VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.10.1998 - 8 S 1848/98
Fundstelle
openJur 2013, 10877
  • Rkr:

1. Bei der Errichtung einer Mobilfunk-Basisstation eines gewerblichen Netzbetreibers auf und in einem bisher ausschließlich zu Wohnzwecken genutzten Gebäude handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die baurechtliche Zulässigkeit der Errichtung einer Funksendeanlage und Empfangsanlage als Basisstation des Mobilfunknetzes D2.

Die Klägerin, die Betreiberin dieses Netzes, begann Anfang des Jahres 1996 auf dem Flachdach des dreigeschossigen Wohnhauses B-weg 4, Flst. Nr. 4280 der Gemarkung der Beklagten, drei zwischen 4,24 und 4,89 m hohe Stahlrohrantennenträger mit einer Sektor- und zwei Richtfunkantennen zu errichten. Im Kellergeschoß des Hauses wurde ein Wäschetrockenraum in einen 22 qm großen Betriebsraum umgewandelt; in ihm wurden zwei Funkschränke, ein Richtfunkschrank, ein Batterienschrank und ein Klimagerät mit den entsprechenden elektrischen Anschlüssen installiert. Als Verbindung zwischen Antennen und Betriebsraum dient eine mit Zinkblech überdeckte Kabeltrasse an der Außenseite des Gebäudes.

Das Grundstück B-weg 4 liegt im Geltungsbereich des am 2.11.1972 beschlossenen und am 10.10.1973 genehmigten Bebauungsplans "First", der mit Gemeinderatsbeschluß v. 25.2.1982 ergänzt und geändert wurde. Der Plan sieht am B-weg ein reines Wohngebiet mit maximal viergeschossiger Flachdachbebauung vor. Nach den textlichen Festsetzungen sind die in § 3 Abs. 3 BauNVO aufgeführten Ausnahmen nicht Bestandteil des Bebauungsplans und daher nicht zulässig. Ferner heißt es unter der Überschrift "Bauordnungsrechtliche Vorschriften":

"Für das gesamte Gebiet ist eine Sammelantenne für Rundfunk und Fernsehen zu errichten. Einzelantennen außerhalb der Gebäude einschließlich Terrassen und Balkone sind nicht zulässig. Bei der Errichtung einer Gemeinschaftsantenne ist für alle Grundstücke Anschluß- und Benutzungszwang vorgeschrieben (§ 111 Abs. 1 Nr. 3 LBO)."

"Freileitungen sind nicht zugelassen, sämtliche Starkstrom-, Licht-, Fernmelde- und Antennenleitungen sind im Bereich der unbebauten Flächen und außerhalb der Gebäude unterirdisch zu verlegen (§ 111 Abs. 1 Nr. 4 LBO)."

Den Bebauungsvorschriften wurde durch den Änderungsplan v. 25.2.1982 folgende planungsrechtliche Festsetzung hinzugefügt:

"Nebenanlagen, soweit sie Nebengebäude sind, sind nicht zulässig."

Nach Einholung einer Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums, die eine Baugenehmigungspflicht aller Vorhabenteile bejahte, forderte die Beklagte die Klägerin mit Verfügung v. 18.4.1996 auf, für die bereits installierte D2-Mobilfunkstation ein entsprechendes Baugesuch einzureichen. Den hierauf am 25.4.1996 gestellten Bauantrag lehnte sie mit Bescheid v. 11.7.1996 mit der Begründung ab, die Anlage könne nur im Wege einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans als Nebenanlage im Einvernehmen mit der Gemeinde genehmigt werden. Der Bauausschuß des Gemeinderats habe am 19.6.1996 das Einvernehmen verweigert. An diese Entscheidung sei die Baurechtsbehörde gebunden. Wegen Fehlens der "formalrechtlichen Voraussetzungen" müsse der Bauantrag abgelehnt werden.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies das Regierungspräsidium Tübingen mit Bescheid v. 9.10.1996 unter Hinweis auf die Bindungswirkung des versagten gemeindlichen Einvernehmens zurück. Der Bauausschuß habe sich von nachvollziehbaren Erwägungen zum Schutz der festgesetzten Gebietsart leiten lassen. Obwohl für die Schaffung eines funktionierenden, flächendeckenden Mobilfunknetzes zur Sicherung der Telefonversorgung zwischenzeitlich zweifellos ein öffentliches Interesse anerkannt werden könne, stoße es nach Ansicht des Regierungspräsidiums auf keine Bedenken, wenn die kommunalen Planungsträger die hierfür erforderlichen, optisch auffälligen Antennenanlagen in planungsrechtlich weniger sensible Gebiete verweisen wollten. Die nicht weiter belegte Behauptung der Klägerin, daß der streitige Standort unverzichtbar und ein Ausweichen auf einen anderen Standort nicht möglich sei, um ihrer Versorgungspflicht nachzukommen, überzeuge nicht. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 18.10.1996 zugestellt.

