Hessischer VGH, Urteil vom 21.03.2012 - 6 A 1150/10
Fundstelle
openJur 2012, 52881
  • Rkr:

Für das Vorliegen des Ausschlussgrunds der möglichen Beeinträchtigung strafrechtlicher Ermittlungstätigkeit ist eine auf Tatsachen begründete Prognose notwendig, dass Anhaltspunkte die Vermutung rechtfertigen, das Bekanntwerden der konkret verlangten Information(en) habe negative Auswirkungen auf das Verfahren.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil desVerwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 26. März 2010 - 7 K243/09.F - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich dernotwendigen Auslagen der Beigeladenen hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kostenvorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durchSicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden,wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheitin entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Zugang zu Informationen der Beklagten nachdem Gesetz zur Regelung des Zugangs für Informationen des Bundesvom 9. September 2005 (Informationsfreiheitsgesetz - IFG -, BGBl. IS. 2722).

Der Kläger erwarb im Dezember 2007 Aktien der Beigeladenen, derA... AG (im Weiteren: A...). Nachdem die A... am 15. Januar 2008 imWege einer sogenannten „Ad-hoc-Mitteilung“ bekanntgegeben hatte, trotz entgegenstehenden früheren Angaben selbst undüber das Tochterunternehmen B... erhebliche Beteiligungen ankritischen amerikanischen Hypothekenkrediten und andereproblematische Wertpapieren zu halten, fiel in der Folgezeit derKurs der Aktien stark ab. Die Insolvenz der A... konnte nur durchden Zufluss erheblicher staatlicher Mittel (Liquiditätshilfen undGarantien) verhindert werden; in den nächsten Jahren übernahm dieBundesrepublik Deutschland über den Finanzmarktstabilisierungsfonds- FMS - (SoFFin) die Anteile vollständig, indem sie alle freiwilligangebotenen Aktien aufkaufte und die restlichen Aktionäre durchBeschluss der Hauptversammlung vom 5. Oktober 2009 im Wege eines„Squeeze Out“ abfand und ausschloss.

Mit Schreiben vom 21. Januar 2008 beantragte der Kläger bei derBeklagten die Bekanntgabe des Aktenzeichens zu einem gegen dieBeigeladene eingeleiteten Aufsichtsverfahrens sowie die Einsicht indie entsprechenden Akten. Mit Bescheid vom 5. März 2008 teilte dieBeklagte dem Kläger daraufhin zwar mit, es werde einAufsichtsverfahren wegen möglicher Verstöße gegen die Pflicht zurunverzüglichen Veröffentlichung von Informationen zuInsiderinformationen nach § 15 WpHG gegen den Vorstand der A...geführt, lehnte den Antrag des Klägers auf Akteneinsicht indesab.

Mit einem weiteren Schreiben vom 6. März 2008 beantragte derKläger erneut Akteneinsicht und zwar ausdrücklich in die unter demvon der Beklagten mitgeteilten Aktenzeichen geführten Unterlagen.Mit Bescheid vom 20. März 2008 lehnte die Beklagte auch diesenAntrag ab und führte zur Begründung aus, der Antrag sei nach § 4Abs. 1 Satz 1 IFG abzulehnen, weil das Aufsichtsverfahren nochnicht abgeschlossen und eine Entscheidung noch nicht ergangen sei.Außerdem unterfalle der überwiegende Inhalt der gesetzlichenVerschwiegenheitspflicht nach § 8 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG).Ergänzend stellte die Beklagte dem Kläger den Abschluss desVerfahrens in etwa sechs Monaten in Aussicht und erklärte, er könnezwar dann einen neuen Antrag stellen, erfahrungsgemäß werde dieerbetene Einsicht aber wegen anderer Gründe problematisch werden.Gegen den Bescheid legte der Kläger am 24. April 2008 Widerspruchein. Mit Schreiben vom 23. Mai 2008 teilte die von der Beklagtenzwischenzeitlich informierte Beigeladene mit, sie stimme einerAkteneinsicht durch den Kläger nicht zu.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2009 wies die Beklagteden Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus,dem Kläger stehe ein Anspruch auf Akteneinsicht weder aus demWertpapierhandelsgesetz noch aus dem Aktiengesetz zu. Auch § 29Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vermittele kein Recht aufEinsicht, da der Kläger nicht Beteiligter nach § 13 VwVfG sei. DerAntrag nach § 1 IFG auf Informationszugang sei bereits nach § 4 IFGdeshalb abzulehnen, weil das Verfahren bei der Bundesanstalt nochnicht beendet sei. Ferner sei ein Anspruch des Klägers aufInformationszugang gemäß § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG zu verneinen, dadas Bekanntwerden der begehrten Informationen nachteiligeAuswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtstätigkeit der Beklagtenhabe und die Verschwiegenheitspflicht der Behörde zu beachten sei(§ 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 8 WpHG). Dem Anspruch des Klägers steheauch § 3 Nr. 1 Buchst. g) IFG entgegen, da die Möglichkeit bestehe,dass das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungenauf das bei der Staatsanwaltschaft München I geführteErmittlungsverfahren haben könne. Zudem seien die gewünschtenInformationen jedenfalls zum Teil über die Medien ermittelbar, sodass § 9 Abs. 3 IFG dem Anspruch entgegen stehe, und die begehrteumfassende Akteneinsicht erfordere einen unverhältnismäßigenVerwaltungsaufwand, so dass § 7 Abs. 2 IFG zu beachten sei.Schließlich sei die Geltendmachung des Auskunftsanspruchsrechtsmissbräuchlich, wolle der Kläger doch die Informationen fürdie Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche nutzen. Die Zustellungdes Widerspruchsbescheides erfolgte am 13. Januar 2009.

