BVerfG, Beschluss vom 28.05.2008 - 1 BvR 2257/06
Fundstelle
openJur 2012, 133526
  • Rkr:
Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass seit dem 1. Januar 2004 für eine bestimmte Gruppe freiwillig Versicherter eine Beitragsbegünstigung bei der Erhebung von Beiträgen auf Versorgungsbezüge weggefallen ist.

I.

Für freiwillig versicherte Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung wird die Beitragsbemessung durch die Satzung der Krankenkasse geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - <SGB V>). Die Satzung muss mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V).

Zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehören auch die der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge), die aufgrund des Rentenanpassungsgesetzes (RAG) 1982 vom 1. Dezember 1981 (BGBl I S. 1205) seit 1983 bei der Beitragsberechnung berücksichtigt werden. Während für die Versorgungsbezüge von Pflichtmitgliedern der halbe allgemeine Beitragssatz galt (§ 385 Abs. 2a RVO), wurden die Versorgungsbezüge bei freiwillig Versicherten mit dem vollen Beitragssatz belastet.

Das zum 1. Januar 1989 in Kraft getretene SGB V beließ es dabei, dass auf Versorgungsbezüge der versicherungspflichtigen Mitglieder der halbe allgemeine Beitragssatz erhoben wurde (§ 248 Abs. 1 Satz 1 SGB V), während freiwillig versicherte Mitglieder auf Versorgungsbezüge Beiträge nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz ihrer Krankenkasse zu zahlen hatten. Hiervon machte § 248 Abs. 2 SGB V eine Ausnahme für freiwillige Mitglieder nach Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie zu diesem Zeitpunkt versichert waren und seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte dieses Zeitraums Mitglied einer Krankenkasse oder mit einem Mitglied verheiratet und nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig waren.

Durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S. 2266) wurde § 248 Abs. 2 SGB V mit Wirkung vom 1. Januar 1993 wieder gestrichen und blieb lediglich als Besitzstandswahrung erhalten, indem in § 240 SGB V ein neuer Abs. 3a eingefügt wurde. Danach galt § 248 Abs. 1 SGB V, der eine Beitragsbemessung nach dem halben allgemeinen Beitragssatz vorsah, für diejenigen weiter, ?bei denen am 31. Dezember 1992 § 248 Abs. 2 anzuwenden war?.

Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190) gilt nunmehr gemäß § 248 Satz 1 SGB V seit dem 1. Januar 2004 auch bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen der jeweils am 1. Juli geltende volle allgemeine Beitragssatz ihrer Krankenkasse für das folgende Kalenderjahr. Gleichzeitig ist durch Art. 1 Nr. 144 Buchstabe b GMG die Besitzstandsregelung für freiwillig Versicherte in § 240 Abs. 3a SGB V aufgehoben worden.

II.

Der 1924 geborene Beschwerdeführer ist bei seiner Krankenkasse freiwillig versichert. Er bezieht ein Ruhegehalt als Beamter von monatlich 3.360,19 &euro; und daneben eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 127,31 &euro;. Auf die Versorgungsbezüge erhob die Krankenkasse bis zum 31. Dezember 2003 Beiträge unter Zugrundelegung des halben allgemeinen Beitragssatzes in Höhe von monatlich etwa 240,00 &euro;. Zum 1. Januar 2004 wurden diese - nunmehr nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz berechneten - Beiträge auf 493,94 &euro; heraufgesetzt.

