BGH, Urteil vom 17.09.2009 - Xa ZR 2/08
Fundstelle
openJur 2012, 37574
  • Rkr:
Tenor

Auf die Revision der Beklagten zu 2 wird das am 29. November 2007 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin ist Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an dem am 29. Mai 1990 angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patent 402 973 (Klagepatent), das ein digitales Übertragungssystem betrifft und dessen Patentanspruch 1 wie folgt lautet:

"A digital transmission system comprising a transmitter (1) and a receiver (5), for transmitting a wideband digital signal of a specific sample frequency FS, for example a digital audio signal, via a transmission medium (4), and for receiving said signal, the transmitter (1) having an input terminal (2) for receiving the wideband digital signal, which input terminal is coupled to an input of a signal source (3, 9, 6) which forms part of the transmitter (1) and which is constructed to generate a second digital signal and supply said signal to an output (7), which second digital signal comprises consecutive frames, each frame comprising a plurality of information packets (P), each information packet comprising N bits, N being larger than 1, the receiver (5) comprising a decoder having an input (10) for receiving the second digital signal, which decoder has an output coupled to an output terminal (8) to supply the wideband digital signal, characterized in that if P in the formulais an integer, where BR is the bit rate of the second digital signal, and nS is the number of samples of the wideband digital signal whose corresponding information, which belongs to the second digital signal, is included in one frame of the second digital signal, the number B of information packets (IP) in one frame is P, and in that, if P is not an integer, the number of information packets (IP) in a number of the frames is P', P' being the next lower integer following P, and the number of information packets (IP) in the other frames is equal to P'+1 so as to exactly comply with the requirement that the average frame rate of the second digital signal should be substantially equal to Fs/ns and that a frame should comprise at least a first frame portion (FD1) including synchronising information."

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des Klagepatents auf Einwilligung in die Vernichtung von 107 MP3- und MP3/4-Abspielgeräten (im Folgenden: MP3-Playern) in Anspruch, hinsichtlich deren durch das Hauptzollamt Frankfurt am Main Flughafen im November 2005 die Aussetzung der Überlassung angeordnet wurde.

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Anmelder und deklarierter Empfänger der von einem in Shanghai ansässigen Unternehmen versandten Waren war der Beklagte zu 1. Die Beklagte zu 2 ist ein deutsches Tochterunternehmen der T. N.V. mit Hauptsitz in H. ( ... ) und als Express-Versanddienstleister tätig. Die zu- rückgehaltene Sendung war Teil einer Sammelladung, die von T. China zur Beförderung übernommen worden war. In der zollamtlichen Anordnung findet sich in der Rubrik "Besitzer der Waren" der Eintrag "T. Express Worldwide, ..., Frankfurt am Main-Flughafen".

Der Beklagte zu 1 hat den Klageanspruch anerkannt.

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zu 2 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der (im Folgenden nur als Beklagte bezeichneten) Beklagten zu 2, mit der diese ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Gründe

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Einwilligung in die Vernichtung der von der Zollbehörde zurückgehaltenen (im Folgenden: beschlagnahmten) MP3-Player nach § 140a Abs. 1 PatG bejaht. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die beschlagnahmten Geräte verwirklichten die in Patentanspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellte Lehre wortsinngemäß. Zwar habe die Klägerin kein konkretes Gerät analysiert und mit den anspruchsgemäßen Merkmalen verglichen. Sie habe aber eine wortsinngemäße Verwirklichung schlüssig dargetan, indem sie die Lehre des Patentanspruchs 1 mit dem internationalen ISO/IEC-Standard MPEG-Audio, Layer III, verglichen und vorgetragen habe, MP3-Player müssten, um wie die angegriffenen Geräte MP3-Dateien zu dekodieren und ihren Inhalt wiederzugeben, diesem Standard entsprechen. Die Beklagte könne diesen Vortrag nicht wirksam mit Nichtwissen bestreiten. Spätestens nach der unter Hinweis auf das Klagepatent erfolgten Abmahnung habe die Beklagte Veranlassung gehabt, dem Vorwurf der Rechtsverletzung durch Erkundigung und Einholung von Weisungen bei ihrem Auftraggeber nachzugehen. Sollte ein entsprechender Versuch erfolglos geblieben sein, wäre es der Beklagten zumutbar gewesen, die MP3-Player mit sachkundiger Hilfe zu untersuchen.

Die Beklagte sei als Störer und damit als Patentverletzer passivlegitimiert. Nach § 140a Abs. 1 Satz 1 PatG richte sich der Anspruch auf Vernichtung oder Zustimmung zur Vernichtung gegen jeden, der einem Anspruch wegen Patentverletzung ausgesetzt sei. Dazu genüge ein Unterlassungsanspruch nach § 139 Abs. 1 PatG. Zwar könne die Beklagte zu 2 nicht wegen patentverletzenden Besitzes im Sinne des § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG in Anspruch genommen werden, da die Begründung der Verfügungsgewalt eines Spediteurs oder Frachtführers im Transportgeschäft und des Lagerhalters im Lagergeschäft allein nicht für eine Patentbenutzung durch Besitzen ausreiche. Verletzer im Sinne des § 139 PatG sei aber auch, wer in Bezug auf ein Patent einen rechtswidrigen Störungszustand herbeiführe und unterhalte und deshalb zur Unterlassung bzw. Beseitigung verpflichtet sei, wobei die Beseitigung in § 140a PatG in der besonderen Form des Vernichtungsanspruchs geregelt sei. Dies könne bei einem Spediteur oder Frachtführer der Fall sein, wenn er ein Schutzrecht verletzende Waren befördere oder in Verwahrung nehme. Zwar treffe ihn keine generelle Prüfungspflicht. Anders sei es jedoch, wenn der Betreffende auf eine konkrete Schutzrechtsverletzung hingewiesen werde und hierdurch die Möglichkeit der Kenntnisnahme erhalte. Der Spediteur müsse dann zwar nicht, wie das Landgericht angenommen habe, gegebenenfalls fachkundigen Rat einholen. Ausreichend, aber auch geboten sei es vielmehr, Erkundigungen beim Auftraggeber und seine Weisung mit dem Hinweis einzuholen, dass der Vernichtung zugestimmt werde, wenn der Auftraggeber oder der Adressat nicht fristgerecht Widerspruch gegen die Beschlagnahme einlegten. Wolle der Spediteur trotz ausbleibender Unterrichtung der Vernichtung nicht zustimmen, sei ihm eine erweiterte Prüfungspflicht abzuverlangen. Eine solche Pflicht habe die Beklagte verletzt; indem sie einer Vernichtung der beschlagnahmten Geräte nicht zugestimmt habe, sei sie zur Störerin geworden.

