LG Hamburg, Beschluss vom 30.01.2009 - 315 O 605/08
Fundstelle
openJur 2009, 1160
  • Rkr:
Tenor

I. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin 1/3 und die Antragsgegnerinnen gesamtschuldnerisch 2/3.

II. Der Streitwert wird auf € 500.000 festgesetzt.

Gründe

Gemäß § 91a ZPO hat die Kammer nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden. Diese Entscheidung hat zwar den bisherigen Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. Sie ergeht aber nach billigem Ermessen. Die Kammer kann sich deshalb auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten des Verfügungsantrags beschränken und darauf verzichten, alle für den Ausgang des Rechtsstreits bedeutsamen Rechtsfragen zu überprüfen (s. BGHZ 67, 343, 345; 163, 195, 197 m.w.N.).

Nach dem Ergebnis dieser summarischen Prüfung sind die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen, wie tenoriert. Der Verfügungsantrag hatte im Grundsatz Aussicht auf Erfolg. Er ging aber inhaltlich zu weit.

I.

Die Antragstellerin ist der größte deutsche Programmzeitschriftenverlag. In ihrem Verlag erscheinen zehn Programmzeitschriftentitel, darunter „TV M...“ und „TV M... digital“. Sie betreibt zugleich im Internet unter www. tvm...de einen sog. elektronischen Programmführer (EPG = Electronic Programme Guide). EPGs können entweder über das Internet, als „Internet-Programmzeitschrift“, oder über eine unmittelbar mit dem Fernsehgerät des Zuschauers verbundene „Settop-Box“ abgerufen werden.

Die Antragsgegnerinnen gehören zur Pro...Sat... Media AG. Die Antragsgegnerinnen zu 1. bis 4. betreiben die Fernsehsender Pro..., Sat..., kabel... bzw. N... Auf die vier Sender entfallen etwa 20% Zuschaueranteil in Deutschland (s. Anlage AS 5). Die Antragsgegnerin zu 5. betreibt die PayTV-Sender kabel ... classics und Sat... Comedy. Die Antragsgegnerin zu 6. ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Pro...Sat... Media AG mit der United I... AG. Sie betreibt Deutschlands größte online-Videothek „Max...“.

Die Print-Programmberichterstattung in „TV M...“ und „TV M... digital“ umfasst die Programme von 40 Sendern des FreeTV. Sie setzt sich zusammen aus den Programmspalten mit Angabe der Sendefolge und Kurzbeschreibung des Sendungsinhalts, den Highlight-Seiten sowie dem redaktionellen Mantel. Im redaktionellen Mantel vertieft die Antragstellerin die Darstellung ausgewählter Sendungen mit ausführlicheren Inhaltsbeschreibungen und Bildern. Die Antragstellerin berichtet in ihren Programmzeitschriften außerdem über aktuelle Video-Angebote von „Max...“. Auf Anlagen AS 1 bis 3 wird verwiesen.

Seit Jahrzehnten stellen die Fernsehanstalten, u.a. die Antragsgegnerinnen, den Verlegern von Fernsehprogrammzeitschriften mit einigem zeitlichen Vorlauf Daten, betreffend den Inhalt der auszustrahlenden Sendungen, zur Verfügung. Es handelt im Einzelnen um

(1.) die Basisdaten der angekündigten Sendungen, bestehend aus Angaben zum Titel der Sendung, Zeitpunkt und Dauer der Sendung, Sender sowie ggf. auch Produktionsland und -jahr, Regisseur und (Haupt-)Darsteller,

(2.) die Sendefolge, also die zeitliche Abfolge der verschiedenen Fernsehsendungen eines Programms, unter Angabe der Sendezeiten und Titel,

[vorstehende Ziffern werden im Folgenden unter dem Begriff „Basisinformationen“ zusammengefasst]

(3.) Bilder aus der angekündigten Sendung sowie Bilder, die zwar nicht aus der angekündigten Sendung, aber von den Fernsehsendeunternehmen stammen,

(4.) Kurzbeschreibung des Inhalts einzelner Sendungen, bestehend aus einer beschreibenden, zusammenfassenden Wiedergabe des wesentlichen Inhalts einer Sendung

(5.) längere Beschreibung des Inhalts einzelner Sendungen, bestehend aus einer beschreibenden, zusammenfassenden Wiedergabe des wesentlichen Inhalts einer Sendung.

