OLG Nürnberg, Beschluss vom 05.03.2010 - 12 W 376/10
Tenor

I. Die Beschwerden der Gesellschaft "... in ... Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgesellschaft mit beschränkter Haftung" sowie der Geschäftsführer dieser Gesellschaft ... und ... gemäß Schreiben des Notars Dr. ... vom 19.01.2.010 (UR-Nr. K 2...) gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Nürnberg - Registergericht - vom 13.01.2010 i.V.m. der hierzu ergangenen Nichtabhilfeverfügung vom 22.02.2010 (Gz.: HRB 6... werden zurückgewiesen.

II. Die Beschwerdeführer haben als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Betroffene (im Folgenden auch als Gesellschaft oder GmbH bezeichnet) ist seit 22.11 .1949 unter der HRB-Nr. ... in das Handelsregister des Amtsgerichts Nürnberg eingetragen. Ihre zuletzt am 17.06;2009 geänderte Satzung enthält u.a. folgende Bestimmungen:

§4

Organe der Gesellschaft sind
a) der/die Geschäftsführer
b) der Aufsichtsrat
c) die Gesellschafterversammlung.

§5
...
(2) Mit Geschäftsführern und Mitgliedern des Aufsichtsrates dürfen Geschäfte und Rechtsgeschäfte ... nur abgeschlossen werden, wenn der Aufsichtsrat dem Abschluss solcher Geschäfts zugestimmt hat.

Geschäftsführung
§6

(1 ) Die Gesellschaft hat je nach Bestimmung des Aufsichtsrates einen oder mehrere Geschäftsführer.

§7
(1) Der/die Geschäftsführer vertritt/vertreten die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so vertreten zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder ein Geschäftsführer gemeinschaftlich mit einem Prokuristen die Gesellschaft.

Gesellschafterversammlung
§ 13

(1) Die Gesellschafter üben die ihnen in Angelegenheiten der Gesellschaft zustehenden Rechte gemeinschaftlich in der Gesellschafterversammlung durch Beschlussfassung aus.

§17

Der Gesellschafterversammlung ... unterliegt die Beschlussfassung über
...
n) die Änderung des Gesellschaftsvertrags
...

Im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer der Gesellschaft sind ... und .... Diese sind gleichzeitig auch Geschäftsführer der E... GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Nürnberg unter HRB ....

Der Aufsichtsrat der Gesellschaft hat in seiner Sitzung vom 30.10.2009 der Befreiung der Geschäftsführer der Gesellschaft von den Beschränkungen des § 181 BGB gegenüber der E... GmbH zugestimmt. Das diesen Aufsichtsratsbeschluss enthaltende Protokoll wurde vom Vorsitzenden des Aufsichtsichtsrats und einem Protokollführer unterzeichnet.

Mt notariellem Schreiben vom 25.11.2009, das beim Amtsgericht - Registergericht - Nürnberg in Form eines elektronisch übermittelten Dokuments unter Übermittlung des der Anmeldung zugrunde liegenden Aufsichtsratsbeschlusses vom 30.10.2009 eingereicht worden ist, haben die beiden gemeinsam vertretungsbefugten Geschäftsführer ... und ... zur Eintragung angemeldet, dass ihnen insoweit Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt sei, als dies Rechtsgeschäfte zwischen der Gesellschaft einerseits und ihnen selbst als Vertreter der E... GmbH betrifft.

Mit Zwischenverfügung vom 13.01.2010 wies das Amtsgericht darauf hin, dass die Satzung der Gesellschaft eine derartige Befreiungsmöglichkeit nicht vorsehe, was jedoch Voraussetzung einer entsprechenden Registereintragung sei.

