VG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2020 - 3 K 18773/17
Fundstelle
openJur 2021, 16094
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 4 A 625/20
Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend hinsichtlich der Spielhalle 2 der Beigeladenen zu 1., der Spielhalle (3) der Beigeladenen zu 2. und der Spielhalle (2) der Beigeladenen zu 3. ("Härtefallerlaubnisse") in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen werden die Bescheide des Oberbürgermeisters der Beklagten ("Vollerlaubnisse") vom 3. November und vom 2. November 2017 an die Beigeladene zu 1. (Spielhalle 1, M.--straße 00) und an die Beigeladene zu 4. (Spielhalle 1, I. -C. -Platz 00) jeweils hinsichtlich ihrer Spielhallen 1 aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 3/5 und die Beklagte zu 2/5, jeweils mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selber tragen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt unter der Anschrift I. -C. -Platz 0 in N. die Spielhallen 1 und 2; am Standort I. -C. -Platz 0 betreibt sie zwei weitere Spielhallen.

Der Oberbürgermeister der Beklagten erteilte der Beigeladenen zu 1., der Betreiberin des Standortes I. -C. -Platz 00, am 2. November 2017 und der Beigeladenen zu 4., der Betreiberin des Standortes M.--straße 00, am 3. November 2017 jeweils eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für die dortige Spielhalle 1 der Beigeladenen zu 1. und der dortigen Spielhalle 1 der Beigeladenen zu 4. Im Übrigen erteilte der Oberbürgermeister jeweils sogenannte "Härtefallerlaubnisse". Der Klägerin wurde auf ihre Anträge mit Schreiben vom 26. September 2016 keine glücksspielrechtliche Erlaubnis nach § 24 GlüStV ("Vollerlaubnis") erteilt.

Die Klägerin hat daraufhin am 27. November 2017 die den Konkurrenten, den Beigeladenen im vorliegenden Verfahren, erteilten Erlaubnisse angefochten (3 K 18773/17). Gleichzeitig hat sie die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begehrt (3 L 5696/17).

Das Gericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 21. Februar 2018 abgelehnt. Auf die Beschwerde der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen diesen Beschluss mit Beschluss vom 26. November 2019 teilweise geändert (4 B 256/18). Es hat die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Fortbestand der Spielhalle 1 der Klägerin am Standort I. -C. -Platz 0 bis zu einer erneuten Bescheidung des Erlaubnisantrags der Klägerin zu dulden. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Klägerin hat des Weiteren am 13. Dezember 2017 hinsichtlich der ihr selber nicht erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnis eine weitere Klage erhoben mit dem Begehren festzustellen, dass sie für ihre Spielhallen keiner glücksspielrechtlichen Erlaubnis bedürfe, hilfsweise, über ihre entsprechenden Anträge zur Erteilung einer Erlaubnis erneut zu bescheiden (3 K 14428/17). Das erkennende Gericht hat dieses Klageverfahren mit Beschluss vom 26. November 2019 eingestellt (3 K 19428/17), nachdem die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend bezüglich der Spielhalle 1 für erledigt erklärt haben und soweit die Klägerin im Übrigen bezüglich der Spielhalle 2 die Klage zurückgenommen hat.

Die Klägerin hat ferner hinsichtlich der von ihr am Standort I. -C. -Platz 0 betriebenen zwei weiteren Spielhallen (ebenfalls) am 13. Dezember 2017 eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhoben. Über diese Klage ist noch nicht entschieden; eine mündliche Verhandlung ist auf den 7. April 2020 anberaumt (3 K 19427/17).

Die Klägerin ist vorliegend im Wesentlichen der Auffassung, dass das von der Beklagten durchgeführte Erlaubnisverfahren nicht rechtmäßig abgelaufen sei. Denn ein sachgerechtes Auswahlverfahren habe gefehlt. Diesbezüglich verweist die Klägerin auf den o.g. Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. September 2019 (4 B 256/18).

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,

1. die der Beigeladenen zu 1. (M1. Q. GmbH) mit Bescheid vom 3. November 2017 erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis für die Spielhalle 1 auf dem Grundstück M.--straße 00 in N. aufzuheben,

2. die der Beigeladenen zu 1. (M1. Q. GmbH) mit Bescheid vom 3. November 2017 erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis für die Spielhalle 2 auf dem Grundstück M.--straße 00 in N. aufzuheben,

3. die der Beigeladenen zu 4. (D. B. GmbH) mit Bescheid vom 2. November 2017 erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis für die Spielhalle 1 auf den Grundstück I. -C. -Platz 00 in N. aufzuheben,

4. die der Beigeladenen zu 3. (D. D1. GmbH) mit Bescheid vom 2. November 2017 erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis für die Spielhalle 2 auf dem Grundstück I. -C. -Platz 00 in N. aufzuheben,

5. die der Beigeladenen zu 2. (D. M2. GmbH) mit Bescheid vom 2. November 2017 erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis für die Spielhalle 3 auf dem Grundstück I. -C. -Platz 00 in N. aufzuheben.

Sie hat unter Bezugnahme auf die gerichtliche Verfügung vom 28. November 2019 zur Sach- und Rechtslage das Klageverfahren hinsichtlich der erteilten sogenannten "Härtefallerlaubnisse" an die Beigeladenen (bezüglich der Spielhalle 2 der Beigeladenen zu 1., bezüglich der Spielhalle (3) der Beigeladenen zu 2. und bezüglich der Spielhalle (2) der Beigeladenen zu 3.) für erledigt erklärt; hinsichtlich der erteilten "Vollerlaubnisse" (Spielhalle 1 der Beigeladenen zu 1. und Spielhalle (1) der Beigeladenen zu 4.) hält die Klägerin die Klage aufrecht.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

die der Beigeladenen zu 1. (Spielhalle 1, M.--straße 00 in N. ) und der Beigeladenen zu 4. (Spielhalle 1, I. -C. -Platz 00 in N. ) erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnisse vom 3. November und vom 2. November 2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf ihre Bescheide und weist darauf hin, dass von ihr eine rechtmäßige Auswahlentscheidung getroffen worden sei.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand und insbesondere hinsichtlich der von den Beteiligten vorgebrachten Ansichten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der eingereichten Unterlagen und Schriftsätze der Klägerin, der Schriftsätze der Beklagten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und auf den Inhalt der Gerichtsakte 3 L 5696/17 Bezug genommen.

Die Klägerin hat sich im Übrigen zusätzlich zu ihren o.g. Erledigungs- und Rücknahmeerklärungen mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die Beklagte und die Beigeladenen haben hinsichtlich der erklärten Erledigung ebenfalls die Hauptsache für erledigt und sich im Übrigen ebenfalls mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Gründe

Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter der Kammer als Einzelrichter, da ihm die Kammer mit Beschluss vom 25. November 2019 den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen hat (§ 6 VwGO).

Die Entscheidung ergeht hinsichtlich des noch streitigen Teils ohne mündliche Verhandlung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO, da diesbezüglich alle Beteiligten schriftsätzlich ihr Einverständnis in eine solche Entscheidung erteilt haben.

Hinsichtlich des erledigten Teils der Klage konnte das Verfahren deklaratorisch eingestellt werden.

