LG Göttingen, Beschluss vom 29.12.2004 - 6 T 63/02
Fundstelle
openJur 2012, 42315
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde gegen die Kostenberechnung des Notars G. vom 03.12.2004 (Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments) über 414,12,€ wird zurückgewiesen.

Es wird klargestellt, dass die Kostenberechnung vom 18.07.2002 (Entwurf ohne Beurkundung) über 208,80 € gegenstandslos und durch die Kostenberechnung vom 03.12.2004 ersetzt ist.

Die Entscheidung ergeht frei von gerichtlichen Gebühren und Auslagen. Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten wird nicht getroffen.

Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Im Nachgang zu der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags im Jahr 2002 sprachen die Beschwerdeführer mit dem Notar über die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments, wobei die Rede davon war, dass der Notar den Beschwerdeführern einen Entwurf hierfür übersenden werde. Ein entsprechender Gesprächsvermerk findet sich unter dem 16.04.2002 in der Handakte des Notars. Der Notar fertigte einen Entwurf für ein gemeinschaftliches Testament der Beschwerdeführer, welchen er diesen mit Schreiben vom 22.04.2002 übersandte.

In der Folge kam es nicht zu einer Beurkundung.

Unter dem 18.07.2002 erstellte der Notar eine Kostenberechnung, mit welcher er für die Aushändigung des Entwurfs ohne Beurkundung die 10/10-Gebühr gemäß §§ 32, 145 Abs. 3 KostO nebst Auslagen und Mehrwertsteuer zum Gesamtbetrag von 208,80 € geltend machte. Nachdem die Kammer darauf hingewiesen hatte, dass bei Fehlen eines Beurkundungsauftrags nicht die Gebühr aus § 145 Abs. 3 KostO, sondern entweder die Gebühr aus §130 Abs. 2 KostO oder die Entwurfsgebühr aus § 145 Abs. 1 Satz 1 KostO in Betracht komme, hat der Notar unter dem 03.12.2004 eine neue Kostenberechnung erstellt, mit welcher er die 20/10-Gebühr gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 KostO nebst Auslagen und Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt 414,12 € berechnet. Insoweit hat der Notar Anschlussbeschwerde eingelegt.

Der Notar bringt vor, die Beschwerdeführer hätten die Übersendung des Entwurfs als Grundlage dafür gewünscht, neben der noch ausstehenden Benennung eines Schlusserben insgesamt ihre Vorstellungen noch einmal überdenken zu können und anschließend zu entscheiden, ob sie ihr Testament beurkunden lassen wollten. Dem haben die Beschwerdeführer nicht widersprochen.

Sie behaupten jedoch, der Notar habe seinerzeit im Zusammenhang mit der Beurkundung des Grundstückskaufvertrags die Beschwerdeführer gefragt, ob sie bereits ein Testament errichtet hätten und ihnen erklärt, er könne ihnen "unverbindlich" einen Entwurf für ein Testament übersenden. Hiermit seien die Beschwerdeführer einverstanden gewesen, wobei sie davon ausgegangen seien, dass sie mit der Entgegennahme des Entwurfs keinerlei Verpflichtungen eingehen würden, auch kein Kostenrisiko. Es gehe nicht an, dass sich der Notar anlässlich der Beurkundung in einer anderen Sache durch die Zusage der Unverbindlichkeit einen kostenpflichtigen Auftrag beschaffen dürfe.

Der Notar ist der Auffassung, die Beschwerdeführer hätten keineswegs davon ausgehen können, dass der von dem Notar erarbeitete Entwurf kostenlos zur Verfügung gestellt werde.

II. Die Beschwerde ist gemäß § 156 Abs. 1 S. 1 KostO zulässig, führt jedoch nicht zum Erfolg.

Gegenstand der Beschwerde ist die im Wege der Anschlussbeschwerde eingeführte Kostenberechnung vom 03.12.2004. Diese ist dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt.

Die Entwurfsgebühr aus § 145 Abs. 1 Satz 1 KostO ist entstanden. Die Beschwerdeführer haben dem Notar mit der Fertigung des Testamentsentwurfs beauftragt, indem sie deutlich machten, dass sie die Übersendung des Entwurfs wünschten.

