VG Hamburg, Beschluss vom 11.03.2021 - 9 E 920/21
Fundstelle
openJur 2021, 12958
  • Rkr:
Verfahrensgang
Rubrum

Verwaltungsgericht Hamburg

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

...

hat das Verwaltungsgericht Hamburg, Kammer 9, am 11. März 2021 durch ...

beschlossen:

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, Verstöße des Antragstellers gegen die sich aus § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 30 - 33, 35 - 37, 48-51 i.V.m. § 8 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO ergebende Maskenpflicht beim Laufen/Joggen an den dort genannten Orten sanktionsfrei zu dulden.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

1. Der Antrag hat mit dem Hauptantrag Erfolg. Er ist zulässig und begründet.

Der von dem Antragsteller wörtlich gestellte Antrag, auszusprechen, dass die HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO in der Fassung vom 26.02.2021 rechtswidrig ist, soweit sie ihm aufgibt, beim Laufen respektive Joggen an Elbe, Alster und im Jenischpark in Hamburg an Wochenenden und Feiertagen Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, ist mit Blick auf das von dem Antragsteller verfolgte Rechtsschutzziel gem. §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO sachdienlich dahingehend auszulegen, dass er im Wege einer einstweiligen Anordnung begehrt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, Verstöße des Antragstellers gegen die sich aus § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 30 - 33, 35 - 37, 48-51 i.V.m. § 8 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO ergebende Maskenpflicht beim Laufen/Joggen an den dort genannten Orten sanktionsfrei zu dulden.

a) Der so verstandene Antrag ist zulässig.

Er ist insbesondere als Antrag gem. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO statthaft (vgl. zur Statthaftigkeit eines Begehrens auf einstweilige sanktionsfreie Duldung eines Verhaltens OVG Hamburg, Beschl. v. 20.5.2020, 5 Bs 77/20, juris Rn. 13 ff.).

b) Der Antrag ist auch begründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung hierfür ist, dass die tatsächlichen Voraussetzungen sowohl eines Anordnungsgrunds, der insbesondere die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet, als auch eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, glaubhaft gemacht werden (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Da das vorläufige Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO grundsätzlich nur der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses dient und einem Antragsteller hier regelmäßig nicht bereits das gewährt werden soll, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen kann, kann einem Eilantrag nach § 123 VwGO im Falle einer Vorwegnahme der Hauptsache nur stattgegeben werden, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings unabweisbar ist. Dies setzt hohe Erfolgsaussichten, also eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache sowie schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile im Falle des Abwartens in der Hauptsache voraus (OVG Hamburg, Beschl. v. 6.7.2018, 3 Bs 97/18, juris Rn. 35 m.w.N.). Diese strengen Anforderungen gelten im vorliegenden Verfahren, da eine Verpflichtung zur vorläufigen sanktionsfreien Duldung aufgrund der befristeten Geltung von § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 30 - 33, 35 - 37, 48-51 HmbSARS-CoC-2-EindämmungsVO bis zum 28. März 2021 (§ 40 Abs. 2 HmbSARS-CoC-2-EindämmungsVO) eine endgültige Vorwegnahme einer – bisher noch nicht anhängig gemachten – Hauptsache bewirken würde. Darüber hinaus sind erhöhte Maßstäbe hier auch schon deshalb anzulegen, da der Sache nach die Gültigkeit einer Rechtsnorm vorübergehend suspendiert werden soll, wofür in einem Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO auch eine besonders strenge Interessenabwägung vorzunehmen wäre (vgl. zum Maßstab: OVG Münster, Beschl. v. 10.6.2016, 4 B 504/16, juris Rn. 24 ff. m.w.N.). Zwar betrifft der vorliegende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO, anders als Eilanträge im Normenkontrollverfahren gem. § 47 Abs. 6 VwGO, unmittelbar nur das Verhältnis zwischen den Beteiligten dieses Verfahrens. Jedoch könnten, wenn die Maskenpflicht an bestimmten öffentlichen Orten gegenüber dem Antragsteller für rechtswidrig erklärt würde, auch alle anderen Bürgerinnen und Bürger Hamburgs Anträge im einstweiligen Rechtsschutzverfahren stellen und es bestünde für die Antragsgegnerin ein erheblicher Druck auf Gleichbehandlung mit der Folge, dass die Bestimmung des § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 30 - 33, 35 - 37, 48-51 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO faktisch außer Kraft gesetzt würde. Auch dieser Umstand unterstreicht das Erfordernis hoher Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 18.11.2020, 5 Bs 209/20, juris Rn. 8).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund mit dem für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Maß an Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht.

aa) Die Regelung in § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 30 - 33, 35 - 37, 48-51 HmbSARS-CoC-2-EindämmungsVO erweist sich nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).