Die Beklagte sei Besitzerin im Sinne des § 140a PatG, denn sie habe zumindest mittelbaren Besitz an den MP3-Playern. Die Geräte seien nach ihrer Ankunft auf dem Flughafen von der Beklagten, die nicht bloße Besitzdienerin der T. China sei, in Verwahrung und damit in unmittelbaren Besitz genommen worden. Durch die Zollbeschlagnahme sei der Beklagten ein von der Behörde vermittelter mittelbarer Besitz zugewachsen, der für den Vernichtungsanspruch ausreiche.

II. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Das Berufungsgericht hat weder zur tatsächlichen Beschaffenheit der angegriffenen Geräte noch zum sachlichen Inhalt des MPEG-Audio-Standards ausdrückliche Feststellungen getroffen. Ob seine Bezugnahme auf das Klagevorbringen im Sinne derartiger Feststellungen verstanden werden kann, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Offenbleiben kann auch, ob seine Entscheidung insofern eine zureichende Grundlage für die revisionsrechtliche Überprüfung der Annahme böte, aus der Benutzung des Standards ergebe sich zugleich eine Benutzung des Klagepatents. Denn die Verurteilung der Beklagten kann aus einem anderen Grund keinen Bestand haben.

2. Mit Erfolg rügt die Revision, dass das Berufungsgericht es nicht als unerheblich ansehen durfte, dass die Beklagte die Übereinstimmung der angegriffenen Erzeugnisse mit dem MPEG-Audio-Standard mit Nichtwissen bestritten hat.

Zwar betrifft dies die Tatfrage der Gestaltung der angegriffenen Ausführung, die anders als die Subsumtion unter den Patentanspruch der Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO zugänglich ist. Das Berufungsgericht hat jedoch die Anforderungen an den Vortrag der Beklagten überspannt; deren Bestreiten mit Nichtwissen ist gemäß § 138 Abs. 4 ZPO prozessual zulässig und damit beachtlich.

a) Grundsätzlich hat im Verletzungsprozess der Kläger alle anspruchsbegründenden Sachverhaltselemente darzulegen, also auch die Tatsachen, in denen die Benutzung des geschützten Gegenstands besteht. Der Beklagte muss ihm diese Darlegung grundsätzlich nicht erleichtern (Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 139 Rdn. 116). Anderes gilt nur, wenn und soweit den Beklagten gemäß § 138 Abs. 2 ZPO eine sekundäre Darlegungslast trifft. Darüber hinaus darf der Beklagte sich im Rahmen des § 138 Abs. 4 ZPO auf ein bloßes Bestreiten der die Schutzrechtsverletzung begründenden Tatsachen mit Nichtwissen beschränken.

b) Die Beklagte war nicht aufgrund einer sekundären Darlegungslast verpflichtet, im einzelnen dazu vorzutragen, ob die angegriffenen MP3-Player deshalb dazu in der Lage sind, MP3-Dateien zu decodieren, weil sie nach dem MPEG-Audio-Standard arbeiten, der nach der rechtlichen Würdigung des Berufungsgerichts zugleich eine Benutzung der erfindungsgemäßen Lehre bedeutet.

Eine solche Verpflichtung zur Spezifizierung von Tatsachen kann sich ergeben, wenn und soweit diese Informationen der mit der Darlegung und Beweisführung belasteten Partei nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Erschwerungen zugänglich sind, während ihre Offenlegung für den Gegner sowohl ohne weiteres möglich als auch zumutbar erscheint (BGH, Urt. v. 30.9.2003 - X ZR 114/00, GRUR 2004, 268, 269 - Blasenfreie Gummibahn II). Für diese Voraussetzungen ergibt sich aus dem Berufungsurteil nichts.

Zum einen befindet sich die Klägerin nicht in Darlegungs- oder Beweisnot: Gemäß Art. 9 Abs. 3 Unterabs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates vom 22.7.2003 über das Vorgehen der Zollbehörden gegen Waren, die im Verdacht stehen, bestimmte Rechte geistigen Eigentums zu verletzen, und die Maßnahmen gegenüber Waren, die erkanntermaßen derartige Rechte verletzen, i.V. mit § 809 BGB (jetzt § 142b Abs. 8 i.V. mit § 142a Abs. 2 Satz 3 PatG; vgl. Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 142b Rdn. 20) kann die Klägerin erwirken, dass ihr Gelegenheit gegeben wird, das Erzeugnis zu besichtigen. Zum anderen hat die Beklagte als Spediteurin keine eigenen Kenntnisse über die Beschaffenheit der angegriffenen Erzeugnisse, sondern müsste sich diese ihrerseits erst beschaffen.

c) Die von der Beklagten bestrittene Übereinstimmung der Erzeugnisse mit dem Standard ist auch nicht Gegenstand eigener Handlungen oder Wahrnehmung im Sinne des § 138 Abs. 4 ZPO.

