StGH des Landes Hessen, Urteil vom 03.05.1999 - P.St. 1296
Fundstelle
openJur 2012, 22004
  • Rkr:
Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kostennicht erstattet.

Tatbestand

A

I. Die Antragstellerin wendet sich mit der Grundrechtsklage gegen einen vom Gesetzgeber geschaffenen Befreiungstatbestand vom feiertagsgesetzlichen Arbeitsverbot.

Nach § 6 Abs. 1 des Hessischen Feiertagsgesetzes (HFeiertagsG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Dezember 1971 (GVBl. S. 344), zuletzt geändert durch Sechstes Änderungsgesetz vom 26. November 1997 (GVBl. S. 396), sind an den gesetzlichen Feiertagen Arbeiten verboten, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu beeinträchtigen, sofern ihre Ausübung nicht nach Bundes- oder Landesrecht besonders zugelassen ist. Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 HFeiertagsG gilt dieses Verbot u.a. nicht für Tankstellen als Hilfseinrichtungen des Straßenverkehrs. § 14 Satz 1 HFeiertagsG regelte vor der Novellierung durch das Sechste Änderungsgesetz, dass die untere Verwaltungsbehörde im Einzelfall von den in diesem Abschnitt vorgesehenen Beschränkungen und Verboten Befreiung gewähren kann. Durch das Sechste Änderungsgesetz, das am 3. Dezember 1997 in Kraft getreten ist, erhielt § 14 HFeiertagsG folgende Fassung:

§ 14 (1) Die örtliche Ordnungsbehörde kann für einzelne Feiertage von den in diesem Abschnitt vorgesehenen Beschränkungen und Verboten Befreiung gewähren.

(2) Für den vollautomatischen Betrieb von Portalwaschanlagen, die mit Tankstellen verbunden sind, kann die örtliche Ordnungsbehörde für alle gesetzlichen Feiertage Befreiung von dem Arbeitsverbot nach § 6 Abs. 1 gewähren; dies gilt nicht für den Karfreitag, den Volkstrauertag und den Totensonntag. Die Öffnungszeiten sind so festzulegen, dass sie vom 1. Mai bis zum 31. August die Zeit von 7 Uhr bis 21 Uhr, in den übrigen Monaten von 7 Uhr bis 20 Uhr nicht überschreiten.

(3) Bei der Entscheidung über die Befreiung sollen die sich aus der Beschaffenheit und Lage der Anlage ergebenden Auswirkungen sowie die Vermeidbarkeit verhaltensbedingter Lärmbeeinträchtigungen berücksichtigt werden. Befreiungen können mit Bedingungen und Auflagen verbunden sowie unter dem Vorbehalt des Widerrufs und unter dem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen erteilt werden. Die Befreiung nach Abs. 2 wird für längstens drei Jahre erteilt und kann entsprechend verlängert werden.

Die Novellierung des § 14 beruhte auf einem vom Landtag unverändert beschlossenen Gesetzentwurf der Landesregierung (LT-Drucks. 14/2991). Zur Begründung wird dort zunächst unter "A. Allgemeines" ausgeführt:

"Das geltende Hessische Feiertagsgesetz läßt den Betrieb von Autowaschanlagen auch dann nicht zu, wenn dabei keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt werden (§ 6 Abs. 1 HFeiertagsG).

Durch Erweiterung der Befreiungsmöglichkeiten in § 14 HFeiertagsG wird die Möglichkeit eröffnet, Befreiungen zum feiertäglichen Betrieb von vollautomatischen Autowaschanlagen, die durch einen Münzeinwurf oder in ähnlicher Weise in Bewegung gesetzt werden, zu gewähren, wenn dabei keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt werden".

Im Hinblick auf § 14 Abs. 2 HFeiertagsG heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs:

"Abs. 2 des Entwurfs schafft einen von Abs. 1 unabhängigen eigenständigen Befreiungstatbestand. Danach besteht die Möglichkeit, für vollautomatische Portalwaschanlagen, die zusammen mit einer Tankstelle betrieben werden, eine ganzjährige Befreiung von dem Arbeitsverbot des § 6 Abs. 1 HFeiertagsG zu gewähren; ausgenommen sind nur die sogenannten stillen Feiertage Karfreitag, Volkstrauertag und Totensonntag. Portalwaschanlagen sind geschlossene bauliche Anlagen, bei denen das Fahrzeug in eine Waschhalle gefahren und dort in stationärem Zustand durch bewegliche Reinigungsaggregate gesäubert wird. Um keine zusätzliche menschliche Sonntagsarbeit durch den Betrieb der Autowaschanlage zu ermöglichen, wird die Befreiung ausschließlich auf vollautomatische Autowaschanlagen beschränkt, bei deren Betrieb am Feiertag keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt werden. Diesem Ziel dient auch die obligatorische Verknüpfung mit einem vorhandenen, gewerberechtlich zugelassenen Tankstellenbetrieb. Das dort ohnehin eingesetzte Personal kann Aufsichtsfunktionen, die auch bei vollautomatischen Anlagen nicht vollständig ausgeschlossen werden können, mitübernehmen, so dass zusätzliche Sonntagsarbeit vermieden wird.

Beide Beschränkungen – Portalwaschanlagen mit Tankstellenverbund – erfolgen vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Feiertagsschutzes. Bei entsprechenden Anlagen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit von dem feiertäglichen Waschbetrieb keine nennenswerten Störungen zu erwarten, die über den normalen, aus feiertagsrechtlicher Sicht ohnehin zulässigen, Tankstellenbetrieb hinausgehen. Zusammen mit der vorgesehenen Ermessensdirektive und Nebenbestimmungen in dem neuen Abs. 3 rechtfertigt dies die vorgesehene Lockerung des Feiertagsschutzes.

Dieser Ausgangspunkt ermöglicht auch eine Abgrenzung gegenüber ähnlichen Arbeiten, für die der neue Abs. 2 keine Anwendung finden soll: Offene oder nur teilautomatisierte Autowaschstraßen verursachen zusätzlichen Lärm bzw. erfordern zusätzliches Personal; beides ist dem Feiertagsschutz abträglich. Dies gilt auch für den Betrieb sogenannter Selbstwaschanlagen, bei denen neben dem Gelände Wasseranschlüsse, Schläuche und sonstige Waschutensilien vorgehalten werden.

