VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.04.1996 - 5 S 1140/95
Fundstelle
openJur 2013, 10050
  • Rkr:

1. Soll ein als Satzung beschlossener Bebauungsplan nach partieller Beanstandung im Anzeigeverfahren nur für einen unbeanstandet gebliebenen räumlich und sachlich abtrennbaren Teil in Kraft gesetzt werden, so liegt darin regelmäßig keine Änderung des Entwurfs im Sinne von § 3 Abs 3 S 1 BauGB, weshalb es keiner erneuten Auslegung bedarf.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit eines Bebauungsplans.

Am 05.04.1990 faßte der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Beschluß, für einen im bebauten Stadtgebiet gelegenen Bereich zwischen der S. straße im Westen, der B.-Straße im Süden und dem Gelände der Deutschen Bahn im Norden einen Bebauungsplan aufzustellen. Anlaß hierfür war die Absicht der Deutschen Bahn, einen Teil ihres Betriebsgeländes des Bahnhofs P. aus dem Bahnbetrieb auszugliedern und als gewerbliches Bauland für die Errichtung von Güterhallen und einer Stückgutabfertigung zur Verfügung zu stellen. Außer dem bahneigenen Grundstück Flurstück Nr. 5/10 und Teilen des Bahnhofsgrundstücks Flurstück Nr. 5/8, nämlich der Ladestraße, war auch die Einbeziehung der Grundstücke Flurstücke Nr. 1743/88, 1743/66 sowie der dem Antragsteller gehörenden Grundstücke Flurstücke Nr. 1743/2 und 1743/43 vorgesehen. Das Plangebiet wird außer für Bahnzwecke gewerblich genutzt, ebenso der nördlich davon gelegene Bereich. Südlich der B.-Straße befindet sich dichte Wohnbebauung.

Der Planentwurf sah die Ausweisung eines Sondergebiets mit der Zweckbestimmung für eine Güterhalle und Stückgutabfertigung im östlichen Planbereich und ein eingeschränktes Gewerbegebiet im westlichen Planbereich vor, zu dem auch die Grundstücke des Antragstellers gehören. Alternativ hierzu wurde für diesen Bereich ein Mischgebiet in Betracht gezogen. Die Erschließung des Plangebiets sollte über die Ladestraße der Bahn erfolgen, direkte Zufahrten von der B.-Straße sollten - vom Bestandsschutz abgesehen - entfallen.

Die Antragsgegnerin gab den Aufstellungsbeschluß im "Südkurier" vom 25.04.1990 bekannt. Sie beteiligte die Träger öffentlicher Belange und führte die Bürgerbeteiligung durch. Nach deren Abschluß faßte der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 28.02.1991 den Beschluß, an der in erster Linie vorgesehenen Ausweisung eines eingeschränkten Gewerbegebiets für den westlichen Planbereich festzuhalten, und lehnte damit dessen Bestimmung zum Mischgebiet ab. Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 19.12.1991 Einwendungen. Er verwies auf seine - vom Gemeinderat am 05.04.1990 zurückgestellte - Bauvoranfrage für das ihm gehörende Flurstück Nr. 1743/2. Die Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets vereitele seine Absicht, ein Wohnhaus und Geschäftshaus mit dringend benötigten Studentenappartements zu errichten. Demgegenüber bestehe für gewerbliche Bebauung in K. kein Bedarf. Die GEe-Ausweisung widerspreche dem Charakter der Umgebungsbebauung, die nur teilweise durch gewerbliche Nutzungen, überwiegend aber durch Wohnnutzung geprägt sei.

In seiner Sitzung vom 12.03.1992 stimmte der Gemeinderat dem Bebauungsplanentwurf mit textlichen Festsetzungen und Begründung zu und beschloß die öffentliche Auslegung sowie die Benachrichtigung der Träger öffentlicher Belange, was in der Folgezeit auch geschah (Bekanntmachung der Auslegung im "Südkurier" vom 18.03.1992, Auslegung des Planentwurfs vom 27.03. bis 27.04.1992).

