Niedersächsisches OVG, Urteil vom 10.01.2008 - 12 LB 22/07
Fundstelle
openJur 2012, 46911
  • Rkr:

1. Auf die Klage einer Gemeinde gegen die Ersetzung ihres Einvernehmens sind bei einem Außenbereichsvorhaben die Voraussetzungen des § 35 BauGB in vollem Umfang nachzuprüfen.

2. Mit dem Einwand, anstelle eines baurechtlichen sei ein immissionsschutzrechtliches Vorbescheidsverfahren durchzuführen gewesen, kann die Gemeinde nicht gehört werden.

3. Zur Struktur des Ermessens bei der Einvernehmensersetzung.

4. Zur Berücksichtigung des Vorgelschutzes in Gestalt des Artenschutzes im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 3 Nr. 5 BauGB.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Gemeinde, die dem beklagten Landkreis angehört. Sie wendet sich dagegen, dass der Beklagte einem Rechtsvorgänger der Beigeladenen zu 1., Herrn A., einen Bauvorbescheid nach § 74 Abs. 1 NBauO über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Windenergieanlage im Außenbereich der Ortschaft H. der Klägerin erteilt und hierfür das gemeindliche Einvernehmen der Klägerin nach § 36 BauGB ersetzt hat. Die Verfahren zu dem Aktenzeichen 12 LB 21/07 und 12 LB 23/07 betreffen Klagen der Klägerin gegen entsprechende Verfügungen des Beklagten für zwei weitere Windenergieanlagen in der näheren Umgebung des hier streitigen Vorhabens. Ein drittes Parallelverfahren ist durch Beschluss des vormals zuständigen 9. Senats des erkennenden Gerichts vom 3. März 2005 (Aktenzeichen: 9 LB 17/05) eingestellt worden, nachdem der Beigeladene in jenem Verfahren am 26. Januar 2005 auf den positiven Bauvorbescheid, den ihm der Beklagte für die Errichtung einer Windenergieanlage erteilt hatte, verzichtet hatte.

Am 24. Juni 2002 stellte Herr A. über die Klägerin bei dem Beklagten eine Bauvoranfrage betreffend die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit für die Errichtung jeweils einer Windenergieanlage mit einer maximal möglichen Nabenhöhe von 85 bis 100 m (Rohrturm) oder 111 m (Gittermast) und einem Rotordurchmesser von 77 m auf den Flurstücken F., Flur G., Gemarkung H. (betreffend das hier streitgegenständliche Vorhaben) und K. /L., Flur G., Gemarkung H. (betreffend das Parallelverfahren zum Aktenzeichen 12 LB 23/07 des Senats). Da möglicherweise seitens der Flugsicherung Höhenbeschränkungen nicht auszuschließen seien, solle automatisch die maximal erlaubte Höhe Bestandteil der Bauvoranfrage werden, dementsprechend würden sich Nabenhöhe und Rotordurchmesser der jeweiligen Forderung anpassen lassen. Unter dem 6. September 2002 modifizierte Herr A. seine Bauvoranfrage dahingehend, dass die Gesamthöhe der Anlagen 99 m betragen solle. Der für das Vorhaben vorgesehene Standort liegt in einem durch den Flächennutzungsplan der Klägerin als Fläche für die Landwirtschaft und in dem Landschaftsplanentwurf der Klägerin als Bereich mit mittlerer Landschaftsbildqualität dargestellten Areal auf einem Höhenrücken in der Feldmark östlich der in Nord-Süd-Richtung fließenden M. und der in ihrem Tal gelegenen Ortschaft H.. Der Landschaftsplanentwurf der Klägerin weist für weite Bereiche des M.tales eine hohe bzw. sehr hohe Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz aus. Der Höhenunterschied zwischen dem M.tal und dem Vorhabenstandort beträgt gut 10 m. Die Standorte der genannten Parallelvorhaben befinden sich allesamt ebenfalls auf dem östlich des M.tales verlaufenden Höhenrücken. Die in dem Parallelverfahren zum Aktenzeichen 12 LB 23/07 streitgegenständliche Anlage liegt von dem hier in Rede stehenden Vorhaben 430 m entfernt in südöstlicher Richtung. In 750 m Entfernung in nördlicher Richtung war der Standort für die nicht mehr zur Ausführung anstehende Anlage des Verfahrens zum Aktenzeichen 9 LB 17/05 des vormals zuständigen 9. Senats des erkennenden Gerichts vorgesehen. Weitere 180 m in nördlicher Richtung hiervon entfernt soll die Anlage, auf die sich das Verfahren zum Aktenzeichen 12 LB 21/07 bezieht, verwirklicht werden. Von den in der Ortschaft H. belegenen landwirtschaftlichen Höfen sind die Hofanlagen H. Nr. N., O. und P. fachlich als Baudenkmale in Form einer Gruppe baulicher Anlagen nach § 3 Abs. 3 NDSchG eingestuft worden, darüber hinaus wird auch einzelnen baulichen Anlagen auf diesen Höfen Denkmalqualität zuerkannt (Verzeichnis nach § 4 Abs. 1 NDSchG für das Gebiet des Landkreises Soltau-Fallingbostel, Abl. v. 6.5.1998; Niedersächsisches Amt für Denkmalpflege, Baudenkmale in Niedersachsen, Band 25, Landkreis Soltau-Fallingbostel, 2001, S. 324 f.). Die Abstände der streitgegenständlichen Windenergieanlage zu diesen Höfen belaufen sich auf ca. 800 bis 900 m.

Den raumordnungsrechtlichen Rahmen für das Bauvorhaben bildet das am 1. September 2001 in Kraft getretene und weiterhin gültige Regionale Raumordnungsprogramm 2000 des Beklagten (im Folgenden: RROP 2000). Dieses weist in seiner zeichnerischen Darstellung für den Vorhabenstandort ein Vorsorgegebiet für Landwirtschaft, überlagert von einem Vorsorgegebiet für Erholung aus. Das im Westen des Vorhabenstandortes in einer Entfernung von gut 600 m gelegene M.tal ist als Vorranggebiet für Natur und Landschaft dargestellt. Zudem ist der größte Teil der Ortschaft H. als kulturelles Sachgut bezeichnet, wobei der Abstand der hierfür eingetragenen Abgrenzung zu dem Windenergieanlagenstandort ebenfalls ca. 600 m beträgt. Ein Vorrangstandort für Windenergieanlagen ist in dem hier in Rede stehenden Bereich raumordnerisch nicht ausgewiesen. Das RROP 2000 des Beklagten sieht derartige Vorrangstandorte in Q. /R. und S. /T. mit Flächen von 20 bzw. 28 ha und Kapazitäten von 7,5 MW bzw. 5,25 MW vor. Der Beklagte hat diese Ausweisung zur Windenergienutzung nach den beschreibenden Darstellungen seines RROP 2000 (S. 171) mit dem Ziel getroffen, die Errichtung von einzelnen oder mehreren Windenergieanlagen auf Räume ohne oder mit einem nur geringen Konfliktpotenzial zu konzentrieren; außerhalb der Vorrangstandorte dürften raumbedeutsame Windenergieanlagen nicht errichtet werden.

Unter dem 21. August 2002 versagte die Klägerin ihr gemeindliches Einvernehmen zu der geplanten Windenergieanlage des Herrn A. Mit Verfügung vom 2. Dezember 2002 beschied der Beklagte die Bauvoranfrage des Herrn A. negativ. Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Beklagte aus, dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 (nunmehr Nr. 5) BauGB privilegierten Vorhaben stünden öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen. Die Anlage sei mit ihrer Gesamthöhe von 99 m und ihrem Standort auf einer freien, landwirtschaftlich genutzten Geestkuppe in der im Übrigen flachwelligen Geestlandschaft raumbedeutsam. Der Standort liege nicht in einem der durch das RROP 2000 festgelegten Vorranggebiete für Windenergiegewinnung. Die Errichtung der Anlage werde erhebliche Auswirkungen auf das Landschaftsbild und das Landschaftserleben haben, die über die nähere Umgebung des Vorhabens hinausgingen. Im Übrigen habe die Klägerin ihr Einvernehmen versagt.

Am 4. Dezember 2002 legte Herr A. gegen den Versagungsbescheid des Beklagten Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2003 wies die vormalige Bezirksregierung Lüneburg den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass dem Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB Belange des Denkmalschutzes entgegenstünden. Aus Sicht der oberen Denkmalschutzbehörde werde die geplante Windenergieanlage die geschützten Hofensemble der Ortschaft H. in einer nach § 8 Satz 1 NDSchG unzulässigen Weise beeinträchtigen.

Am 3. Juni 2003 veranstaltete Herr A. im Beisein von Vertretern der vormaligen Bezirksregierung Lüneburg (obere Denkmalschutzbehörde), des Beklagten und der Klägerin einen Versuch, die Auswirkungen der geplanten Windenergieanlage in denkmalschutzfachlicher Hinsicht mittels eines Fesselballons simulativ darzustellen. Die Bezirksregierung gelangte dabei zu der Einschätzung, dass die Anlage vom Hof H. Nr. N. nicht wahrzunehmen sein werde. Von den Höfen Nr. O. und P. aus würden sich bei fehlendem Blattwerk der dortigen Bäume zwar Sichtbeziehungen ergeben, jedoch seien unzulässige Beeinträchtigungen der Denkmale nicht zu befürchten, weil sich der Rotor nicht steil am Himmel über ihnen drehen, sondern nur flach und das Blickfeld nicht dominierend am Horizont abzeichnen werde. Mit Datum vom 11. Juni 2003 forderte die Bezirksregierung den Beklagten auf, binnen kurzer Frist den die Bauvoranfrage des Herrn A. negativ beantwortenden Bescheid vom 2. Dezember 2002 aufzuheben und ihm den begehrten positiven Bauvorbescheid unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens der Klägerin zu erteilen. Über diese Entscheidung unterrichtete die Bezirksregierung die Klägerin mit einem Schreiben vom selben Tage, in dem sie überdies darlegte, dass der Vorhaben-standort als nicht raumbedeutsam einzustufen sei, da negative Auswirkungen auf die Belange des Denkmalschutzes nunmehr ausgeschlossen werden könnten und auch die im Übrigen zu berücksichtigenden planerisch gesicherten Raumfunktionen eine derartige Einstufung nicht rechtfertigten.

Mit Bescheid vom 12. Juni 2003 ersetzte der Beklagte gestützt auf § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB unter Berufung auf die ihm erteilte Weisung der vormaligen Bezirksregierung Lüneburg und unter Anordnung der sofortigen Vollziehung das Einvernehmen der Klägerin im Hinblick auf die Errichtung einer Windenergieanlage mit einer maximalen Gesamthöhe von 100 m über der Geländeoberfläche. Mit weiterem Bescheid vom selben Tage erteilte er Herrn A. unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 2. Dezember 2002 einen entsprechenden positiven Bauvorbescheid. Am 2. Juli 2003 legte die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30. Juni 2003 Widerspruch gegen beide Bescheide des Beklagten vom 12. Juni 2003 ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2003 wies die vormalige Bezirksregierung Lüneburg die Widersprüche zurück. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die Bezirksregierung aus, der Beklagte habe das gemeindliche Einvernehmen der Klägerin zu dem Vorhaben des Herrn A. nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB ersetzen dürfen, weil die Einvernehmensversagung der Klägerin rechtswidrig gewesen sei. Ermessensfehler seien nicht erkennbar. Aufgrund der eindeutigen Rechtslage und des Interesses des Bauherrn an der Verwirklichung seines zulässigen Vorhabens habe der Beklagte die Interessen der Klägerin zurückgestellt und deren gemeindliches Einvernehmen ersetzt. Der Widerspruch der Klägerin gegen den Herrn A. erteilten positiven Bauvorbescheid könne aus den gleichen Gründen keinen Erfolg haben.

Am 14. August 2003 hat die Klägerin gegen die Bescheide vom 12. Juni 2003 Klage erhoben.