Die längstmöglichen Öffnungszeiten sind wie in § 3 Abs. 1 der Gefahrenabwehrverordnung gegen Lärm (LärmVO) vom 16. Juni 1993 (GVBl. I S. 257) geregelt.

Die Befreiung steht im pflichtgemäßen Ermessen der örtlichen Ordnungsbehörde. Der Zweck der Ermächtigung, der für die Ermessensbetätigung von Bedeutung ist, weicht graduell von dem in Abs. 1 ab. Der Gesetzgeber selbst hat mit der Sonderregelung in Abs. 2 eine Abwägung zwischen den generellen Belangen des Feiertagsschutzes und dem Anliegen, Autowaschanlagen auch feiertags betreiben zu können, zu Gunsten der im Tankstellenverbund betriebenen Portalwaschanlagen getroffen. Spezifische Gesichtspunkte des Feiertagsschutzes können daher nur noch in geringerer Intensität in die Befreiungsentscheidung einfließen; so kann beispielsweise für eine Portalwaschanlage in unmittelbarer Nähe einer Kirche der Betrieb jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit den Gottesdiensten von der Befreiung ausgenommen werden, auch wenn die Anlage keine besonders wahrnehmbare Lärmbelästigung verursacht".

Die Antragstellerin ist Betreiberin von Selbstbedienungswaschanlagen in ..., ..., ..., ... und ..., die dem § 14 Abs. 2 HFeiertagsG nicht unterfallen. Für ihre Selbstbedienungswaschanlage in ... stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Befreiung von dem Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen nach dem Hessischen Feiertagsgesetz, der mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt ... vom 7. Januar 1998 abgelehnt wurde. Ihr Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Landrats des Kreises ... vom 30. März 1998 zurückgewiesen. In dem seit dem 27. April 1998 rechtshängigen Verwaltungsstreitverfahren der Antragstellerin – Az.: 3 E 857/98 (2) – ordnete das Verwaltungsgericht ... auf Antrag der Beteiligten am 26. Mai 1998 das Ruhen des Verfahrens an.

Am 2. Februar 1998 hat die Antragstellerin beim Staatsgerichtshof Grundrechtsklage erhoben.

Ihre unmittelbar gegen das Gesetz gerichtete Grundrechtsklage sei nach § 44 Abs. 2 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof – StGHG – zulässig. Die Bedeutung der Sache gehe über den Einzelfall hinaus, da alle Betreiber von Autowaschanlagen, die nicht von § 14 Abs. 2 HFeiertagsG erfaßt würden, betroffen seien. Zudem würde die vorherige Ausschöpfung des Rechtswegs gegen das Gebot der Prozeßökonomie verstoßen. Ein Verwaltungsstreitverfahren könne nur zu einer Vorlage an den Staatsgerichtshof führen.

Die Grundrechtsklage sei auch begründet. § 14 Abs. 2 HFeiertagsG, der die Befreiungsmöglichkeit vom Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit auf den vollautomatischen Betrieb von Portalwaschanlagen, die mit Tankstellen verbunden sind, beschränke, verletze ihr Gleichbehandlungsgrundrecht aus Art. 1 der Verfassung des Landes Hessen (Hessische Verfassung – HV –). Die durch § 14 Abs. 2 HFeiertagsG eintretende Privilegierung der Betreiber der dort genannten Waschanlagen gegenüber den Betreibern sonstiger Autowaschanlagen sei nicht zu rechtfertigen. Die Regelung führe zunächst zu einer nicht hinnehmbaren erheblichen Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der nichtprivilegierten Waschanlagenbetreiber. Da immer mehr Autobesitzer dazu übergingen, ihre Kraftfahrzeuge während ihrer Freizeit an Sonn- und Feiertagen zu waschen, werde den nichtprivilegierten Waschanlagenbetreibern ein bedeutsames Kundenpotential entzogen. Dies könne bis hin zu Existenzgefährdungen führen. Denn nicht mit Tankstellen verbundene Waschanlagen stellten für ihre Betreiber regelmäßig die einzige Existenzgrundlage dar, während den Tankstellenbetreibern als weitere Einnahmequellen der Benzinverkauf sowie der Verkauf in den regelmäßig angegliederten shops zur Verfügung stehe. Das zur Rechtfertigung der in § 14 Abs. 2 HFeiertagsG enthaltenen Privilegierung angeführte Argument, durch die Beschränkung auf vollautomatische Autowaschanlagen, die mit Tankstellen verbunden seien, werde zusätzliche menschliche Sonntagsarbeit vermieden, gehe fehl. In einem Land mit einer Arbeitslosenzahl von 4,5 Millionen Menschen mit steigender Tendenz erscheine ein derartiges Argument fragwürdig. Überdies seien Selbstbedienungswaschanlagen so angelegt, dass der Wagenbesitzer sein Fahrzeug selbst wasche, ohne dass es der Hinzuziehung oder Hilfestellung irgendwelchen Personals bedürfe. Selbstbedienungswaschanlagen verursachten Personalaufwand lediglich insofern, als sie zu öffnen und zu schließen bzw. an- und abzustellen seien. Das eigenhändige Wagenwaschen könne nicht als Störung oder Verstoß gegen die im öffentlichen Leben gewünschte spürbare Unterbrechung des werktäglichen Arbeitsprozesses betrachtet werden, da es nach allgemeingültiger Auffassung der Freizeitbetätigung zuzuordnen sei. Auch der Gesichtspunkt, nach dem der bei den nichtprivilegierten Waschanlagen erforderliche zusätzliche Personalbedarf und der von diesen Anlagen ausgehende Lärm dem Feiertagsschutz abträglich seien, könne die in § 14 Abs. 2 HFeiertagsG vorgesehene Differenzierung verfassungsrechtlich nicht tragen. Die nichtprivilegierten Autowaschanlagen verursachten nicht (generell) mehr Lärm als Portalwaschanlagen. Portalwaschanlagen entfalteten vielmehr mit ihrem Trockengebläse eine nicht unerhebliche Lärmentwicklung, die auch durch bauliche Isoliermaßnahmen nicht völlig absorbiert werden könne. Der Lärm, der dadurch verursacht werde, dass Fahrzeugbesitzer nach dem Waschvorgang ihre Pkw weiterreinigten, dabei Staubsauger benutzten und hierbei ihre Radios laufen ließen, könne bei allen Arten von Autowaschanlagen auftreten. Durch § 14 Abs. 3 HFeiertagsG habe der Gesetzgeber selbst die fehlende Berechtigung der in § 14 Abs. 2 HFeiertagsG getroffenen Differenzierung aufgezeigt. Es sei nicht ersichtlich, warum die in § 14 Abs. 3 HFeiertagsG vorgesehene Einzelfallbewertung und -entscheidung nicht auf alle Autowaschanlagen in gleicher Weise Anwendung finden könne. Die nicht von § 14 Abs. 2 HFeiertagsG erfaßten Waschanlagen befänden sich darüber hinaus regelmäßig in Gewerbe- oder Industriegebieten, so dass durch ihren Betrieb schon aufgrund ihrer Lage Störungen der feiertäglichen Ruhe auszuschließen seien. Die vom Gesetzgeber angestrebte Lösung des Zielkonflikts zwischen Feiertagsschutz, geändertem Freizeitverhalten der Bevölkerung und Umweltschutz lasse sich systemgerecht nur so lösen, dass das Reinigen von Fahrzeugen in Selbstwaschanlagen an Sonn- und Feiertagen unter den gleichen Voraussetzungen gestattet werde, wie sie für die durch § 14 Abs. 2 HFeiertagsG privilegierten Waschanlagen gälten.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass § 14 Abs. 2 des Hessischen Feiertagsgesetzes sie in ihrem Grundrecht aus Art. 1 der Hessischen Verfassung verletzt, und § 14 Abs. 2 des Hessischen Feiertagsgesetzes für nichtig zu erklären.

