LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.2011 - 21 Sa 123/10
Fundstelle
openJur 2012, 67171
  • Rkr:

Zur Frage der Wirksamkeit einer Stichtagsregelung in einer Betriebsvereinbarung für die Geltung/Anwendung einer geänderten betrieblichen Altersversorgung (Betriebsvereinbarung), die an das Lebensalter des Arbeitnehmers anknüpft.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 21.10.2010 - 11 Ca 12903/09 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist dem Kläger betriebliche Altersrente gemäß dem seit 01.01.2009 bei ihr neu eingeführten System der betrieblichen Altersversorgung mit der Bezeichnung D... -Vorsorge-Kapital (DVK) zu gewähren.

Der am 04.07.1944 geborene, ledige Kläger war vom 01.04.1980 bis 31.01.2010 bei der Beklagten zuletzt als Konstrukteur tätig. Vom 01.02.2010 bis 30.04.2010 erhielt der Kläger ein betriebliches Übergangsgeld, seit 01.05.2010 erhält er von der Beklagten monatliche Betriebsrente in Form der sogenannten D...-Rente (D...-Rente) gemäß der Versorgungsordnung der D... und der D... Unterstützungskasse GmbH vom 26.11.1992 in der zuletzt geltenden Fassung (VersO-DBR). In der Vergangenheit gewährte die Beklagte ihren Mitarbeitern bei Versorgungsfällen, die bis einschließlich 31.12.2008 eintraten, Leistungen gemäß der betrieblichen Altersversorgung in Form der DBR-Rente gemäß der VersO-DBR. Mit der Gesamtbetriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung D... Vorsorge Kapital vom 16.10.2008 (GBV-DVK), die am 01.01.2009 in Kraft trat, wurde für die Beschäftigten der Beklagten ein neues System der betrieblichen Altersversorgung geschaffen (DVK-Rente). Hinsichtlich der Einzelheiten dieser Gesamtbetriebsvereinbarung wird vollinhaltlich auf Bl. 35-52 der Akten-ArbG verwiesen. Zudem schloss die Beklagte mit dem für ihre Betriebe gebildeten Gesamtbetriebsrat am 16.10.2008 eine weitere Gesamtbetriebsvereinbarung zur Überleitung auf das D... Vorsorge Kapital (DBV-DVK-Überleitung) ab, bezüglich deren Einzelheiten vollinhaltlich auf Bl. 53-59 der Akten-ArbG verwiesen wird. In dieser GBV-DVK Überleitung ist unter anderem Folgendes geregelt:

2 Geltungsbereich

Diese Gesamtbetriebsvereinbarung gilt für Beschäftigte, die aufgrund eines vor dem 01.01.2007 zum Unternehmen unbefristet begründeten Arbeitsverhältnisses zum Kreis der Versorgungsanwärter nach der Altregelung zählen, sofern das Arbeitsverhältnis zum Unternehmen im Zeitpunkt des Inkrafttretens am 01.01.2009 besteht.

Ausgenommen sind Beschäftigte, die vor dem 01.01.1946 geboren sind, sowie alle Beschäftigten, die am 31.12.2008 in der Arbeits- oder Freistellungsphase der Altersteilzeit sind bzw. im Rahmen des Schichterjahres freigestellt sind.

Die Beklagte ermöglicht ihren Arbeitnehmern, die unter den Geltungsbereich der DVK-Rente gemäß der GBV-DVK Überleitung vom 16.10.2008 fallen, die Möglichkeit, sich ihre Rente selbst zu errechnen, indem diese über eine Maske ihre konkreten persönlichen Daten auf elektronischem Wege eintragen können und über eine von der Beklagten daran angeschlossene Software ihre Rente berechnen können. Ein Zugang zu diesem System ist dem Kläger von der Beklagten auf seinen Antrag hin nicht gewährt worden, weil dieser aus Sicht der Beklagten vom Bezug einer DVK-Rente wirksam ausgenommen ist.

Durchschnittlich scheiden die Arbeitnehmer der Beklagten bei dieser vor Erreichen des 63. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis aus.

