VG Kassel, Urteil vom 28.01.2021 - 1 L 1742/20.KS
Fundstelle
openJur 2021, 5941
  • Rkr:
Tenor

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den ausgeschriebenen Dienstposten der Fachdienstleitung für den Fachdienst 1100 - Personal - mit der Beigeladenen zu besetzen, solange nicht bestandskräftig über die Bewerbung der Antragstellerin entschieden worden ist.

Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Antragsgegner.

Der Streitwert wird auf 15.524,61 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin erwarb am 31. August 1980 die Befähigung für den gehobenen Dienst in der allgemeinen Verwaltung. Seit dem 1. April 2005 ist sie bei dem Antragsgegner als Beamtin beschäftigt. Mit Wirkung vom 1. März 2015 wurde sie - zunächst befristet - als Beraterin in der Erziehungsberatungsstelle des Antragsgegners eingesetzt. In der Folgezeit wurde ihr diese Stelle auf Dauer übertragen. Grund hierfür war, dass die Antragstellerin zwischenzeitlich ein Psychologiestudium an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg erfolgreich absolviert hatte. Zum 1. April 2017 wurde sie zur Amtsrätin (A12, Laufbahn gehobener Dienst) befördert.

Im Jahr 2018 begehrte die Antragstellerin die Zulassung zum Laufbahnwechsel in die Laufbahn des höheren sozialen Dienstes und erhob, nachdem diesbezüglich Antrag und Widerspruch erfolgslos geblieben waren, unter dem Aktenzeichen 1 K 374/19.KS vor dem Verwaltungsgericht Kassel Klage. Eine weitere Klage machte sie anhängig mit dem Ziel, ihr Schadensersatz wegen Nichtbeförderung zu bewilligen (Aktenzeichen 1 K 273/19.KS).

Beide Verfahren wurden durch gerichtlichen Vergleich am 25. Mai 2020 beendet. In diesem Vergleich verpflichtete sich der Antragsgegner, der Antragstellerin rückwirkend ab dem 1. April 2019 eine Verwendungszulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der Besoldungsgruppe A12 und A13 zu zahlen. Ferner verpflichtete sich der Antragsgegner, die Antragstellerin zum 1. Juli 2020 zur Oberamtsrätin (A13 gehobener Dienst, Laufbahn allgemeine Verwaltung) zu befördern. Als Gegenleistung nahm die Antragstellerin ihre Bewerbung auf die ausgeschriebene Stelle im höheren Dienst zurück. In Erfüllung dieses Vergleichs beförderte der Antragsgegner die Antragstellerin zum 1. Juli 2020 zur Oberamtsrätin (A13 gehobener Dienst).

Im Juli 2020 schrieb der Antragsgegner die Stelle einer Fachdienstleitung für den Fachdienst 1100 - Personal - im Internet aus. Als zwingende Voraussetzungen wurden entweder (1) ein 2. juristisches Staatsexamen mit einer mindestens fünfjährigen Berufserfahrung und eine mehrjährige, erfolgreiche Führungserfahrung oder Bereitschaft zur Teilnahme am Führungskräfteentwicklungsprogramm des Landkreises X-Stadt genannt, alternativ (2) die abgeschlossene Laufbahnprüfung für den gehobenen, allgemeinen Verwaltungsdienst sowie mindestens ein Statusamt der Besoldungsgruppe A11 und überdurchschnittliche Leistungen sowie eine mehrjährige, erfolgreiche Führungserfahrung, oder (3) bei Tarifbeschäftigten die Qualifizierung zum Verwaltungsfachwirt, der Entgeltgruppe E11 sowie mindestens mehrjährige erfolgreiche Führungserfahrungen.

In der Ausschreibung heißt es ferner:

"Die Stelle ist bewertet nach A15 HBesG. Die Stellenbesetzung erfolgt je nach Vorliegen der sich aus dem Laufbahn- und Tarifrecht ergebenden persönlichen und sonstigen Voraussetzungen bis zur Besoldungsgruppe A15 HBesG bzw. bis zu EG15 TVöD. Die Stelle bietet für Beamte (m/w/d) mit abgeschlossener Laufbahnprüfung für den gehobenen, allgemeinen Verwaltungsdienst bei entsprechenden Leistungen im Rahmen der laufbahnrechtlichen Vorschriften die Möglichkeit zum Aufstieg in den höheren Dienst. Für Tarifbeschäftigte mit der Qualifizierung zum Verwaltungsfachwirt (m/w/d) ist im Rahmen der tarifrechtlichen Regelungen eine vergleichbare Möglichkeit zu prüfen."

Mit Schreiben vom 30. Juli 2020 bzw. 3. August 2020 bewarben sich die Antragstellerin und die Beigeladene sowie ein weiterer Bewerber (Statusamt A 10) um den ausgeschriebenen Dienstposten.

Im Rahmen des Auswahlverfahrens zog der Antragsgegner für die beiden Bewerberinnen jeweils dienstliche Beurteilungen heran. Die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin vom 16. Juli 2019 (Unterschrift des Zweitbeurteilers) endet mit dem Gesamturteil "D - entspricht voll den Anforderungen". Beurteilungszeitraum ist der 1. Juli 2015 bis zum 30. Juni 2018. Ausweislich der Beurteilung handelt es sich um eine "Entwicklungsbeurteilung". In dem Feld "Entgelt-/Besoldungsgruppe" ist die A12 angegeben.

