VG Berlin, Urteil vom 18.01.2011 - 21 K 431.10
Fundstelle
openJur 2012, 14408
  • Rkr:

"Erhebliches Vermögen“ im Sinne des Ausschlussgrundes des § 21 Nr. 3 WoGG 2009 liegt vor, wenn nach den Gesamtumständen des Einzelfalles dem Wohngeldantragsteller zugemutet werden kann, die Mietbelastung aus seinem vorhandenen Vermögen zu bestreiten.

Hiervon kann in der Regel ausgegangen werden, wenn das verwertbare Vermögen einen Wert hat, der die Freibeträge nach § 6 des Vermögenssteuergesetzes in einer um die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes angepassten Höhe übersteigt.

Für 2009 (und 2010) gilt daher eine Vermögensgrenze von rund 80.000 €.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Bewilligung von Wohngeld.

Der 52 Jahre alte Kläger beantragte im Dezember 2009 beim Bezirksamt Mitte von Berlin die Bewilligung von Wohngeld für die von ihm und von – nach seinen Angaben nur in „Wohngemeinschaft“ mit ihm lebender – Frau G. seit November 2009 bewohnte 105,69 qm große Mietwohnung in der P.-Straße, für eine Miete von 919 € einschließlich 112 € Heizkosten zu zahlen war. Er und Frau G. trugen die Miete je zur Hälfte und waren zuvor in Halle unter derselben Anschrift gemeldet. Der Kläger gab als derzeitige Tätigkeit „Selbständiger“ und zu seinem Einkommen an, er erhalte von seinem Arbeitgeber einen Lohn von monatlich 1 € und habe in 2008 Kapitaleinkünfte von 1.870 € erzielt. Die Verdienstbescheinigungen des Arbeitgebers wiesen für die Monate November 2008 bis Oktober 2009 einen monatlichen Bruttolohn von jeweils 1 € aus und waren im Feld „Stempel und Unterschrift des Arbeitgebers“ vom Kläger persönlich unterschrieben und mit dem Firmenstempel der S.I. mbH versehen. Ausweislich des Einkommensteuerbescheides für 2008 betrugen die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen 2.950 € [2006: 2.041 €, 2007: 2.950 €] und aus nichtselbständiger Arbeit 15.000 € [2006: 6.135 €, 2007: 10.000 €]. Einnahmen aus Gewerbebetrieb und selbständiger Tätigkeit verneinte der Kläger. Er erklärte, sein verwertbares Vermögen bestehe aus einer Reihe von Wertpapieren (Aktien und Aktienfonds), die erheblichen täglichen Wertschwankungen unterlägen. Unter Berücksichtigung des Solls auf seinem Girokonto in Höhe von rund 10.500 € (Stand 16. Februar 2010) betrage sein Kapitalvermögen etwa 55.000 €. Nach dem Jahresdepotauszug für 2009 der I.-Bank vom 22. Januar 2010 hatten die Wertpapiere des Klägers einen Wert von 69.645,72 €. Das Girokonto des Klägers bei der C.-Bank war zum 2. Februar 2010 mit 9.291,72 € im Minus. Der Kläger führte ferner aus, die Wertpapieranlagen seien als Altersvorsorge gedacht, da er seit 1991 nicht mehr sozialversicherungspflichtig sei und nur eine minimale gesetzliche Rente in Höhe von monatlich 143,80 € zu erwarten habe.

Das Wohngeldamt unterstellte, dass Frau G. kein Haushaltsmitglied im wohngeldrechtlichen Sinne sei, und lehnte den Wohngeldantrag mit Bescheid vom 7. April 2010 mit der Begründung ab, der Kläger verfüge über ein Vermögen von 69.635,22 €, was die vom Wohngeldgesetz vorgegebene Vermögensgrenze von 60.000 € überschreiten.

Hiergegen legte der KIäger im Mai 2010 Widerspruch ein und beantragte vorsorglich erneut Wohngeld mit der Begründung, das Wohngeldgesetz enthalte keine Vermögensgrenze. Er bezweifele auch, dass ein Vermögen von 69.635 € erheblich sei, zumal kürzlich das Schonvermögen von Alg-II-Empfängern verdreifacht worden sei. Dagegen spreche auch, dass gerade in Großstädten wie München, Stuttgart, Hamburg oder Berlin der Wert einer Eigentumswohnung oder eines Einfamilienhauses, für die der Lastenzuschuss nach dem Wohngeldgesetz gedacht sei, den Betrag von 60.000 € in der Regel überheblich überschreiten würden. Der Gesetzgeber des Wohngeldgesetzes habe Immobilieneigentümer sicherlich nicht besser stellen wollen als Nichteigentümer von Wohnraum. Das Wohngeldamt habe außerdem nicht berücksichtigt, dass er als Selbständiger nur eine geringe Rente zu erwarten habe, über keine private Rentenabsicherung verfüge, als nicht krankenversicherter Selbstzahler Vorsorge- und Krankheitskosten und seinen Lebensunterhalt sowie laufende Darlehens- und Kreditzinsen von seinem Vermögen bestreiten müsse. Seine Darlehensverbindlichkeiten würden, auch wenn sie noch nicht fällig seien, das vorhandene Vermögen bei Weitem übersteigen. Hinzu komme, dass er bei einem Ausgleich des von ihm überzogenen Kontos bei der C.-Bank unter der Grenze von 60.000 € gelegen hätte. Schließlich habe er in den vergangenen Wochen und Monaten einen Teil seiner Wertpapiere veräußert und mit den Erlösen seinen Lebensunterhalt und fällige Verbindlichkeiten bedient. Sein Wertpapiervermögen habe mit Stand 28. Mai 2010 nur noch einen Wert von 50.871,16 €. Sein Girokonto weise ein Soll von 9.680,74 € auf.