Der Kläger hat vorgetragen,

die GBV-DVK Überleitung beinhalte eine Stichtagsregelung, die sachlich nicht gerechtfertigt sei und ihn im Hinblick auf sein Alter diskriminiere, weil er sachgrundlos anders als jüngere Arbeitnehmer behandelt werde. Sein Ausschluss an der Teilhabe an der DVK-Rente sei mit erheblichen Nachteilen für ihn verbunden, da zum Einen das System der DVK-Rente eine höhere Flexibilität aufgrund der vorhandenen Wahlmöglichkeiten aufweise und er zum Anderen im Verhältnis zur Höhe seiner DBR-Rente bei einer DVK-Rente eine monatlich um ca. 125,00 EUR höhere Rente zu erwarten habe.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Zugang zu dem seit 01.01.2009 eingeführten System der betrieblichen Altersversorgung D... Vorsorge Kapital (DVK) zu gewähren und ihm entsprechend seiner persönlichen Voraussetzungen das nach diesem System (DVK) zustehende Ruhegehalt ab dem 01.02.2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im Wesentlichen vorgetragen,

die in der GBV-DVK Überleitung enthaltene Stichtagsregelung sei nicht rechtswidrig. Grund für die Bestimmung dieses Stichtages sei, dass die Überführung in das neue Altersversorgungssystem ab 01.01.2009 nur für noch aktive Mitarbeiter erfolgen sollte, die zum Überführungszeitpunkt noch keinen (vorgezogenen) Rentenzugang gehabt hätten. Ein vorgezogener Rentenzugang bestehe bei der gesetzlichen Rentenversicherung in der Regel mit Vollendung des 63. Lebensjahres und mit dem möglichen Bezug von gesetzlicher Altersrente beginne auch der Bezug der DBR-Rente, die auch bei vorgezogenem Renteneintritt in ungekürzter Höhe ausgezahlt werde. Mitarbeiter, die bis zum 01.01.2009 das 63. Lebensjahr vollendet hätten, sollten nicht in das neue Altersversorgungssystem überführt werden, da jene im Laufe der noch verbleibenden Betriebszugehörigkeitszeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze mit 65 (für die Geburtenjahrgänge 1945 und älter) nicht mehr in nennenswertem Umfang in der Lage seien, die zu zahlenden Betriebsrenten zu erwirtschaften und zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens beizutragen. Dies gelte umso mehr, als die Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente allein dem Willen des Anwartschaftsberechtigten unterliege, der Arbeitgeber also befürchten müsse, dass bei einer Verbesserung der Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung gerade die Mitarbeiter mit bestehendem Rentenzugang ab 63 vermehrt von der Möglichkeit Gebrauch machten, vorzeitig das Unternehmen zu verlassen. Außerdem sei zu beachten, dass mit dem Ausschluss von der Anwendung der Neuregelung kein Eingriff in erworbene Versorgungsrechte verbunden sei. Dem Kläger blieben seine ursprünglichen Versorgungsrechte ungeschmälert erhalten.

Das Arbeitsgericht wies den vom Kläger gestellten Antrag mit Urteil vom 21.10.2010 vollständig ab. Zur Begründung führt das Arbeitsgericht aus, der Kläger könne sein Ruhegelhalt nicht auf der Grundlage der DVK-Rente verlangen, da die in der GBV-DVK Überleitung enthaltene Stichtagsregelung rechtmäßig sei. Die unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer wegen ihres Alters sei objektiv und angemessen sowie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt, da die Beklagte die Zulässigkeit der Festsetzung von Altersrenten bei betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit nebst den entsprechenden Voraussetzungen hinreichend konkret dargetan habe.

Gegen diese dem Kläger am 25.10.2010 zugestellte Entscheidung (vgl. Empfangsbekenntnis Blatt 92 d. Akten-ArbG) richtet sich seine am 24.11.2010 per Telefax und im Original beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit anwaltlichem Schriftsatz eingegangene Berufung (vgl. gerichtliche Eingangsstempel Bl. 1+9 d. Akten), die er mit am 13.12.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem anwaltlichem Schriftsatz (vgl. gerichtlicher Eingangsstempel Bl. 16 d. Akten) begründet hat.