Mit Schreiben vom 23.04.1992 erneuerte der Antragsteller seine Bedenken gegen die für sein Grundstück festgesetzte Art der baulichen Nutzung, außerdem befürwortete er statt der vorgesehen Gebäudehöhe von 17 m eine solche von 20 m sowie höhere Nutzungsziffern. Ferner kritisierte er, daß sein Grundstück keine Einfahrt und Ausfahrt zur B.-Straße erhalten solle. Damit werde seinem Grundstück die ordnungsgemäße Erschließung entzogen; die Antragsgegnerin setze sich zudem in Widerspruch zu einer Regelung in dem mit ihm geschlossenen Tauschvertrag vom 21.06.1985, worin sie sich verpflichtet habe, die Zufahrt mit Lastzügen zu ermöglichen.

Am 27.05.1993 befaßte sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin mit den Bedenken und Anregungen. Er beschloß den Planentwurf u.a. mit der Änderung, daß das Einfahrtverbot und Ausfahrtverbot vom Grundstück Flurstück Nr. 1743/2 des Antragstellers zur B.-Straße entfällt.

In dem von der Antragsgegnerin eingeleiteten Anzeigeverfahren rügte das Regierungspräsidium F. mit Erlaß vom 22.12.1993 die Verletzung von Rechtsvorschriften, nämlich die Überplanung von Flächen der Deutschen Bahn, für die der Vorrang der Fachplanung nach § 38 BauGB gelte und die somit der kommunalen Planungshoheit entzogen seien.

Hiergegen erhob die Antragsgegnerin Widerspruch und bemühte sich, die Entwidmung der bisherigen Ladestraße durch die Deutsche Bahn zu erreichen. Da diese Bemühungen mißlangen, beantragte die Antragsgegnerin beim Regierungspräsidium F., die Beanstandung auf diejenigen Teilbereiche des Plangebiets zu beschränken, für deren Erschließung die Ladestraße erforderlich sei.

Diesem Begehren entsprach das Regierungspräsidium F. in seinem Erlaß vom 03.01.1995.

Am 16.02.1995 faßte der Gemeinderat der Antragsgegnerin einen Beitrittsbeschluß des Inhalts, daß der Bebauungsplan, soweit er unbeanstandet geblieben ist, also für den westlichen Teil des Plangebiets, gelten solle. Anschließend wurde das Verfahren nach § 12 BauGB durchgeführt (vgl. die Bekanntmachung im "Südkurier" vom 16.03.1995, in der auch über die Rechtsfolgen der Verletzung von Verfahrensvorschriften und Formvorschriften hingewiesen wurde).

Am 25.04.1995 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg das Normenkontrollverfahren eingeleitet und zur Begründung im wesentlichen geltend gemacht: Er sei antragsbefugt, denn der Bebauungsplan verwehre ihm durch die Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets, sein Grundstück Flurstück Nr. 1743/2 mit einem Wohnhaus und Geschäftshaus zu bebauen. Bei Ungültigkeit des Bebauungsplans sei Wohnbebauung gemäß § 34 BauGB zulässig. Der Bebauungsplan leide an Formfehlern und Verfahrensfehlern. Er sei in sich widersprüchlich, nicht verständlich, nicht vollziehbar und allgemein unbestimmt. In räumlicher Hinsicht sei das Plangebiet im Vergleich zum Entwurf um zwei Drittel der Fläche reduziert. Deshalb seien die textlichen Festsetzungen weitgehend gegenstandslos geworden; das gleiche gelte auch für den Gestaltungsplan und die Begründung. Ein derart widersprüchlicher Bebauungsplan verletze den Grundsatz der Normenklarheit. Der Beitrittsbeschluß des Gemeinderats sei inhaltlich eine Satzungsänderung. Die Ladestraße falle weg, wodurch die Bebauungsplanung für das gesamte Gebiet in Frage gestellt sei. Es bleibe ein Plantorso übrig, der nur noch auf die Verhinderung der Bauabsichten des Antragstellers abziele. Damit fehle es an der Planrechtfertigung. Hinzu komme ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot. Bei Festsetzung der maximalen Bauhöhe auf 17 m sei die Antragsgegnerin von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen. In unmittelbarer Nähe befänden sich nämlich Gebäude mit einer Höhe von 20 m. Dies habe der Gemeinderat übersehen. Ein Grund für die Ungleichbehandlung sei nicht erkennbar. Des weiteren sei der Gemeinderat zu Unrecht davon ausgegangen, daß vom nördlich gelegenen Bahnareal erhebliche Lärmbelastungen ausgingen. Auch dies sei unzutreffend. Der Gemeinderat habe sich von einer Studie der ... in L. leiten lassen und daraus eine Knappheit an Gewerbeflächen im K.er Stadtgebiet abgeleitet. Er habe dabei die Studie aber nicht richtig verstanden. Diese wolle keineswegs eine weitere Wohnbebauung oder eine gemischte Bebauung einschränken, sondern ziele lediglich darauf ab, vor allem die Altstadt und die Stadtteilzentren zu stärken und großflächige Einzelhandelsbetriebe sowie Vergnügungsstätten auszuschließen. Angesichts der Wohnraumknappheit in K. liege ein Abwägungsfehler auch darin, daß die Zielvorgabe des Wohnungsbau-Erleichterungsgesetzes, dringendem Wohnbedarf der Bevölkerung besonders Rechnung zu tragen, mißachtet worden sei. Die teilweise Inkraftsetzung des Bebauungsplans erweise sich als reine Verhinderungsplanung gegenüber dem Antragsteller.

