VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.04.1991 - 14 S 1277/89
Fundstelle
openJur 2013, 7724
  • Rkr:

1. Die bevorzugte Berücksichtigung einzelner Marktbewerber bei Platzmangel als "bekannt und bewährt" darf nicht von einer ununterbrochenen Zulassung abhängig gemacht werden. Eine an der Marktfreiheit und am Gleichbehandlungsgrundsatz orientierte Praxis muß alle Altbewerber mit dem Risiko verminderter Zulassungschancen durch Neuzulassungen belasten.

2. Offen bleibt, ob das Auswahlverfahren und die Vergabekriterien in den wesentlichen Grundzügen durch eine Satzung oder Richtlinien des Gemeinderats zu regeln sind.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen ihren Ausschluß vom Pferdemarkt 1988 der beklagten Stadt, einem erstmals im Jahr 1925 und seit 1949 ununterbrochen durchgeführten Jahr- und Spezialmarkt, der inzwischen vom Landratsamt durch Bescheid vom 2.5.1990 auf Dauer festgesetzt worden ist.

Die Klägerin betreibt einen Verkaufswagen für "Süßwaren, gebrannte Mandeln, Zuckerwatte und kandierte Früchte", mit dem sie sich im November 1987 um einen Standplatz beim Pferdemarkt vom 2. bis 6.9.1988 bewarb. Mit ihrem Geschäft hatte sich die Klägerin ab 1985 selbst um einen Standplatz beworben; 1985 wurde ihr Antrag abgelehnt, hingegen wurde sie in den Jahren 1986 und 1987 zugelassen. In den Jahren von 1973 bis 1981 waren Zulassungsanträge für dieses Geschäft vom 1987 verstorbenen Ehemann der Klägerin gestellt worden; der Ehemann war in diesen Jahren mit Ausnahme des Jahres 1980 jeweils zugelassen worden. Für die Jahre 1982 bis 1984 hatte die Klägerin Zulassungsanträge gemeinsam mit ihrem Ehemann gestellt, erfolgreich aber nur für das Jahr 1983. Insgesamt war die Klägerin danach zusammen mit ihrem Ehemann einmal im Jahr 1983 zugelassen und zweimal als alleinige Antragstellerin in den Jahren 1986 und 1987.

Den Antrag für 1988 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2.5.1988 ab. Sie führte aus, auf dem diesjährigen Vergnügungspark sei die Anzahl der Mandelverkaufsgeschäfte auf insgesamt vier beschränkt worden. Sie habe wesentlich mehr Bewerbungen erhalten, weshalb nur ein kleiner Teil der Bewerber habe berücksichtigt werden können. Die Klägerin habe durch die letztjährigen Zulassungen, u.a. 1986 und 1987, die Möglichkeit einer Teilnahme erhalten. Mit Rücksicht auf andere vergleichbare Geschäfte könne ihre Bewerbung bei der Auswahl für 1988 nicht berücksichtigt werden.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, es seien zwei neue Betriebe und zwei seit mehr als 10 Jahren ununterbrochen zugelassene Betriebe zugelassen worden. Wenn andere vergleichbare Geschäfte eine Chance erhalten sollten, müßten zunächst diese Geschäfte aussetzen. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Bescheid vom 21.7.1988 als unbegründet zurück. Sie führte aus, das Landratsamt habe im Dezember 1984 auf ihren Antrag hin den Pferdemarkt gemäß §§ 68, 69 GewO als Spezial- und Jahrmarkt bis einschließlich 1990 festgesetzt. Sie habe sich für 1988 entschieden, insgesamt vier Mandelgeschäfte zuzulassen. Von den hierfür abgegebenen insgesamt 19 Bewerbungen hätten nur vier berücksichtigt werden können. Die übrigen Bewerber seien gemäß § 70 Abs. 3 GewO von der Veranstaltung ausgeschlossen worden. Unter Berücksichtigung des Kriteriums "bekannt und bewährt" habe sie die Firmen S. und B. zugelassen. Diese Firmen seien seit 1973 ununterbrochen auf dem Pferdemarkt vertreten gewesen und bestens bewährt. Die bevorzugte Berücksichtigung langjährig bekannter und bewährter Schausteller, sogenannter Stammbeschicker, sei bisher auch in der Rechtsprechung als rechtsfehlerfrei bezeichnet worden. Andererseits berücksichtige sie die neuere Rechtsprechung, nach der Neu- oder Wiederholungsbewerbern von der Art der Klägerin eine Zulassungschance eingeräumt werde. Durch die Zulassungen in den letzten Jahren habe sie die Möglichkeit zur Teilnahme erhalten. Auch andere Bewerber hätten die Chance zu einer erfolgreichen Bewerbung haben sollen. Sie habe sich deshalb dazu entschlossen, die verbleibenden Plätze nicht nach den Kriterien "bekannt und bewährt" zu vergeben, sondern insoweit jedem Bewerber eine Zulassungschance zu eröffnen. Zugelassen worden seien die Firmen R. und M., die in den vergangenen Jahren nur 1986 bzw. 1987 zugelassen gewesen seien. Durch die Berücksichtigung dieser Bewerber werde gewährleistet, daß auch andere eine Zulassungschance hätten und nicht auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen würden. Auch unter qualitativen Gesichtspunkten entsprächen die Verkaufsstände der Firmen R. und M. zumindest dem der Klägerin. Der Ausschluß der Klägerin sei danach ermessensfehlerfrei erfolgt.