Der Kläger führt nunmehr aus,

die Wahl des Stichtags müsse allein aus sachgerechten Erwägungen im Hinblick auf das zu erreichende Ziel erfolgen und dürfe zu keiner Benachteiligung führen. Eine Stichtagsregelung sei nur zulässig, wenn sie objektiv und angemessen sowie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei. Insofern dürfe nur der gewählte Stichtag und kein anderer geeignet sein, das im Hinblick auf die betriebliche Altersvorsorge sachlich gerechtfertigte Ziel zu erreichen. Dass auch bei vorgezogenem Renteneintritt der Bezug der DBR-Rente in ungekürzter Höhe erfolgen könne, sei vorliegend nicht relevant. Dass die Beschäftigten bei der Beklagten durchschnittlich vor Erreichen des 63. Lebensjahres aus dem Unternehmen ausschieden, vermöge den gewählten Stichtag und den damit verbundenen Ausschluss der vor dem 01.01.1946 Beschäftigten von der DVK-Rente sachlich nicht zu rechtfertigen. Dass Mitarbeiter, die bis zum 01.01.2009 das 63. Lebensjahr vollendet gehabt hätten, bis zum Erreichen der Regelaltersrente mit 65 Jahren nicht in größerem Umfang in der Lage gewesen seien, die zu zahlende Betriebsrenten zu erwirtschaften, habe die Beklagte lediglich pauschal behauptet und sei von ihm substanziiert bestritten.

Der Kläger beantragt zuletzt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 21.10.2010 - Az: 11 Ca 12903/09 - abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist dem Kläger Versorgungsguthaben ab Mai 2010 nach den Bestimmungen der Gesamtbetriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung - D... Vorsorge Kapital (DVK) - vom 16.10.2008 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt hierzu aus,

sowohl der Eintritt des Versorgungsfalls, wie auch das Erreichen eines bestimmten Alters seien grundsätzlich geeignete Stichtage im Zusammenhang mit Betriebsrentensystemen. Dies schließe nicht aus, dass auch andere Stichtage in Betracht kämen. Es sei aber nicht zu erforschen, ob es geeignetere Stichtage oder Regelungen zur Erreichung eines bestimmten Zweckes gegeben hätte. Die Gerichte hätten nur zu prüfen, ob legitime Ziele, die mit der betrieblichen Altersversorgung verfolgt würden, durch die gewählten Stichtagsregelungen auch tatsächlich erreicht werden könnten. Dies habe sie dargelegt. Im Gegensatz zur klägerischen Einschätzung sei offensichtlich, dass Mitarbeiter, die am 01.01.2009 bereits das 63. Lebensjahr vollendet und damit einen vorgezogenen Rentenzugang hätten, nicht mehr in nennenswertem Umfang in der Lage gewesen seien, die zu zahlenden Betriebsrenten zu erwirtschaften und zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens beizutragen. Hierbei sei insbesondere zu beachten, dass mit dem Bezug von gesetzlicher Altersrente auch der Bezug der DBR-Rente beginne, die auch bei vorgezogenem Renteneintritt in ungekürzter Höhe ausgezahlt werde. Es seien demnach kontraproduktive Mitnahmeeffekte zu befürchten, wenn sie Personen, die bereits das 63. Lebensjahr vollendet hätten und somit einen vorgezogenen Rentenzugang besäßen, die Möglichkeit einräumen würde, an einer Verbesserung der Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung zu partizipieren, wenn diese sich dann postwendend in den Ruhestand begäben und die Nachteile, die sich aus der gesetzlich gekürzten Rentenhöhe bei vorgezogenem Renteneintritt ergäben, durch die verbesserte betriebliche Altersversorgung, also durch den Arbeitgeber, kompensieren lassen würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß den §§ 64 Abs. 7 ArbGG, 313 Abs. 2 Satz 3 ZPO auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen in erster und zweiter Instanz verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

I. Zulässigkeit der Berufung

Die Berufung des Klägers ist gemäß den §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b ArbGG statthaft. Sie ist auch gemäß den §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519 Abs. 1, 520 ZPO in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden. Die Berufung setzt sich mit den Argumenten auseinander, mit denen das Arbeitsgericht die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Stichtagsregelung in der GBV-DVK Überleitung begründet.

