Saarländisches OLG, Beschluss vom 06.02.2009 - 9 WF 17/09
Fundstelle
openJur 2009, 511
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 54 F 220/08
Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Saarbrücken vom 30. Dezember 2008 in dem Verfahren 54 F 220/08 UG und in dem Verfahren 54 F 220/08 UGEAI wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat den übrigen Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Beschwerdewert: 3.000 EUR.

Gründe

Die gemäß § 46 Abs. 2 ZPO analog zulässige sofortige Beschwerde (vgl. hierzu: Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 6, Rz. 56; Müther in Jansen, FGG, 3. Aufl., § 6, Rz. 32) des Antragstellers ist – jeweils - statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 569 ZPO. Zwar ist das in § 572 Abs. 1 ZPO geregelte Abhilfeverfahren nicht durchgeführt worden. Dadurch ist der Senat indes nicht gehindert, selbst in der Sache zu entscheiden (Zöller/Gummer, ZPO, 27. Aufl., § 572 Rz. 4, m.w.N.; Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl., § 572, Rz. 11, m.w.N.).

Die gegen seinen Befangenheitsantrag betreffend die Richterin am Amtsgericht F.-E. zurückweisenden Beschlüsse des Familiengerichts eingelegten Rechtsmittel bleiben im Ergebnis ohne Erfolg.

1.

Zu Recht hat das Familiengericht dem Befangenheitsantrag des Antragsgegners vom 10. Dezember 2008 nicht stattgegeben, wobei allerdings unter Zugrundelegung der auf § 43 ZPO gestützten Begründung des Familiengerichts das Ablehnungsgesuch, soweit es die Ablehnungsgründe Nr. 1 bis 5 betrifft, hätte als unzulässig verworfen werden müssen.

Auch im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 6 FGG, §§ 42 ff ZPO analog; vgl. Müther, a.a.O., Rz. 25 m.w.N.).

Entsprechend anwendbar ist auch § 43 ZPO (BayObLG, MDR 1988, 1063; WuM 1994, 298/299; WE 1998, 153). Danach kann ein Beteiligter in einem FGG-Verfahren einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn er sich bei ihm, ohne den ihm bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat (Senat, Beschl.v. 29. Mai 2008, 9 WF 42/08, m.w.N.).

Hiervon ist das Familiengericht zutreffend ausgegangen.

Die Gründe, auf welche der Antragsgegner seinen Befangenheitsantrag in den Ziffern 1. bis 5. stützt, betreffen das - von ihm gerügte - Verhalten der Familienrichterin in dem im November 2008 eingeleiteten Verfahren betreffend den Ausschluss des Umgangsrechts und sowie in dem ebenfalls im November 2008 eingeleiteten einstweiligen Anordnungsverfahren betreffend den Ausschluss des Umgangsrechts des Antragsgegners mit dem Kind J. Z..

In den genannten Verfahren hatte am 9. Dezember 2008 eine mündliche Verhandlung stattgefunden, an welchen der anwaltlich vertretene Antragsgegner persönlich teilgenommen hatte. Zunächst wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert und im Folgenden unter anderem der Antragsgegner persönlich angehört. Sodann wurde Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt und die mündliche Verhandlung in dem jeweiligen Verfahren von der Richterin geschlossen. Das die Familienrichterin betreffende Ablehungsgesuch des Antragsgegners vom 10. Dezember 2008 ging am selben Tag bei Gericht ein.

Bei dieser Sachlage ist das Familiengericht zu Recht davon ausgegangen, dass ein Verlust des Ablehnungsrechts dadurch eingetreten ist, dass der Antragsgegner im Termin vom 9. Dezember 2008 zur Sache verhandelt hat, ohne die Ablehnungsgründe – selbst oder durch seine Prozessbevollmächtigte - geltend zu machen. Soweit er vorbringt, er habe im Verlaufe der Verhandlung festgestellt, dass – im Gegensatz zu Beginn der Verhandlung – nur noch von mutmaßlichen negativen Gefühlen des Kindesvaters die Rede gewesen und ein Verschulden der Kindesmutter nicht mehr erwähnt worden sei, folglich also mit „zweierlei Maß“ gemessen werde (Nr. 1), der Richterin sei der Vorwurf der Rechtsbeugung zu machen, weil sie geltendes Recht bezüglich der Umgangsvereitelung und der Kindesentziehung nicht angewandt habe (Nr. 2), der Richterin sei der Vorwurf zu machen, geringschätzige Bemerkungen über seine Vaterrolle gemacht und ihm das Gefühl gegeben zu haben, in der Verhandlung eine absolut unnütze und überflüssige Rolle zu spielen, wobei Gerichtsbeschlüsse hinsichtlich seines Umgangsrechts „unter den Teppich gekehrt“ worden seien (Nr. 3), die Richterin habe ein – im Einzelnen dargelegt - falsches, ihn benachteiligendes Protokoll aufgenommen (Nr. 4) und die Richterin sei allgemein gegenüber der Vaterrolle voreingenommen, weil sie durch Gestik und Mimik in der Verhandlung zu erkennen gegeben habe, von seinem Werben für eine Vaterrolle angewidert gewesen zu sein (Nr. 5), hat der Antragsgegner weder schlüssig vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass ihm diese Ablehnungsgründe erst später - nach Schluss der mündlichen Verhandlung - bekannt geworden sind (§ 44 Abs. 4 ZPO analog).