Im Übrigen ist die zulässige Klage gegen die den Beigeladenen zu 1. und 4. jeweils bezüglich der für die beiden Spielhallen 1 erteilten glücksspielrechtlichen Erlaubnisse des Oberbürgermeisters der Beklagten begründet.

Die den beiden Beigeladenen erteilten Erlaubnisse sind nämlich rechtswidrig und verletzten die Klägerin dadurch in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Denn das von der Beklagten zu Lasten der Klägerin durchgeführte (Auswahl-) Verfahren erweist sich als ermessensfehlerhaft.

Gemäß § 24 Abs. 1 GlüStV i.V.m. § 16 Abs. 2 AG GlüStV NRW bedürfen die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle einer Erlaubnis. Nach § 25 Abs. 1 GlüStV ist zwischen Spielhallen ein Mindestabstand einzuhalten. Dieser soll nach § 16 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz AG GlüStV NRW 350 Meter Luftlinie nicht unterschreiten. Die Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, ist ausgeschlossen.

Seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u. a. - ist verfassungsrechtlich geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt, das Verbundverbot mehrerer Spielhallen und das Abstandsgebot des Glücksspielstaatsvertrags verfassungsgemäß sind.

Vgl. so auch: OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Juni 2017 - 4 B 307/17 -, juris, Rn. 17 ff. und 11. Januar 2018 - 4 B 1375/17 -, juris, Rn. 13.

Die genannten Regelungen sind ebenfalls unionsrechtlich nicht zu beanstanden; sie verstoßen insbesondere nicht gegen das "Kohärenzgebot". Die Belange der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV) und des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV) sind ebenso wie die Begrenzung des Glücksspielangebots und die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) zwingende Gründe des Allgemeininteresses, die eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen können. Dass verschiedene Glücksspielformen unterschiedlichen Regelungen unterworfen sind, ändert nichts daran, dass der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums Bestimmungen gewählt hat, die ein insgesamt kohärentes Konzept der Spielsuchtbekämpfung verfolgen. Durch die strengere Reglementierung des gewerblichen Glücksspiels soll gerade den Anforderungen an eine systematische und kohärente Normierung des gesamten Glücksspielbereichs Rechnung getragen werden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juni 2017 - 4 B 307/17 -, juris, Rn. 21 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2015 - OVG 1 B 5.13 -, juris, Rn. 160.

Wird der somit anwendbare gesetzlich festgelegte Mindestabstand zwischen den Spielhallen eingehalten, haben die Spielhallenbetreiber grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis. Unterschreiten die Spielhallen den Mindestabstand, hat die Behörde die Möglichkeit entsprechend § 16 Abs. 3 Sätze 1, 3 AG GlüStV NRW von der Maßgabe zum Mindestabstand abzuweichen. Allerdings liegt durch die gesetzliche Formulierung, dass der Mindestabstand nicht unterschritten werden "soll" und die Behörde von diesem abweichen "darf", eine durch den Landesgesetzgeber intendierte Entscheidung vor. Macht die Behörde von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch oder unterschreiten dennoch Spielhallen den Mindestabstand zueinander, ist eine Auswahlentscheidung zu treffen. Bei dieser Auswahlentscheidung gebietet es die Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber, dass sich die Behörde zunächst eines Verteilmechanismus bedient, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermöglicht. Nur soweit danach noch verschiedene Auswahlmöglichkeiten verbleiben, hat die Behörde zwischen diesen Spielhallen eine komplexe Abwägungsentscheidung zu treffen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u. a. -, juris, Rn. 185 f.

Eine solche Abwägungsentscheidung muss anhand sachlich gerechtfertigter Gründe getroffen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen, dass bei der Auswahlentscheidung die mit der Neuregelung verfolgten und in § 1 GlüStV, § 1 AG GlüStV NRW niedergelegten Ziele zu beachten sind sowie den individuellen Rechtspositionen der Spielhallenbetreiber zureichend Rechnung zu tragen ist. Aus diesem Grund ist nicht zu beanstanden, wenn die Behörde in einer Auswahlentscheidung darauf abstellt, welcher Spielhallenbetreiber die vorgenannten Ziele prognostisch am ehesten erreichen wird. Es bedarf insoweit, wie in Auswahlverfahren üblich, einer weiteren Ausschärfung der Leistungskriterien durch die Behörde.

Vgl. VG Saarland, Beschluss vom 22. Juni 2018 - 1 L 722/18 -, juris, Rn. 31; a. A. OVG Saarland, Beschluss vom 20. Dezember 2018 - 1 B 265/18 -, juris, Rn. 18 ff, wonach qualitative Aspekte der Betriebsführung berücksichtigt werden dürfen, aber Verfehlungen erst beachtlich sind, wenn diese als Ordnungswidrigkeiten gelistet sind; nach dem Hessischen VGH, Beschluss vom 27. September 2018 - 8 B 432/18 -, juris, Rn. 42 ff., ist die Qualität der Betriebsführung kein geeignetes Auswahlkriterium.

Ebenso kann auf das schutzwürdige Vertrauen der Spielhallenbetreiber in Anknüpfung an den Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis nach § 33i GewO abgestellt werden. Die herangezogenen Kriterien bedürfen sodann eine aus der Auswahlentscheidung ersichtlichen Gewichtung. Aufgrund der geforderten Abwägung ist das Heranziehen und Berücksichtigen eines einzigen Kriteriums unzureichend.

Für den Fall des negativen Ausgangs der Auswahlentscheidung hat der Gesetzgeber in § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV zur Vermeidung einer unbilligen Härte eine Befreiung von den Anforderungen des Verbots von Mehrfachkomplexen und den Abstandsgeboten für einen angemessenen Zeitraum ermöglicht. Dadurch können besondere persönliche und wirtschaftliche Umstände berücksichtigt werden, aus denen die Verpflichtung zu einer Betriebsaufgabe aus von der Berufsfreiheit (oder der Eigentumsfreiheit) geschützten Gründen unverhältnismäßig wäre.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2018 - 4 B 179/18 -, juris, Rn. 38.

Die anhand der vorstehend dargelegten Parameter zu treffende Auswahlentscheidung ist eine (nur) nach Maßgabe des § 114 VwGO der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegende Ermessensentscheidung der Behörde.

Vgl. zu den obigen Erwägungen aktuell und in Fortsetzung der Kammerrechtsprechung: VG Düsseldorf, Urteil vom 21. Januar 2019 - 3K 2041/19 -.

Den oben dargestellten Anforderungen wird die von dem Oberbürgermeister der Beklagten getroffene Auswahlentscheidung nicht gerecht.

Denn dieser musste vorliegend eine komplexe Abwägungsentscheidung treffen. Aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten konnte er keinen Verteilmechanismus, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermöglicht, wählen. Denn die Spielhalle der Klägerin und die der Beigeladenen stehen tatsächlich in einem Konkurrenzverhältnis, da sie das Mindestabstandsgebot von 350 Metern zueinander nicht einhalten und die Beklagte insoweit auch keine vom Mindestabstand abweichende Entscheidung nach § 16 Abs. 3 Sätze 1, 3 AG GlüStV NRW zugunsten der Beigeladenen getroffen hat.