Am 15.11.1996 hat sie Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben, mit der sie in erster Linie den Standpunkt vertreten hat, das Bauvorhaben sei genehmigungsfrei, in zweiter Linie hat sie geltend gemacht, ihr stehe ein Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung zu. Die Festsetzungen des Bebauungsplans beträfen lediglich die Unzulässigkeit von Einzelantennen für Rundfunk und Fernsehen. Im übrigen ergebe sich die Zulässigkeit der Mobilfunkstation als fernmeldetechnische Nebenanlage aus § 14 Abs. 2 S. 2 BauNVO. Nebenanlagen seien im Bebauungsplan "First" nur insoweit für unzulässig erklärt worden, als es sich um Nebengebäude handle. Sie habe eine umfassende Prüfung alternativer Standorte angestellt. Danach gewährleiste allein der Standort B-weg 4 eine ausreichende Versorgung der Stadt Hechingen und ihrer Umgebung.

Die Beklagte hat unter Verweis auf die angegriffenen Bescheide beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil v. 25.3.1998 abgewiesen. Das Bauvorhaben der Klägerin stelle als Erweiterung der Funktion des bisherigen Wohngebäudes und im Hinblick auf die einzuhaltenden Grenzwerte der 26. BImSchV eine baugenehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar. Die Baugenehmigung könne nicht erteilt werden, weil die Mobilfunk-Basisstation den Festsetzungen des Bebauungsplans "First" widerspreche. Zur Anwendung gelange die BauNVO in der Fassung des Jahres 1968. Danach sei die Anlage auch als Nebenanlage nicht zulässig, weil sie nicht vornehmlich der Nutzung eines Grundstücks bzw. des Baugebiets diene und der Eigenart des Baugebiets, das nach dem Willen des Plangebers von Außenantennen und Freileitungen aus gestalterischen Gründen freigehalten werden solle, widerspreche. Den Festsetzungen des Bebauungsplans sei deutlich der Planungswille zu entnehmen, das Baugebiet insgesamt von technischen Anlagen optisch freizuhalten. Für eine Befreiung von diesen Festsetzungen lägen schon die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vor.

Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache mit Beschluß v. 15.7.1998 - 8 S 1307/98 - die Berufung zugelassen. Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 25. März 1998 - 1 K 2077/96 - zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 11. Juli 1996 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 9. Oktober 1996 aufzuheben,

hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten, ihr die beantragte Baugenehmigung zur Errichtung einer Basisstation für das Mobilfunknetz D2 auf und im Gebäude B-weg 4 in Hechingen zu erteilen,

weiter hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten, über den Bauantrag vom 22. April 1996 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gericht erneut zu entscheiden.