Die vergebenen Einzelnoten liegen im Bereich zwischen C ("Entspricht eingeschränkt den Anforderungen") und D ("Entspricht voll den Anforderungen"). Eine Begründung des Gesamturteils erfolgte nicht.

Die Beigeladene befindet sich derzeit in dem Statusamt einer Oberamtsrätin (A 13 gehobener Dienst). Sie versah ihren Dienst ab dem 1. Oktober 1998 bei dem Regierungspräsidium Kassel als Beamtin des Landes Hessen. Vom 1. Oktober 2016 bis zum 31. März 2017 war sie zum Antragsgegner abgeordnet und wurde, nachdem sie zwischenzeitlich wieder zum Regierungspräsidium Kassel zurückgekehrt war, mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 zum Antragsgegner versetzt.

Für die Beigeladene wurde beim Regierungspräsidium Kassel eine Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis zum 30. Juni 2016 erstellt. Diese schloss mit der Gesamtnote "Die Leistungen und Befähigungen liegen im Spitzenbereich" ab. Der Antragsgegner fertigte für den Beurteilungszeitraum vom 1. Oktober 2017 bis zum 30. Juni 2018 für sie eine "Entwicklungsbeurteilung", sie datiert auf den 16. Oktober 2019. Die Einzelmerkmale bewegen sich zwischen der Bewertungsstufe E ("Übertrifft die Anforderungen") und G ("Liegt im Spitzenbereich"). Das Gesamturteil lautet: "F - Übertrifft erheblich die Anforderungen". Eine Begründung des Gesamturteils erfolgte ebenfalls nicht.

Mit Datum vom 11. August 2020 erstellte der Antragsgegner einen Auswahlvermerk (Bl. 21 bis 23 des Auswahlvorgangs). In der Begründung heißt es, das Gesamturteil der Beigeladenen liege eine Bewertungsstufe über dem Gesamturteil der Antragstellerin. Unter Berücksichtigung des beurteilten Statusamtes ergebe sich ein Unterschied von mehr als einer Bewertungsstufe zwischen den beiden Bewerber/-innen. Auch in den Einzelmerkmalen, die einen Bezug zum Anforderungsprofil der Stellenausschreibung bildeten, unterscheide sich die Beigeladene wesentlich um eine bis teilweise mehr als eine Bewertungsstufe von der Antragstellerin. Es ergebe sich ein eindeutiges Ergebnis, sodass Vorstellungsgespräche entbehrlich seien.

Berücksichtigt wurde bei dem Leistungsvergleich anhand der dienstlichen Beurteilungen auf Seiten der Beigeladenen auch deren beim Regierungspräsidium Kassel erstellte Beurteilung. Es heißt dort u.a.:

"Im Zeitraum 01.10.2016 bis 31.03.2017 war Frau Y. zur Kreisverwaltung X-Stadt abgeordnet. Die gezeigten Leistungen während der Abordnung stimmen mit den beurteilten Leistungen der Regelbeurteilung des Regierungspräsidiums Kassel sowie der Entwicklungsbeurteilung der Kreisverwaltung X-Stadt überein."

Zusammenfassend wurde für die Beigeladene festgestellt, dass sie über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren Leistungen und Befähigungen gezeigt habe, die die Anforderungen erheblich überträfen bzw. im Spitzenbereich lägen. Die Auswahl erfolgte dann anhand des Gesamturteils, hilfsweise auch anhand der Einzelmerkmale.

Mit Beschlussvorlage vom 12. August 2020 (Bl. 26 und 27 des Auswahlvorgangs) wurde die beabsichtigte Stellenbesetzung dem Kreisausschuss des Antragsgegners vorgelegt. In der Begründung der Vorlage wurde wiederum auf die dienstlichen Beurteilungen Bezug genommen, zusätzlich heißt es jedoch, eine Bewerberin (Anm.: gemeint ist die Antragstellerin) könne bereits keine überdurchschnittlichen Leistungen sowie Führungserfahrung vorweisen und erfülle damit nicht die vorausgesetzten Anforderungen.

Nach Zustimmung des Personalrates beschloss der Kreisausschuss des Antragsgegners in seiner Sitzung vom 26. August 2020, die Beigeladene zum nächstmöglichen Zeitpunkt als Fachdienstleiterin des Fachbereichs 1100 - Personal - einzusetzen. Es heißt weiter, es sei beabsichtigt, die Beigeladene zum Aufstieg zuzulassen.

Mit Schreiben vom 27. August 2020 (Bl. 10 der Gerichtsakte) teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass ihre Bewerbung keine Berücksichtigung finden könne. Mit Schreiben vom 10. September 2020 legte die Antragstellerin Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung ein, über den noch nicht entschieden worden ist.