Während der Rechtshängigkeit hat die Klägerin das Verfahren über die 28. Änderung ihres Flächennutzungsplanes über die Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen, die sämtlich nicht in dem hier in Rede stehenden Bereich der Ortschaft H. vorgesehen sind, zum Abschluss gebracht. Den Beschluss für diese Änderungsplanung hatte der Verwaltungsausschuss der Klägerin bereits am 5. Dezember 1996 gefasst, ihr Rat hatte ihn am 26. September 2002 bekräftigt. Ein erster im November und Dezember 2002 öffentlich ausgelegter Entwurf hatte 6 Konzentrationsflächen, eine zweite im April 2003 öffentlich ausgelegte und vom Rat der Klägerin am 3. Juli 2003 beschlossene Fassung 11 derartige Flächen ausgewiesen. Unter dem 7. Oktober 2003 hat die vormalige Bezirksregierung Lüneburg die Änderungsplanung genehmigt, von dieser Genehmigung jedoch aus natur- und denkmalschutzrechtlichen Gründen 7 Flächen ausgenommen. Die Klägerin hat die Änderungsplanung mit den genehmigten Flächen am 22. Dezember 2003 öffentlich bekanntgemacht. Nachdem die Klägerin mit einer bei dem Verwaltungsgericht Lüneburg anhängig gemachten Klage gegen die Versagung der Genehmigung für die genannten 7 Flächen obsiegt hatte (Urteil vom 29.4.2004 - 2 A 221/03 -), hat die Bezirksregierung unter dem 17. August 2004 eine Genehmigung für 6 weitere Flächen erteilt und die Klägerin am 28. August 2004 eine entsprechende öffentliche Bekanntmachung erlassen. Am 15. Juli 2005 hat der Beklagte als Rechtsnachfolger der Bezirksregierung nach Rücknahme des von dieser insoweit gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil eingelegten Rechtsmittels eine Genehmigung der Änderungsplanung auch im Hinblick auf die 11. Fläche erteilt. Am 23. Juli 2005 hat die Klägerin die gesamte Flächennutzungsplanänderung öffentlich bekannt gemacht.

Im Verlauf des hier zur Entscheidung stehenden Verfahrens ist weiterhin das Baugenehmigungsverfahren für die streitgegenständliche Windenergieanlage durchgeführt worden. Nachdem ihr der Beklagte den am 11. Juni 2003 eingegangen Bauantrag des Herrn A. zur Stellungnahme übersandt hatte, hat die Klägerin mit Schreiben vom 24. September 2003 erklärt, für eine abschließende Beurteilung fehlten Nachweise u.a. für die Erschließung der Anlage und über die Verträglichkeit des Vorhabens mit dem Orts- und Landschaftsbild sowie den Belangen von Natur- und Landschaftsschutz. Bis zur Vorlage der fehlenden Unterlagen werde das Einvernehmen gemäß § 36 i.V.m. § 35 BauGB verweigert. Zur Klärung der Fragen der gesicherten Erschließung werde sie sich gesondert an Herrn A. wenden. Am 2. Dezember 2003 hat der Beklagte Herrn A. die beantragte Baugenehmigung für die Windenergieanlage erteilt. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2003 hat die Klägerin bei dem Beklagten Belege über die avifaunistische Bedeutung der näheren und weiteren Umgebung des Anlagenstandortes vorgelegt, die durch die U. bzw. Herrn V. erstellt worden sind. Nach einer die Jahre 1998 bis 2003 betreffenden Karte mit Legende wurden in der Feldmark östlich W., H. und X. in den Jahren 1998 und 2002 Wachteln (2002 maximal 6 Individuen) nachgewiesen, der nächstgelegene Kranichschlafplatz (seit 1998 mit Brutversuch 1999) liegt ca. 1,2 km östlich, ein Schwarzstorchenhorst (2001 bis 2003 jeweils ein Brutpaar mit Jungen) ca. 4 km südlich des Anlagenstandortes. Eine weiterhin vorgelegte Brutvogelbestandsaufnahme aus dem Jahr 1998 ergab in einem 240 ha großen Gebiet, das neben der Feldmark auch Waldflächen in dem genannten Bereich umfasste, einen Bestand von 41 Vogelarten mit fast 250 Paaren (darunter Neuntöter mit 2 bis 4 und Wachteln mit 2 Brut- bzw. Revierpaaren), wobei die typischen Waldvogelarten mit 54% aller Paare unter den zehn häufigsten Arten dominierten. Neben den Brutvögeln wurden auch Nahrungsgäste (u.a. Mäusebussard und Kornweihe) erfasst. Mit Bescheid vom 1. März 2004 hat der Beklagte das Einvernehmen der Klägerin im Hinblick auf die Baugenehmigung vom 2. Dezember 2003 für die Windenergieanlage ersetzt und dabei u.a. darauf hingewiesen, dass die öffentlichen Belange des Naturschutzes und der Denkmalpflege bereits im Rahmen des Bauvoranfrageverfahrens abschließend und bindend geprüft worden seien. Am 18. Dezember 2003, 24. Mai 2004 und 29. Juni 2005 hat er für einzelne Änderungen des Bauvorhabens Nachtragsgenehmigungen erteilt. Die Klägerin hat sämtliche Bescheide mit Widersprüchen angegriffen. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2005 hat der Beklagte als Rechtsnachfolger der vormaligen Bezirksregierung Lüneburg die Widersprüche zurückgewiesen. Im Verlauf des Baugenehmigungsverfahrens ist die Y. GmbH als Bauherrin an die Stelle von Herrn A. getreten. Am 12. Dezember 2005 hat die Klägerin Klage gegen die erteilten Baugenehmigungen und die im Baugenehmigungsverfahren erfolgte Einvernehmensersetzung erhoben (Aktenzeichen des Verwaltungsgerichts: 2 A 348/05). Das Verwaltungsgericht hat das Klageverfahren mit Beschluss vom 17. Januar 2006 im Hinblick auf das hier zur Entscheidung stehende Verfahren ausgesetzt. Am 17. Mai 2006 hat der Beklagte der Y. GmbH unter Anordnung der sofortigen Vollziehung eine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG für die zuvor baurechtlich genehmigte Windenergieanlage erteilt. Die Entscheidung über den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin ist im Einvernehmen aller Beteiligten bis zur Entscheidung des vor dem erkennenden Senat anhängigen Verfahrens zurückgestellt worden. Am Ende des Jahres 2006 ist die Windenergieanlage errichtet und in Betrieb genommen worden.

Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage gegen den an sie gerichteten Einvernehmensersetzungsbescheid vom 12. Juni 2003 und den Herrn A. unter dem selben Datum erteilten positiven Bauvorbescheid ausgeführt, der Windenergieanlage des Herrn A. komme wegen ihrer in den angefochtenen Bescheiden festgelegten Gesamthöhe von 100 m Raumbedeutsamkeit zu, so dass sich ihre planungsrechtliche Unzulässigkeit bereits aus der Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ergebe, weil der Beklagte in seinem RROP 2000 an anderer Stelle Vorrangflächen für raumbedeutsame Windenergieanlagen ausgewiesen habe. Außerdem stünden dem Vorhaben öffentliche Belange u.a. im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen. Die Anlage stelle einen nicht wieder gutzumachenden Eingriff in die bisher unberührte Natur dar und beeinträchtige damit auch die Erholungsfunktion von Natur und Landschaft. So befänden sich in dem raumordnerisch als Vorranggebiet für Natur und Landschaft ausgewiesenen M.tal wertvolle Biotope. Zudem sei auf die dort festgestellten Schwarzstörche zu verweisen. Ebenso werde das Erscheinungsbild der unter Denkmalschutz stehenden Hofensemble in der Ortschaft H. beeinträchtigt. Die im Sommer durch die vorhandenen Laubbäume unterbrochenen Blickverbindungen würden wiederhergestellt, wenn die Bäume kein Laub trügen. Die Lage innerhalb des M.tales und der völlig freien Landschaft gehöre zu dem Erscheinungsbild der Denkmalensemble. Schließlich komme es bei der gegen den Bauvorbescheid erhobenen Anfechtungsklage zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Ausgangsbescheides oder des Widerspruchsbescheides an. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass eine Rechtswidrigkeit der Einvernehmensersetzung zwingend die Rechtswidrigkeit des erteilten Bauvorbescheides nach sich ziehe. Für den Fall der Neubescheidung der Bauvoranfrage müsse der Beklagte dem Umstand Rechnung tragen, dass mittlerweile die 28. Änderung ihres Flächennutzungsplanes mit dem Steuerungsziel des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (seinerzeit erst teilweise) in Kraft getreten sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Bescheide des Beklagten vom 14. Mai 2003 (richtig: 12. Juni 2003) über die Erteilung eines Bauvorbescheids für eine Windkraftanlage auf dem Flurstück F. und die Ersetzung ihres verweigerten Einvernehmens sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirkregierung Lüneburg vom 9. Juli 2003 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die angefochtenen Bescheide verteidigt.

Herr A. als im erstinstanzlichen Verfahren Beigeladener hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, die Klage gegen den Bauvorbescheid und die im Hinblick auf diesen vorgenommene Einvernehmensersetzung sei unzulässig geworden, weil die Klägerin in dem darauf folgenden Baugenehmigungsverfahren ihr Einvernehmen nicht innerhalb der Zweimonatsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB verweigert habe, dieses deshalb als erteilt gelte und die Klägerin vor diesem Hintergrund an der Geltendmachung bauplanungsrechtlicher Einwände auch in dem hier zu entscheidenden Verfahren gehindert sei. Die streitige Windenergieanlage sei im Übrigen nach den Maßstäben der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Lüneburg nicht raumbedeutsam, da sie eine Gesamthöhe von 100 m nicht erreiche. Auch unabhängig davon könne dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden, dass in dem RROP 2000 des Beklagten eine Vorrangplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB enthalten sei. Denn die entsprechenden Darstellungen seien in sich widersprüchlich und abwägungsfehlerhaft und könnten deshalb die erstrebte Konzentrationswirkung nicht entfalten. Der naturschutzfachliche Belang und der Belang des Landschaftsbildes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB stünden dem Vorhaben nicht entgegen, insbesondere könnten die südlich des Vorhabenstandortes nistenden Schwarzstörche den gesamten Bereich der M. anfliegen, ohne die geplante Windenergieanlage über- oder umfliegen zu müssen. Es komme schließlich nicht darauf an, dass die Klägerin in ihrer im Verlauf des Verfahrens in Kraft getretenen 28. Flächennutzungsplanänderung Konzentrationszonen für Windenergieanlagen an anderer Stelle ausgewiesen habe, denn nach den Maßstäben der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei für Drittanfechtungsklagen gegen Baugenehmigungen bzw. Bauvorbescheide der Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides entscheidend.