Anderweitige Bedenken an der Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht.

II. Begründetheit der Berufung

1. Zulässigkeit der Klage

a) An der Zulässigkeit der Klage bestehen aus Sicht der Kammer keine Bedenken. Zunächst ist der Streitgegenstand der Feststellungsklage im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. Auch bei einer Feststellungsklage muss eine hinreichende Bestimmtheit des Streitgegenstandes vorhanden sein, da auch hier der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis so klar umrissen sein muss, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraft zwischen den Parteien (§ 322 ZPO) entschieden werden kann (BAG vom 26. Januar 2011 - 4 AZR 333/09 - in EzA - SD 2011, Nr. 11 Seite 15, 16). Vorliegend will der Kläger festgestellt wissen, dass die Beklagte ihm Versorgungsguthaben gemäß den Regelungen der GBV-DVK (vom 16.10.2008) und nicht nach den Regelungen der VersO-DBR (vom 26.11.1992) zu gewähren hat. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht auch klargestellt, dass er kein Wahlrecht bezüglich dieser Regelungen ausüben, sondern ausschließlich Rechte gegenüber der Beklagten gemäß der GBV-DVK (vom 16.10.2008) geltend machen wolle. Danach steht hinreichend konkret fest, welchen Anspruch der Kläger mit seiner Klage festgestellt wissen will.

b) Der Kläger hat auch ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sogenannte Elementenfeststellungsklage. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerkes auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BAG vom 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 in NZA 2010, 968 Rn. 19). Das besondere Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, also auch noch in der Berufungsinstanz gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen. Das Feststellungsinteresse ist jedoch nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Es fehlt hingegen, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Das ist bei einem auf Feststellung einer Zahlungsverpflichtung gerichteten Antrag etwa dann der Fall, wenn insbesondere über weitere Faktoren, die die Zahlungshöhe bestimmen, kein Streit besteht und die konkrete Bezifferung dann lediglich eine einfache Rechenaufgabe ist, die von den Parteien in einem unstreitigen Verfahren ebenso selbst umgesetzt werden können wie die weiteren Zahlungsmodalitäten. Andernfalls müssen auch die anderen Berechnungskriterien zum Gegenstand des Feststellungsantrags gemacht werden, damit nicht lediglich eine Vorfrage geklärt wird, die die Rechtsgrundlagen für den Entgeltanspruch nicht abschließend klärt (BAG vom 21.04.2010 aaO., Rn. 20, 21). Dies zugrunde gelegt ergibt aus Sicht der Berufungskammer die Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage in der zuletzt gestellten Form. Die Parteien streiten ausschließlich über die Frage, ob dem Kläger von der Beklagten seine betrieblichen Altersversorgungsansprüche gemäß den Regelungen der VersO-DBR vom 26.11.1992 oder der GBV-DVK vom 16.10.2008 zu gewähren sind. Der Kläger hat im Falle der Feststellung der Anwendbarkeit der GBV-DVK auf seine Altersversorgung die Möglichkeit seine Rente unter Zuhilfenahme der ihm dann von der Beklagten zur Verfügung zu stellenden elektronischen Maske samt angeschlossener Software zu berechnen. Soweit ersichtlich, besteht zwischen den Parteien auch kein Streit über weitere Faktoren oder Berechnungskriterien der betrieblichen Altersversorgung des Klägers, die die Zahlungshöhe bestimmen.

c) Auch der Grundsatz des Vorrangs der Leistungs- vor der Feststellungsklage (für viele: BAG vom 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 in AP ZPO 1977 § 256 Nr. 81, I. 1. b) der Gründe) führt nicht zum Wegfall des besonderen Rechtsschutzbedürfnisses des § 256 ZPO. Wenn, wie im vorliegenden Fall, die Teilhabe beziehungsweise der Anspruch aus einer bestimmten Versorgungsordnung dem Grunde nach geltend gemacht wird und zwar sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft, bedarf es einer Aufteilung nach fälligen und nicht fälligen Ansprüchen in einen Leistungs- und Feststellungsantrag nicht (BAG vom 29. Juli 2003 - 3 AZR 630/02 in AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 45, A. II. der Gründe und vom 20. Januar 2004 - 9 AZR 43/03 in AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 65, A. II. der Gründe).

d) Anderweitige Zulässigkeitsbedenken am zur Entscheidung gestellten Antrag bestehen aus Sicht der Kammer nicht.