Das Wohngeldamt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2010, dem Kläger zugestellt am 23. Juli 2010, zurück und erklärte, der Widerspruch werde als Neuantrag für die Zeit ab Februar 2010 angesehen, über den gesondert entschieden werde.

Mit der hiergegen am 23. August 2010 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Hierzu hat er mit Schriftsätzen vom 25. November 2010 und 9. Dezember 2010 ergänzend vorgetragen:

Er verfüge über keinerlei Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Seinen Lebensunterhalt – der mit Stand Dezember 2009 mit monatlich 1.045,78 € für die reine Lebenshaltung zuzüglich Kreditbelastungen und Lebensversicherungsbeiträge von monatlich 2.440,61 €, also mit insgesamt 3.486,39 € anzusetzen (gewesen) sei – bestreite er allein aus Kapitaleinkünften und (Kapital-) Vermögen.

Er habe über folgendes Kapitalvermögen verfügt: Mit Stand 31. Dezember 2009 bei der V.-Bank 657,57 €, bei der B.-Bank 18 €, bei der I.-Bank 4.105,14 € und 69.645,72 € sowie mit Stand 15. November 2010 bei der B.-Bank 2.823,39 € und bei der I.-Bank 1.679,24 € und 9.622,30 € (das Konto bei der V.-Bank sei aufgelöst). Demgegenüber habe er bei der C.-Bank Dispoverbindlichkeiten zum 1. Dezember 2009 in Höhe von 10.203,40 €, zum 31. Dezember 2009 in Höhe von 8.445,18 € und zum Zeitpunkt der Auflösung des Kontos am 11. November 2010 in Höhe von 907,77 € gehabt.

Ihm gehöre außerdem noch ein – ausweislich des Grundbuchauszuges 1994 aufgelassenes und rund 10.000 m2großes – Gewerbegrundstück in Qu., das allerdings zwischenzeitlich in einem derart desolaten Zustand sei, dass es wohl keinerlei Wert mehr aufweise. Es liege in einer strukturschwachen Gegend und das Gebäude sei unbrauchbar. Er verfüge über kein Verkehrswertgutachten. Der Kaufpreis hierfür hat ausweislich des Kaufvertrages 646.500 DM betragen, davon sind auf Grund und Boden 290.000 DM und auf das Gebäude 310.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer entfallen.

Den Kauf dieses Grundstückes habe er mit einem – ausweislich der Darlehensunterlagen 1996 in Höhe von 500.000 DM aufgenommenen – Darlehen finanziert, das sich Ende 2009 auf 255.027,42 € nebst Zinsen in Höhe von 33.531,93 € und mit Stand Mitte November 2010 auf 255.027,42 € nebst Zinsen in Höhe von 18.952,83 € belaufen habe. Das Darlehen sei mit einer Grundschuld in Höhe von derzeit 357.904,31 € und seiner Lebensversicherung – die nach einer Bescheinigung der Versicherung vom 7. Dezember 2009 einen Rückkaufswert von 186.880,73 € hatte – abgesichert.

Er habe gegenüber der Stadt Qu. Gewerbesteuerschulden mit Stand 1. Dezember 2009 in Höhe von 9.997,79 € zuzüglich Mahngebühren von 297,50 € und Säumniszuschläge von 241 € und mit Stand 15. November 2010 in Höhe von 12.854,30 € zuzüglich Mahngebühren von 365 € und Säumniszuschläge von 556 € gehabt.

Ferner habe er zum 1. Dezember 2009 aus einem Darlehensvertrag mit Frau R. St. Schulden von 8.000 € gehabt; diese Schulden seien inzwischen getilgt.

