Hessischer VGH, Beschluss vom 29.10.1991 - 4 N 1815/85
Fundstelle
openJur 2012, 19599
  • Rkr:
Tatbestand

Die Antragsteller wenden sich gegen die Satzung der Antragsgegnerin über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes "Altstadt".

Der Antragsteller zu 1 ist Eigentümer des im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet liegenden Grundstücks Flur, Flurstück, H gasse in F. Der Antragsteller zu 2 ist Eigentümer des ebenfalls im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet liegenden Grundstücks Flur Flurstück, E gasse in F.

Die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin faßte am 04.11.1971 den Beschluß, die vorbereitenden Untersuchungen zur Ermittlung der Beurteilungsgrundlagen für die Notwendigkeit der Stadtsanierung gemäß § 4 des Städtebauförderungsgesetzes (StBauFG) einzuleiten. Der Beschluß wurde in der "W Zeitung" vom 27.11.1971 öffentlich bekannt gemacht.

Das von der Antragsgegnerin beauftragte Architektenbüro Dr.-Ing. E S, B/, führte im Laufe des Jahres 1972 eine örtliche Bestandsaufnahme durch, deren Ergebnisse in 527 Einzelakten für jedes Anwesen im Untersuchungsbereich mit Daten, Lageplänen, Grundrissen, Schnitten und Ansichten, einer elektronischen Auswertung der Bestandsaufnahme, einer Kartierung in 21 Plänen im Maßstab 1:500 und einer fotografischen Bestandsaufnahme sowie im Gutachten über die Ergebnisse der Bestandsaufnahme vom 17.04.1974 dargelegt und ausgewertet wurden.

Am 16.03.1978 hielt die Antragsgegnerin eine erste Bürgerversammlung zur Stadtsanierung ab.

Nachdem das Architektenbüro Dr.-Ing. S den Entwurf eines Rahmenplans für die Stadtsanierung erstellt hatte, übersandte die Antragsgegnerin diesen Entwurf den Trägern öffentlicher Belange mit Schreiben vom 25.07.1979 mit der Bitte, Bedenken und Anregungen dazu mitzuteilen.

Am 12.09.1979 führte die Antragsgegnerin eine weitere Bürgerversammlung durch, in der der Rahmenplan vorgestellt und in einzelnen Punkten erörtert wurde.

Am 12.08.1982 billigte die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin den Rahmenplan mit der Maßgabe einer Erweiterung des förmlichen Sanierungsgebietes und einzelner Änderungen. Ferner entschied sie über die Bedenken und Anregungen der Träger öffentlicher Belange und aus der Bürgerbeteiligung. Weiterhin faßte die Stadtverordnetenversammlung folgenden Beschluß: Von einer förmlichen Festlegung des Sanierungsgebietes in der Altstadt F werde abgesehen, weil zu diesem Zeitpunkt keine Möglichkeit einer Aufnahme in das Städtebauförderungsprogramm bestehe. Ungeachtet dessen solle die Sanierung der Altstadt im Rahmen der gegebenen finanziellen Möglichkeiten durch die Aufstellung von Bebauungsplänen nach dem BBauG, die gegebenenfalls später in Bebauungspläne nach dem StBauFG umgewandelt würden, durchgeführt werden.

Am 29.10.1984 wurde die Altstadtsanierung der Antragsgegnerin in das Städtebauförderungsprogramm des Landes Hessen aufgenommen.

Am 31.01.1985 beschloß die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin den Entwurf der "Satzung der Stadt F (Hessen) über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes 'Altstadt'" als Satzung. In § 1 Abs. 2 der Satzung werden die Grundstücke, die das Sanierungsgebiet umfaßt, einzeln aufgeführt. Daneben werden die Grenzen des Sanierungsgebietes in einem Plan dargestellt.

Der Regierungspräsident in D genehmigte die Satzung mit Verfügung vom 27.02.1985 mit einer Auflage. Satzung und Genehmigung sowie Hinweise auf die §§ 15, 17, 18 und 23 StBauFG wurden in der "W Zeitung" vom 16.03.1985 öffentlich bekanntgemacht.

Nachdem gegen die Sanierungssatzung mehrere Normenkontrollanträge - darunter der vorliegende Normenkontrollantrag der Antragsteller - beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof gestellt worden waren, die u. a. mit einer Verletzung des § 25 der Hessischen Gemeindeordnung - HGO - begründet worden waren, beschloß die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin in ihrer Sitzung am 25.09.1986 die Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes "Altstadt" erneut und mit Rückwirkung auf den 18.03.1985, wobei u. a. die Stadträte, deren Mitwirkung bei der Beschlußfassung am 31.01.1985 in den Normenkontrollverfahren gerügt worden war, bei der Beratung und Beschlußfassung nicht mitwirkten. Zugleich lehnte die Stadtverordnetenversammlung in ihrer Sitzung am 25.09.1986 einen Antrag der CDU-Fraktion ab, in die Sanierungssatzung einen § 1a einzufügen, mit dem die Anwendung der §§ 6, 15 - 23, 41 Abs. 4 - 11 und § 42 StBauFG ausgeschlossen werden sollte.

Die am 25.09.1986 beschlossene Sanierungssatzung wurde in der "W Zeitung" vom 25.10.1986 öffentlich bekanntgemacht.

Die Antragsgegnerin legte danach dem Regierungspräsidenten in D die Sanierungssatzung vom 25.09.1986 zur Genehmigung vor. Der Regierungspräsident in D genehmigte die Sanierungssatzung vom 25.09.1986 mit Verfügung vom 17.11.1986. Daraufhin wurde die Sanierungssatzung vom 25.09.1986 mit der Genehmigung des Regierungspräsidenten und den Hinweisen auf die §§ 15, 17, 18 und 23 StBauFG in der "W Zeitung" vom 10.12.1986 erneut bekanntgemacht. In dieser Bekanntmachung wurde aufgrund eines Druckfehlers als Datum des Inkrafttretens anstelle des 18.03.1985 der 18.03.1986 genannt. Die Antragsgegnerin wies mit einer weiteren Bekanntmachung in der "W Zeitung" am 20.12.1986 auf den Druckfehler hin und berichtigte das in der Bekanntmachung vom 10.12.1986 genannte Datum des Inkrafttretens auf den 18.03.1985.

Am 06.09.1990 und - wegen einer möglichen Verletzung des § 25 HGO bei dieser Beschlußfassung - erneut am 13.09.1990 beschloß die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin einen zweiten Nachtrag zur Sanierungssatzung, mit dem in einem § 1a die Anwendung der Vorschriften des 3. Abschnitts (§§ 152 bis 156) des Baugesetzbuches - BauGB - sowie die Genehmigungspflicht nach § 144 Abs. 2 BauGB ausgeschlossen werden. Im Anzeigeverfahren hat der Regierungspräsident in D mit Verfügung vom 04.01.1991 gegenüber dieser Änderungssatzung die Verletzung von Rechtsvorschriften geltend gemacht. Über den dagegen gerichteten Widerspruch der Antragsgegnerin ist noch nicht entschieden.