Der Antragsteller beantragt,

den Bebauungsplan "..." der Antragsgegnerin vom 27. Mai 1993/16. Februar 1995 für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag abzuweisen.

Sie entgegnet: Die Antragsbefugnis des Antragstellers sei unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben anzuzweifeln. In einem Planfeststellungsverfahren für den Ausbau der B.-Straße habe der Antragsteller wegen des für den Straßenbau benötigten Grundstücksverlustes eine Existenzgefährdung seiner Baustoffhandlung geltend gemacht. Deswegen sei ihm im T. das Grundstück Flurstück Nr. 1743/2 überlassen worden. Es widerspreche Treu und Glauben, einen Bebauungsplan anzugreifen, der die als existenznotwendig bezeichnete gewerbliche Nutzung zulasse, und statt dessen die Zulassung von Wohnnutzung zu verlangen. Auch das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers sei fraglich, weil ein Wohnhaus und Geschäftshaus gemäß § 34 BauGB nicht genehmigungsfähig sei. Die B.-Straße trenne die nördlich von ihr vorherrschende Gewerbenutzung von der Wohnnutzung auf der Südseite. Die vom Antragsteller gerügten Formfehler und Verfahrensfehler lägen nicht vor. Aufgrund des Beitrittsbeschlusses des Gemeinderats habe der Bebauungsplan ohne erneute Offenlegung und Anzeige in Kraft gesetzt werden dürfen. Der Teilbebauungsplan genüge auch dem Bestimmtheitsgebot. Durch die Benennung der zum Plangebiet gehörenden Grundstücke seien etwaige Zweifel über den räumlichen Geltungsbereich ausgeräumt. Die textlichen Festsetzungen seien im Zusammenhang mit den übrigen Bestandteilen des Bebauungsplans zu sehen und zu interpretieren. Ihre Geltung ergebe sich daraus eindeutig. Auch die Planbegründung entspreche den Anforderungen. Die Planrechtfertigung sei daraus ohne weiteres ersichtlich, die hierfür angeführten Gründe gemessen an den Anforderungen der Rechtsprechung nicht zu beanstanden. Für den westlichen Teil des Plangebiets habe der Bebauungsplan in Kraft treten können, weil für dessen Erschließung die Ladestraße, um deren Entwidmung durch die Deutsche Bahn sich die Antragsgegnerin erfolglos bemüht habe, nicht benötigt werde. Der Antragsteller verhalte sich auch insofern widersprüchlich, als er sich im Bebauungsplanverfahren für eine Einfahrt und Ausfahrt auf der Südseite eingesetzt habe, im Normenkontrollverfahren sich aber auf die fehlende Erschließung über die Ladestraße berufe. Die festgesetzte Gebäudehöhe liege im Rahmen der Umgebungsbebauung; eine Gebäudehöhe von 20 m sei städtebaulich an dieser Stelle nicht vertretbar. Die Nachbargebäude seien erheblich niedriger. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin habe sich auch über die Lärmbelastung des Gebiets nicht getäuscht. Aus einer Stellungnahme der Deutschen Bahn gehe hervor, daß die Strecke täglich von 125 Zügen befahren werde; auch am Wochenende vermindere sich die Zahl kaum. Hinzu kämen die Verladeeinrichtungen der Bahn. § 1 BauGB-MaßnahmenG enthalte kein striktes Gebot der Schaffung von Wohnraum; das Planungsermessen der Gemeinde bleibe grundsätzlich erhalten. Auch die Ausführungen des Antragstellers zu dem GMA-Gutachten gingen fehl. Dieses Gutachten sei entgegen der Behauptung des Antragstellers für die Ausweisung eines Gewerbegebiets und die Ablehnung eines Mischgebiets nicht ausschlaggebend gewesen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die dem Senat vorliegenden Bebauungsplanakten verwiesen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg. Er ist zulässig (dazu unter I), aber nicht begründet (siehe II).

