Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 13.04.2011 - 12 ME 8/11
Fundstelle
openJur 2012, 51745
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover – 12. Kammer vom 21. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 30.000,EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beigeladene wendet sich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der der Antragstellerin erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 12. November 2009 durch den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts.

Unter dem 7. Oktober 2005 beantragte die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid zur Errichtung einer Windenergieanlage vom Typ K. mit einer Nabenhöhe von 85 m, einem Rotordurchmesser von 71 m, einer Nennleistung von 2,0 MW und einer Gesamthöhe von 120,5 m auf dem Flurstück L. der Flur M. in der Gemarkung N.. Mit dem Antrag wurde die Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit der Anlage an dem vorgesehenen Standort, der sich zwischen den zu O. gehörenden Ortsteilen N. und P. befindet, angestrebt. In diesem Raum sind bereits sechs Windenergieanlagen genehmigt bzw. errichtet worden. Der Ort des Vorhabens liegt rund 34 km nördlich des Luftverteidigungsradars der Beigeladenen vom Typ Q. am Standort R.. Die im Vorbescheidsverfahren beteiligte Wehrbereichsverwaltung Nord erhob gegen das Vorhaben mit Schreiben vom 21. November 2005 Einwände nicht. Gleichwohl lehnte der Antragsgegner den Antrag aus anderen Gründen ab. Nach einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren erteilte der Antragsgegner auf der Grundlage eines außergerichtlichen Vergleichs unter dem 22. Dezember 2008 den begehrten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid sowie drei weitere Vorbescheide, die sich ebenfalls auf die Errichtung von Windenergieanlagen im Bereich N.P. bezogen.

Unter dem 29. Dezember 2008 beantragte die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei der vier positiv vorbeschiedenen Windenergieanlagen, darunter die als Windenergieanlage 01 bezeichnete Anlage auf dem Flurstück L. der Flur M.. Die Wehrbereichsverwaltung Nord machte mit Schreiben vom 25. Februar 2009 Bedenken gegen alle drei Anlagen im Hinblick auf eine nicht hinnehmbare radartechnische Beeinträchtigung der Radaranlage R. geltend. Das von der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin daraufhin eingeschaltete Ingenieurbüro S. (T.) kam in seinem Gutachten vom 30. September 2009 zu dem Ergebnis, die Windenergieanlagen in der hier gegebenen Entfernung von mehr als 33 km könnten nicht zu einer relevanten Störwirkung auf die Radaranlage R. führen.

Mit Bescheid vom 12. November 2009 erteilte der Antragsgegner der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der drei Windenergieanlagen. Mit ihrem Widerspruch nahm die Wehrbereichsverwaltung Nord auf ein signaturtechnisches Gutachten der U. V. GmbH vom 9. Oktober 2009 Bezug, das die Stadt O. im Rahmen der Aufstellung eines Flächennutzungsplans in Auftrag gegeben hatte und aus dem sich ergebe, dass aufgrund der bereits bestehenden Windenergieanlagen ungeachtet des von der Antragstellerin vorgelegten Gutachtens eine weitere Verdichtung durch neue Anlagen nicht in Betracht komme. Im Verlauf des Verfahrens zog die Wehrbereichsverwaltung Nord ihre Bedenken und ihren Widerspruch gegen zwei der drei genehmigten Anlagen zurück und hielt diesen lediglich hinsichtlich der hier streitigen Windenergieanlage aufrecht, weil die anderen beiden Windenergieanlagen einen ausreichenden Abstand zu den benachbarten geplanten und vorhandenen Anlagen wahrten. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2010 wies der Antragsgegner den die hier streitige Anlage betreffenden Widerspruch zurück. Über die gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung dieser Anlage gerichtete Klage ist noch entschieden worden.