Sie macht geltend: Die Errichtung der Mobilfunk-Sendeanlage sei nach § 50 Abs. 1 LBO verfahrensfrei. Eine Genehmigungspflicht ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Nutzungsänderung, denn nicht das Wohnhaus, sondern die Sendeanlage würde zur Genehmigung gestellt. Es handle sich bei der Maßnahme der Klägerin weder um eine bauliche Änderung noch um eine Nutzungsänderung, sondern um eine erstmalige bauliche Errichtung einer verfahrensfreien Anlage. Die Tatsache, daß damit dem Wohnhaus eine weitere Funktion zukomme, sei in bauordnungsrechtlicher Hinsicht irrelevant. Die Errichtung einer Mobilfunk-Sendeanlage könne nicht anders gesehen werden als die Montage einer Amateurfunker-Antenne, bei der niemand auf die Idee komme, eine Änderung des Nutzungs- und Bestimmungszwecks eines Wohnhauses anzunehmen. Das Vorhaben sei im übrigen - seine Genehmigungsbedürftigkeit unterstellt - als untergeordnete Nebenanlage i.S.d. § 14 BauNVO genehmigungsfähig. Seit jeher lasse diese Vorschrift Anlagen der Telekommunikation in allen Baugebieten zu. Die errichtete Basisstation erfülle keinen selbständigen Nutzungszweck, sondern habe eine Hilfsfunktion für das zu versorgende Gebiet. Sie sei räumlich-gegenständlich (optisch) untergeordnet und es sei davon auszugehen, daß sie das Wohnen im Baugebiet "First" nicht störe. Die planerische Festsetzung über die Unzulässigkeit von Einzelantennen für Rundfunk und Fernsehen finde keine Anwendung. Unter Berücksichtigung der Aufgabe der Klägerin, die annähernd als solche der öffentlichen Daseinsvorsorge bezeichnet werden könne, sei die Sendeanlage nach § 14 Abs. 2 BauNVO 1968 ausnahmsweise zulässig. Die Beklagte sei daher verpflichtet, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen. Unabhängig davon lägen die Voraussetzungen für eine Befreiung vor. Die Grundzüge der Planung würden nicht berührt, weil der Plangeber selbst Sammelantennen zugelassen habe. Daran zeige sich, daß das Baugebiet für technische Anlagen offen sei. Eine Befreiung sei auch aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich; eine andere Standortwahl habe nach Prüfung der Alternativen hauptsächlich aus technischen Gründen verworfen werden müssen. Da ferner in § 1 Abs. 5 Nr. 8 BauGB den Belangen des Post- und Fernmeldewesens eine wichtige Stellung eingeräumt werde, sei das Befreiungsermessen der Beklagten auf Null reduziert. Zumindest sei sie zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Bauantrag zu entscheiden und ihr Ermessen auszuüben, was bisher unterblieben sei.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert: Das Bauvorhaben, die Errichtung einer gewerblichen Funksendeanlage und Empfangsanlage, bedürfe einer baurechtlichen Genehmigung, da die Antennen eine Höhe von mehr als 10 m aufwiesen, weil die Gebäudehöhe mitgerechnet werden müsse. Das Wohnhaus werde nicht als solches, sondern als Sockel benutzt, um einen höheren Standort zu gewinnen. Sehe man die Errichtung der Anlage als Nutzungsänderung des Wohngebäudes, sei sie deshalb baugenehmigungspflichtig, weil andere und weitergehende Anforderungen zu stellen seien (etwa nach der 26. BImSchV). Die Basisstation sei nicht genehmigungsfähig, weil sie nach der Art der baulichen Nutzung dem durch Bebauungsplan festgesetzten reinen Wohngebiet widerspreche, denn das Vorhaben sei eine gewerbliche Anlage. Es handle sich auch nicht um eine Nebenanlage i.S.d. § 14 Abs. 1 BauNVO 1968, weil sie keine Hilfsfunktion für die in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke erfülle. Sie stelle sich vielmehr als eigenständige Hauptanlage dar, die zu dem konkreten Baugebiet keinen unmittelbaren Bezug aufweise. Die Anlage falle auch nicht unter § 14 Abs. 2 BauNVO 1968; das zeige die (erweiternde) Aufnahme fernmeldetechnischer Nebenanlagen durch die in der BauNVO 1990 vorgenommenen Einfügung des Satzes 2. Die Anlage sei in dem "lupenreinen" Wohngebiet nicht - auch nicht ausnahmsweise - zulässig. Die Voraussetzungen für eine Befreiung seien nicht erfüllt. Es würden die Grundzüge der Planung berührt; der Satzungsgeber habe durch den Ausschluß der in § 3 Abs. 3 BauNVO 1968 genannten Nutzungen jegliche gewerbliche Nutzung in dem Baugebiet ausgeschlossen. Durch den Ausschluß von Außenantennen und Freileitungen habe das Gebiet auch von Anlagen der Daseinsvorsorge "verschont" werden sollen. Gründe des Wohls der Allgemeinheit erforderten die Befreiung nicht; die Klägerin habe sich lediglich aus betriebstechnischen Gründen für diesen Standort entschieden. Die Zulassung einer gewerblichen Hauptanlage sei auch nicht städtebaulich vertretbar. Schließlich sei auch eine offenbar nicht beabsichtigte Härte nicht zu erkennen. Davon abgesehen habe sie das ihr zustehende Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Für eine Ermessensreduzierung auf Null gebe es keine durchgreifenden Anhaltspunkte; Alternativstandorte seien von der Klägerin bisher nicht hinreichend untersucht worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die aufgrund der Zulassung durch den Senat statthafte und auch im übrigen unbedenklich zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Bei der von der Klägerin errichteten Mobilfunk-Basisstation handelt es sich um ein baugenehmigungspflichtiges Vorhaben, weshalb sie mit ihrem Hauptantrag keinen Erfolg haben kann (nachfolgend I.). Auch mit ihren Hilfsanträgen kann sie nicht durchdringen, weil weder ein Anspruch auf die erforderliche Baugenehmigung besteht noch die Voraussetzungen für eine Erteilung nach Ermessen vorliegen (nachfolgend II.).