Die Antragsteller haben 1985 einen Normenkontrollantrag gestellt, mit dem sie sich zunächst gegen die am 31.01.1985 beschlossene Sanierungssatzung wenden. Sie machen geltend, bei der Beratung und Beschlußfassung über die Satzung sei § 25 HGO verletzt worden, weil die Stadtverordneten N, S und P mitgewirkt hätten. Der Stadtverordnete N betreibe u. a. mit dem Rechtsanwalt und Notar Sch eine Notarkanzlei in Form einer BGB-Gesellschaft. Die Sozietät sei Mieterin des im Sanierungsgebiet befindlichen Hauses K straße (Flur Flurstück), dessen Eigentümer der Notar Sch sei. Der Stadtverordnete S sei vertretungsberechtigtes Mitglied des Vorstandes der O Versorgungs AG (OVAG), die Eigentümerin des zum Teil im Sanierungsgebiet liegenden Grundstücks L straße (Flur Flurstück) sei. Der Stadtverordnete P sei Eigentümer eines unmittelbar an das Sanierungsgebiet angrenzenden Grundstücks K straße (Flur Flurstück). Diese Stadtverordneten hätten durch die angegriffene Sanierungssatzung unmittelbar Vor- bzw. Nachteile schon allein durch die Abgrenzung des Sanierungsgebiets und die Aufstellung der angegriffenen Satzung erlangt. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin weitere Verfahrensfehler begangen. Im Rahmen der Stellungnahme der Träger öffentlicher Belange habe die Antragsgegnerin nicht die Stellungnahme der unmittelbar angrenzenden Gemeinden R und W eingeholt, obwohl rechtliche und wirtschaftliche Interessen der genannten Gemeinden bei Durchführung der Sanierung betroffen seien. Weiterhin habe die Antragsgegnerin weder einen Sozialplan noch weitere befreiende Beschlüsse gemäß § 4 Abs. 2a StBauFG gefaßt. Ein weiterer Verfahrensfehler liege darin, daß die Antragsgegnerin nach den Bürgerversammlungen am 16.03.1978 und am 12.09.1979 bis zur Beschlußfassung über die Sanierungssatzung weder eine Bürgerversammlung durchgeführt noch sonst in geeigneter Weise den Stand der Planung mit den Betroffenen erörtert habe, obwohl sich die Planung gegenüber dem Stand der Jahre 1978 und 1979 erheblich geändert habe. Schließlich habe die Antragsgegnerin die mit der Änderung des Städtebauförderungsgesetzes gegebenen Möglichkeiten eines vereinfachten Verfahrens nicht zur Kenntnis genommen, geschweige denn überprüft, ob und inwieweit ein solches Verfahren angemessener sei. Darin liege ein Ermessensfehler, der zur materiellen Unwirksamkeit der Sanierungssatzung führe.

Mit Schriftsätzen vom 25.09.1987 und 12.10.1988 haben die Antragsteller ihren Normenkontrollantrag ergänzt und gegen die Sanierungssatzung vom 31.01.1985 "in der erneuten Fassung vom 25.09.1986" gerichtet. Sie beanstanden insbesondere die Rückwirkung der Satzung.

Mit Schriftsatz vom 09.09.1991 haben die Antragsteller dann erklärt, daß sich der Normenkontrollantrag gegen die Sanierungssatzung vom 25.09.1986 und die Satzung der Antragsgegnerin vom 31.05.1985 richte.

Die Antragsteller beantragen nunmehr,

die Sanierungssatzung der Antragsgegnerin vom 25. September 1986 und die Satzung der Antragsgegnerin vom 31. Januar 1985 für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie führt unter Bezugnahme auf ihre in den Normenkontrollverfahren 4 N 1123/85 und 4 N 1799/85 überreichten Schriftsätze aus, der Antrag sei unzulässig, soweit er sich gegen die Sanierungssatzung insgesamt richte. Bezüglich der Grundstücke der Antragsteller sei er zulässig, aber unbegründet. § 25 HGO sei nicht verletzt worden. Im Falle des Stadtverordneten N fehle es an der Unmittelbarkeit eines Vor- oder Nachteils, der ihm infolge der beschlossenen Satzung entstehen könnte. Beim Stadtverordneten S lägen Tatsachen, die die Annahme einer Befangenheit rechtfertigen könnten, nicht vor.

Der Vorwurf, sie habe ihr Ermessen fehlerhaft gebraucht und das vereinfachte Verfahren übersehen, treffe nicht zu. Aufgrund ihrer eingehenden vorbereitenden Untersuchungen habe sie eine Vielzahl städtebaulicher Mißtstände im Hinblick auf die Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Funktionsfähigkeit des Gebietes festgestellt. Insbesondere im Hinblick auf die Funktionsschwäche und die Notwendigkeit von Entkernung, bodenordnenden Maßnahmen und zum Teil auch Neubebauung habe keine Veranlassung bestanden, an der Erforderlichkeit des besonderen Bodenrechtes des Städtebauförderungsgesetzes zu zweifeln. Das Städtebauförderungsgesetz gehe auch in der Neufassung davon aus, daß in der Regel das besondere Bodenrecht für die Durchführung der Sanierung erforderlich sei. Besonderer Rechtfertigung bedürfe also nicht die Anwendung des Bodenrechts des Städtebauförderungsgesetzes, sondern sein Ausschluß. Anhaltspunkte dafür, daß etwa die Sanierung sich in der Durchführung einer Reihe von Objektsanierungen erschöpfen würde, hätten nicht vorgelegen.

Alle maßgeblichen Träger öffentlicher Belange seien bereits vor der förmlichen Festlegung beteiligt worden. Eine besondere Pflicht, alle umliegenden Gemeinden formell zu beteiligen, bestehe nicht.

Im Zeitpunkt der Beschlußfassung könne eine konkrete Sozialplanung nicht vorliegen. Die Grundsätze für den Sozialplan seien in den Bericht über die vorbereitenden Untersuchungen aufgenommen worden.

Welche Art der Bürgerbeteiligung sie, die Antragsgegnerin, wähle, sei ihre Sache. Es liege auch in ihrer Entscheidungsbefugnis, wie oft und in welchen Zeiträumen Bürgerversammlungen oder Veranstaltungen ähnlicher Art durchgeführt werden. Insbesondere habe es keiner Bürgerversammlung mit dem Ziel der nochmaligen Unterrichtung und Erörterung bedurft, weil sich an der Sanierungsbedürftigkeit des Gebietes nichts Grundsätzliches geändert habe.

Folgende Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen:

Ein Aktenordner der Antragsgegnerin betreffend das Verfahren über die Aufstellung der Sanierungssatzung; ein gehefteter Band "Stadtentwicklungs-Gutachten, Teil D, Sanierung-Bestandsaufnahme"; Schlüsselliste zur Auswertung der Bestandsaufnahme durch EDV; 2 Hefter Einzelakten betreffend Bestandsaufnahme für die Grundstücke der Antragsteller zu 1 und 2; der Rahmenplan der Antragsgegnerin für die Altstadtsanierung (1 Band); 2 geheftete Vorgänge betreffend die Hauptsatzung der Antragsgegnerin in verschiedenen Fassungen sowie 3 weitere geheftete Vorgänge betreffend die Sanierungssatzung. Ferner liegen vor die Gerichtsakten der Normenkontrollverfahren S ./. Stadt F, 4 N 1799/85 und G und B ./. Stadt F, 4 N 1123/85.

Gründe

Der Normenkontrollantrag der Antragsteller ist zulässig, soweit er sich gegen die Geltung der Sanierungssatzung vom 25.09.1986 für die von ihr betroffenen Grundstücke der Antragsteller richtet.

Die in der Erstreckung des Normenkontrollantrags auf die Satzung vom 25.09.1986 liegende Antragsänderung ist sachgerecht und daher - auch ohne Einwilligung der Antragsgegnerin - in entsprechender Anwendung des § 91 Abs. 1 VwGO zulässig. Die Satzung vom 25.09.1986 ist inhaltlich mit der Satzung vom 31.01.1985 identisch, so daß der Streitstoff insoweit der gleiche bleibt.

Die Antragsteller wenden sich im Wege der Normenkontrolle gegen eine auf der Grundlage des Städtebauförderungsgesetzes (StBauFG) erlassene Sanierungssatzung, deren Gültigkeit von dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 245 Abs. 7 BauGB überprüft werden kann.

