BPatG, Beschluss vom 17.03.2011 - 25 W (pat) 516/10
Fundstelle
openJur 2011, 115132
  • Rkr:
Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patentund Markenamts vom 24. Februar 2010 aufgehoben. Der Widerspruch aus der Marke 302 14 878 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Marke Panprazolist für Waren der Klasse 5 am 13. Dezember 2007 unter der Nummer 307 74 312 in das beim Deutschen Patentund Markenamt geführte Markenregister eingetragen worden. Nach Teillöschung mit Wirkung vom 29. Mai 2008 lautet das Warenverzeichnis wie folgt:

"Verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen mit dem Wirkstoff Pantoprazol."

Dagegen hat die Inhaberin der prioritätsälteren, am 5. Juli 2002 in das Markenregister unter der Nummer 302 14 878 eingetragenen Marke PANTOZOL Widerspruch erhoben, welche nach Teillöschung mit Wirkung vom 30. September 2002 für die folgenden Waren der Klasse 5 geschützt ist:

"Magen-Darmtherapeutika für humanmedizinische Zwecke".

Die Markeninhaberin hat im Verfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten, ausgenommen für die Waren "verschreibungspflichtige Magen-Darm-Therapeutika für humanmedizinische Zwecke, nämlich Protonenpumpenhemmer mit dem Wirkstoff Pantoprazol". Für diese Waren hat die Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke zugestanden. Die Widersprechende hat hinsichtlich der Benutzung der Widerspruchsmarke für darüber hinausgehende Waren keine Unterlagen eingereicht.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patentund Markenamts, besetzt mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes, hat auf den Widerspruch aus der Marke 302 14 878 mit Beschluss vom 24. Februar 2010 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

Nach Auffassung der Markenstelle besteht zwischen den Vergleichsmarken Verwechslungsgefahr. Dabei sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen, da keine die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in entscheidungserheblichem Umfang stärkenden oder schwächenden Umstände ersichtlich seien. Nachdem die Markeninhaberin die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke beschränkt erhoben habe, und zwar mit Ausnahme "verschreibungspflichtiger Magen-Darm-Therapeutika für humanmedizinische Zwecke" und die Widersprechende keine weitergehenden Benutzungsunterlagen eingereicht habe, sei bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit von den vorgenannten Waren auszugehen. Diese seien den Waren, für die die angegriffene Marke registriert sei, sehr ähnlich.

Den demnach gebotenen strengen Abstand zur Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht ein. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass ungeachtet der Rezeptpflicht der registrierten Waren die klangliche Wiedergabe und die Begegnung der Vergleichsmarken bei Laien zu berücksichtigen sei, auch wenn der Fachverkehr stärker im Vordergrund stehe als bei einer fehlenden Rezeptpflicht. Es müsse nämlich damit gerechnet werden, dass z. B. ein Laie ein rezeptpflichtiges Mittel weiter empfehle. Die Vergleichsmarken stimmten in dem ohnehin regelmäßig besonders beachteten Wortanfang "Pan-" und der Endsilbe "-zol" überein. Diese Übereinstimmungen träten deswegen besonders hervor, weil beide Vergleichsmarken auf diesen Silben betont würden. Ferner sei die Silbenzahl identisch. Die Mittelsilbe "pra" der angegriffenen Marke hebe sich, isoliert betrachtet, zwar deutlich von der Mittelsilbe "to" der Widerspruchsmarke ab. Auch bestünden der Zeichenanfang und das Zeichenende der Vergleichsmarken aus eher häufig verwendeten Zeichenbestandteilen. Dennoch reichten die Ähnlichkeiten im klanglichen Gesamteindruck aus, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen, da der einzige Unterschied im Wortinneren gegeben sei, die unterschiedliche Mittelsilbe zudem nicht markant sei, die Vergleichsmarken sich regelmäßig nicht gleichzeitig gegenüberträten und es sich um relativ lange Bezeichnungen handele, bei denen Abweichungen weniger ins Gewicht fielen als bei kürzeren Markenwörtern.