Mit seiner dagegen gerichteten Klage ist der Beschwerdeführer vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit erfolglos geblieben. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil ausgeführt, seit dem 1. Januar 2004 sei für freiwillig versicherte Mitglieder durch den Wegfall von § 240 Abs. 3a SGB V jede einfachrechtliche Möglichkeit entfallen, die Beiträge auf ihre Versorgungsbezüge nur nach dem halben allgemeinen Beitragssatz zu bemessen. Das sei nicht verfassungswidrig. Die Bemessung der auf Versorgungsbezüge entfallenden Beiträge bei freiwillig Versicherten nach dem halben Beitragssatz durch § 248 Abs. 2 SGB V bzw. § 240 Abs. 3a SGB V habe eine privilegierende Ausnahme innerhalb der Gruppe der freiwillig Versicherten dargestellt, auf deren Fortführung unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit kein Anspruch bestehe und deren Ersetzung durch die einheitliche Anwendung des vollen Beitragssatzes Rechtsgleichheit gerade gewährleiste. Der halbe Beitragssatz sei schon bei Versicherungspflichtigen systemwidrig gewesen und bei der sehr heterogenen Gruppe der freiwillig Versicherten erst recht nicht zu rechtfertigen. Ohne die Aufhebung des § 240 Abs. 3a SGB V wären die von dieser Vorschrift Begünstigten beitragsrechtlich gegenüber allen anderen beitragspflichtigen Mitgliedern ohne rechtfertigenden Grund privilegiert. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der günstigen Beitragslastregelung hinsichtlich der Versorgungsbezüge habe nicht bestanden, da der Gesetzgeber in der Vergangenheit wiederholt Änderungen hinsichtlich der Beitragspflicht angeordnet habe. Die Erhöhung der Beitragslast für Versorgungsbezüge sei durch das legitime Ziel gerechtfertigt, Rentner mit Versorgungsbezügen in angemessenem Umfang an der Finanzierung der Leistungsaufwendungen zu beteiligen, statt die Lohnnebenkosten durch weitere Beitragssatzanhebung zu steigern oder Leistungen rationieren zu müssen. Der Gesetzgeber habe davon ausgehen können, dass die Neuregelung dem Prinzip der Finanzierung im Solidarsystem nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eher entspreche und im Regelfall auch nicht den größeren Betrag der Alterseinkünfte betreffe. Sofern dies im Einzelfall - wie bei dem Beschwerdeführer - anders sei, seien daraus resultierende Härten im Rahmen der gesetzgeberischen Typisierungs- und Generalisierungsbefugnis hinzunehmen.

Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer unmittelbar gegen das Urteil des Bundessozialgerichts, mittelbar gegen die Aufhebung von § 240 Abs. 3a SGB V durch Art. 1 Nr. 144 Buchstabe b GMG. Er rügt eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG, 3 Abs. 1 GG und 20 Abs. 3 GG.

Die Aufhebung des ?Altersprivilegs? verletze sein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der Regelung. Der hälftige Beitragssatz habe bereits gegolten, als er im März 1989 sein 65. Lebensjahr vollendet habe, und diese Regelung sei, als § 248 Abs. 2 SGB V durch das Gesundheitsstrukturgesetz zum 1. Januar 1993 aufgehoben worden sei, durch § 240 Abs. 3a SGB V ausdrücklich aufrechterhalten worden. Hiervon könne der Gesetzgeber sich nicht mehr dispensieren, nachdem rund 15 Jahre vergangen seien und die jüngsten der betroffenen Versicherten kurz vor Vollendung ihres 80. Lebensjahres stünden, was zugleich den Wechsel in eine private Krankenversicherung ausschließe. In dieser Lebensphase könnten neue Belastungen finanziell nicht mehr oder nur durch gravierende Einschränkungen aufgefangen werden. Die Auffassung des Bundessozialgerichts, die auf den halben Beitragssatz beschränkte Beitragsbemessung aus Versorgungsbezügen sei systemfremd und im Hinblick auf den nunmehr auch für Pflichtversicherte geltenden vollen Beitragssatz auf Versorgungsbezüge aus Gründen der Rechtseinheit geboten gewesen, verkenne, dass bei Versorgungsbezügen der Umfang der Belastung nicht höher sein dürfe als bei der - hälftigen - Belastung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und ferner, dass die übergangslose Verdoppelung der Beiträge aus Versorgungsbezügen bei den Pflichtversicherten ihrerseits eine Verletzung des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgrundsatzes sei. Das Bundessozialgericht ignoriere auch das Motiv des Gesetzgebers für die Einführung des ?Altersprivilegs?, welches darin bestanden habe, die von § 248 Abs. 2 SGB V erfassten freiwilligen Versicherten hinsichtlich des Beitrags aus Versorgungsbezügen von der Vollendung des 65. Lebensjahres an ebenso zu stellen wie versicherungspflichtige Rentner mit entsprechender Vorversicherungszeit. Vor dem allgemeinen Gleichheitssatz sei es schließlich nicht zu rechtfertigen, dass das Gesetz mit den Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte bestimmte beitragsrechtlich relevante Einkünfte der Versicherten von der Umstellung auf den vollen Beitragssatz ausnehme, ohne dass für diese Besserstellung ein sachlicher Grund zu erkennen sei.