[Informationen gem. Zf. 3,4 ,5 werden im Folgenden „Begleitmaterial“ genannt]

Diese Daten stehen den Verlagen – sei es für die Printnutzung, sei es für die Nutzung in EPGs – u.a. in den Internet-„Presselounges“ der Sender zum Herunterladen zur Verfügung (Impressum der jeweiligen Presselounges der Antragsgegnerinnen: Anlage AS 19). Dabei liegen die Basisinformationen lediglich mit dem Begleitmaterial verbunden, als einheitliches „Datenpaket“, vor, das Begleitmaterial ist auch isoliert abrufbar.

Schriftliche Verträge über den Zugriff auf und die Nutzung von Programminformationen zwischen den Parteien gibt es nicht. Bei jeder Einwahl in die Presselounges sind allerdings die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Pro...Sat... Media AG, der Konzernobergesellschaft der Antragsgegnerinnen, in der jeweils gültigen Form zu akzeptieren. Wegen der bis zum 31.8.2008 gültigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird auf Anlage AG 2 verwiesen.

Die Pro...Sat... Media AG führte zum 1.9. 2008 veränderte Allgemeine Geschäftsbedingungen (Anlage AS 13) ein. Neu war darin u.a. eine substantiierte Regelung für den „Erwerb der Nutzungsrechte EPG“ (Ziffer 2.2). In den AGB waren Passagen enthalten, die auf Rechte der – zu 50% im Besitz der Pro...Sat... Media AG stehenden – VG Media hinsichtlich der Nutzung der Programminformationen in EPGs Bezug nahmen und nähere Bedingungen für die Nutzung von Daten in EPGs im Verhältnis zur VG Media umrissen.

Zur weiteren Vorgeschichte des Verfahrens: Die Parteien (in Gestalt des VDZ, dessen Mitglied die Antragstellerin ist, einerseits, der VG Media andererseits) streiten für den Bereich der EPG-Nutzung um die Berechtigung der VG Media, Programminformationen nur gegen Entgelt und unter bestimmten, von der Antragstellerin als einschränkend verstandenen Modalitäten anzubieten. Wegen dieser Modalitäten wird auf Anlagen AS 11 und AS 12 Bezug genommen. Eine negative Feststellungsklage des VDZ ist vor dem LG Köln anhängig.

Die Antragstellerin war der Überzeugung, dass die geänderten AGB dazu dienen sollten, sie, die Antragstellerin, gegenüber der VG Media für den Bereich der EPG-Nutzung von Programminformationen in die Pflicht zu nehmen – und zwar während die Antragstellerin Zugriff auf Daten ausschließlich zum Zwecke der Verwertung im Printbereich nehmen wollte. Sie sah die AGB als Versuch, sie, die Antragstellerin über den Printbereich zu zwingen, von den Antragsgegnerinnen gewünschte Modalitäten für den EPG-Bereich zu akzeptieren. Sie widersprach den geänderten AGB mit Schreiben vom 22.9.2008 (Anlage AS 15).

Mit Schreiben vom 14.11.2008 kündigte die Pro...Sat... Media AG daraufhin für sich und die Antragsgegnerinnen „sämtliche ... bestehenden Vereinbarungen gleich welcher Art oder Grundlage, die die Nutzung des Text-, Bild-, Bewegtbild- und Audiomaterials der Pro...Sat... Media AG sowie ihrer Sendeunternehmen betreffen“ und untersagte der Antragstellerin insbesondere eine „Printnutzung“ des Materials. Wegen des genauen Wortlautes des Schreibens wird auf Anlage AS 10 verwiesen.