Die Markeninhaberin macht mit ihrer gegen den vorgenannten Beschluss gerichteten Beschwerde geltend, dass die Markenstelle die Voraussetzungen der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr nicht zutreffend beurteilt habe. Die Widerspruchsmarke habe für ein Arzneimittel, das den Wirkstoff Pantoprazol enthalte, eine überwiegend beschreibende Bedeutung. In mehreren Entscheidungen des Bundespatentgerichts, die Widersprüche aus der Marke "PANTO" zum Gegenstand gehabt hätten, sei von einer eingeschränkten Kennzeichnungskraft dieser Marke ausgegangen worden, da sie sich an die Bezeichnung des Wirkstoffs "Pantoprazol" angelehnt habe. Dies habe der Bundesgerichtshof nicht beanstandet. Dann müsse im vorliegenden Fall von einer noch geringeren Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen werden, da sich diese noch stärker an diese Wirkstoffbezeichnung anlehne und insoweit lediglich eine Silbe ausspare. Es handele sich dabei um die typische Abwandlung einer dem Verkehr bekannten Wirkstoffbezeichnung, die der Verkehr als solche auch erkenne. Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke sei daher auf die hier nur minimale eintragungsbegründende Eigenprägung zu beschränken. Ginge man hingegen von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus, so würden die Rechte eines jeden Konkurrenten eingeschränkt werden, Abwandlungen von Wirkstoffbezeichnungen zu bilden. Insbesondere dürfe es Dritten nicht verwehrt werden, ebenso wie der Widersprechende die erste und letzte Silbe der freizuhaltenden Wirkstoffbezeichnung "Pantoprazol" zu benutzen und dabei eine andere Zwischensilbe zu verwenden als die Widerspruchsmarke.

Im Übrigen seien im vorliegenden Fall auf Seiten der Widerspruchsmarke nur die Waren zu berücksichtigen, für die die Markeninhaberin eine Benutzung der Widerspruchsmarke zugestanden habe, d. h. die Ware "verschreibungspflichtiges Magen-Darm Therapeutikum für humanmedizinische Zwecke, nämlich Protonenpumpenhemmer mit dem Wirkstoff Pantoprazol". Hinsichtlich der Zeichenähnlichkeit wiesen die Vergleichsmarken zwar geringe, aber dennoch ausreichende Unterschiede auf. Die Vergleichsmarken hätten voneinander abweichende Mittelsilben ("-PRA" bzw. "-TO") aus der Wirkstoffbezeichnung Pantoprazol übernommen. Diese Silben unterschieden sich deutlich voneinander. Die mittlere Silbe "-TO" der Widerspruchsmarke sei im Klangbild markant, da sie zu der recht ungewöhnlichen Vokalfolge A-O-O führe, wohingegen in der angegriffenen Marke phonetisch die Lautfolge PA-P-A im Vordergrund stehe. Hinzu komme, dass das Element "Pan" eher häufig den Wortanfang von Arzneimitteln bilde; so seien in der "Roten Liste" zahlreiche Arzneimittel mit der Anfangssilbe "Pan-" verzeichnet.

Der vorliegende Fall sei auch nicht mit dem der "HEITEC"-Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Sachlage vergleichbar. In der vorgenannten Entscheidung hätten sich phonetisch identische Marken gegenüber gestanden, wobei dort auch deutlich erkennbar gewesen sei, dass sich die jüngere Marke an die ältere Marke anlehnen wollte. Hier sei aber keine (klangliche) Markenidentität gegeben, sondern es lägen deutlich wahrnehmbare phonetische Unterschiede vor. Berücksichtige man zudem den eingeschränkten Schutzumfang der Widerspruchsmarke, könne Verwechslungsgefahr hier nicht bejaht werden.

Die Markeninhaberin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patentund Markenamts vom 24. Februar 2010 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Markenstelle eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken zu Recht angenommen habe. Es sei Warenidentität gegeben. Die Benutzung der Widerspruchsmarke könne nicht auf die Ware "verschreibungspflichtige Magen-Darm-Therapeutika für humanmedizinische Zwecke, nämlich Protonenpumpenhemmer mit dem Wirkstoff Pantoprazol" reduziert werden, da gemäß der erweiterten Minimallösung bei Benutzung einer Arzneimittelspezialität die entsprechende Hauptgruppe der "Roten Liste" zu Grunde legen sei. Auch sei vorliegend eine Einschränkung auf eine Verschreibungspflicht nicht zulässig.