Die von der Beklagten der Abwägungsentscheidung zugrunde gelegten Kriterien erweisen sich nur insoweit als sachgerecht, als sie sich an den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages orientieren. Allerdings ist die bei Beachtung dieser Kriterien getroffene Entscheidung nicht nachvollziehbar, da es an einer konkreten vergleichenden Betrachtung der konkurrierenden Spielhallen sowie einer Gewichtung der jeweils zu berücksichtigenden Merkmale fehlt.

Der Entscheidung der Beklagten ist nicht in sachgerechter Weise zu entnehmen, aus welchem Grund die Spielhalle der Klägerin gegenüber den konkurrierenden Spielhallen der Beigeladenen unterlegen war. Die Beklagte begründet ihre Auswahlentscheidung nämlich unzutreffenderweise allein mit der von ihr zugrunde gelegten Konkurrenzsituation in der N1. Innenstadt. Diese Auswahl der insgesamt drei als "Anker" ausgewählten Spielhallen in der N1. Innenstadt (M.--straße 00 im westlichen, I. -C. -Platz 00 im östlichen und einer weiteren Halle in der F. Straße 000 im nördlichen Innenstadbereich) begegnet bereits deswegen erheblichen Bedenken, weil deren Auswahl völlig intransparent bleibt und bereits deswegen als nicht sachgerecht erscheint. Aus den Verwaltungsvorgängen und der Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 13. Dezember 2017 (sowie in weiteren anhängig gewesenen Verfahren vor der Kammer) ergeben sich keine ausreichenden tatsächlichen und belastbaren sowie tragfähig begründeten Gründe hierfür. Ferner sind nach Aussage der Beklagten in anderen gerichtlichen Verfahren auch keine weiteren tauglichen Unterlagen vorhanden.

Jedenfalls wäre es geboten gewesen, konkrete einzelfallbezogene sachliche Feststellungen bezüglich der konkurrierenden Spielhallen der Klägerin und der Beigeladenen zu treffen und sich anschließend mit diesen in der Sache auseinander zu setzen sowie nachvollziehbar zu dokumentieren, dass und wie diesbezüglich eine Abwägung im Rahmen einer Auswahlentscheidung erfolgt ist. Denn (wie bereits dargestellt) kann die Beklagte im Rahmen einer solchen Entscheidung diejenige Spielhalle auswählen, die die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages voraussichtlich am besten erfüllen wird. Dies muss sie allerdings in ihrer Entscheidung zum Ausdruck bringen und das gefundene Ergebnis unter Darstellung des wesentlichen Abwägungsvorgangs begründen. Dabei hat sie beziehungsweise schon im Vorfeld auch allgemeine Zuverlässigkeitserwägungen anzustellen sowie insbesondere die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 5 AG GlüStV NRW zu berücksichtigen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. August 2018 - 4 B 441/18 - und vom 27. Juni 2018 - 4 B 537/18 -, jeweils juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 22. Juni 2019 - 3 K 7468/18 -.

Dabei kann eine Entscheidung auch auf den Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis nach § 33i GewO gestützt werden. Dieses Kriterium kann, da es letztlich als Anknüpfungspunkt für das berücksichtigungsfähige schutzwürdige Vertrauen dient, allerdings nur im Vergleich zwischen denjenigen herangezogen werden, die bereits vor Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages eine Erlaubnis nach § 33i GewO erhalten haben und denjenigen, denen eine solche erst danach erteilt worden ist. Denn die, die erst nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages eine Erlaubnis nach § 33i GewO erhalten haben, können sich nicht auf ein geschütztes Vertrauen auf einen weiteren Bestand ihrer Spielhalle berufen. Dieser Betrachtungsweise steht auch nicht die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. April 2017 - 8 C 16/16 - zur betriebsbezogenen Auslegung der Übergangsfristen in § 29 Abs. 4 GlüStV entgegen. Denn diese resultiert aus dem Wortlaut der Regelung sowie dem Gesichtspunkt, dass die Investitionen des Altbetreibers nicht entwertet werden sollten. Dieser Aspekt ist hingegen bei der Auswahlentscheidung, bei der das Vertrauen auf einen weiteren Bestand der Spielhalle und der damit einhergehenden Möglichkeit der Amortisierung getätigter Investitionen berücksichtigt werden kann, nicht von Bedeutung. Vielmehr konnte derjenige, der eine Spielhalle nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages übernommen hat, kein dementsprechendes schutzwürdiges Vertrauen aufbauen.

Vorliegend hätte jedenfalls nicht einfach so wie hier der Beigeladenen eine glücksspielrechtliche Erlaubnis erteilt werden dürfen.

Vgl. so bereits für den Innenstadtbereich der Beklagten: VG Düsseldorf, Urteil vom 10. September 2019, u.a. - 3 K 19110/17 (n. rk.).

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat darüber hinaus bezüglich der Auswahlpraxis der Beklagten in seinem o.g. Beschluss vom 26. September 2019 - 4 B 256/18 - ausgeführt:

"b) Die Ablehnung des Antrags der Antragstellerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis wird sich im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtswidrig erweisen.

Die Spielhalle der Antragstellerin unterschreitet den Mindestabstand aus §§ 25 GlüStV, 16 Abs. 3 Satz 1 AG GlüStV NRW von 350 m Luftlinie zu mehreren anderen Spielhallen. In derartigen Konkurrenzsituationen bedarf es einer Auswahlentscheidung, deren wesentliche Parameter sich dem Gesetz auch in Nordrhein-Westfalen noch in hinreichendem Maße entnehmen lassen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8.6.2017 - 4 B 307/17 -, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn. 51, vom 18.7.2018 - 4 B 179/18 -, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn. 30, 42, vom 16.8.2019 - 4 B 659/18 -, juris, Rn. 55 ff., und vom 14.6.2019 - 4 B 1488/18 -, juris, Rn. 14 ff., 23; BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 u. a. -, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 184 ff.

Diese von der Behörde zu treffende Auswahlentscheidung ist eine Ermessensentscheidung, die nach Maßgabe des § 114 VwGO der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (nur) daraufhin unterliegt, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 40 VwVfG NRW).

Vgl. OVG Saarl., Beschluss vom 13.12.2018 -1 B 311/18 -, juris, Rn. 41 ff.

Die in die Auswahlentscheidung einzustellenden Kriterien (Auswahlparameter) lassen sich dem Gesetz entnehmen und wurden durch die die Behörde bindenden Erlasse des Ministeriums für Inneres (und Kommunales) näher konturiert (unten aa). Die danach in der Auswahlentscheidung auch zu berücksichtigenden Ziele des § 1 GlüStV erfordern einen Vergleich der konkurrierenden Bewerber daraufhin, wer besser geeignet ist, die Förderung der Ziele des Staatsvertrags zu gewährleisten. Unterschiede zwischen den Bewerbern können insbesondere bezogen darauf vorliegen, in welchem Maße von den Betreibern materielle Anforderungen an die Betriebsführung erfüllt werden (unten bb). Ergibt der Vergleich der konkurrierenden Bewerber, dass ein Spielhallenbetreiber besser Gewähr für die Förderung der Ziele des Staatsvertrags als die Konkurrenten bietet, ist die Auswahl eines dieser Konkurrenten allein wegen seiner Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteressen sachwidrig. Denn bei der Auswahlentscheidung sind nach dem Zweck der Ermächtigung die (dauerhaft anzustrebenden) Ziele des § 1 GlüStV gegenüber Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteressen, denen im Rahmen von Härtefallentscheidungen (nur vorübergehend) Rechnung getragen werden kann, jedenfalls nicht nachrangig (unten cc). Ausgehend hiervon erweist sich die Entscheidung der Antragsgegnerin bereits deshalb als fehlerhaft, weil sie die Antragstellerin wegen fehlenden Vertrauensschutzes in das Auswahlverfahren von vornherein nicht einbezogen hat. Hierdurch hat die Antragsgegnerin die Erfüllung der Ziele des § 1 GlüStV gegenüber Vertrauensschutzinteressen zumindest als nachrangig, wenn nicht sogar als unbeachtlich angesehen. Dies ist auch nicht im Ergebnis unschädlich, weil sich derzeit nicht absehen lässt, dass die Antragstellerin bei einer Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats mit Sicherheit unberücksichtigt bleiben würde (unten dd).

aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass sich nach der Klärung durch das Bundesverfassungsgericht die wesentlichen Parameter der Auswahlentscheidung in Konkurrenzsituationen zwischen Spielhallen, auch in Nordrhein-Westfalen dem Gesetz noch in hinreichendem Maße entnehmen lassen und zudem durch die die Behörde bindenden Erlasse des Ministeriums für Inneres (und Kommunales) näher konturiert werden. Insbesondere kann im Rahmen der Auswahl zunächst auf die Regelung zur Härtefallbefreiung nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV zurückgegriffen werden. Die ohnehin geforderte Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber gebietet auch ohne ausdrückliche gesetzliche Präzisierung, dass die zuständigen Behörden sich eines Verteilmechanismus bedienen, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermöglicht. Das gilt auch, sofern bei der erforderlichen Auswahlentscheidung zusätzlich Erlaubnisanträge neu in den Markt eintretender Bewerber einzubeziehen sind, wobei grundrechtsrelevante Positionen der Betreiber von Bestandsspielhallen zu berücksichtigen bleiben. Dazu zählt etwa die Amortisierbarkeit von Investitionen. Zudem ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung in § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, dass bereits bei der Auswahlentscheidung die mit der Neuregelung verfolgten Ziele des § 1 GlüStV zu beachten sind und bei Bestandsspielhallen überdies der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gemäß § 33i GewO zu berücksichtigen ist. Diese gesetzlichen Vorgaben sind ergänzend durch über das Internet allgemein zugängliche Ministerialerlasse vom 10.5.2016 und 6.11.2017 näher konturiert worden, die weitere Hinweise zu den heranzuziehenden Kriterien enthalten und der Ausübung des Ermessens durch die hieran gebundenen Behörden zusätzliche Grenzen setzen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.8.2019 - 4 B 659/18 -, juris, Rn. 55 f., und vom 14.6.2019 ‒ 4 B 1488/18 ‒, juris, Rn. 14 ff., jeweils m. w. N. und unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 ‒ 1 BvR 1314/12 u. a. ‒, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 179 ff., 182 ff.

bb) Die in der Auswahlentscheidung zu berücksichtigenden Ziele des § 1 GlüStV erfordern einen Vergleich der konkurrierenden Spielhallen daraufhin, welche besser geeignet ist, die Ziele des Staatsvertrags zu erreichen. Ausgangspunkt für diese Beurteilung muss sein, inwieweit sich Unterschiede zwischen den Spielhallen oder ihren Betreibern auf die Erreichung/Förderung der Ziele der Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV), der Kanalisierung und Begrenzung des Glücksspielangebotes (§ 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV), des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Satz 1 Nr. 3 GlüStV) sowie der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Spiels und des Schutzes vor Kriminalität (§ 1 Satz 1 Nr. 4 GlüStV) auswirken (können).

Solche Unterschiede können sich insbesondere aus Besonderheiten des Umfeldes des jeweiligen Standorts oder aus der Art der zu erwartenden Betriebsführung der einzelnen Betreiber ergeben. Hierbei ist etwa maßgeblich, inwieweit prognostisch von einem rechtstreuen Verhalten des Spielhallenbetreibers auszugehen ist, also von der Einhaltung von Vorschriften, die gerade die Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV sicherstellen sollen. Vorgaben für die Betriebsführung, durch die der Gesetzgeber die abstrakten Zielvorgaben des § 1 GlüStV konkretisiert hat, finden sich insbesondere in den Vorschriften, auf die der Landesgesetzgeber in § 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 AG GlüStV NRW Bezug genommen hat. Das sind die Jugendschutzanforderungen nach § 4 Abs. 3 GlüStV, das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV, die Werbebeschränkungen nach § 5 GlüStV, die Anforderungen an das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV und die Anforderungen an die Aufklärung über Suchtrisiken nach § 7 GlüStV. Der Glücksspielstaatsvertrag selbst fordert in § 6 Satz 2 GlüStV zudem, dass die Vorgaben des Anhangs zum Glücksspielstaatsvertrag "Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht" von den Spielhallenbetreiber zu erfüllen sind. Auch in diesen Richtlinien finden sich qualitative Anforderungen an die Betriebsführung.

Weitere Kriterien für die Bewertung der Betriebsführung lassen sich zudem den die Behörden verbindlichen Erlassen vom 10.5.2016 und 6.11.2017 des Ministeriums für Inneres (und Kommunales) des Landes Nordrhein-Westfalen entnehmen. Im Erlass vom 10.5.2016 wird auf Seite 10 ausgeführt, die Ordnungsbehörden hätten in den Fällen konkurrierender Spielhallen zu prüfen, gegen welchen Betreiber ordnungsrechtlich vorzugehen sei. Diese Aussage ist zwar im rechtlichen Ausgangspunkt irreführend, weil in einer Konkurrenzsituation mehrerer Spielhallenbetreiber nach den gesetzlichen Vorgaben keine an dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr auszurichtende Störerauswahl, sondern eine an den dem Glücksspielstaatsvertrag zu entnehmenden Kriterien, wozu auch § 1 GlüStV gehört, zu orientierende Auswahlentscheidung zu treffen ist. Gleichwohl lassen sich dem Erlass in Gestalt der dort aufgeführten Zuverlässigkeitskriterien Gesichtspunkte entnehmen, die Einfluss auf die Erreichung der Ziele des Staatsvertrags haben können und deshalb ‒ auch nach den Vorstellungen des Erlassgebers ‒ bei der im Rahmen der erforderlichen Auswahl vorzunehmenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sein können. Exemplarisch werden in dem Erlass insofern benannt: Die gesetzliche Einhaltung der Vorgaben zu äußerer und innerer Gestaltung der Spielhalle, die Einhaltung baurechtlicher Anforderungen, keine unerlaubten Glücksspiele, die Einhaltung und sichtbare Ausweisung gesetzlich vorgeschriebener Öffnungszeiten, gültige PTB-Prüfplakette sichtbar vorhanden, Übereinstimmung der tatsächlichen Flächen mit § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV, keine illegalen Unterhaltungsspielgeräte, keine Sportwettenterminals vorhanden, keine unerlaubten EC-Kartenautomaten und keine internetfähigen Computer im Betrieb vorhanden.