Ihre Tätigkeit als Spediteurin vermittelte der Beklagten keine näheren Kenntnisse über die technische Beschaffenheit der von ihr beförderten Erzeugnisse. Die für ein qualifiziertes Bestreiten erforderlichen Kenntnisse konnte sie sich allenfalls beschaffen. Eine solche prozessuale Informationsbeschaffungspflicht einer Partei wird für Vorgänge aus dem eigenen Geschäfts- oder Verantwortungsbereich angenommen, d.h. eine Partei ist prozessual verpflichtet, notwendige Informationen in ihrem Unternehmen und von Personen einzuholen, die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig sind (BGH, Urt. v. 19.4.2001 - I ZR 238/98, GRUR 2002, 190, 191 - DIE PROFIS). Eine derartige prozessuale Informationsbeschaffungspflicht bestand für die Beklagte indessen nicht. Weder der Versender noch der Empfänger noch T. China als Auftrag- geber waren unter Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung der Beklagten tätig. Mit dem Versender oder dem Empfänger der Waren war die Beklagte auch weder organisatorisch noch vertraglich in einer Weise verbunden, die es der Beklagten ermöglicht hätte, von diesen näheren Aufschluss über die technische Beschaffenheit des Transportguts zu verlangen. Eine solche Verbindung bestand zwar zu T. China. Es liegt jedoch fern, dass T. China in der Lage ge- wesen wäre, gegenüber der Beklagten nähere Angaben über die Beschaffenheit der versandten MP3-Player zu machen. Für eine prozessuale Obliegenheit der Beklagten zur Beschaffung der für ein qualifiziertes Bestreiten erforderlichen Informationen fehlt es hiernach an einer hinreichenden Grundlage.

III. Der Senat kann nicht abschließend in der Sache selbst entscheiden. Trifft das Klagevorbringen zu, dass die Abspielgeräte die technische Lehre des Klagepatents verwirklichen, ist die Beklagte, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, zur Einwilligung in die Vernichtung verpflichtet.

Gemäß § 140a Abs. 1 Satz 1 PatG kann vom Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen patentgemäßen Erzeugnissen in Anspruch genommen werden, wer die geschützte Erfindung entgegen §§ 9 bis 13 PatG benutzt. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei Verletzer im Sinne dieser Bestimmung und befinde sich im Besitz patentgemäßer Erzeugnisse, erweist sich auf der Grundlage des insoweit der revisionsrechtlichen Prüfung zugrunde zu legenden Sachverhalts als rechtsfehlerfrei.

1. Schuldner des Vernichtungsanspruchs - wie des Unterlassungsanspruchs nach § 139 Abs. 1 PatG - ist der auch in § 139 PatG so bezeichnete (vgl. Abs. 2 Sätze 2 und 3) Verletzer. Zu dem mit diesem Begriff umschriebenen, passivlegitimierten Personenkreis gehört auch der Spediteur oder Frachtführer, der objektiv patentverletzende Ware befördert und weiß oder sich nach den Umständen in zumutbarer Weise die Kenntnis verschaffen kann, dass es sich um Ware handelt, die ohne Zustimmung des Patentinhabers nicht hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu diesen Zwecken eingeführt oder besessen werden darf.

a) Verletzer ist zunächst, wer die patentierte Erfindung in eigener Person im Sinne des § 9 PatG unmittelbar benutzt oder wer als Teilnehmer im Sinne des § 830 Abs. 2 BGB eine fremde unmittelbare Benutzung im Sinne des § 9 PatG ermöglicht oder fördert (BGHZ 159, 221, 230 f. - Drehzahlermittlung). Diese Voraussetzungen waren, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, in der Person der Beklagten nicht erfüllt.

aa) Die Beklagte hat insbesondere keine erfindungsgemäßen Erzeugnisse zu dem Zweck in Besitz gehabt, diese in den Verkehr zu bringen (§ 9 Satz 2 Nr. 1 PatG). Zwar hat sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Besitz an den MP3-Playern erlangt. Das Besitzen eines Erzeugnisses ist jedoch nur dann eine verbotene Benutzungshandlung, wenn es zu dem Zweck erfolgt, das Erzeugnis in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen. Einen solchen Zweck verfolgte die Beklagte, die lediglich mit der Beförderung der Geräte befasst war, selbst nicht. Das bloße Verwahren oder Befördern patentverletzender Ware durch einen Lagerhalter, Frachtführer oder Spediteur erfolgt regelmäßig nicht zu den genannten qualifizierenden Zwecken (Benkard/Scharen, PatG, 10. Aufl., § 9 Rdn. 48; Kraßer, Patentrecht, 6. Aufl., § 33 II f). Allerdings wird von der markenrechtlichen Literatur überwiegend die Auffassung vertreten, bei Verwahrung oder Transport für einen Dritten sei dessen Zweckrichtung maßgeblich, ohne dass es auf die Kenntnis des unmittelbaren Besitzers von dieser Verwendungsabsicht ankomme; danach würden auch Lagerhalter, Spediteure oder Frachtführer qualifizierten Besitz im Sinne des § 14 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG ausüben (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 14 Rdn. 194; Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 14 Rdn. 95; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 14 Rdn. 475; ebenso OLG Köln WRP 2005, 1294, 1296; a.A. v. Schultz/Schweyer, Markenrecht, 2. Aufl., § 14 Rdn. 215). Dem kann jedoch jedenfalls für das Patentrecht nicht beigetreten werden. Denn würde für die Beurteilung der Benutzungshandlung eines unmittelbaren Besitzers die Verwendungsabsicht eines mittelbaren Besitzers für maßgeblich erachtet, würden ohne ausreichende Rechtfertigung die der Verantwortung des Besitzers nach § 9 PatG gezogenen Grenzen unterlaufen.

bb) Das Berufungsgericht hat zu Recht auch nicht in Betracht gezogen, dass die Beklagte es unternommen haben könnte, eine unmittelbare Benutzung der patentierten Erfindung durch Dritte im Sinne des § 9 PatG als Gehilfin zu ermöglichen oder zu fördern.

