AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 11.07.2011 - 34 C 36/10
Fundstelle
openJur 2012, 15618
  • Rkr:
Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

2. Der Beklagte wird zudem verurteilt, an die Klägerin 46,41 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz p. a. ab 21. Mai 2010 - dem Tag nach der Rechtshängigkeit - zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage - soweit der Rechtsstreit nicht bereits in der Hauptsache erledigt ist - abgewiesen.

4. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Eines Tatbestandes bedarf es in dieser Sache nicht, da ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist (§ 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Beachtung von § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat sowie die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und zudem die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600,00 Euro beschwert ist.

Gründe

Die zulässige Feststellungs- und Zahlungsklage ist nach Erledigung der Hauptsache - im zuerkannten Umfang - begründet.

Die ursprüngliche Klage auf Wiederherstellung des ungehinderten Zugangs zum streitbefangenen „Schuppen 2“ - mithin die Klage auf Beseitigung der Störung des Besitzes an diesem Schuppen mittels Errichtung eines Holzstützpfostens im Bereich der Schuppentür des Schuppens - hat nämlich erst durch die Beseitigung des Holzstützpfostens durch den Beklagten nach Rechtshängigkeit des Verfahrens in der Hauptsache seine Erledigung gefunden, so dass der nunmehr auf Feststellung der Erledigung des ursprünglichen Antrags zu Ziffer 1. aus der Klageschrift vom 12.04.2010 gerichtete Feststellungsantrag der Klägerseite auch begründet ist. Nach der herrschenden Rechtsprechung hat die Feststellung der Erledigung der Hauptsache eines Rechtsstreits nämlich nur den Eintritt eines erledigenden Ereignisses zur Voraussetzung und, dass die Klage zum Zeitpunkt dieses Eintritts zulässig und begründet war. Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber nach Überzeugung des erkennenden Gerichts erfüllt.

Maßgebender Zeitpunkt für die prozessuale Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits ist der Eintritt des erledigenden Ereignisses. Das ist hier die Beseitigung des Holzstützpfostens durch den Beklagten nach Rechtshängigkeit des Verfahrens; denn erst dadurch wurde die vom Beklagten verursachte Besitzstörung beseitigt und der Anspruch der Klägerin auf Einräumung des ungestörten Besitzes an dem „Schuppen 2“ erfüllt.

Der Klägerin stand hier aber ursprünglich ein Anspruch auf Beseitigung der Besitzstörung durch den Beklagten hinsichtlich des streitbefangenen „Schuppens 2“ zu (§§ 858, 861, 862 BGB). Der Beklagte hat der Klägerin hier nämlich durch verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 BGB den Besitz an dem „Schuppen 2“ gestört (§ 862 BGB) bzw. sogar im Sinne des § 861 BGB entzogen (AG Brühl, Urteil vom 10.03.2010, Az.: 24 C 572/09, u. a. in: BeckRS 2010, Nr.: 11971; AG Hamburg-Barmbek, Urteil vom 24.04.2007, Az.: 820 C 62/07, u. a. in: WuM 2007, Seite 466; AG Berlin-Mitte, Das Grundeigentum 1999, Seite 984). Der Beklagte hat - ohne dazu berechtigt zu sein - den Zutritt der Klägerin zu diesem Schuppen nämlich nicht unerheblich erschwert, wenn nicht sogar ganz vereitelt, indem er vor der Schuppentür - entgegen der vorherigen Übung - einen Holzstützpfosten so aufstellte, dass die Schuppentür dann nur noch unstreitig 17 cm weit geöffnet werden konnte und dem entsprechend der Zugang zu dem Schuppen für Menschen und Sachen (Fahrräder, Leitern etc. p.p.) mit einer Breite von mehr als 17 cm objektiv versperrt, d. d. entzogen wurde. Das Aufstellen des Holzstützpfostens vor der Schuppentür der Klägerin stellte somit eindeutig eine Besitzbeeinträchtigung der Klägerin dar, weil der Zugang zu dem Schuppen hierdurch behindert, wenn nicht sogar vereitelt wurde (AG München, Urteil vom 22.12.2009, Az.: 241 C 7703/09, u. a. in: „juris“). Aus dem unstreitigen Sachverhalt und den vorgelegten Fotos und Skizzen ergibt sich dies hier nach Überzeugung des Gerichts eindeutig.

Dadurch, dass der Beklagten diesen Holzstützpfosten auf diese Art und Weise so errichtete/aufstellte, hat er somit den unmittelbaren Besitz der Klägerin hinsichtlich des Schuppens beeinträchtigt. Weil diese Besitzstörung - bzw. sogar Besitzentziehung - zudem auch unstreitig ohne Willen der Klägerin erfolgte, liegen hier dem entsprechend auch die Voraussetzungen des § 858 Abs. 1 BGB vor (OLG Brandenburg, Urteil vom 02.07.2009, Az.: 5 U 26/09, u. a. in: NJ 2009, Seiten 427 f.).