Am 10.8.1988 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage erhoben, mit der sie zuletzt die Feststellung beantragt hat, daß die angefochtenen Bescheide rechtswidrig gewesen sind. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, die Beklagte vergesse zu erwähnen, daß ihre Nichtzulassung zum Pferdemarkt 1984 Gegenstand eines Rechtsstreits gewesen sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe ihre Klage seinerzeit abgewiesen, weil damals ein Qualitätsunterschied zwischen ihrem Stand und den Ständen der Firmen S. und B. bestanden habe. Ein solcher Unterschied sei heute nicht mehr vorhanden und werde von der Beklagten auch nicht mehr behauptet. Sie besitze nämlich inzwischen ein völlig neu gestaltetes Geschäft, welches als eines der schönsten gelte. Die Bescheide seien in sich unschlüssig und benachteiligten sie willkürlich. Auch ihrer Firma, die seit 1973 -- mit Unterbrechungen -- zugelassen worden sei, müsse das Prädikat "bekannt und bewährt" zugesprochen werden. Das bestreite die Beklagte auch nicht, behaupte aber, sich dazu entschlossen zu haben, die verbleibenden Plätze nicht nach diesem Kriterium zu vergeben, um anderen Bewerbern eine Zulassungschance zu geben. Gegen eine solche Chance für andere Bewerber sei im Prinzip nichts einzuwenden. Es gehe jedoch nicht, zwei Plätze ständig an die gleichen Bewerber zu vergeben und nur bei den verbleibenden Plätzen neuen Bewerbern eine Zulassungschance einzuräumen. Hier werde offensichtlich mit verschiedenen Maßstäben gemessen. Ohne sachliche Rechtfertigung würden zwei Betriebe vorgezogen, während sich die übrigen Bewerber um die verbleibenden Plätze raufen müßten. Auch die Handhabung bei den übrigen Vergaben erscheine zweifelhaft. Irgendein System, beispielsweise der Vergabe von Punkten für Wartejahre oder durch Losen, sei nicht ersichtlich. Auch nach dem Ende des Pferdemarkts 1988 bestehe ein Rechtsschutzinteresse an der beantragten Feststellung, da befürchtet werden müsse, daß sie auch künftig ohne sachliche Gründe keine Zulassung erhalte. Im übrigen bestehe nun Anlaß, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klage sei bereits unzulässig, weil ein Rechtsschutzinteresse nicht gegeben sei. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht dargetan. Die Zulassung der Firmen S. und B. sei nicht in die Zukunft hinein ausgesprochen worden. Die Entscheidung für 1988 sei nicht für künftige Fälle vorgreiflich. Die pauschale Befürchtung, auch im nächsten Jahr könnten andere Firmen ohne sachliche Gründe bevorzugt werden, sei zur Begründung einer Wiederholungsgefahr untauglich. Auch die angedrohte Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen sei nicht geeignet, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu begründen. Ein Schadensersatzanspruch stünde der Klägerin nämlich nur zu, wenn sie eine Schrumpfung des Auswahlermessens auch in bezug auf die anderen 15 abgewiesenen Bewerber nachweisen könne. Hierfür sei aber nichts vorgetragen. Die Klage sei auch unbegründet, weil das Ausschließungsermessen fehlerfrei ausgeübt worden sei. Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil vom 21.2.1989 stattgegeben und festgestellt, daß der Ablehnungsbescheid der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids rechtswidrig gewesen ist. Es hat ausgeführt, die Klage sei zulässig. Es bestehe die Gefahr, daß die Beklagte künftige Bewerbungen der Klägerin mit gleichen Gründen ablehnen werde. Die Klage sei auch begründet, weil die angefochtenen Bescheide rechtswidrig seien. Die Ausschließung des Geschäfts der Klägerin sei nicht von sachlich gerechtfertigten Gründen im Sinne des § 70 Abs. 3 GewO getragen. Insbesondere fehlten solche Gründe dafür, daß die Geschäfte S. und B. nach dem Kriterium "bekannt und bewährt" zugelassen worden seien, die Klägerin jedoch nicht. Nach den ablehnenden Bescheiden sei die Beklagte davon ausgegangen, daß das Geschäft der Klägerin nicht als bekannt und bewährt zu beurteilen sei. Bei dieser Frage müsse jedoch der ganze Zeitraum der Teilnahme am Pferdemarkt von 1973 bis 1987 zugrundegelegt werden. Eine Unterscheidung nach der Person des Bewerbers sei sachlich nicht gerechtfertigt. Nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung habe sie das Geschäft mit ihrem Ehemann bis zu dessen Tod gemeinsam betrieben. Es könne daher davon ausgegangen werden, daß beide Ehegatten in wesentlich gleichem Maße für die Eigenschaften des Geschäfts verantwortlich gewesen seien, die für dessen Bekanntheit und Bewährung von Bedeutung seien. Die nicht ununterbrochene Teilnahme stelle für sich kein Kriterium mangelnder Bekanntheit oder Bewährung dar. Ob ein Geschäft in dem fraglichen Zeitraum an allen 15 Pferdemärkten (so Firma S.), an 14 (so Firma B.) oder an 11 (so die Klägerin) teilgenommen habe, mache keinen sachlich gerechtfertigten Unterschied. Solche seien bei mehr als zehnmaliger Teilnahme auch nicht ersichtlich oder von der Beklagten vorgebracht. Bei gleicher Erfüllung der maßgeblichen Kriterien könne eine willkürfreie Entscheidung nur durch Auslosung getroffen werden. Danach komme es nicht mehr darauf an, ob die Nichtberücksichtigung der Klägerin in der anderen Gruppe der rechtlichen Prüfung standhalte. Allerdings bestünden auch insoweit Bedenken, da die Kriterien der Zulassung in dieser Gruppe nicht ausreichend bestimmt seien, insbesondere ungewiß sei, welchen der anderen Bewerbern unter welchen Umständen die Chance der Zulassung eingeräumt werde. Das Urteil wurde der Beklagten am 4.4.1989 zugestellt.