Sofern die Beklagte vor der Aussetzung der Überlassung eine tatsächliche Sachherrschaft über die MP3-Player begründet haben sollte, hätte sie die Einfuhr eines patentverletzenden Erzeugnisses zum Zwecke des Inverkehrbringen (§ 9 Satz 2 Nr. 1 PatG) zwar objektiv gefördert. Da jedoch nicht festgestellt ist, dass die Beklagte Kenntnis davon hatte, dass es sich bei den MP3-Playern um patentverletzende Erzeugnisse handelte, fehlte ihr der für eine Gehilfenstellung notwendige Vorsatz hinsichtlich der Haupttat.

Nach der Aussetzung der Überlassung musste die Beklagte es zwar für möglich halten, dass es sich bei den MP3-Playern um patentverletzende Geräte handelte, da die Aussetzung der Überlassung gerade aufgrund des Verdachts einer Patentverletzung erfolgte (Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1383/2003). Daraus ergab sich aber noch nicht der für eine Gehilfenstellung zumindest notwendige bedingte Vorsatz hinsichtlich der Haupttat. Dass die Beklagte allein aufgrund der Mitteilung, die beschlagnahmten Erzeugnisse stünden in Verdacht, ein Patent zu verletzen, eine solche Patentverletzung nunmehr billigend in Kauf nahm, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Revisionsbeklagte rügt nicht, dass es hierbei entsprechendes Klagevorbringen übergangen hätte.

b) Schuldner des Unterlassungs- und des Vernichtungsanspruchs ist jedoch nicht nur, wer in eigener Person einen der Benutzungstatbestände des § 9 PatG verwirklicht oder vorsätzlich die Verwirklichung des Benutzungstatbestands durch einen Dritten ermöglicht oder fördert. Verletzer und damit Schuldner ist vielmehr auch, wer die Verwirklichung des Benutzungstatbestands durch den Dritten ermöglicht oder fördert, obwohl er sich mit zumutbarem Aufwand die Kenntnis verschaffen kann, dass die von ihm unterstützte Handlung das absolute Recht des Patentinhabers verletzt. Die im Ausgangspunkt unterschiedlichen Erwägungen, mit denen die für den gewerblichen Rechtsschutz zuständigen Senate des Bundesgerichtshofs die Verantwortlichkeit nicht vorsätzlich handelnder Beteiligter an einer Schutzrechtsverletzung eingegrenzt haben, gelangen insoweit zu übereinstimmenden Ergebnissen.

aa) Für das Markenrecht unterscheidet der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wie folgt: Eine Haftung auf Unterlassung und Beseitigung einer Markenrechtsverletzung im Sinne des § 14 MarkenG komme nur für den Täter oder Teilnehmer dieser Markenrechtsverletzung in Betracht. Wer hingegen willentlich und adäquat kausal zur Schutzrechtsverletzung beitrage, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, könne nur als Störer auf Unterlassung oder Beseitigung in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB in Anspruch genommen werden. Um die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte zu erstrecken, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setze die Haftung als Störer die Verletzung von Prüfpflichten voraus, deren Umfang im Einzelfall nach Zumutbarkeitskriterien zu bestimmen sei (BGHZ 148, 13, 17 ff. - ambiente.de; BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; BGH, Urt. v. 30.4.2008 - I ZR 73/05, GRUR 2008, 702, 706 - Internet-Versteigerung III; vgl. auch Hacker in: Ströbele/Hacker, aaO, § 14 Rdn. 202 ff.; Ingerl/Rohnke, aaO, Vor §§ 14-19 Rdn. 29 ff.; Ekey in: Ekey/Klippel/Bender, MarkenR, 2. Aufl., § 14 MarkenG Rdn. 56; v. Schultz/Schweyer, aaO, § 14 MarkenG Rdn. 255). Ebenso entscheidet der I. Zivilsenat für das Urheber- und Geschmacksmusterrecht (Urt. v. 15.10.1998 - I ZR 120/96, GRUR 1999, 418 - Möbelklassiker). Dementsprechend werden teilweise auch für das Patentrecht die von der Rechtsprechung zum Marken- und Urheberrecht entwickelten Grundsätze herangezogen und zwischen der deliktsrechtlich begründeten Haftung von Tätern und Teilnehmern einerseits und der Störerhaftung analog § 1004 BGB andererseits unterschieden (Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 139 Rdn. 27; Keller, Festschrift für Ullmann, S. 449, 458 ff.; Schulte/Kühnen, aaO, § 139 Rdn. 21 und § 140a Rdn. 11; Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 3. Aufl., Rdn. 350 ff.).