Die Antragstellerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 12.12.2008 beantragt, den Antragsgegnerinnen bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verbieten,

1. den Antragsgegnerinnen zu 1. bis 5.:

a) der Antragstellerin den Zugriff auf ihre jeweilige Presselounge zu sperren
und/oder

der Antragstellerin die Nutzung (einschließlich des Downloads in den angebotenen Formaten) des in ihrer Presselounge bereitgestellten Text- und Bildmaterials der Kommunikations-, Presse- und Public Relations-Abteilungen zur redaktionellen Berichterstattung in ihren Programmzeitschriften „TV m...” und „TV m... digital” zu verbieten, namentlich folgender Programminformationen:

• Basisdaten der Sendungen (Titel, Zeitpunkt, Dauer, Produktionsland, Produktionsjahr, Regisseur, (Haupt-) Darsteller)
• Sendefolge (Sendezeiten und der Titel der Sendungen)
• Bilder aus und für die Sendungen
• Kurz- und Langbeschreibungen der Sendungen
• Programmänderungen
• Einladungen zu Presse- und Fototerminen mit Darstellern;

b) die direkte Übermittlung der in Ziff. 1. a) genannten Programmdaten im StruPPI-Format mittels XML-Datenstrom an die Antragstellerin zu sperren;

und zwar wird Ziff. 1 a) und b) verboten:

(1) der Antragsgegnerin zu 1. bezüglich ihrer Presselounge www.presse. pro...de für die Sendungen von Pro...;
(2) der Antragsgegnerin zu 2. bezüglich ihrer Presselounge www.presse. sat...de für die Sendungen von Sat...;
(3) der Antragsgegnerin zu 3. bezüglich ihrer Presselounge www.presse. kabel...de für die Sendungen von Kabel 1;
(4) der Antragsgegnerin zu 4. bezüglich ihrer Presselounge www.presse. n...com für die Sendungen von N...;
(5) der Antragsgegnerin zu 5. bezüglich ihrer Presselounges www.presselounge. sat...edy.de und www.presselounge. kabel...classics.de für die Sendungen von Sati Comedy und Kabel 1 classics;
und/oder

2. der Antragsgegnerin zu 6.,

der Antragstellerin den Zugriff auf die Presselounge www.presse. max...de zu sperren
und/oder

der Antragstellerin die Nutzung (einschließlich des Downloads in den angebotenen Formaten) des in ihrer Presselounge bereitgestellten Text-und Bildmaterials für die Online-Videothek „Max...” zur redaktionellen Berichterstattung in ihren Programmzeitschriften „TV M...” und „TV M... digital” zu verbieten.

In der mündlichen Verhandlung vom 9.1.2009 haben die Parteien den Rechtsstreit unter wechselseitigen Kostenanträgen für erledigt erklärt.

Die Antragstellerin hält ihren ursprünglichen Antrag – den sie als Unterlassungsantrag ansieht – für zulässig und begründet. Sie argumentiert im Wesentlichen damit, ihre TV-Zeitschriften (Printversion) seien existenzgefährdet gewesen, da die Antragsgegnerinnen, wie aus dem Kündigungsschreiben vom 14.11.2008 ersichtlich, angekündigt hätten, keinerlei Programminformationen mehr zur Verfügung zu stellen, und jegliche Nutzung der Daten untersagt hätten. Anders als von den Antragsgegnerinnen behauptet, hätten diese nicht allein die Nutzung von „Begleitmaterial“ aufgekündigt, sondern jegliche Nutzung. Die Kündigung sei die „Abstrafung“ dafür gewesen, dass sich die Antragstellerin gegen die – rechtwidrigen – Nutzungsmodalitäten der VG Media betreffend den EGP-Bereich (die mittels der neuen AGB auch über die „Hintertür“ des Printbereichs eingeführt werden sollten) stemme. Diese sachfremde Koppelung von Motiven sei kartellrechtswidrig gewesen (§§ 19, 20 GWB; Art. 82 EGV).