II. Die Landesregierung hält die Grundrechtsklage für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

Als Personenhandelsgesellschaft sei die Antragstellerin allerdings antragsberechtigt. Ebenso wie nach dem Grundgesetz seien privatrechtliche Vereinigungen auch nach der Hessischen Verfassung Grundrechtsträger und damit in Grundrechtsklageverfahren antragsberechtigt, soweit ihre Bildung und Betätigung Ausdruck der freien Entfaltung der hinter ihnen stehenden natürlichen Personen sei und sie sich in einer natürlichen Personen vergleichbaren Gefährdungslage befänden. Im Hinblick auf das Gleichheitsgrundrecht sei dies bei der Antragstellerin der Fall. Denn als oHG könne sie durch den Gleichheitsgrundsatz verletzende Vorschriften oder Maßnahmen in ihrer Erwerbstätigkeit und in ihrem gesamthänderisch verbundenen Gesellschaftsvermögen so betroffen werden wie eine natürliche Person. Auch der Grundsatz der Subsidiarität stehe der Zulässigkeit der Grundrechtsklage der Antragstellerin nicht entgegen. Denn die Antragstellerin habe keine Möglichkeit, eine Korrektur der von ihr geltend gemachten Grundrechtsverletzungen außerhalb des verfassungsgerichtlichen Verfahrens zu erreichen. Die Zulässigkeit der Grundrechtsklage scheitere jedoch daran, dass die Antragstellerin nicht gemäß § 43 Abs. 2 StGHG hinreichend dargelegt habe, dass § 14 Abs. 2 HFeiertagsG eine Verletzung eines ihr zustehenden Grundrechts bewirken könne. Es fehlten jegliche Angaben, wie sich die behauptete erhebliche Wettbewerbsverzerrung in der Umsatz- und Ertragssituation der Antragstellerin darstelle und dass die gesetzliche Änderung zu einer Änderung des Verbraucherverhaltens zu Lasten der Betreiber von Selbstwaschanlagen und zu einer Verschlechterung ihrer Ertragssituation führe.

In jedem Fall sei die Grundrechtsklage unbegründet. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 1 HV durch § 14 Abs. 2 HFeiertagsG liege nicht vor. § 14 Abs. 2 HFeiertagsG verstoße zunächst nicht gegen sonstiges höherrangiges Recht, sei insbesondere mit dem durch Art. 140 des Grundgesetzes – GG –, Art. 139 der Weimarer Reichsverfassung – WRV – verfassungsrechtlich garantierten Sonn- und Feiertagsschutz vereinbar. Art. 140 GG, Art. 139 WRV seien insofern Prüfungsmaßstab, da sie gemäß Art. 31 GG den mit Art. 139 WRV übereinstimmenden Art. 53 HV verdrängt hätten. Sonn- und Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung seien durch Art. 140 GG, Art. 139 WRV institutionell geschützt. Der Sonn- und Feiertagsschutz stelle ein verfassungsgesetzlich vorgeschriebenes Regelungselement dar, das der Gesetzgeber im Rahmen der ihm zukommenden Gesetzgebungsmacht mit den anderen für den zu regelnden Lebensbereich bedeutsamen Regelungselementen zum Ausgleich bringen und damit im Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Ordnung durch eine eigenständige gesetzgeberische Entscheidung konkretisieren müsse. Der Hessische Gesetzgeber habe sein im Rahmen dieser Abwägung bestehendes Ermessen mit der durch § 14 Abs. 2 HFeiertagsG bewirkten Lockerung des feiertäglichen Arbeitsverbotes nicht überschritten. Die Vorschrift sei als Ausnahmeregelung so gestaltet, dass das Interesse der Bürger, ihr Auto an dem für sie regelmäßig arbeitsfreien Sonn- oder Feiertag in einer gewerblichen Waschanlage waschen zu lassen, mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Sonn- und Feiertags als Tag der Arbeitsruhe und seelischen Erbauung in einen Ausgleich gebracht sei, der die Zweckbestimmung des Feiertagsschutzes ausreichend berücksichtige.