Mit Urteil vom 29. Juni 2004 hat das Verwaltungsgericht nach vorheriger Ortsbesichtigung die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen seines Urteils hat es ausgeführt, der Beklagte habe Herrn A. den angefochtenen Bauvorbescheid zu Recht erteilt. Die Windenergieanlage sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich zulässig. Entgegenstehende öffentliche Belange ergäben sich nicht aus der in dem RROP 2000 des Beklagten enthaltenen Planung zu § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, denn die von Herrn A. geplante Anlage sei nicht raumbedeutsam. In diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht seine ständige Rechtsprechung bekräftigt, wonach die Schwelle der Raumbedeutsamkeit für einzelne Windenergieanlagen im Flachland regelmäßig erst bei einem Höhenmaß von 100 m erreicht werde, das die streitige Anlage - wenn auch knapp - unterschreite. Die nähere Umgebung des in Aussicht genommenen Standortes weise nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung keine Besonderheiten auf, die die Annahme einer Raumbedeutsamkeit bereits bei einer geringeren Gesamthöhe gerechtfertigt erscheinen lassen könne. Auch der Umstand, dass insgesamt 4 Windkraftanlagen östlich von H. genehmigt worden seien, begründe eine Raumbedeutsamkeit nicht, weil zum einen ein raumbedeutsamer Windpark erst ab einer Anzahl von 5 Anlagen anzunehmen sei und zum anderen die Entfernung zwischen den beiden südlichen und den beiden nördlichen Anlagestandorten mit mindestens 750 m zu groß sei, um noch von einer näheren Verbindung zwischen den jeweils zwei Anlagen ausgehen zu können. Die Klägerin könne sich auch nicht auf eine dem Vorhaben nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegenstehende eigene Konzentrationsplanung für Windenergieanlagen in Gestalt ihrer 28. Flächennutzungsplanänderung berufen. Für die zur Entscheidung stehende Anfechtungsklage sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderteilung am 14. Mai 2003 (richtig: 12. Juni 2003) maßgeblich. Die Frage, ob ein planreifer Flächennutzungsplanentwurf ein sonstiger öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB sei, könne sich nur in der prozessualen Situation der Verpflichtungsklage, nicht aber in derjenigen der Anfechtungsklage stellen. Unabhängig davon habe zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung eine Planreife der 28. Flächennutzungsplanänderung der Klägerin noch nicht bestanden. Der Zulässigkeit des Vorhabens entgegenstehende Belange ergäben sich ferner nicht aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Auch an ihrem vergleichsweise exponierten Standort, auf den sie im Hinblick auf eine wirtschaftlich sinnvolle Windausbeute angewiesen sei, setze sich die Anlage gegenüber einem Vorsorgegebiet für Erholung sowie Landwirtschaft und dem in einiger Entfernung verlaufenden Vorranggebiet M.tal durch, zumal die durchgeführte Ortsbesichtigung ergeben habe, dass in der überwiegend landwirtschaftlich genutzten Umgebung für Erholung wenig Raum bleibe und diese auch keine besonderen landschaftlichen Reize aufweise. Die Kammer habe sich anlässlich des Ortstermins weiterhin davon überzeugt, dass denkmalpflegerische Belange nicht entgegenstünden, weil von den drei geschützten Hofanlagen H. Nr. N., O. und P. ein Blick auf den Vorhabenstandort insbesondere wegen des bestehenden Baumbewuchses wenn überhaupt, dann nur sehr eingeschränkt möglich sei, so dass ein Verstoß gegen § 8 Satz 1 NDSchG nicht angenommen werden könne.

Vor dem Hintergrund der gegebenen bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Windenergieanlage des Herrn A. habe der Beklagte auf der Grundlage des § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB auch das gemeindliche Einvernehmen der Klägerin in rechtmäßiger Weise ersetzt. Eine Ermessensfehlerhaftigkeit der Entscheidung mache die Klägerin ohne Erfolg geltend. In der obergerichtlichen Rechtsprechung sei nicht geklärt, ob § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB überhaupt Ermessen eröffne. Jedenfalls sei die Einvernehmensersetzung in Fällen, in denen die Gemeinde zur Erteilung des Einvernehmens eindeutig verpflichtet gewesen sei, regelmäßig nicht zu beanstanden. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt. Von dem Beklagten habe nicht erwartet werden können, dass er als Bauaufsichtsbehörde den Ausgang des 28. Flächennutzungsplanänderungsverfahrens der Klägerin, mit dem erstmals Vorrangflächen für Windkraftanlagen dargestellt werden sollten, abwartete.

Auf Antrag der Klägerin hat der vormals zuständige 9. Senat des erkennenden Gerichts mit Beschluss vom 19. Januar 2005 (Az.: 9 LA 273/04) die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen. Das Verfahren ist als Berufungsverfahren zunächst vor dem 9. Senat des erkennenden Gerichts fortgeführt worden (Az.: 9 LB 19/05) und sodann in die Zuständigkeit des erkennenden Senats übergegangen. Mit Beschluss vom 24. April 2007 hat der Berichterstatter des Senats die Beiladung des Herrn A. aufgehoben und die Firma C. beigeladen (jetzige Beigeladene zu 1.), weil sie über die Zwischenberechtigte - die Z. GmbH - Inhaberin der Rechte aus dem erteilten Bauvorbescheid geworden war. Außerdem ist das Landesamt für Denkmalpflege in der zweiten Instanz beigeladen worden.

Den Schwerpunkt ihres Vortrages zur Begründung der Berufung legt die Klägerin auf die Frage der Rechtmäßigkeit des an sie gerichteten Einvernehmensersetzungsbescheides des Beklagten, da diese Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des gegenüber Herrn A. ergangenen Bauvorbescheides sei. Sie meint, die Zulässigkeit ihrer Klage gegen die Einvernehmensersetzung im Bauvorbescheidsverfahren werde durch die Umstände des Zustandekommens ihres Einvernehmens im späteren Baugenehmigungsverfahren nicht in Frage gestellt. Denn sie habe in jenem Verfahren ihr Einvernehmen der Sache nach bereits durch ihre unter dem 24. September 2003 abgegebene erste Stellungnahme versagt. Die Einvernehmensersetzung im Bauvorbescheidsverfahren sei rechtswidrig, weil die Windenergieanlage des Herrn A. zusammen mit den drei weiteren Windenergieanlagen in ihrer näheren Umgebung, für die gleichfalls positive Bauvorbescheide erteilt worden seien, jedenfalls bis zu dem Verzicht des Bauherrn in dem Verfahren zum Aktenzeichen 9 LB 17/05 des vormals zuständigen 9. Senats des erkennenden Gerichts als Windfarm zu beurteilen gewesen sei, für die es nach § 4 BImSchG i. V. m. § 2 Abs. 1 der 4. BImSchV und Nr. 1.6 des Anhanges zu dieser Verordnung in der hier anwendbaren, seit dem 3. August 2001 geltenden Fassung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedurft habe. Sie, die Klägerin, sei nicht verpflichtet gewesen, ihr Einvernehmen zu dem fälschlicherweise beantragten und erlassenen baurechtlichen Bauvorbescheid zu erteilen. Rechtswidrig sei die Einvernehmensersetzung darüber hinaus deshalb, weil die streitgegenständliche Windenergieanlage trotz ihrer Privilegierung wegen entgegenstehender öffentlicher Belange im Außenbereich bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Das Vorhaben sei entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts auch als Einzelanlage raumbedeutsam. Deshalb könnten ihm gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die steuernden Ausweisungen des RROP 2000 des Beklagten entgegen gehalten werden. Eine solche Steuerungswirkung ergebe sich zudem aus der 28. Änderung ihres Flächennutzungsplanes, mit der sie, die Klägerin, Konzentrationszonen für Windenergieanlagen an anderer Stelle ihres Gemeindegebietes ausgewiesen habe und die während des zweitinstanzlichen Verfahrens vollständig in Kraft getreten sei. Die Klägerin vertritt nunmehr die Auffassung, dass insoweit die aktuelle Sach- und Rechtslage maßgebend sei. Sie macht weiterhin geltend, die in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB genannten Schutzgüter, insbesondere des Naturschutzes, des - durch die raumordnerische Ausweisung der Ortschaft H. als kulturelles Sachgut hervorgehobenen - Denkmalschutzes sowie der Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes stünden dem Vorhaben entgegen. Schließlich sei im Verfahrensverlauf durch die Rechtsprechung des 1. Senats des erkennenden Gerichts (Beschl. v. 30.11.2004 - 1 ME 190/04 -, BauR 2005, 679 ff.) geklärt worden, dass es sich bei der Einvernehmensersetzungsentscheidung nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB um eine Ermessensentscheidung handele. Ermessenserwägungen hätten jedoch weder der auf Weisung der vormaligen Bezirksregierung Lüneburg handelnde Beklagte in seinem Bescheid vom 12. Juni 2003, noch die Bezirksregierung im Rahmen ihrer Anweisungsentscheidung vom 11. Juni 2003 ausgeübt. Auch der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung vom 9. Juli 2003 belege nur, dass diese von einer völlig eindeutigen planungsrechtlichen Situation ausgegangen sei. Dies sei jedoch Voraussetzung für das Ergehen einer Ersetzungsentscheidung überhaupt, das behördliche Ermessen habe hieran anzuknüpfen. Im Rahmen des Ermessens wäre - jedenfalls - zu berücksichtigen gewesen, dass der Beklagte fälschlicherweise ein baurechtliches anstelle eines immissionsschutzrechtlichen Verfahrens durchgeführt habe und dass sich die 28. Änderung ihres Flächennutzungsplanes bei Bescheiderlass in Aufstellung befunden habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 29. Juni 2004 zu ändern und die Bescheide des Beklagten vom 12. Juni 2003 über die Erteilung eines Bauvorbescheides für eine Windkraftanlage auf dem Flurstück F. der Flur G. Gemarkung H. und die Ersetzung des Einvernehmens der Klägerin sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg vom 9. Juli 2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er führt aus, es komme nicht darauf an, ob anstelle des gewählten baurechtlichen ein immissionsschutzrechtliches Verfahren hätte durchgeführt werden müssen, denn die Einvernehmensentscheidung der Klägerin habe sich in jedem Falle ausschließlich nach Bauplanungsrecht zu richten gehabt. Die Klägerin könne sich im Hinblick auf die gewählte Verfahrensart nicht auf Drittschutz berufen. Es sei nicht ermessensfehlerhaft, wenn das gemeindliche Einvernehmen bei eindeutiger planungsrechtlicher Zulässigkeit eines Außenbereichsvorhabens ersetzt werde.

Die Beigeladene zu 1. beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag über eine Unzulässigkeit der Klage wegen eines im folgenden Baugenehmigungsverfahren erteilten Einvernehmens der Klägerin. Diese habe ihr Einvernehmen mit dem an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 24. September 2003 nicht unbedingt verweigert, sondern unter der Bedingung der Vorlage aller zur Beurteilung des Bauvorhabens erforderlichen Unterlagen erteilt. Mit Erfüllung dieser Bedingung Ende September 2003 sei das Einvernehmen erteilt gewesen. Jedenfalls habe es die Klägerin innerhalb der darauf folgenden zwei Monate nicht verweigert, so dass die Fiktionswirkung des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB eingetreten sei. Die ausdrückliche Einvernehmensersetzungsentscheidung des Beklagten vom 1. März 2004 sei ins Leere gegangen. Die Beigeladene zu 1. tritt überdies der Ansicht des Beklagten bei, dass sich die Klägerin auf eine vorgebliche immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit der streitigen Windenergieanlage nicht berufen könne. Abgesehen davon sei die Anlage auch der Sache nach nicht Teil einer Windfarm im Sinne des § 2 Abs. 1 der 4. BImSchV und der Nr. 1.6 des Anhanges zu dieser Verordnung in seiner zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung geltenden Fassung, weil im Hinblick auf die Parallelvorhaben eine Überschneidung der Einwirkungsbereiche der aus jeweils zwei Anlagen bestehenden Gruppen in Anbe-tracht des zwischen ihnen bestehenden Abstandes von mindestens 750 m nicht gegeben sei. Nachdem der Bauherr in dem Verfahren zum Aktenzeichen 9 LB 17/05 des vormals zuständigen 9. Senats des erkennenden Gerichts auf seinen Bauvorbescheid verzichtet habe, sei wegen der dadurch noch vergrößerten Abstände die Annahme einer Windfarm in jedem Falle ausgeschlossen. In Bezug auf die Einvernehmensersetzungsentscheidung habe jedenfalls die vormalige Bezirksregierung Lüneburg in dem Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2003 Ermessenserwägungen angestellt.

Der Beigeladene zu 2. stellt keinen Antrag.

Der Senat hat die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses wird auf die Verhandlungsniederschrift vom 10. Januar 2008 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten - auch der Parallelverfahren 12 LB 21/07 und 12 LB 23/07 - sowie auf die jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der vormaligen Bezirksregierung Lüneburg sowie auf die ebenfalls beigezogenen Aufstellungsunterlagen für das RROP 2000 des Beklagten und für die 28. Änderung des Flächennutzungsplans der Klägerin verwiesen. Die Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewesen.