Mit der am 27.4.1989 eingelegten Berufung beantragt die Beklagte,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.2.1989 -- 14 K 2226/88 -- zu ändern und die Klage abzuweisen.

Sie trägt noch vor, die Klage sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Die Klage sei jedenfalls auch unbegründet. Das Kriterium "bekannt und bewährt" bedeute, daß die Zuverlässigkeit des Unternehmers (Marktbeschickers) durch eine lückenlose Teilnahme an den vorangegangenen Veranstaltungen über einen hinreichend langen Zeitraum nachgewiesen sei. Das treffe für die Klägerin nicht zu. Da das Kriterium gerade auch an die Person des Marktbeschickers anknüpfe, sei es unhaltbar, die Zulassungen in den Jahren 1973 bis 1981, die allein vom Ehemann beantragt worden seien, der Klägerin zugute kommen zu lassen. Auch die Zweifel, ob sie innerhalb der sonstigen Gruppe eine zutreffende Auswahlentscheidung getroffen habe, seien nicht begründet. Sie habe dargelegt, nach welchen Kriterien innerhalb dieser zweiten Gruppe differenziert worden sei.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht noch geltend, bereits aus der langen Kette von Fehlentscheidungen der Beklagten ergebe sich ihr Feststellungsinteresse. Gerade weil die Beklagte bisher keine schriftlich fixierten Zulassungsrichtlinien habe, müsse sie durch gerichtliche Entscheidungen gezwungen werden, ohne Ermessensfehler zu entscheiden. Auch sei aufgrund der wiederholten fehlerhaften Entscheidungen ein Amtshaftungsprozeß keineswegs aussichtslos. Die Ansprüche seien von ihr zwischenzeitlich beziffert und mit einem Schreiben vom 7.4.1989 auch der Höhe nach gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden. Sobald die Fehlerhaftigkeit der Entscheidung rechtskräftig feststehe, werde sie den Schadensersatzprozeß führen. Die Ausführungen der Berufung zum Grundsatz "bekannt und bewährt" könnten nicht nachvollzogen werden. Bekannt und bewährt sei ein Schausteller nicht nur dann, wenn er sich persönlich bewerbe, sondern auch, wenn er persönlich bekannt sei. Der Beklagten sei bekannt, daß sie den Betrieb schon geführt habe, als ihr verstorbener Ehemann noch allein nach außen hin als Antragsteller aufgetreten sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil, die entstandenen Gerichtsakten und die dem Senat vorliegenden einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Der Senat kann mit dem ausdrücklich erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Dabei hat es die Klage zutreffend nach § 113 Abs. 1 Satz 4 mit dem Antrag auf Feststellung, daß der Ablehnungsbescheid rechtswidrig gewesen ist, für zulässig gehalten (vgl. zuletzt etwa Urteil des Senats vom 20.2.1990 -- 14 S 527/89 -- unter Hinweis auf BVerwG, Urteile vom 15.11.1984 und vom 28.8.1987, Buchholz 310 § 113 VwGO Nrn. 145 und 173 m.w.N.). Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich auch nach der Auffassung des Senats schon daraus, daß die Klägerin künftig mit der Ablehnung von Zulassungsanträgen zum Pferdemarkt der Beklagten aus den gleichen Ermessenserwägungen rechnen muß. Ob der von der Klägerin angekündigte Amtshaftungsprozeß offensichtlich aussichtslos ist, bedarf keiner Erörterung.

Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind nämlich rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten; der Anspruch der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Zulassungsantrag zum Pferdemarkt 1988 nach § 70 Abs. 1 und 3 GewO i.V.m. §§ 68, 69 GewO ist nicht rechtsfehlerfrei beschieden worden.