Am 16. September 2020 hat sie den vorliegenden Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Sie trägt vor, bereits die Stellenausschreibung sei fehlerhaft, da diese von Anfang an personenbezogen auf die Beigeladene zugeschnitten worden sei. Zwar sei eine Bewerbungsmöglichkeit für Volljuristen des Landkreises, die bereits in der Behörde tätig seien, mit aufgenommen worden. Hierbei handele es sich aber um einen äußerst begrenzten Bewerberkreis. Für den Antragsgegner sei von vornherein vorhersehbar gewesen, dass sich die beim Landkreis tätigen Volljuristen auf die ausgeschriebene Stelle nicht bewerben würden. Die Anforderungen in der Stellenbeschreibung seien überdies auf eine konkrete Funktion (Dienstposten) und nicht generell auf das Statusamt zugeschnitten worden. Dies verstoße gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung.

Auch der Auswahlvermerk vom 11. August 2020 nehme unter Ziffer 2.1 konkret auf den zu übertragenen Dienstposten Bezug und nicht auf das zu übertragende Statusamt. Daher verstoße bereits die Stellenausschreibung gegen Art. 33 Abs. 2 GG. Soweit die letzten beiden Beurteilungen dem Stellenbesetzungsverfahren zugrunde gelegt worden seien, so habe dies dazu geführt, dass fehlerhaft nicht berücksichtigt worden sei, dass die Antragstellerin zwischenzeitlich, nämlich zum 1. Juli 2020, zur Oberamtsrätin (A13 gehobener Dienst) befördert worden sei.

Die Antragstellerin beantragt,

dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu untersagen, den ausgeschriebenen Dienstposten der Fachdienstleitung für den Fachdienst 1100 - Personal - mit der Beigeladenen zu besetzen, solange nicht bestandskräftig über die Bewerbung der Antragstellerin entschieden worden ist.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor, die Antragstellerin erfülle bereits nicht das zwingend vorausgesetzte Kriterium der mehrjährigen, erfolgreichen Führungserfahrung. Gleichwohl und höchst hilfsweise sei jedoch im Rahmen der Auswahlentscheidung auch ein Leistungsvergleich zwischen der Antragstellerin und den übrigen Bewerbern vorgenommen worden. Bei dieser Auswahlentscheidung seien jeweils die dienstlichen Beurteilungen der Bewerberinnen hinzugezogen worden. Der Beurteilungszeitraum der Antragstellerin umfasse den vollen Zeitraum vom 1. Juli 2015 bis zum 30. Juni 2018. Der Beurteilungszeitraum der Beigeladenen umfasse lediglich den Zeitraum vom 1. Oktober 2017 bis zum 30. Juni 2018, da die Beigeladene mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 vom Land Hessen (Regierungspräsidium Kassel) zurück zur Kreisverwaltung versetzt worden sei. Daher sei für das Auswahlverfahren auch die Regelbeurteilung des Regierungspräsidiums Kassel für den Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis zum 30. Juni 2016 herangezogen worden. Dieser Vergleich der dienstlichen Beurteilungen habe ergeben, dass die Leistungen der Beigeladenen im Gesamturteil besser gewesen seien. Der Beigeladenen sei das Gesamturteil F zuerkannt worden, der Antragstellerin lediglich das Gesamturteil D. Damit liege das Gesamturteil der Antragstellerin zwei Bewertungsstufen unter dem der Beigeladenen. Außerdem habe das Statusamt der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Beurteilung unter dem Statusamt der Beigeladenen gelegen.

Soweit von Seiten der Antragstellerin gerügt werde, das Bewerberfeld sei durch das Merkmal der Führungserfahrung unzulässig eingeengt worden, so sei das unzutreffend. Der Dienstposten des Leiters des Fachdienstes Personal sei dem Statusamt A15 zugeordnet. Dieses Statusamt finde sich im Bereich der allgemeinen Verwaltung nur bei dem Fachdienstleiter des Fachdienstes Rechtsangelegenheiten. Der Leiter der Personalabteilung habe eine so herausragende Position innerhalb der Fachdienstleiter, dass die Führungserfahrung gefordert werden dürfe.

Eine erneute Anlassbeurteilung der Antragstellerin sei nicht erforderlich gewesen. Zwar sei die Antragstellerin zwischenzeitlich zur Oberamtsrätin befördert worden. Die dienstliche Regelbeurteilung habe deswegen jedoch nicht ihre Aktualität verloren. Dies wäre nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 09. Mai 2019 - 2 C 1/18 -, BVerwGE 165, 305-331) nur dann der Fall, wenn die Antragstellerin nach dem Beurteilungsstichtag der letzten Regelbeurteilungen während eines erheblichen Zeitraums wesentlich andere Aufgaben wahrgenommen hätte. Ein erheblicher Zeitraum liege nur dann vor, wenn bei einem 3-jährigen Regelbeurteilungszeitraum die anderen Aufgaben mindestens zu 2/3 des Beurteilungszeitraums wahrgenommen worden seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 28. September 2020 Frau Y. zu dem Verfahren beigeladen. Die Beigeladene äußert sich nicht zur Sache und stellt auch keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf Gerichts- und Behördenakte sowie die Personalakten der Beteiligten.

II.

Der als Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung gem. § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag ist begründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung eines bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung für eine Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO sind sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch. Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich ("glaubhaft") sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Der Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist.