I. Ein die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO begründender Nachteil des Antragstellers ist darin zu sehen, daß die Festsetzung eines (eingeschränkten) Gewerbegebiets die Bebauung seines Grundstücks Flst. Nr. 1743/2 mit Wohnungen unzulässig macht. Die von ihm erstrebte und von der Antragsgegnerin in Erwägung gezogene Ausweisung als Mischgebiet ließe diese Nutzung hingegen zu (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Auf die von der Antragsgegnerin aufgeworfene Frage, ob im Falle der Ungültigkeit des Bebauungsplans auf dem Grundstück des Antragstellers gemäß § 34 BauGB Wohnbebauung zulässig wäre, kommt es nicht an.

Auch die von der Antragsgegnerin unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben erhobenen Zweifel an der Zulässigkeit des Antrags sind nicht berechtigt. Zwar mag es zutreffen, daß der Antragsteller als Entschädigung für den Verlust von Grundstücksflächen, den er infolge des Ausbaus der B.-Straße vor ca. 12 Jahren erlitten hatte, gewerbliche Flächen verlangte, weil er zur Aufrechterhaltung seines Baustoffhandels existenznotwendig darauf angewiesen war, und er deshalb im T.e das Grundstück Flst. Nr. 1743/2 erhielt. Seine heutige Forderung, dieses Grundstück für Wohnzwecke nutzen zu dürfen, kann jedoch deshalb nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben gewertet werden, weil der Antragsteller nach seinen unwidersprochen gebliebenen Angaben in der mündlichen Verhandlung keinen Baustoffhandel mehr unterhält, sondern seinen Betrieb im Jahre 1990 auflöste.

II. Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.. Der angegriffene Bebauungsplan "..." der Antragsgegnerin vom 27.05.1993/16.02.1995 ist gültig. Er verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Einhaltung von Formvorschriften und Verfahrensvorschriften wie auch mit Rücksicht auf materiell-rechtliche Anforderungen.

1. Der Antragsgegnerin sind keine beachtlichen Verfahrensfehler unterlaufen. Auch der Antragsteller hat die Verfahrensschritte bis zum Erlaß des Regierungspräsidiums F. im Anzeigeverfahren gemäß § 11 Abs. 3 BauGB nicht beanstandet. Gerügt wird freilich, wenn auch eher am Rande, daß nach der am 03.01.1995 erfolgten "teilweisen Freigabe" durch das Regierungspräsidium kein neues Anhörungsverfahren erfolgt, vielmehr lediglich der Beitrittsbeschluß des Gemeinderats ergangen sei. Indes ist diese Rüge nach der maßgeblichen Vorschrift des § 3 Abs. 3 BauGB unberechtigt. Nach Satz 1 dieser Bestimmung gilt der Grundsatz, daß bei Änderung des Planentwurfs erneut ein Beteiligungsverfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB durchzuführen ist. Satz 2 dieser Vorschrift erklärt eine erneute öffentliche Auslegung für entbehrlich, wenn durch die Änderung des Entwurfs eines Bebauungsplans die Grundzüge der Planung nicht berührt werden oder Änderungen im Umfang geringfügig oder von geringer Bedeutung sind.