Am 5. Februar 2009 hat der Kläger Klage erhoben und seinen -allein auf § 1 IFG gestützten - Anspruch auf Informationszugangunter Auseinandersetzung mit den im Widerspruchsbescheid von derBeklagten genannten Gründen weiter verfolgt.

Auf Ersuchen des Verwaltungsgerichts hat die StaatsanwaltschaftMünchen I am 7. Januar 2010 mitgeteilt, die von der Beklagtenvorgelegten Unterlagen würden für die Ermittlungen im Verfahren 405Js 31873/08 (wg. Verdachts der Untreue u.a. Straftaten) weiterbenötigt. Nach ihrem Dafürhalten würde das Bekanntwerden der in denBänden enthaltenen Informationen nachteilige Auswirkungen auf dasstrafrechtliche Ermittlungsverfahren haben und somit einenAusschluss des Klägers vom Zugang zu den konkreten Unterlagen nach§ 3 Nr. 1 Buchst. g) IFG rechtfertigen.

In der mündlichen Verhandlung am 26. März 2010 hat die Beklagtedem Begehren des Klägers in geringem Umfang durch Vorlage von sechsBlättern entsprochen. In Bezug auf diese Informationen haben dieBeteiligten daraufhin die Klage übereinstimmend für erledigterklärt. Im Übrigen hat der Kläger an seinem Begehren festgehaltenund auf seinen Anspruch auf Informationszugang verwiesen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger unter Aufhebung ihresBescheides vom 22. März 2008 in der Gestalt desWiderspruchsbescheides vom 12. Januar 2009 Zugang zu den amtlichenInformationen zum Vorgang „WA 22-PO 5215-90001533-2008/0001A... AG (A...)“ zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zur Begründung des Antrags die Begründung desWiderspruchsbescheides wiederholt und - nach gerichtlicherAufforderung - mit Schriftsatz vom 26. März 2010 in der mündlichenVerhandlung ergänzend ausgeführt, die streitgegenständliche Aktebestehe aus drei Aktenteilen, insgesamt 896 Blatt. Unter demangegebenen Aktenzeichen seien bei ihr ausschließlich Vorgängeerfasst, die in Zusammenhang mit der Ad-hoc-Mitteilung der A... vom15. Januar 2008 stünden. Aus den eigenen Unterlagen seienBestandteile entnommen und neu geordnet worden, um Unterlagen fürdie Staatsanwaltschaft München I zum Zwecke der Durchführung einesstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen frühereVorstandsmitglieder der A... zur Verfügung zu stellen. Daraus seienzwei Ordner entstanden, die im Wesentlichen Schriftverkehr mit derBeigeladenen enthielten. Somit stehe dem Begehren des Klägers § 3Nr. 1 Buchst. g) IFG entgegen, da diese Aktenbestandteile zurDurchführung des Ermittlungsverfahrens 302 Js 31873/08 (nunmehr:405 Js 31873/08) benötigt würden. Die Staatsanwaltschaft habe mitMail vom 8. Januar 2009 der Bundesanstalt in der Einschätzungzugestimmt, es sei keine Akteneinsicht zu gewähren. DieAktenbestandteile, die nicht an die Staatsanwaltschaft übermitteltworden seien, würden jedoch für das aufsichtsrechtliche Verfahrender Beklagten verwendet und stünden deshalb gemäß § 4 IFG nicht zurEinsicht zur Verfügung.

Die Beigeladene hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und zur Begründung ausgeführt, nicht nur die von der Beklagtengeltend gemachten Gründe stünden einer Einsicht des Klägers in dieUnterlagen entgegen, sondern auch das Bankgeheimnis, der Schutzpersonenbezogener Daten gemäß § 5 IFG und der Schutz von Betriebs-und Geschäftsgeheimnissen gemäß § 6 IFG.

Mit Beschluss vom 26. März 2010 hat das Verwaltungsgerichtzunächst das Verfahren bezüglich des Begehrens des Klägers aufEinsicht in die Unterlagen des Verfahrens, die nicht an dieStaatsanwaltschaft abgegeben wurden, abgetrennt und unter demAktenzeichen 7 K 741/10.F weitergeführt.

Mit Urteil vom 26. März 2010 hat das Verwaltungsgericht sodanndas Verfahren eingestellt, soweit die Beteiligten übereinstimmenddie Klage für erledigt erklärt haben, und im Übrigen - bezogen aufdie Unterlagen, die die Beklagte der Staatsanwaltschaft übermittelthat - die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Abweisung der Klagehat es ausgeführt, dem Kläger stehe bezüglich der Aktenteile, dieGegenstand des Verfahrens seien, ein Anspruch auf Einsicht nichtzu. Der Ausschlussgrund nach § 3 Nr. 1 Buchst. g) IFG liege vor,zudem könne sich der Kläger gewisse Information auch aus allgemeinzugänglichen Quellen beschaffen. Gemäß § 9 Abs. 3 IFG seienausweislich der vorgelegten Aufstellung der Beklagten über denInhalt der Akten bezüglich einiger Passagen die Voraussetzungen füreinen solchen Ausschlussgrund gegeben (Bl. 1 - 8, 9, 10 - 12, 13 -21, 77 - 85, 534 - 569, 839 - 847, 891 - 892 der Akte). Der Klägerkönne sich anderweitig in zumutbarer Weise die darin enthaltenenund gewünschten Informationen beschaffen. Insoweit habe dieBeklagte auch ihr Ermessen sachgerecht ausgeübt.