III.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu. Die mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Fragen sind in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt; denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

1. Die Aufhebung von § 240 Abs. 3a SGB V durch Art. 1 Nr. 144 Buchstabe b GMG ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Dieser enthält das Gebot, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (vgl. BVerfGE 112, 268 <279>; stRspr). Der allgemeine Gleichheitssatz ist insbesondere dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders und nachteilig behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 104, 126 <144 f.>). Es ist Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, wenn sich für eine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (vgl. BVerfGE 102, 68 <87>). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal fallen die Anforderungen an den Differenzierungsgrund dabei unterschiedlich aus. Sie reichen je nach Regelungsgegenstand vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse (vgl. BVerfGE 99, 367 <388>; stRspr). Eine strenge Prüfung ist vorzunehmen, wenn verschiedene Personengruppen und nicht nur verschiedene Sachverhalte ungleich behandelt werden (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 88, 87 <96>; 99, 367 <388>).

a) Hinsichtlich der Gruppe der durch den aufgehobenen § 240 Abs. 3a SGB V begünstigten freiwillig Versicherten fehlt es an einer Ungleichbehandlung. Die Aufhebung dieser Vorschrift hat vielmehr eine bis dahin bestehende ungleiche Behandlung verschiedener Gruppen freiwillig Versicherter beseitigt. Für freiwillig Versicherte gilt schon seit langem der Grundsatz, dass sie aus ihren beitragspflichtigen Einnahmen Beiträge nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz tragen und der alleinige Beitragsschuldner der Krankenkasse sind (§ 250 Abs. 2, § 252 Satz 1 SGB V). Das betrifft auch die Versorgungsbezüge im Sinne von § 229 Abs. 1 SGB V, also etwa die Versorgungsbezüge aus einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis oder aus der betrieblichen Altersversorgung. Die Abschaffung von § 240 Abs. 3a SGB V durch Art. 1 Nr. 144 Buchstabe b GMG, mit der die Privilegierung einer bestimmten Gruppe älterer freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung im Hinblick auf einen von ihnen nur zu erbringenden halben Beitragssatz auf ihre Versorgungsbezüge beseitigt worden ist, hat zur Folge, dass seit dem 1. Januar 2004 alle freiwillig versicherten Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung hinsichtlich des Beitragssatzes auf Versorgungsbezüge gleich behandelt werden.

Die Besserstellung der durch den aufgehobenen § 240 Abs. 3a SGB V erfassten freiwillig Versicherten beim Beitragssatz gegenüber den sonstigen freiwillig Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung war vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht geboten. Sie begünstigte einen Teil der freiwillig Versicherten anhand der Kriterien der langjährigen Zugehörigkeit zur Versicherung und des erreichten Lebensalters beim Beitragssatz. Diese freiwillig Versicherten wurden den Pflichtversicherten gleichgestellt und mussten wie diese nach § 248 Satz 1 SGB V alter Fassung nur den halben allgemeinen Beitragssatz ihrer Krankenkasse auf Arbeitseinkommen und Versorgungsbezüge zahlen. Die Regelung, wonach Pflichtmitglieder auf Arbeitseinkommen und Versorgungsbezüge nur den halben allgemeinen Beitragssatz zu zahlen hatten, bedeutete jedoch im Rahmen der Beitragsbemessung der gesetzlichen Krankenversicherung einen Systembruch, gilt doch traditionell der Grundsatz, dass Beitragsreduzierungen nur da angeordnet werden, wo der Gesetzgeber ein typischerweise geringeres Risiko oder eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit annimmt (Bieback, VSSR 1997, S. 118 <140>). Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb bereits in seiner Entscheidung vom 15. März 2000 (1 BvL 16/96 u.a.; BVerfGE 102, 68 <95>) darauf hingewiesen, dass die durch § 248 SGB V alter Fassung begründete unterschiedliche beitragsrechtliche Belastung der Versorgungsbezüge bei Pflichtversicherten, welche nur den halben Beitrag zahlten, und den normalerweise mit dem vollen Beitrag belasteten freiwillig Versicherten einer Überprüfung bedürfe, weil es sich für beide Versichertengruppen um Leistungen mit Entgeltersatzcharakter handele. Es ist deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass § 248 Satz 1 SGB V in der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen die Geltung des vollen allgemeinen Beitragssatzes anordnet (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Februar 2008 - 1 BvR 2137/06 -, JURIS).

b) Eine Ungleichbehandlung der freiwillig versicherten Versorgungsempfänger besteht in wirtschaftlicher Hinsicht gegenüber solchen freiwillig Versicherten, welche erwerbstätig sind oder eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen. Freiwillig krankenversicherte Arbeitnehmer haben unter den Voraussetzungen des § 257 Abs. 1 SGB V Anspruch auf einen Beitragszuschuss durch den Arbeitgeber und freiwillig krankenversicherte Rentner erhalten vom Rentenversicherungsträger gemäß § 106 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) einen Zuschuss, so dass diese Gruppen wie die pflichtversicherten Arbeitnehmer wirtschaftlich nur mit dem halben Beitrag belastet sind. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch gerechtfertigt, weil der gesetzliche Arbeitgeberbeitrag zur Krankenversicherung den eigentumsrelevanten Eigenleistungen des Versicherten zuzurechnen ist und auch der Zuschuss des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung letztlich auf Eigenleistungen des Versicherten in Form erbrachter Rentenversicherungsbeiträge beruht (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Februar 2008 - 1 BvR 2137/06 -, JURIS). Dies trifft für die freiwillig Versichten, die bisher unter das ?Altersprivileg? fielen, nicht zu.