Dem Antrag der Antragstellerin, die sofortige Vollziehung der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 12. November 2009 anzuordnen, soweit darin die Errichtung und der Betrieb einer Windenergieanlage vom Typ K. mit einer Nabenhöhe von 85 m, einem Rotordurchmesser von 70 m, einer Nennleistung von 2,3 MW und einer Gesamthöhe von 120 m auf dem Flurstück L. der Flur M., Gemarkung N., genehmigt werden, hat das Verwaltungsgericht nachdem ein entsprechendes Begehren vom Antragsgegner abgelehnt worden war mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss entsprochen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der zulässige Antrag sei begründet. Das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin, von der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vor Abschluss des Klageverfahrens Gebrauch machen zu können, überwiege das Aussetzungsinteresse der Beigeladenen, denn deren Klage werde mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne Erfolg bleiben. Diese sei zwar zulässig, aber voraussichtlich unbegründet. Die Beigeladene sei bereits gehindert, die planungsrechtliche Zulässigkeit der Anlage aus Gründen der Radartechnik gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB in Frage zu stellen, weil darüber durch immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid vom 22. Dezember 2008 abschließend entschieden worden sei. Zu Unrecht meine die Beigeladene, ihr Widerspruch gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung habe sich zugleich auf den Bauvorbescheid (gemeint wohl: immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid) vom 22. Dezember 2008 bzw. dessen Regelungsgegenstand erstreckt. Zwar sei es richtig, dass der Vorbescheid aufgrund der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung bei Einlegung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung noch nicht bestandskräftig gewesen sei, das aber habe einen Widerspruch gegen den Vorbescheid nicht entbehrlich gemacht. Ein solcher sei hingegen nicht eingelegt worden und könne auch nicht in dem Widerspruch gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erblickt werden. Selbst wenn man aber mit der Beigeladenen davon ausgehen wollte, dass der Vorbescheid vom 22. Dezember 2008 keine abschließende Regelung bezüglich einer Störung der Radaranlage R. getroffen habe oder aber aufgrund eines Widerspruchs der Beigeladenen nicht bestandskräftig geworden sei, bliebe die Klage ohne Erfolg. Der öffentliche Belang der Funktionsfähigkeit der Radaranlage gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB stehe dem Vorhaben der Antragstellerin nicht entgegen, weil bereits eine Störung der Radaranlage durch die geplante Windenergieanlage 01 nicht substantiiert dargelegt und eine nachteilige Beeinflussung der Funktion dieser Radaranlage durch die geplante Windenergieanlage nach dem Vorbringen der Beigeladenen und dem Ergebnis des Erörterungstermins nicht erkennbar sei. Die Hürden, die einem Erfolg der Beigeladenen in der Hauptsache entgegenstünden, seien selbst wenn die Beigeladene noch eine Störung der Radaranlage in plausibler Weise durch eine nachträgliche Berechnung begründen könnte derart hoch, dass die Kammer nicht von einer offenen Prozesssituation ausgehe.

II.

Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde der Beigeladenen hat keinen Erfolg. Die dargelegten Gründe, die der Senat allein zu prüfen hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgericht zu ändern.