Die vom Gesetzgeber vorgenommene Ungleichbehandlung von Betreibern von Autowaschanlagen, die darin liege, dass die Betreiber von nichtprivilegierten Anlagen von der Möglichkeit einer Befreiung vom sonn- und feiertäglichen Arbeitsverbot ausgeschlossen seien, sei sachlich gerechtfertigt. Bei den nichtprivilegierten Anlagen würde eine Befreiung wegen des fehlenden Tankstellenverbundes notwendig zusätzliche Feiertagsarbeit nach sich ziehen, da die Anlagen der Aufsicht bedürften und für etwaige Funktionsstörungen Personal vorgehalten werden müsse. Wenn der Gesetzgeber – wie in § 14 Abs. 2 HFeiertagsG geschehen – dem Aspekt der Arbeitsruhe als Bestandteil des verfassungsrechtlichen Feiertagsschutzes dadurch Rechnung trage, dass nur solche Waschanlagen betrieben werden dürften, die kein zusätzliches Personal erforderten, so sei dies sachgerecht. Zudem trete bei den privilegierten vollautomatischen Waschanlagen, die mit einer Tankstelle verbunden seien, bei feiertäglichem Betrieb in der Regel kein zusätzlicher Lärm auf, der über den bereits durch den Betrieb der Tankstelle verursachten hinausgehe. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei eine – zusätzliche – Störung der feiertäglichen Ruhe durch den Betrieb nichtprivilegierter Waschanlagen im übrigen auch zu besorgen, wenn diese sich in Gewerbe- und Industriegebieten befänden. Es komme nicht darauf an, ob im Einzelfall die Öffentlichkeit konkret in ihrer Sonn- und Feiertagsruhe gestört werde, sondern darauf, ob die Art der Tätigkeit an sich geeignet sei, das Bild der sonn- und feiertäglichen Ruhe zu stören. Dies sei auch bei Autowaschanlagen und Selbstbedienungsanlagen in Gewerbe- und Industriegebieten der Fall. Die von der Antragstellerin befürchteten erheblichen Wettbewerbsnachteile der nichtprivilegierten Waschanlagenbetreiber seien weder von ihr hinreichend dargelegt noch – bei den angesichts der strengen Voraussetzungen zu erwartenden Zahlen von Befreiungen, den Kapazitäten vollautomatischer Autowaschanlagen sowie den Vorlieben der Nutzer von Selbstbedienungswaschanlagen – zwingende Folge der angegriffenen gesetzlichen Regelung. Umsatzeinbußen infolge einer gesetzlichen Ungleichbehandlung führten im übrigen nicht zu einer Verletzung des Art. 1 HV, wenn sich für die Ungleichbehandlung – wie hier – sachliche Gründe anführen ließen.

Art. 1 HV sei auch dann nicht verletzt, wenn man § 14 Abs. 2 HFeiertagsG am vom Bundesverfassungsgericht zu Art. 3 Abs. 1 GG entwickelten Prüfungsmaßstab messe, nach dem bei Regelungen, die Personengruppen verschieden behandelten oder sich auf die Wahrnehmung von Grundrechten nachteilig auswirkten, zu kontrollieren sei, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestünden, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen könnten. Das Ziel der Erweiterung der Handlungsfreiheit des Einzelnen einerseits und die Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Sonn- und Feiertagsschutzes andererseits legitimierten die unterschiedliche Behandlung der beiden Gruppen von Waschanlagenbetreibern. Die nichtprivilegierten Betreiber hätten die Möglichkeit, durch Art und Umfang ihrer Dienstleistung und ihres sonstigen Services den mit der Ungleichbehandlung verbundenen möglichen Nachteilen entgegenzuwirken.

III. Der Landesanwalt hält die Grundrechtsklage für zulässig und begründet.

Der Befreiungstatbestand des § 14 Abs. 2 HFeiertagsG sei mit Art. 53 HV nicht vereinbar. Art. 53 HV, der mit Art. 140 GG, Art. 139 WRV inhaltsgleich sei, beanspruche weiterhin Geltung. Landesverfassungsrecht, das mit Bundesverfassungsrecht übereinstimme, bleibe nämlich weiterhin in Kraft. Art. 53 HV schütze Sonn- und Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung. Dieser Schutz werde aus sozialen und religiösen Gründe gewährt. Art. 31 Satz 2 HV konkretisiere den sozialen Schutzzweck dahingehend, dass Ausnahmen zugelassen werden könnten, wenn sie der Allgemeinheit dienten. Aktivitäten, die der Erholung dienten, seien zulässig, mithin auch die dafür benötigten Dienstleistungen. Zum verfassungsrechtlich garantierten Kern des Art. 53 HV gehöre, dass alle gewerblichen Tätigkeiten zu unterbleiben hätten, die mit dem Sinngehalt der Feiertagsruhe nicht vereinbar seien. Mit der Zweckbestimmung der Feiertage seien grundsätzlich alle öffentlich bemerkbaren Tätigkeiten werktäglichen Charakters unvereinbar. In diesen auch für den Gesetzgeber unantastbaren Kern des Art. 53 HV greife der Befreiungstatbestand des Art. 14 Abs. 2 HFeiertagsG ein. Autowaschen als gewerbliches Dienstleistungsangebot diene nicht der Freizeitgestaltung, dieses Dienstleistungsangebot sei für Freizeitaktivitäten auch nicht erforderlich. Vielmehr sei das gewerbliche Angebot des Autowaschens auf eine typische werktägliche Geschäftigkeit gerichtet, es gebe dafür kein feiertägliches Bedürfnis. § 14 Abs. 2 HFeiertagsG diene allein den wirtschaftlichen Interessen der Tankstellenbetreiber, die zugleich Portalwaschanlagen anböten. Deren wirtschaftliche Interessen rechtfertigten aber keine grundsätzliche Ausnahme vom Gebot der Feiertagsruhe. Dabei sei es völlig unerheblich, ob viel oder wenig Lärm von der Portalwaschanlage ausgehe. Allein der erkennbare Betrieb der Waschanlage in Verbindung mit dem dadurch entstehenden Autoverkehr vermittelten jedem Betrachter werktägliche Atmosphäre. Dies beeinträchtige den Charakter des Feiertags im Sinne eines Ruhetags, der der seelischen Erhebung eines jeden Betrachters diene.