Es handelt sich um eine Beauftragung im Sinne von § 145 Abs. 1 Satz 1 KostO, weil das Verlangen der Beschwerdeführer als Auftragsgeber ausdrücklich auf die Fertigung des Entwurfs als einer selbständigen notariellen Handlung gerichtet war. Eine derartige selbständige Entwurfsfertigung wäre dann nicht gegeben, wenn der Notar den Entwurf lediglich zwecks Vorbereitung der von ihm begehrten Beurkundungstätigkeit angefertigt hätte (Rohs/Wedewer, Kostenordnung, § 145 Rn. 10; Göttlich/Mümmler aaO Entwürfe Ziffer 6.1 je m. w. N.). In diesem Fall ist das Fertigen des Entwurfs ein Teil des Beurkundungsauftrags. Hiervon war die Kammer nach dem ursprünglichen Vorbringen des Notars ausgegangen. Auf entsprechenden Hinweis hat der Notar aber im einzelnen ausgeführt, dass die Beschwerdeführer die Übersendung des Entwurfs als Grundlage dafür gewünscht hätten, neben der noch ausstehenden Benennung eines Schlusserben insgesamt ihre Vorstellungen noch einmal überdenken zu können und anschließend zu entscheiden, ob sie ihr Testament beurkunden lassen wollten. Dies steht in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer. Ein konkreter Beurkundungstermin oder ein Zeitraum, in dem die Beurkundung stattfinden sollte, war ebenfalls nicht ins Auge gefasst. Danach fehlt es an einer ausreichend konkreten Beurkundungsabsicht der Beschwerdeführer. Ein Beurkundungsauftrag war nicht erteilt.

Der Erhebung der Entwurfsgebühr steht nicht entgegen, dass nach Behauptung der Beschwerdeführer der Notar erklärt habe, die Übersendung des Entwurfs erfolge "unverbindlich", woraufhin die Beschwerdeführer gemeint hätten, ihnen würden keine Kosten entstehen.

Wollte man hierin die Vereinbarung sehen, dass der Notar die Tätigkeit unentgeltlich erbringt, so wäre diese Abrede gemäß § 140 Satz 2 KostO unwirksam.

Allerdings kann die Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung durch den Notar (§ 16 Abs. 1 Satz 1 KostO) geboten sein, wenn der Notar gehalten war, über seine eigenen Kosten zu belehren und dies unterlassen hat. Hieraus folgt eine Belehrungspflicht jedoch nur, wenn die Belehrung aufgrund besonderer Umstände geboten ist, beispielsweise bei offensichtlichem, also dem Notar klar erkennbaren Irrtum der Beteiligten über die Kostenhöhe (Korintenberg-Bengel/Tiedtke KostO, 15. Aufl., § 16 Rn. 49). Für den Notar war es aber gerade nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführer meinten, sie müssten für den Entwurf überhaupt nichts bezahlen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass den Parteien bekannt ist, dass Notare verpflichtet sind, die gesetzlichen Gebühren für ihre Tätigkeit zu erheben. Der Begriff "unverbindlich", wenn er denn gefallen ist, kann nicht ohne weiteres mit "kostenlos" gleichgesetzt werden. Vielmehr spricht der Umstand, dass es darum ging, dass die Beschwerdeführer insgesamt ihre Vorstellungen bezüglich der Regelung ihres Nachlasses noch überdenken wollten, dafür, dass hier jedenfalls aus der Sicht des Notars die inhaltliche Verbindlichkeit des zu erstellenden Entwurfs in Rede war. Der Notar musste daher nicht damit rechnen, dass die Beschwerdeführer über die Gebührenpflichtigkeit der notariellen Amtstätigkeit irrten und war zu einer Belehrung über die Kosten nicht verpflichtet. Eine fehlerhafte Sachbehandlung liegt nicht vor.

Die Kostenberechnung vom 03.12.2004 ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Damit ist die Kostenberechnung vom 18.07.2002 überholt und gegenstandslos, was die Kammer unter Zurückweisung der Beschwerde klarstellend in den Tenor dieses Beschlusses aufgenommen hat.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht hinsichtlich der Gerichtskosten auf § 156 Abs. 5 S. 1 KostO und bezüglich der außergerichtlichen Auslagen auf § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG. Es liegen keine Gründe vor, wonach von dem Grundsatz abzuweichen wäre, dass jeder Beteiligte seine Auslagen zu tragen hat.

Die weitere Beschwerde war nicht zuzulassen (§ 156 Abs. 2 S. 2 KostO). Nachdem aufgrund des insoweit übereinstimmenden Vorbringens der Beteiligten feststand, dass ein Beurkundungsauftrag nicht erteilt war, kam es nicht mehr auf die Rechtsfrage an, ob die Gebühr nach § 145 Abs. 3 KostO (Entwurfsaushändigung vor gescheiterter Beurkundung) auch für Testamentsentwürfe gilt, obwohl das Testament kein beurkundungspflichtiges Geschäft ist. Auch im übrigen standen keine grundsätzlichen Fragen zur Entscheidung. Die Kammer ist der obergerichtlichen Rechtsprechung gefolgt.

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