Eine Ausnahme von der vollen Beitragslast auf Versorgungsbezüge gilt auch für die Bezieher von Renten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte; hier findet weiterhin nur der halbe allgemeine Beitragssatz Anwendung (§ 248 Satz 2, § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V). Das gilt auch für freiwillig Versicherte, welche eine Rente aus der Alterssicherung der Landwirte beziehen (§ 240 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Dies ist indes durch Systembesonderheiten gerechtfertigt, welche das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 28. Februar 2008 (1 BvR 2137/06) dargelegt hat. .Dort ist auch näher begründet, dass es vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt ist, Beiträge aus Versorgungsbezügen nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz zu erheben, obwohl Rentner im Allgemeinen keinen Anspruch auf Krankengeld haben. Auf diese Ausführungen wird verwiesen.

2. Die Abschaffung des ?Altersprivilegs? des § 240 Abs. 3a SGB V bedeutet keinen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG, welcher als lex specialis zu Art. 14 GG den Versorgungsanspruch eines Beamten schützt (vgl. BVerfGE 76, 256 <294>, stRspr). Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in der Entscheidung vom 6. Dezember 1988 (vgl. BVerfGE 79, 223 ff.), welche die Berücksichtigung der Versorgungsbezüge neben der Rente für die Krankenversicherungsbeiträge von Rentner-Pensionären betraf, dargelegt, dass die beitragsrechtlichen Bestimmungen auf die Höhe der dem Rentner-Pensionär gewährten Alimentation keinen Einfluss haben, also das zustehende Ruhegehalt nicht verringern. Die Vorschriften bewirken lediglich, dass der Rentner-Pensionär den Teil seiner Alimentation, den er als Beitrag an die Krankenversicherung der Rentner abführt und damit für seine Krankheitsvorsorge aufwendet, nicht mehr anderweitig verwenden kann. Darüber, in welcher Weise ein Ruhegehaltsteil für die Krankheitsvorsorge zu verwenden ist, enthalten die für die Alimentation geltenden verfassungsrechtlichen Grundsätze aber keine näheren Vorgaben.

3. Die Erhebung von Beiträgen nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz bedeutet für den Beschwerdeführer keine vor Art. 2 Abs. 1 GG unverhältnismäßige Belastung. Die Erhebung des vollen allgemeinen Beitragssatzes auf Versorgungsbezüge ist ein geeignetes und erforderliches Mittel zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. BVerfGE 103, 392 <404>). Diese Maßnahme ist für die betroffenen Personen zumutbar. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gehindert, jüngere Krankenversicherte von der Finanzierung des höheren Aufwands für die Rentner zu entlasten und die Rentner entsprechend ihrem vollen Einkommen zur Finanzierung heranzuziehen (vgl. BVerfGE 69, 272 <313>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 13. Dezember 2002 - 1 BvR 1660/96 -, SozR 3-2500 § 248 Nr. 6). Hierbei ist er allerdings nicht von vorneherein verpflichtet, alle Rentner immer gleich zu belasten. Er kann Teilgruppen herausgreifen und diese zu höheren Beitragszahlungen heranziehen, wenn dies durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.

Ein sachlicher Grund für die Abschaffung von § 240 Abs. 3a SGB V durch Art. 1 Nr. 144 Buchstabe b GMG ergibt sich aus dem Zusammenhang der Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherungen, mit denen der Gesetzgeber die Belastung von Versorgungsbezügen mit Beiträgen neu geordnet hat. Seit dem 1. Januar 2004 haben die pflichtversicherten Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung auf Versorgungsbezüge Beiträge nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz ihrer Krankenkasse zu entrichten, ohne dass dies verfassungsrechtlich zu beanstanden wäre (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Februar 2008 - 1 BvR 2137/06 -). Für die freiwillig Versicherten, welche nicht unter das ?Altersprivileg? des § 240 Abs. 3a SGB V fielen, galt dies schon vorher. Die Aufrechterhaltung von § 240 Abs. 3a SGB V hätte zur Folge gehabt, dass die hiervon begünstigte Gruppe freiwillig Versicherter zukünftig gegenüber allen anderen Beziehern von Versorgungseinkünften privilegiert gewesen wäre, ohne dass hierfür Gründe vorgelegen hätten, die eine solche Privilegierung erforderlich gemacht hätten.