Seine Vereinbarkeit mit Art. 53 HV unterstellt, verstoße § 14 Abs. 2 HFeiertagsG gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 1 HV. Die Gesichtspunkte, die für eine Privilegierung von Portalwaschanlagen sprächen, die mit Tankstellen verbunden seien, reichten nicht aus, um deren unterschiedliche Behandlung im Verhältnis zu den übrigen Autowaschanlagen zu rechtfertigen. Zwar könne die verfassungsrechtliche Nachprüfung nicht darauf erstreckt werden, ob die getroffene Regelung der allgemeinen Gerechtigkeit entspreche und letztlich als die zweckmäßigste Regelung erscheine. Der Gesetzgeber habe einen weiten Ermessensspielraum. Bei unterschiedlicher Behandlung von Personengruppen könne jedoch eine strengere Bindung des Gesetzgebers geboten sein. Waschanlagenbetreiber stünden im Wettbewerb untereinander. § 14 Abs. 2 HFeiertagsG schaffe für die dort privilegierten Betreiber einen Wettbewerbsvorteil, für den es keine ausreichende Rechtfertigung gebe. Wenn der Gesetzgeber die Erbringung der Dienstleistung des Autowaschens an Sonn- und Feiertagen eröffnen wolle, müsse er alle Autowaschanlagen den sachgerechten Kriterien des § 14 Abs. 3 HFeiertagsG unterwerfen. Eine vorgeschaltete Unterscheidung zwischen mit Tankstellen verbundenen Portalwaschanlagen und sonstigen Autowaschanlagen sei nicht plausibel. Die zusätzliche Beschäftigung von Personen an offenen Waschanlagen sei zahlenmäßig völlig unerheblich. Der zusätzliche Autoverkehr wegen der Autowäsche sei gleichfalls ungeeignet, die Differenzierung zu tragen. Denn er entstehe bei den durch § 14 Abs. 2 HFeiertagsG privilegierten Anlagen in gleicher Weise, wie er bei den nichtprivilegierten entstehen würde. Der Personenkreis, der an Feiertagen seine Fahrzeuge waschen, und der Personenkreis, der tanken wolle, deckten sich nicht.

Der Landesanwalt beantragt,

festzustellen, dass § 14 Abs. 2 des Hessischen Feiertagsgesetzes mit Art. 1 und Art. 53 der Hessischen Verfassung unvereinbar und deshalb nichtig ist.

IV. Dem Landtag ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Er hat mitgeteilt, dass er sein Recht zur Äußerung nicht wahrnehme.

V. Die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts ... – Az.: 3 E 857/98(2) – hat vorgelegen.

Gründe

B

I. Die Grundrechtsklage ist zulässig.

Die Antragstellerin ist im Verfahren der Grundrechtsklage antragsberechtigt, soweit sie sich als rechtsfähige Personengesellschaft (vgl. § 1059a Abs. 2 BGB) unter Berufung auf den Gleichheitssatz und die Wettbewerbsfreiheit gegen § 14 Abs. 2 HFeiertagsG wendet. Nach § 19 Abs. 2 Nr. 9 StGHG ist grundsätzlich jede Person zur Erhebung der Grundrechtsklage antragsberechtigt. § 43 Abs. 1 StGHG stellt für die Zulässigkeit der Grundrechtsklage eine weitere beteiligtenbezogene Voraussetzung – die Antragsbefugnis – auf. Nach dieser Vorschrift kann den Staatsgerichtshof nur anrufen, wer geltend macht, durch die öffentliche Gewalt in einem durch die Verfassung des Landes Hessen gewährten Grundrecht verletzt worden zu sein. Das Zusammenspiel beider Normen zeigt, dass die Antragsberechtigung bei der Grundrechtsklage an die Grundrechtsfähigkeit anknüpft. Die Antragstellerin ist sowohl im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 1 HV als auch bezüglich der durch Art. 38 Abs. 2 HV grundrechtlich geschützten Wettbewerbsfreiheit grundrechtsfähig. Träger der von der Hessischen Verfassung gewährleisteten Grundrechte sind zunächst natürliche Personen (vgl. Überschrift des Ersten Hauptteils der Hessischen Verfassung und Wortlaut der Artikel 1, Artikel 2 Absatz 1, Artikel 3 HV). Eine Art. 19 Abs. 3 GG entsprechende, ausdrückliche Erstreckung der Grundrechtsfähigkeit auf inländische juristische Personen, soweit die Grundrechte ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind, fehlt in der Hessischen Verfassung. Auch die Entstehungsgeschichte der Hessischen Verfassung gibt keinen unmittelbaren Aufschluss über die Grundrechtsfähigkeit rechtlich verselbständigter Personenmehrheiten. Den Materialien zur Hessischen Verfassung ist zu dieser Frage nichts zu entnehmen. Für die Weimarer Reichsverfassung, an die die Hessische Verfassung anknüpfte, war die Geltung der Grundrechte für juristische Personen umstritten (vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band III/1, S. 1092 ff. m.w.N.). Für eine grundsätzlich mögliche Grundrechtsfähigkeit rechtlich verselbständigter Personenvereinigungen des Privatrechts spricht aber entscheidend das Wertesystem der Grundrechte der Hessischen Verfassung, das eine weitgehende Grundrechtsgeltung im Verhältnis zwischen Staat und Privatrechtssubjekten zum Ziel hat. Dieses Wertesystem geht – ebenso wie das des Grundgesetzes – von der Gleichheit, Freiheit und Würde des einzelnen Menschen als natürlicher Person aus. Der einzelne Mensch soll gegenüber dem Staat durch die verfassungsrechtliche Gewährleistung von Abwehr- und Leistungsrechten einen wehrfähigen Rechtskreis gewinnen. Dem entspricht es, dass auch rechtlich verselbständigte Verbände des Privatrechts in den Schutzbereich der Grundrechte einbezogen werden, deren Bildung und Betätigung sich gerade als Ausdruck der freien Entfaltung der hinter ihnen stehenden natürlichen Personen darstellt. Das der Hessischen Verfassung innewohnende Gebot effizienten Grundrechtsschutzes und das personale Substrat rechtsfähiger Vereinigungen des Privatrechts begründen und begrenzen mithin deren Grundrechtsfähigkeit. Sie genießen den Schutz der Grundrechte der Hessischen Verfassung jedenfalls – und nur dies steht vorliegend zur Entscheidung an – soweit sie sich im Hinblick auf die hinter der rechtsfähigen Vereinigung stehenden Personen und die Tatsache, dass diese in dieser Rechtsform gesamthänderisch verbunden nach außen in Erscheinung treten, in einer grundrechtstypischen Gefährdungslage befinden (vgl. StGH, Urteil vom 14.04.1950 – P.St. 41 und P.St. 54 –; Beschluss vom 31.10.1950 – P.St. 78 –; Beschluss vom 31.01.1968 – P.St. 463 –).