Bei der Widerspruchsmarke sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen, da zwischen dieser und der Wirkstoffbezeichnung Pantoprazol ein deutlicher Unterschied bestehe. Ferner sei der Widerspruchsmarke entsprechend der OMEPRAZOC-Entscheidung des Bundesgerichtshofs eine herkunftshinweisende Eigenart beizumessen. Zudem sei fraglich, ob der Verkehr bei der Widerspruchsmarke eine Anlehnung an den Wirkstoff "Pantoprazol" überhaupt erkenne. Denn es gebe noch weitere Medikamentenmarken, die mit dem Bestandteil "PAN-TO-" begännen, jedoch keine Marken Darm-Therapetika seien und keine Wirkstoffe besäßen, deren Bezeichnung den Bestandteil "PANTO-" enthalte. Zudem würden Laien, die zu den relevanten Verkehrskreisen zu rechnen seien, das Markenwort "Pantozol" als Kunstwort ansehen.

Die angegriffene Marke halte in dem maßgeblichen Gesamteindruck den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein. Die Vergleichsmarken unterschieden sich lediglich in der nicht markanten Mittelsilbe. Ferner handele es sich um relative lange Bezeichnungen, bei denen Abweichungen weniger ins Gewicht fielen als bei kürzeren Wörtern. Die Gemeinsamkeiten der Vergleichsmarken würden überwiegen und blieben auch besser im Gedächtnis als die Unterschiede. Wegen der großen Ähnlichkeit der Zeichen bestünde zudem die Gefahr, dass die Vergleichsmarken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden, da der Verkehr annehmen könnte, es handele sich um eine Zeichenserie aus gleicher betrieblicher Herkunft.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft. Sie ist auch begründet. Entgegen der Auffassung der Markenstelle ist keine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken gegeben (§§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Daher waren der angefochtene Beschluss aufzuheben und der Widerspruch aus der Marke 302 14 878 gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückzuweisen.

1. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, Tz. 18 -PICASSO; GRUR 1998, 387, Tz. 22 -Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 - INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH MarkenR 2009, 399 - Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 32).

a) Die Vergleichsmarken können sich auf identischen Waren begegnen.

Hinsichtlich der Waren der Widerspruchsmarke ist von dem aktuellem Warenverzeichnis auszugehen, nämlich "Magen-Darmtherapeutika für humanmedizinische Zwecke". Die Markeninhaberin hat die Benutzung der Widerspruchsmarke eingeschränkt bestritten, wobei sich diese Nichtbenutzungseinrede von vorn herein nicht auf "verschreibungspflichtige Magen-Darm-Therapeutika für humanmedizinische Zwecke, nämlich Protonenpumpenhemmer mit dem Wirkstoff Pantoprazol" bezogen hat. Eine weitergehende Benutzung der Widerspruchsmarke hat die Widersprechende weder behauptet noch glaubhaft gemacht. Zugunsten der Widersprechenden ist im Rahmen der Entscheidung zu § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG und der dort zu beantwortenden Integrationsfrage wegen der in ständiger Rechtsprechung des Senats angewendeten "erweiterten Minimallösung" allerdings grundsätzlich auf die im Einzelfall maßgebende Hauptgruppe der "Roten Liste" abzustellen, hier mithin auf die Hauptgruppe 60 -"Magen-Darm-Mittel" (vgl. BPatG GRUR 2004, 954 -CYNARETTEN / Circanetten). Nachdem das aktuelle Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke noch etwas enger gefasst ist, hat der Senat diese Fassung der weiteren Prüfung zugrunde zu legen.

Die angegriffene Marke ist für "verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen mit dem Wirkstoff Pantoprazol" registriert. Diese speziellen Waren der angegriffenen Marke fallen unter den umfassenderen Warenbegriff gemäß dem Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke, so dass vorliegend von Warenidentität auszugehen ist.

b) Die originäre Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist deutlich unterdurchschnittlich.

Die Widerspruchsmarke ist eng an die im maßgeblichen Warenbereich einschlägigen Wirkstoffbezeichnung "Pantoprazol" angelehnt, wobei die Widersprechende diesen Wirkstoff in dem mit der Widerspruchsmarke verwendeten Präparat auch tatsächlich verwendet (vgl. dazu Rote Liste 2010 Nr. 60 260 und Nr. 60 261). Auch wenn es zu den Kennzeichnungsgewohnheiten im Arzneimittebereich gehört, sich bei der Markenbildung an Wirkstoffbezeichnungen zu orientieren, ist vorliegend zu berücksichtigen, dass sich die Widerspruchsmarke von dieser Wirkstoffbezeichnung nur dadurch unterscheidet, dass die dritte Silbe der viersilbig gebildeten Wirkstoffbezeichnung innerhalb der Widerspruchsmarke entfallen ist. Eine solche enge Anlehnung an eine Wirkstoffbezeichnung führt im hier vorliegenden Zusammenhang zu einer deutlichen Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Denn sie enthält die für die vorgenannte Wirkstoffangabe typischen Anfangssilben "Panto". In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sich im Arzneimittelbereich nicht nur bei dem Wirkstoff "Pantoprazol", sondern bei einer Vielzahl weiterer Arzneimittelwirkstoffe die Praxis herausgebildet hat, die beiden Anfangssilben einer Wirkstoffangabe quasi als Synonym oder zumindest als stark andeutenden Hinweis auf den Wirkstoff selbst zu verwenden.