Darüber hinaus verfüge er über einen Geschäftsanteil an der St.I.H. GmbH – ausweislich der vom Kläger vorgelegten Liste sind Mitgesellschafter er, Herr C. und Frau D. mit einer 1999 geleisteten Stammeinlage des Klägers von14/20und der übrigen Mitgesellschafter von je3/20–, dessen Wert sich derzeit auf 17.895,22 € belaufe. Diesen Geschäftsanteil habe er Ende November 2010 an Frau D. – ausweislich der Beurkundung zur Sicherung eines am 22. November 2010 geschlossenen Darlehensvertrages – verpfändet. Die Gesellschaft sei zum 31. Dezember 2009 bilanziell überschuldet gewesen und habe wohl nur noch einen Erinnerungswert von 1 € gehabt.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Bezirksamtes Mitte von Berlin vom 7. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2010 zu verpflichten, ihm Wohngeld für die Zeit von Dezember 2009 bis November 2010 in der ihm gesetzlich zustehenden Höhe zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte des Gerichts einschließlich des Verwaltungsvorganges des Beklagten Bezug genommen. Die genannten Unterlagen haben vorgelegen und sind – soweit wesentlich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Bezirksamtes Mitte von Berlin vom 7. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weil er keinen Anspruch auf Wohngeld für die Zeit von Dezember 2009 bis November 2010 hat (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Als Anspruchsgrundlage für die vom Kläger begehrte Wohngeldbewilligung kommt nur § 1 des Wohngeldgesetzes in der hier maßgeblichen Neufassung vom 24. September 2008 (BGBl. I S. 1856), zuletzt geändert mit Artikel 22 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1885) – WoGG 2009 – in Betracht. Danach wird Wohngeld zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens als Zuschuss zur Miete geleistet. Ob und in welcher Höhe Wohngeld bewilligt wird, hängt insbesondere von der Zahl der Haushaltsangehörigen (§§ 5 ff. WoGG 2009), der berücksichtigungsfähigen Miete (§§ 9 ff. WoGG 2009), dem Jahreseinkommen des Wohngeldberechtigten und seiner berücksichtigungsfähigen Haushaltsmitglieder (§§ 13 und 14 WoGG 2009) und dem Vorliegen von Ausschlussgründen (§ 21 WoGG 2009) ab. Danach steht dem Kläger kein Anspruch auf das begehrte Wohngeld zu, weil der Ausschlussgrund des § 21 Nr. 3 WoGG 2009 erfüllt ist. Nach dieser Vorschrift besteht ein Wohngeldanspruch nicht, soweit die Inanspruchnahme missbräuchlich wäre, insbesondere wegen erheblichen Vermögens. Dies ist hier der Fall, weil der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der Stellung des Wohngeldantrages (1.) erhebliches Vermögen im Sinne der Vorschrift besaß (2.).

1. Bei der Prüfung, ob erhebliches Vermögen vorhanden ist, kommt es auf die Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung an. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind bei der Ermittlung des Einkommens die Einnahmen zu Grunde zu legen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bewilligungszeitraum zu erwarten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 1990 – 8 C 58.89 – Juris zum WoGG a.F.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 26. April 2010 – 6 M 39.10 –, 22. April 2010 – 6 M 28.10 – und vom 7. Juli 2008 – 5 M 36.08 –; vgl.a. §§ 15 Abs. 1 Satz 1, 24 Abs. 2 Satz 1 WoGG 2009), berücksichtigungsfähig sind also allein die Einkünfte, die aus der Sicht des Zeitpunkts der Antragstellung, d.h. aufgrund von in diesem Zeitpunkt der zuständigen Wohngeldbehörde bekannten Daten, im Bewilligungszeitraum zu erwarten sind. Dieser Zeitpunkt ist auch für die Ermittlung eines erheblichen Vermögens im Sinne von § 21 Nr. 3 WoGG 2009 maßgeblich, denn die Interessenlage ist hier dieselbe. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 23. Januar 1990 – 8 C 58.89 – zur Maßgeblichkeit des Zeitpunktes der Antragstellung (bei der Einkommensermittlung) ausgeführt (Juris Rdnr. 18 f.):

„Bei der Ermittlung des Jahreseinkommens nach § 11 Abs. 1 WoGG sind berücksichtigungsfähig einzig die Einkünfte, die aus der Sicht des Zeitpunkts der Antragstellung, d. h. aufgrund von in diesem Zeitpunkt der zuständigen Wohngeldbehörde bekannten Daten, im Bewilligungszeitraum zu erwarten sind. Schon der Wortlaut des § 11 Abs. 1 WoGG, der in seinen drei Sätzen erkennbar auf eine frühzeitig vorzunehmende Prognose über die im Bewilligungszeitraum zu erwartenden Einnahmen abhebt, spricht für die Maßgeblichkeit der Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung. In diese Richtung weist auch der mit den Einzelregelungen des § 11 Abs. 1 WoGG vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, die Wohngeldbehörde in die Lage zu versetzen, im Interesse der Antragsteller möglichst umgehend über einen Wohngeldantrag zu entscheiden. Insbesondere aber zwingt der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Antragsteller im Wohngeldverfahren zu der Annahme, die nach § 11 Abs. 1 WoGG gebotene Prognose sei auf der Grundlage der im Zeitpunkt der Antragstellung bekannten Daten vorzunehmen. Die von Art. 3 Abs. 1 GG geforderte Gleichbehandlung hat bei der Bearbeitung von Wohngeldanträgen u. a. eine gleichsam "zeitliche Komponente"; eine solche Gleichbehandlung ist - wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 16. Januar 1980 (BVerwG 8 C 24.79 - Buchholz 454.71 § 11 II. WoGG Nr. 2 S. 4 ff.) zu § 11 Abs. 2 des Wohngeldgesetzes in der Fassung vom 14. Dezember 1970 (BGBl. I S. 1637) zum Ausdruck gebracht hat - nur durch ein einheitliches Abstellen auf die Verhältnisse bei der Antragstellung zu erreichen: Wäre auf den Zeitpunkt der Bescheidung des Antrags abzustellen, verzögerte sich die Bescheidung erheblich und träte zuvor eine im Zeitpunkt der Antragstellung nicht vorhersehbare erhebliche Einkommenserhöhung ein, wäre dies bei der für die Ermittlung des Wohngelds bzw. dessen Höhe maßgeblichen Bemessungsgrundlage mit der Folge zu berücksichtigen, dass dem betroffenen Antragsteller kein bzw. ein entsprechend geringeres Wohngeld zu gewähren wäre. Entschiede dagegen die Behörde bei im Übrigen gleichen Ausgangsdaten alsbald nach Antragstellung und damit zu einer Zeit, bevor die erhebliche Einkommenserhöhung ermittelbar war, spielte diese - im Laufe des Bewilligungszeitraums dann eintretende - Erhöhung keine Rolle, weil ihr Eintritt nicht zu den Änderungen in den für die Gewährung von Wohngeld erheblichen Verhältnissen zählt, die nach § 30 Abs. 1 bis 3 WoGG für Bestand oder Höhe des Wohngeldanspruchs von Belang sind, sondern zu denen, deretwegen gemäß § 30 Abs. 4 WoGG der Anspruch auf Wohngeld sich weder verringert noch gar entfällt. Derart unterschiedliche Konsequenzen je nachdem, in welchem Zeitpunkt über einen Wohngeldantrag entschieden wird, sind im Blick auf den Gleichheitssatz nicht hinnehmbar.“