Die Absicht des Ministeriums, die in § 1 GlüStV niedergelegten Ziele in Form von Anforderungen an den Betrieb der Spielhalle zu konkretisieren, um sie als Auswahlparameter in einer Konkurrenzsituation anwendbar zu machen, geht noch deutlicher aus dem Erlass vom 6.11.2017 hervor. Das Ministerium weist in diesem Erlass darauf hin, es entspreche nicht der Intention des Gesetzgebers, dass Spielhallen, die sich von anderen Spielhallen in Bezug auf Rechtstreue qualitativ positiv abhöben, ihren Betrieb ohne weiteres einstellen müssten. Der Gesetzgeber habe in § 33i GewO und § 16 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 Nr. 1 und 2 lit. a) bis e) AG GlüStV NRW gewerbe- und glücksspielrechtliche Vorgaben - auch solche qualitativer Art - statuiert, die von dem Betreiber einer Spielhalle - losgelöst von den rein quantitativen Kriterien des Verbots der Mehrfachkonzession und des Mindestabstandsgebots und unabhängig von einem etwaigen Härtefall - erfüllt werden müssten, um eine Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle zu er- und behalten. Im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für eine Erlaubniserteilung sei auf die Erfüllung und dauerhafte Einhaltung dieser gesetzlichen Mindestanforderungen auch im Verhältnis zu räumlich benachbarten Spielhallen zu achten. Der Erlass vom 10.5.2016 eröffne für den Fall nicht anders auflösbarer Konkurrenzsituationen die Möglichkeit, in die Ermessensentscheidung, welche der konkurrierenden Spielhallen eine Erlaubnis erhält, mit Blick auf die vom Gesetzgeber gewünschte Qualitätsorientierung auch qualitative Kriterien einfließen zu lassen. Damit fordert der Erlass im Einklang mit dem an den Zielen des Staatsvertrags ausgerichteten Zweck der gesetzlichen Regelung im Rahmen einer Auswahlentscheidung gerade einen Vergleich konkurrierender Spielhallenbetreiber zumindest auch anhand qualitativer Kriterien.

Der Bewertung, in welchem Maße von den konkurrierenden Spielhallen oder Betreibern materielle Anforderungen an die Betriebsführung erfüllt werden, und die Berücksichtigung von etwaigen Unterschieden in der Auswahlentscheidung steht nicht entgegen, dass die Erfüllung materieller Anforderungen ohnehin Voraussetzung für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis ist.

Allerdings ist nach §§ 24 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 AG GlüStV NRW eine glücksspielrechtliche Erlaubnis zu versagen, wenn die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderläuft bzw. die Einhaltung der in § 16 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 AG GlüStV NRW genannten Anforderungen nicht sichergestellt ist. Hierdurch wird gewährleistet, dass die Spielhallen, die den qualitativen Kriterien nicht genügen, aus der Auswahl ausscheiden. Die die Anforderungen erfüllenden Spielhallen stehen insoweit auf einer Stufe.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 - 8 C 6.15 -, BVerwGE 157, 126 = juris, Rn. 55.

Ausgehend hiervon mag es dem Landesgesetzgeber offen stehen, durch ausdrückliche gesetzliche Anordnung zu bestimmen, dass (etwa aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität) in der Auswahlentscheidung durch die Behörde nicht weiter zu bewerten ist, inwieweit zwischen den die Erlaubnisvoraussetzungen beachtenden, insoweit auf einer Stufe stehenden, Bewerbern, Unterschiede vorliegen, die sich auf die Erreichung bzw. Förderung der Ziele des § 1 GlüStV auswirken können.

Vgl. dies annehmend Hmb. OVG, Beschluss vom 9.7.2018 - 4 Bs 12/18 -, ZfWG 2018, 449 = juris, Rn. 104, juris, für das dortige Landesrecht; zum Losverfahren nach dem Berliner Landesrecht BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 - 8 C 6.15 -, BVerwGE 157, 126 = juris, Rn. 54 f.

Im nordrheinwestfälischen Landesrecht findet sich aber gerade keine derartige Regelung. Schon deshalb verbleibt es dabei, dass nach den gesetzlichen Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags, wie sie durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts festgestellt wurden, nach dem Rechtsgedanken aus § 29 Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 2 GlüStV auch die Ziele des § 1 GlüStV, die durch weitere Vorschriften und Ministerialerlasse konkretisiert werden können, bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen sind. Ein dem Vergaberecht vergleichbar gestuftes Verfahren, in dem auf der ersten Stufe Eignungskriterien zu erfüllen sind, die bei der Auswahl auf der zweiten Stufe dann nicht mehr zur Differenzierung herangezogen werden dürfen, hat der Gesetzgeber für konkurrierende Spielhallen gerade nicht vorgesehen.

Vgl. OVG Saarl., Beschluss vom 13.12.2018 - 1 B 311/18 -, juris, Rn. 23 ff.; a. A.: Hess. VGH, Beschluss vom 27.9.2018 - 8 B 432/18 -, ZfWG 2018, 572 = juris, Rn. 41 ff.; Rn. 18; Sächs. OVG, Beschluss vom 22.12.2017 - 3 B 320/17 -, ZfWG 2018, 272 = juris, Rn. 18.

Eine Differenzierung der Bewerber danach, in welchem Maße sie materielle Anforderungen erfüllen, ist auch tatsächlich möglich. So kommt beispielsweise in Betracht, dass ein Spielhallenbetreiber gegen bestimmte materiellen Anforderungen (zeitweise) verstoßen hat, ohne dass dies die Versagung der Erlaubnis rechtfertigen würde, obwohl auch künftig mit entsprechenden oder ähnlichen geringfügigen Verstößen zu rechnen ist. Dennoch kann sich hierdurch nachvollziehbar ergeben, dass er im Vergleich zu einem stets ohne Beanstandungen tätig gewordenen Spielhallenbetreiber weniger die Gewähr für ein rechtstreues an der Suchtprävention ausgerichtetes Verhalten bietet. Andererseits ist auch denkbar, dass zwar bei keinem der konkurrierenden Betreiber Beanstandungen festzustellen sind, ein Bewerber die gesetzlichen Anforderungen, insbesondere soweit sie unmittelbar auf die Suchtbekämpfung bezogen sind, im Vergleich zu den anderen Bewerbern deutlich übererfüllt und deshalb vorzuziehen ist. Diese Betrachtungsweise liegt wie ausgeführt auch den Vorgaben der erwähnten Ministerialerlasse zugrunde.

Gegen einen Vergleich der konkurrierenden Bewerber daraufhin, in welchem Maße materielle Anforderungen an den Betrieb der Spielhalle erfüllt werden, spricht auch nicht, dass durch sie die Gruppe der in räumlicher Konkurrenz zueinander stehenden, eine (Weiterbetriebs-) Erlaubnis begehrenden Bestandsspielhallen höhere Anforderungen erfüllen muss als die Gruppe anderer eine Erlaubnis begehrender Bestandsspielhallenbetreiber, die wegen ihrer Lage das Abstandsgebot (zufällig) einhält.

Vgl. so aber Hess. VGH, Beschluss vom 27.9.2018 - 8 B 432/18 -, ZfWG 2018, 572 = juris, Rn. 43; Hamb. OVG, Beschluss vom 9.7.2018 - 4 Bs 12/18 -, ZfWG 2018, 449 = juris, Rn. 105 f.