Soweit der Antragsgegner seinen Befangenheitsantrag darauf stützt, er habe sich durch die am Tag zuvor stattgefundene Verhandlung derart „überrollt und überfahren“ gefühlt, dass ihm erst nach Ende der Verhandlung, als er zur Ruhe gekommen sei, klar geworden sei, „wie stark der Grad der Befangenheit der Richterin effektiv“ sei, steht dies der analogen Anwendung von § 43 ZPO nicht entgegen. Das von ihm missbilligte Verhalten der Richterin hätte der anwaltlich vertretene Antragsgegner spätestens in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2008 zum Anlass nehmen müssen, ein Befangenheitsgesuch vorzubringen, zumal ihm bereits aus dem vorangegangenen Verfahren betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht (41 F 121/07 SO Amtsgericht - Familiengericht - Saarbrücken = 9 WF 42/08 Saarländisches Oberlandesgericht), in dem er die dort zuständige Richterin mit vergleichbarer Begründung erfolglos wegen Befangenheit abgelehnt hatte, die Problematik der rechtzeitigen Rüge bekannt war (Senat, Beschl.v. 29. Mai 2008, 9 WF 42/08).

2.

Zu Recht hat das Familiengericht dem Ablehnungsgesuch auch insoweit nicht entsprochen, als der Antragsgegner dieses darauf stützt, bei einer Internetrecherche verschiedene Publikationen der abgelehnten Richterin gefunden zu haben, aus denen er ein „väterfeindliches“ Bild der Richterin herleite.

Die von dem Antragsgegner in Bezug genommenen und auch im Beschwerderechtszug näher bezeichneten Publikationen, die er nach seinem Sachvortrag erst nach der Verhandlung vom 9. Dezember 2008 entdeckt hat (Seite 2 der Beschwerdeschrift, Bl. 41/42 d.A. 54 F 220/08 UGEAI), sind jedenfalls nicht geeignet, eine Befangenheit der abgelehnten Richterin zu rechtfertigen.

Eine von dem Senat vorgenommene Auswertung der von dem Antragsgegner im Einzelnen genannten Beiträge der Richterin vermögen die von diesem gezogenen Schlussfolgerungen, - „Kernaussage: Kinderschutz ist Mütterschutz, Mütterwohl = Kindeswohl“, „Kernaussage: Väter böse und überflüssig, Mütter wichtig für das Kind“, „Kernaussage: Gewalt geht nur von Vätern aus, Opfer sind Mütter und Kinder“, „Kernaussage: Mutter ist Hauptbezugsperson, Vater unwichtige Randfigur“ – nicht zu stützen. Im Gegenteil weist die Richterin in ihren Publikationen, die sich schwerpunktmäßig mit den Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Kooperation und der „Cochemer Praxis“ (hier: Auswirkungen auf die Situation gewaltbetroffener Eltern) befassen, ausdrücklich darauf hin, dass die Ausführungen von der durch Forschung belegten und in der Praxis weit häufiger erlebten Konstellation ausgingen, dass Männer Gewalt gegen Frauen ausübten, dass selbstverständlich in Paarbeziehungen auch Gewalt von Frauen gegen Männer verübt werde, indes zu Erfahrungen von männlichen Opfern häuslicher Gewalt keine repräsentativen Studien und somit aussagekräftigen Erkenntnisse vorlägen. Bei dieser Sachlage ist nicht im Ansatz erkennbar, dass die abgelehnte Richterin ein tendenziös väterfeindliches Bild zeichnet oder von einer männerfeindlichen Haltung geprägt ist.

3.

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners war daher insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.