LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.11.2007 - 19 Sa 1416/07
Fundstelle
openJur 2012, 7417
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 12.06.2007 - 8 Ca 1504/07- wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe einer dem Kläger zustehenden Sozialplanabfindung und hier insbesondere über die Frage, ob die Berechnungsformel im Sozialplan den Kläger aus Altersgründen diskriminiert.

Der am … 1946 geborene Kläger war als Disponent mit einem monatlichen Bruttogehalt i.H.v. ca. 5.000,- EUR beim beklagten Unternehmen, das Radlader und Mobilbagger herstellt, insgesamt 43 Jahre bis zum 30.11.2006 beschäftigt. Nach Ankündigung von Produktionseinstellungen und Massenentlassungen kam es zu einem Arbeitskampf bei der Beklagten, der u.a. mit einer Vereinbarung zwischen der Beklagten, dem bei ihr bestehenden Betriebsrat und der IG- Metall vom 01.06.2006 beendet wurde. Nach dieser Vereinbarung zur Beendigung des Arbeitskampfes und zum Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans über die von der Beklagten geplante Betriebsänderung sollten von den Betriebsparteien u.a. ein Interessenausgleich und ein Sozialplan vereinbart werden. Die Beklagte stellte danach für den Sozialplan und die 333 von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer insgesamt 29 Mio EUR bereit und es wurde eine Namensliste zum Interessenausgleich vereinbart, in die der Kläger aufgenommen worden ist. Nach Ziffer 6 dieser Vereinbarung berechnete sich die Sozialplanabfindung nach einer Formel, die in den später abgeschlossenen Sozialplan aufgenommen worden ist. Die Vereinbarung vom 01.06.2006 ist im Rahmen einer Urabstimmung bei der Beklagten von über 70% der Beschäftigten angenommen worden.

Nachdem die Beklagte das klägerische Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29.06.2006 gekündigt hatte, beendeten die Parteien gem. dreiseitigem Vertrag das Arbeitsverhältnis zum 30.11.2006 und der Kläger wechselte in eine von der Beklagten zu finanzierende Beschäftigungsgesellschaft mit befristetem Arbeitsvertrag vom 01.12.2006 bis zum 31.11.2007.

Die Beklagte vereinbarte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat unter dem 12,19, und 25.10.2006 einen Sozialplan, auf dessen Inhalt (Bl. 13-24 d. A.) Bezug genommen wird. Gem. § 1 Abs. 1 gilt der Sozialplan für alle unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis auf Veranlassung der Beklagten aufgrund der Ankündigung der betrieblichen Maßnahmen u.a. aufgrund Aufhebungsvertrags beendet haben. Weiter heißt es dort:

„§ 5    Abfindungen        (1) Die Abfindung setzt sich aus (a) einem Grundbetrag und (b) etwaigen Zuschlägen für Kinder und Schwerbehinderung zusammen.        (a) Grundbetrag        - Bis zu 59-jährige Mitarbeiter erhalten eine Abfindung nach folgender Berechnungsformel:         Faktor 1,36 x vollendete Beschäftigungsjahre x (Jahresbruttoeinkommen 2005/12)         […]            - Arbeitnehmer, die älter als 59 Jahre sind, erhalten für jeden diesen bis zum 63. Lebensjahr noch fehlenden Monaten, abzgl. der (ggf. fiktiven) Verweildauer in der Transfergesellschaft, einen Betrag von 1.700,00 EUR zzgl. einer Zahlung von 20.000,00 EUR.          [ …]                - Stichtag für die Berechnung des Alters und der Beschäftigungsjahre ist der 30.Juni 2006.         […]            § 8      […]              (1) Der Anspruch auf die Abfindung gem. §§ 5,6 dieses Sozialplans entsteht zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses […]        (2) Der Anspruch wird mit der auf den Monat des Ausscheidens folgenden Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung fällig. Auf Wunsch des Arbeitnehmers kann die Auszahlung zu einem späteren Zeitpunkt im Jahre 2007 erfolgen. Dieser Wunsch muss bis zum 15. November 2006 bei der Personalabteilung eingegangen sein. […]“Im Übrigen begrenzt der Sozialplan in § 5 Abs. 4 die Höhe der Abfindung auf 120.000,- EUR pro Arbeitnehmer.

Neun der 333 vom Sozialplan insgesamt erfassten Arbeitnehmer sind älter als 59 Jahre, darunter auch der Kläger.

Mit Schreiben vom 15.11.2006 teilte die Beklagte mit, dass sie dem Kläger eine Sozialplanabfindung in Höhe von 60.800,- EUR zahlen werde. Mit E-Mail vom gleichen Tage bat der Kläger um Auszahlung der Abfindungssumme Anfang Januar 2007.

Dies geschah am 30.01.2007.

Bis November 2007 hat der Kläger von der Beschäftigungsgesellschaft monatlich 2.853,- EUR netto erhalten; von Dezember 2007 bis voraussichtlich Mai 2009 wird der Kläger von der Arbeitsagentur Arbeitslosengeld in Höhe von 1.650,- EUR erhalten; ab Juni 2009 wird der Kläger eine gesetzliche Altersrente in Höhe von 1.660,- EUR erhalten. Mit Erreichen des 65. Lebensjahres wird der Kläger eine betriebliche Altersvorsorge der Beklagten in Höhe von 308,43 EUR beziehen.