(1) Zwar findet die Maskenpflicht aus § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 30 - 33, 35 - 37, 48-51 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO in §§ 32 Satz 1, 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 Nr. 2 IfSG eine hinreichende gesetzliche Grundlage (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 18.11.2020, 5 Bs 209/20, juris Rn. 13 ff.; OVG Bremen, Beschl. v. 5.3.2021, 1 B 81/21, juris Rn. 7 ff.; VGH Mannheim, Beschl. v. 23.2.2021, 1 S 467/21, juris Rn. 19). Durch sie werden die Landesregierungen ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnung entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen.

Nach § 28 Abs. 1 IfSG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen – insbesondere die in § 28a Abs. 1 und in den §§ 29 bis 31 genannten, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Aus § 28a Abs. 1 IfSG ergibt sich regelbeispielhaft, was notwendige Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag insbesondere sein können.

Nach § 28a Abs. 1 Nr. 2 IfSG kann eine solche notwendige Schutzmaßnahme insbesondere die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sein (Maskenpflicht). Gemäß § 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG sind Entscheidungen über Schutzmaßnahmen an dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems auszurichten. Maßstab für die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen ist insbesondere die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (§ 28a Abs. 3 Satz 3 IfSG). Bei Überschreitung des Schwellenwerts von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen (§ 28a Abs. 3 Satz 5 IfSG).

(2) Die formellen Voraussetzungen gem. § 28a Abs. 5 IfSG für den Erlass einer Verordnung sind eingehalten. Die 33. Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-EindämmungsVO, mit der erstmals eine Maskenpflicht an der Alster, der Elbe und im Jenischpark eingeführt wurde, wurde ebenso wie die 34. Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverodnung formell ordnungsgemäß allgemein begründet und befristet.

(3) Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 28 Abs. 1 in Verbindung mit § 28a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 IfSG liegen weiterhin vor. Der Deutsche Bundestag stellte bereits am 25. März 2020 eine epidemische Lage von nationaler Tragweite fest (BT-PlPr 19/154, 19169C). Am 18. November 2020 und 4. März 2021 hat er den Fortbestand erneut festgestellt (BT-Drs. 19/24387, BT-PlPr. 19/191, 24109C). In Hamburg liegt der Inzidenzwert der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 seit Monaten bei über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner, derzeit liegt er bei 66 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html, zuletzt abgerufen am 11.3.2021). Anders als der Antragsteller meint, ist die Anzahl an falsch positiven Testergebnissen dabei zu vernachlässigen. Aufgrund des Funktionsprinzips von PCR-Tests und hohen Qualitätsanforderungen liegt die analytische Spezifität bei korrekter Durchführung und Bewertung bei nahezu 100 %. Im Rahmen von qualitätssichernden Maßnahmen nehmen diagnostische Labore an Ringversuchen teil. Die bisher erhobenen Ergebnisse spiegeln die sehr gute Testdurchführung in deutschen Laboren wider (https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Liste_Diagnostik.html m.w.N.).

(4) Die in § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 30 - 33, 35 - 37, 48-51 i.V.m. § 8 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO normierte Pflicht, an den genannten öffentlichen Orten eine Maske zu tragen, stellt jedoch keine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG dar, die den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügen würde.

