Kläger infolge einer Kniescheibenfraktur rechts an einer vollkommenen Versteifung des rechten Kniegelenks in Streckhaltung leide. Er könne in der Wohnung nur kurze Wegstrecken mit einem Unterarmgehstock zurücklegen, außer Haus würden zwei Unterarmgehstöcke benützt, wobei der Kläger mit dieser Gehhilfe nur sehr kurze Wegstrecken zurücklegen könne. Die Ehefrau des Klägers leide an einem intermittierenden Asthma bronchiale. Deswegen könne sie nicht über längere Strecken schwer heben und tragen. Sie besitze keinen Führerschein. Beide Eheleute seien auf die regelmäßige Benutzung und Verfügbarkeit eines Kfz angewiesen. Dieses diene in erster Linie zu Einkaufsfahrten mehrmals wöchentlich sowie zu Arztbesuchen in regelmäßigen Abständen und Krankengymnastikterminen, die zumindest beim Kläger auch mehrmals wöchentlich anfielen. Zusätzlich dienten diese Fahrten auch der Aufrechterhaltung des sozialen Lebens. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei beim Kläger nicht in vertretbarer Weise möglich.

Mit Bescheid vom 13.02.2007 lehnte der Beklagte den Antrag auf Betriebskostenpauschale zum Betrieb und zur Instandhaltung eines Pkws ab. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger zwar zum berechtigten Personenkreis des § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII gehöre. Laut dem amtsärztlichen Gutachten des Gesundheitsamtes F. vom 8.11.2006 sei er wegen der Art und Schwere seiner Behinderung zum Zwecke der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gelegentlich auf die Benutzung eines Fahrzeuges angewiesen. Überwiegend und vorrangig werde das Kfz jedoch für Arzt-, Therapie - sowie Einkaufsfahrten genutzt. Beide Lebensbereiche seien jedoch nicht berücksichtigungsfähig im Rahmen der Kfz Hilfe für Schwerbehinderte (Eingliederungshilfe), so dass in seinem Fall eine laufende monatliche Unterstützung für sein Kfz nicht in Betracht komme.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 15.02.2007, der im Folgenden anwaltlich damit begründet wurde, dass beide Eheleute auf die regelmäßige Benutzung und Verfügbarkeit eines Kfz auch für die Aufrechterhaltung des sozialen Lebens angewiesen seien. Dies habe auch Dr. W. in seinem amtsärztlichen Attest vom 8.11.2006 bestätigt, wonach dem Kläger die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in vertretbarer Weise möglich sei. Zur Begründung wurde weiter ausgeführt, dass der Kläger das Fahrzeug auch regelmäßig für Fahrten im Zusammenhang mit Freizeitaktivitäten benötige. Diese nähmen seine Ehefrau und er 10- bis 12-mal im Monat wahr.