Insbesondere der vom Bundesverwaltungsgericht hervorgehobene Grundsatz der Gleichbehandlung verlangt auch bei der Ermittlung eines erheblichen Vermögens das Abstellen auf den Zeitpunkt der Antragstellung, wie es im Übrigen auch der Gesetzgeber des Zweiten Sozialgesetzbuches für die Ermittlung des (Schon-) Vermögens beim Arbeitslosengeld II in § 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II ausdrücklich bestimmt hat.

2. Zum Zeitpunkt der Antragstellung (Dezember 2009) besaß der Kläger erhebliches Vermögen im Sinne von § 21 Nr. 3 WoGG 2009.

25Das Wohngeldgesetz enthält keine Legaldefinition, was unter dem unbestimmten Rechtsbegriff „erhebliches Vermögen“ zu verstehen ist. Da weder Wortlaut noch systematische Stellung der Vorschrift etwas hergeben, ist für seine Auslegung (allein) die Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Vorschrift maßgeblich. Danach liegt erhebliches Vermögen vor, wenn nach den Gesamtumständen des Einzelfalles dem Wohngeldantragsteller zugemutet werden kann, die Mietbelastung aus seinem vorhandenen Vermögen zu bestreiten (eine Einzelfallprüfung sieht grundsätzlich auch Nr. 21.35 Abs. 1 WoGVwV vor). Hiervon kann in der Regel ausgegangen werden, wenn das verwertbare Vermögen einen Wert hat, der die Freibeträge nach § 6 des Vermögenssteuergesetzes (VStG) – in entsprechend angepasster Höhe – übersteigt.