bb) Im Wettbewerbsrecht ist der Bundesgerichtshof auf das Institut der Störerhaftung in den letzten Jahren nicht mehr zurückgekommen und hat eine täterschaftliche Haftung gemäß § 3 UWG für mittelbare Beeinträchtigungen des Wettbewerbs bei Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten anerkannt; letztere seien entsprechend den zur Störerhaftung entwickelten Grundsätzen zu prüfen (BGH, Urt. v. 12.7.2007 - I ZR 18/04, GRUR 2007, 890 Tz. 36 ff. - Jugendgefährdende Medien bei eBay; dazu eingehend Leistner/Stang, WRP 2008, 533 ff.). Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat die Inanspruchnahme eines Bundeslandes wegen Verletzung der Buchpreisbindung mit dessen Verantwortung als Störer begründet, sich zur Begründung der Einstandspflicht jedoch auf die deliktischen Teilnahmeregeln (§ 830 Abs. 2 BGB) gestützt (BGH, Urt. v. 24.6.2003 - KZR 32/02, GRUR 2003, 807, 808 - Buchpreisbindung).

cc) Die Heranziehung des Rechtsinstituts der Störerhaftung ist von einigen Autoren kritisiert und es demgegenüber für vorzugswürdig gehalten worden, das im Wettbewerbsrecht entwickelte Haftungskonzept für mittelbar verursachte Rechtsverletzungen auch auf das Recht des geistigen Eigentums zu übertragen (vgl. nur Ahrens, WRP 2007, 1281 ff.; Fürst, WRP 2009, 378 ff.; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, WettbewerbsR, 26. Aufl., § 8 UWG Rdn. 2.11 ff.; Köhler, GRUR 2008, 1, 6 f.; jeweils m.w.N.).

Im Ergebnis damit übereinstimmend werden von manchen auch im Patentrecht als Verletzer nur Täter oder Teilnehmer einer Patentverletzung in Betracht gezogen. Bei Verletzung einer Prüfungspflicht soll auch Verletzer sein, wer lediglich eine weitere Ursache für die Schutzrechtsverletzung gesetzt hat; jedoch wird hierfür auf den Begriff des Störers im Sinne des § 1004 BGB ausdrücklich nicht zurückgegriffen (Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 139 Rdn. 19). Dies ist indessen - jedenfalls grundsätzlich - nicht mit einer engeren oder anderen Definition des Kreises der Passivlegitimierten verbunden:

Nach der Rechtsprechung des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs setzt die Verantwortlichkeit für eine Patentverletzung nicht voraus, dass der in Anspruch genommene in seiner Person eine der in § 9 Satz 2 PatG bezeichneten Handlungen vornimmt (BGHZ 107, 46, 53 - Ethofumesat). Schuldner der Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und Vernichtung der verletzenden Gegenstände kann vielmehr auch sein, wer lediglich eine weitere Ursache für die Rechtsverletzung setzt, indem er eine von ihm ermöglichte Rechtsverletzung durch einen Dritten nicht unterbindet, obwohl dies von ihm zu erwarten wäre (BGHZ 142, 7, 12 f. - Räumschild). Für den Tatbestand des § 139 PatG ist - und Gleiches muss insoweit für § 140a PatG gelten - die Unterscheidung zwischen eigener und ermöglichter fremder Benutzung für unerheblich erachtet worden (BGHZ 159, 221, 230 f. - Drehzahlermittlung). Da jeder Beteiligte - gegebenenfalls neben anderen als Nebentäter im Sinne des § 840 Abs. 1 BGB - bereits für eine fahrlässige Patentverletzung einzustehen hat, hat der X. Zivilsenat für die täterschaftliche Schadensersatzverpflichtung grundsätzlich jede vorwerfbare Verursachung der Rechtsverletzung einschließlich der ungenügenden Vorsorge gegen solche Verstöße genügen lassen (BGHZ 171, 13 Tz. 17 - Funkuhr II; Beschl. v. 26.2.2002 - X ZR 36/01, GRUR 2002, 599 - Funkuhr I). Er hat damit dem Umstand Rechnung getragen, dass die Täterschaft bei einem Fahrlässigkeitsdelikt keine Tatherrschaft voraussetzt, der für die Fahrlässigkeitsdelikte geltende einheitliche Täterbegriff eine Unterscheidung zwischen Täter und Gehilfen vielmehr entbehrlich macht (Dannecker/Biermann in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., Vor § 81 Rdn. 69; eingehend Cramer/Heine in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. Vor §§ 25 ff. Rdn. 112 f.).

In der Sache ähnlich hat der I. Zivilsenat kürzlich in einem Urteil vom 11. März 2009 (I ZR 114/06, GRUR 2009, 597 - Halzband, für BGHZ vorgesehen) als Täter einer Markenverletzung denjenigen angesehen, der als Inhaber eines Mitgliedskontos bei der Internetplattform eBay eine Schutzrechtsverletzung dadurch ermöglicht hat, dass er seine persönlichen Zugangsdaten nicht hinreichend vor dem Zugriff durch seine Ehefrau gesichert hat. Der I. Zivilsenat hat hierin einen eigenen, gegenüber den eingeführten Grundsätzen der Störerhaftung und den gegebenenfalls bestehenden Verkehrspflichten im Bereich des Wettbewerbsrechts selbständigen Zurechnungsgrund gefunden (aaO Tz. 16).

dd) Diese im Einzelnen unterschiedlichen rechtlichen Erwägungen stimmen im Ergebnis darin überein, dass unvorsätzliches Handeln die Verantwortung für die unterstützte, von einem Dritten begangene Schutzrechtsverletzung nicht ausschließt, andererseits der Mitverursachungsbeitrag allein zur Begründung der Verantwortlichkeit nicht ausreicht, die Zurechnung der fremden Schutzrechtsverletzung vielmehr einer zusätzlichen Rechtfertigung bedarf. Sie besteht in der Regel in der Verletzung einer Rechtspflicht, die jedenfalls auch dem Schutz des verletzten absoluten Rechts dient und bei deren Beachtung der Mitverursachungsbeitrag entfallen oder jedenfalls als verbotener und daher zu unterlassender Beitrag des Handelnden zu der rechtswidrigen Handlung eines Dritten erkennbar gewesen wäre.