Die Grundrechtsfähigkeit rechtsfähiger Verbände des Privatrechts und die ihr folgende Antragsberechtigung im Grundrechtsklageverfahren sind in jedem Einzelfall für das jeweilige Grundrecht der Hessischen Verfassung zu prüfen. Danach kann sich die Antragstellerin sowohl auf den in Art. 1 HV enthaltenen allgemeinen Gleichheitssatz als auch auf die in Art. 38 Abs. 2 HV verankerte Wettbewerbsfreiheit berufen. Denn bezüglich nicht gerechtfertigter Ungleichbehandlungen und aus ihnen resultierender Wettbewerbsbeeinflussungen durch den Gesetzgeber befindet sie sich in derselben grundrechtstypischen Gefährdungslage wie natürliche Personen.

Die Antragstellerin ist auch gemäß § 43 Abs. 1 und 2 StGHG antragsbefugt. Sie hat substantiiert einen Lebenssachverhalt geschildert, aus dem sich – seine Richtigkeit unterstellt – plausibel ihre unmittelbare und gegenwärtige Selbstbetroffenheit sowie die Möglichkeit von Verletzungen ihrer Grundrechte aus Art. 1 HV und Art. 38 Abs. 2 HV durch § 14 Abs. 2 HFeiertagsG ergibt. Die Selbstbetroffenheit der Antragstellerin durch § 14 Abs. 2 HFeiertagsG resultiert daraus, dass diese Vorschrift einen andere Waschanlagenbetreiber begünstigenden Befreiungstatbestand enthält, der die Stellung der Antragstellerin im Wettbewerb tangieren kann. Diese Beeinflussung der Wettbewerbssituation durch den Gesetzgeber könnte die Antragstellerin auch in ihren Grundrechten aus Art. 1 HV und Art. 38 Abs. 2 HV verletzen. Die gegenwärtige und unmittelbare Betroffenheit der Antragstellerin durch § 14 Abs. 2 HFeiertagsG beruht darauf, dass diese Norm bereits in Kraft ist und die Antragstellerin kraft Gesetzes nicht zum von ihr begünstigten Personenkreis zählt.

Die am 2. Februar 1998 erhobene Grundrechtsklage gegen den am 3. Dezember 1997 in Kraft getretenen § 14 Abs. 2 HFeiertagsG wahrt die gemäß § 45 Abs. 2 StGHG für Grundrechtsklagen gegen Rechtsvorschriften geltende Jahresfrist.

Die Zulässigkeit der Grundrechtsklage der Antragstellerin scheitert auch nicht am Fehlen der gemäß § 44 Abs. 1 StGHG erforderlichen Rechtswegerschöpfung. § 44 Abs. 1 StGHG greift – wie § 45 Abs. 2 StGHG belegt – nicht ein, wenn ein Rechtsweg zu den Fachgerichten nicht offensteht. Gegen § 14 Abs. 2 HFeiertagsG als förmliches Gesetz ist ein solcher Rechtsweg, d.h. eine gesetzlich normierte Möglichkeit der Anrufung eines Fachgerichts (BVerfGE 67, 157 (170)), nicht gegeben.

Schließlich steht auch der Grundsatz der Subsidiarität der Zulässigkeit der Grundrechtsklage der Antragstellerin nicht entgegen. Der Grundsatz der Subsidiarität von Verfassungsbeschwerden als zusätzliche, von der Rechtswegerschöpfung unabhängige Zulässigkeitsvoraussetzung verlangt vom Antragsteller, dass er alle ihm bei den Fachgerichten zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. StGH, Beschluss vom 13.09.1980 – P.St. 1077 –, StAnz. 1989, S. 2084 = ESVGH 40, 10; Beschluss vom 01.02.1995 – P.St. 1192 –, StAnz. 1995, S. 1060; ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, zuletzt Beschluss vom 21.01.1999 – 1 BvR 2077/98 –). Das Prinzip der Subsidiarität gilt grundsätzlich auch für Verfassungsbeschwerden gegen Gesetze (vgl. StGH, Beschluss vom 01.02.1995 – P.St. 1192 – a.a.O.; ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. zuletzt Beschluss vom 21.01.1999 – 1 BvR 2077/98 –). Mit dem Grundsatz der Subsidiarität von Verfassungsbeschwerden angestrebtes Ziel ist es, dass das Verfassungsgericht auf einen Fall trifft, der bereits von den Fachgerichten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht aufbereitet worden ist. Zudem wird der verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsverteilung Rechnung getragen, nach der die Rechtsschutzaufgabe auch bei Verfassungsverstößen vorrangig den Fachgerichten zugewiesen ist. Diese das Subsidiaritätsprinzip tragenden Erwägungen stehen einer direkten Anrufung des Verfassungsgerichts allerdings nicht entgegen, wenn die Anrufung der Fachgerichte zur Abwehr von Grundrechtsverletzungen dem Antragsteller unzumutbar ist oder wenn von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Verfahrens weder die Aufklärung von Tatsachen noch die Klärung einfachrechtlicher Fragen zu erwarten ist, auf die das Verfassungsgericht bei der Beurteilung der verfassungsrechtlichen Fragen angewiesen wäre (vgl. StGH, Beschluss vom 13.09.1989 – P.St. 1077 – a.a.O.; ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. zuletzt Beschluss vom 21.01.1999 – 1 BvR 2077/98 –). Nach diesem Maßstab ist eine vorherige Anrufung der Fachgerichte – etwa im Wege einer verwaltungsgerichtlichen Klage gegen die einem Konkurrenten erteilte Befreiung – durch die Antragstellerin entbehrlich. Die Frage der Verfassungskonformität des § 14 Abs. 2 HFeiertagsG ist unabhängig von der – in die Zuständigkeit der Fachgerichte fallenden – Klärung einfachgesetzlicher Rechtsfragen. Soweit hier tatsächliche Fragen von Bedeutung sind, betreffen sie die Entscheidungsgrundlagen und die Einschätzung des Gesetzgebers, deren Kontrolle Aufgabe des Staatsgerichtshofs als Verfassungsgericht ist.

II. Die Grundrechtsklage ist unbegründet. § 14 Abs. 2 HFeiertagsG verletzt nicht das Gleichheitsgrundrecht der Antragstellerin aus Art. 1 HV.