Nach § 70 Abs. 1 GewO ist jedermann, der dem Teilnehmerkreis der festgesetzten Veranstaltung (hier des als Spezial- und Jahrmarkt festgesetzten Pferdemarkts) angehört, nach Maßgabe der für alle Veranstaltungsteilnehmer geltenden Bestimmungen zur Teilnahme berechtigt; der Veranstalter kann jedoch nach Abs. 3 aus sachlich gerechtfertigten Gründen, insbesondere wenn der zur Verfügung stehende Platz nicht ausreicht, einzelne Aussteller, Anbieter oder Besucher von der Teilnahme ausschließen. Danach kann die Klägerin zwar nach dem Grundsatz der Marktfreiheit (§ 70 Abs. 1 GewO) ihre Zulassung verlangen, wenn sie die allgemeinen Teilnahmebedingungen erfüllt und kein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt, sie -- insbesondere wegen Platzmangels -- nicht zu berücksichtigen. Reicht das Platzangebot, wie in den angefochtenen Bescheiden ausgeführt und von der Klägerin auch nicht bestritten worden ist, für die Zulassung aller Anbieter nicht aus, so ist die Beklagte bei der öffentlich-rechtlichen Vergabe von Standplätzen gemäß § 70 Abs. 3 GewO ermächtigt, nach ihrem Ermessen unter den Marktbewerbern auszuwählen und notwendigerweise auch einzelne von ihnen auszuschließen. Die Klägerin hat danach grundsätzlich nur einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung dieses sogenannten Ausschließungsermessens. Ihre Zulassung beanspruchen kann sie ausnahmsweise lediglich dann, wenn jede andere Ermessensentscheidung rechtswidrig erscheint. Ob ein solcher Fall vorgelegen hat, kann und muß der Senat hier nicht entscheiden.

Die angefochtenen Bescheide enthalten nämlich keine fehlerfreien Erwägungen zur Ausübung des Ausschließungsermessens zum Nachteil der Klägerin.