Der Beklagte holte von der Kurverwaltung und der Gemeindeverwaltung A-Stadt Informationen zu den örtlichen Verhältnissen ein (Entfernung Wohnsitz Kläger zu Einkaufsmöglichkeiten, zur nächstgelegenen Bushaltestelle) und ermittelte bei der zuständigen Krankenkasse des Klägers (DAK- Beigeladener zu 2), dass der Kläger dort im Jahr 2007 keinen Antrag auf Erstattung der Fahrtkosten zu ambulanten Arztbesuchen gestellt hatte. Aufgrund des im Schwerbehindertenausweis festgestellten Merkzeichens "aG" komme jedoch grundsätzlich die Übernahme der Kosten für Fahrten zur ambulanten Behandlung in Betracht. Auf Nachfrage der Beklagten teilte der zuständige örtliche Träger der Sozialhilfe-Landratsamt P. (Beigeladener zu 1) mit Schreiben vom 13.11.2007 mit, dass dem Kläger eine Haushalts - oder Einkaufshilfe gewährt werden könne, wenn dies aus ärztlicher Sicht unabweisbar sei. Für die Benutzung des Behindertenfahrdienstes im Landkreis sei Voraussetzung, dass die behinderte Person mit dem Merkzeichen "aG" kein eigenes Fahrzeug besitze.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4.02.2008 wies die Regierung von Niederbayern den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Voraussetzung für die Bewilligung einer monatlichen Kfz-Betriebskostenpauschale sei unter anderem, dass die behinderte Person wegen Art und Schwere der Behinderung zum Zwecke der Eingliederung, vor allem in das Arbeitsleben, auf die ständige und regelmäßige Benutzung eines Kfz angewiesen sei. Hinsichtlich des Eingliederungszweckes werde durch die Verwendung des Tatbestandsmerkmales "vor allem in das Arbeitsleben" in § 8 Abs. 1 S. 2 EinglHV deutlich gemacht, dass hierin der Schwerpunkt der Versorgung mit einem Kfz liege. Damit seien andere Gründe zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, sie müssten aber vergleichbar gewichtig sein, wie die Eingliederung in das Arbeitsleben. Dazu gehöre auch, dass die Notwendigkeit der Benutzung ständig, nicht nur vereinzelt und gelegentlich bestehe. Der Kläger sei nicht mehr berufstätig und wohne mit seiner Ehefrau in der Ortsrandlage von A-Stadt. Kosten für Arzt-beziehungsweise Therapiefahrten fielen in die vorrangige Zuständigkeit der Krankenkasse (hier: DAK). Die anfallenden Einkaufsfahrten seien im Rahmen der Kfz-Hilfe für Schwerbehinderte (Eingliederungshilfe) nicht berücksichtigungsfähig, da es sich um Hilfe zum Lebensunterhalt beziehungsweise um Grundsicherung handele, für die der örtliche Sozialhilfeträger (hier der Landkreis P.) zuständig sei. Darüber hinaus sei dem Kläger die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar, da er zumindest kurze Wegestrecken zu Fuß laut ärztlichem Attest des Dr. W. zurücklegen könne. Nach den eingeholten Auskünften der Gemeinde A-Stadt seien die Haltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel und Einkaufsmöglichkeiten für den Kläger erreichbar. Bei dem Kläger könne allenfalls noch ein gelegentliches Erfordernis einer Kfz Nutzung zum Beispiel für gelegentliche Besuchsfahrten zu Freunden, Verwandten, Fahrten zu Veranstaltungen und Ähnliches angenommen werden. Die beantragte Betriebskostenpauschale setzte das ständige und regelmäßige Angewiesensein auf ein Kfz voraus. Da der Kläger aber nur gelegentlich auf die Kfz-Nutzung angewiesen sei, könne die Betriebskostenpauschale nicht bewilligt werden.

Mit Schreiben vom 27.03.2008 beantragte der Kläger bei dem Beklagten erneut die Übernahme der Betriebskosten für sein Kfz, die Kosten der Anschaffung eines neuen Fahrzeugs sowie die Übernahme von Reparaturkosten für seinen bestehenden PKW. Mit Schreiben vom 31.3.2008 stellte der Beklagte diesen erneuten Leistungsantrag des Klägers zurück, bis über das Klageverfahren hinsichtlich des ersten Antrages auf Übernahme der Betriebskosten für das Kfz entschieden sei.

In der am 26.02.2008 zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage hat der Kläger darauf verwiesen, dass er sein Kfz, wie alle Kfz - Fahrzeughalter, für alle Lebensbereiche (für Fahrten zu Arztterminen, Termin beim Krankengymnasten, zum Einkaufen sowie für Fahrten im Rahmen der Freizeitgestaltung und Aufrechterhaltung seines sozialen und gesellschaftlichen Lebens) benutze. Er mache in allen Lebensbereichen nicht nur gelegentlich oder vereinzelt, sondern regelmäßig Gebrauch von seinem Kfz. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei ihm aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht zumutbar. Zum Nachweis hat der Kläger einen Befundbericht von Dr. E., A-Stadt vom 12.6.2008 sowie ein ärztliches Attest seines Hausarztes Dr. A., A-Stadt vom 3.7.2008 beigefügt. Dr. A. bescheinigt darin dem Kläger eine bilaterale primäre Coxarthrose bei Zustand nach Arthrodese des rechten Knies und führt aus, dass öffentliche Verkehrsmittel aufgrund der komplexen Situation nicht in Anspruch genommen werden könnten und der Kläger zwingend auf sein Auto angewiesen sei. Der Kläger macht weiter geltend, den Sonderfahrdienst für Behindere des Landkreises nicht in Anspruch nehmen zu können, weil dieser nur Personen zur Verfügung stehe, die kein eigenes Fahrzeug besäßen.