71. Soweit das Verwaltungsgericht in einem ersten Begründungsteil ausgeführt hat, die Beigeladene sei bereits gehindert, die planungsrechtliche Zulässigkeit der Anlage aus Gründen der Radartechnik gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB in Frage zu stellen, weil darüber durch den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid vom 22. Dezember 2008 abschließend entschieden worden sei, rügt die Beigeladene, das Verwaltungsgericht sei zu diesem Ergebnis durch eine nicht vertretbare Auslegung des Vorbescheides gelangt. Dabei zieht die Beigeladene allerdings nicht in Zweifel, dass wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat mit diesem Vorbescheid in seinem feststellenden Teil die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der zur Prüfung gestellten Windenergieanlage bescheinigt wird, sofern die nachstehenden Nebenbestimmungen beachtet werden. Sie kritisiert indes, dass das Verwaltungsgericht den Hinweis unter Nr. 1.4.1 des Vorbescheides, der eine abschließende Regelung der bauplanungsrechtlichen Aspekte ausschließe, unzureichend gewürdigt und dabei verkannt habe, dass der Verwaltungsakt nach dem Empfängerhorizont auszulegen sei, so dass sie die Beigeladene sehr wohl davon habe ausgehen können, dass dieser Hinweis auch ernst gemeint sei und in der Folgezeit Einwände nicht ausschließe. Daran ist richtig, dass ein Verwaltungsakt angesichts der Regelungsfunktion, die ihm innewohnt, seinen Charakter und seinen Gegenstand als hoheitlich verbindliche Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts hinreichend klar erkennen lassen muss. Maßgebend hierfür ist nicht der innere, sondern der erklärte Wille, wie ihn bei objektiver Würdigung der Empfänger verstehen konnte. Dabei gehen Unklarheiten zulasten der Verwaltung (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.1.1973 VII C 3.71 , BVerwGE 41, 305).

8Hier hat das Verwaltungsgericht die geforderte Auslegung nach dem Empfängerhorizont selbst praktiziert und dazu ausgeführt, der Empfänger des Bescheides die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin habe im Zusammenhang bei objektiver Würdigung die Ausführungen unter den Nrn. 1.4.1 und 1.4.3 nur so verstehen können, dass die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens auch insofern verbindlich festgestellt werden sollte. Gleichwohl bleibt der Befund, dass die einschränkungslos erfolgte Feststellung in Nr. 1.1.1. zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit jedenfalls in einem gewissen Spannungsverhältnis zu dem Hinweis unter Nr. 1.4.1 steht. Inhalt und Gegenstand des Vorbescheides im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 3 der 9. BImSchV werden indes maßgeblich durch den Feststellungsausspruch bestimmt. Die nachfolgenden bloßen Hinweise unter Nr. 1.4 sind deshalb schon ihrer Natur nach schwerlich geeignet, Inhalt und Gegenstand des Vorbescheides sachlich zu beschränken oder mit Vorbehalten im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 4 der 9. BImSchV zu versehen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den im Bescheid unter der Nr. 1.4.1 enthaltenen Hinweis, die Realisierbarkeit des Vorhabens im Hinblick auf Belange der zivilen oder militärischen Luftaufsicht sei nicht Gegenstand der Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit, als nicht geeignet erachtet, den Regelungsgehalt des Vorbescheides im Ergebnis zu begrenzen, weil der Vorbescheid unter der Nr. 1.4.3 ausführe, dass seitens der militärischen Luftaufsicht keine Bedenken gegen das Vorhaben bestünden, sofern die angegebenen Maße sowie der Standort eingehalten würden. Das Verwaltungsgericht bezieht sich damit auf die im Vorbescheidsverfahren abgegebene Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 21. November 2005. Die Wehrbereichsverwaltung Nord reagierte mit dieser Stellungnahme auf ihre Beteiligung durch Schreiben des Antragsgegners vom 1. November 2005, mit dem sie um Prüfung der Antragsunterlagen und der von ihr zu vertretenden Belange hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulässigkeit der Anlage an dem Standort gebeten worden war. Zugleich war diese Bitte mit dem Hinweis des Antragsgegners verbunden worden, sollte ihm die Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung Nord nicht bis zu dem gesetzten Termin vorliegen, habe er gemäß § 11 Satz 3 der 9. BImSchV davon auszugehen, dass sie sich nicht äußern wolle und die Maßnahme mit den von ihr wahrzunehmenden öffentlichen Belangen im Einklang stehe. Darauf antwortend legte es die Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 21. November 2005 ("bei Einhaltung der Standortkoordinaten und der Bauhöhe bis zu 120,5 m über Grund bestehen infrastrukturell, liegenschafts- und schutzbereichsmäßig seitens der Bundeswehr keine Einwände") nahe, darin eine den Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB betreffende abschließende Äußerung zu erblicken, die eine Einschränkung des Regelungsgehaltes nicht notwendig erscheinen ließ. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen begründete die zitierte Aussage, dass "infrastrukturell, liegenschafts- und schutzbereichsmäßig" seitens der Bundeswehr keine Einwände bestünden, auch keine Zweifel daran, dass radartechnische Aspekte durch die Wehrbereichsverwaltung Nord geprüft worden waren. Eine Beschränkung des Prüfungsrahmens lässt sich dieser Formulierung nicht entnehmen. Eine gleichlautende Formulierung hat die Wehrbereichsverwaltung Nord auch in ihrer Stellungnahme vom 25. Februar 2009 verwandt, mit der sie Bedenken in radartechnischer Hinsicht vorgebracht hat. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht eine vergleichende Betrachtung des in Rede stehenden Vorbescheides mit drei weiteren am selben Tag ergangenen Vorbescheiden für drei weitere Anlagen (Windenergieanlagen 02, 03 und 04) vorgenommen und daraus ein weiteres Argument für eine umfassende Entscheidung über die planungsrechtliche Zulässigkeit durch den Vorbescheid abgeleitet. Mit diesen Erwägungen setzt sich die Beschwerdebegründung überhaupt nicht auseinander.