Das Wohngeldgesetz enthielt bereits in seiner allerersten Fassung einen Ausschlussgrund wegen zu hohen Vermögens. Nach § 24 des Ersten Wohngeldgesetzes vom 23. März 1965 (BGBl. I S. 140) wurde Wohngeld versagt, wenn zumutbar war, dass die zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder Vermögen für die Entrichtung der Miete oder Aufbringung der Belastung einsetzen oder verwerten können. Der Gesetzgeber des Zweiten Wohngeldgesetzes vom 14. Dezember 1970 (BGBl. I S. 1937) änderte die Regelung dahingehend, dass Wohngeld versagt wurde, wenn ein zum Haushalt rechnendes Familienmitglied im Jahr der Stellung des Antrages auf Wohngeld Vermögenssteuer zu entrichten hatte (§ 20 Satz 1); eine Ausnahme galt, wenn dies für die zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder eine besondere Härte bedeuten würde (§ 20 Satz 2). Der Gesetzgeber wollte mit der Anknüpfung an das Vermögenssteuerrecht den Katalog der Vermögenswerte, deren Einsatz oder Verwertung nicht zumutbar war, vereinfachen und die frühere Aufzählung von Einzeltatbeständen entfallen lassen, deren Voraussetzungen im Einzelfall oft erst nach schwierigen, zeitraubenden und nicht immer zu befriedigenden Ermittlungen festgestellt werden konnten (vgl. BT-Drs. VI/1116, S. 33). Die Regelung wurde mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Wohngeldgesetzes vom 4. August 1980 (BGBl. I S. 1159) als § 18 Abs. 1 Nr. 3 WoGG übernommen, wobei die Härtefallklausel nach dem bisherigen § 20 Satz 2 gestrichen wurde, weil sie im Hinblick auf den ab 1. Januar 1974 bei der Vermögenssteuer erhöhten Grundfreibetrag für entbehrlich gehalten wurde (vgl. BT-Drs. 8/3702 S. 83 zu Artikel 1 Nr. 18). Gleichzeitig wurde mit dem zuvor genannten Gesetz ein neuer allgemeiner Ausschlussgrund in Absatz 3 eingeführt, wonach Wohngeld (generell) nicht gewährt wird, soweit die Inanspruchnahme missbräuchlich wäre. Mit dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber erreichen, dass Wohngeld nicht gewährt wird, wenn besonders vorteilhafte, nach den Regeln über die Einkommensermittlung noch nicht erfasste vermögenswerte Rechtspositionen oder sonst zu missbilligende Verhaltensweisen vorliegen (vgl. BT-Drs. 8/3702 S. 83 zu Artikel 1 Nr. 18). Dem Anspruchsausschluss bei missbräuchlicher Inanspruchnahme liegt der Gedanke zu Grunde, dass staatliche Leistungen dann nicht gewährt werden sollen, wenn der Antragsteller aus objektiver Sicht seine finanziellen Verhältnisse von der Einnahme- und der Ausgabenseite her so gestalten kann, dass er aus eigenen Mitteln die Belastung aufzubringen vermag und wenn es - objektiv betrachtet – keine unbillige Härte darstellt, ihn hierauf zu verweisen. Denn auch unter Geltung des Sozialstaatsprinzips muss vom Einzelnen gefordert werden, dass er zur Befriedigung seines Bedarfes nicht sofort Hilfe durch die Allgemeinheit in Anspruch nimmt (vgl. Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, Kommentar zum WoGG, § 18 Rdnr. 21). Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Erhebung von Vermögenssteuer nach dem Vermögenssteuergesetz für verfassungswidrig erklärt hatte (Urteil vom 22. Juli 1995 – 2 BvL 37/91 – Juris) und seit dem 1. Januar 1997 keine Vermögenssteuer mehr erhoben wurde, strich der Gesetzgeber § 18 Abs. 1 Nr. 3 WoGG alter Fassung mit dem Gesetz zur Änderung des Wohngeldgesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2671) ersatzlos. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu (vgl. BT-Drs. 14/1523, S. 186 zu Nummer 11): „Die bisherige Regelung zum Wegfall des Wohngeldanspruches bei Entrichtung von Vermögenssteuer kann entfallen, da dieser Steuertatbestand inzwischen gestrichen wurde. Eine materielle Änderung liegt insoweit nicht vor, da die Inanspruchnahme von Wohngeld in Fällen eines entsprechend großen Vermögens regelmäßig missbräuchlich im Sinne der neuen Nr. 6 (bisheriger § 18 Abs. 3) sein dürfte.“ Der Gesetzgeber hielt also eine klarstellende Regelung zu einem Wohngeldausschluss bei Vorhandensein von Vermögen – das zur Vermögenssteuerpflichtigkeit geführt hätte – nicht für erforderlich, weil er einen entsprechenden Wohngeldausschluss von der „Generalklausel“ der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme für miterfasst hielt (was die Kammer allerdings verneint hat, vgl. Urteil vom 3. Juli 2008 – VG 21 A 192.07 –, bestätigt mit OVG Urteil vom 29. Juli 2009 – 9 N 8.09 – Juris). Die Regelung des § 18 Abs. 1 Nr. 6 WoGG (zuvor § 18 Abs. 3 WoGG) blieb bis Ende 2008 unverändert. Nach dem ursprünglichen Entwurf des Gesetzes zur Neuregelung des Wohngeldrechts und zur Änderung anderer wohnungsrechtlicher Vorschriften vom 28. September 2007 (BT-Drs. 16/6543) war mit § 21 Nr. 3 des Gesetzentwurfes weiterhin eine Fortgeltung der Regelung in unveränderter Fassung vorgesehen (BT-Drs. 16/6543, S. 13); entsprechend hieß es zur Gesetzesbegründung lediglich, die Nummer 3 übernehme die Ablehnung wegen missbräuchlicher Inanspruchnahme aus § 18 Nr. 6 WoGG a.F. (BT-Drs. 16/6543, S. 101). Der Bundesrat verlangte im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens jedoch – erfolgreich – die Ergänzung der Regelung um die Wörter „insbesondere wegen erheblichen Vermögens“ mit folgender Begründung (BT-Drs. 16/6543, S. 118):

„Sowohl die bisherige Fassung des Wohngeldgesetzes als auch der vorliegende Gesetzentwurf stellen die Ablehnung des Wohngeldes wegen missbräuchlicher Inanspruchnahme bei erheblichem Vermögen nicht auf eine gesetzliche Grundlage. Bisher hatte der Gesetzgeber in der Begründung zur letzten Novelle des Wohngeldgesetzes zu erkennen gegeben, dass der ursprünglich in § 18 Abs. 1 Nr. 3 WoGG in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung enthaltene Ablehnungsgrund eines vermögenssteuerpflichtigen bzw. nicht unerheblichen Vermögens inhaltlich beibehalten werden sollte. Sofern die antragstellende Person aufgrund der Neuregelung in dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf weiterhin kein Wohngeld erhalten soll, weil sie über erhebliches Vermögen verfügt, müsste zumindest jetzt zur Rechtssicherheit eine entsprechende Bestimmung aufgenommen werden. Sollte dies mit der jetzigen Novelle unterbleiben, dürfte die bisherige Argumentation, erhebliches Vermögen sei grundsätzlich eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Wohngeld, nicht mehr aufrechterhalten werden können. Der Hinweis auf die Freibeträge nach § 6 des Vermögensteuergesetzes, das bereits außer Kraft getreten ist, kann dann nicht mehr überzeugend herangezogen werden, insbesondere weil das Vermögen der antragstellenden Person für die Gewährung von Wohngeld grundsätzlich unberücksichtigt bleibt. Mit der Anfügung der „insbesondere“-Regelung wird klargestellt, dass erhebliches Vermögen ein Regelbeispiel für eine missbräuchliche Inanspruchnahme der staatlichen Leistung „Wohngeld“ ist. Sie dient damit der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit und erleichtert der Verwaltungspraxis den Vollzug des Gesetzes, indem die Ablehnung wegen erheblichen Vermögens unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung eine höhere Legitimität gegenüber der antragstellenden Person so- wie der Judikative verschafft. Die Ablehnung des Wohngeldanspruchs wegen nicht unbeträchtlichen Vermögens entspricht auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Wohngeld dient der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens. Dieser Intention des Gesetzgebers entspricht, dass der antragstellenden Person zugemutet werden kann, die finanziellen Verpflichtungen aus Miete und Belastung aus einem vorhandenen erheblichen Vermögen zu bestreiten.“