Die Antragsgegnerinnen begründen ihren Kostenantrag im Wesentlichen damit, die Antragstellerin habe ein künstliches Untergangsszenario aufgebaut, um im Wege einer Leistungsverfügung einen Belieferungsanspruch geltend machen zu können. Tatsächlich habe es an einer existenziellen Notlage und mithin am Verfügungsgrund gefehlt. Die Antragsgegnerinnen seien, wie der Antragstellerin bekannt gewesen sei, stets lieferbereit gewesen. Die Antragsgegnerinnen hätten nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie die für die Erstellung einer Programmzeitschrift erforderlichen Basisinformationen weiterhin zur Verfügung stellen würden. Sowohl die AGB der Presselounges als auch die Kündigung vom 14.11.2008 hätten stets nur das Begleitmaterial betroffen. Sodann habe es durchgängig, auch nach der Kündigung, in der Hand der Antragstellerin gelegen, die Presselounges unter Akzeptieren der geänderten AGB zu nutzen. Die Antragstellerin habe sich also ohne Weiteres die von ihr geforderten Informationen selbst verschaffen können, ggf. unter Vorbehalt der (teilweisen) Überprüfung der geänderten AGB.

Auch ein Verfügungsanspruch habe nicht bestanden. Die Antragsgegnerinnen seien nicht Normadressatinnen der §§ 19, 20 GWB / des Art. 82 EGV. Die Änderungen der AGB gegenüber den zuvor verwendeten seien inhaltlich nicht zu beanstanden und sachlich gerechtfertigt.

Der Antrag richte sich gegen die falschen Personen. Außerdem sei der gestellte Antrag bereits unzulässig gewesen.

II.

Der Verfügungsantrag war – nach den für eine § 91a ZPO-Entscheidung anzulegenden Maßstäben – zulässig und überwiegend begründet. Die Kosten waren entsprechend der wertmäßigen Obsiegens- bzw. Unterliegensquoten mit 1/3 (Antragstellerin) zu 2/3 (Antragsgegnerinnen) aufzuteilen.

1. Nähere Ausführungen zur Frage der Bestimmtheit des Verfügungsantrags sind entbehrlich.

Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass das auf Weiterbelieferung, d.h. auf eine Leistung, gerichtete Begehren der Antragstellerin prinzipiell im Wege des Verfügungsverfahrens verfolgbar war. Die an einen vergleichbaren Antrag in einem Hauptsacheverfahren zu stellenden Anforderungen (dazu die Entscheidung des Hans. Oberlandesgerichts, eingereicht als Anlage AS 17) können nicht identisch auf das Verfügungsverfahren übertragen werden, zumal hier die Alternative einer „Feststellungsverfügung“ nicht existiert. Die Kammer hätte also – bei Bejahen aller weiteren Voraussetzungen für den Erlass – eine dem Begehren der Antragstellerin inhaltlich Rechnung tragende Leistungsverfügung erlassen können. Es wäre Sache der Kammer gewesen, auf eine Fassung der Anträge hinzuwirken, die den Erfordernissen der Bestimmtheit genügt hätte. Dass die Antragstellerin solchen Hinweisen gefolgt wäre, darf ohne Weiteres angenommen werden.