Ein Anordnungsgrund liegt vor.

Bei Streitigkeiten auf beamtenrechtlicher Grundlage, die auf die Verhinderung einer Ernennung oder Beförderung abzielen, ist der Anspruch eines übergangenen Bewerbers im Hauptsacheverfahren grundsätzlich - nach Abschluss des Vorverfahrens - im Wege einer auf Bescheidung gerichteten Verpflichtungsklage zu verfolgen. Da in dieser prozessualen Situation die Ernennung eines Konkurrenten in der Regel zu einer Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache führt, kann ein übergangener Bewerber vor Klageerhebung regelmäßig im Wege einer Sicherungsanordnung vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch nehmen, um den von ihm geltend gemachten Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG zu sichern. Allein auf diese Weise kann ein abgelehnter Bewerber verhindern, dass durch die Ernennung des ausgewählten Konkurrenten vollendete Tatsachen geschaffen werden und sich der Streit um die Beförderungsauswahl erledigt (st. Rspr. der Kammer, vgl. VG Kassel, Urteil vom 22. November 2019 - 1 K 130/17.KS -, juris, und Beschluss vom 11. November 2019 - 1 L 1289/19.KS -, juris).

Für Dienstpostenvergaben gilt Entsprechendes nur dann, wenn es sich um vorverlagerte Auswahlentscheidungen handelt. Dies ist dann der Fall, wenn eine Koppelung der Vergabe des Dienstpostens mit der des Statusamtes vorgenommen wird, bei der die Auswahl für den Dienstposten die für das Statusamt vorwegnimmt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 -, juris; Beschluss vom 16. Oktober 2007- 4 S 2020.07 -, juris) oder wenn der Dienstposten die Erfüllung von Voraussetzungen ermöglicht, die für die nachfolgende Vergabe des Statusamts zwingend sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, und Urteil vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 -, jeweils juris).

Die Auswahlentscheidung nimmt hier zwar nicht die spätere Vergabe des Beförderungs(status)amts vorweg, denn eine Beförderung der Beigeladenen ist derzeit nicht beabsichtigt, jedenfalls steht sie nicht konkret bevor. In dem Beschluss des Kreisausschusses des Antragsgegners vom 26. August 2020 heißt es hierzu lediglich, dass nach der Übertragung des Dienstpostens beabsichtigt sei, die Beigeladene zum Aufstieg zuzulassen. Die streitgegenständliche Entscheidung enthält damit weder eine Zulassung zum Aufstieg noch eine Auswahlentscheidung hinsichtlich der künftigen Vergabe eines Statusamts der Besoldungsgruppe A 14.

Mit der streitigen Auswahlentscheidung wurde allerdings über die Vergabe eines Dienstpostens entschieden, der die Möglichkeit für einen Aufstieg bietet, und damit über eine zwingende Voraussetzung für einen Laufbahnaufstieg. Diese Auswahlentscheidung würde es der Beigeladenen ermöglichen, sich nach Übernahme des Dienstpostens unmittelbar für den Laufbahnaufstieg zum höheren Dienst zu bewerben. Damit liegt ein Anordnungsgrund vor, denn mit der Vergabe des Dienstpostens und der damit verbundenen Möglichkeit der Zulassung zum Aufstieg wird faktisch eine Statusentscheidung vorweggenommen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Dezember 2016 - 4 S 2078/16 -, juris).

Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsanspruch setzt voraus, dass die getroffene Auswahlentscheidung fehlerhaft ist und es jedenfalls möglich erscheint, dass der unterlegene Bewerber bei einer rechtsfehlerfreien Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählt würde (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 16. Januar 2019 - 1 B 229/18 -, juris).

Das durchgeführte Auswahlverfahren verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin.

Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistet das Recht jedes Deutschen auf Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung und sichert so den Bewerbungsverfahrensanspruch. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen, die durch Art. 33 Abs. 2 GG bzw. die zu seiner Konkretisierung ergangenen einfachgesetzlichen Vorschriften gedeckt sind, zurückgewiesen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. September 2019 - 1 WDS-VR 7.19 -, juris; Hess. VGH, Beschluss vom 28. November 2019 - 1 B 372/19 -, juris). Der Grundsatz der Bestenauswahl vermittelt jedem Bewerber ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 -, juris m.w.N.) und gilt nicht nur bei Neueinstellungen, sondern auch bei Beförderungsentscheidungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2010 - 2 C 22.09 -, BVerwGE 136, 140, zit. nach juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Oktober 2019 - 4 S 2420/19 -, juris).

Mit den Begriffen "Eignung, Befähigung und fachliche Leistung" eröffnet Art. 33 Abs. 2 GG einen Beurteilungsspielraum des Dienstherrn. Die Beurteilung dieser Merkmale ist überwiegend ein Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Der pflichtgemäßen Beurteilung des Dienstherrn ist es überlassen, welchen (sachlichen) Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimisst und in welcher Weise er den verfassungsrechtlichen Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28. November 2019 - 1 B 372/19 -, juris).