Danach wollte der Gesetzgeber – in eindeutig erkennbarer und im Gesetzeswortlaut hinreichend zum Ausdruck kommender Weise – mit dem Ausschlussgrund des (rechtsmissbräuchlichen) „erheblichen Vermögens“ an die 30 Jahre lang (von 1970 bis Ende 1999) bestehende Vorgängerregelung anknüpfen und Sozialleistungen vermeiden, die nicht erforderlich sind, weil der Wohngeldantragsteller Vermögen in einer Höhe hat, dass ihm zumuten ist, die Belastungen aus Miete selbst zu tragen. Eine bestimmte Obergrenze hat der Gesetzgeber dabei allerdings nicht festgelegt, so dass die in den Gesetzesmaterialien in Bezug genommene pauschale Anknüpfung an die Freibeträge des Vermögenssteuergesetzes (§ 6 VStG) lediglich typisierende Werte darstellen können für die grundsätzlich vorzunehmende Einzelfallprüfung. Nach Auffassung der Kammer begründen die Freibeträge allerdings eine Art Regelvermutung (so wohl auch Nr. 21.36 Abs. 1 WoGVwV: „in der Regel“), wenn sie um entsprechende Anpassungsbeträge korrigiert.

29Nach den Regelungen des Vermögenssteuergesetzes unterliegt bei uneingeschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen derjenige Vermögensbetrag der Vermögenssteuer, der nach Abzug der Freibeträge vom Gesamtvermögen verbleibt (§ 9 VStG). Die Freibeträge betragen dabei nach § 6 VStG 120.000 DM (was rund 61.355 € entspricht) bzw. das Doppelte im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten, für jedes Kind 120.000 DM sowie weitere 50.000 Deutsche Mark, wenn der Steuerpflichtige das 60. Lebensjahr vollendet hat oder voraussichtlich für mindestens drei Jahre behindert im Sinne des Schwerbehindertengesetzes mit einem Grad der Behinderung von 100 ist. Bemessungsgrundlage war das Gesamtvermögen im Sinne der §§ 114 bis 120 des Bewertungsgesetzes (§ 4 VStG), aus denen sich grundsätzlich – wie auch im vorliegenden Fall – keine Besonderheiten ergeben. Die Höhe der Freibeträge ist allerdings zuletzt mit Wirkung vom Juni 1993 festgesetzt worden und seitdem unverändert. Um der Inflationsentwicklung und damit der Vermögensentwertung ausreichend Rechnung zu tragen, hält es die Kammer für erforderlich, die seit 17 Jahren bestehenden Freibetragsgrenzen anzupassen, wie es der Gesetzgeber auch für andere Sozialleistungen vorgesehen hat (vgl. etwa die Anpassungsregelung in § 20 Abs. 4 SGB II). Sachgerecht ist die Berücksichtigung der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes. Dieser hat sich von 1993 bis (zum hier maßgeblichen Jahr) 2009 um rund 28 % erhöht (vgl. die Publikation des Statistischen Bundesamt „Preise Verbraucherpreisindizes für Deutschland, Lange Reihen ab 1948“, Stand: Dezember 2010). Damit ergibt sich für 2009 ein Grund-Freibetrag von 78.534,43 €, alsorund 80.000 €(wegen der ausreichenden Rundung gilt dieser Betrag auch für das Jahr 2010, bis zu dem sich der Verbraucherpreisindex von 1993 um rund 30 % erhöht hat). Für Steuerpflichtige, die das 60. Lebensjahr vollendet haben oder die schwerbehindert sind, ergibt sich ein erhöhter Freibetrag von 111.257,11 €, alsorund 110.000 €.

Nach diesen Maßstäben besaß der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung (Dezember 2009) erhebliches verwertbares Vermögen (vgl. zur Verwertbarkeit des Vermögens Nr. 21.36 Abs. 3 WoGVwV).

Denn mit Stand 31. Dezember 2009 betrug sein auf verschiedenen Konten verfügbare Kapitalvermögen insgesamt 74.426,43 € (bei der V.-Bank 657,57 €, bei der B.-Bank 18 €, bei der I.-Bank 4.105,14 € und 69.645,72 €). Nach Abzug des Solls auf dem Konto bei der C.-Bank (zum 31. Dezember 2009) in Höhe von 8.445,18 € ergab sich ein Kapitalvermögen von65.981,25 €. Dass sich das Kapitalvermögen in der Folge, insbesondere zum Stand November 2010 verringert hat, ist angesichts des maßgeblichen Zeitpunktes der Antragstellung unerheblich.