Mit seiner am 25.01.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst die Zahlung von 120.000,- EUR von der Beklagten begehrt. Mit Schriftsatz, der dem Gericht am 29.05.2007 zugegangen ist, hat der Kläger einen Teilbetrag von 60.800,- EUR nebst anteiligen Zinsen für erledigt erklärt; dieser Erklärung hat die Beklagte sich angeschlossen. Der Kläger meinte, die Differenzierung des Sozialplans für die Bemessung der Abfindung verstoße gegen § 75 Abs. 1 Satz 2 BetrVG i.V. mit Art. 3 Abs. 1 GG in richtlinienkonformer Auslegung auf der Basis der EU- Richtlinie Nr. 2000/78/EG vom 27.11.2000 und im Übrigen gegen das Verbot der Altersdiskriminierung gem. § 7 Abs. 1 AGG; eine Rechtfertigung gem. § 10 Satz Nr. 6 AGG liege nicht vor. Durch die rechtswidrige Diskriminierung werde er in die Privatinsolvenz gezwungen, da er Verbindlichkeiten aus zwei Immobiliendarlehen zu erfüllen habe. Seine Betriebszugehörigkeitszeiten würden wegen der rechtswidrigen Differenzierung im Sozialplan sachwidrig und gleichheitswidrig nicht berücksichtigt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 59.200,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.01.2007 zu zahlen,

hilfsweise festzustellen, dass der Sozialplan zwischen der Beklagten und deren Betriebsrat vom 12., 19., 25.10.2006 (wegen unzulässiger Altersdiskriminierung) unwirksam ist und nach neuen Verteilungsgrundsätzen verhandelt werden muss.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich überwiegend mit Rechtsgründen gegen die Klage verteidigt. Jedenfalls sei die Differenzierung im Sozialplan gem. § 10 Satz 3 Nr. 6 ArbGG gerechtfertigt. Es sei im Übrigen nicht hinnehmbar, dass das Sozialplanvolumen von gut 29 Mio. EUR um weitere 561.944,89 EUR erhöht würde, wäre die Abfindungsregelung im Sozialplan rechtswidrig und würden die Differenzforderungen der neun Arbeitnehmer, die älter als 59 Jahre alt sind, berücksichtigt.

Unstreitig ist allerdings zwischen den Parteien, dass bislang von den neun Arbeitnehmern lediglich der Kläger einen Differenzbetrag aus dem Sozialplan eingeklagt hat.

Mit Urteil vom 12.06.2007 hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Verfahrens nach dem Gesamtstreitwert von 120.000,- EUR auferlegt. Der Kläger werde durch die Klausel in § 5 des Sozialplans nicht aus Altersgründen rechtswidrig diskriminiert. Die Differenzierung verstoße nicht gegen das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG. Es fehle schon an der unmittelbaren Benachteiligung des Klägers gem. § 3 Abs. 1 AGG, weil der Kläger keine weniger günstige Behandlung erfahre als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Die Gruppe der Arbeitnehmer, die älter als 59 Jahre alt seien sei nicht mit der Gruppe der Arbeitnehmer zu vergleichen, die jünger als 59 Jahre alt seien. Die Betriebsparteien hätten im Sozialplan zulässigerweise differenzieren können zwischen rentenfernen Jahrgängen und rentennahen Jahrgängen. Angesichts der begrenzten Mittel eines Soziaplans liege eine solche Unterscheidung nahe. Die Berechnung der Abfindungshöhe nach Einkommen und Beschäftigungsjahren für die bis zu 59-jährigen berücksichtige mittelbar, dass die Arbeitsmarktchancen mit zunehmendem Lebensalter regelmäßig geringer würden. Der Kompensationsbedarf rentenferner Arbeitnehmer sei zum Ausgleich der ihnen drohenden wirtschaftlichen Nachteile regelmäßig und typischerweise höher als der Arbeitnehmer, die älter als 59 Jahre alt sind und nur noch eine kürzere Zeit bis zum vorgezogenen Rentenbeginn zu überbrücken hätten. Solche Differenzierungen seien daher auch schon immer von der Rechtsprechung anerkannt worden. Die Differenzierung sei durch einen Sachgrund gerechtfertigt. Unter Berücksichtigung der dem Kläger zufließenden Leistungen übersteige die gezahlte Abfindung die Zahlungsausfälle des Klägers bis zum Beginn der vorgezogenen Rente um 25.800,- EUR. Im Ergebnis sei der verbleibende Abfindungsbetrag geeignet, den Kläger treffende Rentenabschläge in zeitlichem Umfang von ca. 13 Jahren zu kompensieren. Ein mit dem Kläger vergleichbarer Arbeitnehmer, der zwei Jahre jünger sei und die Maximalabfindung in Höhe von 120.000,- EUR erhalte, habe zwar 59.200,- EUR mehr als der Kläger erhalten, müsse aber bis dahin finanzielle Minderleistungen in Höhe von 79.200,- EUR berücksichtigen, was seinen Abfindungsmehrbetrag deutlich übersteige. Diese Schere öffne sich noch weiter zu Lasten des Vergleichsarbeitnehmers, wenn dieser zwar den maximalen Abfindungsbetrag bei ansonsten gleichen Arbeitsbedingungen erhalte, aber fünf oder mehr Jahre jünger als der Kläger sei. Solche Arbeitnehmer müssten angesichts des Höchstbetrages von 120.000,- EUR aus dem Sozialplan finanzielle Belastungen von 200.000,- EUR und mehr kompensieren. Im Ergebnis werde daher der Kläger besser abgesichert als eine Vielzahl vergleichbarer Arbeitnehmer, die jünger als 59 Jahre alt sind. Nachteile aus der Stichtagsregelung seien wie immer hinzunehmen. Entsprechend unterliege auch der vom Kläger gestellte Hilfsantrag der Klageabweisung. Der Kläger habe auch die Kosten des für erledigt erklärten Teils der Hauptsache entsprechend § 91 a Abs. 1 ZPO zu tragen. Die Beklagte habe nicht verspätet geleistet, vielmehr sei die Klage insoweit zu früh erhoben worden.

Wegen des Weiteren erstinstanzlichen Tatbestandes sowie der Entscheidungsgründe wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 28.06.2007 zugestellte Urteil hat er am 12.07.2007 Berufung eingelegt und diese am 27.07.2007 begründet.