2. Die Klage ist hingegen nicht begründet.

a) Gemäß § 75 Abs. 1 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebsrat unter anderem darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihres Alters unterbleibt. Die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen findet ihre Grenzen in den Normen des höherrangigen zwingenden staatlichen Rechts, zu dem neben den Gesetzen, Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften auch die Grundrechte gehören. Dies gilt im besonderen für die in den §§ 2 Abs. 1, 75 BetrVG normierten Grundsätze in Verbindung mit den Diskriminierungsverboten aus § 7 Abs. 1 AGG (D/K/K/W BetrVG 12. Aufl. 2010 zu § 77 Rn. 9,10). Nach § 7 Abs. 1 Hs 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe benachteiligt werden. Bestimmungen in Vereinbarungen - hierzu gehören auch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen - die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Nach § 1 AGG sollen durch das Gesetz unter anderem Benachteiligungen aus Gründen des Alters verhindert oder beseitigt werden. § 10 Sätze 1 u. 2 AGG gestatten hingegen, in weitgehend gleicher Formulierung wie § 3 Abs. 2 AGG, die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters, wenn dies objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und wenn die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG können derartige unterschiedliche Behandlungen insbesondere die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen einschließen. § 10 Sätze 1, 2 u. 3 Nr. 4 AGG sind gemeinschaftsrechtskonform. Die Festsetzung von Altersgrenzen in den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit ist europarechtlich in der Regel zulässig (BAG vom 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 in AP GG Art. 9 Nr. 139 Rn. 33, 41, 42).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Rechtsstreit ergibt sich, dass das Arbeitsgericht die Klage mit weitgehend zutreffender Begründung abgewiesen hat. Die in Ziffer 2 GBV-DVK Überleitung enthaltene Stichtagsregelung verstößt weder gegen § 75 Abs. 1 BetrVG, noch gegen höherrangiges und/oder staatliches Recht, insbesondere nicht gegen § 7 Abs. 2 AGG.

aa) Zwar handelt es sich bei der Stichtagsregelung aus Sicht der Kammer um eine unmittelbare Benachteiligung der (ehemaligen) Arbeitnehmer der Beklagten wegen ihres Alters, da sie eine weniger günstige Behandlung erfahren, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren wird. Auch führt aus Sicht der erkennenden Kammer die Anwendung der GBV-DVK zu einer günstigeren Behandlung und damit deren Nichtanwendung zu einer Benachteiligung, weil schon die Gestaltungsmöglichkeiten des Versorgungsberechtigten betreffend den Bezug von Leistungen/Vorsorgekapital im Versorgungsfall vielfältiger als bei der DBR-Rente sind, weshalb es auf die Frage, ob für den Kläger oder für rentennahe Jahrgänge sich gemäß den Regelungen der GBV-DVK tatsächlich eine höhere monatliche Rente ergibt oder nicht, nicht entscheidend ankommt. Der mit Ziffer 2 Abs. 2 GBV-GVK Überleitung verbundene Ausschluss von der Teilhabe an der verbesserten Versorgung nach der GBV-DVK ist gemäß § 10 Satz 1, 2 und 3 Nr. 4 AGG aber gerechtfertigt.

bb) Die Ausnahmetatbestände des § 10 AGG sind gemeinschaftsrechtskonform (BAG vom 11. August 2009 - 3 AZR 23/08 a.a.O. Rn. 36-42). Dem schließt sich die erkennende Kammer vollinhaltlich an.