Hinzu kommen als Vermögenswert die (erst im Klageverfahren angegebenen) Gesellschaftsanteile des Klägers an der St.I. GmbH (ausweislich der vom Kläger vorgelegten Liste ist er Mitgesellschafter mit einer 1999 geleisteten Stammeinlage von14/20). Deren Wert ist mangels weiterer Anhaltspunkte mitmindestens17.895,22 € anzusetzen, weil der Kläger mit Schriftsatz vom 25. November 2010 erklärt hat, dass sich deren Wert „derzeit“ auf diesen Betrag belaufe, ohne auf den – für ihn günstigen – Umstand hinzuweisen, dass deren Wert im Dezember 2009 geringer gewesen sei. Das Vorbringen seiner Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, die Wertangabe sei ein „Missverständnis“ gewesen, weil sich aus der nachgereichten Bilanz ergebe, dass die Gesellschaft keinen Wert mehr habe, ist substanzlos. Dies folgt schon daraus, dass die vorgelegte „Bilanz“ offenbar vom Kläger selbst erstellt ist und allein auf ungeprüften Angaben beruht. Im Übrigen folgt dies auch daraus, dass der Kläger seine Gesellschaftsanteile Ende November 2010 zur Sicherung eines Darlehens an seine Mitgesellschafterin verpfändet hat, eine solche Sicherungsverpfändung aber bei lebensnaher Betrachtung ausgeschlossen wäre, wenn das verpfändete Objekt – hier die Gesellschaftsanteile – wertlos ist. Der Wert des Gesellschaftsanteils dürfte vielmehr mindestens mit dem Darlehensbetrag anzusetzen sein, für den die Verpfändung erfolgt ist. Da der Kläger den Darlehensvertrag trotz Aufforderung nicht vorgelegt hat und dies sich nur erklären lässt, wenn der Darlehensbetrag – der den Mindestwert der Gesellschaftsanteile widerspiegeln würde – die mit Schriftsatz vom 25. November 2010 genannte Summe erheblich übersteigt, dürfte sogar von einem erheblich höheren Wert der Gesellschaftsanteile des Klägers als 17.895,22 € auszugehen sein. Darauf kommt es aber jedoch nicht an, weil allein dieser Betrag zu einem erheblichen (verwertbaren) Gesamtvermögen im o.g. Sinne führt. Zuzüglich des oben berechneten Kapitalvermögens erhöht sich nämlich das Gesamtvermögen auf83.876,47 €.

Außerdem sind als (ebenfalls erst im Klageverfahren angegebene) Vermögenswerte die Lebensversicherung des Klägers – mit einem Rückkaufswert von 186.880,73 € (Stand Dezember 2009) – und das ausweislich des Grundbuchauszuges rund 10.000 m2große, mit Lager- und Büroräumen bebaute Gewerbegrundstück in Qu. – vom Kläger 1994 für 646.500 DM (umgerechnet 330.550 €) erworben – zu berücksichtigen. Der Kläger hat allerdings geltend gemacht, die Lebensversicherung sei zur Sicherung des grundstücksbezogenen Darlehens verpfändet worden und das Grundstück sei wertlos und überschuldet. Eine Verwertbarkeit kommt unter dieser Annahme nur in Betracht, wenn nach Abzug aller grundstücksbezogenen Verbindlichkeiten noch ein Rest verbleibt, wofür hier aber alles spricht. Denn die Behauptung des Klägers, das Grundstück sei „zwischenzeitlich in einem derart desolaten Zustand, dass es wohl keinerlei Wert mehr aufweise“, es liege in einem strukturschwachen Gebiet und die Gebäude seien unbrauchbar, ist substanzlos geblieben. Jegliche konkrete Anhaltspunkte für die behauptete Wertlosigkeit fehlen. Dagegen spricht schon, dass das Grundstück sehr groß ist (rund 10.000 m2), seinerzeit knapp die Hälfte des Kaufpreises auf das Grundstück selbst entfallen ist und ein (jedenfalls) wesentlicher Verfall der Grundstückspreise in Sachsen-Anhalt im Vergleich zum Stand 1994 nicht ersichtlich ist. Im Übrigen trifft – jedenfalls unter den hier vorliegenden Umständen – den Kläger die Darlegungslast, dass das (im Verwaltungsverfahren verschwiegene) Grundstück keinen oder nur noch einen die Verbindlichkeiten nicht mehr deckenden Wert hat. Es ist demnach weder substanziiert noch ersichtlich, dass der Wert des Grundstücks (im maßgeblichen Monat Dezember 2009) unterhalb der grundstücksbezogenen Darlehensverbindlichkeiten liegt, die der Kläger mit Stand Ende 2009 auf 255.027,42 € nebst Zinsen in Höhe von 33.531,93 € beziffert hat, selbst wenn die vom Kläger (erst) mit Schriftsatz vom 25. November 2010 angegebene zum 1. Dezember 2009 (noch) bestehende Darlehensverbindlichkeit gegenüber Frau R. St. in Höhe von 8.000 € und Gewerbesteuerschulden gegenüber der Stadt Qu. mit Stand 1. Dezember 2009 in Höhe von 9.997,79 € zuzüglich Mahngebühren von 297,50 € und Säumniszuschläge von 241 € berücksichtigt werden würden.