Ausgangspunkt dieses für die Auswahlentscheidung vorzunehmenden Vergleichs sind in erster Linie die aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber (erste Ebene). Beurteilungsmaßstab bei dienstlichen Beurteilungen sind dabei die Anforderungen des (ausgeübten oder angestrebten) statusrechtlichen Amtes, nicht hingegen die Anforderungen der (aktuellen oder beabsichtigten) konkreten dienstlichen Verwendung des Beamten (Amt im konkret-funktionellen Sinn, Dienstposten). Besteht auf der Grundlage der Gesamturteile der aktuellen dienstlichen Beurteilungen ein annähernder Gleichstand der Bewerber (sog. qualifikatorisches Patt), hat eine umfassende inhaltliche Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilung anhand der in ihnen enthaltenen statusamtsbezogenen Einzelbewertungen zu erfolgen - sog. Ausschöpfung/Ausschärfung (Hess. VGH, Beschluss vom 16. April 2020 - 1 B 2734/18 -, juris).

Ergibt der Qualifikationsvergleich nach den Gesamturteilen der aktuellen dienstlichen Beurteilungen sowie nach Ausschöpfung der in ihnen enthaltenen Einzelbewertungen eine im Wesentlichen gleiche Eignung der Bewerber, liegt es im Ermessen des Dienstherrn, welche weiteren leistungsbezogenen Erkenntnisquellen (zweite Ebene) er zur Bestenauslese im Auswahlverfahren heranzieht. Als leistungsbezogene Erkenntnisquellen kommen frühere dienstliche Beurteilungen unter dem Blickwinkel der Kontinuität und der (prognostischen) Entwicklung des Leistungsbildes der Bewerber in Betracht (vgl. Lorse, Dienstliche Beurteilung, 7. Aufl. 2020, Rn. 108), aber auch in einem sog. nichtkonstitutiven (fakultativen) Anforderungsprofil enthaltene Qualifikationserwartungen des Dienstherrn, die zudem an Erfordernisse des zu vergebenden konkreten Dienstpostens anknüpfen können. Auf dieser zweiten Ebene sind auch auf konkrete Anforderungen des zu besetzenden Dienstpostens bezogene strukturierte Auswahlgespräche als leistungsbezogene Erkenntnisquellen zulässig (Hess. VGH, Beschluss vom 16. April 2020 - 1 B 2734/18 -, juris Rn. 62). Als zusätzliche Erkenntnismittel sind dabei Assessment Center nicht grundsätzlich, aber im Ausnahmefall taugliches Hilfsmittel (vgl. Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2015, Anh. 2, Rn. 137).

Nach diesen Maßstäben leidet das durchgeführte Auswahlverfahren an mehreren Mängeln.

So ist die Auswahlentscheidung bereits deshalb rechtswidrig, weil sie auf einem fehlerhaften Anforderungsprofil beruht. Dieses enthält ein nicht zulässiges zwingendes Merkmal in Form der verlangten "mehrjährigen erfolgreichen Führungserfahrung". Die Bewerbung der Antragstellerin wurde ausweislich der Beschlussvorlage vom 12. August 2020 auch deshalb zurückgewiesen, weil sie diese Führungserfahrung nicht vorweisen konnte.

Auswahlentscheidungen sind grundsätzlich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen, die auf das Statusamt bezogen sind und eine Aussage dazu treffen, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amts und dessen Laufbahn gewachsen ist. Eine Einengung des Bewerberfelds anhand der Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens ist hiermit nicht vereinbar (std. Rspr. des BVerwG, vgl. Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - und des Hess. VGH, Beschluss vom 08. Februar 2018 - 1 B 1830/17 -, beide zit. nach juris). Grund hierfür ist, dass nicht die konkrete Stelle, sondern das Statusamt Gegenstand einer Auswahlentscheidung ist. Im Übrigen kann ein Beamter jederzeit versetzt werden und es kann von Beamten erwartet werden, Qualifikationen zu erwerben und sich einzuarbeiten, so dass zwingende Vorgaben an eine Qualifikation eines Bewerbers nur ausnahmsweise gefordert werden dürfen. Ausschlusskriterien dürfen folglich nur dann in ein Anforderungsprofil aufgenommen werden, wenn es sich um besondere Fachkenntnisse und Fähigkeiten handelt, die ein Laufbahnbewerber nicht mitbringt und die er sich auch in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle (vgl. auch VG Kassel, Urteil vom 2. Mai 2018 - 1 K 3887/17.KS -).

Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob die Wahrnehmung des streitbefangenen Dienstpostens überhaupt zwingend eine mehrjährige Führungserfahrung voraussetzt. Insoweit wurde von Seiten des Antragsgegners nicht substantiiert dargelegt, warum diese Qualifikation nicht auch im Dienstbetrieb erworben werden kann. Allein der Umstand, dass der Leiter der Personalabteilung eine "herausragende Position innerhalb der Fachdienstleiter" hat, sagt noch nichts darüber aus, warum ein Bewerber unbedingt diese Führungserfahrung bereits aufweisen muss.

