OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 03.03.2004 - 2 W 10/04
Fundstelle
openJur 2012, 24980
  • Rkr:
Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des LG Frankfurt am Main vom 10.12.2003 aufgehoben.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 12.078,62 Euro festgesetzt.

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gem. der §§ 91a Abs. 1 S. 1, 567 ZPO zulässig. Sie ist, worauf das LG in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 4.2.2004 (Bl. 95 d.A.) zutreffend hingewiesen hat, auch form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die Notfrist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO wurde gewahrt. Der angegriffene Beschluss des LG Frankfurt am Main vom 10.12.2003 wurde der Klägerin zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 2.1.2004 (Bl. 83 d.A.) zugestellt. Die sofortige Beschwerde wurde mit Schriftsatz vom 14.1.2004 - Eingang bei Gericht am 15.1.2004 (Bl. 84 d.A.) - mithin innerhalb der Frist der §§ 91a Abs. 2 S. 1, 569 Abs. 1 S. 1 ZPO eingelegt.

Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, ausgenommen bezüglich der Kosten für die Mieten in den Monaten Mai und Juni 2003, i.H.v. 12.078,62 Euro, war hierüber gem. § 91a ZPO zu entscheiden.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss des LG Frankfurt am Main vom 10.12.2003 unter Punkt I (Bl. 80 d.A.) vollinhaltlich Bezug genommen.

Haben die Parteien, wie vorliegend, den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, ausgenommen hinsichtlich der Kosten bezüglich Mietrückstände i.H.v. 12.078,62 Euro, ist darüber gem. § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO zu entscheiden.

Dabei hat das Gericht den bisherigen Sach- und Streitstand nach billigem Ermessen zu berücksichtigen. Für diese Entscheidung gibt im Allgemeinen der ohne die Erledigungserklärung zu erwartende Verfahrensausgang den Ausschlag, so dass in aller Regel die Partei die Kosten zu tragen hat, der sie nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen der ZPO zur Last gefallen wären. Deshalb ist die Partei mit den Kosten zu belasten, der sie aufgrund summarischer Überprüfung des bisherigen beiderseitigen Vorbringens aufzuerlegen gewesen wären.

Unter Beachtung dieser Grundsätze waren vorliegend die gesamten Kosten der Beklagten aufzuerlegen und deshalb der mit der sofortigen Beschwerde von der Klägerin angegriffene Beschluss des LG Frankfurt am Main vom 10.12.2003 aufzuheben.

Die Beklagte war mit den beiden Mieten Mai und Juni 2003, deren Höhe zwischen den Parteien nicht mehr streitig ist, säumig. Unstreitig wurden beide Mieten erst mit Scheck vom 14.11.2003, zusammen mit weiteren Forderungen der Klägerin i.H.v. insgesamt 23.943,06 Euro beglichen. Damit war die Beklagte am 31.7.2003, als die Klägerin Klage erhob, mit zwei aufeinander folgenden Monatsmieten in Zahlungsverzug. Die Klägerin hätte deshalb das Untermietverhältnis sogar fristlos kündigen dürfen (§ 543 Abs. 2 Ziff. 3a BGB n.F. entsprechend). Denn steht weder entgegen, dass die Beklagte mit Schreiben vom 5.5.2003 (Bl. 42/43 d.A.) bezüglich der beiden Mieten die Aufrechnung mit der Mietkaution erklärt hat. Noch steht dem entgegen, dass die Klägerin vor Klageerhebung nicht ausdrücklich auf die Unzulässigkeit der Aufrechnung hingewiesen hat.

Die Aufrechnungserklärung der Beklagten war am 5.5.2003 unzulässig. Zum einen war die Aufrechnung gem. § 4 Abs. 6 S. 4 des Mietvertrages (Bl. 14 d.A.) ausgeschlossen. Zum weiteren kann, was der Beklagten als kaufmännischem Unternehmen bekannt sein müsste, nur mit fälligen Gegenforderungen aufgerechnet werden. Die Kaution dient dem Vermieter als Sicherheit für sämtliche aus dem Mietverhältnis begründeten Forderungen. Sie wird erst nach vollständiger vertragsgemäßer Räumung der Mieträume zur Rückzahlung fällig (s. Palandt/Weidenkaff, 63. Aufl. 2004, Einf. vor § 535 unter Nr. 121 m.w.N.). Diese Voraussetzung war unstreitig am 5.5.2003, da das Mietverhältnis zwischen den Parteien fortbestand, nicht gegeben.

Deshalb kommt es auf die Frage, ob § 4 Abs. 6 S. 4 des Mietvertrages missverständlich formuliert worden ist, nicht an. Die Klägerin musste, trotz der langjährigen Untervermietung (mehr als 9 Jahre) die Beklagte vor Einreichung der Klage, nicht auf die Unzulässigkeit der Aufrechnung hinweisen. Wenn die Beklagte die Aufrechnung, wie im Schreiben vom 5.5.2003 geschehen, erklärt, hat sie eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung verbindlich abgegeben, die zur Folge gehabt hätte, dass durch die wirksame Aufrechnungserklärung die Gegenforderung der Klägerin bezüglich der Maimiete 2003 erloschen wäre. Die Junimiete 2003 wäre allerdings mangels Fälligkeit am 5.5.2003 noch gar nicht aufrechenbar gewesen. Wenn aber ein Kaufmann, wie die Beklagte, eine Aufrechnung schriftlich erklärt, dann muss er sich zuvor, notfalls nach Einholung von Rechtsrat, über die Zulässigkeit der Aufrechnungserklärung vergewissert haben. Es ist nicht die Aufgabe des Vertragspartners, hier der Klägerin, ihr diesen Rechtsrat zu erteilen.

Der Wert der Beschwer entspricht dem Interesse der Parteien am jeweiligen Obsiegen.

Die Kostenentscheidung beruht, soweit hierüber noch zu befinden war, auf den §§ 91a, 97 ZPO.

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