Denn zwischen den beiden Gruppen liegt schon keine vergleichbare Situation vor, die eine Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG erfordern würde. Der maßgebliche Unterschied besteht gerade darin, dass die eine Gruppe das Abstandsgebot nicht einhält, was eine Auswahlentscheidung notwendig macht.

Im Übrigen belegen auch andere Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags zu glücksspielrechtlichen Konzessionen, dass im Glücksspielrecht nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nach der Feststellung der persönlichen Zuverlässigkeit eine weitere Differenzierung im Hinblick auf die Geeignetheit zur Erfüllung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags möglich ist. Denn § 4a Abs. 4 Nr. 1 lit. b) GlüStV sieht vor, dass eine Konzession nur erteilt werden darf, wenn der Konzessionsnehmer und die von ihm beauftragten verantwortlichen Personen die für die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele erforderliche Zuverlässigkeit und Sachkunde besitzen und die Gewähr dafür bieten, dass die Veranstaltung ordnungsgemäß und für die Spieler sowie die Erlaubnisbehörde nachvollziehbar durchgeführt wird. Für die Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern fordert § 4b Abs. 5 GlüStV dann aber weiter die Beurteilung, welcher Bewerber nach Beurteilung der zuständigen Behörde am besten geeignet ist, bei der Veranstaltung von öffentlichen Glücksspielen die Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV, insbesondere den Schutz der Spieler und der Jugendlichen, zu gewährleisten (Nr. 1), weitgehende Informations-, Einwirkungs- und Kontrollbefugnisse der zuständigen Behörden sicherzustellen (Nr. 2), seine nachhaltige finanzielle Leistungsfähigkeit nachzuweisen (Nr. 3), einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten (Nr. 4) und eine Erfüllung der Abgabenpflichten zu gewährleisten (Nr. 5). Im Auswahlverfahren für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Konzession sind also qualitative Kriterien im Auswahlverfahren zu prüfen, auch wenn diese bereits Gegenstand der Prüfung der Zuverlässigkeit sind. Gründe, warum dies bei der Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle anders sein sollte, obwohl auch hierdurch die Ziele des Staatsvertrags erfüllt werden sollen, sind nicht ersichtlich.

cc) Ergibt der Vergleich der konkurrierenden Anträge, dass eine Spielhalle oder ein Betreiber besser für die Förderung der Ziele des Staatsvertrags Gewähr bietet als die Konkurrenten, ist die Auswahl eines dieser Konkurrenten allein wegen seiner Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteressen sachwidrig. In die Auswahlentscheidung sind die Ziele des § 1 GlüStV gegenüber Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteressen jedenfalls nicht nachrangig einzustellen. Dies ergibt sich bereits aus den Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags selbst. Zudem ist diese relative Gewichtung mit Blick auf verfassungs- und unionsrechtlichen Vorgaben geboten und damit auch bei der Ermessensentscheidung notwendig zu beachten.

Für die relative Gewichtung von Bestandsschutz- und Vertrauensschutzgesichtspunkten gegenüber den Zielen des § 1 GlüStV ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bereits mit der fünfjährigen Übergangsfrist in § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV die regelmäßig eintretenden wirtschaftlichen Nachteile bei den Betreibern von Spielhallen erfassen und diesen innerhalb der großzügig bemessenen Übergangsfrist einen schonenden Übergang zu den strengeren Reglungen des Staatsvertrags und die Entwicklung alternativer Geschäftsmodelle ermöglichen wollte.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.1.2019 - 4 B 1333/18 -, ZfWG 2019, 181 = juris, Rn. 32.

Da durch den fünfjährigen Übergangszeitraum dem Bestands- und Vertrauensschutz im Grundsatz ausreichend Rechnung getragen wurde,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 ‒ 1 BvR 1314/12 u. a. ‒, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 179 ff., 188 ff.,

haben diese Interessen gegenüber den Zielen des § 1 GlüStV bereits im Ausgangspunkt ein geringeres Gewicht. Die Regelung des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV lässt zwar auch nach dem fünfjährigen Übergangszeitraum eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen des § 24 Abs. 2 sowie § 25 GlüStV zu, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist. Die Befreiung ist aber nur für einen angemessenen Zeitraum, also vorübergehend, zuzulassen und nur unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 GlüStV. In der Begründung des Staatsvertrags wird hierzu ausgeführt, dass die Befreiung auf den Zeitraum zu beschränken sei, der erforderlich sei, um unzumutbaren Belastungen Rechnung zu tragen, ohne aber die mit §§ 24 und 25 GlüStV verfolgten Allgemeinwohlinteressen auf Dauer zurückzustellen.

Vgl. Begründung zu § 29 GlüStV, abgedruckt etwa in Bay. LT-Drs. 16/11995, S. 32, sowie in Nds. LT-Drs. 16/4795, S. 94.

Können Bestandsschutz- und Vertrauensschutzgesichtspunkte bei unzumutbaren Belastungen eine Erlaubniserteilung aber nur für einen angemessenen (begrenzten) Zeitraum rechtfertigen, wäre es sachwidrig, gestützt auf diese Kriterien einen im Hinblick auf die Erfüllung der Ziele des § 1 GlüStV vorzuziehenden Bewerber abzulehnen. Folge einer solchen Auswahlentscheidung wäre es nämlich, dass der sich auf Bestands- bzw. Vertrauensschutzgesichtspunkte berufene Betreiber aller Voraussicht nach den unterlegenen Konkurrenten nicht nur für einen angemessenen Zeitraum, sondern dauerhaft verdrängen würde. Denn der unterlegene Bewerber müsste sein Geschäft wegen des Mindestabstandsgebots aufgeben. Die Annahme, dass er zu einem späteren Zeitpunkt, nach Ablauf der vorübergehend erteilten Härtefallerlaubnis durch den Konkurrenten, dann erneut versuchen würde, an diesem Standort den Betrieb seiner Spielhalle wieder aufzunehmen, geht an der Lebenswirklichkeit schon deshalb vorbei, weil die Räumlichkeiten zwischenzeitlich regelmäßig einer anderen Nutzung zugeführt werden. Die durch den Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Allgemeininteressen würden demnach entgegen der erklärten Zielrichtung des Staatsvertrags nicht nur für einen angemessenen Zeitraum, sondern regelmäßig dauerhaft zurückgestellt.

Eine vorrangige Betrachtung von Bestandsschutzinteressen in der Auswahlentscheidung lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass so insgesamt weniger Spielhallen eine Erlaubnis erhalten würden, also das ebenfalls in § 1 GlüStV zu verortende Ziel der Reduzierung der Spielhallendichte gefördert würde.

Vgl. so aber VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.4.2018 - 6 S 2250/17 -, ZfWG 2018, 319 = juris, Rn. 8 f.

Zwar ist es im Ausgangspunkt zutreffend, dass die nur nachrangige Betrachtung von Bestandsschutz- und Vertrauensschutzgesichtspunkten in der Auswahlentscheidung die Anzahl an Spielhallen vorläufig weniger stark reduzieren würde. Wenn hierdurch Spielhallenbetreiber, die Anspruch auf eine Härtefallerlaubnis haben, im Auswahlverfahren nicht schon deswegen dauerhaft ausgewählt würden, müssten sie anschließend trotz Verletzung des in § 16 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 AG GlüStV NRW festgelegten Mindestabstands aus Härtefallgründen unter Inanspruchnahme einer Befreiung nach §§ 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV (zusätzlich) zugelassen werden. Eine solche Folge träte aber nur zeitweilig ein, sie bestünde ausschließlich für den angemessenen Zeitraum, der zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist. Die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags werden aber langfristig besser gefördert, wenn nach Ablauf des Härtefallzeitraums der qualitativ bessere Spielhallenstandort bestehen bleibt.

