LG Paderborn, Urteil vom 22.11.2019 - 2 O 152/19
Fundstelle
openJur 2021, 12763
  • Rkr:
Tenor

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden aus Anlass des Unfalls des Klägers vom ... im I, zu ersetzen, soweit diese Schäden durch den am 01.06.2015 geborenen Wallach, belgisches Warmblut, Lebensnummer ..., verursacht wurden und ein Forderungsübergang an Dritte nicht erfolgt, und zwar unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 50 %.

Der Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 455,41 € vorgerichtliche Rechtsanwaltsvergütung nebst Zinsen i. H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.04.2019 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i. H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Tierhalterhaftung.

Der Beklagte ist Halter eines am 01.06.2015 geborenen Wallachs. Dieser war am ..., dem Unfalltag, auf der Anlage des Pferdeunternehmers W in M untergestellt. Der Kläger ist Hufschmied und war an diesem Tage vom Zeugen W beauftragt worden, die Hufe des Pferdes auszuschneiden. Er wurde begleitet von seinem Mitarbeiter, dem Zeugen C.

Der Kläger behauptet, dass er nach Ausschneiden und Raspeln der Vorderhufe das Pferd einen halben Schritt nach vorne gezogen habe, um es aus arbeitstechnischen Gründen parallel zur Wand der Stallgasse zu stellen. Während dieses halben Schrittes nach vorne habe das Pferd unvermittelt dem sich im Abstand von einem Meter seitlich daneben befindlichen Zeugen C in Bauch und Hüfte getreten. Dieser habe sich aus der Stallgasse geschleppt und sei, sich vor Schmerzen windend, außerhalb des Gebäudes zu Boden gegangen. Er habe einen Notruf abgesetzt und sich auf den Hof begeben, um die ihm nicht bekannte genaue Hausnummer für die Rettungskräfte zu erfragen. Sodann sei er in die Stallgasse zurückgegangen, um dem Zeugen C erste Hilfe zu leisten. Dafür habe er das Pferd passieren müssen. Die Notrufzentrale habe sich telefonisch zurückgemeldet, als er gerade wieder in die Stallgasse gelangt sei. Das Pferd habe sich erneut gedreht und mit der Hinterhand ausgeschlagen, wobei er am linken Knie getroffen worden sei. Für die Unfallfolgen müsse der Beklagte, so meint der Kläger, vollumfänglich haften. Der Beklagte könne sich insbesondere nicht auf die Entlastungsmöglichkeit des § 833 S. 2 BGB berufen.

Der Kläger behauptet, dass er eine komplette Ruptur des vorderen Kreuzbandes, eine Ruptur des medialen Kollateralbandes, einen Gelenkerguss und eine diffuse Chondropathie erlitten habe. Sein Feststellungsinteresse folge daraus, dass die Heilung noch nicht abgeschlossen sei und Erwerbsschäden erst mit größerem zeitlichen Abstand ermittelt werden könnten.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden aus Anlass des Unfalls des Klägers vom ... im Handelsstall W, zu ersetzen, soweit diese Schäden durch den am 01.06.2015 geborenen Wallach, belgisches Warmblut, Lebensnummer ..., verursacht wurden und ein Forderungsübergang an Dritte nicht erfolgt,