Nach der Rechtsprechung des Senats, welche der Bundesgerichtshof insoweit nicht beanstandet hat (vgl. insoweit BGH GRUR 2008, 905, 907 [Tz. 20] -Pantohexal), ist bereits das Markenwort "PANTO" in Bezug auf Magen-Darm-Mittel mit dem Wirkstoff "Pantoprazol" in seiner Kennzeichnungskraft geschwächt. Dies muss im Zusammenhang mit Magen-Darm-Therapeutika erst recht für das Markenwort "Pantozol" gelten, welches noch weit deutlicher an die Wirkstoffangabe "Pantoprazol" angenähert ist.

Diese Annäherung der Widerspruchsmarke an die vorgenannte Wirkstoffbezeichnung ist für die maßgeblichen Verkehrskreise auch ohne weiteres erkennbar. Zu diesen Verkehrskreisen zählen sowohl Fachkreise, insbesondere Ärzte und Apotheker, als auch Endverbraucher, insbesondere Patienten, die zur Behandlung von Magen-Darm-Beschwerden wie z. B. einem Reflux auf Protonenpumpenhemmer angewiesen sind. Auch diese Patienten als medizinische Laien werden die Annäherung der Widerspruchsmarke an die Wirkstoffangabe häufig erkennen, da die Wirkstoffbezeichnung aufgrund gesetzgeberischer Maßnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen eine wesentlich stärkere Bedeutung erhalten hat. Welcher Wirkstoff verabreicht werden soll, wird in ärztlichen Behandlungsund Aufklärungsgesprächen nicht nur in ausschließlich therapeutischem Zusammenhang erörtert, sondern spielt auch deswegen eine Rolle, weil von mehreren Präparaten mit dem gleichen Wirkstoff regelmäßig nur das preisgünstigste Präparat erstattungsfähig ist. Daher wird auf Rezepten häufig nicht mehr eine konkrete Präparatebezeichnung, sondern neben der Packungsgröße nur noch die jeweilige Wirkstoffangabe benannt, wobei dann der Apotheker das preisgünstigste Präparat heraussucht und an den Patienten abgibt. Wirkstoffbezeichnungen sind zudem nach arzneimittelrechtlichen Bestimmungen auf Arzneimittelpackungen anzugeben, so dass diese dem Patienten auch stets bei Erwerb und Verbrauch des jeweiligen Präparats begegnen.

Ferner gehört es u. a. zu den Kennzeichnungsgewohnheiten im Arzneimittelbereich, vollständige Wirkstoffangaben mit Firmenbzw. Unternehmensbezeichnungen und -namen zu kombinieren. Dies ist auch im Zusammenhang mit dem hier einschlägigen Wirkstoff "Pantoprazol" der Fall, wie sich aus einer von der Widersprechenden in der mündlichen Verhandlung übergebenen Präparateliste (Auszug aus der Roten Liste) ergibt, siehe dort z. B. die Präparatebezeichnungen "Pantoprazol -1 A Pharma", "pantoprazolbiomo", "Pantoprazol Hennig", "Pantoprazol HE-XAL", "Pantoprazol Krewel", "Pantoprazolratiopharm" und "Pantoprazol STADA". Somit wird auch der Endverbraucher bei Arzneimitteln in vielfältiger Weise mit Wirkstoffbezeichnungen konfrontiert und nimmt diese bewusst wahr.

Liegt, wie im vorliegenden Fall bei der Widerspruchsmarke, ein Markenwort vor, welches sich von einer viersilbigen Wirkstoffbezeichnung lediglich durch Wegfall einer Mittelsilbe, hier der dritten Silbe unterscheidet, ist somit von einer erheblich unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft und von einem nur engen Schutzbereich der Widerspruchsmarke auszugehen.