Der den Eintragungsantrag stellende Notar vertrat darauf mit Schreiben vom 19.01.2010 die Ansicht, eine Eintragung sei gleichwohl möglich, da es sich nicht um eine allgemeine, sondern um eine auf Einzelfälle (Rechtsgeschäfte mit einer bestimmten Gesellschaft) beschränkte Gestattung handele; zudem folge auch aus § 5 Abs. 2 der Satzung, dass der Aufsichtsrat zur Entscheidung über die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot befugt sei. Zugleich legte er - "soweit dennoch die beantragte Eintragung nicht erfolgen sollte" - Beschwerde ein.

Mit weiterer Verfügung vom 22.02.2010 verwies das Amtsgericht darauf, dass die zur Eintragung angemeldete Befreiung der Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht vollzogen werden könne, da eine solche Befreiung nicht wirksam erfolgt sei. Die Satzung der Gesellschaft sehe eine derartige Befreiung nicht vor. Eine Satzungsdurchbrechung, ggf. beschlossen für den Einzelfall, könne vom Aufsichtsrat nicht beschlossen werden, da hierfür allein die Gesellschafterversammlung zuständig sei. Zudem fehle die notwendige notarielle Beurkundung eines satzungsdurchbrechenden Beschlusses. Zugleich hat das Amtsgericht - Registergericht - der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht vorgelegt.

II.

Die zulässigen Beschwerden haben in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Verfahren betrifft eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

Derartige Verfahren unterfielen bis 31.08.2009 dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), seit 01.09.2009 jedoch dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

Maßgeblich für die Frage des anwendbaren Rechts ist das in Art. 111 Abs. 1 des am 01.09.2009 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz - FGG-RG) statuierte Kriterium, ob das Verfahren vor dem 01.09.2009 eingeleitet wurde bzw. seine Einleitung vor diesem Zeitpunkt beantragt wurde. Nach Art. 111 Abs. 2 FGG-RG ist jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ein selbständiges Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 FGG-RG.

Hierbei ist nicht darauf abzustellen, wann die Beschwerdeinstanz begonnen hat; vielmehr ist für das Verfahren in allen Instanzen maßgeblich, ob das Verfahren in erster Instanz vor oder nach dem 01.09.2009 eingeleitet wurde (vgl. OLG Schleswig NJW 2010, 242).

Da der erstinstanzliche Eintragungsantrag an das Handelsregister erst am 25.11.2009 - damit nach dem 01.09.2009 - gestellt wurde, sind auf das Verfahren gemäß Art. 111, 112 Abs. 1 FGG-RG die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) anzuwenden.

Gemäß der Klassifizierung dieses Gesetzes handelt es sich um eine Registersache im Sinne des § 374 Nr. 1 FamFG.

2. Die Beschwerden sind zulässig.

a) Bei der angefochtenen Entscheidung handelt es sich um eine Zwischenverfügung des Registergerichts gemäß §§ 38 Abs. 1 Satz 2, 374 Nr. 1, 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG. Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist gemäß § 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG statthaft.

b) Die Beschwerden sind frist- (§ 63 Abs. 1 FamFG) und formgerecht (§ 64 Abs. 1 und 2 FamFG) eingelegt.

c) Antragsteller und Beschwerdeführer sind sowohl die Gesellschaft als auch deren Geschäftsführer, nicht hingegen der für diese auftretende Notar.

aa) Dieser war zwar gemäß § 378 Abs. 2 FamFG ermächtigt, im Namen der Gesellschaft wie auch deren Geschäftsführer (als zur Anmeldung Berechtigten) die Eintragung in das Handelsregister zu beantragen, wurde also als deren Bevollmächtigter (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG) tätig. Daraus folgt auch seine Ermächtigung, gegen eine ablehnende Zwischenverfügung namens der Anmeldeberechtigten Beschwerde nach §§ 58ff. FamFG einzulegen (Heinemann in: Keidel, FamFG 16. Aufl. § 378 Rn. 14 m.w.N.).