Denn ohne einen solchen Zurechnungsgrund würde die Einstandspflicht für die Verwirklichung des Tatbestands der Schutzrechtsverletzung uferlos und träfe denjenigen, der dem Patentverletzer Gewerberäume überlassen hat ebenso wie den Energieversorger, der ihm den für seinen Betrieb notwendigen elektrischen Strom zur Verfügung gestellt und damit die patentverletzende Produktion ermöglicht hat. Andererseits hat derjenige, der unter Verletzung einer Rechtspflicht den tatbestandlichen Erfolg mitverursacht, für diesen ebenso einzustehen, wie wenn er vorsätzlich zu ihm beitrüge. Nichts anderes hat der X. Zivilsenat mit der etwas verkürzten Formulierung zum Ausdruck gebracht, dass grundsätzlich jede vorwerfbare Verursachung der Rechtsverletzung einschließlich der ungenügenden Vorsorge gegen solche Verstöße zur Begründung der (Schadensersatz-)Verpflichtung des Fahrlässigkeitstäters genüge.

Da die Verletzung einer solchen Rechtspflicht den Handelnden nicht nur zum Verletzer im Sinne der §§ 139 Abs. 1, 140a PatG macht, sondern nach der ständigen Rechtsprechung des X. Zivilsenats auch den Vorwurf fahrlässigen Handelns im Sinne des § 139 Abs. 2 PatG zu begründen geeignet ist, ist es - jedenfalls grundsätzlich - bei Delikten, die wie die Patentverletzung auch fahrlässig begangen werden können, im Ergebnis ohne Belang, ob der Verletzer wie in § 1004 Abs. 1 BGB als Störer oder als Täter bezeichnet wird. Dies steht damit in Einklang, dass nach dem Wortlaut des § 139 PatG für den Unterlassungsanspruch aus § 139 Abs. 1 Satz 1 und den Schadensersatzanspruch aus § 139 Abs. 2 Satz 1 PatG hinsichtlich des jeweiligen Schuldners, abgesehen vom Erfordernis des Verschuldens, nicht unterschieden wird. In diesem Punkt stimmt die Rechtsprechung des X. Zivilsenats allerdings nicht mit derjenigen des I. Zivilsenats überein, nach der der als Störer qualifizierte Beteiligte gerade nicht zum Schadensersatz verpflichtet sein soll (BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 - Meißner Dekor I, m.w.N.). Im Streitfall, in dem nur der verschuldensunabhängige Vernichtungsanspruch in Rede steht, bedürfen die Voraussetzungen der Verpflichtung zum Schadensersatz für die fahrlässige Mitverursachung einer Schutzrechtsverletzung indessen keiner weiteren Erörterung.

c) Danach hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die Beklagte pflichtwidrig die patentverletzende Handlung eines Dritten, nämlich des Beklagten zu 1, unterstützt hat, der sich zum Zwecke des unerlaubten Inverkehrbringens im - durch die Beklagte und die Zollbehörden gemittelten - Besitz der patentverletzenden Erzeugnisse befunden hat.

aa) Eine Pflichtverletzung lag allerdings nicht darin, dass die Beklagte, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, die von T. China versandten MP3- Player für den Beklagten zu 1 als bestimmungsgemäßen Empfänger in Verwahrung genommen hat, ohne zuvor geprüft zu haben, ob es sich bei den Geräten um patentverletzende Erzeugnisse handelte.

Zwar kann die Tätigkeit des Spediteurs oder Frachtführers das Risiko von Patentverletzungen erhöhen. Eine generelle Prüfungspflicht im Hinblick auf Schutzrechtsverletzungen durch die transportierte Ware trifft ihn aber anerkanntermaßen nicht (BGH, Urt. v. 15.1.1957 - I ZR 56/55, GRUR 1957, 352, 354 - Taeschner/Pertussin II). Der Spediteur oder Frachtführer ist regelmäßig selbst nicht in der Lage, das ihm anvertraute Transportgut auf Schutzrechtsverletzungen zu überprüfen. Die Postulierung einer entsprechenden Rechtspflicht würde seine Tätigkeit nicht nur erheblich verteuern und komplizieren, sie wäre auch nicht zu rechtfertigen, da sie zum Schutz des immateriellen Rechtsguts nicht erforderlich ist. Dieser Schutz wird vielmehr grundsätzlich dadurch gewährleistet, dass jeder, der den geschützten Gegenstand herstellt, anbietet, in den Verkehr bringt oder gebraucht oder ihn zu diesen Zwecken einführt oder besitzt, auf die Wahrung des Ausschließlichkeitsrechts des Patentinhabers Bedacht zu nehmen hat (vgl. BGHZ 75, 96, 106 f.; Köhler, aaO, § 8 UWG Rdn. 2.15).

bb) Die Beklagte hat jedoch dadurch pflichtwidrig gehandelt, dass sie den objektiv patentverletzenden Besitz des Beklagten zu 1 weiterhin gefördert hat, nachdem sie von der Klägerin oder der Zollbehörde darauf aufmerksam gemacht worden war, dass es sich bei der Ware um patentverletzende Erzeugnisse handele oder jedenfalls handeln könne.