Selbst wenn man indes der Meinung wäre, dass der Vorbescheid nach seinem objektiven Erklärungsinhalt mehrdeutig ist und Anlass zu Missverständnissen geben konnte, käme es darauf wie sich jedenfalls aus den nachfolgenden Erörterungen unter 2. ergibt nicht entscheidungserheblich an.

10Die Beigeladene wendet sich ferner gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass sie gegen den Vorbescheid vom 22. Dezember 2008 einen Widerspruch nicht eingelegt habe und der Vorbescheid ungeachtet der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung spätestens zum Jahresbeginn 2010 bestandskräftig geworden sei, so dass die Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit der gerichtlichen Kontrolle entzogen sei. Was die Frage der Auslegung des Widerspruchs der Beigeladenen vom 2. Dezember 2009 gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung angeht, hat das Verwaltungsgericht näher begründet, warum es die Auffassung der Beigeladenen, dieser Widerspruch sei auch als Widerspruch gegen den seinerzeit noch nicht bestandskräftigen Vorbescheid zu werten, nicht als überzeugend ansieht. Dem hält das Beschwerdevorbringen lediglich die gegenteilige Auffassung der Beigeladenen entgegen, welche erneut darauf hinweist, dass sie die Überprüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit verlangt habe. Dieser Umstand allein rechtfertigt die von der Beigeladenen gewünschte Auslegung nicht. Da der immissionsschutzrechtliche Vorbescheid eine abschließende Entscheidung über einen Ausschnitt des geplanten Vorhabens trifft und die Fragen, über die der Vorbescheid definitiv entscheidet, im späteren Genehmigungsabschnitt nicht mehr zur Überprüfung anstehen, ist es grundsätzlich erforderlich, dass ein Dritter bereits gegen den Vorbescheid vorgeht, soweit er dessen Inhalt angreifen will. Das erfordert zugleich, dass der Betroffene hinreichend kenntlich macht, dass und gegen welche Entscheidungen er Einwände erheben will. Hier hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass das Widerspruchsschreiben der Beigeladenen vom 2. Dezember 2009 explizit auf den Genehmigungsbescheid bezogen sei und keine Begründung enthalte. Auch das Begründungsschreiben vom 7. Dezember 2010 sei allein auf den Genehmigungsbescheid bezogen und führe in der umfangreichen Bezugszeile den Vorbescheid nicht auf. Auch inhaltlich lasse das Schreiben nicht erkennen, dass gerade die Zulässigkeit der Anlage 01 bzw. der dazu ergangene Vorbescheid in Frage gestellt werden sollte. Damit setzt sich die Beschwerde wie es geboten wäre aber nicht auseinander.