Das der Beklagten als Veranstalterin durch § 70 Abs. 3 GewO eingeräumte Ermessen ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung insoweit begrenzt, als eine Ausschließung nur bei Vorliegen eines sachlich gerechtfertigten Grundes erlaubt ist. Erfolgt der Ausschluß -- wie hier -- wegen Platzmangels, so muß auch der zwischen den Bewerbern angelegte Verteilungsmaßstab sachlich gerechtfertigt sein (vgl. BVerwG, Urteile vom 27.4.1984, Buchholz 451.20, § 70 GewO Nrn. 1 und 2). Für das Verständnis der Ermessensbegrenzung ist die Einsicht wichtig, daß nach dem Sinnzusammenhang der einzelnen Absätze des § 70 GewO der in Absatz 1 niedergelegte Grundsatz der Marktfreiheit durch die Ermessensregelung in Absatz 3 nur modifiziert, aber nicht aufgehoben werden sollte. Deshalb ergeben sich aus dem Grundsatz der Marktfreiheit für das Verteilungsermessen des Veranstalters zwingende Schranken (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.4.1984, aaO., Nr. 1. Die Beachtung der wettbewerblichen Chancengleichheit aller Bewerber schließt die Anwendung von Verteilungskriterien aus, die mit dem durch die betreffende Veranstaltung gekennzeichneten Lebenssachverhalt in keinem sachlichen Zusammenhang stehen (vgl. allgemein Roth, Rechtliche Probleme der Zulassung von Schaustellern zu Volksfesten, Spezialmärkten und Jahrmärkten, WiVerw 1985, 46 ff., 52). Das Ausschließungsermessen kann danach entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung nur dann fehlerfrei ausgeübt werden, wenn es bei der unumgänglichen Beschränkung der Marktfreiheit ausschließlich marktrechtliche und marktspezifische Gesichtspunkte berücksichtigt. Insoweit ergeben sich Anhaltspunkte insbesondere aus den Regelungen in §§ 70 Abs. 2, 70 a GewO (vgl. Roth, aaO.). Soweit § 70 a GewO den -- im übrigen für das gesamte Gewerberecht typischen -- Ausschluß unzuverlässiger Bewerber ermöglicht, kann dem die Aussage entnommen werden, daß der Veranstalter in der Vergangenheit aufgetretene, die ordnungsgemäße Marktabwicklung betreffende Schwierigkeiten mit einem Bewerber zum Vergabekriterium selbst dann machen kann, wenn diese Schwierigkeiten noch unterhalb der Ebene der Unzuverlässigkeit liegen (vgl. Roth, aaO., S. 53). Von daher erscheint es naheliegend und gerechtfertigt, das Kriterium der Bewährung eines Marktbewerbers im Sinne einer erprobten Zuverlässigkeit im Ansatz als rechtlich bedenkenfrei anzusehen. Zusammen mit dem marktspezifischen Gesichtspunkt der Bekanntheit eines Betriebs beim Publikum, ebenfalls erworben durch frühere Zulassungen, bestehen danach im Grundsatz keine Bedenken gegen einen Verteilungsmaßstab, der