Im vorliegenden Fall kann schon nicht von einer Änderung des Planentwurfs gesprochen werden. Denn für das Teilgebiet, für das der Bebauungsplan aufgrund des Beitrittsbeschlusses vom 16.02.1995 und der Bekanntmachung vom 16.03.1995 schließlich in Kraft gesetzt wurde, unterscheiden sich die normativen Regelungen des Bebauungsplans nicht von den Regelungen des Entwurfs, den der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 27.05.1993 als Satzung beschloß. Im Vergleich zu dem Planentwurf, der Gegenstand des Auslegungsverfahrens und Beteiligungsverfahrens war, liegt eine Änderung vor, jedoch lediglich für das Grundstück Flst. Nr. 1743/2 des Antragstellers. Seiner Anregung entsprechend wurde für dieses Grundstück eine zweite Zufahrtsmöglichkeit über die B.-Straße geschaffen. Diese Ergänzung des Entwurfs, welche die Grundzüge der Planung unberührt ließ und zudem im Umfang geringfügig war, verlangte gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 BauGB keine erneute Auslegung und verlangte dies folglich auch nicht vor Fassung des Beitrittsbeschlusses vom 16.02.1995.

Aber auch wenn man die räumliche Einschränkung des Plangebiets unter Beibehaltung der Festsetzungen als Änderung im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 2 BauGB ansehen wollte, hätte es eines erneuten Beteiligungsverfahrens nicht bedurft. Die Grundzüge der Planung sind nicht deshalb betroffen, weil die bisher vorgesehene Erschließung des Plangebiets über die bahneigene Ladestraße nunmehr entfällt. Zwar ergibt sich aus den Verfahrensakten der Antragsgegnerin, daß es ihr nicht unerheblich darauf ankam, infolge der festgesetzten gewerblichen Nutzung für das Plangebiet keinen neuen Verkehr auf der B.-Straße zu erzeugen, welcher der südlich der Straße vorhandenen Wohnnutzung abträglich ist. Deshalb wurde bei der im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung durchgeführten Informationsveranstaltung vom 19.12.1990 betont, daß die Verkehrserschließung über die bundesbahneigene Ladestraße erfolge, deren Anschluß auf eine mögliche Unterführung der S. straße abgestimmt sei. Obwohl die Ladestraße nun nicht mehr in den räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans fällt, ist eine wesentliche Änderung der Erschließungskonzeption deshalb zu verneinen, weil mit der räumlichen Beschränkung des Plangebiets insbesondere auch das Grundstück Flst Nr. 5/10, für das eine intensive gewerbliche Nutzung vorgesehen war, aus dem Planbereich ausgeschieden ist, während die westlich gelegenen Grundstücke, für die der Plan in Kraft getreten ist, schon bisher über die B.-Straße anzufahren waren.

Im übrigen wäre eine - unterstellte - Änderung jedenfalls von geringer Bedeutung. Durch die Reduzierung des Plangebiets werden Belange Dritter, insbesondere der Anwohner südlich der B.-Straße, oder öffentliche Belange nicht wesentlich betroffen. Dies wird vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht.

Fehl geht auch die weitere, vom Antragsteller allerdings nicht vertiefte Rüge, daß nach Erlaß der Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde vom 03.01.1995 ein erneuter Satzungsbeschluß habe erfolgen müssen. Denn einen solchen Satzungsbeschluß stellt der Beitrittsbeschluß des Gemeinderats vom 16.02.1995 dar.

Ebensowenig bedurfte es danach nochmals der Durchführung eines Anzeigeverfahrens, wie der Antragsteller meint. Dieses ist vielmehr mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 16.09.1993 eingeleitet worden und hat mit dem Erlaß vom 03.01.1995 für den in Kraft gesetzten Teil des Bebauungsplans seinen Abschluß gefunden.