Zwar muss aus der Beschwerdeschrift grundsätzlich die Person des Beschwerdeführers ersichtlich sein. Wird indes - wie im Streitfall - der Name des Beschwerdeführers nicht angegeben, so gilt die Beschwerde im Zweifel im Namen aller beschwerdebefugten Anmeldeberechtigten eingelegt, für die der Notar tätig geworden ist. Die vom Notar verwendete Formulierung "lege ich Beschwerde ein" ist dabei ohne Bedeutung. Hat der Notar nicht ausdrücklich erwähnt, in wessen Name er das Rechtsmittel einlegt, so darf im Regelfall unterstellt werden, dass er dies für die Anmeldeberechtigten bzw. -pflichtigen tut. Dies gilt vor allem im Hinblick darauf, dass dem Notar ein eigenes Beschwerderecht nicht zusteht. Denn die Entscheidung des Registergerichts verletzt keine eigenen Rechte des Notars im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG (OLG Zweibrücken OLGR 2001, 18: BayObLG BayObLGZ 1984, 29; OLG Frankfurt DNotZ 1978,750; Heinemann in: Keidel a.a.0. § 378 Rn. 14 m.w.N.; Meyer-Holz in: Keidel a.a.O. § 59 Rn. 66). Bei Antragstellung und Beschwerdeeinlegung handelte der Notar damit nicht in Wahrnehmung eigener Rechte (vgl. § 59 Abs. 1 FamFG), sondern als Bevollmächtigter der Berechtigten (vgl. Meyer-Holz in: Keidel a.a.O. § 59 Rn. 68).

bb) Anmeldeberechtigt ist die Gesellschaft, vertreten durch die Geschäftsführer. Die beantragte Registereintragung betrifft deren Rechtsverhältnisse und deren Interessen. Dass der Eintragungsantrag der Geschäftsführer nicht ausdrücklich im Namen der Gesellschaft gestellt wurde, ist insoweit unschädlich, da sich dies jedenfalls aus den Umständen ergibt (insbesondere auch daraus, dass im Eintragungsantrag ausdrücklich auf die Gesellschaft, etwa auf deren Geschäftsräume, verwiesen wird).

cc) Anmeldeberechtigte und -verpflichtete Personen, für die der Notar tätig geworden ist, sind daneben aber auch die beiden Geschäftsführer ... und ... die den Eintragungsantrag zum Handelsregister in eigenem Namen gestellt haben. Diese waren gemäß §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 4 Nr. 2, 78 GmbHG persönlich zur Anmeldung verpflichtet, und zwar auch hinsichtlich einer Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens (vgl. Hueck/Fastrich in: Baumbach/Hueck, GmbHG 19. Aufl. § 8 Rn. 19 m.w.N.).

Zwar sind die eine GmbH betreffende, auf die Herbeiführung einer konstitutiven Eintragung gerichteten Anmeldungen zum Handelsregister durch die Geschäftsführer stets im Namen der Gesellschaft vorzunehmen. Anmeldende ist in einem derartigen Falle daher (nur) die Gesellschaft selbst, vertreten durch ihre Geschäftsführer. Bei Ablehnung der Eintragung ist (nur) sie, also die Gesellschaft, beschwert und daher auch beschwerdeberechtigt (BGH, Beschluss vom 24.10.1988 - 11 ZB 7/88, BGHZ 105, 324).

Ein derartiger Fall liegt im Streitfall indes nicht vor. Die Eintragung der Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens gemäß § 181 BGB im Handelsregister hat (anders als etwa bei einer Satzungsänderung, vgl. § 54 Abs. 3 GmbHG) hinsichtlich des Umfangs der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer keinen konstitutiven Charakter, dient vielmehr vornehmlich dem Gutglaubensschutz (BFH DStR 1995, 1791; vgl. § 15 HGB). Die beantragte Registereintragung betrifft zudem auch die Rechtsverhältnisse und Interessen gerade der Geschäftsführer.