11Allerdings ist fraglich, ob es unter den hier gegebenen Umständen überhaupt eines eigenständigen Widerspruchs gegen den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid bedurfte. Zwar verhält es sich wie bereits ausgeführt grundsätzlich so, dass in dem Vorbescheid über die in ihm verbindlich geregelten Fragen abschließend entschieden wird und die Genehmigung auf der Feststellungswirkung des Vorbescheides aufbaut und diese um den gestattenden bzw. verfügenden Teil ergänzt. Insofern enthält die Genehmigung, soweit sie den Inhalt des Vorbescheides wiedergibt und darauf aufbaut, nur eine gleichsam redaktionelle Wiedergabe der bereits getroffenen Entscheidung ohne eigenen Regelungsgehalt. Das gilt im Verhältnis des immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht anders als im Verhältnis des Bauvorbescheides bzw. der Bebauungsgenehmigung zur Baugenehmigung (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 9.12.1983 4 C 44.80 , BVerwGE 68, 241; Urt. v. 17.3.1989 4 C 14.85 , DVBl. 1989, 673 = NVwZ 1989, 863). Anders ist hingegen die Rechtslage, wenn der bebauungsrechtliche Vorbescheid noch nicht bestandskräftig geworden, inzwischen aber schon die Baugenehmigung erteilt worden ist. Durch die Baugenehmigung darf das Bauen nicht freigegeben werden, ohne dass durch den feststellenden Teil über die bebauungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens entschieden wird. Daraus folgt zugleich, dass auf die Anfechtung der Baugenehmigung hin auch der Inhalt des noch nicht bestandskräftigen Vorbescheides auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen, also in den Streitstoff der gegen die Baugenehmigung gerichteten Anfechtung mit einzubeziehen ist. Das weitere Schicksal der Bebauungsgenehmigung ist dann wegen der Zweitregelung ihres Inhalts in der Baugenehmigung für die Rechtsstellung des Dritten ohne Bedeutung (vgl. insbesondere BVerwG, Urt. v. 17.3.1989, a. a. O.). Zwar führt das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung auch aus, dass die allgemeinen Grundsätze gestufter Verwaltungsverfahren, die durch eine Reihe von Teilgenehmigungen gekennzeichnet sind, nicht uneingeschränkt auf das Verhältnis von Baugenehmigung und Bebauungsgenehmigung übertragen werden könnten. Um ein derartig gestuftes Verfahren mit einer Reihe von Teilgenehmigungen geht es hier aber nicht. Vielmehr spricht einiges dafür, dass das Verhältnis von immissionsschutzrechtlichem Vorbescheid zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung in dieser Hinsicht nicht grundlegend anders betrachtet werden kann als das Verhältnis der Bebauungsgenehmigung zur Baugenehmigung.

12Hier kommt hinzu, dass sich der Antragsgegner bei Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nicht darauf beschränkt hat, auf die insoweit getroffene abschließende Entscheidung im Vorbescheid zu verweisen. Er hat vielmehr die mit der Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 25. Februar 2009 vorgebrachten Bedenken ("infrastrukturell, liegenschafts- und schutzbereichsmäßig") ausdrücklich aufgegriffen, behandelt und im Hinblick auf das von der Antragstellerin vorgelegte Gutachten der T. (S.) vom 30. September 2009 als ausgeräumt angesehen. Er hat damit die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt einer Störung der Funktionsfähigkeit von Radaranlagen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB erneut inhaltlich geprüft und ist damit in einer Weise vorgegangen, die es nahelegt, darin eine partielle Neuregelung in Form eines Zweitbescheides zu erkennen. So gesehen sprechen auch unter diesem Gesichtspunkt gewichtige Umstände dafür, dass der gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gerichtete Widerspruch die Frage einer Störung der Radaranlage R. erneut aufgreifen und zur Prüfung stellen konnte.