Im Übrigen stehe dem Kläger der gewünschte Zugang zu denInformationen zwar grundsätzlich gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG zu undes läge auch der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFG -Gefährdung der Kontroll- und Aufsichtstätigkeit - nicht vor. Jedochstehe dem Begehren § 3 Nr. 1 Buchst. g) IFG entgegen. Aufgrund derStellungnahme der Staatsanwaltschaft vom 7. Januar 2010 stehe fest,dass die Freigabe der Aktenteile nachteilige Auswirkungen auf dieDurchführung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens habenkönne. Ein Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche Verantwortlicheder A... sei eingeleitet und noch nicht abgeschlossen. Diestreitbefangenen Aktenteile enthielten nach der von der Beklagtengefertigten Übersicht Auskunftsersuchen der Staatsanwaltschaftsowie Unterlagen, die generell geeignet sein dürften, den Fortgangdes Ermittlungsverfahrens zu fördern. Der Einwand des Klägers, eineBeeinträchtigung des Verfahrens sei auszuschließen, da denBeschuldigten bereits Einblick in die Ermittlungsakten gewährtworden sei, stehe dem nicht entgegen. Die Staatsanwaltschaft habenämlich mitgeteilt, dass den Beschuldigten mit Ausnahme einzelnerDokumente bislang keine Akteneinsicht gewährt worden sei. Ergänzendhat das Verwaltungsgericht weiter ausgeführt, die Beklagte könnesich jedoch nicht auf den Ausschlussgrund nach § 4 Abs. 1 IFGberufen, da sie nicht dargelegt habe, dass die entsprechendenVoraussetzungen gegeben seien.

Das Urteil wurde dem Kläger am 10. Mai 2010 zugestellt. Am 26.Mai 2010 hat der Kläger die von dem Verwaltungsgericht zugelasseneBerufung eingelegt, beschränkt auf die Teile bzw. Blätter der Akte,für die das Verwaltungsgericht eine Information aus öffentlichzugänglichen Quellen nicht bejaht hat.

Mit Schriftsatz vom 5. August 2010 hat der Kläger die Berufung -nach entsprechender Verlängerung der Frist durch das Gericht -begründet. Er führt aus, der Ausschlusstatbestand des § 3 Nr. 1Buchst. g) IFG liege entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtsnicht vor. Nach dem Schutzzweck der Norm sei zu verlangen, dass vonder Beklagten konkrete nachteilige Auswirkungen auf den Schutz derRechtspflege dargelegt und festgestellt werden. Es sei zu fordern,dass die Bekanntgabe der Information nachweislich negativeAuswirkungen haben „kann“ und nicht bloß haben„könnte“. Wie die Rechtsprechung des Hess. VGH zu § 3Nr. 1 Buchst. d) IFG - in den Beschlüssen vom 24. März 2010 und 28.April 2010, Az. 6 A 1832/09 und 6 A 1767/08 - auf eine konkreteMöglichkeit einer erheblichen und spürbaren Beeinträchtigung derAufgabenerfüllung der Behörde abgestellt habe, sei auch bei § 3 Nr.1 Buchst. g) IFG zu fordern, dass die Beklagte nicht nur dieabstrakte Möglichkeit einer Beeinträchtigung, sondern konkreteHinweise auf eine tatsächliche Beeinträchtigung derErmittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft aufzeige. DasVerwaltungsgericht habe verkannt, dass aus dem Schreiben derStaatsanwaltschaft, auf das es im Wesentlichen in seiner Begründungabstelle, auch nicht im Ansatz eine solche Beeinträchtigunggeschlussfolgert werden könne. Auch aus der Aufstellung derBeklagten, die im Termin übergeben worden sei, lasse sich in keinerWeise ein entsprechender Hinweis entnehmen. Die in der Aufstellungder Beklagten gemachte Angabe „Unterlagen, die von der BaFinan die StA gegeben wurden“ sei substanzlos. Schließlich seidas Argument des Verwaltungsgerichts, den Beschuldigten imErmittlungsverfahren sei nur teilweise Einblick gewährt worden,fragwürdig. Denn das Verwaltungsgericht habe überhaupt keine genaueKenntnis darüber gewonnen, welche Teile der Akte den Beschuldigten,nicht aber dem Kläger zugänglich gemacht worden seien, könne darausdaher keine logische Schlussfolgerung aufbauen. Zuletzt sei auchdas Argument der Beklagten widerlegt, der Akteneinsicht stehe daslaufende Verfahren in ihrer Behörde entgegen. Denn es sei derBeklagten trotz des überschaubaren Umfangs des Materials in -bislang - drei Jahren nicht erforderlich erschienen, einenVerwaltungsbescheid gegen die Betroffenen zu erlassen. Hier stehedeutlich ein Interessenkonflikt im Raum, da die BundesrepublikDeutschland Eigentümerin der Beigeladenen sei und damit Haftendefür einen verschuldeten Schaden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 26.März 2010 - Geschäftsnummer 7 K 243/09.F - abzuändern und dieBeklagte zu verpflichten, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheidesvom 20. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.Januar 2009 Zugang zu den Blättern 22 bis 68, 167 bis 174, 176 bis183, 184 bis 188, 209, 210 bis 212, 213 bis 214, 215, 216 bis 354,355 bis 533, 570 bis 617, 618 bis 706, 731 bis 734, 735 bis 737,742 bis 835, 848 bis 850, 851 bis 866 und 894 bis 896 zum VorgangA... AG (A...) gemäß Schreiben der Beklagten vom 26. März 2010, Gz.Q 27-QR 7330-2009/0001, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Einsicht in die (noch) streitbefangenenAktenteile sei dem Kläger verwehrt, da der Ausschlussgrund des § 3Nr. 1 Buchst. g) IFG nach den von der zuständigenErmittlungsbehörde genannten Gründen gegeben sei. DieStaatsanwaltschaft habe mehrfach und bis zuletzt mitgeteilt, dassdie Einsicht von Dritten die Ermittlungen negativ beeinträchtigenkönnte. Die Ausführungen der Staatsanwaltschaft seien auchplausibel und glaubhaft. Wenn die Voraussetzungen desAusschlussgrundes indes vorlägen, sei für eine im Ermessenswegezugunsten des jeweiligen Antragstellers zu treffende Entscheidungfür die Einsichtnahme in die Unterlagen kein Raum. Außerdem liegeauch die Tatbestandsalternative des § 3 Nr. 1 Buchst. g) IFG vor,dass durch die Einsichtnahme die Gefahr begründet werde, derAnspruch der betroffenen Personen auf ein faires Verfahren könnedurch die Veröffentlichung der Informationen beeinträchtigt werden,die sie, die Beklagte, bei der Staatsanwaltschaft angezeigt habe.Dann bestünde die Möglichkeit, dass die Beschuldigten öffentlichvorverurteilt würden. Zudem sei - entgegen der Ansicht desVerwaltungsgerichts - das von ihr geführte Verfahren gegenVerantwortliche der A... nach § 15 WpHG nach wie vor noch nichtabgeschlossen, denn in den Verfahrensabschluss sollten nochInformationen aus dem Ermittlungsverfahren der StaatsanwaltschaftMünchen I einfließen. Damit sei auch der Ausschlussgrund des § 4Abs. 1 IFG weiter gegeben. Letztlich ständen dem klägerischenBegehren aber weiterhin auch die Ausschlussgründe nach § 3 Nr. 1Buchst. d) IFG (nachteilige Auswirkungen auf die Aufsichts- undKontrolltätigkeit der Beklagten), § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 8 WpHG(Verschwiegenheitspflicht) und § 3 Nr. 7 IFG (Datenschutz)entgegen.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt der Argumentation der Beklagten bei und erklärt imWesentlichen, die plausiblen Auskünfte der Staatsanwaltschaftbegründeten einen zwingenden Ausschluss des Rechts aufAkteneinsicht bei der Beklagten. Der Behörde sei auch eine positiveEntscheidung zugunsten des Klägers im Ermessenswege nichtgestattet. Die Möglichkeit der negativen Beeinflussung desErmittlungsverfahrens werde dadurch gegeben, dass in dem erwartetenGutachten des aktienrechtlichen Sonderprüfers zu den Vorgängen inder A...-Gruppe Informationen enthalten sein könnten, die demStaatsanwalt bisher nicht zugänglich waren und die zu weiterenErmittlungsmaßnahmen führen könnten. Insbesondere eine eventuelleZeugenvernehmung werde aber beeinflusst, wenn die die Unterlagender BaFin bekannt würden. Die Beigeladene vertritt darüber hinausdie Ansicht, der Ausschlussgrund nach § 3 Nr. 1 Buchst. g) IFGgelte nicht nur im - laufenden - Ermittlungsverfahren, sondern auchwährend der Zeit eines eventuellen sich anschließendenStrafprozesses.