cc) Die an das Alter des Arbeitnehmers anknüpfende Stichtagsregelung ist zunächst wirksam, soweit unter sie (ehemalige) Arbeitnehmer der Beklagten fallen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der GBV-DVK am 16.10.2008 und dem darin vereinbarten Geltungsbeginn dieser Betriebsvereinbarung zum 01.01.2009 bereits die Regelaltersgrenze (für vor dem 01.01.1947 geborene Arbeitnehmer) gemäß § 235 Abs. 2 Satz 1 SGB VI von 65 Jahren erreicht hatten. Mit dem Eintritt in den Ruhestand liegt ein abgeschlossener Sachverhalt vor, wobei der Eintritt des Versorgungsfall eine wesentliche Zäsur und deshalb einen sachgerechten Anknüpfungspunkt für versorgungsrechtliche Vorschriften bildet (BAG vom 16. August 2008 a.a.O. Rn. 44 mwN). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Betriebsrentner, anders als die aktiven Arbeitnehmer, nicht mehr die zu zahlende Betriebsrenten erwirtschaften und so nicht mehr zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens beitragen.

dd) Nichts anderes ergibt sich aus Sicht der erkennenden Kammer für Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt der Geltung der am 16.10.2008 abgeschlossenen GBV-DVK (gültig ab 01.01.2009) das 63., aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet hatten. Zwar wäre diesen bis zum Erreichen der gesetzlichen Regelaltersrente (für vor dem 01.01.1947 geborene Menschen) noch die (Mit) Erwirtschaftung von den zu zahlenden Betriebsrenten - im Gegensatz zu Arbeitnehmern, die sich bereits in Ruhestand befinden - möglich. Hingegen liegt der Ziffer 2 der GBV-DVK Überleitung die Überzeugung und Einschätzung der Parteien der Betriebsvereinbarung zugrunde, dass die Arbeitnehmer der Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis zu ihr durchschnittlich vor Erreichen des 63. Lebensjahres ausscheiden. Dieser Vortrag der Beklagten ist vom Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich konkret angegriffen worden. Danach gingen die Betriebsparteien nach dem Vortrag der Beklagten bei Abschluss der Betriebsvereinbarung davon aus, dass Arbeitnehmer, die das 63. Lebensjahr vollendet haben, durchschnittlich nicht mehr zur Sicherung der Leistungsfähigkeit der Beklagten und damit auch zur Sicherung der Betriebsrenten bzw. deren Erwirtschaftung beitragen. Darüberhinaus gehen die Parteien der GBV-DVK Überleitung davon aus, dass die vor dem 01.01.1964 geborenen Arbeitnehmer gemäß § 236 Abs. 1 SGV VI - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - Anspruch auf vorgezogene gesetzliche Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres und damit auch den Anspruch auf DBR-Rente vor Vollendung des 65. Lebensjahres geltend machen können. Diese beiden Umstände haben sie zum Anlass genommen die Personengruppe der über Dreiundsechzigjährigen den Ruheständlern insoweit gleichzustellen, als diese ebenfalls von der Anwendung der GBV-DVK ausgenommen werden. Dies ist nicht zu beanstanden, nachdem diese Personengruppe sich bei der Beklagten im Durchschnittsfall für das (neue) betriebliche Rentensystem nicht mehr durch Arbeit einbringt. Die Betriebspartner sind im Rahmen der Versorgungsbetriebsvereinbarung hingegen nicht gehalten, insoweit Einzelfallgerechtigkeit zu üben, als sie (nur) die Arbeitnehmer ausnehmen dürfen, die tatsächlich nicht nach dem 63. Lebensjahr noch die ganze oder jedenfalls eine bestimmte Mindestzeit durch eigene Arbeit zur Erwirtschaftung der Betriebsrente mit beigetragen haben. Nachdem es sich auch beim betrieblichen Versorgungsanspruch um ein Solidarsystem handelt, ist eine derartige generelle Betrachtungsweise erlaubt und keine individuelle Betrachtungsweise, die dem Einzelfall gerechter wird, notwendig.