Deshalb sind auch diese als Antragsteller und als Beschwerdeführer anzusehen (vgl. Krafka/Willer, Registerrecht 7. Aufl. Rn. 2454).

d) Der Zulässigkeit der Beschwerden steht nicht entgegen, dass sie unter einer Bedingung, nämlich für den Fall, dass das Registergericht auf seiner bereits zuvor geäußerten Rechtsansicht beharren sollte ("soweit dennoch die beantragte Eintragung nicht erfolgen sollte") erhoben wurden.

Zwar darf die Einlegung einer Beschwerde als Verfahrenshandlung nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden. Dies gilt jedoch nicht für innerprozessuale Bedingungen, weil hierdurch keine Unsicherheit in das Verfahren hineingetragen wird. Insbesondere kann der Beschwerdeführer die Erhebung eines Rechtsmittels von der Existenz einer anfechtbaren, ihn benachteiligenden erstinstanzlichen Gerichtsentscheidung abhängig machen (Sternal in: Keidel a.a.O. § 64 Rn. 21f.). Im Streitfall wurde die Beschwerdeeinlegung lediglich von einer derartigen Rechtsbedingung abhängig gemacht.

3. Die Beschwerden sind unbegründet.

Die Auffassung des Registergerichts, dass die Eintragung der angemeldeten Befreiung der Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB derzeit nicht in das Register eingetragen werden kann, weil der Gesellschaftsvertrag eine solche Befreiung oder Befreiungsmöglichkeit nicht vorsieht, hält einer rechtlichen Überprüfung stand.

a) Insoweit handelt es sich um eine generelle - wenngleich gegenständlich auf Rechtsgeschäfte mit einem einzigen Vertragspartner beschränkte - Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB. Sie erstreckt sich nämlich auf eine unbegrenzte Anzahl von Rechtsgeschäften während eines unbegrenzten Zeitraums.

b) Die Eintragung dieser angemeldeten generellen Befreiung der Geschäftsführer ... und F... von den Beschränkungen des § 181 BGB scheitert nicht an einer fehlenden Eintragungsfähigkeit. Es ist anerkannt, dass die - einem oder allen Geschäftsführern - generell erteilte Befreiung von dem Verbot des Selbstkontrahierens und der Mehrfachvertretung als Regelung der Vertretungsbefugnis anzusehen ist und daher nach § 10 Absatz 1 Satz 2 GmbHG im Handelsregister wiedergegeben werden muss, auch wenn sie auf bestimmte Arten von Geschäften der GmbH oder - wie hier - auf die Vertretung gegenüber bestimmten Dritten beschränkt ist (vgl. dazu grundlegend BGH, Beschluss vom 28.02.1983 - II ZB 8/82, BGHZ87, 59; BayObLG BayObLGZ 1979, 182; OLG Düsseldorf DNotZ 1995, 237; OLG Stuttgart OLGR 2008,218; WinterNeil in: Scholz, GmbHG 10. Aufl., § 10 Rn. 13 m.w.N.).

c) Die Eintragung der Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens und der Mehrfachvertretung nach § 181 BGB scheitert auch nicht an § 112 AktG, der - nachdem für die Gesellschaft ein Aufsichtsrat besteht - gemäß § 52 Absatz 1 GmbHG anwendbar ist. § 112 AktG regelt nämlieh nur die Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern. Bei der (juristischen) Person, hinsichtlich derer die Geschäftsführer gegenständlich beschränkt bei Rechtsgeschäften von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden sollen, handelt es sich indes nicht um einen - einem Vorstandsmitglied entsprechenden - gegenwärtigen oder früheren Geschäftsführer der Gesellschaft (vgl. Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbHG 19. Aufl. § 52 Rn. 116).

d) Eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB kann aber nur dann eingetragen werden, wenn sie dem Geschäftsführer wirksam durch das zuständige Organ erteilt worden ist. Denn die auf die Eintragung der Änderung der Vertretungsbefugnis entsprechend § 39 Absatz 1 GmbHG gerichtete Anmeldung ist durch das Registergericht nicht nur in formeller Hinsicht, sondern auch in Bezug auf die Wirksamkeit des zugrunde liegenden Beschlusses zu prüfen (vgl. Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl. § 8 Rn. 8: Krafka/Willer, Registerrecht 7. Aufl. Rn. 162).