I. Der auf die bloße Aufhebung der behördlichen Verfügungen gerichtete Hauptantrag wird von der Klägerin damit begründet, daß es sich bei der bereits errichteten Mobilfunk-Basisstation um ein verfahrensfreies Vorhaben i.S.d. § 50 LBO handle. Diese Ansicht trifft nicht zu. Allerdings ist der Klägerin einzuräumen, daß die Verfahrensfreiheit der Anlage wohl nicht schon wegen der Höhe der Antennen ausgeschlossen ist. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 28.4.1998 - 8 S 2713/97; PBauE § 36 BauGB Nr. 9) unterfällt eine derartige Einrichtung dem Begriff der Anlage, die dem Fernmeldewesen dient (Nr. 26 des Anhangs zu § 50 LBO). Danach ist die Station, wenn man nur ihre Antennen in die Betrachtung einbezieht, wohl verfahrensfrei, weil sie die Höhe von 5 m nicht überschreiten und - jedenfalls nach der bisherigen Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Urt. v. 27.6.1990 - 3 S 2655/89 -, ESVGH 41, 32 = BRS 50 Nr. 189; ebenso: Ruf, LBO, 1996, § 50 RdNr. 3; Sauter, LBO, 3. Aufl., § 50 RdNr. 106) zur Zehn-Meter-Grenze bei Antennen - die Höhe des Hauses, auf dem sie stehen, außer Betracht bleibt. Ob hieran auch für Fernmeldeanlagen, bei denen nach dem genannten Urteil des Senats der Sockel mitrechnet, festzuhalten ist, kann offen bleiben, denn das Vorhaben der Klägerin ist aus anderen Gründen nicht verfahrensfrei. Die Errichtung der Mobilfunkstation stellt nämlich zugleich eine Änderung der Nutzung des Gebäudes B-weg 4 dar. Denn sie fügt der bisherigen ausschließlich im Wohnen bestehenden Nutzungsart eine neue hinzu, die die Variationsbreite individueller Gestaltungen einer Wohnnutzung überschreitet. Das unterscheidet, was die Klägerin verkennt, den vorliegenden Fall von demjenigen einer Amateurfunkerantenne (vgl. etwa: BVerwG, Beschluß v. 23.6.1993 - 4 B 7.93 -, Buchholz 406.12 § 14 BauNVO Nr. 8): Wenn ein Hausbewohner eine derartige Antenne anbringt, erweitert er lediglich die Wohnnutzung um eine zuvor nicht vorhandene Variante, die aber als Hobby Ausdrucksform des Wohnens bleibt. Hier wird dagegen - losgelöst von den Wohnbedürfnissen der Hausbewohner - eine neue gewerbliche Nutzung von außen (von einem "Hausfremden") an das Gebäude herangetragen. Damit ändert sich die Funktion dieses Hauses, was zur Annahme einer Nutzungsänderung i.S.d. § 50 Abs. 2 LBO ausreicht, obwohl der Benutzungszweck des Hauses im übrigen vollständig erhalten bleibt (vgl.: Ruf, a.a.O., RdNr. 4; Sauter, a.a.O., RdNr. 199, jeweils m.w.N.).

Diese Nutzungsänderung ist nicht verfahrensfrei, weil für die neue (hinzugekommene) Nutzung weitergehende Anforderungen gelten (§ 50 Abs. 2 Nr. 1 LBO). Das gilt zum einen im Hinblick auf die besonderen Anforderungen der Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BImSchV (v. 16.12.1996, BGBl. I S. 1966), die in § 2 i.V.m. Anhang 1 Grenzwerte für die elektrische und magnetische Feldstärke festsetzt. Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegensetzen, der Verordnungsgeber habe in § 7 der 26. BImSchV lediglich ein Anzeigeverfahren vorgesehen. Denn dort wird nur das immissionsschutzrechtliche Verfahren geregelt, ohne daß dadurch bauordnungsrechtliche Genehmigungserfordernisse ersetzt würden. Dies zeigt sich schon daran, daß - offenbar auch nach Ansicht der Klägerin - bei Überschreitung der Abmessungen des § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 26 des Anhangs ohne Zweifel die baurechtliche Genehmigungspflicht eingreift, sofern nicht vom Kenntnisgabeverfahren (vgl. § 51 LBO) Gebrauch gemacht werden kann, was hier aber nicht in Rede steht. Davon abgesehen gelten im Hinblick auf die Installationen im Betriebsraum auch weitergehende brandschutzrechtliche Anforderungen (vgl. § 15 LBOAVO).