Mit dem Ziel der Eindämmung der weiteren Ausbreitung von COVID-19 dient die Maskenpflicht zwar einem legitimen Zweck. Zur Förderung dieses Zwecks dürfte die Regelung wohl auch geeignet sein. Denn nach Einschätzung des Robert Koch Instituts ist der Hauptübertragungsweg des SARS-Cov-2-Virus die respiratorische Aufnahme virushaltiger Partikel, die beim Atmen, Husten, Sprechen, Singen und Niesen entstehen. Je nach Partikelgröße bzw. den physikalischen Eigenschaften unterscheidet man zwischen den größeren Tröpfchen und kleineren Aerosolen. Während insbesondere größere respiratorische Partikel schnell zu Boden sinken, können Aerosole auch über längere Zeit in der Luft schweben und sich in geschlossenen Räumen verteilen. Ob und wie schnell die Tröpfchen und Aerosole absinken oder in der Luft schweben, ist neben der Größe der Partikel von einer Vielzahl weiterer Faktoren, u.a. der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit abhängig. Grundsätzlich ist die Wahrscheinlichkeit einer Exposition gegenüber infektiösen Partikeln jeglicher Größe im Umkreis von 1-2 m um eine infizierte Person herum erhöht. Eine Maske kann das Risiko einer Übertragung durch Partikel jeglicher Größe im unmittelbaren Umfeld um eine infizierte Person reduzieren (vgl. zum Ganzen: Robert Koch Institut, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, Stand 25.2.2021, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html;jsessionid=3A83F3B9C4B9C2DE5475783B896B7304.internet072?nn=13490888#doc13776792bodyText2). Zwar kommen Übertragungen im Außenbereich insgesamt selten vor, da bei Wahrung des Mindestabstands die Übertragungswahrscheinlichkeit im Außenbereich aufgrund der Luftbewegung sehr gering ist (Robert Koch Institut, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, Stand 25.2.2021, a.a.O.). Das Robert Koch Institut geht dennoch davon aus, dass auch im Freien ein erhöhtes Übertragungsrisiko bestehen kann, z.B. wenn der Mindestabstand von 1,5 m ohne Maske unterschritten wird (Risikobewertung zu COVID-19, Stand: 26.2.2021, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html).

Es ist allerdings nicht ersichtlich, weshalb die konkrete Ausgestaltung der Maskenpflicht in § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 30 - 33, 35 - 37, 48-51 i.V.m. § 8 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO an den dort genannten Orten erforderlich sein soll.

Nach § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 30 - 33, 35 - 37, 48-51 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO gilt auf den dort benannten öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen sonnabends, sonntags und an Feiertagen in der Zeit zwischen 10 Uhr und 18 Uhr bzw. 20 Uhr für die anwesenden Personen eine allgemeine Maskenpflicht nach § 8 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO sind, soweit eine Maskenpflicht vorgeschrieben ist, Personen verpflichtet, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, durch die Mund und Nase so bedeckt werden, dass eine Ausbreitung von Tröpfchen durch Husten, Niesen oder Sprechen vermindert wird (Maskenpflicht).

Weder der Begründung zur 33. Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung noch der Antragserwiderung der Antragsgegnerin sind ausreichende Anhaltspunkte zu entnehmen, warum an den genannten Orten zu den festgelegten Zeiten eine generelle (situationsunabhängige) Maskenpflicht aus Gründen des Infektionsschutzes erforderlich ist. Die Ausführung in der Verordnungsbegründung, die sich im Wesentlichen mit der Stellungnahme der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren deckt, Beobachtungen des Verordnungsgebers, insbesondere der Polizei, hätten gezeigt, dass sich an diesen Orten regelmäßig eine Vielzahl von Personen aufhielten und das allgemeine Abstandsgebot nach § 3 Abs. 2 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO infolgedessen nicht in der erforderlichen Weise eingehalten werden könne, vermag in dieser Pauschalität nicht zu überzeugen. Bei den Örtlichkeiten handele es sich überwiegend um bekannte Ausflugsziele, die durch eine Vielzahl von Personen als Naherholungsgebiete genutzt würden. Vielfach zeige sich hierbei ein erhöhtes Personenaufkommen, insbesondere zur Freizeit und Sportgestaltung. Dies führe dazu, dass Personen auch an den Örtlichkeiten zur Erholung verweilten (in den Grünanlage, der Elbnähe) oder Einzelsport trieben (Jogger). Zur Vermeidung der durch diese Personendichte entstehenden Infektionsrisiken werde deshalb die Maskenpflicht auf diese Orte erweitert. Die angeführten Beobachtungen geben keine Auskunft darüber, wo und in welchem Zeitraum sich eine Vielzahl von Personen aufgehalten und das allgemeine Abstandsgebot missachtet haben sollen. Dies wäre insbesondere vor dem Hintergrund erforderlich gewesen, dass es sich bei den benannten Orten (Alster, Elbe und Jenischpark) um Orte handelt, die von Ausflüglern vor allem an sonnigen Tagen aufgesucht werden dürften und solche Tage im Winter in Hamburg bekanntermaßen eher die Seltenheit sind.