Die Antragsteller sind antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann u. a. jede natürliche Person, die durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung einen Nachteil erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten hat, den Antrag stellen. Der Senat hat unter einem solchen Nachteil seit dem Beschluß vom 19.12.1969 - IV N 8/68 -, BRS 22 Nr. 31 die Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen verstanden. Darunter fallen absolute Rechte, subjektive öffentliche Rechte wie Nachbarrechte, aber z. B. auch private Belange des Bürgers, die im Bauleitplanverfahren nach § 1 Abs. 7 BBauG zu beachten waren (Beschluß des Senats vom 26.06.1973 - IV N 1/72 -, BRS 27 Nr. 172). Das Bundesverwaltungsgericht (Beschluß vom 09.11.1979 - 4 N 1.78, 4 N 2.79, 4 N 3.79 und 4 N 4.79 -, BRS 35 Nr. 24) stellt hinsichtlich des Nachteils im Falle eines Bebauungsplans darauf ab, ob der Antragsteller durch den Bebauungsplan oder dessen Anwendung verletzend in einem Interesse betroffen wird bzw. in absehbarer Zeit betroffen werden kann, das bei der Entscheidung über den Erlaß oder den Inhalt dieses Bebauungsplans als privates Interesse des Antragstellers in der Abwägung berücksichtigt werden müßte. Zu den rechtlich geschützten Interessen bzw. zu den privaten Interessen, die bei der Abwägung berücksichtigt werden müssen, gehört das Grundeigentum (Beschluß des Senats vom 13.12.1982 - IV N 14/77 - ESVGH 32, 106). Als Eigentümer von Grundstücken im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet haben die Antragsteller Nachteile zu erwarten. Die Sanierungssatzung regelt zwar noch nicht, wie ein im Sanierungsverfahren ergehender Bebauungsplan, die Nutzungsmöglichkeiten der Grundstücke. Die Sanierungssatzung unterwirft aber im hier angeordneten klassischen Sanierungsverfahren das Grundeigentum der Antragsteller einem städtebaulichen Sonderbaurecht, das ihre Eigentümerbefugnisse erheblich stärker einschränkt als das allgemeine Städtebaurecht des Bundesbaugesetzes bzw. des Baugesetzbuchs, insbesondere durch die Genehmigungspflicht (§§ 15 StBauFG, 144 BauGB) und die sanierungsrechtlichen Entschädigungs- und Ausgleichsbetragsregelungen (§§ 23, 41, 42 StBauFG, 152 bis 156 BauGB).

Der Nachteil der Antragsteller erschöpft sich allerdings in der Betroffenheit ihrer Grundstücke im festgelegten Sanierungsgebiet. Soweit sie darüber hinaus die Nichtigkeit der Satzung für das ganze Sanierungsgebiet festgestellt haben wollen, ist ihr Antrag unzulässig. Die Befugnis des Verwaltungsgerichtshofs, über einen durch das Maß des Nachteils beschränkten Normenkontrollantrag hinaus im Falle seiner Begründetheit bei planerischem Regelungszusammenhang eine Norm im Ganzen für nichtig zu erklären, bleibt unberührt (vgl. Hess. VGH, Beschluß vom 16.11.1976, IV N 3/75, in BRS 30 Nr. 22; auch Quaas/Müller, Normenkontrolle und Bebauungsplan, 1986, Rdnr. 231).

Soweit der Normenkontrollantrag zulässig ist, ist er nicht begründet.

Rechtsgrundlage für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Sanierungssatzung vom 25.09.1986 sind grundsätzlich die bei ihrem Erlaß geltenden Bestimmungen des Städtebauförderungsgesetzes - StBauFG - vom 21.07.1971 (BGBl. I S. 1125) in der Neufassung vom 18.08.1976 (BGBl. I S. 2318), berichtigt am 20.12.1976 (BGBl. I S. 3617), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Städtebauförderungsgesetzes vom 05.11.1984 (BGBl. I S. 1321). Zwar gelten für die Durchführung des Sanierungsverfahrens auch bei den vor dem 01.07.1987 eingeleiteten Sanierungsverfahren gemäß § 245 Abs. 1 BauGB vom Inkrafttreten des Baugesetzbuchs am 01.07.1987 an die Vorschriften des Baugesetzbuchs über städtebauliche Sanierungsmaßnahmen (§§ 136 ff. BauGB) mit der Maßgabe der in § 245 BauGB getroffenen Überleitungsvorschriften. Soweit unter der Geltung des Städtebauförderungsgesetzes jedoch bereits Maßnahmen getroffen worden sind, insbesondere eine Sanierungssatzung erlassen worden ist, bleiben die Vorschriften des Städtebauförderungsgesetzes die maßgebliche Rechtsgrundlage (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 245 Rdnr. 4).

Die Sanierungssatzung ist nicht wegen einer Verletzung von Form- oder Verfahrensvorschriften unwirksam.

Soweit die Antragsteller rügen, im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange seien zu Unrecht die angrenzenden Gemeinden W und R nicht beteiligt worden, haben sie nicht dargelegt, inwieweit der Aufgabenbereich dieser Gemeinden durch die Sanierung berührt werden kann (§ 4 Abs. 4 Satz 1 StBauFG). Die Frage kann jedoch dahinstehen. Denn wenn einzelne von der Sanierungsplanung berührte Träger öffentlicher Belange im Verfahren zur Aufstellung der Sanierungssatzung nicht beteiligt worden sind, ist ein solcher Mangel unbeachtlich. Dies ergibt sich aus § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, der gemäß der Überleitungsvorschrift des § 244 Abs. 1 BauGB auch auf Satzungen anzuwenden ist, die vor dem 1. Juli 1987 bekanntgemacht worden sind. Die Rechtslage entspricht insoweit der vor dem Inkrafttreten des Baugesetzbuches geltenden Rechtslage (§ 86 Abs. 1 Satz 2 StBauFG i.V.m. § 155b Abs. 1 Nr. 2 BBauG).

Zu Unrecht beanstanden die Antragsteller, daß im Zeitpunkt der Beschlußfassung über die Sanierungssatzung ein Sozialplan noch nicht vorgelegen habe. Nach § 8 Abs. 1 und 2 StBauFG ist der Sozialplan erst nach der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebietes im Rahmen der Durchführung der Sanierung zu erstellen. Im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen soll die Gemeinde gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 StBauFG Grundsätze für den Sozialplan entwickeln, sobald und soweit dies nach dem Stand der Vorbereitung der Sanierung möglich ist. Dem hat die Antragsgegnerin entsprochen. Der von der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin am 12.08.1982 gebilligte Rahmenplan für die Altstadtsanierung enthält unter Ziffer 5 (S. 105 f.) Grundsätze zum Sozialplan. Selbst wenn aber die Grundsätze zum Sozialplan fehlen würden oder als nicht ausreichend angesehen werden müßten, würde dies nicht zur Unwirksamkeit der Sanierungssatzung wegen eines Verfahrensfehlers führen. Nach § 214 Abs. 1 BauGB ist nur eine Verletzung der dort aufgeführten Verfahrens- und Formvorschriften beachtlich. Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 StBauFG, die den Bericht über die vorbereitenden Untersuchungen, in den die Grundsätze für den Sozialplan aufgenommen werden sollen, betrifft, und die im wesentlichen entsprechenden Vorschriften der §§ 141 Abs. 1 und 2, 143 Abs. 1 BauGB werden in § 214 Abs. 1 BauGB nicht aufgeführt. Nach § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ist eine Verletzung der Vorschriften über den Erläuterungsbericht und die Begründung des Flächennutzungsplanes und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach § 3 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Abs. 5, § 9 Abs. 8 und § 22 Abs. 11 BauGB beachtlich. Der Bericht über die vorbereitenden Untersuchungen gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 StBauFG bzw. der Bericht über die Gründe, die die förmliche Festlegung des sanierungsbedürftigen Gebiets rechtfertigen (§ 143 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BauGB), werden dort nicht erwähnt. Der Bericht über die vorbereitenden Untersuchungen entspricht auch nach seiner rechtlichen Bedeutung nicht dem Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan oder der Begründung des Bebauungsplans oder der Entwürfe, die in § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB aufgeführt sind. Der Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan und die Begründung des Bebauungsplans sind diesen Plänen beizufügen (§§ 5 Abs. 5, 9 Abs. 8 BauGB); sie sind bei der öffentlichen Auslegung im Rahmen der förmlichen Bürgerbeteiligung zusammen mit den Entwürfen der Pläne offenzulegen (§ 3 Abs. 2 BauGB). Diese rechtliche Bedeutung kommt dem Bericht über die vorbereitenden Untersuchungen nicht zu. Mängel der vorbereitenden Untersuchungen können sich daher zwar gegebenenfalls auf die materielle Rechtmäßigkeit einer Sanierungssatzung auswirken. Das Fehlen des Berichts - und damit auch der Grundsätze für den Sozialplan - stellt als solches aber keinen beachtlichen Verfahrensfehler dar.