Gründe

Die nach Zulassung durch den vormals zuständigen 9. Senat des Gerichts statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den dem Rechtsvorgänger der Beigeladenen zu 1., Herrn A., erteilten positiven Bauvorbescheid vom 12. Juni 2003 und die unter demselben Datum verfügte Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens der Klägerin hierzu - beide Bescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides der vormaligen Bezirksregierung Lüneburg vom 9. Juli 2003 - zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage ist zwar zulässig, kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben, da die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind bzw. jedenfalls die Klägerin nicht in ihrer durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützten Rechtsstellung - hier in der Ausprägung der gemeindlichen Planungshoheit - verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Klagebefugnis der Klägerin im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO ist gegeben. Die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB durch die hierfür nach Landesrecht zuständige Behörde - hier gemäß § 1a Nr. 1 DVO-BauGB der Beklagte - stellt zwar im Verhältnis zum Bauherrn ein nicht klagefähiges bloßes Verwaltungsinternum dar, im Verhältnis zu der betroffenen Gemeinde handelt es sich dagegen um einen Verwaltungsakt (1. Senat des erkennenden Gerichts, Beschl. v. 30.11.2004 - 1 ME 190/04 -, BauR 2005, 679, 680; Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Loseblattsammlung, Stand: 1.5.2007, § 36, Rn. 41, 42; Krautzberger, in: Battis/ Krautzberger/ Löhr, BauGB, 10. Aufl. 2007, § 36, Rn. 5, 17). Aus dem Vortrag der Klägerin, mit dem sie geltend macht, sie habe ihr Einvernehmen nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB u.a. deshalb zu Recht versagt, weil der nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 (nunmehr Nr. 5) BauGB im Außenbereich privilegierten Windenergieanlage öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB entgegenstünden, ergibt sich die Möglichkeit einer Verletzung der Klägerin in ihrer kommunalen Planungshoheit, deren Schutz die Verfahrensvorschriften des § 36 BauGB dienen (vgl. zu diesem Zweck nur: BVerwG, Urteile vom 31.10.1990 - BVerwG 4 C 45.88 -, NVwZ 1991, 1076; vom 14.4.2000 - BVerwG 4 C 5.99 -, NVwZ 2000, 1048 f; vom 19.8.2004 - BVerwG 4 C 16.03 -, BVerwGE 121, 339, 341 ff. und vom 16.9.2004 - BVerwG 4 C 7.03 -, BVerwGE 122, 13, 17). Da auch das Bauvorbescheidsverfahren dem Begriff des bauaufsichtlichen Verfahrens im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB unterfällt (Söfker, a.a.O., § 36 Rn. 13; Krautzberger, a.a.O., § 36, Rn. 2) und mithin der positive Bauvorbescheid, den der Beklagte Herrn A. als Rechtsvorgänger der Beigeladenen zu 1. erteilt hat, das wirksame bzw. rechtmäßig ersetzte Einvernehmen der Klägerin voraussetzt, kommt der Klägerin ebenfalls eine Klagebefugnis für eine Drittanfechtung dieses Bescheides zu (vgl. hierzu allgemein nur: OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.3.2006 - 1 A 10884/05 -, NVwZ-RR 2007, 309; Söfker, a.a.O., § 36, Rn. 43; Schmaltz, in: Große-Suchsdorf/ Lindorf/ Schmaltz/ Wiechert, NBauO, 8. Aufl. 2007, § 74, Rn. 32).

37Der Klage fehlt es ferner nicht an dem erforderlichen allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis. Dieses ist zum einen - im Hinblick auf den zur Prüfung stehenden Bauvorbescheid - nicht deshalb entfallen, weil der Beklagte nach diesem Herrn A. am 2. Dezember 2003 auch eine Baugenehmigung für die umstrittene Windenergieanlage erteilt hat. Denn das - insoweit durch Bundesrecht nicht gebundene (BVerwG, Urt. v. 9.2.1995 - 4 C 23.94 -, NVwZ 1995, 894, 895) - niedersächsische Landesrecht enthält keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass in einer solchen Konstellation der Bauvorbescheid durch die später erteilte Baugenehmigung konsumiert wird. Vielmehr bestehen die Rechtswirkungen des Bauvorbescheides fort, seine Regelungen werden nach Art des Baukastenprinzips in die Baugenehmigung übernommen (6. Senat des erkennenden Gerichts, Urteil vom 24.4.1997 - 6 L 5476/95 -, OVGE 47, 338; Schmaltz, a.a.O., § 74, Rn. 28). Dies gilt nicht nur im Verhältnis zwischen Bauaufsichtsbehörde und Bauherrn, vielmehr bindet der Bauvorbescheid auch die Gemeinde (Schmaltz, a.a.O., § 74, Rn. 22).

Ein Wegfall des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses für die Klage lässt sich zum anderen entgegen der Ansicht der Beigeladenen zu 1. nicht durch die Annahme begründen, die Klägerin habe ihr gemeindliches Einvernehmen, dessen Ersetzung im Bauvorbescheidsverfahren sie bekämpft, jedenfalls in dem nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren ausdrücklich bzw. im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB fiktiv erteilt.

Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass es der erneuten Einholung des Einvernehmens der Klägerin im Baugenehmigungsverfahren nicht mehr bedurft hätte und deshalb aus dem gleichwohl durchgeführten und mit der Einvernehmensersetzungsverfügung des Beklagten vom 1. März 2004 abgeschlossenen Beteiligungsverfahren Rechtswirkungen nicht hergeleitet werden könnten. Zwar wird in Teilen der Literatur (Schmaltz, a.a.O., § 24, Rn. 22; Söfker, a.a.O., § 36, Rn. 13) ein erneutes Verfahren nach § 36 BauGB vor Erteilung der Baugenehmigung für entbehrlich erachtet, wenn über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens durch die Erteilung eines positiven bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheides entschieden worden ist. Die Entbehrlichkeit einer erneuten Einvernehmenserteilung in dieser Konstellation ist allerdings bereits für eindeutige Fallgestaltungen nicht unbestritten (für ein Einvernehmenserfordernis ohne Ausnahmen etwa: Hess. VGH, Beschl. v. 11.4.1990 -- 4 TG 3218/89 -, BRS 50 Rn. 164; OVG Brandenburg, Beschl. v. 4.11.1996 - 3 B 134/96 -, BauR 1997, 90 f). Jedenfalls ist ein weiteres Einvernehmensverfahren aber dann geboten, wenn im Bauvorbescheidsverfahren bauplanungsrechtliche Fragen offen geblieben sind (vgl. dazu: BVerwG, Urt. v. 3.4.1987 - 4 C 41.84 -, NVwZ 1987, 884, 885) oder insoweit zumindest Zweifel bestehen (Söfker, a.a.O., § 36, Rn. 13). Derartige Zweifel waren hier jedenfalls im Hinblick auf die gesicherte Erschließung der Anlage im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB gegeben. Die Klägerin hat ihre hierzu zunächst erhobenen Einwände erst dann nicht mehr aufrecht erhalten, nachdem sie im Baugenehmigungsverfahren insoweit ein Übereinkommen mit Herrn A. getroffen hatte.

Die Klägerin hat im Baugenehmigungsverfahren ihr Einvernehmen weder ausdrücklich noch fiktiv erteilt, sondern dieses vielmehr - wenn auch unter dem Vorbehalt einer eventuellen Revision dieser Entscheidung im weiteren Verfahrensverlauf - wirksam versagt. In diesem Sinne ist zur Überzeugung des Senats der in dem an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 24. September 2003 enthaltene Passus, das Einvernehmen werde bis zur Vorlage der als fehlend gerügten Unterlagen verweigert, interessegerecht auszulegen und - wie der ergangenen Einvernehmensersetzungsbescheid vom 1. März 2004 erweist - von dem Beklagten auch ausgelegt worden. Denn eine Gemeinde ist zwar aufgrund ihres durch § 36 BauGB gewährleisteten Beteiligungsrechtes befugt, ihre Entscheidung über die Erteilung ihres Einvernehmens zurückzustellen, bis ihr alle für eine sachgerechte Prüfung des Vorhabens in bauplanungsrechtlicher Hinsicht erforderlichen Unterlagen vorgelegt worden sind. Der Lauf der zweimonatigen Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB, nach deren Ablauf das Einvernehmen als erteilt gilt, beginnt dann mit dem Eingang dieser Unterlagen bei der Gemeinde. Dabei trägt die Gemeinde allerdings das Risiko einer Fehleinschätzung der bauplanungsrechtlichen Beurteilungsreife mit der Folge, dass die Einvernehmensfrist bei Anforderung nicht erforderlicher Unterlagen bereits mit der Einreichung des Bauantrages zu laufen beginnt (BVerwG, Urt. v. 16.9.2004, a.a.O., 18 ff; Söfker, a.a.O., § 36, Rn. 38). Nach dieser Risikoverteilung wäre es gerade in Fallgestaltungen, in denen eine Gemeinde - wie hier die Klägerin - ersichtlich bestrebt ist, ein Vorhaben nach Möglichkeit zu verhindern und dementsprechend eine Vielzahl von Einwendungen gegen dieses erhebt, unangemessen und der Rechtsklarheit nicht dienlich, eine Erklärung, wie sie die Klägerin in ihrem Schreiben vom 24.9.2003 abgegeben hat, als bloße Nachforderung von Unterlagen und nicht bereits als Versagung des Einvernehmens - wenn auch unter Hinweis auf die Möglichkeit einer späteren Erteilung nach weiterer Aufklärung - zu deuten. Hierfür spricht auch, dass die Verweigerung des Einvernehmens anders als dessen ausdrückliche oder fiktive Erteilung rückgängig gemacht werden kann (vgl. hierzu: Söfker, a.a.O., § 36, Rn. 32, 38 m.w.N.). Eine Auslegung der Erklärung der Klägerin vom 24. September 2003 als bedingte Einvernehmenserteilung (vgl. hierzu allgemein: BVerwG, Beschl. v. 15.11.1991 - BVerwG 4 B 191.91 -, NVwZ-RR 1992, 529 f; Söfker, a.a.O., § 36, Rn. 36; Roeser, in: Schlichter/ Stich/ Driehaus/ Paetow <Hrsg.>, Berliner Kommentar zum BauGB, Loseblattsammlung, Stand: September 2007, § 36, Rn. 19) ist aus vergleichbaren Gründen der Rechtsklarheit ebenfalls ausgeschlossen.

In der Sache kann die Klägerin mit ihrer Klage weder gegen die von dem Beklagten verfügte Ersetzung ihres Einvernehmens für den Herrn A. erteilten positiven Bauvorbescheid, noch gegen diesen Bescheid selbst durchdringen. Die Klägerin hat ihr Einvernehmen in rechtswidriger Weise verweigert, so dass der Beklagte die Einvernehmensersetzung zu Recht vorgenommen hat. Mithin kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Erteilung des Bauvorbescheides verletze sie in eigenen Rechten.

42Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB wird über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 BauGB im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Diese Mitwirkung der Gemeinde dient - wie bereits dargelegt - der Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit. Die Gemeinde soll als sachnahe und fachkundige Behörde dort, wo sie noch nicht geplant hat, oder dann, wenn ein Bauvorhaben von ihrer Planung abweicht, im Baugenehmigungs- bzw. Bauvorbescheidsverfahren an der Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens mitentscheidend beteiligt werden. Darüber hinaus soll sie in den Fällen, in denen ein nach den in § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Vorschriften zulässiges Vorhaben ihren planerischen Vorstellungen nicht entspricht, von ihrer Möglichkeit Gebrauch machen können, durch Aufstellung eines Bebauungsplanes die planungsrechtlichen Grundlagen für die Zulässigkeit des Vorhabens zu ändern und plansichernde Instrumente einzusetzen (BVerwG, Urteile vom 19.8.2004, a.a.O., 342 f und vom 16.9.2004, a.a.O., 17). Allerdings darf die Gemeinde ihr Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB nur versagen, wenn das Vorhaben gemessen an den maßgeblichen bauplanungsrechtlichen Vorschriften - hier also an § 35 BauGB - unzulässig ist. Das bedeutet im Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 BauGB auf das Rechtsmittel der Gemeinde hin in vollem Umfang nachzuprüfen sind. Die Gemeinde kann also insbesondere geltend machen, dass ein Vorhaben nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert sei, sich auf öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB berufen oder das Fehlen einer ausreichenden Erschließung rügen. Verstöße gegen andere Rechtsnormen können dem Rechtsmittel der Gemeinde dagegen nur dann zum Erfolg verhelfen, wenn sie auch dem Schutz der Gemeinde - insbesondere ihrer Planungshoheit - zu dienen bestimmt sind (BVerwG, Urt. v. 31.10.1990, a.a.O., 1076; 1. Senat des erkennenden Gerichts, Beschl. v. 7.10.2004 - 1 ME 169/04 -, NVwZ-RR 2005, 90, 91 ff; Thür.OVG, Beschl. v. 24.8.2007 - 1 EO 563/07 -, juris, Rn. 38; restriktiver: Hess.VGH, Beschl. v. 15.11.2006 - 3 UZ 634/06 -, ESVGH 2007, 112 ff). Denn § 36 BauGB erschöpft sich darin, das bauaufsichtliche Verfahren näher auszugestalten. Die Vorschrift begründet hinsichtlich der materiellen Planungshoheit keine Rechte, sondern setzt sie voraus. Wenn entsprechend dem soeben umgrenzten Prüfungsumfang eine Verletzung der Planungshoheit einer Gemeinde zu verneinen ist, kann diese sich daher auch nicht mit Erfolg gegen die Ersetzung ihres Einvernehmens wenden (BVerwG, Urt. v. 14.4.2000, a.a.O., 1049; Beschl. v. 10.1.2006 - 4 B 48.05 -, BauR 2006, 815 f).