aa) Eine wirksam erteilte generelle Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB liegt hier aber nicht vor. Der Aufsichtsratsbeschluss vom 30.10.2009 verstößt gegen die Regelungen des Gesellschaftsvertrages und ist damit als nicht nur im Einzelfall wirkende Satzungsdurchbrechung unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.1993 - II ZR 81/92, BGHZ 123, 15: Priester/Veil in: Scholz, GmbHG 10. Aufl. § 53 Rn. 29). Die Befreiung der bestellten Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB oder eine entsprechende Ermächtigung zur Befreiung ist in der Satzung der Gesellschaft nicht vorgesehen. Eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag ist aber notwendig, wie auch allgemein in der Rechtsprechung angenommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.1960 - II ZR 215/58, BGHZ 33, 189; Beschluss vom 28.02.1983 - II ZB 8/82, BGHZ 87, 59; BFH OStR 1995, 1791; BayObLG BayObLGZ 1980, 209; BayObLG BayObLGZ 1985, 189; OLG Köln OLGZ 1993,167; OLG Frankfurt OLGZ 1983, 182; KG KGR 2006, 669; Ellenberger in: Palandt, BGB 69. Aufl., § 181 Rn. 19); der Gegenauffassung in der Literatur (vgl. Bühler DNotZ 1983, 588; Altmeppen in: Roth/Altmeppen, GmbHG 6. Aufl. § 35 Rn. 75f., 84ff.; Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbHG 19. Aufl. § 35 Rn. 132 m.w.N.; Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG 17. Aufl. § 35 Rn. 52, anders jedoch Bayer in: Lutter/Hommelhoff a.a.O. § 3 Rn. 65; vgl. Schneider in: Scholz, GmbHG 10. Aufl. § 35 Rn. 99f.) ist nicht zu folgen.

Nach der gesetzlichen Grundkonzeption vertreten die Geschäftsführer einer GmbH die Gesellschaft nur gemeinschaftlich, wenn mehrere Geschäftsführer vorhanden sind, wenn nur ein Geschäftsführer vorhanden ist, dieser allein, § 35 Absatz 2 Satz 2 GmbHG. Für die Geschäftsführer gilt damit das Verbot des Selbstkontrahierens bzw. der Mehrfachvertretung nach § 181 BGB. Denn dieses Verbot greift nach seinem Sinn und Zweck nicht nur in den Fällen rechtsgeschäftlicher Vertretung, sondern auch und gerade bei organschaftlicher Vertretung (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.1960 - II ZR 215/58, BGHZ 33, 189; BayObLG BayOblGZ 1980, 209; Ellenberger in: Palandt a.a.O. § 181 Rn. 3). Eine andere Gestaltung dieser Vertretungsregelung bedarf einer entsprechenden Bestimmung im Gesellschaftsvertrag, wie sich ausdrücklich aus § 35 Absatz 2 Satz 1 und 2 GmbHG ergibt. Hierbei sind nicht nur die in § 3 Absatz 1 GmbHG genannten Regelungen, sondern auch die nach § 35 Absatz 2 Satz 1 und 2 GmbHG im Gesellschaftsvertrag zu treffenden, von den gesetzlichen Bestimmungen abweichenden abstrakten Regelungen der Vertretungsverhältnisse als echte Satzungsbestandteile anzusehen (vgl. BayObLG BayObLGZ 1980, 209; Priester/Veil in: Scholz, GmbHG 10. Aufl. § 53 Rn. 9).