Er wendet sich weiter überwiegend aus Rechtsgründen gegen die angefochtene Entscheidung und vertieft seine Ausführungen dazu. Ihm werde der Zugang zu der für ihn günstigeren Abfindungsregelung der bis zu 59- jährigen Arbeitnehmer in altersdiskriminierender Weise verwehrt. Die Regelung in § 5 Abs. 1a, 2. Unterpunkt des Sozialplans blende die Beschäftigungsdauer als auch die Höhe des Monatsverdienstes aus und sei deshalb auch altersdiskriminierend, weil eine hohe Beschäftigungsdauer und ein hoher Monatsverdienst regelmäßig und überwiegend von älteren Arbeitnehmern erfüllt würden. Die Regelung sei gem. § 7 Abs. 2 AGG unwirksam; ein Rechtfertigungstatbestand liege nicht vor. Wegen ihrer Unwirksamkeit aufgrund der Benachteiligung einer kleinen Gruppe sei eine Anpassung nach oben vorzunehmen mit der Folge, dass dem Kläger eine Abfindungssumme in Höhe der Berechnungsformel der bis zu 59- jährigen Arbeitnehmer zustehe. Eine zusätzliche finanzielle Belastung entstehe der Beklagten dadurch nicht.

Der Kläger sei mit allen vom Sozialplan erfassten Arbeitnehmer in einer vergleichbaren Situation. Er werde ausschließlich aufgrund seines Alters schlechter behandelt als die jüngeren Arbeitnehmer. Er werde gem. § 3 Abs. 1 AGG unmittelbar benachteiligt. Dies ergebe sich auch aus der Nichtberücksichtigung der 44 Beschäftigungsjahre des Klägers. Die Differenzierung sei auch nicht gem. § 10 AGG gerechtfertigt. Die Vorschrift sei europarechtswidrig. Das Arbeitsgericht habe auch eine erforderliche europarechtskonforme Auslegung von § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG unterlassen. Die Sozialplanregelung wirke auch innerhalb der Altersgruppe diskriminierend, weil sie weder auf die Höhe des Gehalts noch auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit abstelle. Es sei sachwidrig, wenn die für die unter 59- jährigen an das Gehalt und die Betriebszugehörigkeit angeknüpft werde, für die über 59- jährigen an keines von beiden. Die frühere höchstrichterliche Rechtsprechung habe entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts eine Klausel wie die hiesige bislang nicht erkannt. Die Beispielsrechnungen des Gerichts seien ohne Aussagekraft. Es gehe nicht darum zu erkennen, ob es dem Kläger gut gehe oder schlecht gehe gegenüber einem fiktiven Vergleichsarbeitnehmer, entscheidend sei, ob der Sozialplan mit den beiden unterschiedlichen Berechnungsformeln altersdiskriminierend sei. Im Rahmen des § 5 fehlten jegliche individuelle Regelungen. Die von der Beklagten mit dem Sozialplan verfolgte Absicht, die Abfindungshöhe von der Betriebstreue abhängig zu machen, greife für die Gruppe, der der Kläger angehöre, nicht. Ein mit dem Kläger identischer Vergleichsarbeitnehmer, der allerdings nur einen Tag Betriebstreue aufweise, erhalte dieselbe Abfindung wie der Kläger mit seinen 44 Jahren Betriebszugehörigkeit. Ebenso sachwidrig sei die Stichtagsregelung, nach der ein 59 Jahre alter Kläger 120.000,- EUR maximal erhalte, der einen Tag ältere nur noch etwa die Hälfte dieses Betrags.

Im Übrigen entspreche die Abfindungsregelung im Sozialplan nicht den Voraussetzungen von § 10 Satz 1 und Satz 2 i.V. mit Satz 3 Nr. 6 AGG. Die pauschale Zweiteilung der Altersgruppe ohne proportional zum Alter und zur Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungen sei nicht richtlinienkonform. Das AGG erlaube nur eine Abfindungsregelung, nicht, wie der streitgegenständliche Sozialplan, zwei unterschiedliche Abfindungsregelungen. Die Sozialplanregelung sei weder angemessen, noch durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt. Sie sei auch nicht erforderlich, weil ein milderes Mittel als Korrektiv, nämlich eine am Alter gestaffelte Abfindungsregelung mit auslaufend verringerten Leistungen nicht gewählt worden sei. Nach Abwägung der beiderseitigen Interessen sei die Maßnahme im Sozialplan auch nicht angemessen. Nach der Rechtsprechung des EuGH müsse eine allein an das Alter anknüpfende benachteiligende Regelung nachweisen, dass die Einzelinteressen durch konkrete Bedürfnisse des Arbeitsmarktes und des Einzelnen aufgewogen würden. Damit sei eine pauschalierende Regelung wie die vorliegende nicht vereinbar.

Im Übrigen sei der Zahlungsanspruch gem. § 8 Abs. 2 AGG durch den Grundsatz gleichen Entgelts begründet. Nach diesem Grundsatz seien auch Abfindungen erfasst.