Vgl. Kläner, ZfWG 2018, 378, 381 f.

Der zur Erreichung der Ziele des Staatsvertrags besser geeignete Standort oder Spielhallenbetreiber würde jedoch, wie ausgeführt, bei der vorrangigen Berücksichtigung von Härtefallinteressen voraussichtlich dauerhaft verdrängt werden. Die vorrangige Berücksichtigung der Ziele des § 1 GlüStV in der Auswahlentscheidung ist im Übrigen auch im Hinblick auf Neubewerber geboten, die einen Anspruch auf Einbeziehung in die Auswahlentscheidung haben. Dies gilt umso mehr für Betreiber von Bestandsspielhallen, die wie die Antragstellerin keine Härtegründe geltend machen können. Der Vorrang von Bestandsschutz- und Vertrauensschutzgesichtspunkten würde jedoch nicht nur Neubewerber, sondern auch Bestandsspielhallen, für die keine außergewöhnlichen Vertrauensschutzgesichtspunkte sprechen, in Konkurrenzlagen von der Auswahlentscheidung faktisch auf lange Sicht ausschließen.

Die jedenfalls nicht nachrangige Berücksichtigung der Ziele des § 1 GlüStV bei der Auswahlentscheidung ergibt sich mangels einer vertretbaren abweichenden landesgesetzlichen Gewichtung mit Blick auf den mit der Begrenzung des Spielhallenangebots verbundenen Grundrechtseingriff auch unmittelbar aus verfassungsrechtlichen Vorgaben.

Die Begrenzung des Spielhallenangebots durch das Mindestabstandsgebot und Mehrfachspielhallenverbot greift in die Grundrechte der Spielhallenbetreiber aus (Art. 19 Abs. 3 i. V. m.) Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 GG ein. Dieser Eingriff findet seine verfassungsrechtliche Rechtfertigung in dem besonders wichtigen gemeinwohlziel der Vermeidung und Abwehr der vom Glücksspiel in Spielhallen ausgehenden Suchtgefahren und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 131 ff., 169.

Damit sind die Ziele des § 1 GlüStV konkret angesprochen.

Europarechtlich genießen die Ziele des § 1 GlüStV schon deshalb Vorrang, weil nach der gefestigten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit in Form von Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nur dann unionsrechtlich gerechtfertigt werden kann, wenn die restriktive Maßnahme einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung (einschließlich der Bekämpfung der Spielsucht), der Betrugsvorbeugung oder der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen entspricht und geeignet ist, die Verwirklichung dieses Ziels dadurch zu gewährleisten, dass sie dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten im Glücksspiel in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.

Vgl. EuGH, Urteile vom 21.10.1999, - C-67/98 -, EU:C:1999:514, Zenatti, Slg 1999, I-7289 = juris, Rn. 36, vom 6.11.2003 - C-243/01 -, EU:C:2003:597, Gambelli u. a., Slg 2003, I-13031 = juris, Rn. 67, vom 6.3.2007 - C-338/04 u.a. - EU:C:2007:133, Placanica u. a., Slg 2007, I-1891 = juris, Rn. 52 f., vom 8.9.2010 - C-46/08 -, EU:C:2010:505, Carmen Media, Slg 2010, I-8149 = juris, Rn. 55, 64 f., und vom 8.9.2010 - C-316/07 u. a. -, EU:C:2010:504, Markus Stoß u. a., Slg 2010, I-8069 = juris, Rn. 88.

Das Ziel, Wirtschaftsteilnehmern Kontinuität, finanzielle Stabilität und angemessene Renditen aus den getätigten Investitionen zu gewährleisten, also Bestands- und Vertrauensschutzgesichtspunkte, sind hingegen für sich genommen keine zwingenden Gründe des Allgemeininteresses, die eine Beschränkung der Grundfreiheiten rechtfertigen könnten.

Vgl. EuGH, Urteil vom 16.2.2012 - C-72/10 u. a. -, EU:C:2012:80, Marcello Costa u. a., EuZW 2012, 275 = juris, Rn. 50, 59 ff.

Auch wenn die legitimen unionsrechtlich anerkannten Gemeinwohlziele bereits durch die Reduzierung der Zahl der Spielhallen zulässigerweise verfolgt werden und deshalb mit der Regelung nicht lediglich das Ziel verfolgt wird, bestimmten Wirtschaftsteilnehmern (durch geringere Konkurrenz) angemessene Einnahmen und die Rentabilität ihrer Investitionen zu sichern, wäre es unionsrechtlich wegen der damit verbundenen sachwidrigen Verengung des Bewerberkreises nicht zu rechtfertigen, bei einer Auswahlentscheidung, die erst wegen der Einführung der nur durch das Ziel der Suchtbekämpfung gerechtfertigten Abstandsgebote erfolgen muss, und für die die Gewichtung der einzustellenden Kriterien durch den Gesetzgeber nicht anderweitig konkretisiert wurde, Bewerber nur im Hinblick auf Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteresse zu bevorzugen, wenn andere Bewerber besser geeignet sind, die Förderung des Ziels der Suchtbekämpfung zu gewährleisten.

dd) Ausgehend hiervon wird sich die Entscheidung der Antragsgegnerin bereits deshalb als aller Voraussicht nach fehlerhaft erweisen, weil sie die Antragstellerin wegen fehlenden Vertrauensschutzes in das Auswahlverfahren von vornherein nicht einbezogen hat. Hierdurch hat die Antragsgegnerin die Erfüllung der Ziele des § 1 GlüStV gegenüber Vertrauensschutzinteressen entgegen dem Regelungszweck als nachrangig erachtet. Dies ist auch nicht im Ergebnis unschädlich, weil sich derzeit nicht absehen lässt, dass die Antragstellerin bei einer erneuten Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats mit Sicherheit unberücksichtigt bleiben würde.

Die Antragsgegnerin hat im Gerichtsverfahren erläutert, dass zur Auflösung der Konkurrenzsituation zwischen den das Mindestabstandsgebot nicht einhaltenden Spielhallen zunächst geprüft worden sei, ob jedem Betreiber Vertrauensschutz zustehe. Dies sei maßgeblich dafür gewesen, die Antragstellerin nicht in das Auswahlverfahren einzubeziehen. In der Begründung des angegriffenen Bescheids wird insoweit ausgeführt, die Antragstellerin habe im Übergangszeitraum vom 1.12.2012 bis zum 30.11.2017 mit dem Wissen der Auswirkungen des Glücksspielstaatsvertrags Vermögensdispositionen getroffen, weshalb es ihr an dem erforderlichen Vertrauensschutz fehle. Im Gerichtsverfahren hat sie zusätzlich erläutert, bei den weiteren Betreibern, die sich auf Vertrauensschutz berufen könnten, habe anhand eines Vergleichs von möglichen Sachkriterien (Alter der Bestandsspielhallen, die örtliche Lage in Bezug auf von Kindern und Jugendlichen besuchten Einrichtungen, die Qualität des Sozialkonzeptes) nicht eine Auswahlentscheidung für einen Betreiber getroffen werden können. Deshalb habe sich die weitere Auswahlentscheidung an dem Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität orientiert. Diese Vorgehensweise ist ermessensfehlerhaft, weil hierdurch die Antragstellerin von dem notwendigen Vergleich der konkurrierenden Bewerber daraufhin, wer besser geeignet ist, die Förderung der Ziele des Staatsvertrags zu gewährleisten, von vornherein ausgeschlossen wurde.