43Nach diesen Maßstäben kann die Klägerin mit ihrem Einwand, sie habe ihr Einvernehmen bereits deshalb versagen dürfen, weil der Beklagte entsprechend dem Antrag des Herrn A. fälschlicherweise ein Bauvorbescheidsverfahren anstelle eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheidsverfahrens durchgeführt habe, keinen Erfolg haben. Denn allein eine - unterstellt - falsche Verfahrenswahl zieht eine Verletzung von materiellen, an die gemeindliche Planungshoheit anknüpfenden Rechten nicht nach sich und kann deshalb die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nicht rechtfertigen. Dies ergibt sich im Hinblick auf das immissionsschutzrechtliche Verfahren deutlich aus der Vorschrift des § 36 Abs. 1 Satz 2 BauGB. Hiernach wird die Gemeinde nicht nur im bauaufsichtlichen, sondern auch in anderen Verfahren beteiligt, in denen - wie dies im immissionsschutzrechtlichen Verfahren gemäß §§ 6 Abs. 1 Nr. 2, 9 BImSchG der Fall ist - über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach den in § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Vorschriften entschieden wird. Die Möglichkeit zur bauplanungsrechtlichen Überprüfung der Zulässigkeit eines Vorhabens, die § 36 BauGB im Interesse der Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit einräumt, besteht demnach unabhängig davon, ob eine Entscheidung in einem bauaufsichtlichen oder in einem immissionsschutzrechtlichen Verfahren ergeht (so überzeugend: 1. Senat des erkennenden Gerichts, Beschl. 7.10.2004, a.a.O., 92; vgl. auch Hess.VGH, Beschl. v. 15.11.2006, a.a.O.; entsprechend die herrschende Ansicht zum mangelnden Drittschutz des immissionschutzrechtlichen Genehmigungsvorbehaltes im Rahmen von Nachbarklagen: BVerwG, Urt. v. 5.10.1990 - BVerwG 7 C 55 u. 56.89 -, BVerwGE 85, 368, 372 ff sowie m.w.N.: Urt. des erkennenden Senats vom 26.4.2007 - 12 LB 8/07 -, S. 19 UA, insoweit in ZNER 2007, 229 ff nicht abgedruckt). Der Beklagte war auch im einen wie im anderen Fall die für die Einvernehmensersetzung und den Vorbescheiderlass zuständige Behörde (vgl. für das immissionsschutzrechtliche Verfahren: § 1 ZustVO-GewAR in der hier anwendbaren Fassung v. 25.9.2001, Nds.GVBl. S. 615 i.V.m. Nr. 8.1 a) der Anlage 1 zu dieser Verordnung), so dass auch insoweit ein Ansatzpunkt für die Annahme einer Rechtsbeeinträchtigung der Klägerin nicht besteht (zu diesem Gesichtspunkt: OVG Brandenburg, Beschl. v. 9.9.2005 - 11 S 14.05 -, juris, Rn. 22).

44Ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankommt, war zur Überzeugung des Senats zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen auch der Sache nach eine Windfarm von mindestens 3 Windkraftanlagen, die nach der bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung des § 1 der 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6 der Anlage zu dieser Verordnung (eingeführt durch Art. 4 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001, BGBl. I, S. 1950) dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvorbehalt unterfiel, nicht gegeben. Das Bundesverwaltungsgericht hat zu dem der UVP-Änderungsrichtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 (ABl. Nr. L 73, S. 5) entlehnten Begriff der Windfarm rechtsgrundsätzlich entschieden (Urteil vom 30.6.2004 - BVerwG 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182 ff), dass eine solche - unabhängig von der Anzahl der Anlagenbetreiber - nur angenommen werden könne, wenn ein räumlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Anlagen bestehe. Seien die mindestens 3 Anlagen soweit voneinander entfernt, dass sich die nach der UVP-Änderungsrichtlinie maßgeblichen Auswirkungen in Gestalt der Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Anlagenimmissionen nicht summierten, behalte jede Anlage für sich den Charakter einer Einzelanlage. Demgegenüber sei von einer Windfarm auszugehen, wenn 3 oder mehr Windkraftanlagen einander räumlich so zugeordnet seien, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschnitten oder wenigstens berührten. In einer neueren Entscheidung (Beschluss vom 8.5.2007 - 4 B 11.07 -, BauR 2007, 1698 f) hat das Bundesverwaltungsgericht weiter ausgeführt, dass das Bundesrecht keine verbindlichen Bewertungsvorgaben in Gestalt standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren, die den Begriff der Windfarm in räumlich - gegenständlicher Hinsicht für die Praxis konkretisieren und handhabbar machen könnten, zur Verfügung stelle. So habe etwa die Praxis von Behörden und Verwaltungsgerichten, ein Überschneiden oder Berühren der Einwirkungsbereiche von zwei Windenergieanlagen regelmäßig zu verneinen, wenn zwischen ihnen eine Entfernung von mehr als dem zehnfachen ihres Rotordurchmessers liege, nicht den Charakter eines Rechtssatzes oder eines rechtsverbindlichen Grenzwertes. Es handele sich um ein Abstandsmaß, das im Regelfall als zweckmäßig angesehen werde, um den räumlichen Umgriff einer Anlagengesamtheit in Relation zur Größe der einzelnen Anlagen zu beurteilen. Ob dieses Maß in der Praxis heranzuziehen sei, hänge von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Überhaupt könne auf Grund besonderer tatsächlicher Umstände eine von typisierenden Bewertungsvorgaben losgelöste Einzelfallbeurteilung angebracht sein.

Nach diesen Maßstäben ist hier ein die Annahme einer Windfarm rechtfertigender räumlicher Zusammenhang zwischen mehr als 2 Anlagen nicht gegeben. Dies gilt selbst dann, wenn man zum einen die nachträglich in Wegfall geratene Anlage des Verfahrens zum Aktenzeichen 9 LB 17/05 des vormals zuständigen 9. Senats des erkennenden Gerichts in die Betrachtung mit einbezieht und zum anderen von dem in den Bauvoranfragen in dem hier zur Entscheidung stehenden Verfahren und dem Parallelverfahren zum Aktenzeichen 12 LB 23/07 zunächst angegebenen Rotordurchmesser von 77 m ausgeht und die im weiteren Verfahrensverlauf reduzierte Anlagenhöhe mit damit gegebenenfalls verbundenen Auswirkungen auf die Rotoren ebenso wie das in dem Parallelverfahren 12 LB 21/07 von vornherein auf 70 m beschränkte Maß des Rotordurchmessers grundsätzlich außer Acht lässt. Es bestehen dann zwei Gruppen von jeweils 2 Windenergieanlagen, wobei die einander jeweils nächstgelegenen Anlagen der beiden Gruppen durch einen Abstand von 750 m getrennt sind. Das Abstandsmaß des zehnfachen Rotordurchmessers von - unterstellt - 770 m wird nur knapp verfehlt. Diese geringfügige Überschreitung ist in Anbetracht der beschriebenen großzügigen Annahmen für die Rotordurchmesser als unerheblich anzusehen. Ferner hat der Senat keinen Grund zu der Annahme, die Schalllinie für den entsprechend Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c) der TA Lärm im Außenbereich maßgeblichen nächtlichen Immissionsrichtwert von 45 dB(A) verlaufe bei einer marktüblichen Windenergieanlage mit einem Ausgangsschallleistungspegel von 103 dB(A) in einer solchen Entfernung, dass bei dem gegebenen Abstand von 750 m eine gegenseitige und erhebliche, diesen Wert übersteigende Verstärkung der Lärmimmissionen der beiden Anlagengruppen zu gewärtigen wäre. Schließlich werden nach dem Eindruck, den der Senat im Rahmen seiner Ortsbesichtigung gewonnen hat, die Anlage des Verfahrens zum Aktenzeichen 12 LB 21/07 und die nicht mehr zur Ausführung anstehende Anlage zum Aktenzeichen 9 LB 17/05 des vormals zuständigen 9. Senats im Norden durch ein nach Westen hin ausgreifendes Waldstück jedenfalls für einen Teil ihrer Gesamthöhe visuell von der Anlage zum Aktenzeichen 12 LB 23/07 im Süden getrennt (bzw. wären getrennt worden). Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Umstände des Falles kann danach ein räumlicher Zusammenhang zwischen den in Rede stehenden einzelnen Anlagen nicht angenommen werden.

Der nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im baurechtlichen Außenbereich privilegierten Windenergieanlage, auf die sich die von der Klägerin angefochtenen Bescheide vom 12. Juni 2003 beziehen, stehen öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB nicht entgegen.

Derartige Belange ergeben sich nicht aus § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Nach dieser Vorschrift stehen den in § 35 Abs. 1 Nrn. 2 - 6 BauGB aufgeführten privilegierten Vorhaben öffentliche Belange in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder - bei raumbedeutsamen Vorhaben - als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Auf die Herbeiführung dieser Ausschlusswirkung zielen sowohl das RROP 2000 des Beklagten als auch die 28. Flächennutzungsplanänderung der Klägerin, die in ihrer endgültigen Fassung am 23. Juli 2005 in Kraft getreten ist. Beide Regelwerke können jedoch für das hier streitgegenständliche Vorhaben die Rechtsfolgen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht herbeiführen.

Der Beklagte hat in seinem RROP 2000 nach Maßgabe des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG in Q. /R. bzw. S. /T. Vorrangstandorte für raumbedeutsame Windenergieanlagen mit dem Ziel ihrer dortigen Konzentrierung und ihres Ausschlusses außerhalb dieser Standorte festgelegt. Diese raumordnerischen Aussagen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sind von ihrem Regelungsgehalt her für die hier streitgegenständliche Windenergieanlage grundsätzlich einschlägig, weil es sich bei dieser um ein raumbedeutsames Vorhaben handelt, das außerhalb eines der vorgesehenen Vorrangstandorte errichtet werden soll.

Nach § 3 Nr. 6 ROG sind raumbedeutsam Vorhaben, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird. Windenergieanlagen kann Raumbedeutsamkeit wegen ihrer Errichtung in größerer Zahl, aber auch als Einzelanlagen zukommen (Söfker, a.a.O., § 35, Rn. 129). Die hier in Rede stehende Anlage erlangt zur Überzeugung des Senats bereits als Einzelanlage Raumbedeutsamkeit.