Das Gericht hat Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft München Izu dem Stand des Ermittlungsverfahrens und der im Verlauf oder nachAbschluss des Verfahrens erteilten Auskünfte bzw. Gewährung vonAkteneinsicht an Betroffene oder Dritte eingeholt (Schreiben vom 8.August 2011 und 6. März 2012), die ebenso Gegenstand der mündlichenVerhandlung gewesen sind wie ein Hefter Unterlagen der Beklagtenzum Widerspruchsverfahren.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet, da das angefochteneUrteil, soweit es der Kläger angegriffen hat, zu Recht die Klageabgewiesen hat.

Die Klage ist unbegründet, weil der Kläger einen Anspruch aufeinen seinen Antrag auf Informationszugang positiv bescheidendenVerwaltungsakt nicht hat und die Versagung ihn somit nicht inseinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).

1. Der Anspruch des Klägers auf Zugang zu den Informationen derBeklagten dem Grunde nach folgt aus § 1 Abs. 1 IFG. Dass dem Klägerder Anspruch - dem Grunde nach - zusteht, wird von der Beklagtenund der Beigeladenen im Berufungsverfahren nicht mehr bestritten.Im Übrigen besteht der Anspruch auf Informationszugang durchAuskunftserteilung nach der ständigen Rechtsprechung des Senatsunabhängig davon, aus welchem Interesse der jeweilige Antragstellerdies geltend macht (vgl. nur: Beschluss vom 02.03.2010 - 6 A1684/08 -, NVwZ 2010, 1036; ebenso: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom23.04.2010 - 10 A 10091/10.OVG -, ZIP 2010, 1091).

2. Zutreffend führt das Verwaltungsgericht des Weiteren in demangegriffenen Urteil aus, dass der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1Buchst. d) IFG (mögliche nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll-und Aufsichtstätigkeit der Behörde) im vorliegenden Fall nichthinreichend dargetan ist. Die Behörde muss die konkrete Möglichkeiteiner erheblichen und spürbaren Beeinträchtigung derAufgabenerfüllung als Folge der Ermöglichung des Zugangs zubestimmten Informationen darlegen (vgl. Beschlüsse des Senats vom24.03.2010 - 6 A 1832/09 -, 28.04.2010 - 6 A 1767/08 - und30.04.2010 - 6 A 1341/09 -). Dies ist im vorliegenden Verfahrennicht in ausreichender Weise erfolgt.

3. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch aufInformationszugang besteht indessen deshalb nicht, weil durch ihndie Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen nachteiligbeeinflusst würde (Ausschlussgrund gemäß § 3 Nr. 1 Buchst. g)IFG).