Der Beklagte hat demgegenüber ausgeführt, dass Voraussetzung für die Bewilligung einer monatlichen Kfz-Betriebskostenpauschale unter anderem sei, dass die behinderte Person wegen Art und Schwere der Behinderung zum Zwecke der Eingliederung, vor allem in das Arbeitsleben, auf die ständige und regelmäßige Benutzung eines Kfz angewiesen sei. Die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft sei zwar grundsätzlich vergleichbar gewichtig (§ 53 Abs. 3 S. 2 SGB XII), aber der Kläger bedürfe hierzu nicht ständig eines Kraftfahrzeuges. Er berufe sich insoweit in erster Linie auf Fahrten zum Arzt, zur Krankengymnastik und zum Einkaufen und darüber hinaus auch auf Fahrten zur Aufrechterhaltung des sozialen Lebens. Kosten für Arzt- bzw. Therapiefahrten fielen in die vorrangige Zuständigkeit der Krankenkasse (hier: DAK- Beigeladene zu 2). Auch die anfallenden Einkaufsfahrten seien im Rahmen der Kfz-Hilfe für Schwerbehinderte (Eingliederungshilfe) nicht berücksichtigungsfähig, da es sich hierbei um Hilfe zum Lebensunterhalt beziehungsweise im vorliegenden Fall um Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung handele, für die der örtlichen Sozialhilfeträger (hier der Landkreis P.) sachlich und örtlich zuständig sei. Beim Kläger könne somit allenfalls noch ein gelegentliches Erfordernis einer Kfz-Nutzung zum Beispiel für gelegentliche Besuchsfahrten zu Freunden, Verwandten, Fahrten zu Veranstaltungen und Ähnliches angenommen werden. Somit sei der Kläger nicht ständig auf die Benutzung eines Kfz zur Eingliederung in das Leben in der Gemeinschaft angewiesen.

Der Kläger hat am 28.08.2008 den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Übernahme der Betriebskostenpauschale, die Kosten für die Anschaffung eines neuen Kfz, der Kosten für den behindertengerechten Umbau eines neuen Kfz und der Kosten für notwendige Reparaturen an dem derzeitigen Kfz beim SG beantragt. Nach richterlichem Hinweis auf die bevorstehende Terminierung der Hauptsache, hat der Kläger den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz am 24.11. 2008 zurückgenommen.

Mit Beschluss vom 20.12.2008 hat das SG den Landkreis P. und die DAK P. zum Verfahren beigeladenen.

Das SG hat dem Kläger mit Beschluss vom 13.1.2009 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwältin N., P. beigeordnet. Mit Schreiben vom 8.4.2009 hat der Kläger dem SG mitgeteilt, dass er sich nicht mehr von Frau Rechtsanwältin N. vertreten lasse. Der vom Kläger anschließend bevollmächtigte Vertreter des Vdk hat zu Beginn des Termins zur mündlichen Verhandlung am 23.04.2009 die Vertretung des Klägers mit sofortiger Wirkung niedergelegt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23.04.2009 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass Grundlage für das Begehren des Klägers die §§ 53 Abs. 1 S. 1 und 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII in Verbindung mit § 10 Abs. 6 Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) seien. Der Kläger gehöre wegen seiner Schwerbehinderung unzweifelhaft zum eingliederungshilfeberechtigten Personenkreis nach § 53 SGB XII. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 6 EinglHV seien aber nicht gegeben, da der Kläger nicht zum Zwecke der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft der regelmäßigen Benutzung eines Kfz bedürfe.