4. Die Heranziehung der Versorgungsleistung nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz stellt auch ihrer Höhe nach keinen unzumutbaren Eingriff in Grundrechte des Beschwerdeführers dar. Zwar führt die Verdoppelung der Beitragslast zu einer spürbaren finanziellen Mehrbelastung des Beschwerdeführers, weil die Versorgungsbezüge bei ihm praktisch die gesamten Alterseinkünfte darstellen; von seinem monatlichen Ruhegehalt von 3.360,19 &euro; muss er ab dem 1. Januar 2004 einen Beitrag von 493,94 &euro; abführen. Das ist erheblich, aber nicht mit einer grundlegenden Beeinträchtigung seiner finanziellen Situation im Sinne einer erdrosselnden Wirkung verbunden (vgl. hierzu - mit Blick auf Art. 14 GG - BVerfGE 82, 159 <190>). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die freiwillig versicherten Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, welchen das Altersprivileg des § 240 Abs. 3a SGB V nicht zugute kam, schon in der Vergangenheit auf Versorgungsbezüge den Beitrag in voller Höhe zu entrichten hatten.

5. Die Abschaffung von § 240 Abs. 3a SGB V durch Art. 1 Nr. 144 Buchstabe b GMG verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes.

Die Belastung nicht wiederkehrend gezahlter Versorgungsleistungen mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz beurteilt sich nach den Grundsätzen über die unechte Rückwirkung von Gesetzen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86>; 103, 392 <403>); denn die angegriffene Regelung greift mit Wirkung für die Zukunft in ein öffentlichrechtliches Versicherungsverhältnis ein und gestaltet dies zum Nachteil für die betroffenen Versicherten um. Solche Regelungen sind verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig und genügen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (vgl. BVerfGE 101, 239 <263>; 103, 392 <403>).

Das Vertrauen insbesondere der älteren und gesundheitlich beeinträchtigten Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung auf den Fortbestand einer günstigen Rechtslage ist im Grundsatz hoch einzuschätzen (vgl. BVerfGE 97, 378 <389>). Vorliegend trifft die Abschaffung von § 240 Abs. 3a SGB V zudem eine relativ kleine Gruppe von hoch betagten Versicherten, welche aufgrund des ?Altersprivilegs? seit vielen Jahren auf Versorgungsbezüge nur den halben Beitragssatz zu zahlen hatten. Das reicht aber nicht aus, um ein überwiegendes Bestandsinteresse der Betroffenen zu bejahen. Im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung erweisen sich die mit der Regelung verfolgten öffentlichen Belange als stärker.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluss vom 28. Februar 2008 (1 BvR 2137/06) dargelegt, dass die Einführung des vollen allgemeinen Beitragssatzes auf Versorgungsbezüge durch § 248 Satz 1 SGB V in der seit dem 1. Januar 1004 geltenden Fassung bei den Versicherungspflichtigen nicht gegen Grundsätze rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes verstößt. Die dortigen Ausführungen gelten auch im vorliegenden Fall. Das Bundesverfassungsgericht hat im Bereich der Krankenversicherung Gesetze mit unechter Rückwirkung ohne Übergangsregelungen auch dann gebilligt, wenn diese mit erheblichen Belastungen für die Betroffenen verbunden waren (vgl. BVerfGE 69, 272 <312>; 79, 223 <239>; 103, 392 <404>). Zu berücksichtigen ist, dass die Bezieher von Versorgungsbezügen typischerweise überdurchschnittliche Alterseinkommen aufweisen. Der Wegfall von § 240 Abs. 3a SGB V trifft die davon bisher begünstigten freiwillig Versicherten insoweit keineswegs härter als die Gruppe der Pflichtversicherten, die seit dem 1. Januar 2004 auf Versorgungsbezüge ebenfalls den vollen allgemeinen Beitrag zu zahlen haben. Auch bei diesen Personen handelt es sich um ältere Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, die sich auf die wegen der erhöhten Beitragslast veränderte wirtschaftliche Situation übergangslos einstellen müssen und aufgrund ihres Lebensalters und des bereits erfolgten Ausscheidens aus dem Erwerbsleben insoweit keine zusätzliche wirtschaftliche Vorsorge mehr treffen können.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.