Auch insoweit entspricht die Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Baugesetzbuches im Ergebnis der bis dahin geltenden Rechtslage (§ 86 Abs. 1 Satz 2 StBauFG i.V.m. § 155b Abs. 1 Nr. 3 und 4 BBauG).

Auch auf einen Mangel der Bürgerbeteiligung können sich die Antragsteller nicht mit Erfolg berufen. Die Beteiligung und Mitwirkung der Betroffenen, die bei der Vorbereitung und Durchführung der Sanierung stattfinden soll (§ 1 Abs. 4 Satz 4, § 4 Abs. 1 Satz 2 und § 9 StBauFG bzw. § 137 BauGB) entspricht nicht der förmlichen Bürgerbeteiligung im Rahmen der Bauleitplanung nach § 3 Abs. 2 BauGB, sondern allenfalls der ebenfalls nicht förmlichen frühzeitigen Bürgerbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 17.12.1979, BRS 35 Nr. 226). Demnach wäre ein eventueller Mangel der Betroffenenbeteiligung gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht als Verfahrensfehler beachtlich.

Eine Verletzung des § 25 HGO bei der erneuten Beschlußfassung in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 25.09.1986 ist von den Antragstellern nicht gerügt worden. Anhaltspunkte für eine Verletzung dieser Vorschrift sind auch nicht ersichtlich.

Sonstige Form- und Verfahrensvorschriften sind ebenfalls nicht verletzt.

Die Sanierungssatzung vom 25.09.1986 ist nicht wegen der Anordnung ihres rückwirkenden Inkrafttretens am 18.03.1985 unwirksam. Die Sanierungssatzung vom 25.09.1986 ist eine inhaltsgleiche Wiederholung der am 31.01.1985 beschlossenen Sanierungssatzung der Antragsgegnerin. Sie dient der Behebung eines möglichen Verfahrensfehlers - Verletzung des § 25 HGO -, der möglicherweise die Unwirksamkeit der Sanierungssatzung vom 31.01.1985 zur Folge hat. Aus § 86 Abs. 1 Satz 2 StBauFG i.V.m. § 155a Abs. 5 BBauG ergibt sich die Befugnis, eine an einem Form- oder Verfahrensfehler leidende Satzung durch Behebung des Fehlers und Wiederholung des nachfolgenden Verfahrens zu heilen, und insbesondere auch die Befugnis, die Satzung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt in Kraft zu setzen, zu dem sie ohne den Verfahrensfehler frühestens hätte wirksam werden können (vgl. zur im wesentlichen übereinstimmenden Regelung in § 215 Abs. 3 BauGB Gaentzsch, a.a.O., § 215 Rdnr. 13 ff.; Bielenberg, in: Ernst- Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Vorbemerkung vor §§ 214 bis 216, Rdnr. 18 ff.).

Die Vorschrift des § 155a Abs. 5 BBauG ist ebenso wie die entsprechende Vorschrift des § 215 Abs. 3 BauGB verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.1986 - 4 C 31.85 -, BRS 46 Nr. 13 = BVerwGE 75, 262). Das Bundesverfassungsgericht hat anerkannt, daß eine ungültige Norm rückwirkend durch eine gültige Norm ersetzt werden darf, wenn das Vertrauen des Bürgers auf die Ungültigkeit einer formell noch bestehenden Rechtsnorm nicht schutzwürdig ist. Der durch das Rechtsstaatsprinzip im Interesse der Rechtssicherheit gewährleistete Vertrauensschutz kommt vor allem dort nicht in Frage, wo es kein Vertrauen geben kann oder wo es sachlich nicht schutzwürdig wäre. Das Vertrauen ist dann nicht schutzwürdig, wenn der Bürger in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen mußte (vgl. BVerfG, Beschluß vom 15.11.1967 - 2 BvL 7, 20, 22/64 -, BVerfGE 22, 330 (347 f.)). Ein Vertrauen auf die Ungültigkeit einer formell noch bestehenden Rechtsnorm wird in aller Regel nicht geschützt, insbesondere wenn der Inhalt der Norm sachgerecht erscheint und ihr nur Bedenken formeller Art entgegenstehen. Die Vorschrift des § 155a Abs. 5 BBauG stellt sich nicht als generelle Heilungsvorschrift dar, sondern läßt nur die Heilung durch Behebung des Fehlers zu. Die darin liegende Rückwirkung führt nicht zu einem unzulässigen Eingriff in das schutzwürdige Vertrauen der Planbetroffenen; sie will vielmehr nach dem Willen des Gesetzgebers gerade das von diesem Personenkreis dem (fehlerhaften) Plan entgegengebrachte Vertrauen schützen (BVerwG, Urteil vom 05.12.1986, a.a.O.).

Die Voraussetzungen für ein rückwirkendes Inkraftsetzen der Sanierungssatzung gemäß § 155a Abs. 5 BBauG sind erfüllt. Insbesondere ist die Satzung inhaltlich unverändert beschlossen worden. Weder aus dem Vorbringen der Antragsteller noch aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen ergeben sich Anhaltspunkte dafür, daß sich die tatsächlichen Verhältnisse im Sanierungsgebiet in der Zeit zwischen dem 31.01.1985 und dem 25.09.1986 in einer für die Beurteilung der Sanierungsvoraussetzungen erheblichen Weise geändert haben könnten. Veränderungen auf einzelnen Grundstücken im Sanierungsgebiet, etwa Sanierungen einzelner Gebäude oder Wohnungen, sind insoweit nicht erheblich.

Daß sich im gesamten Sanierungsgebiet oder in größeren Teilgebieten die Verhältnisse, mit denen die Antragsgegnerin das Vorhandensein städtebaulicher Mißstände und das Erfordernis einer Sanierung begründet hat, in diesem Zeitraum erheblich geändert hätten, haben auch die Antragsteller nicht vorgetragen.

Die Sanierungssatzung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

Die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 3 und 5 StBauFG für die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes "Altstadt" haben vorgelegen. Das Gebiet der Altstadt wies städtebauliche Mißstände auf, zu deren Behebung Sanierungsmaßnahmen erforderlich waren. Die Antragsgegnerin hat das Sanierungsgebiet ohne erkennbare Ermessensfehler räumlich abgegrenzt und auch ermessensfehlerfrei von einer Ausgliederung der Grundstücke der Antragsteller abgesehen.

Nach § 3 Abs. 2 StBauFG liegen städtebauliche Mißstände u. a. vor, wenn das Gebiet nach seiner vorhandenen Bebauung oder nach seiner sonstigen Beschaffenheit den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht entspricht oder in der Erfüllung der Aufgaben erheblich beeinträchtigt ist, die ihm nach seiner Lage und Funktion obliegen. § 3 Abs. 2 StBauFG führt beispielhaft Gesichtspunkte auf, die bei der Beurteilung des Vorliegens von Mißständen insbesondere zu berücksichtigen sind. Auf dieser Grundlage steht der Gemeinde ein Beurteilungsspielraum darüber zu, ob das Gebiet sanierungsbedürftig ist (vgl. Hess. VGH, Beschluß vom 22.11.1976 - IV N 6/73 -, S. 34, 35 des amtlichen Umdrucks; BGH, Urteil vom 08.05.1980 - III ZR 27/77 -, BGHZ 77, 338 (343); OVG Bremen, Beschluß vom 26.11.1987 - 1 B 84/87 -, UPR 1988, 193 (194) m.w.N.). Denn die Feststellung eines städtebaulichen Mißstandes setzt die Bewertung eines komplexen Sachverhalts unter Einschluß prognostischer Elemente voraus. Insbesondere die Frage, ob eine Funktionsschwäche gegeben ist (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 StBauFG), ist auch daran zu messen, welche Funktion das Gebiet nach den Entwicklungszielen der Gemeinde künftig erfüllen soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.07.1984, DVBl. 1985, 115). Die gerichtliche Überprüfung muß sich deshalb im wesentlichen darauf beschränken, ob die Antragsgegnerin rechtsfehlerfrei die maßgeblichen Tatsachen und Umstände ermittelt und diese ihrer Entscheidung über die förmliche Gebietsfestlegung als Sanierungsgebiet zugrundegelegt hat (vgl. OVG Bremen, a.a.O.; Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 142 Rdnr. 3).