Bereits die Verwaltungsgerichtsbarkeit habe zu § 10 Abs. 6 EinglHV zutreffend festgestellt, dass das Tatbestandsmerkmal "regelmäßig" in seiner Bedeutung dem Tatbestandsmerkmal "insbesondere zur Teilnahme am Arbeitsleben" in § 8 Abs. 1 S. 2 EinglHV entspreche. Die Notwendigkeit der Benutzung müsse ständig, nicht nur vereinzelt und gelegentlich bestehen. Soweit die Hilfe zu anderen Zwecken als der beruflichen Eingliederung, beantragt werde, müssten diese Gründe also mindestens vergleichbar gewichtig sein. Bei der Prüfung der Frage, in welchem Umfang der Kläger sein Kraftfahrzeug benötige, hätten Fahrten zu Ärzten und zur ärztlich verordneter Krankengymnastik außer Betracht zu bleiben. Insoweit sei der Kläger auf die vorrangige Leistungen der Beigeladenen zu 2 als zuständiger Krankenversicherung zu verweisen (§ 60 SGB V). Hilfe, die wegen der erforderlichen Einkäufe notwendig sei, sei Bestandteil der Grundsicherung im Alter, für die der Beigeladene zu 1 bereits entsprechende Leistungen auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 S. 2 SGB XII bzw. von § 61 SGB XII erbringe. Soweit der Kläger Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben im Sinne von § 58 SGB IX begehre, lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass er deswegen ständig, nicht nur vereinzelt und gelegentlich, auf die Benutzung eines Kfz angewiesen sei. Er selbst habe vorgetragen, seine Ehefrau und er nehmen circa 10 bis 12-mal monatlich an Freizeitaktivitäten teil. Dieser Umfang bleibe deutlich hinter demjenigen zurück, der bei einer Teilhabe am Arbeitsleben entstehen würde. Im Übrigen sei der Wohnort des Klägers in A-Stadt zu berücksichtigen, von wo aus viele Freizeitangebote auch für gesunde Menschen kaum ohne Kfz erreicht werden könnten. Erschwernisse, unter denen alle Bewohner seines Wohnortes zu leiden hätten, bestünden nicht wegen der Behinderung des Klägers und könnten daher nicht im Wege der Eingliederungshilfe ausgeglichen werden.

Die dagegen mit Schreiben vom 24.08.2009 eingelegte Berufung begründet der Kläger im Wesentlichen mit der Art und Schwere seiner Behinderung und der daraus resultierenden Unmöglichkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Entgegen der Ansicht des SG bestehe die Notwendigkeit der Benutzung eines Kfz für den Kläger ständig, nicht nur vereinzelt und gelegentlich. Das Grundgesetz verbiete eine Diskriminierung von behinderten Menschen.

Der Beklagte trägt vor, die relevanten Bedarfe des Klägers würden unstreitig durch vorrangige Leistungen des Beigeladenen zu 1 und der Beigeladenen zu 2 gedeckt. Die durch die Behinderung des Klägers eingetretene Einschränkung sei daher ausgeglichen. Die Notwendigkeit der Benutzung des Kfz aus Gründen der Eingliederung in das Leben in der Gemeinschaft bestehe nicht ständig, sondern nur gelegentlich.

Den mit Schreiben vom 3.06.2010 gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat der Senat mit Beschluss vom 15.06.2010 abgelehnt.

Den am 25.06.2010 gestellten Verlegungsantrag hat der Vorsitzende mit Beschluss vom 28.06.2010 abgelehnt. Ebenfalls mit Schriftsatz vom 25.06.2010 hat der Kläger die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zur Frage der Notwendigkeit der Benutzung eines Kfz wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen beantragt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

1. das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23.04.2009 aufzuheben und

2. den Bescheid des Beklagten vom 13.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.02.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die am 23.10.2006 beantragten Betriebskosten für das Kfz in Höhe von monatlich 50 € zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, des Beigeladenen zu 1 und der Beigeladenen zu 2 und die gerichtlichen Akten beider Instanzen sowie die beigezogenen Akten zum Verfahren S 10 SO 74/08 ER verwiesen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung ist jedoch unbegründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in Form der Übernahme der Betriebskosten für sein Kfz nach §§ 53 Abs. 1 S. 1, 54 Abs. 1 S. 1, 60 SGB XII i.V.m. § 10 Abs.6 EinglHV.

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 13.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.02.2008. Es handelt sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1, 4 SGG, bei der die ohne zeitliche Beschränkung abgelehnten Leistungsansprüche des Klägers von der Antragstellung bei der Beklagten bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat gegenständlich sind (vgl. BSG Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b SO 12/06 R). Im Hinblick auf § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1 SGB IX handelt es sich trotz der Formulierung in § 10 Abs. 6 EinglHV ("kann Hilfe gewährt werden...") um eine gebundene Verwaltungsentscheidung (LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 10.05.2007 Az. L 8 SO 20/07 ER, Rn. 21), so dass sich der Klageanspruch direkt auf die Leistung der Eingliederungshilfe richten kann.

2. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach den §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. der Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglhV). Nach § 53 Abs. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten.

3. Der Kläger gehört grundsätzlich zum Personenkreis der Eingliederungsberechtigten im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Er besitzt mittlerweile einen GdB von 100 mit den Merkzeichen "B", "G" und "aG". Seine Bewegungsfähigkeit ist durch eine Beeinträchtigung des Bewegungssystems (Coxarthrose beidseits, Zustand nach Arthrodese rechtes Knie) in erheblichem Umfange eingeschränkt, so dass er zu den körperlich wesentlich behinderten Menschen im Sinne des § 1 Nr. 1 EinglHV gehört. Aufgrund der vorliegenden ärztlichen Befunde und des Schwerbehindertenausweises ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger damit grundsätzlich zu diesem Personenkreis gehört. Daher konnte von der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens - wie vom Kläger beantragt - abgesehen werden. Die Frage, welche Gesundheitseinschränkungen beim Kläger vorliegen, ist zwar entscheidungserheblich, aber nicht beweisbedürftig, weil die gesundheitlichen Einschränkungen bereits festgestellt wurden (Meyer-Ladewig SGG Kommentar 9. Auflage § 103 Rn. 4a, § 118 Rn.7). Dem am 25.06.2010 gestellten Beweisantrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens konnte der Senat ohne eine Verletzung von § 103 SGG nicht folgen, weil er sich zur beantragten Beweiserhebung nicht gedrängt fühlen musste.

4. Rechtsgrundlage für die beantragten Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Betriebskosten für das Kfz ist § 10 Abs. 6 EinglhV, der unter bestimmten Voraussetzungen die Übernahme von Betriebskosten eines Kraftfahrzeuges ermöglicht, wenn der behinderte Mensch wegen seiner Behinderung auf die regelmäßige Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen ist oder angewiesen sein wird. Die EinglhV beruht auf der Verordnungsermächtigung in § 60 SGB XII, wonach unter anderem Bestimmungen über Art und Umfang der Leistungen der Eingliederungshilfe durch Verordnung erlassen werden können. § 10 der EinglhV regelt den Umfang der Versorgung mit Körperersatzstücken, orthopädischen oder sonstigen Hilfsmitteln. Nach § 10 Abs. 6 der Verordnung kann als Versorgung im angemessenen Umfang Hilfe auch zur Erlangung der Fahrerlaubnis, zur Instandhaltung sowie zur Übernahme von Betriebskosten eines Kraftfahrzeugs gewährt werden, wenn der behinderte Mensch wegen seiner Behinderung auf die regelmäßige Benutzung eines Kfz angewiesen ist oder angewiesen sein wird. Nach §§ 55 Abs. 2 Nr. 7, 58 Nr. 2 SGB IX, anwendbar über § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, umfassen die Leistungen zur Teilhabe am Leben der Gemeinschaft auch Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen kulturellen Leben, insbesondere auch Hilfen zum Besuch von Veranstaltungen oder Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung oder kulturellen Zwecken dienen. Der Kläger macht die Leistungen geltend, die unter dem Oberbegriff der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§§ 53 Abs. 3 Satz 2 SGB XII, 55 Abs. 1 SGB IX) fallen. Dadurch soll den behinderten Menschen soweit wie möglich eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglicht werden. Die durch die Behinderung eingeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben soll soweit wie möglich ausgeglichen werden.

345. Ein Anspruch des Klägers auf Übernahme der Betriebskosten für sein Kraftfahrzeug scheitert jedoch daran, dass er nicht wegen seiner Behinderung zum Zwecke der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auf die regelmäßige Benutzung des Kfz angewiesen ist:

35Bei der Auslegung von § 10 Abs. 6 EinglhV darf das Tatbestandsmerkmal "regelmäßig" nicht nur zeitlich betrachtet werden. Es ist mit dem Merkmal der Notwendigkeit der Kraftfahrzeugbenutzung zusammenzulegen, die es verstärkt. Unter Heranziehung der Rechtsprechung zur Auslegung des § 8 EinglhV ist Voraussetzung für die Gewährung der Hilfe daher, dass die Notwendigkeit der Benutzung eines Kfz ständig, d.h. nicht nur vereinzelt und gelegentlich besteht. Die Gründe für die Versorgung mit einem Kfz müssen der Eingliederung in das Arbeitsleben zumindest vergleichbar gewichtig sowie vergleichbar häufig sein. Hierzu hat schon das SG zutreffend - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.10.1977, Az. 5 C 15.77; sowie vom 20.07.2000, Az. 5 C 43/99) ausgeführt, dass dazu auch gehöre, dass die Notwendigkeit der Benutzung ständig, nicht nur vereinzelt und gelegentlich bestehe. Die Notwendigkeit der Gewährung der Sozialhilfe tritt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts - der sich der Senat nach eigener Prüfung ausdrücklich anschließt -, erst dann ein, wenn der Leistungsberechtigte soweit in seiner Lebensführung, gemessen an seiner Umwelt, absinkt, dass seine Menschenwürde Schaden nimmt. Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges kann auch behinderten Menschen dann nicht gewährt werden, wenn der unmittelbare Zweck der Eingliederungshilfe z.B. mit einem Krankenfahrzeug erreicht werden kann und der mittelbare Zweck der Hilfe, nämlich die Eingliederung in die Gemeinschaft keinen Schaden nehmen würde (so auch schon Bayer LSG Beschluss vom 22.09.2008, Az: L8 B 684/08 SO ER).

6. Auch wenn sich der Gesundheitszustand des Klägers in den letzten Jahren verschlechtert hat, insbesondere der Grad der Behinderung mit 100 ab 24.04.2007 anerkannt wurde, genügt dies jedoch für sich noch nicht für die Notwendigkeit der dauernden Benutzung eines Kraftfahrzeuges im Sinne bzw. zu Zwecken der Eingliederungshilfe. Weder der anerkannte Grad der Behinderung noch die Vergabe des Merkzeichens "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung ) führen automatisch zur Übernahme der Kfz-Betriebskosten und zur Anerkennung der behinderungsbedingten regelmäßigen Benutzung des Kfz i.S. § 10 Abs. 6 EinglHV. Der Senat folgt insoweit nicht der Rechtsprechung des LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 10.05.2007, L 8 SO 20/07 ER), wonach der Begriff der "regelmäßigen Benutzung" erfüllt sei, wenn das Auto wiederkehrend häufig benutzt wird und der behinderte Mensch zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft überhaupt auf ein Auto angewiesen ist und er die Möglichkeit haben müsse, jederzeit von seinem Teilhaberecht Gebrauch zu machen. Nach Auffassung des Senats müssen vielmehr Bedarfe i. S. §§ 53 Abs. 1 S. 1, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII, 55 Abs. 2 Nr. 7, 58 SGB IX geltend gemacht werden (z.B. Verwandtenbesuche, Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen, Kirchenbesuche), die auch nicht wegen des Nachranges der Sozialhilfeleistungen anderweitig gedeckt werden können. Entscheidend bleiben die grundsicherungsrechtlich zu deckenden Bedarfe der Eingliederung in das Leben in der Gemeinschaft.

7. Zutreffend hat das SG daher die vom Kläger für den Nachweis der regelmäßigen Kfz-Benutzung geltend gemachten Fahrten zu Ärzten und Therapeuten (1) sowie die Fahrten zur Erledigung von Einkäufen (2) außer Betracht gelassen.

(1.) Bei den geltend gemachten Fahrten zu Ärzten und Therapeuten handelt es sich um Bedarfe aus dem Bereich der Teilhabe an Leistungen der medizinischen Rehabilitation i.S. § 5 Nr. 1 SGB IX und nicht um Teilhabeleistungen am Leben in der Gemeinschaft. Der Kläger hat hinsichtlich seiner Fahrten zu ambulanten ärztlichen oder ärztlich verordneten Behandlungen Anspruch auf Übernahme der Fahrtkosten durch die Krankenkasse nach Maßgabe des § 60 SGB V i.V.m. §§ 7, 8 der Krankentransportrichtlinie zu § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 12 SGB V (abgeleitete Berechtigung aus der Inhaberschaft eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "aG"). Die Beigeladene zu 2 gewährt dem Kläger diese Leistungen auch, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 23.04.2009 erklärt hat.