50Die Frage, ob eine einzelne Windenergieanlage Raumbedeutung entfaltet, beurteilt sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls. Dabei kann sich die Raumbedeutsamkeit insbesondere aus den Dimensionen - etwa der Höhe - der Anlage, aus ihrem Standort oder aus ihren Auswirkungen auf bestimmte Ziele der Raumordnung - wie etwa Schutz von Natur und Landschaft, Erholung und Fremdenverkehr - ergeben (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 13.3.2003 - BVerwG 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, 33, 35 f.; zuvor bereits: BVerwG, Beschl. v. 2.8.2002 - BVerwG 4 B 36.02 -, BRS 65 Nr. 96). Nach diesen differenzierten, auf den jeweiligen Einzelfall bezogenen Maßstäben hält der Senat, wie er bereits anderweitig (Urteile vom 11.7.2007 - 12 LC 18/07 -, DWW 2007, 381, 383 f und - 12 LC 19/07 -, S. 19 f UA) dargelegt hat, die von dem Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall und in ständiger Rechtsprechung geübte Praxis, für Windenergieanlagen im Flachland im Regelfall eine klare Grenze zwischen Nichtraumbedeutsamkeit einerseits und Raumbedeutsamkeit andererseits bei 100 m Gesamthöhe zu ziehen, für zu starr und schematisch. Denn es liegt auf der Hand, dass etwa zwischen einer Windenergieanlage von deutlich mehr als 90 m und einer solchen von knapp über 100 m Höhe im Hinblick auf die Raumwirkung oftmals kein Unterschied bestehen wird. Andererseits mag es - etwa in einer mit technischen Hochbauten belasteten Umgebung - Fälle geben, in denen auch Windenergieanlagen von mehr als 100 m Höhe ein Raumeinfluss nicht zukommt, wenn auch in dem Umstand, dass eine Windenergieanlage das Höhenmaß von 100 m überschreitet, ein starkes Indiz für deren Raumbedeutsamkeit liegt.

Nach diesen Maßstäben spricht bereits die Höhe der streitgegenständlichen Windenergieanlage, die in den angefochtenen Bescheiden vom 12. Juni 2003 mit maximal 100 m über der Geländeoberfläche angegeben ist, jedenfalls deshalb für eine Raumbedeutsamkeit, weil sich der Anlagenstandort auf einem Höhenrücken in der offenen Feldmark befindet und dadurch die Wirkungen, die von der Anlagenhöhe auf das ca. 10 Höhenmeter tiefer gelegene M. tal und die dortige Ortschaft H. ausgehen, verstärkt werden. Hinzu kommt, dass die Windenergieanlage in einer freien, mit ins Gewicht fallenden Bauten bzw. technischen Einrichtungen bisher nicht belegten Fläche errichtet werden soll bzw. mittlerweile errichtet worden ist. Schließlich besteht Anlass, die Verträglichkeit der Anlage mit der für die nähere Umgebung in dem RROP 2000 des Beklagten vorgenommenen Ausweisungen, vor allem mit der Darstellung des M.tales als Vorranggebiet für Natur und Landschaft zu überprüfen.

52Die in dem RROP 2000 des Beklagten enthaltene Konzentrationsplanung für raumbedeutsame Windenergieanlagen kann jedoch dem von der Klägerin bekämpften Vorhaben nicht im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegengehalten werden, weil sie, wie der Senat in anderem Zusammenhang festgestellt hat (Urteile vom 11.7.2007 - 12 LC 18/07 -, a.a.O., 384 ff und - 12 LC 19/07 -, S. 22 ff UA) an erheblichen Abwägungsmängeln leidet und deshalb nichtig ist. Der Senat nimmt auf die Gründe dieser Entscheidungen Bezug und hält an ihnen auch nach erneuter Prüfung fest.

Auch die in der 28. Flächennutzungsplanänderung der Klägerin enthaltene Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen entfaltet für das hier zur Entscheidung stehenden Vorhaben keine Wirkungen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Denn die Klägerin durfte wegen ihrer aus § 1 Abs. 4 BauGB folgenden Verpflichtung, ihre Flächennutzungsplanung den in dem RROP 2000 des Beklagten enthaltenen Zielen für die Windenergienutzung anzupassen, eine hiervon abweichende eigene Planung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für raumbedeutsame Windenergieanlagen weder - im positiven Sinne - durch eine Ausweisung von raumordnerisch nicht vorgesehenen Vorrangflächen, noch - im negativen Sinne - zur Herbeiführung einer Ausschlusswirkung für solche Anlagen an anderer Stelle betreiben. Diese Bindungswirkung wird nicht dadurch aufgehoben, dass der Senat bereits mehrfach im Rahmen von Inzidentkontrollen zu der Auffassung gelangt ist, dass die Ausweisungen zur Windenergienutzung in dem RROP 2000 des Beklagten unwirksam sind. Denn den entsprechenden Feststellungen des Senats kam jeweils eine Wirkung nur inter partes, nicht aber inter omnes zu (vgl. zum Ganzen: Urteile des Senats vom 11.7.2007 - 12 LC 18/07 -, a.a.O., 386 ff und - 12 LC 19/07 -, S. 28 ff UA). Aus dem Erläuterungsbericht, den die Klägerin der 28. Änderung ihres Flächennutzungsplanes beigegeben hat, wird deutlich, dass sie sich dieser durch § 1 Abs. 4 BauGB statuierten Beschränkung ihrer Planungsbefugnis bewusst war und dementsprechend nur nicht raumbedeutsame Windenergieanlagen zum Gegenstand der in ihren Flächennutzungsplan integrierten Konzentrationsplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gemacht hat (vgl. S. 7 f des Erläuterungsberichtes).

Selbst wenn man entgegen der beschriebenen, aus § 1 Abs. 4 BauGB abzuleitenden Bindung der gemeindlichen Planung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB annehmen wollte, dass die Klägerin dadurch, dass sie in der 28. Änderung ihres Flächennutzungsplanes Konzentrationsflächen für nicht raumbedeutsame Windenergieanlagen ausgewiesen hat, eine Ausschlusswirkung im übrigen Plangebiet nicht nur für nicht raumbedeutsame, sondern im Grundsatz auch für raumbedeutsame Anlagen hätte herbeiführen können und wollen, änderte dies im Ergebnis nichts. Ebensowenig griffe die von der Klägerin mit ihrer 28. Flächennutzungsplanänderung beabsichtigte Steuerungswirkung ein, wenn man der hier streitgegenständlichen Anlage entgegen den obigen Ausführungen eine Raumbedeutsamkeit absprechen wollte. Denn es besteht insgesamt kein Anlass, die Frage des maßgeblichen Zeitpunktes für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer dem Bauherrn erteilten baurechtlichen Genehmigung - und dementsprechend der Rechtmäßigkeit der hierauf bezogenen Einvernehmensersetzung - im Rahmen einer Anfechtungsklage der Gemeinde abweichend von den für die baurechtliche Nachbarklage geltenden Maßstäben (vgl. zu diesen: Schmaltz, a.a.O., § 72, Rn. 142 m.w.N.; im Ergebnis unberührt geblieben durch das eine nicht vergleichbare Fallkonstellation behandelnde Urteil des Bundesverwaltungsgerichts v. 13.12.2007 - BVerwG 4 C 9.07 -, juris) zu beantworten. Dementsprechend kommt es hier wie dort auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der (Ausgangs-)Bescheide an (so ausdrücklich für die Verfügung zur Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens: 1. Senat des erkennenden Gerichts, Beschluss vom 30.11.2004, a.a.O., 680; Bay. VGH, Beschluss v. 13.3.1996 - 1 CS 96.638 -, BayVBl., 471; Söfker, a.a.O., § 36, Rn. 30). Zum Zeitpunkt des Erlasses der hier angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 12. Juni 2003 war die 28. Änderung des Flächennutzungsplanes der Klägerin noch nicht - auch noch nicht in Teilen - in Kraft getreten. Es ist in der Rechtsprechung soweit ersichtlich unbestritten, dass im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bloße Planentwürfe nicht beachtlich sein können. Hiergegen spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift, in dem von Darstellungen im Flächennutzungsplan und von Zielen der Raumordnung und nicht - wie sinngemäß in § 33 BauGB - von Planentwürfen die Rede ist. Ferner setzt die rechtliche Möglichkeit, im Außenbereich privilegierte Vorhaben gleichwohl gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB an bestimmten Standorten auszuschließen, voraus, dass diese Vorhaben durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder durch Ausweisung als Ziele der Raumordnung an anderer Stelle zugelassen worden sind. Hierfür bedarf es einer abgewogenen Planung auf der Grundlage eines gesamträumlichen Planungskonzeptes. Nur wenn durch Planung sichergestellt ist, dass die in § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB genannten Vorhaben in Teilbereichen des Plangebietes errichtet werden können, lässt sich ihr Ausschluss an anderer Stelle rechtfertigen. Deshalb folgt aus dem Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, dass seine Ausschlusswirkung nicht nur von einer materiell rechtmäßigen Planung abhängt, sondern dass die Pläne auch formell in Kraft getreten sein müssen (BVerwG, Urteil vom 13.3.2003 - 4 C 3.02 -, NVwZ 2003, 1261, 1262; ebenso: 1. Senat des erkennenden Gerichts, Beschlüsse vom 7.10.2004, a.a.O., 93 und vom 30.11.2004, a.a.O., 680 f).

Grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist es demgegenüber, dass Planungen, die sich noch im Stadium des Entwurfes befinden, bereits als unbenannte öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB Berücksichtigung finden und gegebenenfalls auch einem im Außenbereich privilegierten Vorhaben entgegenstehen können (vgl. dazu allgemein m.w.N.: Söfker, a.a.O., § 35, Rn. 113a). In den Fällen, in denen in der Rechtsprechung Entwürfen von Konzentrationsplanungen für die Windenergienutzung eine solche Wirkung beigemessen worden ist, handelte es sich allerdings soweit ersichtlich stets um in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung (BVerwG, Urt. v. 27.1.2005 - BVerwG 4 C 5.04 -, BVerwGE 122, 364, 371 ff; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 13.3.2006 - 8 A 11309/05 -, BauR 2006, 1873 ff.; Sächs. OVG, Urt. v. 20.6.2007 - 1 B 14/07 -, ZNER 2007, 351, 352; Thür. OVG, Beschl. v. 24.8.2007, a.a.O., Rn 47 f), deren grundsätzliche Berücksichtigungsfähigkeit in §§ 3 Nr. 4, 4 Abs. 4 Satz 1 ROG ausdrücklich geregelt ist. Die Frage, ob auch eine Konzentrationsplanung in der Gestalt eines Flächennutzungsplanentwurfes vergleichbare Rechtsfolgen herbeiführen kann, hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassen (Urt. v. 13.3.2003, a.a.O., 1262), in der obergerichtlichen Rechtsprechung ist sie verneint worden (1. Senat des erkennenden Gerichts, Beschl. v. 30.11.2004, a.a.O., 680 f.). Der erkennende Senat muss die Frage hier nicht entscheiden. Denn Voraussetzung einer Beachtlichkeit von Planungsentwürfen als unbenannte öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist in jedem Fall, dass die Planung inhaltlich hinreichend konkretisiert ist und die berechtigte Erwartung besteht, sie werde rechtliche Verbindlichkeit erlangen (BVerwG, Urt. v. 27.1.2005, a.a.O., 371 ff; Sächs. OVG, Urt. v. 20.6.2007, a.a.O., 352). Diese Voraussetzungen erfüllte die Planung der Klägerin zur 28. Änderung ihres Flächennutzungsplanes zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Bescheide am 12. Juni 2003 nicht. Denn als Folge des nur stufenweisen und von lang andauernden rechtlichen Auseinandersetzungen mit der vormaligen Bezirksregierung Lüneburg als Genehmigungsbehörde begleiteten Inkrafttretens der Änderungsplanung konnte von einer uneingeschränkten Verwirklichung des für eine Konzentrationsplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unverzichtbaren planerischen Gesamtkonzepts der Klägerin erst zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt ausgegangen werden.

Dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierten Vorhaben stehen auch andere öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 und 2 BauGB, zu deren Prüfung Anlass besteht, nicht entgegen.