Aus der Darlegung der positiven und negativen Sanierungsgründe in dem von der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin gebilligten Rahmenplan, die ihrerseits auf der örtlichen Bestandsaufnahme und deren Auswertung im Sanierungsgutachten vom 17.04.1974 (insbesondere "5. Die wichtigsten Sanierungsgründe") aufbauen, ergibt sich, daß die Antragsgegnerin in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt ist, daß das Gebiet der Altstadt städtebauliche Mißstände aufweist, und zwar sowohl hinsichtlich der Substanz (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 StBauFG) als auch hinsichtlich der Funktionsfähigkeit des Gebiets (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 StBauFG). Der Rahmenplan beruht auf einer sorgfältigen Bestandsaufnahme, die erkennbar an den nach § 3 Abs. 3 StBauFG insbesondere zu berücksichtigenden Gesichtspunkten für das Vorliegen städtebaulicher Mißstände orientiert ist. Sowohl die Bestandsaufnahme als auch ihre elektronische Auswertung und ihre Bewertung im Sanierungsgutachten und im Rahmenplan weisen keine erkennbaren methodischen Mängel auf. Das Ergebnis dieser Auswertung rechtfertigt die Beurteilung, daß städtebauliche Mißstände im Bereich der Altstadt der Antragsgegnerin vorliegen. Der Schwerpunkt der städtebaulichen Mißstände liegt danach bei der mangelnden Funktionsfähigkeit des Gebiets im Sinne des § 3 Abs. 3 Nr. 2 StBauFG. Dabei ist von der Vorstellung der Antragsgegnerin auszugehen, daß die Altstadt in ihren zentralen Funktionen für die Stadt F, insbesondere auch als attraktives Einkaufszentrum und zugleich belebtes und bewohntes Stadtzentrum, in ihrer historisch gewachsenen, einmaligen und für die Anziehungskraft der Gesamtstadt daher bedeutenden Gestalt erhalten und weiterentwickelt werden soll. Das entspricht der regionalen Raumordnung. Nach dem Regionalen Raumordnungsplan für die Planungsregion Sachlicher Teilplan - vom 28.11.1978 (StAnz. 1979, 1286) ist F ein zentraler Ort innerhalb des Mittelzentrums mit Teilfunktionen eines Oberzentrums, das aus den Städten F und B N besteht. Die historische Stadtgestalt der F Altstadt mit der dominierenden Längsachse der mittelalterlichen M straße, der K - straße als Zentrum, in dem sich noch eine große Zahl mittelalterlicher, zum Teil gotischer Gebäude befindet, die stellenweise an der K straße noch einen geschlossenen Gesamteindruck vermitteln, soll gegen zerstörerische Wirkungen der Bau- und Verkehrsentwicklung geschützt und möglichst wiederhergestellt werden. Bestandsaufnahme und Gutachten belegen, daß die steigende Bedeutung der K straße als Zentrum für Handel und Dienste, in dem drei Viertel der gesamten F Ladengeschoßfläche konzentriert sind, das historische Baugefüge zu sprengen droht, indem an vielen Stellen bereits Geschäfts- und Lagerbauten entstanden sind, die den Rahmen und die Gestalt der mittelalterlichen Gebäude stören und von alten Gebäuden oft nur noch die Fassade übriglassen. Belegt wird ferner, daß durch die Entwicklung einer ungeordneten und dichten Bebauung mit ungünstigen Belichtungs- und Besonnungsverhältnissen, enger Nachbarschaft mit Betrieben, geringen Freiflächen und fehlenden Gärten sowie den Belastungen durch den fließenden und ruhenden Verkehr sanierungsbedürftige Wohnverhältnisse entstanden sind, die auch in der geringen Wohnzufriedenheit der Bewohner der Altstadt zum Ausdruck kommen. Belegt wird schließlich die Gefährdung sowohl der Geschäftsfunktionen als auch der Wohnfunktionen durch die Verkehrsentwicklung auf der K straße, die zugleich Durchgangsstraße (B) mit erheblichem Verkehrsaufkommen ist. Insbesondere wird durch die Bestandsaufnahme dokumentiert, daß es sich bei den aufgezeigten Mißständen nicht um Einzelfälle handelt, sondern um nahezu flächendeckende systematische Prozesse, die von der expansiven Entwicklung von Geschäfts- und Lagerflächen in der K straße ausgehen und von dort aus einen erheblichen Druck auch auf die übrigen Teile der Altstadt ausüben.

Zugleich weist die Altstadt nach dem Ergebnis der Bestandsaufnahme auch in erheblichem Umfang Substanzmängel auf. Das gilt in der verdichteten Bebauung beiderseits der K straße insbesondere für die Wohn- und Arbeitsverhältnisse in bezug auf Belichtung, Besonnung und Belüftung, die Auswirkungen der engen Nachbarschaft von Wohn- und Arbeitsstätten, das ungünstige Verhältnis von bebauten und unbebauten Flächen und die Einwirkungen, die vor allem von den Verkehrsanlagen durch Lärm und Verunreinigungen ausgehen, zu einem erheblichen Teil auch im Hinblick auf die bauliche Beschaffenheit der überwiegend älteren Gebäude, Wohnungen und Arbeitsstätten.

Die Antragsteller haben das Vorliegen städtebaulicher Mißstände auch nicht grundsätzlich bestritten. Ihr wesentlicher Einwand geht vielmehr dahin, daß für die Sanierung das am 01.01.1985 eingeführte vereinfachte Verfahren ausgereicht hätte.

Die Festlegung eines Sanierungsgebietes setzt gemäß § 3 Abs. 1 StBauFG voraus, daß zur Behebung der städtebaulichen Mißstände Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind. Erforderlich sind dabei nur solche Sanierungsmaßnahmen, deren einheitliche Vorbereitung und zügige Durchführung im öffentlichen Interesse liegt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 StBauFG). Die Gemeinde muß daher darlegen können, warum sie ein qualifiziertes öffentliches Interesse in diesem Sinne für gegeben erachtet. Dabei kommt es auf die Gesamtsituation des Anwendungsfalles an, bei deren Beurteilung die Gemeinde ebenfalls einen von den Gerichten zu respektierenden Beurteilungsspielraum hat (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.1980 - III ZR 27/77 -, BGHZ 77, 338 (343); OVG Bremen, Beschluß vom 26.11.1987 - 1 B 84/87 -, UPR 1988, 193 (194); Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 142 Rdnr. 3 m.w.N.). Im Rahmen dieser Prüfung muß die Gemeinde auch prüfen, ob nicht weniger einschneidende Maßnahmen - etwa aufgrund des Bundesbaugesetzes bzw. des Baugesetzbuches - zur Behebung des städtebaulichen Mißstandes ausreichen (vgl. BGH, a.a.O.). Sie muß ferner seit Einführung des vereinfachten Sanierungsverfahrens prüfen, ob zur Behebung der Mißstände das vollständige herkömmliche Sanierungsverfahren erforderlich ist oder ob zur Behebung der Mißstände das vereinfachte Verfahren ausreicht (§ 5 Abs. 1 Satz 3 StBauFG).

Die Antragsgegnerin ist ausweislich des von der Stadtverordnetenversammlung gebilligten Rahmenplanes auch insoweit zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß Sanierungsmaßnahmen zur Behebung der städtebaulichen Mißstände erforderlich sind und daß dies insbesondere den Einsatz des klassischen Sanierungsverfahrens erforderlich macht.