Letztlich kann dies aber deshalb dahingestellt bleiben, weil nicht ersichtlich ist, warum diese mehrjährige erfolgreiche Führungserfahrung bei solchen Bewerberinnen und Bewerbern, die über das 2. juristische Staatsexamen verfügen, durch die Bereitschaft zur Teilnahme am Führungskräfteentwicklungsprogramm des Landkreises X-Stadt ersetzt werden kann, während hingegen dies bei allen anderen Bewerbern nicht möglich sein soll. Insoweit ist das Anforderungsprofil in sich unschlüssig und nicht nachvollziehbar.

Der Kammer ist aus eigener Anschauung bekannt, dass die juristische Ausbildung keine Führungserfahrung vermittelt; dies ist weder Gegenstand des Jurastudiums noch des Referendariats. Aus diesem Grund ist es unverständlich, dass Bewerber mit 2. Staatsexamen auch in die engere Auswahl einbezogen werden, wenn sie keine Führungserfahrung ausweisen, während alle anderen Bewerber, darunter auch die Antragstellerin, bereits vorab ausgeschlossen werden. Ein solches Vorgehen ist mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht zu vereinbaren.

Rechtswidrig ist das Anforderungsprofil ferner deshalb, weil die geforderten fachlichen Anforderungen (entweder 2. juristisches Staatsexamen oder abgeschlossene Laufbahnprüfung für den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst oder bei Tarifbeschäftigten Qualifizierung zum Verwaltungsfachwirt) ebenfalls nicht nachvollziehbar und damit rechtswidrig sind. Es steht dem Antragsgegner frei, neben Beamtinnen und Beamten, die bereits die Laufbahnprüfung für den höheren Verwaltungsdienst aufweisen, auch solche Beamte oder Tarifbeschäftigte zuzulassen, die die Qualifikation erst im Wege des Aufstiegs erwerben wollen (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 13. Juni 2003 - 9 E 5169/01 -, juris). Nicht zulässig ist es jedoch, nur bestimmte Laufbahnbewerber im höheren Dienst, nämlich solche, die ein juristisches 2. Staatsexamen vorweisen, zuzulassen und sonstige Bewerber des höheren Dienstes bereits vorab auszuschließen. Wie sich aus § 15 Abs. 4 HBG ergibt, sind der Masterabschluss oder ein gleichwertiger Studienabschluss dem 2. juristischen Staatsexamen gleichzusetzen. Dass hier zwingend juristische Fachkenntnisse erforderlich wären und deshalb andere Bewerber des höheren Dienstes auszuschließen seien, kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil die Bewerberinnen und Bewerber des gehobenen Dienstes ebenfalls nicht über eine juristische Ausbildung verfügen.

Darüber hinaus ist die Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen auch deshalb rechtswidrig, weil sie auf einer lückenhaften und damit unzureichenden Tatsachengrundlage beruht.

Dabei ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner dienstliche Beurteilungen herangezogen hat, die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung (Beschluss des Kreisausschusses am 26. August 2020) bereits älter als ein Jahr waren. Sowohl die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin als auch die der Beigeladenen umfassen einen Zeitraum, der am 30. Juni 2018 endete. Damit liegen mehr als zwei Jahre zwischen dem Ende des jeweiligen Beurteilungszeitraums und der Auswahlentscheidung.

Nach der Rechtsprechung der Kammer (vgl. VG Kassel, Beschluss vom 28. Februar 2019 - 1 L 2526/18.KS -, juris) verstößt es regelmäßig nicht gegen den Grundsatz der Bestenauslese aus Art. 33 Abs. 2 GG, wenn einer Auswahlentscheidung eine dienstliche Regelbeurteilung zugrunde gelegt wird, deren Beurteilungszeitraumende im Zeitpunkt der Auswahl zwar mehr als ein Jahr (anders noch VG Kassel, Beschluss vom 3. März 2010 - 1 L 1312/09.KS -), aber noch nicht länger als drei Jahre zurückliegt. Rechtsgrundlage hierfür ist § 39 Abs. 1 Satz 3 HLVO. Diese Rechtsauffassung, die sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stützen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 2 C 1/18 -, juris, offengelassen jedoch vom Hess. VGH, Beschluss vom 22. Juni 2016 - 1 B 649/16 -, juris) wird inzwischen auch vom VG Wiesbaden (Beschluss vom 18. März 2020 - 3 L 514/18.WI -) geteilt, das seine vorherige Auffassung, wonach eine Regelbeurteilung nicht älter als ein Jahr sein dürfe, ausdrücklich aufgegeben hat. Da es sich vorliegend um Regelbeurteilungen handelt, durften diese grundsätzlich berücksichtigt werden, da sie zwar älter als ein Jahr, aber jünger als drei Jahre waren.