Der Unterlassungsanspruch der Klägerin war hier auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Klägerin zur Duldung verpflichtet gewesen wäre. Die Rechtswidrigkeit wird nämlich in der Regel bereits durch die Beeinträchtigung indiziert, d.h. der Beklagte hätte darlegen und beweisen müssen, dass die Klägerin zur Duldung verpflichtet gewesen wäre. Dies ist hier aber gerade nicht der Fall (AG München, Urteil vom 22.12.2009, Az.: 241 C 7703/09, u. a. in: „juris“). Für den hier durch die Klägerin gerichtlich geltend gemachten Besitzschutz ist es auch ganz belanglos, auf welcher rechtlichen Grundlage die Klägerin über den Schuppen noch ein Recht zum Besitz hatte. Maßgeblich ist gemäß § 858 Abs. 1 und § 862 Abs. 1 BGB allein, dass der umstrittene Schuppen der Klägerin unstreitig noch bis zum 18.11.2014 zur Nutzung überlassen worden ist, so dass sie an dem Schuppen immer noch den berechtigten Besitz ausübt (§ 854 Abs. 1 BGB) und zum Zeitpunkt der Anhängigkeit und Rechtshängigkeit des Verfahrens auch noch nicht aufgegeben hatte (§ 856 Abs. 1 BGB).

In dieser Position war die Klägerin aber berechtigt, jede durch verbotene Eigenmacht eintretende Besitzstörung erfolgreich abzuwehren. Die Versperrung der Schuppentür durch den Holzstützpfosten gegen ihren Willen stellte somit eine Beeinträchtigung des Besitzes dar und war demnach auch verbotene Eigenmacht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2008, Az.: I-24 W 33/08, u. a. in: MDR 2008, Seite 1065 = ZIP 2008, Seiten 1930 f. = Das Grundeigentum 2008, Seiten 1254 f. = OLG-Report 2008, Seiten 680 f.); zumal der Beklagte zwischenzeitlich (aber erst nach erfolgter schriftlicher, vorprozessualer Aufforderung durch die Klägerseite und auch erst nach Rechtshängigkeit des Verfahrens) den streitbefangenen Holzstützpfosten entfernt hat, so dass auch eine Notwendigkeit für die Versperrung der Schuppentür der Klägerin hier objektiv wohl zu keinem Zeitpunkt bestand und somit hier noch nicht einmal auszuschließen ist, dass der Beklagte diesen Holzstützpfosten nur als „Schikane“ (§ 226 BGB) dort gerade so vor der Schuppentür aufgestellt hatte.

Nach der Beseitigung des Holzstützpfostens durch den Beklagten war somit hier dann aber auch ein erledigendes Ereignis im o. g. Sinne eingetreten, so dass die Feststellungsklage bezüglich der Erledigung der Hauptsache hier nunmehr auch als begründet anzusehen ist.

Bei dem hier durch die Klägerseite u. a. noch geltend gemachten Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagtenseite bezüglich der vorprozessualen/außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 89,55 Euro, die nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) nicht in voller Höhe auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet werden, handelte es sich um eine Nebenforderung im Sinne des § 4 ZPO, die bei der Streitwertberechnung unberücksichtigt zu bleiben hat (Dr. M. Steenbuck, MDR 2006, Seiten 423 ff.; Enders, JurBüro 2004, 57, 58; Heinrich, in: Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 4 Rz. 8; Zöller-Herget, Zivilprozessordnung, 26. Aufl., § 4, Rdnr. 13; Heinz Hansens, ZfSch 2007, Seiten 284 f.; BGH, FamRZ 2007, Seiten 808 f. = AGS 2007, Seiten 231 f. = ZfSch 2007, Seite 284; BGH, NJW 2006, Seiten 2560 f.; BGH, BB 2006, Seite 127; OLG Celle, AGS 2007, Seite 321 = RVGreport 2007, Seite 157; OLG Frankfurt/Main, RVGreport 2006, Seiten 156 f.; OLG Oldenburg, NdsRpfl. 2006, Seite 132; OLG Celle, OLG-Report 2006, Seite 630 = Schadenpraxis 2006, Seite 384; OLG Köln, RVG-Report 2005, Seite 76; LG Berlin, JurBüro 2005, Seite 427 = r + s 2005, Seite 444 = MDR 2005, Seite 1318 = AGS 2006, Seite 86 = DAR 2005, Seiten 478 f.; AG Hamburg, Urteil vom 18.09.2006, Az.: 644 C 188/06; AG Brandenburg an der Havel, NJOZ 2006, Heft 35, Seiten 3254 ff.). Dies entspricht der ständigen herrschenden Rechtsprechung ...

(wird ausgeführt)

Diese Rechtsanwaltskosten wurden somit hier berechtigterweise als Nebenforderung von der Klägerseite geltend gemacht. Der Klägerseite steht daher gegenüber der Beklagtenseite hier ein Anspruch auf Bezahlung bzw. Freistellung von der Kostenliquidation ihrer Rechtsanwälte auch für einen Geschäftswert von 300,00 Euro gemäß dem Streitwertbeschluss vom 17.06.2011 zu. Dies ergibt:

eine 1,3 Geschäftsgebühr32,50 EuroAuslagenpauschale (Nr. 7002 VV)6,50 EuroZwischensumme39,00 Euro19,00% Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV)           7,41 EuroEndsumme:46,41 EuroIn dieser Höhe von 46,41 Euro war der Klage dementsprechend auch noch stattzugeben, im Übrigen aber abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits stützt sich auf § 91 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 und 713 ZPO.

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