Bei dieser Sachlage betrachtet die Kammer die Lebensversicherung des Klägers mit dem Rückkaufwert von 186.880,73 € als weiteres verwertbares Vermögen, was sich damit auf insgesamt 270.757,20 € erhöhen würde. Aber auch ohne die Lebensversicherung verbliebe es weiterhin bei einem erheblichen (verwertbaren) Vermögen von 83.876,47 €.

Besondere Umstände, die eine Ausnahme von der Regelvermutung begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Dass der Kläger über keinerlei Einkommen aus Erwerbstätigkeit verfügt – nach den vorgelegten Gehaltsbelege bezieht er als Geschäftsführer der Handelsgesellschaft einen monatlichen Lohn von 1 € –, begründet keinen Ausnahmefall, betrifft vielmehr zahlreiche Vermögende, die allein von ihrem Vermögen leben. Gleiches gilt für den Umstand, dass der Kläger nur eine geringe Rente erwarten kann. Der Altersvorsorge ist im Übrigen mit dem (Grund-) Freibetrag sowie dem bereits seinerzeit für Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, vorgesehenen erhöhten Freibetrag hinreichend Rechnung getragen. Zudem bleiben (aktuell) nicht verwertbare Altersvorsorgeansprüche, wie Betriebsrenten und Rürup-Renten, bei der Vermögensberechnung außer Betracht (vgl. Nr. 21.36 Abs. 3 Satz 5 WoGVwV). Entsprechend sind auch keine Abzüge für eine sonstige Altersvorsorge, wie sie etwa in § 12 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB II vorgesehen und in den Verwaltungsvorschriften zum Wohngeldgesetz übernommen worden sind (vgl. Nr. 21.36 Nr. 5 Nr. 4 und 5 WoGVwV), vorzunehmen. Im Übrigen würde ein solcher Abzug hier auch zu keinem anderen Ergebnis führen, da der Rückkaufswert der bereits vorhandenen Lebensversicherung die Abzugsbeträge bei Weitem übersteigt. Ob außerdem – wie dies die Verwaltungsvorschriften zum Wohngeldgesetz vorsehen (vgl. Nr. 21.36 Nr. 5 Nr. 1 und 2 sowie 6 bis 8 WoGVwV) – bei der Ermittlung des Vermögens nicht anzusetzen bzw. vom Vermögen abzuziehen sind ein angemessener Hausrat, ein angemessenes Kraftfahrzeug, Gegenstände, die für die Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind oder der Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist, ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von angemessener Größe sowie Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde, bedarf hier keiner Erörterung, weil ein solches Vermögen hier nicht im Streit steht.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob Frau G. Haushaltsangehörige im Sinne von § 5 WoGG 2009 ist und damit ihr Einkommen mit zu berücksichtigen wäre. Für das Vorliegen einer Verantwortungsgemeinschaft im Sinne von § 5 Nr. 1 Nr. 3 WoGG 2009 spricht die gesetzliche Vermutung des § 5 Nr. 2 WoGG 2009 i.V.m. § 7 Nr. 3a Nr. 1 SGB II, weil beide bereits in Halle unter derselben Anschrift gemeldet waren und damit im Zeitpunkt der Wohngeldbeantragung länger als 1 Jahr zusammengelebt haben dürften (der Mietvertrag datiert vom Februar 2006 und Frau G. erhielt in Halle 2002 ein Personalausweis sowie 2004 einen Reisepass). Die Erklärung zum Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft hat der Kläger bei der Frage „Leben Sie länger als ein Jahr zusammen“ nicht ausgefüllt, sondern nur handschriftlich erklärt, keine der Voraussetzungen des § 7 Nr. 3 a Nr. 1 bis 4 SGB II sei erfüllt. Außerdem bestätigt bei lebensnaher Betrachtung der gemeinsame Umzug von Halle nach Berlin – beide haben sich zum 1. November 2009 mit Hauptwohnung in der Wohnung, für die Wohngeld beantragt wird, umgemeldet – das Bestehen einer Verantwortungs- und Wirtschaftsgemeinschaft. Allerdings behauptet der Kläger, die Wohnräume würden getrennt benutzt, er benutze zwei Zimmer und den Balkon und Frau G. ein Zimmer, lediglich die Gemeinschaftsräume Flur, Küche, Bad und Kammer würden gemeinschaftlich genutzt. Hieran bestehen auch deswegen Zweifel, weil der Kläger und Frau G. sich die Miete teilen. Das Wohngeldamt ist den genannten Zweifeln offenbar aus Personalmangel nicht nachgegangen, müsste dies aber noch weiter aufklären, wenn der Ausschlussgrund nicht (mehr) vorliegen sollte.

Dahinstehen kann ferner, ob der Kläger tatsächlich nur ein Geschäftsführergehalt von 1 € monatlich von seinem Arbeitgeber – der S.I. GmbH, deren Mitgesellschafter er ist – erzielt oder Einnahmen sonstiger Art hieraus erzielt.

Die Berufung ist gemäß § 124 a Nr. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da die Auslegung des Begriffs „erhebliches Vermögen“ grundsätzliche Bedeutung hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Nr. 1 VwGO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit aus § 167 Nr. 1 und 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.