132. Letztlich kann aber mit dem Verwaltungsgericht dahingestellt bleiben, ob bereits der immissionsschutzrechtliche Vorbescheid vom 22. Dezember 2008 eine abschließende Entscheidung bezüglich einer Störung der Radaranlage R. getroffen hat oder ob er aufgrund eines Widerspruchs der Beigeladenen nicht bestandskräftig geworden ist oder ob hier aus sonstigen Gründen die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens gerichtlicher Prüfung nicht entzogen ist. Jedenfalls wird die vom Verwaltungsgericht herangezogene alternative Begründung, dass der öffentliche Belang der Funktionsfähigkeit der Radaranlage gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB dem Vorhaben der Antragstellerin nicht entgegenstehe, weil bereits eine Störung der Radaranlage durch die hier streitige Windenergieanlage 01 nicht substantiiert dargelegt und nicht erkennbar sei, durch das Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend erschüttert. Dabei legt das Verwaltungsgericht die Prüfung, ob das Vorhaben zu einer Störung der Funktionsfähigkeit der Radaranlage führt, in zwei Schritten an. Eine Störung setze erstens voraus, dass die Windenergieanlage die Funktion der Radaranlage nachteilig beeinflussen werde. Die entsprechende Darlegungslast liege bei der Beigeladenen als derjenigen, die allein Einsicht in die technischen Details ihrer Radaranlagen habe und die sich auf ein Entgegenstehen des Belangs berufe. Ob und wie die Windenergieanlage die Funktion des Radars nachteilig beeinflussen werde, unterliege als naturwissenschaftlich-technische Frage grundsätzlich der vollen gerichtlichen Kontrolle. Nicht jede Beeinflussung einer Radaranlage sei indes zugleich eine Störung, also eine praktisch relevante Minderung ihrer Funktionsfähigkeit. Deshalb sei zweitens erforderlich, dass die Beeinflussung die Funktion der Radaranlage für den ihr zugewiesenen Zweck in nicht hinzunehmender Weise einschränke. Der Beigeladenen komme insofern ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage zu, welche Einschränkungen aus militärischer Sicht noch hinzunehmen seien und welche nicht, denn die Schwelle, ab der eine militärisch nicht akzeptable Beeinträchtigung vorliege, sei nicht naturwissenschaftlich-technisch zu definieren. Es gehe vielmehr um eine wertende Einschätzung, die in den verteidigungspolitischen Spielraum der zuständigen Stellen falle und die ein Gericht nur auf ihre Plausibilität hin überprüfen könne (vgl. dazu allgemein BVerwG, Beschl. v. 5.9.2006 4 B 58.06 , BauR 2007, 78 = ZfBR 2007, 54; Senat, Urt. v. 21.4.2010 12 LC 9/07 , BauR 2010 1556, insoweit ohne abschließende Entscheidung). Diesen jedenfalls gut vertretbaren rechtlichen und tatsächlichen Prüfungsansatz zieht die Beigeladene nicht in Zweifel. Die Beschwerdebegründung verhält sich auch nicht im Einzelnen zu den Gründen des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses, mit denen nach Auswertung des Vorbringens der Beteiligten und des Ergebnisses des Erörterungstermins die von der Beigeladenen vorgebrachten Bedenken in technisch-naturwissenschaftlicher Hinsicht als spekulativ bezeichnet werden (S. 18 ff d. Beschlussabdr.).