Entgegen der Rechtsauffassung des Antragsgegners war jedoch im Falle der Antragstellerin hiervon eine Ausnahme deshalb zu machen, weil sie nach Ende des letzten Beurteilungszeitraums, aber vor der Auswahlentscheidung befördert worden war. Soweit der Antragsgegner aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 09. Mai 2019 - 2 C 1.18 -, BVerwGE 165, 305-331) die Rechtsauffassung ableiten will, dass lediglich bei einer wesentlichen Aufgabenveränderung eine Anlassbeurteilung vorzunehmen sei (vgl. den Schriftsatz vom 27. November 2020), so folgt die Kammer dem nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat gerade in der vom Antragsgegner zitierten Entscheidung Gegenteiliges festgestellt. In Rn. 42 heißt es:

"Mögliche ‚Anlässe‘ und Konstellationen, in denen sich - auch in einem auf Regelbeurteilungen basierenden Beurteilungssystem - der Bedarf nach einer Anlassbeurteilung unabweisbar aufdrängt, weil dem Dienstherrn ohne eine solche ein Bewerbervergleich nicht möglich ist, sind z.B., dass Bewerber wegen Überschreitens eines bestimmten Lebensalters oder wegen der Wertigkeit ihres Statusamtes nicht mehr der Regelbeurteilungspflicht unterliegen, dass ein Bewerber nach der letzten Regelbeurteilung schon einmal befördert worden ist und nun eine erneute Beförderung anstrebt, ggf. auch nach oder vor einer Versetzung oder mit Blick auf eine laufbahnrechtliche Erprobung (vgl. etwa Schnellenbach/Bodanowitz, a.a.O. § 11 Rn. 13 f. m.w.N.)."

Der hier vorliegende Fall, dass also ein Bewerber nach der letzten Regelbeurteilung befördert wurde und nun eine erneute Beförderung anstrebt, wird vielmehr ausdrücklich als Beispiel dafür genannt, bei dem eine Anlassbeurteilung zwingend erfolgen muss. Dies ist auch vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Obergerichte konsequent, denn nach dem Grundsatz der Statusamtsbezogenheit muss eine dienstliche Beurteilung die Anforderungen des statusrechtlichen Amtes zum Anknüpfungspunkt haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2006 - 2 B 2.06 -, juris; Hess. VGH, Beschluss vom 27. September 2007 - 1 UZ 1158/07 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.Oktober 2008 - 2 A 10593/08.OVG -, juris). Ändert sich das Statusamt und damit auch die Vergleichsgruppe, so muss eine neue (Anlass-) Beurteilung erstellt werden.

Als Konsequenz aus dieser Rechtsprechung durfte der Antragsgegner nicht die - ansonsten unproblematisch noch zu berücksichtigende - dienstliche Beurteilung aus dem Jahr 2018 heranziehen, sondern hätte für die Antragstellerin zumindest ergänzend eine Anlassbeurteilung erstellen müssen.

Rechtswidrig ist der Leistungsvergleich zwischen Antragstellerin und Beigeladener auch deshalb, weil bei der Beigeladenen keine lückenlos aufeinanderfolgenden dienstlichen Beurteilungen vorgelegen haben, sondern vielmehr eine Beurteilungslücke bestand.

Es entspricht der feststehenden höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung, dass dienstliche Beurteilungen in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich lückenlos aufeinander folgen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2001 - 2 C 41.00 -, juris; Hess. VGH, Beschluss vom 1. Dezember 2008 - 1 B 1766/08 -, n.v.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20. Juni 2012 - 2 B 10469/12 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Mai 1995 - 1 A 2881/91 -, RiA 1997, 45; OVG Niedersachsen, Urteil vom 20. November 2000 - 2 L 3264/00 -, alle m.w.N.). Nur so ist gewährleistet, dass etwaige Leistungsschwankungen eines Beamten während seines dienstlichen Werdeganges in positiver wie negativer Hinsicht erfasst werden können und dementsprechend ein aussagekräftiges Bild über seine Leistungsentwicklung abgegeben werden kann. Demzufolge ist eine Auswahlentscheidung dann rechtswidrig, wenn sie sich auch auf ältere dienstliche Beurteilungen stützt, diese aber nicht lückenlos aufeinander folgen.

Bei der Beigeladenen ist dies der Fall. Neben der aktuellen dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen vom 16. Oktober 2019, die den Zeitraum vom 1. Oktober 2017 bis zum 30. Juni 2018 erfasst, hat der Antragsgegner auch die beim Regierungspräsidium Kassel erstellte dienstliche Beurteilung in das Auswahlverfahren einbezogen. Dies war erforderlich, weil der Beurteilungszeitraum von 9 Monaten nicht ausgereicht hätte, um ein verlässliches Bild über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beigeladenen zu erlangen. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. VG Kassel, Beschluss vom 22. April 2013 - 1 L 1461/12.KS -, n.v.; Beschluss vom 28. Februar 2014 - 1 L 835/13.KS -, n.v.; ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 28. Mai 2009 - 1 Bs 70/09 -, juris) ist eine dienstliche Beurteilung erst dann hinreichend aussagekräftig und kann damit Grundlage für ein Auswahlverfahren sein, wenn sie einen Zeitraum von mindestens einem Jahr abdeckt; ist dies nicht der Fall, so sind vorangegangene dienstliche Beurteilungen hinzuzuziehen.