(1) Das Bestehen und der Umfang einer Rechtspflicht zur Vermeidung eines schutzrechtsverletzenden Erfolgs richtet sich im Einzelfall nach der Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen; es kommt entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Falles ein Tätigwerden zuzumuten ist (BGHZ 107, 46, 63 - Ethofumesat; BGH, Urt. v. 12.7.2007 - I ZR 18/04, GRUR 2007, 890, 894 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Schutzbedürftigkeit des Verletzten und der Zumutbarkeit von Prüfungs- und Handlungspflichten, die von Dritten zu beachten sind: Je schutzwürdiger der Verletzte, desto mehr Rücksicht auf seine Interessen kann dem Dritten zugemutet werden. Je geringer andererseits das Schutzbedürfnis, desto kritischer ist zu prüfen, ob von dem Dritten erwartet werden muss, Schutzrechtsverletzungen aufzuspüren und gegebenenfalls abzustellen oder zu verhindern.

(2) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Pflicht zur Einholung von Erkundigungen und gegebenenfalls zur eigenen Prüfung der Ware mit der möglichen Folge einer Eingreifpflicht entstehe für den Spediteur, wenn er von der Möglichkeit einer Schutzrechtsverletzung Kenntnis erlange (s. auch Cordes, GRUR 2007, 483, 488). Dies erweist sich jedenfalls für den Streitfall als zutreffend.

Der Spediteur darf sich nur so lange ohne weiteres darauf verlassen, dass von dem Versender oder Empfänger die absoluten Rechte Dritter beachtet werden, wie ihm nicht konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Rechte tatsächlich nicht beachtet worden sind und er - der Spediteur - folglich an der unerlaubten Handlung eines Dritten mitwirkt. Ergeben sich solche Anhaltspunkte, muss der Spediteur die zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um den Verdacht der Schutzrechtsverletzung aufzuklären. Ergibt die Aufklärung, dass eine Schutzrechtsverletzung vorliegt, darf der Spediteur die Mitwirkung an der objektiv rechtswidrigen Handlung des Dritten ebenso wenig fortsetzen, wie er sonst vorsätzlich eine Schutzrechtsverletzung unterstützen darf. Kann hingegen der Verdacht der Schutzrechtsverletzung ausgeräumt werden oder ist mit den ihm möglichen und zumutbaren Mitteln eine Klärung der Rechtslage nicht erreichbar und eine Schutzrechtsverletzung mithin nicht positiv festzustellen, ist der Spediteur nicht gehindert, seinen Auftrag auszuführen, auch wenn dies objektiv die Förderung einer Patentverletzung bedeutet. Denn in diesem Fall fällt ihm nicht der Vorwurf zur Last, eine erkennbar rechtswidrige Handlung zu unterstützen.

Die Annahme der Revision, eine Prüfpflicht setze die positive Kenntnis der Schutzrechtsverletzung voraus, geht danach fehl. Weiß der Spediteur um die Schutzrechtsverletzung, bedarf es keiner Prüfung mehr. Die Prüfungspflicht ist eine Sekundärpflicht, die gerade dann eingreift, wenn die Schutzrechtsverletzung möglich, aber nicht sicher ist. Der Spediteur hat dann das ihm Zumutbare zu unternehmen, um Klarheit darüber zu gewinnen, ob er die ihm aufgetragene Dienstleistung fortführen darf oder ob er dies zu unterlassen hat, weil er damit die Verletzung absoluter Rechte Dritter fördern oder ermöglichen würde.

Dabei dürfen an die Prüfung des Spediteurs allerdings keine überhöhten, seine geschäftliche Betätigung unzumutbar erschwerenden Anforderungen gestellt werden. Die Beurteilung der Zumutbarkeit im Einzelfall obliegt dem Tatrichter und ist revisionsrechtlich nur daraufhin zu überprüfen, ob sämtliche rechtlich erheblichen Gesichtspunkte in die Abwägung der beiderseitigen Interessen einbezogen worden sind.

Hieran gemessen ist es zunächst nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht es für zumutbar gehalten hat, dass die Beklagte ihren Auftraggeber über den Verdacht der Patentverletzung unterrichtete und von diesem hierzu nähere Informationen und Weisungen einholte. Blieben diese Informationen aus, wie die Beklagte vorgetragen hat, ist es auch nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht angenommen hat, dass es die Beklagte bei dem fruchtlosen Versuch, eine Patentverletzung auf diesem Wege auszuschließen, nicht belassen durfte, sondern sich auf anderem Wege um Klärung der Sach- und Rechtslage bemühen musste. Trifft die im vorliegenden Zusammenhang revisionsrechtlich zugrunde zu legende Annahme des Berufungsgerichts zu, dass die dem einschlägigen Standard entsprechende Ausgestaltung der Abspielgeräte auf die Verletzung des Klagepatents schließen lässt, hätte sich auch die Beklagte, gegebenenfalls mit sachkundiger Hilfe, diese Kenntnis verschaffen können.

(3) Die Beklagte hat den patentverletzenden Besitz des Beklagten zu 1 ungeachtet dessen weiter gefördert, dass sie nach Mitteilung des Verdachts der Patentverletzung den Besitz des Beklagten zu 1 nicht durch aktives Handeln unterstützt hat. Denn es genügt, dass sie diesen patentverletzenden Besitz, den sie mit der Ingewahrsamnahme der Ware begründet hatte, und damit einen Störungszustand, dem das Patentgesetz mit dem Vernichtungsanspruch des Patentinhabers nach § 140a PatG begegnet, weiterhin aufrechterhielt. Dieser Störungszustand konnte nur durch die Vernichtung der patentverletzenden Erzeugnisse beendet werden, da der Patentinhaber eine andere Form der Beseitigung nicht ohne Weiteres hinnehmen muss, sich insbesondere nicht damit begnügen muss, dass der Verletzer die Absicht aufgibt, die patentverletzenden Erzeugnisse in den Verkehr zu bringen.