das Kriterium "bekannt und bewährt" als positiven Auswahlgesichtspunkt zugunsten eines Kreises von Stammbeschickern einsetzt. Nach der Rechtsprechung des früher für das Gewerberecht zuständigen 6. Senats des erk. Gerichtshofs darf das Vergabekriterium "bekannt und bewährt" allerdings nicht zum alleinigen Verteilungsmaßstab erhoben werden, weil die Marktfreiheit nur dadurch erhalten werden kann, daß auch allen anderen Bewerbern eine reale Zulassungschance eingeräumt wird (vgl. Urteil vom 17.3.1982 -- 6 S 1669/81 --, GewArch 1983, 15 = VBlBW 1983, 37). Dem ist das Bundesverwaltungsgericht in der zu dem zitierten Urteil ergangenen Revisionsentscheidung gefolgt (vgl. BVerwG, Urteil v. 27.4.1984, aaO., Nr. 1) mit der Erwägung, daß ein Auswahlsystem, welches Neubewerbern oder Wiederholungsbewerbern weder im Jahr der Antragstellung noch in einem erkennbaren zeitlichen Turnus eine Zulassungschance einräume, in jedem Falle außerhalb der Ermessensgrenzen des § 70 Abs. 3 GewO liege (vgl. ebenso zuletzt etwa OVG Münster, Urteil vom 12.11.1990 GewArch 1991, 113 m.w.N.); das entspricht der Rechtsprechung des Senats. Wie im einzelnen ein die Marktfreiheit erhaltendes Zulassungssystem auszugestalten ist, welche Bewerbergruppen gebildet werden und nach welchem System (etwa innerhalb der Gruppen "rollierend" oder durch "Losentscheid") Standplätze zugeteilt werden, liegt im gerichtlich nur beschränkt nachprüfbaren Ermessen des Veranstalters. Aufgabe der Verwaltungsgerichte bleibt es aber, die Vergabemodalitäten im einzelnen auf ihre Vereinbarkeit mit der Ermessensermächtigung zu kontrollieren. Eine an der Marktfreiheit und am Gleichbehandlungsgrundsatz orientierte Praxis muß alle Altbeschicker mit dem Risiko verminderter Zulassungschancen durch Neuzulassungen (Erstzulassungen) belasten. Die Berücksichtigung als bekannter und bewährter Marktbeschicker darf danach nicht von einer ununterbrochenen (kontinuierlichen) Zulassung abhängig gemacht werden; an der gegenteiligen Auffassung des früher zuständig gewesenen 6. Senats des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. dessen Urteil vom 17.3.1982, GewArch 1983, 159, 160 = VBlBW 1983, 37) hält der erkennende Senat nicht fest. Das hätte nämlich zur Folge, daß praktisch immer nur wenige und immer dieselben Stammbeschicker -- vor allen anderen Bewerbern -- privilegiert werden und eine exklusive Dauerzulassung erhalten. Eine solche Praxis, die anderen Wiederholungsbewerbern von vornherein praktisch keine reale Chance läßt, in die Gruppe der bekannten und bewährten ununterbrochenen Stammbeschicker "aufzusteigen", ist mit der Marktfreiheit unvereinbar.