Der Kläger sei nicht zur Kostentragung hinsichtlich des erledigten Teils des Rechtsstreits verpflichtet. Die Zahlung des unstreitigen Teils der Abfindung sei spätestens am 08.01.2007 fällig gewesen. Die Auszahlung im Turnus der monatlichen Gehaltsabrechnungen Ende Januar sei verspätet. Mithin sei die Klage insoweit nicht verfrüht erhoben worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts vom 12.06.2007 – 8 Ca 1504/07 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 59.200,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.01.2007 zu zahlen,

hilfsweise festzustellen, dass der Sozialplan zwischen der Beklagten und deren Betriebsrat vom 12., 19., 25.10.2006 unwirksam ist und nach neuen Verteilungsgrundsätzen verhandelt werden muss.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil mit Rechtsausführungen und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Der Kläger werde durch die Sozialplanregelung nicht aus Altersgründen benachteiligt. Das AGG sei nicht anwendbar, da der Kläger mit jüngeren Arbeitnehmern nicht vergleichbar sei und eine unmittelbare Benachteiligung gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nicht vorliege. Der Kläger habe auch eine tatsächlich vergleichbare Person nicht benannt. Jedenfalls sei die Sozialplanregelung gem. § 10 Satz 3 Ziffer 6 AGG gerechtfertigt. Die Vorschrift sei insoweit auch nicht europarechtswidrig. Rentennahen Jahrgängen wie dem Kläger dürften nach dieser Vorschrift geringere Abfindungsbeträge gezahlt werden. Eine Altersdifferenzierung, wie sie hier vorliege, sei seit Jahren höchstrichterlich anerkannt. Nach dieser Rechtsprechung müsse der ältere Arbeitnehmer sogar erhebliche Nachteile in Kauf nehmen, wenn sie hinter den Einbußen jüngerer Arbeitnehmer wegen drohender Dauerarbeitslosigkeit zurückblieben. Im Rahmen ihres Ermessensspielraums könnten die Betriebspartner pauschalisierende und typisierende Regelungen vorsehen. Die Überbrückungshilfen seien verteilungsgerecht. Eine Staffelung allein nach Beschäftigungsjahren, wie der Kläger sie fordere widerspreche dem Diskriminierungsverbot.

Im Übrigen sei die Abfindungsregelung aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht angreifbar, die Betriebspartner seien an die vor dem Inkrafttreten des AGG zustande gekommene Vereinbarung vom 01.06.2006 gebunden gewesen. Bei unterstellter Unwirksamkeit der angegriffenen Regelung sei allenfalls eine Neuverhandlung des Sozialplans angezeigt, nicht hingegen die klageweise Erhöhung des Sozialplanvolumens. Höchstvorsorglich sei das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH im Verfahren C- 427/06 auszusetzen.

Wegen des weiteren Parteivortrags in der Berufungsinstanz wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie ihre Ausführungen im mündlichen Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht Bezug genommen.

Gründe

Die nach dem Beschwerdewert statthafte, frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers, die auch sonst zulässig ist, blieb erfolglos. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Zahlungsklage abgewiesen. Über den Hilfsweise gestellten Feststellungsantrag war nicht zu entscheiden.

I.

Die Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere Abfindungszahlung gem. § 5 Abs. 1a, 1. Unterpunkt des Sozialplans bei der Beklagten vom Oktober 2006, weder in direkter Anwendung dieser Vorschrift noch in analoger Anwendung noch in Verbindung mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz noch in Anlehnung an § 8 Abs. 2 AGG oder aus einem sonstigen Rechtsgrund. Die Sozialplanregelung in § 5 Abs. 1a, 2. Unterpunkt des Sozialplans bei der Beklagten vom Oktober 2006 diskriminiert den Kläger nicht aus Altersgründen.

1. Im Hinblick auf die Unbegründetheit des klägerischen Zahlungsanspruchs bedarf es keiner Entscheidung über die von den Parteien aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine durch den Erfolg der Klage eintretende Erhöhung des Sozialplanvolumens unzulässig in die Regelungsautonomie der Betriebsparteien eingreift und daher allenfalls eine Neuverhandlung des Sozialplans unter Berücksichtigung der gerichtlichen Entscheidung in Frage käme. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob in diesem Fall für die Berücksichtigung der Mehrbelastung des Arbeitgebers allein auf den erhöhten Anspruch des Klägers oder (hypothetisch) auf die Mehrbelastung abgestellt werden muss, die durch die zusammengefassten Ansprüche aller neun Arbeitnehmer, die von der Sozialplanregelung im 2. Unterpunkt erfasst werden, entstehen könnte. Insbesondere bedarf daher der Einwand des Klägers, die Mehrbelastung des Sozialplanvolumens durch seinen Anspruch sei minimal, keiner Entscheidung.

Auch eine Aussetzung des Verfahrens gem. § 148 ZPO, bis zur Entscheidung des EuGH in dem Verfahren C- 427/06 zum Vorlagebeschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 27.06.2006 – 3 AZR 352/05, NZA 2006, 1276, wie vom Beklagten hilfsweise eingewendet, kam nicht in Betracht. Denn das Berufungsgericht folgt der Rechtsauffassung des Klägers nicht, insbesondere ist es nicht der Auffassung des Klägers, dass § 10 Satz 3 Ziffer 6 AGG europarechtswidrig sei. Die vom Kläger aufgeworfene und bislang umstrittene Rechtsfrage, ob das Verbot der Altersdiskriminierung ein europarechtliches Primärgrundrecht sei und unmittelbare Anwendung auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten als Privatrechtssubjekte finde, bedurfte vorliegend keiner Entscheidung. § 10 Satz 1 und Satz 2 sowie Satz 3 Nr. 6 AGG sind europarechtskonform, insbesondere richtlinienkonform nach der Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000 über die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf auszulegen. Auf die Entscheidung des EuGH kam es daher insoweit nicht an.

Einer Vorlage an den EuGH bedurfte es mindestens im Hinblick auf die Revisionszulassung ebenfalls nicht.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des erhöhten Sozialplanabfindungsbetrages in unmittelbarer oder analoger Anwendung gem. § 5 Abs. 1 a, 1. Unterpunkt des Sozialplans bei der Beklagten vom Oktober 2006. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

2.1. Unstreitig erfüllt der Kläger die Wortlautvoraussetzungen des § 5 Abs. 1a, 1. Unterpunkt nicht. Zum Stichtag 30.06.2006 war der Kläger älter als 59 Jahre alt. Mithin entfällt ein Anspruch des Klägers nach der im 1. Unterpunkt festgelegten Berechnungsformel für die Zahlung des Abfindungsbetrages. Dies sieht auch der Kläger nicht anders.