2. Der Antragstellerin stand bei summarischer Prüfung angesichts des Kündigungsschreibens vom 14.11.2008 der geltend gemachte Verfügungsanspruch auf der Grundlage von §§ 33, 20 GWB zu. Die Kündigung sämtlicher Vertragsbeziehungen und die Untersagung jeglicher Nutzung von Programminformationen stellte eine unbillige Behinderung der Antragstellerin i.S.v. § 20 GWB dar.

a. Die Antragsgegnerinnen sind Inhaberinnen einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für Programminformationen, die ihre Sender betreffen. Der Antragstellerin ist an Leistungen gelegen, die nur die Antragsgegnerinnen – für ihren jeweiligen Bereich – ihr verschaffen können. Weitere Anbieter (die nicht ihrerseits Abnehmer der Antragsgegnerinnen und damit unbeachtlich sind) existieren nicht. Dies ist in der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen bereits mehrfach festgestellt worden (s. Hans. OLG, Anlage AS 17; EuGH, Anlage AS 18).

Eine marktbeherrschende Stellung der Antragsgegnerinnen kann auch nicht in Bezug auf die Belieferung mit „Begleitmaterial“ pauschal abgelehnt werden. Die Antragstellerin hat zu Recht darauf verwiesen, dass die bloßen Basisinformationen für den Leser einer TV-Zeitschrift – und damit auch für die TV-Zeitschriften selbst – in ganz erheblichem Umfang ohne jeden Wert sind, nämlich soweit Sendungen betroffen sind, über die sich die TV-Zeitschriften nicht selbst anhand allgemein zugänglicher Quellen informieren können. Das betrifft namentlich Eigenproduktionen der Sender (z.B. Serien, Talk-shows, Spielfilme). Darüber hinaus liegt auf der Hand, dass der Aufbau einer Infrastruktur, die es der Antragstellerin ermöglichen würde, allgemein verfügbares Informationsmaterial z.B. über Spielfilme zu sammeln und für die Einpflegung in ihre Programmzeitschriften nutzbar zu machen, einen längeren Zeitraum beanspruchen würde, als denjenigen, der durch die Kündigung der Antragsgegnerinnen gesetzt war.

b. Das Verhalten der Antragsgegnerinnen betrifft einen Markt, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist. Es entspricht jahrelanger Tradition, dass die Sendeunternehmen, auch die Antragsgegnerinnen, TV-Zeitschriften-Verlage mit den begehrten Informationen versorgt haben.

c. Die Antragsgegnerinnen haben die Antragstellerin in Ausnutzung ihrer marktbeherrschende Stellung behindert, indem sie – durch ihre Muttergesellschaft – eine Kündigung aussprechen und dabei in Aussicht stellen ließen, die Antragstellerin von sämtlichen Programminformationen, insbesondere für die Printnutzung der Informationen, „abzuschneiden“.

Die Antragstellerin musste angesichts des Wortlauts der Kündigung davon ausgehen, dass sie ab dem 15.2.2009 keinerlei Zugangsrecht mehr zu den bis dahin nutzbaren Presselounges erhalten würde und dass sie keinerlei Berechtigung mehr zur Nutzung von Programminformationen der Antragsgegnerinnen mehr haben würde, insbesondere nicht im Printbereich.

Der Wortlaut der Kündigung gem. Anlage AS 10 ist insoweit unmissverständlich. Die Antragsgegnerinnen (bzw. deren Konzernobergesellschaft) kündigten darin sämtliche Vereinbarungen betreffend die Nutzung der bislang zur Verfügung gestellten Programminformationen. Die Antragstellerin musste vor diesem Hintergrund davon ausgehen, dass auch die Vereinbarungen in Bezug auf die Nutzung der Presselounges mit aufgekündigt worden seien und dass sie weder das Recht zum Download der Daten haben würde, noch das Recht zur Verbreitung irgendwelcher heruntergeladenen Daten.