Das Vorhaben ist damit baugenehmigungspflichtig (§ 49 LBO), weshalb der Hauptantrag der Klägerin unbegründet ist.

II. Die Beklagte hat die Genehmigung der Mobilfunk-Basisstation zu Recht abgelehnt; ihr stehen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen (vgl. § 58 Abs. 1 LBO), so daß auch die Hilfsanträge keinen Erfolg haben können.

Als Hauptnutzung wäre - was auch die Klägerin nicht anders sieht - die Basisstation eines gewerblichen Mobilfunkunternehmens in dem reinen Wohngebiet nicht zulässig. Sie ist auch nicht als Nebenanlage i.S.d. § 14 Abs. 1 BauNVO (zur Anwendung kommt im Hinblick auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans "First" die BauNVO 1968, vgl.: BVerwG, Urt. v. 5.12.1986 - 4 C 31.85 -, DVBl. 1987, 486 = PBauE § 12 BauGB Nr. 7) genehmigungsfähig. Denn sie dient nicht dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst. Aus der von der Klägerin vorgelegten Untersuchung von Standortalternativen folgt vielmehr, daß die Station der Versorgung von ganz Hechingen und Umgebung dienen soll. Das Fehlen der in § 14 Abs. 1 BauNVO genannten Kriterien haben die Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung letztlich auch selbst eingeräumt. Daraus folgt zugleich, daß auch eine ausnahmsweise Zulassung in erweiternder Auslegung des § 14 Abs. 2 BauNVO 1968, dessen Wortlaut Telefonanlagen nicht erwähnt, nicht in Betracht kommt. Die Klägerin hat zwar für ihre abweichende Ansicht (ältere) Kommentarliteratur angeführt, wonach auch Telefonanlagen Nebenanlagen (allerdings im Sinne des § 14 Abs. 1 BauNVO!) sein können. Das allein rechtfertigt aber noch nicht die ausnahmsweise Zulassung nach § 14 Abs. 2 BauNVO 1968, denn auch diese Vorschrift setzt voraus, daß die Anlage der Versorgung der Baugebiete dient. Hier geht es aber - wie ausgeführt - um die Versorgung mehrerer Gemeinden.

Letztlich liegen auch die Voraussetzungen für eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans (§ 31 Abs. 2 BauGB) nicht vor, weil jedenfalls die Grundzüge der Planung berührt werden. Zu diesen Grundzügen gehört vorliegend die Entscheidung des Satzungsgebers, durch den Ausschluß von Läden, Handwerks- und Beherbergungsbetrieben, die "an sich" nach § 3 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässig wären, und insbesondere durch die sich auf Antennen und Leitungen beziehenden Festsetzungen auf der Grundlage des § 111 Abs. 1 Nr. 3 und 4 LBO a.F., derartige gewerbliche Anlagen so weit wie irgend möglich von dem Baugebiet "First" fernzuhalten. Er wollte lediglich eine Sammelantenne (mit Anschluß und Benutzungszwang) zulassen; jede weitere Antenne, auch wenn sie anderen als Zwecken von Rundfunk und Fernsehen dient, würde diesen grundlegenden planerischen Willen tangieren. Im übrigen zeigt wiederum die bereits erwähnte Untersuchung von Standortalternativen, daß die Argumentation der Klägerin, sie sei aus technischen Gründen darauf angewiesen, die Mobilfunkstation gerade auf und in dem Gebäude B-weg 4 errichten zu können, nicht zutrifft. Denn die - jedenfalls für die Innerortsversorgung technisch geeignete - Alternative einer Errichtung auf und in dem Gebäude der Kreissparkasse wurde schon nach Vorkontakten mit dem Eigentümer nicht mehr weiterverfolgt. Davon abgesehen gibt es keinen plausiblen Grund dafür, daß andere, eventuell einen höheren Aufwand erfordernde Lösungsmöglichkeiten, die das sensible Baugebiet "First" verschonen, nicht gefunden werden könnten. Derartiges wurde auch von den Vertretern der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht behauptet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 13 Abs. 1 S. 1 GKG auf 100.000,-- DM festgesetzt. Der Senat berücksichtigt dabei - wie offenbar bereits das Verwaltungsgericht -, daß die Klägerin nach ihren eigenen Angaben Investitionen in Höhe dieser Summe getätigt hat und ihre täglichen Einbußen ohne die Basisstation auf rund 1.900 DM beziffert (vgl. S. 3 des Schriftsatzes v. 28.5.1997 im Verfahren - 1 K 755/97).

Dieser Beschluß ist unanfechtbar.