Damit ist dieser Bedarf bereits durch die Beigeladene zu 2 gedeckt und ist wegen des Nachranggrundsatzes des § 2 Abs. 1 SGB XII, der in § 55 Abs. 1 letzter HS SGB IX wiederholt wird (anwendbar über §§ 54 Abs. 1 S.1 SGB XII, 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX) nicht mehr zu berücksichtigen. Soweit der Träger der Sozialhilfe als Rehabilitationsträger i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gewährt, wiederholt § 55 Abs. 1 letzter HS SGB IX den Nachranggrundsatz der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII), der durch das SGB IX nicht aufgehoben worden ist, sondern unverändert fort gilt. D.h., der Träger der Sozialhilfe gewährt keine Leistungen zur Teilhabe, wenn der Hilfesuchende die erforderliche Hilfe von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (Lachwitz in HK-SGB IX 3. Auflage § 55 Rn. 14).

(2.) Die vom Kläger geltend gemachten Fahrten zu Einkäufen unterfallen ebenfalls nicht dem Bedarf der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft i.S. §§ 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII, 55 Abs. 2 Nr. 7, 58 SGB IX.

Auch hier ist der Kläger auf die Bedarfsdeckung durch andere Träger der Sozialleistungen zu verweisen (§ 55 Abs. 1 letzter HS SGB IX). Der Beigeladene zu 1 gewährt dem Kläger seit 1.07.2008 aufstockende Leistung für eine Haushaltshilfe, zunächst auf der Rechtsgrundlage von § 28 Abs. 1 S. 2 SGB XII, seit 1.07.2009 als Hilfe zur Pflege. Anhaltspunkte dafür, dass diese Leistungen für die Sicherstellung der erforderlichen Einkäufe nicht ausreichen, sind nicht ersichtlich, zumal der Kläger zuletzt mit Schriftsatz vom 3.06.2010 vorgetragen hat, dass er die Haushaltshilfe gar nicht für Einkäufe in Anspruch nimmt.

8. Bei der Beurteilung des Tatbestandsmerkmales "auf regelmäßige Benutzung des Kfz angewiesen" i.S. § 10 Abs. 6 EinglHV sind nur die geltend gemachten Bedarfe der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach §§ 53 Abs. 1 S. 1 ,54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 55 Abs. 2 Nr. 7, 58 SGB IX zu berücksichtigen.

Von den in § 55 Abs. 2 SGB IX beispielhaft ("insbesondere") genannten Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft kommen hier nur die unter Ziffer 7 genannten Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben in Betracht. § 58 SGB IX benennt hierzu vor allem

1. Hilfen zur Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nichtbehinderten Menschen 2. Hilfen zum Besuch von Veranstaltungen oder Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung oder kulturellen Zwecken dienen 3. die Bereitstellung von Hilfsmitteln, die der Unterrichtung über das Zeitgeschehen oder kulturelle Ereignisse dienen.(...).

Es steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger nicht ständig und zwingend auf die Benutzung eines eigenen Kfz für Eingliederungszwecke am Leben in der Gemeinschaft angewiesen ist.

Er macht geltend, das Kfz für Fahrten zum Freizeitpark, zur Kurverwaltung, zu Thermalbädern, zum Besuch von Ausstellungen und Museen, zur Kirche u.ä. zu benötigen, die ohne eigenes Kfz nicht durchgeführt werden könnten.