(4) Der revisionsrechtlichen Nachprüfung hält es schließlich auch stand, dass das Berufungsgericht die Klägerin nicht auf die Inanspruchnahme des Beklagten zu 1 verwiesen hat. Zwar kann eine nähere Prüfung der beschlagnahmten Ware (und deren nachfolgende Vernichtung) dem Spediteur dann nicht zuzumuten sein, wenn der unmittelbare Verletzer von dem Berechtigten bereits in Anspruch genommen worden ist oder ohne größere Schwierigkeiten in Anspruch genommen werden kann und ein solches Vorgehen geeignet und ausreichend erscheint, den Störungszustand zu beseitigen und drohende weitere Verletzungshandlungen zu verhindern. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall aber nicht vor. Der Klägerin war zwar mit dem Beklagten zu 1 der Anmelder im Sinne des Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1383/2003 und zugleich Empfänger der patentverletzenden Erzeugnisse bekannt. Dieser hat jedoch nach den Feststellungen des Landgerichts den Verletzungsvorwurf weder bestätigt noch ausgeräumt, sondern der Klägerin mit Anwaltsschreiben mitgeteilt, er habe keine Einwände gegen die Vernichtung der beschlagnahmten MP3-Player, weil er mit der Sendung nichts zu tun habe, nicht Eigentümer sei und auch keine sonstigen Rechte an diesen Gegenständen habe. Damit konnte die Klägerin einerseits, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, die Vernichtung der beschlagnahmten Ware nicht erreichen, andererseits bestätigte die Leugnung der Verantwortlichkeit des Empfängers der Ware eher den Verdacht der Patentverletzung, als dass es ihn auszuräumen geeignet gewesen wäre. Die Beklagte konnte hierdurch von ihrer eigenen Verantwortlichkeit nicht entlastet werden.

2. Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass sich die Beklagte ihrerseits im Besitz der patentverletzenden Erzeugnisse befunden hat und daher auch diese Voraussetzung für ihre Passivlegitimation erfüllt ist.

Dafür kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte vor der Beschlagnahme zunächst die unmittelbare Verfügungsgewalt über die MP3-Player erlangte oder ob die Ware direkt von der Luftfrachtgesellschaft in die unmittelbare Verfügungsgewalt der Zollbehörden gelangt ist. Für die Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses ist nicht erforderlich, dass der mittelbare Besitzer zuvor unmittelbaren Besitz innehatte (BGH, Beschl. v. 12.5.1999 - XII ZR 134/97, NJW-RR 1999, 1239, 1240; Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 868 Rdn. 6). Maßgeblich ist, ob ein Besitzmittlungsverhältnis begründet wird.

Dies war hier nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. Im Rahmen der Überführung von Waren in ein Zollverfahren hat der Anmelder gemäß Art. 73 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (im Folgenden: Zollkodex) grundsätzlich einen Anspruch auf Überlassung der bis dahin gemäß Art. 50 Zollkodex vorübergehend verwahrten Waren, sofern für diese keine Verbote oder Beschränkungen gelten. Dieses Verhältnis zwischen der Zollbehörde und dem Anmelder der Waren im Sinne des Art. 4 Nr. 18 Zollkodex ist geprägt durch die Anerkennung eines zeitlich begrenzten und inhaltlich konkretisierten Besitzrechts der Zollbehörde gegenüber dem Anmelder und stellt damit ein öffentlichrechtlich begründetes Besitzmittlungsverhältnis dar. Anmelder im Sinne dieser Vorschriften war der Beklagte zu 1, weil die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen von diesem den Auftrag zur zollamtlichen Behandlung der Sendung eingeholt hatte. Da die Beklagte aber die Anmeldung für den Beklagten zu 1 vorgenommen hatte und die Waren nach der Überlassung durch die Zollbehörde (wieder) in Empfang nehmen und an den Beklagten zu 1 ausliefern sollte, ergab sich ein weiteres Besitzmittlungsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Beklagten zu 1, so das ein mehrstufiges Besitzmittlungsverhältnis bestand, bei dem die Zollbehörde der Beklagten, diese aber dem Beklagten zu 1 den Besitz mittelte.

Die vom Hauptzollamt angeordnete Aussetzung der Überlassung ändert am Bestehen dieses Besitzmittlungsverhältnisses nichts. Hierdurch wird lediglich der Zeitpunkt der Überlassung nach Art. 73 Abs. 1 Zollkodex hinausgeschoben, bis entweder die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1383/2003 erfüllt sind oder nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgestellt wird, dass die Ware kein Schutzrecht verletzt. Aufgrund dessen ist die Rüge der Revision (s. auch OLG Köln WRP 2005, 1294, 1296) unbegründet, mit der Anordnung der Aussetzung der Überlassung durch das Hauptzollamt sei der Besitz der Beklagten entfallen.

IV. Für das erneute Berufungsverfahren weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht die Überzeugung, dass die angegriffenen Geräte nach dem MPEG-Audio-Standard arbeiten, gegebenenfalls auch allein aufgrund des Klagevorbringens gewinnen kann, sofern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Decodierung von MPEG-Dateien auch in einer Weise erfolgen könnte, die nicht den Schluss auf eine Benutzung des Klagepatents erlaubt.

Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens Achilles Berger Vorinstanzen:

LG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.04.2006 - 4a O 1/06 -

OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 29.11.2007 - I-2 U 51/06 -