57Dies gilt insbesondere für den Belang des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (dieser ist nach überwiegender Auffassung von der Schutzwirkung des § 36 BauGB zugunsten der betroffenen Gemeinde nicht ausgenommen, vgl. OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O., 309; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 29.11.2005 - 2 S 115.05 -, BauR 2006, 1100 ff). Dabei sind zunächst unter allgemeinen naturschutzfachlichen Gesichtspunkten negative Auswirkungen der Windenergieanlage auf das raumordnerisch als Vorranggebiet für Natur und Landschaft ausgewiesene M.tal im Westen des Anlagenstandortes zur Überzeugung des Senats nicht zu befürchten. Der Abstand von gut 600 m, den das Vorhaben zu diesem Bereich hält, reicht nach den dem Senat vorliegenden fachlichen Stellungnahmen aus, um Beeinträchtigungen ausschließen zu können (für Planungen unter Einbeziehung von Vorsorgegesichtspunkten: Niedersächsischer Landkreistag, Naturschutz und Windenergie, Stand: Juli 2007 - im Folgenden: NLT -, Nr.4.1: 200 m; Niedersächsisches Innenministerium, Erlass vom 11. Juli 1996 - im Jahr 2004 aufgehoben, aber insoweit von seinem Grundgedanken weiter anwendbar -, Nr. 3 der Anlage: mindestens 200 m, im Einzelfall 500 m; ähnlich auch für Genehmigungen: Nordrhein-Westfälischer WKA-Erlass v. 21. Oktober 2005, MBl.NRW, S. 1288, Nr.8.1). Hierdurch wird zugleich der in dem Landschaftsplanentwurf der Klägerin angenommenen hohen bzw. sehr hohen Bedeutung von weiten Bereichen des M.tales für den Arten- und Biotopschutz Rechnung getragen.

Ferner hindern speziell Belange des Vogelschutzes als Unterfall des Naturschutzes das Vorhaben nicht. Dies gilt zunächst unter dem Gesichtspunkt des Gebietsschutzes. Der Standort der Windenergieanlage liegt nicht in einem nach §§ 34 a Abs. 2, 34 b NNatG ausgewiesenen Europäischen Vogelschutzgebiet im Sinne der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 103 vom 25.4.1979, S. 1 mit Änderungen, im Folgenden: Vogelschutz-Richtlinie - V-RL -). Es ist weiter weder vorgetragen, noch ersichtlich, dass die nähere Umgebung des Vorhabenstandortes die Merkmale eines unmittelbar dem europarechtlichen Schutz unterliegenden sog. faktischen Vogelschutzgebietes (vgl. zu diesen: BVerwG, Urt. v. 21.6.2006 - BVerwG 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166, 168 ff) erfüllt.

59Auch in Gestalt des Artenschutzes gewinnt der Vogelschutz nicht das Gewicht eines dem Vorhaben entgegenstehenden öffentlichen Belangs. Allerdings war nach den von der Klägerin im Baugenehmigungsverfahren vorgelegten Unterlagen bereits zur Zeit des Erlasses der hier streitgegenständlichen Bescheide für die nähere Umgebung des Vorhabenstandortes in der Feldmark östlich von W., H. und X. das Vorkommen einer Vielzahl europäischer Vogelarten im Sinne des Art. 1 V-RL, die gemäß § 10 Abs. 2 Nr.10 b) bb) BNatSchG allesamt zu den besonders geschützten Arten zählen, nachweisbar. Zudem waren in der weiteren Umgebung schon seinerzeit Aufenthaltsorte von Kranichen und ein Schwarzstorchenhorst bekannt. Sowohl der Kranich als auch der Schwarzstorch sind in Anhang I der V-RL aufgeführt, so dass sie dem besonderen Schutzstatus des Art. 4 V-RL unterfallen. Diese beiden Vogelarten sind überdies in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 vom 3.3.1997, S. 1 mit Änderungen, im Folgenden: EG-ArtenschutzVO) aufgelistet, so dass sie gleichzeitig besonders geschützte Arten gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 10 a) BNatSchG und streng geschützte Arten nach § 10 Abs. 2 Nr. 11 a) BNatSchG darstellen. Nach denselben Vorschriften sind die als Nahrungsgäste festgestellten Arten Mäusebussard und Kornweihe als streng geschützte Arten einzuordnen. Diese erscheinen außerdem im Anhang I der V-RL. Letzteres gilt auch für den ebenfalls beobachteten Neuntöter.

 

Ein in der neueren Rechtsprechung (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.3.2006, a.a.O.; Thüringer OVG, Urt. v. 29.5.2007 - 1 KO 1054/03 -, ZfBR 2008, 60, 61 ff.; VG Stuttgart, Urt. v. 3.5.2005 - 13 K 5609/03 -, NuR 2005, 673 ff.; VG Lüneburg, Urt. v. 14.6.2007 - 2 A 390/06 -, ZNER 2007, 353, 355) vertretener Ansatz geht dahin, dass der Belang des Vogelschutzes in seinen europarechtlichen Ausprägungen als Artenschutz in der Form des Schutzes von Lebensraum und Lebensbedingungen der Tiere vor erheblichen Beeinträchtigungen über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zum Tragen kommen muss. Dies müsse dadurch gewährleist werden, dass bei der nach dieser Vorschrift gebotenen nachvollziehenden Abwägung die Schutzwürdigkeit der betroffenen Vogelart und des jeweiligen Lebensraumes sowie die Intensität und die Auswirkungen des Eingriffs dem Interesse an der Realisierung des privilegierten Vorhabens gegenüberzustellen seien. Dies folge daraus, dass die Mitgliedstaaten europarechtlich nach Art. 3 Abs. 1 V-RL verpflichtet seien, für alle europäischen Vogelarten im Sinne des Art. 1 Abs. 1 V-RL eine ausreichende Vielfalt und Flächengröße der Lebensräume zu erhalten oder wiederherzustellen, wozu nach Art. 3 Abs. 2 b V-RL insbesondere die Pflege und ökologisch richtige Gestaltung der Lebensräume nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb von Schutzgebieten gehöre. Ferner hätten sich die Mitgliedstaaten für die in dem Anhang I der V-RL aufgeführten Arten auch außerhalb der von ihnen nach Art. 4 Abs. 1 V-RL auszuweisenden Schutzgebiete gemäß Art. 4 Abs. 4 Satz 2 V-RL um eine Vermeidung der Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu bemühen. Schließlich sei der Lebensraum der in Anhang A der EG-ArtenschutzVO aufgeführten Vogelarten in besonderer Weise schutzwürdig.

Der erkennende Senat steht diesem Ansatz nicht im Hinblick auf seine europarechtliche Anknüpfung, wohl aber wegen der gewissermaßen unvermittelt angestellten und hinsichtlich der maßgeblichen Gesichtspunkte konturenschwachen Abwägung zurückhaltend gegenüber, da er es für näher liegend erachtet, auch im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zunächst auf diejenigen konkreten Maßstäbe zurückzugreifen, die in den naturschutzrechtlichen Schutzvorschriften der §§ 39 ff. BNatSchG enthalten sind (§ 29 Abs. 2 BauGB; vgl. ferner Senat, Urteile v. 28.11.2007 - 12 LC 70/07 - und - 12 LC 71/07 -). Ob auf den Wortlaut dieser Normen in ihrer auf den vorliegenden Fall an sich anwendbaren alten und engeren Fassung (vgl. insbesondere § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG) oder bereits auf den Begriff der erheblichen Störung in Gestalt der Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population einer europäischen (Vogel-) Art abzustellen ist, der in die ab dem 18. Dezember 2007 geltende Fassung des § 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 2 BNatSchG durch Artikel 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes (vom 12.12.2007, BGBl I S. 2873; vgl. zur Begründung BT-Drs. 16/5100, S. 11 f) eingeführt worden ist, und schon vorher europarechtlich angelegt war, kann hier dahingestellt bleiben. Es gibt nach keinem dieser Maßstäbe eine tragfähige Grundlage für die Annahme, dass die streitgegenständliche Windenergieanlage an dem für sie vorgesehenen Standort mit dem gebotenen Schutz der in der dortigen Umgebung vorhandenen Vogelarten nicht zu vereinbaren wäre.

 

Der gut 4 km südlich des Anlagenstandortes bei AA. gelegene Horst des als besonders schutzwürdig einzustufenden Schwarzstorches befindet sich außerhalb des Bereiches, innerhalb dessen eine durch das Vorhaben verursachte Beeinträchtigung der Lebensbedingungen dieser Vogelart zu befürchten wäre. Die dem Senat zur Verfügung stehenden - im Hinblick auf den Vogelschutz eher weit gehenden - praktischen Handreichungen sehen insoweit das Einhalten eines Abstandes von mindestens 1000 m (NLT, S. 24) bzw. 3000 m (Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung Brandenburg, Tierökologische Abstandskriterien für die Errichtung von Windenergieanlagen in Brandenburg, Stand: Juni 2003 - im Folgenden: Bbg. -, Nr. 3.5) zwischen Windenergieanlage und Horst sowie das Freihalten der Nahrungshabitate und der Flugwege dorthin in einem Radius von 12500 m (NLT, S. 24) bzw. 6000 m (Bbg., Nr. 3.5) um den Horst als erforderlich an. Beide Voraussetzungen sind hier erfüllt, da die Störche bei ihren Flügen zwischen ihrem 4 km vom Anlagenstandort entfernten Horst und Nahrungsflächen, die sich in dem 600 m westlich des Standortes verlaufenden M.tales befinden, die Windenergieanlage nicht überfliegen müssen. Die festgestellten Aufenthaltsorte von Kranichen, die einen dem Schwarzstorch vergleichbaren Schutzstatus genießen, werden durch die Anlage ebenfalls nicht negativ betroffen. Der dem Vorhaben nächstgelegene Schlafplatz von Vögeln dieser Art befindet sich in einer Entfernung von ca. 1,2 km westlich des Standortes und jenseits des auch für diese Tiere als Nahrungshabitat in Betracht kommenden M.tales. Der insoweit geforderte Abstand zwischen Windenergieanlage und Brutplatz von mindestens 1000 m wird mithin ebenso eingehalten wie die Bedingung einer Freihaltung der Nahrungshabitate sowie der Flugwege dorthin in einem Radius von 2000 m um den Brut- bzw. hier Schlafplatz (vgl. dazu: NLT, S. 26; Bbg., Nr. 4.5). Die ferner mit einem hohen Schutzstandard versehenen Arten Kornweihe und Mäusebussard sind in der näheren Umgebung des Anlagenstandortes lediglich als Nahrungsgäste und nicht als Brutvogelarten nachgewiesen worden. Von den übrigen beobachteten Vogelarten ist die Wachtel hervorzuheben. Insoweit kann auf ein Gutachten (AB. vom 16. Oktober 2002) verwiesen werden, das die Klägerin im Zusammenhang mit der 28. Änderung ihres Flächennutzungsplanes zur Frage der Ausweisung einer Sonderbaufläche für Windenergieanlagen in der Nähe eines Lebensraumes von Wachteln eingeholt hat. Danach muss eine mögliche Beeinträchtigung im Nahbereich einer Windenergieanlage bis etwa 200 m berücksichtigt werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Gesamtfunktionsfähigkeit des großflächigen Gebietes östlich der Ortschaften W., H. und X. als Lebensraum für die dort beobachteten zwei Brut- bzw. Revierpaare Wachteln nach diesem Maßstab nicht beeinträchtigt ist. Gleiches gilt im Hinblick auf den in seinem Schutzstatus hervorgehobenen Neuntöter, von dem in dem Untersuchungsraum zwei bis vier Brut- bzw. Revierpaare bekannt geworden sind. Nach den aus anderen Verfahren gewonnenen Erkenntnissen des Senats legt diese Vogelart zudem keine besondere Empfindlichkeit gegenüber Windenergieanlagen an den Tag. Für die übrigen festgestellten Brutvögel kann darauf verwiesen werden, dass es sich bei dem größten Teil von ihnen um sog. Waldvogelarten handelt, obwohl nur ein kleiner Teil des seinerzeitigen Untersuchungsgebietes mit Wald bestanden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Vogelarten durch den Windenergieanlagenstandort in der offenen Feldflur beeinträchtigt werden könnten. Für die Feld- und Ackerbrüter bleibt zur Überzeugung des Senats wiederum genügend Raum für ungestörte Brutplätze, so dass für die Annahme einer Beeinträchtigung ihres Lebensraumes in einem ins Gewicht fallenden bzw. nicht kompensierbaren Umfang keine Anhaltspunkte bestehen. Auch die Klägerin hat derartige Anhaltspunkte nicht vorgetragen. Diese Erwägungen gelten insgesamt auch dann, wenn man jeweils die Verwirklichung des Vorhabens in den Parallelverfahren zu den Aktenzeichen 12 LB 21/07 und 12 LB 23/07 in die Betrachtung mit einbezieht.