2.2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus analoger Anwendung von § 5 Abs. 1a, 1. Unterpunkt der Sozialplanregelung. Dabei kann zugunsten des Kläger unterstellt werden, dass die Regelung des 1. Unterpunktes Anwendung findet für solche Arbeitnehmer, die wie der Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen von § 5 Abs. 1a, 2. Unterpunkt der Sozialplanregelung erfüllen, für den Fall, dass die Regelung des 2. Unterpunktes wegen Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung gem. § 7 Abs. 2 AGG i.V. mit § 3 Abs. 1 und § 1 AGG rechtsunwirksam ist. Einer Entscheidung dazu bedarf es nicht, weil das Berufungsgericht die Rechtsauffassung des Klägers, der 2. Unterpunkt in § 5 Abs. 1 a der Sozialplanregelung sei rechtsunwirksam, nicht teilt.

3. Die Regelung im Sozialplan bei der Beklagten vom Oktober 2006 in § 5 Abs. 1a zum 1., 2. und 3. Unterpunkt ist nicht rechtsunwirksam, jedenfalls gem. § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG gerechtfertigt.

3.1. Das Berufungsgericht geht mit der klägerischen Rechtsauffassung und zu seinen Gunsten davon aus, dass das AGG auf die Regelungen des vorliegenden Sozialplans Anwendung findet und diese daher insbesondere am Benachteiligungsverbot gem. § 7 i.V. mit § 3 und § 1 AGG zu messen sind und unter den Voraussetzungen von § 10 AGG gerechtfertigt sein können.

Zwar beruht die Regelung in § 5 Abs. 1a des Sozialplans vom Oktober 2006 wenn auch nicht wortgleich, so doch im Wesentlichen auf der Regelung in Ziffer 6 der Vereinbarung vom 01.06.2006. Es kann dahinstehen, wie die Vereinbarung vom 01.06.2006 rechtlich zu qualifizieren ist. Insbesondere bedarf es keiner Entscheidung, ob die Betriebsparteien und jedenfalls die Beklagte sich mit der Vereinbarung vom 01.06.2006 verpflichtet haben, einen diesen Bestimmungen entsprechenden Sozialplan zeitnah zu schaffen. Denn das AGG ist zwar erst am 18.08.2006 in Kraft getreten, enthält jedoch für die hier anwendbaren Vorschriften und den hier zugrunde liegenden Sachverhalt keine Übergangsvorschriften. Mithin sind §§ 7,3,1, i.V. mit § 10 AGG für die Sozialplanregelungen im Sozialplan vom Oktober 2006 auch dann anwendbar, wenn der rechtliche Geltungsgrund des § 5 Abs. 1a des Sozialplans vom Oktober 2006 auf den 01.06.2006 wegen der zu diesem Zeitpunkt abgeschlossenen dreiseitigen Vereinbarung vorzuverlegen ist. Ob die Vereinbarung in diesem Fall als sog. „ Altfall“ zu einem besonderen Vertrauensschutz des beklagten Arbeitgebers führt, wie die Beklagte eingewandt hat, bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung. Ggf. wäre ein erhöhter Vertrauensschutz der Beklagten bei der Rechtsfolgenanordnung, nämlich der analogen Anwendbarkeit von § 5 Abs. 1a erst, 1. Unterpunkt der Sozialplanregelung vom Oktober 2006 zu beachten.

3.2. Entgegen der klägerischen Rechtsansicht ist es schon fraglich, ob der Kläger gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG infolge einer Altersdiskriminierung eine weniger günstige Behandlung durch die angefochtene Sozialplanregelung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Eine konkrete Person, mit der der Kläger vergleichbar wäre, hat er nicht benannt.

Allerdings hätte der Kläger, wenn er zum Stichtag noch nicht 59 Jahre alt gewesen wäre, Anspruch auf eine nahezu doppelt so hohe Abfindungssumme gehabt. Da er aus Altersgründen die Stichtagsregelung verfehlte, wurde er zweifellos anders behandelt als eine jüngere Person. Zweifellos ist der Kläger durch die Stichtagsregelung auch benachteiligt. Der Anspruch auf die geringere Abfindungshöhe ist ungünstiger als der von ihm zu erzielende maximale „Deckelungsbetrag“ in Höhe von 120.000,- EUR, der ihm zugestanden hätte, wäre er zum Stichtag noch nicht 59 Jahre alt gewesen.

Fraglich ist indessen, ob er dadurch gegenüber einer anderen Person in einer vergleichbaren Situation weniger günstiger durch die Regelung behandelt worden ist.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es schon an der Möglichkeit, eine andere Person in einer vergleichbaren Situation des Klägers zu bestimmen. Da es an einer konkret zu benennenden Person fehlt, bliebe lediglich der Rückgriff auf die Personengruppe, die dem 1. Unterpunkt der angefochtenen Sozialplanregelung unterfällt, also jünger als 59 Jahre ist. Diese Gruppe ist indessen nicht mit dem Kläger vergleichbar. Dies gilt schon deswegen, weil darunter nach der Sozialplanregelung Personen fallen können, die abgesehen vom Alter, andere Betriebszugehörigkeiten haben als der Kläger, andere Familienverhältnisse haben als der Kläger, andere finanzielle Belastungen tragen müssen als der Kläger und schließlich aufgrund ihres Alters, ihres konkret ausgeübten Berufes und ihrer persönlichen Situation gänzlich andere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben können als der Kläger. Selbst wenn man die Gruppe der vergleichbaren Arbeitnehmer einzig durch die Kriterien der Betriebszugehörigkeit und des Alters definiert, ist keine Gruppe von Arbeitnehmern, die jünger als 59 Jahre alt sind, erkennbar, die mit dem Kläger vergleichbar wäre.