Der Vortrag der Antragsgegnerinnen, sowohl die AGB als auch die Kündigung der AGB habe, wie zwischen den Parteien bekannt gewesen sei, ausschließlich das Begleitmaterial betroffen, ist ohne Substanz geblieben. Die Antragsgegnerinnen haben diese Behauptung in keiner Weise nachvollziehbar untermauert. Die Schriftsätze aus dem Verfahren vor dem LG Köln (Anlagen AG 21 ff.) sind als „Interpretationshilfe“ für das Kündigungsschreiben unbrauchbar. Die (alten wie neuen) AGB der Pro...Sat... Media AG differenzieren nicht in erkennbarer Weise nach Basisinformationen und Begleitmaterial. In den Presselounges, die nach Akzeptieren dieser AGB „betreten“ werden können, sind unstreitig die Basisinformationen und das Begleitmaterial abrufbar, und zwar sind die Basisinformationen dort unstreitig nicht ohne das Begleitmaterial abrufbar. Vor diesem Hintergrund leuchtet nicht ein, wieso der Antragstellerin klar gewesen sein sollte, dass sie trotz der Kündigung weiterhin Basisinformationen erhalten würde.

Dass die Antragsgegnerinnen mit der Antragserwiderung im nachhinein hinreichend klargestellt haben könnten, wie weit die Kündigung reichen sollte und dass sie, die Antragsgegnerinnen, grundsätzlich „lieferbereit“ seien, mag angehen. Dies mag zu einem Wegfall des Verfügungsgrundes im Laufe des Verfahrens geführt haben. Genauerer Untersuchung bedarf dies nicht. Denn in diesem Fall hätte sich der Verfügungsantrag erledigt. Da die Parteien den Rechtsstreit – nach weiteren wechselseitigen Erklärungen – aber ohnehin für erledigt erklärt haben, ergeben sich keine Änderungen.

d. In der Drohung mit dem „Abschneiden“ der Antragstellerin von jeglicher Information und Nutzungsberechtigung betreffend Programminformationen der Antragsgegnerinnen lag eine unbillige Behinderung.

Ob die Behinderung eines anderen Unternehmens im Wettbewerb als unbillig zu beurteilen ist, ist unter Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB zu entscheiden (st. Rspr., s. nur BGHZ 38, 90, 102). Diese Interessenabwägung wäre hier zugunsten der Antragstellerin ausgefallen:

Die Antragstellerin hat ein auf der Hand liegendes, existenzielles Interesse daran, die ihr seit Jahren üblicherweise übermittelten Informationen für die Herausgabe ihrer TV-Zeitschriften weiterhin zu erhalten.

Die Antragsgegnerinnen mögen – dies kann, wie gesagt, unterstellt werden – ein schützenswertes Interesse daran haben, ihre bis zum 31.8.2008 verwendeten AGB so umzugestalten, wie sie es getan haben.

Die Kammer braucht insoweit allerdings nicht im Einzelnen zu erörtern, ob die von der VG Media für den Bereich der EPG-Nutzung vorgesehenen Modalitäten, wie sie sich in den neuen AGB der Pro...Sat... Media AG finden, als solche rechtmäßig, namentlich kartellrechtskonform, sind. Die Kammer braucht auch nicht darauf einzugehen, ob ein berechtigtes Interesse der Antragsgegnerinnen festzustellen sein könnte, anlässlich eines Zugriffs der Antragstellerin auf im Printbereich zu nutzende Daten das Rechtsverhältnis der Antragstellerin zur VG Media für den Bereich der EPG-Nutzung auszugestalten (als Versuch einer solchen Ausgestaltung dürften die neuen AGB unter Zf. 2.2 aus Sicht des Antragstellerin zu sehen gewesen sein) oder nicht.