Auch der Denkmalschutz als weiterer in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB genannter öffentlicher Belang (vgl. dazu: Senat, Urteile v. 28.11.2007 - 12 LC 70/07 - und - 12 LC 71/07 -) steht der Windenergieanlage nicht entgegen. Dass die landwirtschaftlichen Hofanlagen H. Nr. N., O. und P. vor dem Hintergrund ihrer fachlichen Beschreibung durch das beigeladene Landesamt für Denkmalpflege (Baudenkmale in Niedersachsen, Band 25, Landkreis Soltau-Fallingbostel, 2001, S. 324 f) jedenfalls als Gruppen baulicher Anlagen im Sinne des § 3 Abs. 3 NDSchG dem Baudenkmalschutz unterfallen, ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig. Der Denkmalschutz der drei Höfe wird durch die Ausweisung des größten Teils der Ortschaft H. als kulturelles Sachgut in dem RROP 2000 des Beklagten ergänzt. Indes lässt sich nicht feststellen, dass die Verwirklichung der streitgegenständlichen Windenergieanlage in der Umgebung der denkmalgeschützten Höfe - ca. 800 bis 900 m von diesen entfernt - deren Erscheinungsbild in einem nach § 8 Satz 1 NDSchG erheblichen Sinne beeinträchtigen wird. Deshalb ist erst recht für den als kulturelles Sachgut erfassten Bereich eine Zerstörung, vor der die entsprechende raumordnerische Ausweisung allein schützt (vgl. dazu das RROP 2000 des Beklagten, S. 115, 119 f.), nicht zu befürchten. Diese Beurteilung ändert sich nicht unter Berücksichtigung einer Verwirklichung auch der Vorhaben in den Parallelsachen zu den Aktenzeichen 12 LB 21/07 und 12 LB 23/07, bei denen die Abstände zu den in Rede stehenden Hofanlagen mit ca. 1100 bis 1300 m bzw. ca. 1150 bis 1300 m größer sind als im vorliegenden Fall.

64Die Vorschrift des § 8 Satz 1 NDSchG (vgl. dazu näher: Senat, Urteile v. 28.11.2007 - 12 LC 70/07 - und - 12 LC 71/07 -) geht in ihrem Gehalt über das allgemeine Verunstaltungsverbot des § 53 NBauO hinaus. Es genügt nicht, dass nur ein hässlicher, Unlust erregender Kontrast zwischen der benachbarten Anlage und dem Baudenkmal vermieden wird. Vielmehr darf die jeweilige besondere Wirkung des Baudenkmals, die es als Kunstwerk, als Zeuge der Geschichte oder als bestimmendes städtebauliches Element auf den Beschauer ausübt, nicht geschmälert werden (ferner Wiechert, in: Schmaltz/ Wiechert, Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz, 1998, § 8, Rn. 6). Bei der Beurteilung der Frage des Vorliegens einer Beeinträchtigung ist, obgleich es sich um einen der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff handelt, das Urteil eines sachverständigen Betrachters, dessen Maßstab von einem breiten Kreis von Sachverständigen getragen wird, maßgeblich, wobei das entsprechende Fachwissen in der Regel durch das hier beigeladene Landesamt für Denkmalpflege sachgerecht vermittelt wird (vgl. Wiechert, a.a.O., § 3, Rn. 26; § 6, Rn. 18; § 8, Rn. 12 unter Verweis auf die Rechtsprechung des erkennenden Gerichts, u.a. Urt. v. 25.7.1997 - 1 L 6544/97 -, NVwZ-RR 1998, 713, 714; weiter: Urt. v. 3.5.2006 - 1 LB 16/05 -, BRS 70 Nr. 201). Im vorliegenden Fall ist bereits die aufgelöste Bezirksregierung Lüneburg als ehemalige obere Denkmalschutzbehörde im Ergebnis zu der fachlichen Einschätzung gelangt, dass unzulässige Beeinträchtigungen der geschützten Hofanlagen und der historischen Ortslage von H. wegen der geographisch höheren Lage des hier streitgegenständlichen und der parallelen Vorhaben sowie der bestehenden, einen Blickkontakt weithin verhindernden Abschirmung der historischen Bebauung durch die Gehölzstrukturen im M.tal nicht zu besorgen seien. Der Vertreter des beigeladenen Landesamtes für Denkmalpflege hat diese Einschätzung im Termin vor Ort unter Berücksichtigung auch des jahreszeitlich bedingten kahlen Zustandes der abschirmenden Gehölze bestätigt. Bei den in Rede stehenden Hofanlagen handele es sich zwar um schöne denkmalfachliche Situationen bzw. Denkmale von mittlerer Qualität, jedoch seien für ihre Wirkung die durch die Windenergieanlagen hervorgerufenen Störungen hinnehmbar. Der erkennende Senat teilt diese sachverständige Einschätzung auch auf Grund seines vor Ort gewonnenen eigenen Eindrucks. Danach kommt es für das Erscheinungsbild der im M.tal gelegenen Hofanlagen auch auf eine optische Fernwirkung in Richtung auf das ansteigende Terrain der offenen Feldmark im Osten nicht in entscheidender Weise an (vgl. zur Bedeutung des Merkmals des Ausstrahlungsbereiches, der Fernwirkung bzw. der Sichtbeziehungen, jeweils die Errichtung von Windkraftanlagen in der Umgebung von Baudenkmalen betreffend: OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 20.7.1995 - 1 L 38/94 -, NuR 1996, 364; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 13.3.2006, a.a.O., 1875 f; Thüringer OVG, Beschl. v. 24.8.2007, a.a.O., Rn.60). Vielmehr schmiegen sich die Höfe, gewissermaßen den Schutz des M.tales suchend, in dieses ein und schirmen sich von der höher gelegenen Feldmark über weite Strecken durch Gehölzbewuchs ab.

Ein der Windenergieanlage entgegenstehender Belang ergibt sich weiter nicht aus einer Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Hierfür wäre erforderlich, dass das Vorhaben dem Orts- oder Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird (allgemein: BVerwG, Urt. v. 22.6.1990 - BVerwG 4 C 6.87 -, NVwZ 1991, 64 und speziell für Windenergieanlagen: BVerwG, Beschl. v. 15.10.2001 - BVerwG 4 B 69.01 -, BRS 64 Nr. 100; Beschl. v. 18.3.2003 - BVerwG 4 B 7/03 -, BRS 66 Nr. 103). Im Hinblick auf die gesetzgeberische Entscheidung für eine Privilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich kann sich der in Rede stehende öffentliche Belang in der Regel nur dann durchsetzen, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Orts- oder Landschaftsbild handelt (BVerwG, Beschl. v. 18.3.2003, a.a.O.; Thür. OVG, Urt. v. 29.5.2007, a.a.O., Rn. 45). Hierfür ist nach dem Ergebnis der von dem Senat durchgeführten Ortsbesichtigung nichts ersichtlich. Die nähere Umgebung des vorgesehenen Standortes - das heißt das Areal östlich des M.tales - weist vom Landschaftsbild her einen besonderen Wert nicht auf, die Klägerin stuft sie in ihrem Landschaftsplanentwurf selbst nur als Bereich von mittlerer Landschaftsbildqualität ein. Sie wird in einer in Norddeutschland häufig anzutreffenden Weise durch landwirtschaftlich genutzte Flächen und Wald geprägt. Die streitige Anlage ist diesem Landschaftsbild nicht allein durch ihre markante Erscheinung grob unangemessen. Eine grobe Beeinträchtigung des M.tales und der dort gelegenen Ortschaft H. kann - vergleichbar wie im Hinblick auf die bereits behandelten Belange des Natur- und Denkmalschutzes - wegen der gegebenen Abstände bzw. der in der Landschaft deutlich werdenden Abtrennung dieses Bereiches nicht angenommen werden.

Die angefochtene Einvernehmensersetzungsverfügung des Beklagten ist schließlich nicht wegen einer Ermessensfehlerhaftigkeit im Sinne des § 114 VwGO zu beanstanden. Dass es sich bei der Einvernehmensersetzung nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB nicht um eine gebundene, sondern um eine im behördlichen Ermessen stehende Entscheidung handelt, ist nicht zweifelsfrei, vom1. Senat des erkennenden Gerichts (Beschl. v. 30.11.2004, a.a.O., 681) aber mit beachtlichen Gründen und in Auseinandersetzung mit den hierzu in Rechtsprechung und Lehre vertretenen Ansichten unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Norm festgestellt worden. Folgt man diesen Erwägungen, so spricht indes wenig dafür, dass der der für die Ersetzungsentscheidung zuständigen Behörde eingeräumte Ermessensspielraum vorrangig im Interesse der Gemeinde, die ihr Einvernehmen in rechtswidriger Weise versagt hat, auszufüllen ist und regelmäßig die Auseinandersetzung mit kommunalen Belangen erfordert (in diesem Sinne auch: Bay. VGH, Beschl. v. 13.2.2006 - 15 CS 05.3346 -, BRS 70 Nr. 94).

67Vor diesem Hintergrund erhebt die Klägerin den Vorwurf, Ermessen sei im vorliegenden Fall nicht oder fehlerhaft ausgeübt worden, zu Unrecht. Vielmehr führt die vormalige Bezirksregierung Lüneburg in dem Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2003 aus, die Einvernehmensersetzungsentscheidung des Beklagten lasse Ermessensfehler nicht erkennen, dieser habe vielmehr auf Grund der eindeutigen Rechtslage und des Bauherrninteresses an der Verwirklichung des zulässigen Vorhabens die Interessen der Klägerin zurückgestellt und deren Einvernehmen ersetzt. Eine Ermessenserwägung dieser Art kann im Rahmen einer Einvernehmensersetzungsentscheidung in zulässiger Weise angestellt werden (1. Senat des erkennenden Gerichts, Beschl. v. 30.11.2004, a.a.O., 681; vgl. auch: Beschl. des erkennenden Senats v. 6.11.2007 - 12 ME 309/07 -, S. 15 BA). Weiterhin hat das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt, dass der Beklagte im Rahmen seiner Entscheidung über eine Ersetzung des Einvernehmens der Klägerin nicht verpflichtet war, den weiteren Verlauf der 28. Flächennutzungsplanänderung der Klägerin abzuwarten. Eine solche Verpflichtung kann nur für Sachverhalte angenommen werden, in denen eine Einvernehmensersetzung eine kurz vor ihrer Vollendung stehende Konzentrationsplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in einer auf der Hand liegenden Weise unterlaufen würde (vgl. dazu den dem Beschluss des 1. Senats des erkennenden Gerichts vom 30.11.2004, a.a.O. zu Grunde liegenden Sachverhalt). Eine derartige Konstellation war hier in Anbe-tracht der Umstände des Inkrafttretens der 28. Flächennutzungsplanänderung der Klägerin nicht gegeben. Abgesehen hiervon war diese - worauf der Senat oben in erster Linie abgestellt hat - auch gar nicht geeignet, die Verwirklichung des streitigen raumbedeutsamen Vorhabens zu hindern. Schließlich besteht entgegen der Ansicht der Klägerin kein Anhaltspunkt dafür, sie könne - wenn auch nicht bei der Erteilung ihres Einvernehmens, so doch im Zusammenhang mit der Ermessensentscheidung über dessen Ersetzung - berechtigt sein, ein falsches Verfahren bei der Vorhabengenehmigung zu rügen. Zudem hat der Beklagte - wie bereits dargelegt - zu Recht ein baurechtliches Bauvorbescheidsverfahren durchgeführt.