2. Nicht begründet ist der weitere in formeller Hinsicht erhobene Einwand des Antragstellers, der Bebauungsplan in der am 16.03.1995 bekanntgemachten Fassung genüge nicht den an eine Norm aus rechtsstaatlichen Gründen zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen. Für die im Lageplan zum Bebauungsplan enthaltenen zeichnerischen Festsetzungen kann dies mit Recht deshalb nicht behauptet werden, weil der räumliche Geltungsbereich durch Eintragung einer Grenzlinie eindeutig bestimmt wird. Außerdem enthält der Lageplan hierzu eine schriftliche Erläuterung.

Auch hinsichtlich der textlichen Festsetzungen greift der Einwand unzureichender Bestimmtheit letztlich nicht durch. Freilich wurden die textlichen Festsetzungen auf den geänderten Geltungsbereich des Bebauungsplans nicht abgestimmt mit der Folge, daß darin Regelungen, die wegen der räumlichen Änderung gegenstandslos geworden sind, nicht gestrichen wurden. Dies gilt insbesondere, soweit die textlichen Festsetzungen Aussagen zum Sondergebiet machen, das für den westlichen Teil des ursprünglichen Plangebiets vorgesehen war (vgl. I, Nr. 1.2, Nr. 1.3 sowie II Nr. 1.2.3). Daraus die Schlußfolgerung zu ziehen, der Bebauungsplan widerspreche dem Grundsatz der Normenklarheit, geht jedoch zu weit. Vielmehr ist bei verständiger Würdigung des gesamten Plans, also einschließlich des Lageplans und der in ihm enthaltenen oben erwähnten Erläuterung des Geltungsbereichs hinreichend klar, welche textlichen Festsetzungen Geltung erlangt haben und welche nicht. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, daß auch der Gestaltungsplan eine räumliche Anpassung vermissen läßt. Er ist kein Bestandteil des Bebauungsplans, dem normative Wirkung zukäme; im übrigen ist auch insoweit auf den Gesamtzusammenhang abzustellen.

Entsprechendes gilt für die Begründung des Bebauungsplans, die in Teilen, aber keineswegs in vollem Umfang obsolet ist. Deshalb kann auch nicht davon gesprochen werden, daß eine Begründung des Plans überhaupt fehlt, was gegen § 9 Abs. 8 BauGB verstieße. Die bloße Unvollständigkeit der Begründung ist hingegen gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich. Abgesehen davon enthält der Begründungstext nicht zu wenige, sondern zu viele Ausführungen, was kaum als Unvollständigkeit interpretiert werden kann.

Die räumliche Verkleinerung des Plangebiets aufgrund der Geltendmachung von Rechtsverletzungen durch das Regierungspräsidium F. kommt schließlich auch in der Bekanntmachung vom 16.03.1995 zum Ausdruck. Das Plangebiet wird unter Angabe der Flurstücksnummern genau bezeichnet.

3. Soweit der Antragsteller unter der Überschrift "Beitrittsbeschluß des Gemeinderats der Antragsgegnerin" (S. 11 ff. der Antragsbegründung vom 23.10.1995) weitere Bedenken geltend macht, deren Charakter als formelle oder materielle Rügen unklar bleibt, ist noch auf folgendes hinzuweisen: Der Beitrittsbeschluß des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 16.02.1995 kann jedenfalls dann nicht zur Ungültigkeit des angegriffenen Bebauungsplans führen, wenn er rechtlich entbehrlich ist. Dies trifft zu. Gemäß § 11 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 4 Satz 1 zweiter Halbsatz BauGB besteht die Möglichkeit, die Genehmigung für einen Teil eines Bebauungsplans auszusprechen und sie für den mit Rechtsfehlern behafteten Teil zu versagen (vgl. BVerwG Urt. v. 06.07.1984 - 4 C 28.83 - DVBl. 1985, 112). Entsprechendes muß auch im Anzeigeverfahren gelten. Liegen die objektiven und subjektiven Voraussetzungen vor, unter denen ein beschlossener Bebauungsplan trotz eines materiellen Rechtsfehlers nur als teilnichtig anzusehen ist (vgl. z.B. BVerwG, B v. 08.08.1989 - 4 NB 2.89 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 17), so bedarf es eines Beitrittsbeschlusses der Gemeinde nicht. So liegt der Fall hier. Der unbeanstandete Planteil ist räumlich ohne weiteres abgrenzbar, seine Geltung entspricht auch nicht nur dem mutmaßlichen, sondern dem erklärten Willen der Antragsgegnerin, wie sich ihrem Schreiben an die höhere Verwaltungsbehörde vom 07.11.1994 ohne weiteres entnehmen läßt.