Die Beigeladene meint aber, sie habe die Störwirkung auf die Radaranlage plausibel dargelegt, während das Verwaltungsgericht den Inhalt der Darlegungslast verkannt und den Sachverhalt fehlerhaft gewürdigt habe. Das Vorbringen der Beigeladenen zu der Störwirkung der streitigen Windkraftanlage erschöpft sich jedoch in einer bloßen Behauptung und der Verweisung auf frühere Schriftsätze, ohne sich im Einzelnen mit den tragenden Erwägungen der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auseinander zu setzen. Wenn die Beigeladene meint, dem Vorbringen des Antragsgegners entnehmen zu können, dass dieser selbst den Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache als offen ansehe, so kann dies nur mit Blick auf den Prüfungsmaßstab im vorläufigen Rechtsschutzverfahren verstanden werden. In der Sache hat der Antragsgegner die von der Wehrbereichsverwaltung Nord erhobenen Bedenken gegen die Errichtung und den Betrieb der streitigen Anlage als durch das von der Antragstellerin vorgelegte Gutachten ausgeräumt und die Voraussetzungen für die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung als erfüllt angesehen. Andernfalls hätte er die Genehmigung auch nicht erteilen können.

Was die angeblichen Anforderungen an eine überzogene Darlegungslast angeht, hilft auch der Hinweis der Beigeladenen auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. September 1998 (4 CN 2.98 , BVerwGE 107, 215) nicht weiter. In dieser Entscheidung hat sich das Bundesverwaltungsgericht zu den Anforderungen geäußert, die an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu stellen sind. Darum geht es hier ersichtlich nicht. Im vorliegenden Fall ist vielmehr maßgeblich, ob das Interesse der Antragstellerin, von der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vor Abschluss des Klageverfahrens Gebrauch machen zu können, das Aussetzungsinteresse der Beigeladenen überwiegt. Insofern hat sich das Verwaltungsgericht zu Recht gefragt, ob nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge die Klage der Beigeladenen mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird. Diese Frage hat das Verwaltungsgericht mit nachvollziehbaren Erwägungen bejaht, welche die Beigeladene nicht durchgreifend erschüttert. Es trifft auch nicht zu, dass sich das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung ausschließlich auf das von der Antragstellerin vorgelegte Gutachten des Sachverständigen S. vom 30. September 2009 gestützt hat. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr entscheidend darauf abgestellt, dass es der Beigeladenen trotz eines entsprechenden der Aufklärung des Sachverhalts dienenden Hinweises des Gerichts und trotz ausführlicher (sich über nahezu 4 Stunden erstreckender) Erörterung der Problematik unter sachverständiger Begleitung nicht gelungen sei, in plausibler und nachvollziehbarer Weise darzulegen, dass gerade die hinzutretende streitige Windkraftanlage zu einem relevanten Reichweitenverlust und damit überhaupt zu einer Störung der Funktionsfähigkeit der Radaranlage führe. Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass das Verwaltungsgericht wie die Beigeladene meint bei der Heranziehung des von der Antragstellerin vorgelegten Gutachtens des Sachverständigen S. vom 30. September 2009 die ihrem Prüfungsansatz zugrundeliegende Unterscheidung zwischen der Frage, ob die Windkraftanlage die Funktionsfähigkeit der Radaranlage beeinträchtigen kann, und dem weiteren Aspekt, inwieweit diese Beeinträchtigung aus Sicht der militärischen Aufgabenstellung der Radaranlage akzeptabel ist oder nicht, nicht nachvollzogen hätte. Tatsächlich hat das Verwaltungsgericht schon eine nachteilige Beeinflussung der Radarfunktion verneint. Zu dieser Erkenntnis ist es nicht nur unter Auswertung des von der Antragstellerin vorgelegten Gutachtens, sondern auch in kritischer Auseinandersetzung mit dem Gutachten der Firma U. vom 9. Oktober 2009 und mit den Ausführungen des Sachverständigen der Beigeladenen im Erörterungstermin gelangt. Dass sich der Gutachter S. zur Störwirkung von Windenergieanlagen geäußert und insofern ausgeführt hat, Windenergieanlagen verhielten sich grundsätzlich wie andere Störobjekte (sog. ClutterEffekt), hat das Verwaltungsgericht ebenfalls nicht verkannt. Es geht aber nicht darum, ob Windenergieanlagen grundsätzlich als in den Luftraum hineinragende Objekte zu einer Verschattung und zu einer Nichtentdeckung von zu beobachtenden Flugobjekten hinter den Windenergieanlagen führen können. Dass der sogenannte ClutterEffekt im Umfeld der Radaranlage R. noch nicht aufgetreten ist, hat im Übrigen auch die Beigeladene im Erörterungstermin eingeräumt. Die Frage lautet vielmehr konkret, ob die hier streitige Windkraftanlage eine derartige Störung der Funktionsfähigkeit der Radaranlage R. hervorruft. Dies hat das Verwaltungsgericht nach umfänglicher Erörterung der Sache und mit ausführlicher Begründung verneint. Dem setzt die Beigeladene substantielle Einwände nicht entgegen.