Ob zur Behebung der Mißstände Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind, hängt ebenfalls mittelbar davon ab, welche Funktion das Gebiet nach den Sanierungszielen der Gemeinde künftig erfüllen soll. Insoweit kommt es also maßgeblich auf das Leitbild und die Sanierungsziele an, die die Antragsgegnerin im Rahmenplan entwickelt hat. Zum Leitbild heißt es im Rahmenplan (S. 60):

"Die Identität F verlangt die Erhaltung und Wiederherstellung der Altstadt. In ihren Mauern soll reges urbanes Leben herrschen, Autoverkehr soll insoweit stattfinden, als dieser unentbehrlich ist. Käufer sollen sich in anziehenden Geschäftszonen bewegen können, Bewohner eine angenehme Wohnatmosphäre vorfinden. Die Revitalisierung vollzieht sich aus den gegebenen städtebaulichen Verhältnissen. Anonymer Städtebau paßt nicht zur Altstadt. Er wird abgelehnt. In lebendiger Wechselwirkung von Gestalt und Funktion sollen sich die historischen Bereiche zeigen. Die frühere Schönheit der alten Gebäude wird wieder sichtbar gemacht. Zur Erfüllung der zentralörtlichen Funktionen wird besonders das Image der K straße als Geschäftszentrum verbessert und zusätzlich die Geschäftszone in die Nachbargebiete (E gasse/Stadtkirche) ausgedehnt. Ruhiger sind die übrigen Bereiche. Sie dienen dem Wohnen und erhalten aus dieser Funktion mit ihre Gestalt. Der Bedeutung des Autos wird Rechnung getragen. Es muß aber zugunsten der wichtigeren Bedürfnisse eine sekundäre Rolle im Stadtbild spielen".

Daraus werden die folgenden Sanierungsziele abgeleitet (S. 61 ff.):

1. Erhaltung und Gestaltung der Altstadt 2. Anhebung der Wohnqualität 3. Stärkung der Versorgungsfunktion 4. Neuordnung des Verkehrs 5. Vergrößerung des Grünflächenanteils.

Aus diesen Zielen, die wiederum in einzelnen Grundsätzen konkretisiert werden, ergibt sich das Sanierungskonzept, das im Rahmenplan dargelegt wird (S. 71 ff.) und dessen Grundstruktur in der Skizze der Entwicklungszonen (S. 70) zeichnerisch veranschaulicht ist. Danach gliedert sich das Sanierungskonzept in sechs unterschiedliche Bereiche, die ihrer unterschiedlichen Eigenart entsprechen. Die Bebauung beiderseits der K straße (1), der Bereich E gasse/U gasse (2) und der Bereich S - kirche (3) sind Erhaltungszonen mit Mischnutzung. Der Bereich H straße/K gasse (4) ist als Gestaltungszone mit vorwiegender Wohnnutzung vorgesehen, der Bereich H gasse (5) als Neuordnungszone mit vorwiegender Wohnnutzung und der Bereich L straße (6) als Erhaltungszone mit vorwiegender Wohnnutzung. Die Sanierungsmaßnahmen, die die Antragsgegnerin zur Umsetzung dieses Sanierungskonzepts im Zeitpunkt der Billigung des Rahmenplanes als möglich und erforderlich angesehen hat, werden im Rahmenplan dargelegt und sind insbesondere in den Planzeichnungen S 1 bis S 8 (Funktion, Bebauung, Freiflächen, Abbruch, Verkehr fahrend, Verkehr ruhend, Maßnahmen, Gestalt) zeichnerisch anschaulich dargestellt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß dieses Sanierungskonzept der Antragsgegnerin in sich unschlüssig, mit dem Ergebnis der Bestandsaufnahme unvereinbar oder insgesamt unrealistisch wäre. Das Sanierungskonzept der Antragsgegnerin entspricht auch dem gesetzlichen Zweck von Sanierungsmaßnahmen (§ 1 Abs. 4 StBauFG). Die in Aussicht genommenen Sanierungsmaßnahmen halten sich in dem durch § 1 Abs. 2 StBauFG vorgegebenen Rahmen. Allein schon aus dem Umfang und der Tragweite dieses Sanierungskonzepts, das Abbruch, Neubebauung, Neuordnung des fließenden und ruhenden Verkehrs und Schaffung von Grünflächen umfaßt, ergibt sich, daß die Antragsgegnerin Sanierungsmaßnahmen im förmlichen Sinn des StBauFG für erforderlich halten durfte. Der Senat ist bei dieser Prüfung insoweit beschränkt, als er von den Entwicklungsvorstellungen der Antragsgegnerin auszugehen hat, also nicht etwa prüfen könnte, ob auf das von der Antragsgegnerin vorgestellte Sanierungskonzept ganz oder teilweise verzichtet werden könnte, wenn weniger anspruchsvolle oder andere Entwicklungsvorstellungen zugrundegelegt werden würden. Auf der Grundlage des Sanierungskonzepts der Antragsgegnerin liegt insbesondere auch die einheitliche Vorbereitung und zügige Durchführung der Sanierungsmaßnahmen im öffentlichen Interesse. Es liegt auf der Hand, daß die zwar an die vorhandene Struktur und Substanz anknüpfende, insbesondere in der Neuordnungszone H gasse und der Gestaltungszone H - straße/K gasse aber auch flächendeckende Umgestaltungen erfordernde Konzeption der Antragsgegnerin ohne eine wechselseitige Abstimmung der einzelnen Maßnahmen und ohne eine möglichst zügige Durchführung, die gegenläufigen Entwicklungen möglichst wenig Raum läßt, nicht verwirklicht werden könnte.

Die angestrebten Verkehrsordnungsmaßnahmen können zwar für sich gesehen auch ohne ein förmliches Sanierungsverfahren durchgeführt werden. In dem vorgesehenen Umfang sind sie aber nur sinnvoll, wenn zugleich durch bodenordnende Maßnahmen auf die Bebauung und Nutzung der Grundstücke Einfluß genommen werden kann. So kann etwa das Verkehrskonzept hinsichtlich der vorgesehenen Wohnstraßen nur sinnvoll durchgeführt werden, wenn durch bodenordnende Maßnahmen eine Wohnnutzung der an solchen Wohnstraßen liegenden Grundstücke hergestellt und mit dem Wohnen unvereinbare Gebäudenutzungen beseitigt oder zurückgedrängt werden können.

Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, daß die Antragsgegnerin das vollständige herkömmliche Sanierungsverfahren für erforderlich gehalten hat.

Der Einwand der Antragsteller, die Antragsgegnerin habe die Alternative des vereinfachten Sanierungsverfahrens überhaupt nicht zur Kenntnis genommen und daher ermessensfehlerhaft gehandelt, ist nicht geeignet, die Unwirksamkeit der Sanierungssatzung vom 25.09.1986 zu begründen.

Das folgt allerdings nicht ohne weiteres aus dem Umstand, daß in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 25.09.1986, in der die Sanierungssatzung beschlossen wurde, zugleich ein auf die Durchführung des vereinfachten Verfahrens gerichteter Antrag abgelehnt, zu diesem Zeitpunkt also eine bewußte Entscheidung für das herkömmliche Sanierungsverfahren getroffen wurde. Die mit der Rückwirkung der Sanierungssatzung vom 25.09.1986 angestrebte Heilung der Sanierungssatzung vom 31.01.1985 setzt voraus, daß die Sanierungssatzung vom 31.01.1985 - abgesehen von dem Verfahrensfehler, der behoben wird - rechtmäßig ist. Nach § 155a Abs. 5 BBauG und § 215 Abs. 3 BauGB können Verletzungen von Verfahrens- und Formvorschriften behoben werden. Wenn die Sanierungssatzung vom 31.01.1985 dagegen deshalb fehlerhaft wäre, weil eine Entscheidung über die Wahl des Sanierungsverfahrens nicht oder nicht in der gebotenen Weise erfolgt ist, könnte dies nicht nach § 86 Abs. 1 Satz 2 StBauFG i.V.m. § 155a Abs. 5 BBauG geheilt worden sein.

Es kommt deshalb auch darauf an, ob die bei der Beschlußfassung über die Sanierungssatzung vom 31.01.1985 getroffene Entscheidung für das vollständige herkömmliche Sanierungsverfahren rechtmäßig war.