4. Zu Unrecht meint der Antragsteller, die Planrechtfertigung (vgl. § 1 Abs. 3 BauGB) fehle deshalb, weil ausweislich der Begründung vom 13.09.1993 die Antragsgegnerin das Ziel verfolgt habe, "durch die Auslagerung der Stückguthalle aus dem zentral zum Stadtkern gelegenen Hafengebiet dort eine städtebaulich bedeutsame Neuordnung und Sanierung zu ermöglichen" (vgl. S. 1 der Begründung), dieses Ziel aber verfehlt habe, da das Sondergebiet für die Stückguthalle aus dem Geltungsbereich des Bebauungsplans herausgenommen worden sei, ebenso die Gesamterschließung des Gebiets über die Ladestraße der Deutschen Bahn. Dieser Argumentation ist deshalb nicht zuzustimmen, weil sie die planerische Konzeption des Bebauungsplans und das Motiv der Antragsgegnerin für die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens verwechselt. Die planerische Konzeption ergibt sich aus dem Inhalt des Bebauungsplans; hier handelt es sich offensichtlich nicht um eine zweckfremde Zielsetzung, sondern um eine solche städtebaulicher Natur. Davon zu unterscheiden ist das Motiv der Planung, nämlich durch Verlagerung der Stückgutabfertigung aus dem Hafengebiet in das Plangebiet dort eine Neuordnung und Sanierung zu ermöglichen. Wenn (jedenfalls mit Hilfe des Bebauungsplans) dieser Zweck nicht erreicht und der Plan deshalb nur teilweise in Kraft gesetzt werden konnte, fehlt dem restlichen Teil deshalb nicht die planerische Legitimation.

5. Der erkennende Senat konnte sich schließlich auch nicht davon überzeugen, daß der Bebauungsplan gegen das Abwägungsgebot (vgl. § 1 Abs. 6 BauGB) verstößt.

a) Dem Antragsteller kann nicht gefolgt werden, soweit er die Begrenzung der Gebäudehöhe auf 17 m unter Nr. II 4 der textlichen Festsetzungen in Verbindung mit den Eintragungen im Lageplan zum Bebauungsplan beanstandet. Sein Vorbringen, diese Höhenbegrenzung beruhe auf unzureichender Tatsachenkenntnis des Gemeinderats der Antragsgegnerin, ist nicht erweislich. Die tatsächlichen Verhältnisse in der Umgebung stellen sich vielmehr aufgrund des Vorbringens der Antragsgegnerin, soweit es unwidersprochen geblieben ist, sowie aufgrund der Lichtbildmappe, welche die Antragstellerin vorgelegt hat und welche nach Einsichtnahme des Antragstellers Gegenstand ausführlicher Erörterung in der mündlichen Verhandlung des Senats gewesen ist, wie folgt dar: Die Bebauung in dem Geländestreifen nördlich der B.-Straße und östlich des Grundstücks Flst. Nr. 1743l/2 des Antragstellers weist durchgängig eine erheblich geringere Höhe als 17 m auf. Es befinden sich dort (wie übrigens auch westlich der S. straße auf dem Grundstück Flst. Nr. 10064) ausnahmslos eingeschossige Gewerbehallen mit flachen oder flach geneigten Dächern. Diese Bebauung, auf die es nach Überzeugung des Senats vor allem ankommt, verlangt also keineswegs, die vom Antragsteller geforderte Gebäudehöhe von 20 m zuzulassen. Dies gilt selbst dann nicht, wenn man die Wohnbebauung südlich der B.-Straße in die Betrachtung mit einbezieht. Die Antragsgegnerin hat diesbezüglich auf die Baugenehmigung vom 08.08.1973 für das Wohngebäude ... Straße hingewiesen, das genau gegenüber dem Grundstück des Antragstellers liegt. Sie läßt eine Gebäudehöhe von 17,5 m zu. Wie im übrigen die erwähnten Lichtbilder belegen, ist auch die östlich des Grundstücks B.-Straße 29 gelegene Wohnbebauung nicht höher. Damit steht fest, daß die Begrenzung der Gebäudehöhe für das Grundstück des Antragstellers auf 17 m die tatsächlichen Verhältnisse in der Umgebung nicht verkennt. Erst recht kann keine Rede davon sein, daß infolgedessen das Interesse des Antragstellers daran, sein Grundstück baulich optimal ausnutzen zu können, in ungerechtfertigter Weise zurückgesetzt worden wäre. Es hat eher eine Bevorzugung erfahren.