16Der Beschluss des Verwaltungsgerichts kann auch nicht dahin verstanden werden, dass eine Störung der Funktionsfähigkeit der Radaranlage ausschließlich mit der von dem Gutachter der Antragstellerin vertretenen Methode nachgewiesen werden könne. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr an die Bemerkung des Sachverständigen der Beigeladenen angeknüpft, wonach es möglich sei, den tatsächlichen Einfluss der Windenergieanlage auf die Radaranlage R. zu berechnen. Insofern hat es das Verwaltungsgericht nicht ausgeschlossen, dass die Beigeladene in der Lage ist, ihr insoweit bestehendes Erkenntnisdefizit zu beheben und dies in das Hauptsacheverfahren einzuführen. Eine derartige Berechnung ist jedenfalls im Beschwerdeverfahren nicht vorgelegt worden und kann deshalb zu einer veränderten Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache (bislang) keinen Anlass geben.

17Die Rüge der Beigeladenen, es fehle eine "nachvollziehende Abwägung" zwischen dem berührten Belang der Funktionsfähigkeit der Bundeswehr und dem Interesse der Antragstellerin an der Verwirklichung des privilegierten Vorhabens, ist unbegründet. Zwar trifft es zu, dass durch die generelle Verweisung der privilegierten Vorhaben in den Außenbereich der Gesetzgeber selbst eine planerische Entscheidung zugunsten dieser Vorhaben getroffen und damit auch Fälle negativer Berührung mit öffentlichen Belangen im Einzelfall in Kauf genommen hat. Das erfordert eine Abwägung zwischen den jeweils berührten öffentlichen Belangen und dem Vorhaben, wobei zu dessen Gunsten die Privilegierung ins Gewicht fällt. Diese Abwägung kann aber naturgemäß nicht zulasten des privilegierten Vorhabens ausgehen, wenn ein öffentlicher Belang hier die Funktionsfähigkeit von Radaranlagen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB nicht nachteilig berührt wird. Ebendies hat das Verwaltungsgericht aber nach dem im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzulegenden Prüfungsmaßstab festgestellt. Unter diesen Umständen konnte das Verwaltungsgericht auch offenlassen, ob eine Störung der Funktionsfähigkeit der Radaranlage der Beigeladenen mit § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG unvereinbar wäre, denn es hat aus den vorstehend genannten Gründen das Vorliegen einer "Gefahr" im Sinne dieser Vorschrift als schon nicht substantiiert dargelegt bezeichnet. Konnte das Verwaltungsgericht aber mit nachvollziehbaren Erwägungen zu der Erkenntnis gelangen, dass die Klage der Beigeladenen nach derzeitigem Erkenntnisstand mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben werde, so löst auch die zugunsten der Antragstellerin und zulasten der Beigeladenen ausgehende Gesamtabwägung keine Bedenken aus.

Die Kosten der nach allem erfolglosen Beschwerde trägt gemäß § 154 Abs. 2 und 3 VwGO die Beigeladene. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG unter entsprechender Heranziehung der Nrn. 19.3, 2.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.