Der Ausschluss der Antragstellerin aus dem Auswahlverfahren ist auch nicht im Ergebnis unschädlich. Es lässt sich nicht absehen, dass die Antragstellerin bei einer erneuten Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats mit Sicherheit unberücksichtigt bleiben würde. Dem Senat liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragstellerin auch nach einem Vergleich der Bewerber bezogen auf die Ziele des § 1 GlüStV mit Sicherheit das Nachsehen hätte. Die Feststellung und Bewertung der Unterschiede zwischen den Bewerben unterfällt zudem einem Ermessensspielraum der Behörde, der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Deshalb darf der Senat die der Antragsgegnerin vorbehaltene Entscheidung nicht selbst treffen.

Die Nichtberücksichtigung der Antragstellerin lässt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, dass ihr Antrag im Hinblick auf das Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität ohnehin abgelehnt werden müsste. Zwar würde die Erteilung einer Erlaubnis für die Spielhalle der Antragstellerin dazu führen, dass für weniger Spielhallen eine Erlaubnis unter Einhaltung des Mindestabstandsgebots erteilt werden könnte. Denn die Antragsgegnerin hat angegeben, dass nach Auflösung der Konkurrenzsituationen in der N1. Innenstadt insgesamt für vier Spielhallenstandorte (I. -C. -Platz 00, M3. . 00; M4. . 00, F. Str. 000) eine Erlaubnis habe erteilt werden können. Im Fall der Auswahl des Standorts der Antragstellerin könnte nach Aktenlage hingegen im hier betroffenen Konkurrenzbereich insgesamt nur für drei Spielhallenstandorte eine Erlaubnis unter Einhaltung des Mindestabstandsgebots erteilt werden (I. -C. -Platz 0, M4. . 00, F. Str. 000). Der von der Antragstellerin berücksichtigte Standort M3. . 00 würde den Mindestabstand zur Spielhalle der Antragstellerin nicht einhalten.

Das Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität schließt es wegen der von der Antragsgegnerin vorgenommene Gewichtung der Auswahlkriterien aber nicht zwingend aus, der Antragstellerin eine Erlaubnis zu erteilen. Da die Antragsgegnerin bei ihrer Auswahlentscheidung zunächst mögliche Sachkriterien geprüft hat und erst danach auf die bestmögliche Ausschöpfung der Standortkapazität abgestellt hat, sieht sie schon selbst das Kriterium der Vereinbarkeit mit den Zielen des § 1 GlüStV gegenüber dem Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität jedenfalls nicht als nachrangig an. Diese Prüfung hat die Antragsgegnerin hinsichtlich des Standorts Antragstellerin jedoch noch nicht vorgenommen, sodass nicht feststellbar ist, wie insoweit der anzustellende Vergleich mit den anderen Spielhallen ausfallen wird. Sollte die Antragsgegnerin mit ihren Äußerungen im gerichtlichen Verfahren geltend machen wollen, diese Gewichtung der Kriterien nachträglich ändern und dadurch die getroffene Auswahlentscheidung rechtfertigen zu wollen, würde dies die durch § 114 Satz 2 VwGO für die Ergänzung von Ermessenserwägungen gezogenen Grenzen überschreiten und zudem gegen das unionsrechtliche Transparenzgebot verstoßen. Außerhalb unionsrechtlich harmonisierter Vergabeverfahren reicht die Transparenzpflicht zwar nicht so weit, dass auch die relative Gewichtung der vorab bekannten Kriterien vorab zu bestimmen und allgemein oder den potenziellen Interessenten mitzuteilen ist. Die Kriterien (und damit auch ihre Gewichtung) dürfen jedoch während des Verfahrens nicht geändert werden.

Vgl. EuGH, Urteil vom 18.11.2010 - C-226/09 -, EU:C:2010:697, VergabeR 2011, 194 = juris, Rn. 43, 46, 59 f.

Bei einer erneuten Bescheidung des Antrags wird die Antragsgegnerin allerdings in die Abwägung u. a. einstellen dürfen, dass die Antragstellerin zwei nah beieinander gelegene Spielhallenstandorte (I. -C. -Platz 0 und I. -C. -Platz 0) betreibt. Sollte der Vergleich dieser beiden Standorte zueinander und zu den Standorten anderer Betreiber daraufhin, ob ein Standort bzw. ein Betreiber besser für die Förderung der Ziele des Staatsvertrags Gewähr bietet, keine für eine Differenzierung maßgeblichen Unterschiede ergeben, dürfte die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin für den streitgegenständlichen Standort schon im Hinblick auf das Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität ablehnen dürfen.

Dass die Antragstellerin weitere Spielhallen an dem Standort I. -C. -Platz 0 betreibt, die den Mindestabstand zu der hier streitgegenständlichen Spielhalle nicht einhalten, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme, dass die Antragstellerin bei einer erneuten Auswahlentscheidung mit Sicherheit nicht berücksichtigt würde. Zwar kommt auf die Dauer wegen des Mindestabstandsgebots nur der Betrieb einer der beiden Spielhallenstandorte in Betracht. Da wegen der fehlerhaften Gewichtung der Auswahlkriterien aber eine vollständig neue Auswahlentscheidung erforderlich ist, in die nicht nur die beiden Spielhallenstandorte der Antragstellerin, sondern auch die den Mindestabstand unterschreitenden Spielhallen anderer Betreiber erneut einzubeziehen sind, kann derzeit nicht beurteilt werden, wie die Antragsgegnerin, insbesondere auch unter Berücksichtigung ihres Ermessensspielraums, die Konkurrenzsituation auflösen wird. Es lässt sich derzeit nicht beurteilen, ob einer der beiden Spielhallenstandorte (bzw. welcher Standort) bei einer neuen Auswahlentscheidung gegenüber den Konkurrenten vorzuziehen wäre. Vor diesem Hintergrund ist die Antragstellerin derzeit nicht gezwungen, einen Standort zu Gunsten des anderen aufzugeben."

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO. Den Beigeladenen waren, da sie keine Anträge gestellt haben, keine Kosten aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 709 ZPO.

Die Berufung wird gemäß §§ 124a Abs. 1 i.V.m. 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil die Rechtsstreitigkeit Fragen aufwirft, die aus Gründen der Rechtseinheit einer Klärung bedürfen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) eingelegt werden.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen.

Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG -).

Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.

Beschluss:

Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG und unter Beachtung der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Beschlüsse vom 26. September 2019 - 4 B 255/18 und 4 B 256/1 -) auf 75.000,00 Euro pro Spielhalle festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.

Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro nicht übersteigt.

Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.

War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

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