Die geltend gemachten Fahrten unterfallen zwar grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 58 Nr. 1 und 2 SGB IX, sie erfolgen aber nicht regelmäßig i.S. § 10 Abs 6 EinglHV. Orientiert an der "Regelmäßigkeit" bei der Teilnahme am Arbeitsleben (idR. 22 Arbeitstage pro Monat) , reichen die vom Kläger vorgetragenen 10-12 Fahrten monatlich zu diesen Zwecken nicht aus, um eine ständige, nicht nur gelegentliche und vereinzelte Benutzung des Kfz i.S. § 10 Abs. 6 EinglHV zu begründen. Die Erstangaben des Klägers decken sich hinsichtlich der Häufigkeit mit den Erhebungen des Amtsarztes Dr. W., vom 8.11.2006. Aus den vom Kläger zuletzt übersandten Unterlagen ("A-Stadt aktuell Juni 2010" und "Was ist los-A-Stadt Magazin Juni 2010") ergibt sich zwar das Freizeitangebot, das sich dem Kläger eröffnet, nicht aber die Häufigkeit der Nutzung desselben durch ihn. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach den zutreffenden Ermittlungen des Beklagten sehr zentral und verkehrsgünstig wohnt, so dass viele Angebote in A-Stadt für den Kläger günstiger ohne Kfz zu erreichen sind. Darüber hinaus hat der Kläger in einem Widerspruchsverfahren gegenüber dem Beigeladenen zu 1 selbst mit Schreiben vom 1.08.2006 ausgeführt, dass seine Wohnung verkehrsgünstig liege und vor allem Ärzte und Einkaufsmöglichkeiten ohne Auto, ohne Mühen zu erreichen seien.

9. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass im Landkreis P. ein Behindertenfahrdienst eingerichtet ist, der von behinderten Menschen mit dem Merkzeichen "aG" plus "B" oder "H" für max. 200 km im Monat genutzt werden kann (Auskunft des Beigeladenen zu 1 vom 13.11.2007 und im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23.04.2009). Damit könnte grundsätzlich der Teilhabebedarf des Klägers i.S. des soziokulturellen Existenzminimums gedeckt werden. Ziel der steuerfinanzierten sozialen Fürsorgeleistungen ist auch der Schutz vor sozialer Ausgrenzung. Würdevoll lebt, wer seinen notwendigen Bedarf über das existenziell Unerlässliche hinaus auch in sozialer und kultureller Hinsicht bestreiten kann. Bei der Bestimmung des soziokulturellen Existenzminimums muss auf die Lebensgewohnheiten abgestellt werden, die auch von der Bevölkerung in "bescheidenen Verhältnissen" geteilt werden, so dass "soziale Ausgrenzung" aus wirtschaftlichen Gründen vermieden wird (Bayer LSG Urteil vom 26.02.2010, Az L 8 SO 55/09; BayVGH, Urteil vom 23. September 2009, Au 3 K 03.748). Bei einem Abstellen auf die Lebensgewohnheiten der in bescheidenen Verhältnissen lebenden Bevölkerungskreise kann das vom Kläger unter Nutzung des Behindertenfahrdienstes mögliche Maß der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft noch nicht als unzureichend bezeichnet werden.

10. Dabei ist unerheblich, dass der Kläger derzeit den Fahrdienst nicht nutzen kann, weil dieser nur behinderten Menschen zur Verfügung steht, die über kein eigenes Kfz verfügen. Der Kläger ist, wie oben festgestellt, nicht wegen seiner Behinderung zum Zweck der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auf die regelmäßige Benutzung eines Kfz angewiesen. Er hat daher, wie nicht behinderte Menschen auch, die Kosten des Unterhalts eines Kfz selbst zu tragen. Leistungen der Eingliederungshilfe dienen, wie auch Leistungen der Kfz Hilfe bei der Teilhabe am Arbeitsleben nach der Kfz-Hilfeverordnung( KfzHV) nicht dazu, angespannte Haushaltslagen auszugleichen. Bei der Teilhabe am Arbeitsleben besteht nach Sinn und Entstehungsgeschichte der KfzHV kein Anspruch auf Leistungen, die der Unterhaltung des Kfz selbst dienen, weil diese Leistungen durch die Unterhaltung des Kfz schlechthin, nicht aber durch die Behinderung bedingt sind (BSG Urteil vom 8.02.2007, B 7a Al 34/06 R). Allgemeine Belastungen aus dem Betrieb eines Kfz hat der Kläger selbst zu tragen. Wenn seine wirtschaftlichen Verhältnisse das Tragen dieser Betriebskosten nicht mehr erlauben, kann diese Deckungslücke nicht mit der behinderungsbedingten Eingliederungshilfe geschlossen werden, wenn die Eingliederung in das Leben in der Gemeinschaft nicht in der erforderlichen Regelmäßigkeit erfolgt.

Der Kläger hat nach alldem keinen Anspruch auf Übernahme einer monatlichen Betriebskostenpauschale für sein Kraftfahrzeug.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.