Selbst innerhalb der Gruppe von neun Arbeitnehmern, die unter den 2. Unterpunkt der angegriffenen Regelung fallen und der der Kläger angehört, ist nach den Kriterien Betriebszugehörigkeit und Alter nicht ohne weiteres mit dem Kläger zu vergleichen, wie er selbst eingeräumt hat. Zu der Gruppe könnten beispielsweise Arbeitnehmer zählen, die zum Stichtag 62 Jahre alt sind und erst über eine 5-jährige Betriebszugehörigkeit verfügen. Sie mögen im Hinblick auf den Zweck des Sozialplans, die finanziellen Nachteile wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes bis zur Erlangung einer staatlichen Altersvorsorge auszugleichen, noch mit dem Kläger vergleichbar sein, wenn man auf das Kriterium Alter abstellt. Nicht vergleichbar sind sie, dies rügt auch der Kläger, hinsichtlich des Kriteriums der Betriebszugehörigkeit.

Nach alledem neigt die Kammer mit der Beklagten dazu, im vorliegenden Fall bereits eine Vergleichbarkeit mit einer anderen Person gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG zu verneinen. Infolgedessen fehlte es bereits an einer festzustellenden Benachteiligung des Klägers im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, weil nicht festgestellt werden kann, dass er durch die angefochtene Regelung im Sozialplan eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation.

Letztlich bedarf aber auch diese Rechtsfrage nach Auffassung des Berufungsgerichts im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung.

3.3. Auch wenn zugunsten des Klägers und entsprechend seiner Rechtsauffassung eine Benachteiligung des Klägers gem. §§ 7 Abs. 1, 3 Abs. 1 AGG durch die angegriffene Sozialplanregelung gegenüber solchen Mitarbeitern unterstellt wird, die zum Stichtag jünger als 59 Jahre waren, ist diese unterschiedliche Behandlung gem. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt.

Gem. § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Zieles müssen angemessen und erforderlich sein, § 10 Satz 2 AGG. Die besondere Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung des Klägers wegen seines Alters ergibt sich vorliegend aus § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG, der Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen erlaubt, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben. Dazu müssen die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sein und die gesetzliche Regelung erlaubt sogar den Ausschluss von Leistungen des Sozialplans, wenn die Beschäftigten wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, ggf. unterbrochen durch eine Phase des Bezugs von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind, § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG.

§ 10 AGG beruht wesentlich auf Art. 6 der Richtlinie 200/78/EG vom 27.11.2000 und soll der Umsetzung dieser Richtlinie dienen(BT – Drucksache 16/1780, Seite 36). Bereits daraus ergibt sich ohne weiteres, dass § 10 AGG richtlinienkonform auszulegen ist.

Art. 6 der genannten Richtlinie stellt im Wesentlichen Regelbeispiele auf und gewährt jedenfalls den Mitgliedstaaten im Übrigen einen weiten Ermessensspielraum bei der Wahl der Maßnahmen zur Erreichung ihrer Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik (EuGH vom 16.10.2007, C- 411/05, Rn 68; Thüsing, Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz, München 2007, Seite 172 Rn 419 f). Zwar ist dem Kläger einzuräumen, dass sich eine dem § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG vergleichbare Regelung in Art. 6 der genannten Richtlinie nicht findet.

Insoweit hat die Bundesrepublik Deutschland mit ihrer Regelung in Nr. 6 nur den ihr zustehenden weiten Ermessensspielraum ausgeübt, was auch darauf beruht, dass Sozialplanregelungen wie die vorliegende eine große Bedeutung bei arbeitsrechtlichen Sanierungsfällen in deutschen Unternehmen haben. Darüber hinaus beruht die Regelung in Nr. 6 auf der langjährigen und überwiegend akzeptierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach es nicht gegen § 75 BetrVG verstößt, wenn die Betriebspartner solche Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen ausnehmen, die zum Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses die Vorraussetzungen für ein vorgezogenes Altersruhegeld erfüllen (vgl. nur Urteile vom 26.07.1988 – 1 AZR 156/87, NZA 1989, 25 ff; vom 310.7.1996 – 10 AZR 45/96, NZA 1997, 165 ff; vom 19.10.1999, 1 AZR 838/98, NZA 2000,732; vom 30.03.2000 – 6 AZR 645/98, NZA – RR 2001, 203 ff). Nr. 6 des § 10 AGG greift teilweise wortgleich diese Rechtsprechung auf (ebenso Urteil des LAG Köln vom 04.06.2007 – 14 Sa 201/07, Juris).

Entgegen verschiedentlich in der Literatur geäußerter Bedenken verstößt der Gesetzgeber mit der Regelung in Nr. 6 auch nicht gegen übergeordnete europarechtliche Grundsätze und insbesondere nicht gegen die Richtlinie 2000/78 EG vom 27.11.2000 (anderer Ansicht hinsichtlich des Ausschlusses von Leistungen aus dem Sozialplan gem. der letzten Alternative in Ziffer 6 z.B. Erfurter Kommentar/ Schlachter, § 10 AGG Rn 10; wie hier dagegen z.B. Mohr, BB 2007, 2574 ff).

3.4. Wie das Bundesarbeitsgericht erst kürzlich und wiederholt entschieden hat (Beschluss vom 19.06.2007 – 1 AZN 1043/06, n.v.; vom 02.10.2007 – 1 AZN 793/07, n.v.), ist das europarechtliche Verbot der unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung wegen des Alters durch § 75 Abs. 1 Satz 2 BetrVG in den auch für diesen Rechtsstreit streitgegenständlichen Rechtsfragen bereits umgesetzt und die Frage der Zulässigkeit von durch Alter und Betriebszugehörigkeit definierten Höchstgrenzen in Sozialplänen durch höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt und vor Erlass der Richtlinie 200/78/EG nicht anders zu beurteilen als hinterher. Da der deutsche Gesetzgeber mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG sich ersichtlich an der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des BAG orientiert hat (vgl. BT – Drs 16/1780 Seite 36) und sich die Formulierung in Nr. 6 an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 31.07.1996 – 10 AZR 45/96, AP Nr. 103 zu § 112 BetrVG 1972) anlehnt, kann ein Verstoß der Nr. 6 in § 10 Satz 3 AGG gegen die Richtlinie 2000/78/EG oder sonstige europarechtliche Grundsätze nicht festgestellt werden.