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 597,74 Euro vorgerichtliche Rechtsanwaltsvergütung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.04.2019 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet den vom Kläger behaupteten Unfallhergang mit Nichtwissen. Im Übrigen behauptet er, dass das Pferd zu den etwa 40 Pferden gehöre, die von ihm auf seinem Hof, dem Gut C, in X, gehalten, gezüchtet, zu Turnier- und Reitpferden ausgebildet und schließlich verkauft werden. Es handele sich deshalb, so meint der Beklagte, um ein privilegiertes Nutztier im Sinne des § 833 S. 2 BGB, für das er sich entlasten könne. Er habe die im Verkehr erforderliche Sorgfalt dadurch eingehalten, dass er das Pferd in die Obhut des Zeugen W gegeben habe, wo es ordnungsgemäß beaufsichtigt worden sei. Darüber hinaus wäre der Schaden, so behauptet der Beklagte ferner, auch bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt aufgetreten. Das spontane Austreten des Pferdes in der vom Kläger geschilderten Situation hätte auch bei gehöriger Beaufsichtigung nicht verhindert werden können. Schließlich müsse sich der Kläger, so meint der Beklagte, ein anspruchsausschließendes Eigenverschulden bzw. eine haftungsausschließende bewusste Risikoübernahme entgegenhalten lassen. Durch das vorangegangene Austreten des Pferdes sei der Kläger gewarnt gewesen. Er hätte es vermeiden müssen, sich dem Pferd seitlich oder von hinten zu nähern, und zur Hilfeleistung einen anderen Weg zum Mitarbeiter nehmen können. Schließlich bestreitet der Beklagte die Unfallkausalität der behaupteten Chondropathie.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Kammer hat die Parteien nach § 141 ZPO persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C und N. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2019 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und teilweise, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Für die erhobene Feststellungsklage besteht insbesondere das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Feststellungsklage insgesamt zulässig und dem Kläger die Erhebung einer grundsätzlich vorrangigen Leistungsklage nicht zumutbar, wenn sich der anspruchsbegründende Sachverhalt zur Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung befindet, und zwar selbst dann, wenn der Anspruch zu dieser Zeit bereits jedenfalls teilweise beziffert werden könnte (vgl. Zöller/Greger, ZPO, § 256 Rn. 7a mit Verweis auf BGH NJW 1984, 1552). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn die Schadensentwicklung ist nach dem klägerischen Vortrag noch nicht vollständig abgeschlossen und ein Verdienstausfall noch nicht abschließend bezifferbar.

II.

1.

Die Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf gerichtliche Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für alle materiellen und immateriellen Schäden aus Anlass des Unfalls des Klägers am ... im Handelsstall W, soweit diese durch den am 01.06.2015 geborenen Wallach verursacht wurden, allerdings nur unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils des Klägers von 50%. Ein solcher Anspruch ergibt sich aus § 833 BGB.

Nach § 833 S. 1 BGB ist derjenige, welcher ein Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen, wenn durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird. Diese Haftungsvoraussetzungen sind vorliegend zu Lasten des Beklagten erfüllt.

Der Kläger ist durch einen Tritt des Pferdes, in welchem sich die typische Tiergefahr realisiert hat, körperlich verletzt worden. Dies steht nach Durchführung der persönlichen Anhörung nach § 141 ZPO und der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest. Die Kammer geht hiernach davon aus, dass sich der Unfall entsprechend der Sachverhaltsschilderung des Klägers in der mündlichen Verhandlung abgespielt hat, er also auf dem Rückweg zu dem Zeugen C durch die Stallgasse von dem zunächst parallel zu den Boxen mit dem Kopf zur Stalltür, also in Richtung des Aufenthaltsortes des Zeugen C stehenden Pferd mit der Hinterhand getreten und hierbei am linken Knie verletzt worden ist. Zwar gibt es für den unmittelbaren Schadenshergang keinen direkten Unfallzeugen. Der Kläger hat den Hergang des Unfalls jedoch detailliert und plausibel wiedergeben können. Seine Darstellung wird jedenfalls im Randgeschehen bestätigt durch die glaubhafte Aussage des Zeugen C, der nach seinem eigenen Unfall jedenfalls gehört hat, wie der Kläger später selbst in der Gasse im Bereich des Pferdes schreiend zu Boden gegangen ist. Ein anderes plausibles Alternativgeschehen, welches die von dem Kläger erlittenen Verletzungen in der Stallgasse des Handelsstalls W erklären könnte, ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Insbesondere liegen für einen Unfall im Zusammenhang mit einem Maßregeln des Pferdes durch den Kläger aufgrund dessen Trittes zulasten des Zeugen C, wie der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, keine Anhaltspunkte vor.

Bei dem Beklagten handelt es sich auch um den Halter des Pferdes. Die Haltereigenschaft des Beklagten ist schriftsätzlich nicht bestritten worden. Auch wenn man das Pferd dem "Gut C" zuordnet, ergibt sich nichts anderes, da der Beklagte Inhaber desselben ist, wie die Zeugin N, die Ehefrau des Beklagten, in ihrer Vernehmung bestätigt hat.

Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf eine Entlastungsmöglichkeit berufen. Nach § 833 S. 2 BGB tritt die Ersatzpflicht dann nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Berufe, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Zwar steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Pferd um ein privilegiertes Nutztier im Sinne der oben genannten Vorschrift handelt. Der Beklagte hat in seiner persönlichen Anhörung glaubhaft, bestätigt durch die ebenfalls glaubhaften Angaben seiner Ehefrau, der Zeugin N, angegeben, dass er auf dem von ihm betriebenen Hof im Nebenerwerb Pferde, wie auch das streitgegenständliche Tier, züchte, ausbilde und anschließend verkaufe. Das streitgegenständliche Pferd erfüllt damit die Nutztiereigenschaft im Sinne der genannten Vorschrift. Der Beklagte kann sich aber nicht von dem gesetzlich in § 833 S. 2 BGB vermuteten Verschulden entlasten. Welche Anforderungen an die verkehrserforderliche Sorgfalt zu stellen sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere dem Ausmaß der von dem Tier nach seiner Gattung, seinen besonderen Eigenarten und der konkreten Situation ausgehenden Gefahren. Hierbei sind die allgemein üblichen und im Verkehr für ausreichend erachteten Sicherungsmaßnahmen einzuhalten, d.h. es ist zu fragen, wie sich ein durchschnittlicher gewissenhafter Tierhalter- bzw. Hüter unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände normalerweise verhalten hätte (vgl. Palandt/Sprau, BGB, § 834 Rn. 1 und § 833 Rn. 18 mit Rechtsprechungshinweisen). Im Falle einer Delegation der Aufsichtspflicht auf eine andere Person, kommt zwar eine Entlastung nach allgemeinen Grundsätzen in Betracht, wobei es unerheblich ist, ob die andere Person Tieraufseher nach § 834 BGB oder lediglich Tierhüter ist. Es besteht aber in jedem Fall die Pflicht, denjenigen, an den die Beaufsichtigung des Tieres delegiert wird, sorgfältig auszuwählen, ihm die erforderlichen Anweisungen zu erteilen und ihn angemessen zu überwachen (vgl. BeckOGK/Spickhoff, Stand 01.11.2017, § 833 Rn. 125, zit. nach beckonline). Dass der Beklagte diesen Anforderungen gerecht geworden ist, lässt sich bereits aus seinen eigenen Angaben nicht entnehmen. Der Beklagte hat schriftsätzlich lediglich vortragen lassen, dass er das "nicht einfach anzureitende Pferd" in die Obhut des Pferdeunternehmers W gegeben habe und es sich im Unfallzeitpunkt in der alleinigen Obhut und der Einflussmöglichkeit des Klägers befunden habe. Dieser schriftsätzliche Vortrag ist - wie klägerseits im Schriftsatz vom 19.07.2019 zutreffend gerügt - bereits grundsätzlich nicht geeignet, um einen Entlastungsbeweis im Sinne der Vorschrift zu führen. Nähere Angaben zur erfolgten Auswahl der Überwachungsperson, erteilten Anweisungen und anschließender angemessener Überwachung fehlen vollständig. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Angaben des Beklagten in seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung. Die Erteilung von Anweisungen an den Zeugen W hat der Beklagte ausdrücklich verneint. Dieser habe, so bekundete der Beklagte, jedoch gewusst, dass das Pferd nicht einfach war. Jedoch kann sich ein Halter unter Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze seinen Halterpflichten auch dann nicht entledigen, wenn mit der Übergabe des Pferdes an einen Handelsstall ein vager Hinweis darauf erteilt wird, dass das Pferd - so hat der Beklagte das Pferd in der mündlichen Verhandlung beschrieben - "widerspenstig", nicht einfach anzureiten und "nicht einfach zu händeln" sei. Insbesondere hat der Beklagte, wie er selbst erklärt hat, trotz der von ihm selbst erkannten "Schwierigkeit" des Pferdes keine näheren Anweisungen bzw. Instruktionen erteilt, wie mit diesem Tier umzugehen ist und dazu, dass und wie eine Informationsweitergabe zum "schwierigen Charakter" des Tieres an Dritte, wie dem Kläger, die mit dem Tier in Kontakt kommen, zu erfolgen hat.