In Bezug auf eine Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hat die Widersprechende keine substantiierten Angaben gemacht. Ihr Sachvortrag vor der Markenstelle, dass das mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Präparat seit Oktober 1994 im Handel sei, ist insoweit nicht ausreichend. Von einer Steigerung der Kennzeichnungskraft, die zu einem gegenüber der vorgenannten erheblich unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft erweiterten Schutzbereich der Widerspruchsmarke führen würde, kann daher nicht ausgegangen werden.

c) Der eingeschränkte Schutzumfang der Widerspruchsmarke "Pantozol" erfährt im Verhältnis zu der angegriffenen Marke "Panprazol" auch deswegen keine Erweiterung oder auch nur eine Relativierung, weil sich die angegriffene Marke der Wirkstoffbezeichnung "Pantoprazol" in ähnlicher Weise annähert.

Zwar könnte insoweit die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in GRUR 2008, 803, Tz. 22 -HEITEC zugunsten einer Erweiterung des Schutzbereichs der Widerspruchsmarke verstanden werden. Dies widerspräche aber dem allgemeinen Verständnis zum Schutzumfang von kennzeichnungsschwachen Marken und der dazu anderweitig ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. z. B. BGH GRUR 2003, 963, 965 AntiVir / AntiVirus). Insbesondere wäre nach der Entscheidung GRUR 2008, 803, Tz. 22 -HEITEC für die Wettbewerber nur die rein beschreibende Verwendung von Sachangaben sichergestellt. Dies ist aber -jedenfalls im Verletzungsverfahren -schon gemäß § 23 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG gewährleistet.

Ginge man entsprechend der Auffassung des Bundesgerichtshofs in dem oben bezeichneten Einzelfall generell davon aus, dass der Schutzumfang von Marken, die sich an eine beschreibende Sachangabe anlehnen, im Verhältnis zu jüngeren Marken, die sich in ähnlicher Weise an diese Sachangabe annähern, nicht eingeschränkt wäre, so würde dies im Ergebnis ferner dazu führen, dass der "prioritätsmäßig" erste Markeninhaber, der sich mit seiner Marke an eine beschreibende Angabe annähert, markenmäßig quasi ein Monopol zur Annäherung an den Fachbegriff erhalten würde. Dies widerspricht nach Auffassung des Senats fundamentalen markenrechtlichen Grundsätzen und wird auch in der Literatur kritisch gesehen (vgl. dazu z. B. die Anmerkung von Hacker zu dieser Entscheidung in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 132, Fußnote 364). In diesem Zusammenhang stellt sich zudem die Frage, welche Bedeutung die Kennzeichnungsschwäche einer an eine Sachangabe angenäherten älteren Marke im markenrechtlichen Kollisionsverfahren überhaupt haben soll, wenn nicht die Einschränkung des Schutzumfangs in Bezug auf die Annäherungen an die Sachangabe. Wenn die Einschränkung des Schutzumfangs einer älteren Marke wegen der engen Anlehnung an eine beschreibende Angabe in der Praxis zum Tragen kommen soll, muss sich die Einschränkung des Schutzumfangs der älteren Marke gerade auch gegenüber solchen Kennzeichnungen auswirken, die sich ebenfalls an die Sachangabe annähern. Dies muss insbesondere in Bereichen gelten, in denen es -wie hier -zu den Kennzeichnungsgewohnheiten gehört, Markenwörter an Wirkstoffangaben zu orientieren.

Es kann nach Auffassung des Senats auch anderen Markeninhabern nicht verwehrt sein, sich mit ihren Kennzeichnungen ebenfalls an beschreibende Angaben anzunähern, jedenfalls unter angemessener Berücksichtigung der älteren Markenrechte, wobei hier wesentlich auf die schutzbegründende Eigenprägung der älteren Marke abzustellen ist, die sich aus der Abweichung der Marke gegenüber der Sachangabe ergibt.

Aus Sicht des Senats ist es daher angebracht, bei einem an eine freizuhaltende Wirkstoffbezeichnung eines Arzneimittels eng angelehnten Markenwort auch dann von einem entsprechend eingeschränkten Schutzbereich auszugehen, wenn diesem Markenwort eine in vergleichbarer Weise an diese Wirkstoffbezeichnung angelehnte jüngere Marke gegenübersteht.