In der Alternative der nachteiligen Auswirkungen „auf einlaufendes Gerichtsverfahren“ ist der Ausschlussgrund nicht zubejahen. Ein (strafrechtliches) Gerichtsverfahren ist - bislang -nicht anhängig. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Normsowie der Auslegung nach Sinn und Zweck der Norm scheidet auch eineanaloge Anwendung dahingehend, dass auf ein erst bevorstehendesGerichtsverfahren abgestellt wird, aus (vgl. BVerwG, Beschluss vom09.11.2010 - 7 B 43.10 -, NVwZ 2011, 235; Schoch, IFG, München2009, § 3 Rdnr. 8).

Auch der von der Beklagten vorgebrachte Ausschlussgrund nach § 3Nr. 1 Buchst. g) IFG in der Alternative „Anspruch einerPerson auf ein faires Verfahren“ ist nicht gegeben. DieBeklagte meint, die Einsicht in die streitbefangenen Unterlagen seidem Kläger deshalb zu verwehren, weil daraus die Gefahr erwachsenkönne, die Informationen würden öffentlich bekannt und dies könntedazu führen, die Betroffenen, d.h. die derzeit Beschuldigten, diesich möglicherweise einem Strafverfahren ausgesetzt sehen könnten,würden vorverurteilt. Ob dieser Einwand überhaupt geeignet ist, denTatbestand des § 3 Nr. 1 Buchst. g) IFG auszufüllen, magdahinstehen. Ihm muss im Allgemeinen unter Hinweis auf denSchutzzweck der Norm, der nicht den Schutz vor öffentlichemMeinungsdruck umfasst (vgl. Schoch, a.a.O., § 3 Rdnr. 76), speziellaber im vorliegenden Verfahren insoweit begegnet werden, dass durchdie bislang stattgefundene umfangreiche Berichterstattung in denüberregionalen und fachbezogenen Medien die betroffenen Personen -insbesondere der frühere Vorstandsvorsitzende und weitereVorstandsmitglieder der A... - bereits in der Öffentlichkeitbenannt worden sind. In zahlreichen Presseberichten wurde über dievon der A... selbst angestrengten Untersuchungen, die geltendgemachten oder möglichen zivilrechtlichen Forderungen (auch derVorstandsmitglieder gegen die A...) und die strafrechtlichenErmittlungsverfahren berichtet. Eine generelle Vorverurteilung imSinne einer durch die Berichterstattung über das Verfahren oder denGegenstand der Akten der BaFin erzeugten öffentlichen Meinung, dieden Anspruch der Betroffenen auf ein faires Verfahren durch einePrägung der für die Entscheidung zuständigen Kammer desLandgerichts negativ beeinflussen könnte, wurden nicht vorgetragenund sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Sollten besondere, überdie bekannten Vorwürfe hinausgehende Informationen Gegenstand derstreitbefangenen Unterlagen sein, wäre es zudem möglich, diese zuschwärzen oder die Vorlage der konkreten Aktenteile zuverweigern.

4. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist jedoch dieAnnahme des Verwaltungsgerichts zutreffend, der Ausschlussgrund des§ 3 Nr. 1 Buchst. g) IFG sei in der Alternative „nachteiligeAuswirkungen auf ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren“gegeben. Bei diesem Ausschlussgrund ist es unter Berücksichtigungdes Schutzzwecks der Norm, nämlich dem Schutz der Rechtspflege unddes Gesetzesvollzugs (vgl. Schoch, a.a.O., § 3 Rdnr. 74 und 88; VGHBaden-Württemberg, Urteil vom 10.06.1998 - 10 S 58/97 -, NVwZ 1998,987 zu § 7 Abs. 1 UIG), erforderlich, dass ein anhängigesstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegeben ist, das Bezug undeine gewisse Äquivalenz zu der Information hat, in die Einsichtbegehrt wird (a), und das Bekanntwerden der Information nachteiligeAuswirkungen auf das konkrete Ermittlungsverfahren haben kann (b).Im vorliegenden Fall ist zu bejahen, dass nachteilige Auswirkungenzu erwarten sind (c).

a) Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren mit Bezug zu denbei der Beklagten vorhandenen und hier streitbefangenenInformationen ist gegeben. Nach anfänglichen Auseinandersetzungenzwischen den Beteiligten über den Inhalt der bei der Beklagtengeführten Vorgänge und deren Bezug zu strafrechtlichenErmittlungsverfahren steht nunmehr fest, dass dieStaatsanwaltschaft München I unter dem Az. 405 Js 31873/08 gegenfrühere Verantwortliche der Beigeladenen ein Ermittlungsverfahrendurchführt, in das die bei der Beklagten gebildeten Aktenteile -soweit hier streitbefangen - einbezogen sind.

b) Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der nachteiligenAuswirkungen kann bei § 3 Nr. 1 Buchst. g) IFG in Anlehnung an diebestehende Rechtsprechung des Gerichts zu § 3 Nr. 1 Buchst. d) IFGdarin die konkrete Möglichkeit einer erheblichen und spürbarenBeeinträchtigung der Aufgabenerfüllung der (anderen) Behörde, diedas strafrechtliche Ermittlungsverfahren führt, als Folge derErmöglichung des Zugangs zu den einschlägigen Informationen bei derBehörde, an die der Antrag auf Informationszugang gerichtet ist,verstanden werden. Diese Gefährdungslage ist von der letzterenBehörde in Form einer nachvollziehbar begründeten, durch konkreteFakten untermauerten Prognose darzulegen. Im Beschluss vom 24. März2010 (6 A 1832/09, ESVGH 61, 62) führt der Senat aus:

„Dass der Gesetzgeber von dem Erfordernis einer solchenkonkreten Gefährdungsprognose ausgegangen ist, wird darausdeutlich, dass er § 3 Nr. 1 IFG mit der Möglichkeit nachteiligerAuswirkungen auf die in der Vorschrift genannten Schutzgüter an dieVorschrift in § 8 Abs. 1 des Umweltinformationsgesetzes - UIG -angelehnt hat (BT-Drucks. 15/4493, S. 9), die eine entsprechendsubstantiierte Gefährdungsprognose voraussetzt (vgl. etwa OVGRheinland-Pfalz, Urteil vom 20. Februar 2008 - 1 A 10886/07 -, NVwZ2008, 1141; zum Erfordernis einer Prognose derinformationspflichtigen Stelle im Rahmen des Ausschlusstatbestandesin § 3 Nr. 1 Buchst. a) IFG: BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 -BVerwG 7 C 22.08 -, DVBl. 2010, 120). Darüber hinaus wurde imVerlaufe des Gesetzgebungsverfahrens das Wort "könnte" imGesetzentwurf durch das Wort "kann" ersetzt, um denSchutzstandard des § 3 Nr. 1 an den des § 3 Nr. 2 IFG anzugleichen(vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses,BT-Drucks. 15/5606, S. 5; Schoch, IFG, Rdnr. 97 zu § 3 IFG). Auchdies verdeutlicht, dass eine Herabsetzung der Anforderungen an dieFeststellung nachteiliger Auswirkungen auf die betroffenenSchutzgüter gegenüber § 3 Nr. 2 IFG und § 8 Abs. 1 UIG nichtbeabsichtigt war (vgl. Schoch, IFG, Rdnr. 97 zu § 3IFG).“

Zu verlangen ist daher auch für den Ausschlussgrund dermöglichen Beeinträchtigung strafrechtlicher Ermittlungstätigkeiteine auf Tatsachen gegründete Prognose, dass Anhaltspunkte dieVermutung rechtfertigen, das Bekanntwerden der konkret verlangtenInformation(en) habe negative Auswirkungen auf das Verfahren. Esmüssen also Tatsachen vorgetragen werden oder zweifelsfrei gegebensein, die eine über bloß latent vorhandene und in der Natur derSache liegende Umstände deutlich stärkere Gefährdungslage erkennbarwerden lassen. Nicht ausreichend sind mithin nur nichtauszuschließende, eher fernliegende Möglichkeiten, dass beiBekanntgabe der begehrten Informationen nachteilige Effekteauftreten könnten.

Aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 86 Abs. 1 VwGOist das Verwaltungsgericht gehalten, unter Heranziehung derBeteiligten den Sachverhalt auch bezüglich der Umstände, die fürdas Vorliegen des Ausschlussgrundes entscheidend sind, aufzuklären.Bleibt der Erfolg der möglichen Maßnahmen und Ermittlungen -Hinweise, Aufklärungsverfügungen, Einholung von Auskünften undDurchführung einer Beweisaufnahme - trotzdem aus, wird letztlichdie auf Informationszugang in Anspruch genommene Behörde für denNachweis des geltend gemachten Ausschlussgrundes Sorge tragenmüssen.

Eine solche Darstellung der Tatsachen und der Bedeutung derInformation für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren ist derBeklagten indes regelmäßig nicht aus eigener Kenntnis herausmöglich. Vielmehr muss sie die Stelle, die die Ermittlungen führt,d.h. bei strafrechtlichen Ermittlungsverfahren regelmäßig dieStaatsanwaltschaft, um Mithilfe bitten, indem Tatsachen bzw.Erklärungen mitzuteilen sind, eventuell auch eine Prognose zu denVoraussetzungen des Ausschlussgrundes anzufordern sein wird. Es istzweifelhaft, ob die Beklagte der mit den strafrechtlichenErmittlungen jeweils betrauten Behörde eine Art der Mitwirkungaufgeben kann. Jedenfalls wird sie der Ermittlungsbehörde dieBedeutung der Entscheidung zum beantragten Informationszugangvermitteln, denn sie wird maßgeblich auf die genannte Mitwirkungangewiesen sein, die sie in die Lage versetzen dürfte, eineeigenständige Entscheidung zu treffen, d.h. selbst gegenüber einemAntragsteller (oder im gerichtlichen Verfahren gegenüber demGericht) das Vorliegen möglicher nachteiliger Auswirkungen in einersubstantiierten Form darzulegen.

Das Gericht ist zwar der Ansicht, dass der jeweiligenErmittlungsbehörde ein gewisser Beurteilungsspielraum oder eineEinschätzungsprärogative bezogen auf die Bedeutung und dieAuswirkungen der Bekanntgabe der angeforderten Informationeneinzuräumen ist, da die konkrete Sachlage im dortigen (vomVerfahrensstand nach dem Informationsfreiheitsgesetz aus gesehensekundären) Verfahren nicht Gegenstand des streitbefangenenAnspruchs auf Informationszugang ist und damit auch nicht dergerichtlichen Kontrolle unterliegen wird. Allerdings handelt essich bei dem Tatbestandsmerkmal der Gefährdung desErmittlungsverfahrens durch den Zugang zu den Informationen nichtum einen Bewertungs- oder Beurteilungsspielraum der umInformationszugang angegangenen Behörde, der der gerichtlichenKontrolle entzogen sein könnte, sondern um ein vollständiggerichtlich überprüfbares Tatbestandsmerkmal, das der freienBeweiswürdigung des Gerichts unterliegt (§ 108 Abs. 1 VwGO).