3.5. § 5 Abs. 1a des streitgegenständlichen Sozialplans berechnet die Abfindungszahlung für bis zu 59- jährige Mitarbeiter mit einem Grundbetrag und etwaigen Kinderzuschlägen und Zuschlägen für Schwerbehinderung in Abhängigkeit von den zurückgelegten, vollendeten Beschäftigungsjahren. Damit hält sich die Regelung des Sozialplans an die Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach die Betriebsparteien bei der Aufstellung eines Sozialplans einen weiten Spielraum für die Bestimmung des angemessenen Ausgleichs der mit der Betriebsänderung verbundenen Nachteile haben und grundsätzlich frei darüber entscheiden können, ob, in welchem Umfang und in welcher Weise sie die wirtschaftlichen Nachteile ausgleichen oder mildern wollen. Sie können nämlich von einem Nachteilsausgleich auch gänzlich absehen und bei ihrer Regelung nach der Vermeidbarkeit der Nachteile unterscheiden (BAG vom 14.08.2001- 1 AZR 760/00, AP Nr. 142 zu § 112 BetrVG 1972). Sie haben im Hinblick auf den Normzweck von § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG u.a. auch den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten, der verlangt, dass im Hinblick auf zu erwartende Nachteile in gleicher Weise betroffene Arbeitnehmer gleich, in ungleicher Weise betroffene Arbeitnehmer ungleich behandelt werden. Insofern ist auch die Beschäftigungsdauer, an die der Sozialplan vorliegend anknüpft, ein grundsätzlich zulässiges Kriterium für die Bemessung einer Abfindung, da es nicht auszuschließen ist, dass sich die Qualifikation eines Arbeitnehmers mit der Dauer der Beschäftigung auf die spezifischen Bedürfnisse des bisherigen Arbeitsplatzes verengt und damit eine Minderung seiner Chancen auf dem Arbeitsmarkt einhergeht (BAG vom 14.08.2001 – 1 AZR 760/00, a.a.O.). Nach diesen Grundsätzen war es den Betriebsparteien auch nicht verwehrt, den für die Abfindung zu zahlenden Höchstbetrag auf 120.000,- EUR gem. § 5 Abs. 4 des Sozialplans festzusetzen (vgl. BAG vom 19.10.1999 – 1 AZR 838/98, a.a.O.).

Nach ebenso gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird der Kläger durch den streitgegenständlichen Sozialplan auch nicht dadurch altersdiskriminiert behandelt, dass für Arbeitnehmer, die älter als 59 Jahre sind, für jeden bis zum 63. Lebensjahr noch fehlenden Monat ein Betrag von 1.700,- EUR zzgl. einer Zahlung von 20.0000,- EUR, abzgl. der ggf. fiktiven Verweildauer in der Transfergesellschaft gezahlt wird. „Es verstößt nicht gegen Grundsätze von Recht und Billigkeit, wenn die Betriebspartner in einem Sozialplan Ausgleichsleistungen für ältere Arbeitnehmer nach den mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden tatsächlichen Nachteilen bemessen und für jüngere Arbeitnehmer einen pauschalen

Ausgleich in Form von Abfindungszahlungen vorsehen, deren Höhe sich an der Dauer der bisherigen Betriebszugehörigkeit bemisst“ (BAG vom 14.02.1984 – 1 AZR 574/82, AP Nr. 21 zu § 112 BetrVG 1972; bestätigt u. a. durch BAG vom 28.10.1992 – 10 AZR 489/91, a.a.O.).

Grund für die Differenzierung ist nämlich nicht das Alter der Arbeitnehmer schlechthin, sondern der sich aus dem Alter ergebende Umstand, dass bei älteren Arbeitnehmern, die Nachteile aus dem Verlust des Arbeitsplatzes bis zum Rentenbeginn abgeschätzt werden können und anders ausgeglichen werden sollen als bei jüngeren Arbeitnehmern. Die Betriebspartner können daher berücksichtigen, dass zu entlassende Arbeitnehmer schon oder bald das vorgezogene Altersruhegeld in Anspruch nehmen können (BAG vom 28.10.1992 – 10 AZR 489/91, a.a.O.).

Legitimes Ziel solcher Regelungen wie der vorliegenden Sozialplanregelung ist es, mit einem begrenzten finanziellen Volumen für möglichst alle betroffenen Arbeitnehmer eine verteilungsgerechte Überbrückungshilfe bis zu einem ungewissen neuen Arbeitsverhältnis oder längstens bis zum Bezug der Altersrente zu ermöglichen (BAG vom 19.10.1999 – 1 AZR 838/98, a.a.O.).