Die Begründung gibt auch keinen Aufschluss darüber, weshalb es als Reaktion auf ein vermehrtes Personenaufkommen einer allgemeinen, über die nachfolgenden Absätze der Vorschrift hinausgehenden Regelung bedurfte und mildere Mittel nicht in Betracht kamen. Denn gem. § 10b Abs. 1a HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO gilt auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen, in öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen im Sinne des Gesetzes über Grün- und Erholungsanlagen sowie an sämtlichen öffentlichen Orten eine Maskenpflicht nach § 8 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO, soweit die anwesenden Personen einen Mindestabstand von 1,5 m zu anderen als den in § 3 Abs. 2 Satz 2 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO aufgeführten Personen nicht einhalten. Zudem kann die Polizei im Einzelfall gem. § 10b Abs. 2 Satz 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen eine räumlich begrenzte Maskenpflicht nach § 8 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO anordnen, wenn dies aus Infektionsschutzgründen erforderlich ist; dies ist insbesondere der Fall, wenn das Abstandsgebot nach § 3 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO durch einen erheblichen Teil der anwesenden Personen nicht eingehalten wird oder aufgrund der räumlichen Verhältnisse oder der Anzahl der anwesenden Personen nicht eingehalten werden kann. Unter Berücksichtigung der Absätze 1a und 2 ist die Aussage der Antragsgegnerin in der Antragserwiderung, dass differenzierte Maßnahmen an den genannten Orten wegen der unendlichen Anzahl an Möglichkeiten individuell geprägter Kontaktsituationen, die die Wahrscheinlichkeit einer Infektion größer und kleiner erscheinen ließen, nicht möglich seien, nicht nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin geht in ihrer Verordnungsbegründung zu § 10b Abs. 1a HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO selbst davon aus, dass es sich hierbei um ein milderes Mittel im Vergleich zu allgemeinen Maskenpflicht handele. Die Antragsgegnerin legt aber nicht dar, warum an den in § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 30 - 33, 35 - 37, 48-51 genannten Orten nur eine allgemeine Maskenpflicht zur Erreichung des Zwecks führen kann. In der Gesamtschau lässt sich der Begründung der Antragsgegnerin nicht entnehmen, dass es an den genannten Orten an jedem Wochenende und jedem Feiertag, insbesondere unabhängig von den Wetterverhältnissen, zu Menschenansammlungen kommen könnte, in denen Mindestabstände nicht gewahrt werden (könnten) und eine allgemeine Maskenpflicht notwendig wäre.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Verweis auf neuartige Virusvarianten, bei denen nach aktuellem wissenschaftlichem Stand von einer erhöhten Übertragbarkeit ausgegangen wird. Denn das Robert Koch Institut hält seine bisherigen Empfehlungen zu Infektionsschutzmaßnahmen und das situationsbedingte Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen weiterhin für ausreichend (Robert Koch Institut, Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coroanvirus SARS-CoV-2 / Krankheit COVID-19, Gesamtstand 9.3.2021, abrufbar unter: https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html).

bb) Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Zwar dürfte der Grundrechtseingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Antragstellers aus Art. 2 Abs. 1 GG als gering einzustufen sein, dennoch kann dem Antragsteller das Abwarten eines Hauptsacheverfahrens nicht zugemutet werden. Angesichts der Befristung des § 10b HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO bis zum 28. März 2021 kann der Antragsteller wirksamen Rechtsschutzschutz nur durch eine vorläufige Regelung erlangen. Bis zu einer Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren hätte sich der Anspruch des Antragstellers aufgrund Zeitablaufs erledigt.

2. Die Antragsgegnerin hat als unterliegender Teil nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Da die begehrte einstweilige Anordnung die Vorwegnahme der Hauptsache bewirkt, sieht die Kammer von einer Halbierung des Auffang-Streitwerts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ab.