Bei der Wahl des Sanierungsverfahrens handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, sondern um eine an den Rechtsbegriff der Erforderlichkeit gebundene Entscheidung (vgl. zur entsprechenden Vorschrift des § 142 BauGB Ernst-Zinkahn-Bielenberg, § 142 Rdnr. 23). Erforderlich ist das herkömmliche Sanierungsverfahren auch dann, wenn die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens die Sanierung voraussichtlich erschweren würde (§ 5 Abs. 2 Satz 4 StBauFG). Auch insoweit handelt es sich um eine an den unbestimmten Rechtsbegriff der Erschwerung der Sanierung gebundene Entscheidung (vgl. Gaentzsch, die Änderungen des Städtebauförderungsgesetzes, NJW 1985, 881 (886 f.); zu § 142 BauGB Ernst-Zinkahn-Bielenberg, a.a.O.). Wenn die Stadtverordneten bei der Beschlußfassung am 31.01.1985 von dem kurz zuvor eingeführten vereinfachten Sanierungsverfahren nichts wußten und insofern eine "Wahl" zwischen dem klassischen Sanierungsverfahren und dem vereinfachten Sanierungsverfahren nicht getroffen haben, würde dieser Umstand allein nicht die Unwirksamkeit der Sanierungssatzung zur Folge haben.

Allerdings steht der Gemeinde bei der Anwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe der Erforderlichkeit und der Erschwerung der Sanierung ein Beurteilungsspielraum zu. Denn auch die Frage, ob der Ausschluß der besonderen bodenrechtlichen Bestimmungen des herkömmlichen Sanierungsverfahrens die Sanierung voraussichtlich erschweren oder unmöglich machen würde, bestimmt sich nach der vorhandenen städtebaulichen Situation und nach den Sanierungszielen der Gemeinde und setzt eine Prognose voraus. Die Anknüpfung an die Sanierungsziele der Gemeinde und die diagnostischen und prognostischen Unsicherheiten der von der Gemeinde bei der Wahl des Sanierungsverfahrens zu treffenden Entscheidungen führen zu einer entsprechenden Beschränkung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Die Verwaltungsgerichte dürfen weder die damaligen Sanierungsziele der Gemeinde durch eigene Vorstellungen ersetzen, noch dürfen sie an die Stelle der mit Unsicherheiten behafteten damaligen Prognoseentscheidung der Gemeinde eine eigene neue Prognoseentscheidung setzen. Die Prognoseentscheidung der Gemeinde kann vielmehr von den Verwaltungsgerichten nur beanstandet werden, wenn sie nicht in einer der Sache angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist, d. h. wenn die vorbereitenden Untersuchungen in Bezug auf die Durchführbarkeit der Sanierung unvollständig oder wenn die den Sanierungszielen zugrundeliegenden Annahmen nicht plausibel sind (vgl. Gaentzsch, a.a.O., S. 887; zur Rechtmäßigkeitskontrolle von Prognoseentscheidungen BVerwG, Urteil vom 07.07.1978 - 4 C 79.76 u. a. - BVerwGE 56, 110 (121) f.).

Nach Lage der Dinge spricht vieles dafür, daß die Stadtverordneten bei der Beschlußfassung über die Sanierungssatzung am 31.01.1985 den ihnen zustehenden Beurteilungsspielraum nicht erkannt haben, soweit er sich auf die Beurteilung der Erforderlichkeit des vollständigen herkömmlichen Sanierungsverfahrens gegenüber der Möglichkeit des vereinfachten Sanierungsverfahrens bezog. Jedenfalls lassen sich den von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Magistratsvorlage, keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß den Stadtverordneten bei der Beschlußfassung am 31.01.1985 das kurz zuvor durch das Gesetz zur Änderung des Städtebauförderungsgesetzes vom 05.11.1984 (BGBl. I S. 1321) mit Wirkung zum 01.01.1985 eingeführte vereinfachte Verfahren überhaupt bekannt gewesen wäre. Anders als die Verkennung eines Ermessensspielraums, die regelmäßig zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führt, hat die Verkennung eines Beurteilungsspielraums nicht zwangsläufig die Rechtswidrigkeit der getroffenen Entscheidung zur Folge. Die Verkennung des Beurteilungsspielraums bleibt folgenlos, wenn die getroffene Entscheidung gleichwohl im Ergebnis richtig ist, eine andere Entscheidung also auch bei richtiger Erkenntnis des Beurteilungsspielraums nicht hätte getroffen werden können.

Vorliegend hat die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin sowohl am 31.01.1985 als auch am 25.09.1986, ausgehend von den gebilligten Sanierungszielen des Rahmenplanes und den zugrundeliegenden tatsächlichen Annahmen zum Vorliegen städtebaulicher Mißstände und zur Erforderlichkeit von Sanierungsmaßnahmen, im Ergebnis zu Recht das vollständige herkömmliche Sanierungsverfahren als erforderlich angesehen. Wenn nach den Sanierungszielen der Gemeinde die Sanierung des Gebiets nicht nur durch öffentliche und private Baumaßnahmen, sondern zumindest auch durch Ordnungsmaßnahmen im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StBauFG (Bodenordnung, Umzug der Bewohner und Betriebe, Beseitigung baulicher Anlagen, Erschließung sowie sonstige Maßnahmen, die notwendig sind, damit die Baumaßnahmen durchgeführt werden können) erreicht werden soll, ist in der Regel davon auszugehen, daß das besondere bodenrechtliche Instrumentarium erforderlich ist, weil solche Ordnungsmaßnahmen regelmäßig zu sanierungsbedingten Bodenwerterhöhungen führen (vgl. Gaentzsch, a.a.O., S. 887; Krautzberger, Die Änderungen des Städtebauförderungsgesetzes zum 1. Januar 1985, DVBl. 1984, 1149 (1151), jeweils mit Bezugnahme auf den Ausschußbericht BT-Drucks. 10/2039; vgl. dazu auch Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 142 Rdnr. 24). Das Sanierungskonzept der Antragsgegnerin erfordert nicht nur Baumaßnahmen im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 2 StBauFG, sondern in erheblichem Umfang auch Ordnungsmaßnahmen im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StBauFG. So sieht die Antragsgegnerin auf der Grundlage ihres Sanierungskonzepts insbesondere in der Neuordnungszone und in der Gestaltungszone in erheblichem Umfang die Beseitigung baulicher Anlagen mit der Folge des Umzugs von Bewohnern und Betrieben vor. Das Verkehrskonzept beinhaltet in großem Umfang Maßnahmen zur Erschließung von Grundstücken. Die überschlägige Kosten- und Finanzierungsübersicht - Stand 1984 -, die der Stadtverordnetenversammlung als Anlage vor der Sitzung am 31.01.1985 zur Kenntnisnahme vorlag, sieht dementsprechend Ordnungsmaßnahmen mit einem Volumen von mehr als 18 Millionen DM vor und legt Ausgleichsbeträge der Eigentümer in Höhe von mehr als 5 Millionen DM zugrunde. Die Beurteilung der Antragsgegnerin, daß das herkömmliche Sanierungsverfahren einschließlich der Genehmigungspflicht (§ 15 StBauFG) und der sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetragsregelung (§ 23 StBauFG) erforderlich sei, war daher auf der Grundlage ihres Sanierungskonzepts konsequent und rechtlich nicht zu beanstanden. Legt man die Sanierungsziele der Antragsgegnerin und die dem gebilligten Rahmenplan zugrundeliegenden vertretbaren diagnostischen und prognostischen Annahmen der Antragsgegnerin zugrunde, so war das vereinfachte Sanierungsverfahren nicht zulässig, weil es die Durchführung der Sanierung voraussichtlich erschwert hätte. Die Verkennung der gesetzlichen Möglichkeit eines vereinfachten Sanierungsverfahrens hat bei dieser Sachlage keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung für das herkömmliche Sanierungsverfahren.