ee) Aus Sicht der erkennenden Kammer ist auch die Stichtagsregelung als solche nicht zu beanstanden, da nur durch sie der berechtigte Ausschluss von Betriebsrentnern und diesen gleichgestellten Arbeitnehmern, die zum Zeitpunkt der Geltung der GVB-DVK das 63. Lebensjahr schon vollendet hatten, sicherzustellen ist. Ein Ausschluss von Arbeitnehmern allein durch ein Abstellen auf die Dauer der (Mit) Erwirtschaftung der Betriebsrenten nach dem 63. Lebensjahr, würde zu einer individuellen Betrachtungsweise führen, die im Hinblick auf das Solidarsystem der Betriebsrentenversorgung bei der Beklagten nicht notwendig ist (siehe oben). Auch die Festlegung des konkreten Zeitpunkts des Stichtages ist sachlich gerechtfertigt. Dieser orientiert sich nämlich an dem Datum des Inkrafttretens der GBV-GVK am 01.01.2009 und den Geburtsdaten der Arbeitnehmer, die zu diesem Zeitpunkt das 63. Lebensjahr schon vollendet hatten. Dies sind alle (Geburts)-Daten von Arbeitnehmern, die vor dem 01.01.1946 liegen.

ff) Ziffer 2 Absatz 2 GBV-DVK Überleitung verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs.1 GG. Dabei kann dahinstehen, ob die Betriebsparteien als Normgeber unmittelbar an Artikel 3 Abs. 1 GG oder sie an dessen Grundsätze nur mittelbar gebunden sind (vgl. hierzu: Übersicht in D/K/K/W-BetrVG in § 77 Rn. 9 mzwN). Jedenfalls enthält Artikel 3 Abs. 1 GG keine weitergehenden Anforderungen als § 10 AGG und Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG (BAG vom 11. August 2009 a.a.O. Rn. 49).

gg) Hingegen ist aus Sicht der Kammer die Argumentation der Beklagten, sie befürchte kontraproduktive Mitnahmeeffekte bei Personen, die bereits das 63. Lebensjahr vollendet haben und somit einen vorgezogenen gesetzlichen Rentenzugang besäßen, wenn diesen die Möglichkeit eingeräumt würde, an einer Verbesserung der Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung zu partizipieren, wenn sie sich dann postwendend in den Ruhestand begeben und die Nachteile, die sich aus der gekürzten (gesetzlichen) Rentenhöhe bei vorgezogenem Renteneintritt ergeben, durch die verbesserte betriebliche Altersversorgung kompensieren lassen würden, nicht. Im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] in NZA 2010, 1341 ff.), hätten die Betriebspartner sich vor unerwünschten Mitnahmeeffekten schützen können, indem sie (evtl. neben dem Alter) zusätzlich auf ein Kriterium hätten abstellen können, das den nicht erwünschten Mitnahmeeffekt verhindert, zum Beispiel darauf, dass eine bestimmte Zeit nach Vollendung des 63. Lebensjahres oder, losgelöst vom Alter, generell eine bestimmte Zeit tatsächlicher Arbeitsleistung bei der Beklagten ab einem bestimmten Zeitpunkt (Datum) noch erfolgen muss, um in den Anwendungsbereich der GVB-DVK zu fallen. Dieses Argument greift hingegen bei der generellen Betrachtungsweise der Stichtagsregelung (siehe oben) nicht, da sie nicht durch derartige individuelle Begebenheiten, sondern durch eine gewöhnliche/durchschnittliche Betrachtungsweise sachlich gerechtfertigt ist, die sie als verhältnismäßig im engeren Sinne erscheinen lässt.

c) Anderweitige Anhaltspunkte dafür, dass die Stichtagsregelung der Ziffer 2 GBV-DVK Überleitung unwirksam sein könnte sind weder offensichtlich, noch vom Kläger vorgetragen. Nachdem der Kläger durch diese Stichtagsregelung wirksam vom Bezug der DVK-Rente im Hinblick auf sein Geburtsdatum ausgeschlossen ist, hat seine Klage keinen Erfolg.

III. Nebenentscheidungen

1. Nachdem die Berufung des Klägers keinen Erfolg hat, hat er gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen.

2. Die Zulassung der Revision für den Kläger beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.