3.6. Wie das Berufungsgericht bereits in einem vergleichbaren Fall entschieden hat (LAG Berlin- Brandenburg, vom 15.05.2007 – 9 Sa 211/07), ist es weder willkürlich noch sachwidrig, wenn die Betriebspartner die Sozialplanleistungen nicht durchgängig an mit einiger Sicherheit tatsächlich zu erwartenden Nachteilen ausrichten, sondern für die Gruppe der jüngeren Arbeitnehmer davon ausgehen, dass der Verlust des Arbeitsplatzes auch für sie Nachteile zur Folge haben wird oder haben kann, die auszugleichen und zu mildern sind. Die Höhe der Ausgleichsleistung für diese Personengruppe kann sich dann naturgemäß nicht an der Größe ihres Nachteils orientieren. Denn die Betriebspartner können die tatsächlich entstehenden wirtschaftlichen Nachteile im Voraus nicht exakt einschätzen und abschließend beurteilen. Genau deshalb wird in Sozialplänen üblicherweise die Abfindung pauschaliert, wie das auch hier in § 5 des Sozialplans geschehen ist. Je jünger der ausscheidende Arbeitnehmer ist, umso schwerer ist abzuschätzen, ob der Verlust des Arbeitsplatzes für ihn zu einem Nachteil führt und ggf. in welcher Weise und damit in welcher Höhe sich dieser Nachteil bemerkbar machen wird. Der Nachteil der älteren Arbeitnehmer für den Verlust ihres Arbeitsplatzes kann hingegen relativ exakt bestimmt werden, wenn man die Zeit der Arbeitslosigkeit als Grundlage nimmt für die Ausgleichszahlung, ausgehend vom Austrittsdatum aus dem Unternehmen und dem Beginn der Zahlung eines vorgezogenen Altersruhegeldes. So haben es die Betriebsparteien im vorliegenden Fall gehalten. Mithin ist die Regelung in § 5 Abs. 1 des Sozialplans nicht zu beanstanden.

4. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Sozialplanregelung auch nicht deswegen rechtswidrig, weil Arbeitnehmer, die 59 Jahre und einen Tag alt sind, schlechter behandelt würden als Arbeitnehmer, die 58 Jahre und 364 Tage alt sind. Diese Stichtagsregelung im streitgegenständlichen Sozialplan ist zulässig, allgemein üblich und führt zu einer sachgerechten Differenzierung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Stichtagsregelungen in Sozialplänen sind solche Regelungen grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Wahl des Zeitpunktes am gegebenen Sachverhalt orientiert ist und sachlich vertretbar ist (Urteil vom 06.08.1997 – 10 AZR 66/97, AP Nr. 116 zu § 112 BetrVG 1972 und öfter). Dem schließt sich das erkennende Berufungsgericht an.

Da nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wie dargestellt, rentennahe Jahrgänge Abfindungsbeträge nach einer anderen Berechnung erhalten können als jüngere und rentenferne Jahrgänge, und auch eine Deckelung der Abfindungsbeträge zulässig ist, kann eine Sachwidrigkeit der hier vorliegenden Regelung nicht festgestellt werden. Wie die Beklagte zu Recht ausgeführt hat, war die Wahl des 59. Lebensjahres auch nicht willkürlich. Ältere Arbeitnehmer konnten für 12 Monate in die Beschäftigungsgesellschaft wechseln, sie hatten regelmäßig auch ein Arbeitslosengeldanspruch von 18 Monaten. Damit waren sie für mind. 30 Monate abgesichert. Für die Überbrückung der restlichen 18 Monate bis zum Rentenbeginn mit dem 63. Lebensjahr ist als Ausgleich für etwaige Kürzungen des Rentenanspruchs aufgrund des vorzeitigen Rentenbeginns eine einmalige Sockelbetragszahlung von 20.000,- EUR vorgesehen. Eine weitergehende Absicherung konnte der Kläger nicht verlangen.

Entgegen seiner Ansicht haben die Vorschriften des AGG an der Zulässigkeit solcher Stichtagsregelungen nichts geändert. Dies ergibt sich im Übrigen schon aus dem Wortlaut der Nr. 6 des § 10 Satz 3 AGG, der sogar davon ausgeht, dass Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans gänzlich ausgeschlossen werden können, wenn sie wirtschaftlich abgesichert sind z.B. weil sie nach Bezug von Arbeitslosengeld rentenberechtigt sind.

5. Der Zahlungsanspruch des Klägers ist auch unbegründet, soweit er seinen Anspruch auf den Grundsatz gleichen Entgelts im Sinne von § 8 Abs. 2 AGG stützt.

Diese Anspruchsgrundlage ist schon deswegen nicht gegeben, weil der Kläger als älterer Arbeitnehmer nicht mit den Arbeitnehmern vergleichbar ist, die unter § 5 Abs. 1a, 1. Unterpunkt fallen. Eine solche Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern in einer vergleichbaren Situation ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung des EuGH Vorraussetzung für den geltend gemachten Anspruch (vgl. EuGH vom 26.06.2001 – C- 381/99, NZA 2001, 883 ff).

II.

Der Hilfsantrag des Klägers mit seinem Feststellungsbegehren ist zur Entscheidung vor dem Berufungsgericht nicht angefallen.

Ausweislich der dazu gegebenen Begründung hat der Kläger diesen Hilfsantrag nur gestellt, falls das Gericht zu dem Ergebnis kommen sollte, dass nicht eine Teilunwirksamkeit, sondern eine Gesamtunwirksamkeit des Sozialplans festgestellt werden würde oder dass mit der Zuerkennung des klägerischen Anspruchs das Gesamtvolumen des Sozialplans überschritten werden würde. Da der Zahlungsanspruch des Klägers insgesamt unbegründet ist, war über den Hilfsantrag nicht zu entscheiden.

III.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Kläger auch in die Kostentragung verurteilt, soweit es um den Teil des zwischen den Parteien einvernehmlich erledigten Rechtsstreits ging.

Dies gilt schon deswegen, weil die Vereinbarung, die Auszahlung der Abfindung solle „Anfang Januar 2007“ erfolgen, zu unbestimmt ist. Darin kann die Vereinbarung eines anderen Fälligkeitstermins gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 des Sozialplans entgegen der Ansicht des Klägers nicht gesehen werden. Hierzu hätte es der Vereinbarung eines konkreten Termins bedurft. Dies ist unstreitig nicht erfolgt. Mithin ist die am 30.01.2007 erfolgte Auszahlung rechtzeitig gewesen.

IV.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.