Dem Beklagten ist auch der Kausalitätsgegenbeweis nicht gelungen. Die pauschale Behauptung, dass ein Tierhalter das spontane Austreten des Pferdes ohnehin nicht verhindern könne, ist ebenfalls unzulänglich. Dass der Unfall auch bei pflichtgemäßer Auswahl, Anweisung und Überwachung ebenfalls eingetreten wäre, ist nicht erwiesen. Es steht insbesondere nicht fest, dass bei Sicherstellung einer hinreichenden Information bzw. Informationsweitergabe an den Beklagten zum offenbar äußerst schwierigen, wenn nicht gar bösartigen Charakter des Pferdes der Unfall ebenfalls eingetreten wäre.

Entgegen der Auffassung des Beklagten fehlt es vorliegend auch nicht am sog. Schutzzweckzusammenhang. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass unter dem Gesichtspunkt des "Handelns auf eigene Gefahr" oder der "bewussten Risikoübernahme" die Haftung eines Tierhalters nach Abwägung aller Umstände entfallen kann, wenn der Verletzte bewusst ungewöhnliche Risiken übernimmt, also solche, die über die gewöhnliche mit einem Tier dieser Art und seiner üblichen Nutzung verbundenen Risiken hinausgehen und sich gerade dieses Risiko auswirkt (vgl. Palandt/Sprau, BGB, § 833 Rn. 8 u.a. mit Verweis auf BGH, Urteil vom 30. April 2013, VI ZR 13/12, zit nach juris). Eine derartige Konstellation liegt im vorliegenden Fall ersichtlich nicht vor. Dem Beklagten ging es allein darum, seinem Mitarbeiter, dem Zeugen C, zur Hilfe zu eilen. Selbst wenn dem Kläger ein anderer, sicherer Weg zu seinem Mitarbeiter zur Verfügung gestanden hätte, was nicht festgestellt ist, käme ein Haftungsausschluss nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht in Betracht.

Dem Kläger ist allerdings ein Mitverschuldensvorwurf zu machen. Nach § 254 Abs. 1 BGB hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, in wie weit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Die hiernach vorzunehmende Abwägung führt zu einer Mithaftung des Klägers mit einer Quote von 50 %. Der Kläger war durch das - nach seinen eigenen Angaben unvermittelte und grundlose - zweifache Austreten des Pferdes gegenüber seinem Mitarbeiter C, wie dieser bei seiner Aussage angegeben hat, im Vorfeld hinreichend vor der Gefährlichkeit des Pferdes gewarnt. Auch wenn ein alternativer Weg zu seinem Mitarbeiter aufgrund der örtlichen Verhältnisse nicht zur Verfügung gestanden hat, wie der Kläger bekundete, durfte er sich - nach diesem Vorgeschehen - dem Pferd nicht ohne hinreichende Eigensicherung von hinten so weit nähern, dass er von diesem hat getreten werden können. Insoweit hätte es ihm vielmehr oblegen, zunächst die Gefahrenquelle zu beseitigen, also das Pferd mit entsprechenden Hilfsmitteln zum Umdrehen zu veranlassen und es wegzuführen bzw. in eine der leeren Boxen, vor denen es angebunden war, zu stellen, anstatt den Versuch zu unternehmen, von hinten an dem Pferd auf der Stallgasse vorbeizugehen. Auch hat der Kläger, der in der konkreten Situation aufgrund des zwischenzeitlichen Rückrufes des Rettungsdienstes abgelenkt war, nicht seine gesamte Aufmerksamkeit dem - erwiesen gefährlichen - Pferd widmen können. Auch die grundsätzlich anerkennenswert Motivation des Klägers, seinem verletzten Mitarbeiter erste Hilfe leisten zu wollen, und die sicherlich gegebene Ausnahmesituation im beruflichen Alltag des Klägers können den allgemeinen Grundsatz, dass Eigensicherung bzw. Beseitigung der Gefahrenquelle einer Hilfeleistung vorgehen, nicht außer Kraft setzen. Bei Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge ergibt sich damit eine Mithaftungsquote des Klägers von 50%.

2.

Die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind Teil des zu ersetzenden Schadens und berechnen sich aus dem Streitwert der berechtigter Weise geltend gemachten Forderung. Unter Berücksichtigung der Mitverschuldensquote und der angesetzten 0,65 Geschäftsgebühr errechnet sich zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ein Anspruch in Höhe von 455,51 Euro. Die Zinsforderung des Klägers ergibt sich aus den §§ 288, 286 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.