Wirkt die Staatsanwaltschaft indes nicht (oder für eineausreichende Aufklärung nur unzureichend) bei der Klärung desTatbestandsmerkmals der Gefährdung mit, kann der Fall eintreten,dass die informationsführende Stelle den Ausschlussgrund nichterfolgreich geltend machen kann. Teilt die Staatsanwaltschafthingegen - wie hier geschehen - der in Anspruch genommenen Behördeoder dem Gericht ihre Einschätzung mit, so ist zu beachten, dassder vorgetragene Sachverhalt und die Ausführungen zur Prognosewiderspruchsfrei und nachvollziehbar sind. Die Begründung, warumEinsicht von Dritten in die Akten der Bundesanstalt zu einerBeeinträchtigung des Ermittlungsverfahrens würde führen können,muss auf konkreten Tatsachen basieren, die geeignet sind, dasMoment des Nachteils für die weiteren Ermittlungshandlungendeutlich zu machen; ein Nachteil, der eintreten kann, wenn die beider Behörde vorhandenen Informationen dem Antragsteller, Drittenoder der Allgemeinheit bekannt würden.

c) Unter Berücksichtigung des schriftlichen Vorbringens und derErläuterungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung sowieder vorgelegten Auskünfte ist das Gericht überzeugt, dass imZeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den abzustellen ist,der vom Kläger begehrte Zugang zu den aufgelisteten Blättern derAkte der Beklagten nachteilige Auswirkungen auf dasErmittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft haben kann.

Die entsprechend erforderliche substantiierteGefährdungsprognose ist jedoch erstmals aufgrund der imBerufungsverfahrens gewonnenen Erkenntnisse, d.h. aufgrund derInformationen, die dem Gericht von Seiten der StaatsanwaltschaftMünchen I und ergänzend von der Beigeladenen erteilt worden sind,zu bejahen. Die Entscheidungsbasis, die dem angefochtenen Urteilzugrunde lag, war hingegen nicht ausreichend. DasVerwaltungsgericht ist in seinem Urteil davon ausgegangen, dass derBeklagten mit der Vorlage der Auskunft der StaatsanwaltschaftMünchen I vom 7. Januar 2010 der Nachweis der nachteiligenAuswirkungen auf das Ermittlungsverfahren gelungen sei. DieBegründung auf Seite 11 des Urteilsabdrucks, dass zur Überzeugungder Kammer durch das Schreiben ausreichend dargetan werde, dass dasBekanntwerden der Vorgänge, welche die Beklagte an dieStaatsanwaltschaft übermittelt habe, mit nachteiligen Auswirkungenauf das Ermittlungsverfahren verbunden sei, beanstandet der Klägerzu Recht, denn aus dem Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 7.Januar 2010 ergibt sich die durch das Verwaltungsgericht gezogeneFolge nicht überzeugend. Die Staatsanwaltschaft München I erklärtdarin, die Bände der Beklagten seien Gegenstand der Auswertung desLandeskriminalamts, die noch nicht abgeschlossen sei. Es stündeeine erhebliche Zahl an Vernehmungen an. Akteneinsicht sei, mitAusnahme einzelner Dokumente, an die Beschuldigten bislang nichtgewährt worden. Das Bekanntwerden der in den Bänden vorhandenenInformationen würde daher die Versagung der Akteneinsichtunterlaufen.

Eine zwingende oder überzeugende Prognose lässt sich auch nichtaus der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft München I vom 8.August 2011 folgern. Neben der Darstellung des Sachstandes bezogenauf das Ermittlungsverfahren schließt die Staatsanwaltschaft darinwieder ohne nähere Darlegung, aufgrund des noch nichtabgeschlossenen Ermittlungsverfahrens liege der Ausschlussgrundvor. In Fortgang zu der Auskunft vom 7. Januar 2010 teilt sie indesweiter mit, die Auswertung der Asservate und die Durchführungen vonVernehmungen seien abgeschlossen und es werde der polizeilicheAbschlussbericht erstellt. Zudem sei den Verteidigern und denRechtsanwälten der Beigeladenen wie des Sonderermittlers, nichtjedoch Dritten, Einsicht in die gesamten Ermittlungsakten gewährtworden. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass dieStaatsanwaltschaft die Unterlagen, die von der Beklagten stammen,nicht zu Ermittlungsakten rechnet, sondern zu den Asservaten. Dennsie führt aus, vollständige Akteneinsicht würde nach Vorliegen despolizeilichen Abschlussberichts gewährt werden. Zudem führt sieaus, der Abschluss des Ermittlungsverfahrens erfolge erst dann,wenn das Gutachten des Sonderermittlers vorliege, diePrüfungsgegenstände des Auftrags an den Sonderermittlerüberschnitten sich mit dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahrenund es sei möglich, dass nach Vorliegen des Gutachtens weitereVernehmungen und die Auswertung zusätzlicher Unterlagenerforderlich würden. Der Grad der Gefahr nachteiliger Auswirkungeneines Informationszugangs auf das Ermittlungsverfahren sei jedocherheblich geringer als noch im Januar 2010.

In der Bestätigung vom 19. / 22. Dezember 2011 an die Beklagteim Rahmen einer Korrespondenz per Mail (Bl. 661 ff. derGerichtsakte) stellt die Staatsanwaltschaft ebenfalls darauf ab, eskomme maßgeblich auf das Gutachten des von der Hauptversammlung derA... eingesetzten Sonderermittlers an, der interne Vorgänge bei derBeigeladenen aufklären solle. Wenn das Gutachten vorliege, könntesich nämlich für die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit ergeben,dass weitere Ermittlungshandlungen durchgeführte werden müssten,etwa die zusätzliche Vernehmung von Zeugen. Der Vorhalt einesDokuments in der Vernehmungssituation sei nur dann sinnvoll, wennder Zeuge die Information noch nicht kenne. Erhalte aber zuvor einGeschädigter Akteneinsicht, sei es möglich, dass die betreffendenInformationen veröffentlicht würden. Hierbei führt dieStaatsanwaltschaft weiter aus, die von dem Sondergutachtenmöglicherweise ausgelösten weiteren Ermittlungshandlungen könnteneinen unmittelbaren Bezug zu den Informationen der BaFin haben.Allerdings erfolgte keine nähere Darstellung der Verknüpfung derInhalte der verschiedenen Komplexe (Informationen der Beklagten -Inhalt des polizeilichen Abschlussberichts - sonstiger Inhalt derErmittlungsakten - erwartetes Gutachten des Sonderermittlers).