§ 14 Abs. 2 HFeiertagsG berührt den Schutzbereich des allgemeinen Gleichheitssatzes. Dieser ist in seiner gegenüber dem Gesetzgeber geltenden Ausprägung als Gebot der Rechtssetzungsgleichheit tangiert, wenn durch Gesetz eine unterschiedliche Regelung vergleichbarer Sachverhalte erfolgt. § 14 Abs. 2 HFeiertagsG beinhaltet für die Betreiber einer bestimmten Gruppe von Autowaschanlagen – nämlich vollautomatischer Portalwaschanlagen, die mit Tankstellen verbunden sind – einen Befreiungstatbestand vom grundsätzlichen feiertäglichen Arbeitsverbot des § 6 HFeiertagsG. Damit erfährt diese Personengruppe gegenüber der Gruppe der Betreiber von Selbstbedienungswaschanlagen, der die Antragstellerin angehört, eine Ungleichbehandlung in Form der Privilegierung.

Die Ungleichbehandlung der Antragstellerin durch § 14 Abs. 2 HFeiertagsG ist jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist vielmehr durch hinreichend tragfähige Gründe gerechtfertigt.

Diese Rechtfertigung scheitert nicht schon daran, dass § 14 Abs. 2 HFeiertagsG bereits unabhängig von der Ungleichbehandlung der Antragstellerin verfassungswidrig wäre.

§ 14 Abs. 2 HFeiertagsG verletzt nicht die objektive Verfassungsnorm des Art. 53 HV, nach der der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt bleiben. Art. 53 HV, der wörtlich und inhaltlich mit der bundesverfassungsrechtlichen Garantie nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV übereinstimmt, gilt fort. Art. 31 GG kann die Geltung einer landesverfassungsrechtlichen Norm, die mit einer Bestimmung des Grundgesetzes übereinstimmt, nicht berühren (vgl. StGH, Urteil vom 30.04.1986 – P.St. 1023 –, StAnz. 1986, S. 1089 (1100); BVerfGE 36, 342 (363, 367); BVerfGE 96, 345 (364)). Inhaltlich soll den Sonn- und den anerkannten Feiertagen als Tagen der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung durch Art. 53 HV ihr besonderer Charakter gesichert werden, der in ihrer Abhebung von den Werktagen deutlich wird. Sonn- und Feiertage dienen verfassungsrechtlich der gesamtheitlichen personalen Regeneration des Menschen. Demgemäß hat der Gesetzgeber für diese Tage einen Zustand prinzipiellen Ruhens der typisch werktäglichen Betätigungen zu sichern (vgl. Zinn/Stein, Verfassung des Landes Hessen, Art. 53 Erl. III). Art. 53 HV enthält insofern eine Einrichtungsgarantie (vgl. für die entsprechende bundesverfassungsrechtliche Gewährleistung BVerfG, NJW 1995, 3378 (3379)). Gesichert wird also der Bestand des Feiertagsschutzes als solcher im Wesenskern, nicht hingegen die Existenz seiner einzelnen sachlichen Ausprägungen oder die zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehende einschlägige einfachgesetzliche Rechtslage an sich (vgl. Ehlers, in: Sachs, GG, 2. Aufl. 1999, Art. 140 GG Art. 139 WRV Rdnr. 1; Kästner, NVwZ 1993, 148 (149)). Eine gesetzliche Regelung verletzt Art. 53 HV folglich erst dann, wenn der Sonn- und Feiertagsschutz als von der Verfassung vorgeschriebenes Institut im Kern preisgegeben wird, insbesondere eine grundsätzliche Einebnung von Werk- und Feiertagen Ziel oder tatsächliche Folge der Normgebung ist. Nach diesem Maßstab ist eine Verletzung des Art. 53 HV durch § 14 Abs. 2 HFeiertagsG nicht feststellbar. Der Gesetzgeber hat durch § 14 Abs. 2 HFeiertagsG den verfassungsrechtlichen Feiertagsschutz nicht prinzipiell preisgegeben. Für den Karfreitag, den Volkstrauertag und den Totensonntag gilt das alle Autowaschanlagen betreffende feiertägliche Betriebsverbot weiterhin strikt (§ 14 Abs. 2 Satz 2 HFeiertagsG). Durch die begrenzte Geltung des § 14 Abs. 2 HFeiertagsG für mit Tankstellen verbundene vollautomatische Autowaschanlagen hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass die Erteilung einer Genehmigung nicht zu zusätzlicher dem Feiertagsschutz abträglicher Sonn- und Feiertagsarbeit führt. Durch die weitere Beschränkung auf Portalwaschanlagen als geschlossene bauliche Anlagen, bei denen das Fahrzeug in eine Waschhalle gefahren und dort in stationärem Zustand durch bewegliche Reinigungsaggregate gesäubert wird, hat der Gesetzgeber dem verfassungsrechtlichen Postulat einer allgemeinen Atmosphäre feiertäglicher Arbeitsruhe Rechnung getragen.

§ 14 Abs. 2 HFeiertagsG genügt auch den Anforderungen, die sich unmittelbar aus Art. 1 HV ergeben.

Art. 1 HV in seiner Funktion als allgemeiner Gleichheitssatz verbietet zunächst eine willkürliche Ungleichbehandlung im Wesentlichen vergleichbarer Sachverhalte durch den Gesetzgeber. Aufgrund des dem Gesetzgeber im gewaltenteilenden Staat zukommenden Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums kann der Staatsgerichtshof als Verfassungsgericht eine willkürliche Ungleichbehandlung durch den Normgeber allerdings nur dann feststellen, wenn für die Differenzierung jeder vernünftige oder sachlich einleuchtende Grund fehlt (vgl. StGH, Beschluss vom 16.06.1971 – P.St. 617 –, ESVGH 21, 193 (194); Urteil vom 16.06.1971 – P.St. 602, 603, 604, 607 –, StAnz. 1971, 1135; Beschluss vom 12.07.1972 – P.St. 640 –, ESVGH 22, 209; Beschluss vom 06.09.1972 – P.St. 647 –, StAnz. 1972, 1817). Unter diesem Aspekt des Art. 1 HV ist § 14 Abs. 2 HFeiertagsG nicht zu beanstanden. Die Beschränkung des Ausnahmetatbestandes auf den Betrieb vollautomatischer mit Tankstellen verbundener Portalwaschanlagen beruht auf den Gedanken der Vermeidung zusätzlicher Feiertagsarbeit und der weitestmöglichen Reduzierung hör- und sichtbarer Beeinträchtigungen der Feiertagsruhe und damit auf vernünftigen Gründen.