Ferner ist bei der Gesamtabwägung aller Fallumstände auch zu berücksichtigen, dass im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke eine Verschreibungspflicht aufgenommen worden ist, weshalb insoweit deutlich stärker auf die Fachkreise der Ärzte und Apotheker abzustellen ist. Dieser Umstand ist in diese Gesamtabwägung als weiterer, wenn auch für sich gesehen nicht entscheidender, verwechslungsmindernder Gesichtspunkt einzubeziehen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 182 m. w. N.).

d) Beim Zeichenvergleich und der unter Berücksichtung aller vorstehend bereits abgehandelten maßgeblichen weiteren Faktoren vorzunehmenden abschließenden Beurteilung, ob Verwechslungsgefahr gegeben ist oder nicht, ist der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (vgl. BGH GRUR 2008, 803 [Tz. 21] -HEITEC]).

Nachdem von einer erheblich unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen ist, hält im vorliegenden Fall die angegriffene Marke trotz Warenidentität den gebotenen Abstand noch ein. Sowohl schriftbildlich als auch klanglich bestehen zwischen den Vergleichsmarken im jeweils maßgebenden Gesamteindruck noch hinreichend deutliche Abweichungen.

Beim Zeichenvergleich nach dem maßgeblichen Gesamteindruck kommt den Faktoren bei der Zeichenbildung mehr (kennzeichnendes) Gewicht zu, welche die schutzbegründende Eigenart der Marke ausmachen, die sich aus den Abweichungen gegenüber der Sachangabe ergibt. Vorliegend fehlt bei der Widerspruchsmarke Pantozol die dritte Silbe, bei der angegriffenen Marke Panprazol dagegen die zweite Silbe der Wirkstoffangabe Pantoprazol. Außerdem unterscheiden sich die Vergleichsbezeichnungen in der Vokalfolge und darüber hinaus etwas deutlicher in der Wortstruktur und im Sprechund Betonungsrhythmus. Bei der angegriffenen Marke wirkt eher der Wortteil "prazol" als zusammengehörig, wobei der weitere Bestandteil "Pan" dann als Eingangssilbe wirkt, also wie "Panprazol", wohingegen bei der Widerspruchsmarke eher die Eingangssilben "Panto" als zusammengehörig erscheinen mit einer Schlusssilbe "zol", also wie "Pantozol".

Auf der anderen Seite weisen die Vergleichsmarken auch Übereinstimmungen auf, und zwar sind die Anfangsund die Schlusssilben jeweils identisch. Bei einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wäre dann eine relevante Markenähnlichkeit und damit das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zu bejahen. Jedoch fallen die Übereinstimmungen bei der vorgenannten Gesamtabwägung aller konkreten Fallumstände des vorliegenden Einzelfalles, insbesondere der erheblich unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in Verbindung mit den oben dargelegten Abweichungen nicht derart ins Gewicht, um eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken zu bejahen.

Erkennt der Verkehr, wie hier, dass die Vergleichsmarken in ähnlicher Weise an die Wirkstoffbezeichnung eines Arzneimittels angelehnt sind, wird er mit Blick auf die dargelegten Kennzeichnungsgewohnheiten im hier maßgebenden Arzneimittelbereich diese Vergleichsmarken auch nicht gedanklich miteinander in Verbindung bringen. Insbesondere wird der Verkehr insoweit nicht vom Vorliegen einer Markenserie ausgehen.

Eine begriffliche Verwechslungsgefahr scheidet aufgrund der Annäherung der Vergleichszeichen an den glatt beschreibenden und als solchen schutzunfähigen Wirkstoffbegriff "Pantoprazol" aus.

Die Beschwerde hat daher Erfolg.

2.

Die Rechtsbeschwerde war zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG). Der Senat hat der Beurteilung der Kennzeichnungskraft einer Widerspruchsmarke im Verhältnis zu einer ebenfalls an eine beschreibende und freihaltebedürftige Sachangabe angelehnte jüngere Marke eine von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweichende Auffassung zugrunde gelegt, wie unter Ziffer II. 1. c) ausgeführt. Diese abweichende Auffassung ist, auch entscheidungserheblich, da bei Zugrundelegung eines normalen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke nach Auffassung des Senats das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zu bejahen wäre. Zudem wirft der vorliegende Fall insoweit auch Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist daher angezeigt.

3.

Die Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen war nicht veranlasst (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Knoll Grote-Bittner Metternich Hu