Dazu steht es nicht im Widerspruch, daß die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin am 13.09.1990 beschlossen hat, das Sanierungsverfahren in das vereinfachte Verfahren zu überführen. Die Frage, ob diese Entscheidung rechtmäßig ist, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Aus dem späteren Sinneswandel der Antragsgegnerin kann aber jedenfalls nicht geschlossen werden, daß die Antragsgegnerin sich auch bei Kenntnis des vereinfachten Verfahrens am 31.01.1985 für dieses hätte entscheiden können oder müssen. Die Antragsgegnerin kann im Verlaufe des Sanierungsverfahrens legitimerweise sowohl ihre Sanierungsziele ändern als auch zu einer geänderten Beurteilung der städtebauliche Mißstände oder der Erforderlichkeit von Sanierungsmaßnahmen gelangen, nicht zuletzt auch aufgrund der im Sanierungsverfahren gemachten Erfahrungen. Das Sanierungsverfahren ist ein sich entwickelnder Vorgang. Die Gemeinde muß auch bei der Durchführung des Sanierungsverfahrens stets im Auge behalten, ob die Sanierungsziele im Hinblick auf tatsächliche Entwicklungen aufrechterhalten oder modifiziert werden sollen und ob geplante Sanierungsmaßnahmen noch erforderlich sind oder nicht (vgl. dazu Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Vorbemerkung 46 vor §§ 132 bis 171). Dabei kann sich auch ein allgemeiner Wandel der Auffassungen und Wertungen niederschlagen, etwa eine allgemein skeptischere Beurteilung von Flächensanierungen, die auf den gemachten Erfahrungen beruht. Ein solcher Wandel der Auffassungen ist auch auf gesetzlicher Ebene zum Ausdruck gekommen, indem das Baugesetzbuch die Formulierung des § 1 Abs. 2 StBauFG "insbesondere durch Beseitigung baulicher Anlagen und Neubebauung oder durch Modernisierung von Gebäuden" nicht übernommen hat, um den Eindruck zu vermeiden, die Sanierung habe im wesentlichen durch den Abbruch baulicher Anlagen zu erfolgen (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Vorbemerkung 32 vor §§ 136 bis 171).

Während die Antragsgegnerin ihre Sanierungsziele also für die Fortführung des Sanierungsverfahrens ändern kann und in den Grenzen der Vertretbarkeit auch von revidierten diagnostischen und prognostischen Annahmen für die Beurteilung künftiger Sanierungsmaßnahmen ausgehen kann, muß der Senat bei der Überprüfung der Sanierungssatzungen vom 31.01.1985 und 25.09.1986 von den damaligen Sanierungszielen, der damals zugrundegelegten Bestandsaufnahme und den damaligen prognostischen Annahmen der Antragsgegnerin ausgehen, solange die Sanierungsziele nicht zu beanstanden und die zugrundeliegenden Annahmen plausibel und in einem methodisch angemessenen Verfahren gewonnen worden sind. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Auf dieser Grundlage war die am 31.01.1985 und in gleicher Weise am 25.09.1986 getroffene Entscheidung für das herkömmliche Sanierungsverfahren rechtmäßig.

Die Antragsgegnerin hat das Sanierungsgebiet auch ohne Rechtsfehler abgegrenzt. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 StBauFG ist das Sanierungsgebiet so zu begrenzen, daß sich die Sanierung zweckmäßig durchführen läßt. Dabei können einzelne Grundstücke, die von der Sanierung nicht betroffen werden, aus dem Gebiet ganz oder teilweise ausgenommen werden (§ 3 Abs. 1 Satz 3 StBauFG). Die Abgrenzung des Sanierungsgebiets liegt danach im Ermessen der Gemeinde (vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 142 Rdnr. 4). Es ist nicht ersichtlich, daß die Antragsgegnerin, gemessen an ihren Sanierungszielen und einer vertretbaren Prognose über die künftig erforderlichen Sanierungsmaßnahmen, das Sanierungsgebiet nicht zweckentsprechend oder sonst ermessensfehlerhaft abgegrenzt hätte. Das gilt auch hinsichtlich der Grundstücke der Antragsteller.

Das Grundstück des Antragstellers zu 1 liegt in dem Bereich, den die Antragsgegnerin in ihrem Sanierungskonzept als Neuordnungszone vorgesehen hat, in der die vielfach vorhandenen Lagerflächen - so auch im Fall des Grundstücks des Antragstellers zu 1 - beseitigt und stattdessen im Hinblick auf die Nähe zur Seewiese Wohnungen mit gutem Wohnwert geschaffen werden sollen. Eine Herausnahme des Grundstücks des Antragstellers zu 1 aus dem Sanierungsgebiet wäre daher mit dem Sanierungskonzept der Antragsgegnerin nicht vereinbar gewesen.

Das Grundstück des Antragstellers zu 2 liegt im Bereich E gasse/U gasse, der nach dem Sanierungskonzept der Antragsgegnerin als Erhaltungszone vorgesehen ist. Gerade die Grundstücke an der E gasse, die sich - wie das Grundstück des Antragstellers zu 2 - rückwärtig an die an der K straße stehenden Häuser anschließen und teilweise den an der K straße liegenden Geschäften als Geschäftsfläche oder Lagerraum dienen, weisen nach den vorbereitenden Untersuchungen der Antragsgegnerin im Hinblick auf die enge Bauweise, geringe Freiflächen und mangelhafte Belichtung und Belüftung erhebliche Mißstände auf. Es wäre offensichtlich unzweckmäßig, einzelne Grundstücke in diesem Bereich aus dem Sanierungsgebiet herauszunehmen. Zudem sind auch nach dem Vortrag der Antragsteller und nach der das Grundstück des Antragstellers zu 2 betreffenden Akte über die örtliche Bestandsaufnahme keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, die eine Herausnahme dieses Grundstücks aus dem Sanierungsgebiet rechtfertigen könnten. Schließlich konnte die Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Erlasses der Sanierungssatzung noch nicht für jedes einzelne Grundstück abschließend beurteilen, welche Sanierungsmaßnahmen im Hinblick auf Erschließung, Schaffung ausreichender Freiflächen und sonstige Ordnungsmaßnahmen in diesem Bereich erforderlich werden würden. Gerade in Bereichen, in denen Ordnungsmaßnahmen als erforderlich angesehen werden, wäre es unzweckmäßig, einzelne Grundstücke aus dem Sanierungsgebiet herauszunehmen, es sei denn, es wäre ausnahmsweise hinreichend sicher, daß die Ordnungsmaßnahmen dieses Grundstück nicht berühren werden. Das ist aber beim Grundstück des Antragstellers zu 2 nicht der Fall.

Danach erweist sich die Sanierungssatzung der Antragsgegnerin vom 25.09.1986 insgesamt als rechtmäßig und wirksam.

Soweit sich der Normenkontrollantrag der Antragsteller auch gegen die Sanierungssatzung vom 31.01.1985 richtet, ist er unzulässig. Die Sanierungssatzung vom 31.01.1985 ist durch die Sanierungssatzung vom 25.09.1986 ersetzt worden und ist daher kein gültiges Satzungsrecht. Wenn eine Norm während der Anhängigkeit eines zulässigen Normenkontrollantrags außer Kraft tritt oder aufgehoben wird, wird der Normenkontrollantrag zwar nicht ohne weiteres unzulässig, solange die Voraussetzung der Zulässigkeit nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fortbesteht, daß der Antragsteller durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung einen Nachteil erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten hat (vgl. BVerwG, Beschluß vom 02.09.1983 - 4 N 1.83 -, BVerwGE 68, 12 ff.; OVG Bremen, Urteil vom 02.02.1988 - 1 N 1/87 -, NVwZ-RR 1989, 157 (158); OVG Saarland, Beschluß vom 08.03.1985 - 2 N 3/84 -, AS Rheinland-Pfalz 19, 290 (insofern nur Leitsatz)). Das ist hier aber nicht der Fall. Die Sanierungssatzung vom 25.09.1986 ist infolge ihres rückwirkenden Inkrafttretens zum 18.03.1985 auch Rechtsgrundlage für eventuelle Einzelmaßnahmen geworden, die ursprünglich auf der Grundlage der Sanierungssatzung vom 31.01.1985 ergangen sein könnten (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.1986 - 4 C 31.85 -, BRS 46 Nr. 13; vgl. auch VGH Mannheim, Urteil vom 11.02.1988 - 2 S 657/86 -, NVwZ-RR 1989, 445 (446); Gaentzsch, in: Schlichter/Stich, Berliner Kommentar zum BauGB, § 215 Rdnr. 19). Es bleibt insoweit lediglich eine zeitliche Differenz von 2 Tagen. Daß aufgrund der Geltung oder des Rechtsscheins der Geltung der Sanierungssatzung vom 31.01.1985 während dieses kurzen Zeitraums Nachteile für die Antragsteller entstanden oder noch zu erwarten wären, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.