Hingegen hat die Beigeladene mit Schriftsatz vom 14. Februar2012 die Umstände der Einsetzung des Sonderermittlers, dessenAufgaben und seine Möglichkeiten zur Ermittlung der notwendigenDaten näher erläutert (Bl. 693 ff. der Gerichtsakte). DieBeigeladene stellt im Wesentlichen darauf ab, der von derHauptversammlung der A... nach § 142 Abs. 1 AktG eingesetzteaktienrechtliche Sonderermittler sei beauftragt, die Vorgänge imZusammenhang mit dem Erwerb der irischen B… und derLiquiditätssteuerung der A... sowie mögliche Bilanzmanipulationenund falsche Darstellungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslageder A... zu untersuchen. Damit überschneide sich das - erwartete -Gutachten mit den beiden streitgegenständlichen Aktenbänden derBeklagten (zu möglichen Verstößen gegen Mitteilungspflichten) unddem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, insbesonderesoweit es um die Vertretbarkeit des Risikomanagementsystems und derRefinanzierungsstruktur der A...-Gruppe gehe. Aufgrund derbestehenden erweiterten Ermittlungsmöglichkeit des Sonderprüfers -bedingt durch die aktienrechtlich notwendige Zusammenarbeit mit deraktuellen Leitung des Unternehmens - sei die Einschätzung derStaatsanwaltschaft, aus dem Ergebnis des Gutachtens könnten sichweitere Ermittlungsansätze für das strafrechtliche Verfahrenergeben, plausibel.

Schließlich ergibt sich auch aus dem Schreiben derStaatsanwaltschaft München I vom 6. März 2012, in dem dieAnklagebehörde auf weitere Fragen des Gerichts antwortet, eineletztlich tragfähige Basis für die Feststellung der behauptetenGefährdung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Die Auskunftbezieht sich auf das Argument der Beklagten und der Beigeladenen,auch Dritte hätten bislang noch nicht Einblick in die Unterlagender BaFin genommen. In der Zusammenschau der Auskünfte istfestzustellen, dass die Staatsanwaltschaft erklärt, die von derBeklagten übersandten Bände (zwei Ordner) seien kopiert, demLandeskriminalamt zu Auswertung übergeben und die Kopien alsAsservate aufgenommen worden. Einblick in diese asservierten Bändesei weder den Verteidigern der Beschuldigten noch Dritten gewährtworden. Zwar fehlt weiter eine eindeutige Aussage darüber, ob diesvon Seiten der Verteidiger, der Beigeladenen oder desSonderermittlers überhaupt gewünscht worden ist. Unklar ist desWeiteren, warum die Anwälte der Angeschuldigten nicht Einblick indas Konvolut der BaFin haben nehmen wollen. Darauf kommt es indesnicht entscheidend an. Vielmehr hält der Senat die Aussage fürentscheidungserheblich, dass die Informationen, die der Kläger imvorliegenden Verfahren begehrt, von den genannten Beteiligten oderDritten noch nicht eingesehen worden sind. Nur dadurch ist dieweitere Feststellung bzw. Behauptung der Beklagten, die Bekanntgabeder Informationen könne zu Beeinträchtigungen desErmittlungsverfahrens führen, nachvollziehbar.

Aus den vorliegenden Stellungnahmen lässt sich mithin eineKausalität zwischen einer Einsicht in die Unterlagen der Beklagtenund der vom Gesetz vorgegebenen Gefährdung der strafrechtlichenErmittlungen bejahen, denn eine besondere Schwere des nachteiligenEffekts ist nicht gefordert (vgl. Schoch, IFG, § 3 Rdnr. 94). Außerder Beklagten und der Staatsanwaltschaft bzw. der Kriminalpolizei,die die Unterlagen ausgewertet hat, haben bezüglich der nochstreitbefangenen Unterlagen keine anderen Personen Kenntnis nehmenkönnen (oder wollen). Der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 Buchst. g)IFG ist mithin im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unabhängigdavon gegeben, dass spätestens dann, wenn die Staatsanwaltschaftden Abschluss der Ermittlungen in der Akte vermerkt (vgl. § 406eAbs. 2 Satz 3 StPO), der Ausschlussgrund entfällt.

5. Wegen des festgestellten Ausschlussgrundes nach § 3 Nr. 1Buchst. g) IFG bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die vonder Beklagten ebenfalls geltend gemachten relativenAusschlussgründe - Schutz persönlicher Rechte Dritter,Geheimhaltungspflichten nach § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 8 WpHG, Schutzfür Entwürfe zu Entscheidungen sowie Arbeiten und Beschlüsse zuihrer unmittelbaren Vorbereitung nach § 4 IFG - ebenfalls gegebensein können.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen (§154 Abs. 2 VwGO), wobei die außergerichtlichen Aufwendungen derBeigeladenen dem Kläger gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegensind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhtauf § 708 Nr. 10 und § 711 Satz 1 ZPO i.V.m. § 167 VwGO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Eurofestgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 2des Gerichtskostengesetzes (GKG). Die Beschränkung der Berufung aufTeile des erstinstanzlichen Streitgegenstandes ist unterBerücksichtigung des maßgeblichen Begehrens des Klägersunwesentlich und rechtfertigt keine Herabsetzung des Streitwertesunter den vom Gesetz genannten Regelstreitwert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 66Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).