Denn selbst wenn dies alles so sein sollte, war die Antragsgegnerin jedenfalls nicht berechtigt, den Widerspruch der Antragstellerin gegen die AGB zum Anlass zu nehmen, sämtliche Rechtsbeziehungen abzubrechen, wie mit der Kündigung vom 14.11.2008 geschehen. Allein erkennbares Ziel dieser Maßnahme war, die Antragstellerin unter massiven wirtschaftlichen Druck zu setzen, um die eigenen Interessen auf diese Weise durchzusetzen. Den Antragsgegnerinnen hätte eine Mehrzahl ungleich „milderer“ Handlungsalternativen zur Verfügung gestanden, um die eigenen Interessen zur Geltung zu bringen. So hätten sich die Antragsgegnerinnen etwa prinzipiell „lieferbereit“ für den Printbereich zeigen können und die Verfolgung etwaiger Urheberrechtsverstöße im EPG-Bereich der Rechteinhaberin VG Media überlassen können. Die Antragsgegnerinnen hätten möglicherweise ihr Einverständnis mit einer Weiternutzung von Daten im Printbereich von einem Akzeptieren der streitgegenständlichen AGB abhängig machen können – wie sie es im vorliegenden Verfahren denn auch behauptet haben –, ohne dass dies im Verfügungsverfahren mit Erfolg angreifbar gewesen wäre. All dies ist nicht geschehen. Vielmehr haben die Antragsgegnerinnen, wie gesagt, eine umfassende Kündigung ausgesprochen, die ihrem Wortlaut nach darauf abzielte, die Antragstellerin von für sie elementaren Informationen abzuschneiden.

e. Die Kammer hat keine durchgreifenden Bedenken, dass die Antragstellerin die richtigen Passivlegitimierten gewählt hat.

Die Antragsgegnerinnen sind im jeweiligen Impressum als die für die Presselounges Verantwortlichen verzeichnet (s. Anlage AS 19).

Der Vortrag der Antragsgegnerinnen dazu, dass und warum weitere Unternehmen der Pro... Sat...-Gruppe in den Verfügungsantrag aufzunehmen gewesen wären, ist ohne Substanz:

Es mag sein, dass das nicht allein die Antragstellerin das begehrte Begleitmaterial verwaltet, sondern „zumindest auch die Pro... Sat... Produktion GmbH“ (AG-SS v. 5.1.2009, S. 5, unter (i)). Was mit dieser „Mitverwaltung“ genau gemeint ist, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Genauso wenig erschließt sich ihr, warum die laut Impressum Verantwortlichen nicht in der Lage sein sollten, das geforderte Begleitmaterial, ggf. unter Einwirken auf die „mitverwaltende“ Gesellschaft, zur Verfügung zu stellen.

Soweit die Antragsgegnerinnen einwenden, die Rechte zur Verwertung des Begleitmaterials in gedruckten Programmführern würden seitens der Pro...Sat... Media AG wahrgenommen und vermarktet, steht auch dies dem Antrag nicht entgegen. Es mag sein, dass die Konzernobergesellschaft die Rechte in irgendeiner Weise nach außen hin „wahrnimmt“ und „vermarktet“. Welchen rechtlichen Hintergrund diese Wahrnehmung / Vermarktung haben könnte (Abtretung der Rechte? Stellvertretung?), ist aber unklar geblieben. Unklar ist damit auch, warum die Antragsgegnerinnen als Betreiberinnen der Presselounges rechtlich oder faktisch nicht in der Lage sein sollten, die von ihnen vorgehaltenen Informationen i.S.d. Verfügungsantrags zur Nutzung zu überlassen.

Auf die Rechte zur Nutzung in elektronischen Programmführern und die diesbezüglich von den Antragsgegnerinnen aufgeworfenen Probleme der Passivlegitimation kommt es nicht an, weil der Antrag insoweit aus anderen Gründen keinen Erfolg versprach (s. dazu unten f.)

Im Übrigen dürfte es auch eine Frage der Vollstreckbarkeit bzw. Realisierbarkeit ihrer einstweiligen Verfügung sein, wenn die Antragstellerin „zu wenig“ Antragsgegner in ihren Antrag aufgenommen haben sollte. Dass die angegangenen Antragsgegnerinnen jedenfalls auch verantwortlich sind für die Zur-Verfügung-Stellung der begehrten Informationen, ist nicht abgestritten worden.

f. Der von der Antragstellerin in der Antragsschrift vorgesehene Antrag ging inhaltlich zu weit und wäre folglich teilweise zurückzuweisen gewesen. Die Kammer hat den voraussichtlichen Unterliegensanteil mit 1/3 bewertet.

Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Antrag mehr als sie derzeit erhält. Derzeit muss sie bei Eintritt in die Presselounge die AGB der Antragsgegnerinnen akzeptieren. Nur unter den dort vorgesehenen Konditionen und im dort vorgesehenen Umfang hat sie die Zugriffs- und Nutzungsrechte. Das Begehren der Antragstellerin war nach ihrem gesamten Vortrag insbesondere darauf gerichtet, „Zutritt“ zu den Presselounges der Antragsgegnerinnen zu erhalten, um dort auf Daten für Zwecke der Printnutzung (nicht der Nutzung in EPGs) zuzugreifen. Es ist zwischen den Parteien des vorliegenden Verfahrens unstreitig, dass die Nutzungsrechte bzgl. EPGs von den Antragsgegnerinnen nicht eingeräumt werden. Entsprechende Einschränkungen enthält der Verfügungsantrag aber nicht. Er zielt seinem Wortlaut nach auf eine in jeder Hinsicht „uneingeschränkte“ Zurverfügungstellung von Daten.

Sodann wäre die einstweilige Verfügung zeitlich zu beschränken gewesen (s. Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 940 Rn 7), um auf dieser Basis die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens zu ermöglichen. Auch insoweit ging der Antrag der Antragstellerin zu weit.

3. Zu weiteren möglichen Anspruchsgrundlagen, die das Begehren der Antragstellerin möglicherweise stützen würden, erübrigen sich Ausführungen. Auch auf der Basis solcher weiterer Anspruchsgrundlagen hätte die Antragstellerin nicht in weiter reichendem Umfang obsiegt, als auf der Basis von §§ 33, 20 GWB.

4. Auch am Vorliegen eines Verfügungsgrundes bestehen keine durchgreifenden Zweifel.

Einstweilige Verfügungen sind als sog. Leistungsverfügungen auch dort zulässig, wo die geschuldete Handlung so kurzfristig zu erbringen ist, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht möglich ist (vgl. Zöller, a.a.O., § 940 Rn 6 m.w.N.). Allerdings sind in einem solchen Fall besondere Anforderungen an das Schutzinteresse des Antragstellers zu stellen. Der Antragsteller muss so dringend auf die sofortige Erfüllung seines Anspruchs angewiesen sein oder ihm müssen so erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen, dass ihm weder ein Zuwarten bei der Durchsetzung seines Anspruchs noch eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zuzumuten ist. Dem Interesse der antragstellenden Partei an einer Gewährung effektiven Rechtsschutzes durch Erlass einer Leistungsverfügung ist dabei das schutzwürdige Interesse der verfügungsbeklagten Partei gegenüberzustellen, nicht in einem mit nur eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten ausgestatteten summarischen Verfahren zu einer Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs angehalten zu werden. In die Abwägung der beiderseitigen Belange sind die Erfolgsaussichten des Verfügungsantrags einzubeziehen. Die vorgenannten Beurteilungskriterien stehen in einer Wechselbeziehung zueinander (zu den vorstehenden Grundsätzen s. bspw. OLG Düsseldorf, Az. VI-W (Kart) 2/06).

Die erforderliche Abwägung fällt im vorliegenden Fall zu Gunsten der Antragsteller aus. Die Antragstellerin hatte angesichts der Kündigung vom 14.11.2008 eine unmittelbar bevorstehende, wirtschaftlich existenzielle Notlage zu gewärtigen. Angesichts der Kündigung war, wie bereits ausgeführt, eine völlige Einstellung des Informationsflusses über aus Zuschauersicht wichtige Sendeunternehmen zu erwarten.