Dagegen kann auch nicht eingewandt werden, der gesetzlichen Regelung in § 181 BGB sei die Möglichkeit der Befreiung immanent, so dass in ihrer Erteilung keine Abweichung von der im Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelung liege (so etwa Bühler, a.a.O. S. 597). Denn dies trifft nur für die auf konkrete Rechtsgeschäfte bezogene Gestattung zu, nicht aber für eine dem Geschäftsführer generell, d.h. für alle oder eine abstrakt bezeichnete Gruppe von Rechtsgeschäften erteilte Befreiung. Denn eine solche generelle Befreiung tritt an die Stelle der gesetzlichen Bestimmung, nicht anders als die vom dispositiven Gesetzesrecht (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 2 GmbHG) abweichenden Regelungen des Gesellschaftsvertrages. Im Streitfall liegt jedoch nicht nur eine auf konkrete Rechtsgeschäfte bezogene, sondern vielmehr eine generelle Gestattung vor (siehe oben II 3 a).

bb) Aus der Tatsache, dass das GmbHG vor dem BGB in Kraft getreten ist, ergibt sich ebenso wenig wie aus dem später eingefügten § 35 Absatz 4 GmbHG, dass die Regelung des § 181 BGB nicht auch auf den Geschäftsführer der mehrgliedrigen GmbH anzuwenden ist.

Die vom Senat im Einklang mit der Praxis der Handelsregister und - soweit ersichtlich - der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung vertretene Auffassung führt auch nicht zu einer nutzlosen und lediglich Kosten verursachenden Förmelei. Demgegenüber ist zunächst darauf hinzuweisen, dass den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs, von der Befreiung des Geschäftsführers von § 181 BGB rasch und ohne hinderliche Förmlichkeiten Gebrauch zu machen, durch die Möglichkeit der Gestattung durch einfachen Gesellschafterbeschluss im konkreten Einzelfall und durch die weitere von der Rechtsprechung anerkannte Möglichkeit der satzungsmäßigen Ermächtigung der Gesellschafterversammlung auch zur generellen Erteilung der Befreiung hinreichend Rechnung getragen wird.

Auch der Schutzzweck des § 53 Absatz 2 GmbHG spricht für die vertretene Auffassung. Die Gefahren der generellen Befreiung des Geschäftsführers von § 181 BGB sind - auch, wenn sie sich lediglich auf Rechtsgeschäfte mit einer einzigen Person bezieht - im Gegensatz zur Gestattung im Einzelfall nicht überschaubar, so dass es nicht unangemessen ist, hierfür eine notariell beurkundete Beschlussfassung durch eine qualifizierte Mehrheit der Gesellschafterversammlung zu verlangen.

cc) Soweit die Beschwerde unter Verweis auf eine in der Literatur vertretene Ansicht (vgl. Schneider in: Scholz. GmbHG 10. Aufl. § 35 Rn. 99f.) meint, auch eine generelle Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot durch Gesellschafterbeschluss (bzw. im Streitfall Aufsichtsratsbeschluss) müsse möglich sein, wird auf obige Ausführungen verwiesen.

dd) Zudem wäre der Aufsichtsratsbeschluss vom 30.10.2009 (selbst bei Bejahen der Möglichkeit, trotz Fehlens einer satzungsmäßigen Grundlage für Entscheidungen über die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot gleichwohl derartige Erweiterungen der Vertretungsbefugnisse der Geschäftsführer zu beschließen) gleichwohl mangels notarieller Beurkundung im Streitfall nicht geeignet, eine entsprechende Registereintragung zu ermöglichen.

An einen entsprechenden satzungsdurchbrechenden Beschluss wären nämlich die gleichen formellen Voraussetzungen wie an eine Satzungsänderung zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.1993 - II ZR 81/92, BGHZ 123, 15; OLG Celle OLGR 2000, 266; KG KGR 2006,669); damit wäre notarielle Beurkundung des Beschlusses erforderlich (§ 53 Abs. 2 GmbHG).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG (vgl. Zimmermann in: Keidel a.a.O. § 84 FamFG Rn. 6, 12ff.).

Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren hat der Senat entsprechend §§ 131 Abs. 4, 30 KostO festgesetzt.

Die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor, so dass die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen war.