b) Ebensowenig kann der Senat erkennen, daß die Antragsgegnerin die vom nördlich des Plangebiets gelegenen Bahngelände herrührenden Lärmimmissionen zu hoch veranschlagt hätte. Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, daß die dort verlaufende Eisenbahnstrecke K.-S. täglich von 125 Zügen befahren wird, eine Zahl die sich auch am Wochenende kaum verringere. Wenn die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung dieses Umstandes und unter Berücksichtigung der auch sonst vorhandenen intensiven gewerblichen Nutzung in der Umgebung die Ausweisung eines alternativ durchaus diskutierten Mischgebiets abgelehnt hat, um eine dann mögliche Wohnbebauung zur Vermeidung von Konflikten zu verhindern, so liegt darin keineswegs ein Abwägungsfehler. Im übrigen verstieße die Ausweisung eines Mischgebiets gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB, da der Flächennutzungsplan den betreffenden Bereich als Gewerbefläche darstellt.

c) Der Antragsteller sieht einen weiteren Abwägungsmangel in der angeblich fehlerhaften Verwertung der Studie der ... L. über "Die Stadt K. als Standort für Ladeneinzelhandel und Ladenhandwerk" vom Juli 1990. Auch insoweit ist ihm nicht zu folgen. Zwar wird auf diese Studie in der Begründung zum Bebauungsplan unter Nr. 4 (vgl. S. 2) Bezug genommen. Es handelt sich bei dieser Erwähnung aber lediglich um eine weitere Begründung dafür, daß im Plangebiet großflächige Einzelhandelsbetriebe und Vergnügungsstätten ausgeschlossen worden sind. Der Ausschluß wird in erster Linie mit der Absicht begründet, "die knappen Gewerbeflächen, die hier zusätzlich über einen Gleisanschluß verfügen, auch dem Gewerbe tatsächlich zur Verfügung zu stellen". Diese Erwägung ist rechtlich unbedenklich.

d) Ohne Erfolg rügt der Antragsteller schließlich noch eine unzureichende Beachtung von § 1 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG, der verlangt, einem dringenden Wohnbedarf der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Indes steht nach anfänglicher Unklarheit (vgl. das Urt. des 3. Sen. v. 21.08.1991 - 3 S 1450/90 - ZfBR 1992, 36) inzwischen in ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats und des ebenfalls für Bausachen zuständigen 8. Senats fest, daß § 1 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG keinen Planungsleitsatz normiert, sondern ein in der Abwägung überwindbares Planungsziel (vgl. Urt. v. 19.08.1992 - 5 S 1078/92 - ZfBR 1993, 91; Beschl. v. 16.12.1992 - 8 S 634/92 - VBlBW 1993, 177; Beschl. v. 02.04.1993 - 5 -S 1445/92 - VBlBW 1993, 428). Vorliegend hat die Antragsgegnerin die Ausweisung eines Mischgebiets durchaus als Alternative in ihre Überlegungen einbezogen, sich aber insbesondere mit Rücksicht auf ihre Zielsetzung und den Charakter der Umgebung für ein (eingeschränktes) Gewerbegebiet entschieden. Sie hat damit keineswegs den Rahmen des gemeindlichen Planungsfreiraums überschritten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.