Für den Gesetzgeber beinhaltet Art. 1 HV über das Willkürverbot hinaus ein allgemeines Gleichbehandlungsgebot, das vornehmlich bei personenbezogenen oder bei mit Auswirkungen auf Freiheitsgrundrechte verbundenen Ungleichbehandlungen eine strengere verfassungsgerichtliche Überprüfung der verfassungsrechtlichen Legitimität von Ungleichbehandlungen fordert. In den genannten Fällen ist – wie in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. zusammenfassend BVerfGE 88, 87 (96 f.) – im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung festzustellen, ob für die Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Dabei ist auch bei der verfassungsgerichtlichen Kontrolle am Maßstab des allgemeinen Gleichbehandlungsgebots der Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu respektieren. Je stärker sich jedoch eine Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann bzw. je stärker die Ungleichbehandlung an – den Diskriminierungsverboten des Art. 1 HV vergleichbare – für den Einzelnen nicht verfügbare personengebundene Merkmale anknüpft, desto intensiver ist die verfassungsgerichtliche Kontrolle.

§ 14 Abs. 2 HFeiertagsG berührt das Grundrecht des Art. 1 HV in seiner Eigenschaft als allgemeines Gleichbehandlungsgebot. Zwar knüpft die Privilegierung der Betreiber bestimmter Autowaschanlagen nicht an personengebundene, sondern an sachbezogene Merkmale an, jedoch nimmt sie Einfluss auf die durch Art. 1 HV i.V.m. Art. 38 Abs. 2 HV grundrechtlich geschützte Wettbewerbsfreiheit der nichtprivilegierten Betreiber.

Die mit § 14 Abs. 2 HFeiertagsG verfolgten Zwecke des Gesetzgebers legitimieren die durch diese Vorschrift geschaffene Ungleichbehandlung auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit.

Verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Zweck des Befreiungstatbestandes ist die Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten des Einzelnen unter gleichzeitiger Wahrung der Belange des verfassungsrechtlichen Feiertagsschutzes. Die Begrenzung des § 14 Abs. 2 HFeiertagsG auf vollautomatische Portalwaschanlagen, die mit Tankstellen verbunden sind, ist zur Erreichung dieses Zwecks geeignet. Die gesetzgeberische Einschätzung, dass die Befreiung dieser Anlagen vom feiertagsgesetzlichen Arbeitsverbot nicht zu zusätzlicher menschlicher Feiertagsarbeit führt, da die Anlagen vollautomatisch arbeiten und Aufsichtsfunktionen vom ohnehin eingesetzten Tankstellenpersonal wahrgenommen werden können, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies gilt auch für die Prognose des Gesetzgebers, dass aufgrund der Beschränkung des § 14 Abs. 2 HFeiertagsG auf Portalwaschanlagen mit Tankstellenverbund vom feiertäglichen Waschbetrieb keine nennenswerten Störungen der Feiertagsruhe ausgehen werden.

Unter dem Aspekt der Erforderlichkeit weist § 14 Abs. 2 HFeiertagsG gleichfalls keine verfassungsrechtlichen Mängel auf. Der vom Gesetzgeber für notwendig erachtete Ausschluss der Betreiber anderer Waschanlagen vom Befreiungstatbestand des § 14 Abs. 2 HFeiertagsG hält der verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Bei Selbstbedienungswaschanlagen, wie sie die Antragstellerin betreibt, ist die Einschätzung gerechtfertigt, dass bereits das Waschen durch die Kfz-Besitzer selbst eine wahrnehmbare Störung der feiertäglichen Ruhe darstellt, Portalwaschanlagen ohne Tankstellenverbund bedürfen zumindest Kontrollpersonals und damit zusätzlicher Arbeitskräfte an Sonn- und Feiertagen. Bei sog. Waschstraßen durfte der Gesetzgeber in Anbetracht der ihm gestatteten pauschalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise davon ausgehen, dass diese zusätzlicher menschlicher Arbeitskräfte an Sonn- und Feiertagen bedürfen und zudem während des Waschvorgangs größere Lärmemissionen als Portalwaschanlagen verursachen (vgl. zum Emissionsgesichtspunkt OVG Münster, NVwZ-RR 1997, 16; Fickert/Fieseler, BauNVO, 9. Aufl. 1998, § 2 Rdnr. 23, § 4 Rdnr. 10). Eine zur Zweckerreichung offenkundig in gleicher Weise geeignete Maßnahme, die für die im Wettbewerb stehenden Waschanlagenbetreiber eine geringere Belastung als die in § 14 Abs. 2 HFeiertagsG vorgesehene Ungleichbehandlung darstellen würde, besteht nicht. Sie liegt insbesondere nicht in der von der Antragstellerin favorisierten alleinigen Geltung des § 14 Abs. 3 HFeiertagsG für alle Betreiber von Autowaschanlagen. Denn Anliegen des Gesetzgebers war im Interesse des Feiertagsschutzes gerade auch die Vermeidung zusätzlicher menschlicher Feiertagsarbeit. Dieser Gesichtspunkt wird von § 14 Abs. 3 HFeiertagsG, der sich aus der Beschaffenheit und Lage der Anlage ergebende Auswirkungen sowie die Vermeidbarkeit verhaltensbedingter Lärmbeeinträchtigungen betrifft, nicht erfasst.

Schließlich kann auch ein unangemessenes Verhältnis zwischen der in § 14 Abs. 2 HFeiertagsG vorgesehenen Ungleichbehandlung und dem mit ihr verfolgten Zweck nicht festgestellt werden. Belange des Feiertagsschutzes – wie die Vermeidung menschlicher Feiertagsarbeit und die Aufrechterhaltung einer Atmosphäre feiertäglicher Ruhe – haben von Verfassung wegen erhebliches Gewicht. Eine Beeinträchtigung der Wettbewerbssituation der Antragstellerin, die infolge ihrer Schwere danach unzumutbar wäre, war weder vom Gesetzgeber prognostizierbar noch ist sie heute ersichtlich.

Soweit der Schutz der Wettbewerbsfreiheit vor gleichheitssatzwidrigen Maßnahmen des Gesetzgebers auch in Art. 38 Abs. 2 HV verankert ist, ist dieses Freiheitsrecht aus den zuvor genannten Gründen ebenfalls nicht verletzt.

III. Der im Rahmen der Grundrechtsklage gestellte Antrag des Landesanwalts konnte aus den dargelegten Gründen keinen Erfolg haben.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 28 StGHG.