Diesen Grundsätzen werden die angefochtenen Ermessensentscheidungen nicht gerecht. Die Beklagte durfte danach zwar bei ihrer Auswahlentscheidung "bekannte und bewährte" Bewerber grundsätzlich bevorzugt zulassen. Die Klägerin ist aber dadurch rechtsfehlerhaft benachteiligt worden, daß die Beklagte einerseits zwei seit 14 bzw. 15 Jahren ununterbrochen berücksichtigte Konkurrenten als bekannte und bewährte Stammbeschicker zugelassen, andererseits aber zugleich die Klägerin als weniger oft zugelassene Bewerberin zugunsten von zwei nur je einmal zugelassenen Wiederholungsbeschickern abgewiesen hat. Die Klägerin hat bei dieser Auswahlpraxis, die einer Gruppe von Dauerteilnehmern eine zweite Gruppe von (Neu- und) Wiederholungsbewerbern gegenüberstellt, auf Jahre hinaus ungerechtfertigt reduzierte Zulassungschancen. Die Klägerin könnte danach künftig erst wieder mit einer Zulassung rechnen, wenn alle anderen Mitbewerber -- außer den Stammbeschickern S. und B. -- ebenfalls mindestens je dreimal am Markt teilgenommen haben. Dabei geht der Senat davon aus, daß bei dem sich seit Jahren steigernden Wettbewerb (vgl. schon VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.3.1982 aaO.) das Bewerberfeld von zuletzt 17 Neu- und Wiederholungsbewerbern im Jahre 1988 eher noch zunehmen, jedenfalls nicht wesentlich abnehmen wird. Bei einer derartigen Konkurrenzsituation scheint es praktisch ausgeschlossen, daß die Klägerin -- oder eine andere Firma -- in die Gruppe der bekannten und bewährten Stammbeschicker aufrücken kann. Auf die nicht absehbare Möglichkeit, daß ein anderer Stammbeschicker aus dem Bewerberfeld ausscheidet, braucht sich die Klägerin nicht verweisen zu lassen. Die Beklagte hat Erwägungen in diese Richtung auch nicht angestellt.

Die Klägerin läßt sich allerdings nicht schon mit der vom Verwaltungsgericht gegebenen Begründung als bekannt und bewährt einstufen. Mit dem Verwaltungsgericht kann zwar angenommen werden, daß der Betrieb der Klägerin durch seine zahlreichen Teilnahmen an dem Pferdemarkt in den Jahren 1973 bis 1987 beim Publikum hinreichend bekannt war. Die Bekanntheit ist nämlich als betriebsbezogenes Merkmal zu verstehen, welches eine Personenidentität des jeweiligen Betriebsinhabers/Marktbewerbers nicht notwendig voraussetzt. Die Klägerin kann sich daher insoweit auf die Bekanntheit ihres Geschäftes beim Pferdemarkt seit 1973 berufen. Dagegen handelt es sich bei dem Merkmal der Bewährung um ein persönlichkeitsbezogenes Urteil über die durch mehrfache Marktteilnahme erprobte, gleichsam positiv unter Beweis gestellte Zuverlässigkeit. Die Bewährung kann mithin nur durch den jeweiligen Betriebsinhaber und Marktbewerber erfüllt und nicht an einen Betriebsübernehmer weitergegeben werden, auch nicht an ein im Betrieb mitarbeitendes Familienmitglied (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.8.1984 -- 6 S 1045/84 --). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann daher für die Frage, ob die Klägerin auf dem Pferdemarkt "bewährt" ist, nicht auf die Zulassungen in den Jahren 1973 bis 1981, als der Betrieb nach außen allein vom Ehemann der Klägerin geführt wurde, abgestellt werden. Ob der Klägerin eine Bewährung im Sinne erprobter Zuverlässigkeit gleichwohl nicht abgesprochen werden kann, da sie in den Jahren von 1982 bis 1987, als sie zunächst gemeinsam mit ihrem Ehemann und dann ab 1985 allein als Marktbewerberin auftrat, insgesamt dreimal beanstandungsfrei am Pferdemarkt teilgenommen hat und dadurch eine dreifache Teilnahme innerhalb eines Zeitraums von sechs Jahren -- bei ununterbrochener Bewerbung -- erreicht hat, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Insoweit kann der Senat auch offen lassen, ob der Veranstalter im Rahmen seiner Ermessensermächtigung ohne Verstoß gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Grundsatz der Chancengleichheit und im Hinblick auf den Gesetzeszweck befugt ist, innerhalb der Gruppe bekannter und bewährter Unternehmer an einen besonderen Grad der Bekanntheit und Bewährung für eine differenzierende Auswahlentscheidung anzuknüpfen (vgl. dazu etwa das zitierte Urteil des VGH Bad.-Württ. vom 22.8.1984, aaO.). Ein solcher Ansatz läßt sich den angefochtenen Bescheiden, wie bereits das Verwaltungsgericht der Sache nach ausgeführt hat, wohl nicht entnehmen. Auch der Senat versteht die Ausführungen der Beklagten so, daß sie die Klägerin bereits nicht der Gruppe der "bekannten und bewährten" Beschicker zurechnen wollte. Die Auswahlentscheidung ist jedenfalls durch den fehlerhaften Ansatz gekennzeichnet, daß sie nur die zwei seit 1973 ununterbrochen zugelassenen Konkurrenzbetriebe S. und B. gegenüber allen anderen Bewerbern bevorzugen wollte. Die Einräumung einer exklusiven Dauerzulassung für zwei Bewerber ist aber, wie bereits ausgeführt, mit dem Grundsatz der Marktfreiheit nicht vereinbar und daher auch gegenüber der Klägerin nicht zu rechtfertigen.

Soweit die Beklagte die Firmen R. und M. aus der Gruppe der (mindestens einmal erfolgreichen) Wiederholungsbewerber der Klägerin gegenüber bevorzugt hat, wäre es zwar nicht zu beanstanden, daß sie insoweit auf die Anzahl der angesprochenen Zulassungen abgestellt hat, wenn der Beurteilung gleiche Bewerbungszeiträume zugrundegelegt worden sein sollten. Insoweit bedarf es keiner weiteren Aufklärung, da es hierauf nach dem festgestellten Fehler nicht ankommt. Schließlich bedarf es keiner weiteren Ausführungen dazu, ob die Auswahl nur nach den beiden gebildeten Gruppen der Stamm- und Wiederholungsbeschicker ohne Berücksichtigung von Neubewerbern rechtmäßig gewesen ist; insoweit wäre die Klägerin schon nicht in ihren Rechten verletzt.

Der Senat hat schließlich noch erwogen, ob die Auswahlentscheidung nicht auch deshalb von vornherein rechtswidrig erscheint, weil die Beklagte ihr Auswahlverfahren und ihre Vergabekriterien bisher nicht durch eine Vergabesatzung oder Richtlinien des Gemeinderats (vgl. Beschluß des Senats vom 21.11.1989 -- 14 S 2766/89 -- und Urteil vom 27.8.1990 -- 14 S 2400/88 --, GewArch 1991, 35) in den wesentlichen Grundzügen geregelt hat. Der Senat neigt dazu, eine solche Regelung wegen ihrer erheblichen Grundrechtsrelevanz und im Hinblick auf §§ 24 Abs. 1 Satz 2, 39, 44 Abs. 1 Satz 2 GemO nicht nur für zweckmäßig, sondern jedenfalls bei wirtschaftlich bedeutsamen und auf gewisse Dauer veranstalteten Märkten für geboten zu halten, zumal die gesetzliche Ermessensermächtigung inhaltlich weit gefaßt ist und Verfahrensanforderungen nicht normiert sind (vgl. auch Roth, aaO., S. 58).