Dabei wurde jedoch nicht beachtet, dass die bei Regierungspräsidium Kassel erstellte dienstliche Beurteilung der Beigeladenen lediglich für den Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis zum 30. Juni 2016 erstellt wurde. Die Zeit vom 1. Juli 2016 bis zum 30. September 2017 wurde damit weder vom vorherigen noch vom aktuellen Dienstherrn in einer Beurteilung erfasst, was nach obiger Rechtsprechung zur Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung führt. Dass der Antragsgegner in dem Auswahlvermerk vom 11. August 2020 vermerkt hat, dass die Leistungen der Beigeladenen im Zeitraum vom 1. Oktober 2016 bis zum 31. März 2017 mit den beurteilten Leistungen der Regelbeurteilung des Regierungspräsidiums Kassel sowie der Entwicklungsbeurteilung der Kreisverwaltung X-Stadt übereinstimmten, vermag eine dienstliche Beurteilung nicht zu ersetzen.

Schließlich ist die Auswahlentscheidung auch deshalb rechtswidrig, weil sie auf rechtswidrigen dienstlichen Beurteilungen beruht. Entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung fehlt es sowohl bei Antragstellerin als auch bei der Beigeladenen an einer Begründung des Gesamturteils.

Mängel einer dienstlichen Beurteilung können zwar bewirken, dass auch die Auswahlentscheidung rechtswidrig ist (etwa Kammerbeschluss vom 30. Juni 2017 - 1 L 2007/17.KS -, nicht veröffentlicht); sie müssen es aber nicht (näher Kammerbeschluss vom 11. Januar 2016 - 1 L 2133/15.KS -, juris). Fehlerhafte Beurteilungen führen jedenfalls dann zur Fehlerhaftigkeit der abschließenden Auswahlentscheidung, wenn die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, anzuwendende Begriffe oder den rechtlichen Rahmen - in dem sie sich frei bewegen kann - verkannt hat oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2016- 2 BvR 2223/15 -, juris Rn. 70).

Dies ist hier der Fall. Die der Auswahl zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen genügen nicht den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen über die Nachvollziehbarkeit der Begründung und sind daher rechtswidrig.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich das Gesamturteil nachvollziehbar und plausibel aus den Einzelbewertungen herleiten lassen. Dabei kann keine Folgerichtigkeit nach rechnerischen Gesetzmäßigkeiten, etwa in der Art, dass die Gesamtwertung das arithmetische Mittel aus den Einzelnoten sein muss, gefordert werden. Vielmehr ist umgekehrt die rein rechnerische Ermittlung des Gesamturteils ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage unzulässig. Sie verbietet sich bei dienstlichen Beurteilungen, bei denen die Bildung eines Gesamturteils vorgesehen ist, mit dem die Einzelwertungen in einer nochmaligen eigenständigen Wertung zusammengefasst werden. Denn bei der Bildung des Gesamturteils wird die unterschiedliche Bedeutung der Einzelbewertungen durch eine entsprechende Gewichtung berücksichtigt (dazu BVerwG, Urteil vom 21. März 2007 - 2 C 2/06 -, juris). Die Begründung des Gesamturteils hat dabei schon in der dienstlichen Beurteilung selbst zu erfolgen. Anders als etwa bei nachträglich erhobenen Einwänden gegen Einzelbewertungen in der dienstlichen Beurteilung genügt es nicht, das Gesamturteil nachträglich zu plausibilisieren. Die Begründungspflicht für das Gesamturteil einer dienstlichen Beurteilung bei uneinheitlichem Leistungsbild zielt auf die Herstellung einer materiell richtigen Entscheidung und nicht auf ihre Darstellung. Dies kann durch eine nachträgliche Begründung nicht erreicht werden. Auch die erforderliche Einheitlichkeit und gleiche Anwendung der den dienstlichen Beurteilungen zugrundeliegenden Maßstäben kann nur dann hinreichend gewährleistet und ggf. gerichtlich überprüft werden, wenn diese in der dienstlichen Beurteilung offen- und niedergelegt sind. Andernfalls besteht das naheliegende Risiko, dass "jeweils nachträglich ein ‚passendes‘ Kriterium für denjenigen Beamten nachgeschoben wird, der ein Rechtsmittel eingelegt hat" (BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 2 C 21.16 -, juris; zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 1. März 2018 - 2 A 10.17 -, juris). Der Dienstherr kann nur dann auf die dienstliche Beurteilung als maßgebliche Entscheidungsgrundlage seiner Auswahl abstellen, wenn sich hieraus verlässliche Bewertungen für die Ämtervergabe ergeben. Im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens ist es Sache des Dienstherrn, festzulegen, welches Gewicht er den einzelnen Merkmalen beimessen will (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28. April 2016 - 1 B 356/16 -, n. v.). Das abschließende Gesamturteil ist durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte zu bilden, wobei auch die Gewichtung einer Begründung bedarf. Denn nur so kann die Einhaltung gleicher Maßstäbe gewährleistet und das Gesamturteil nachvollzogen und einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden (BVerwG, Urteil vom 1. März 2018 - 2 A 10.17 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2018 - 6 B 1101/18 -, juris).

Die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil sind dabei umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil nur dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note - vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null - geradezu aufdrängt. (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 -, juris; zum Ganzen: VG Kassel, Beschluss vom 19. Juni 2020- 1 L 3000/19.KS -, juris; Urteil vom 20. Januar 2020 - 1 K 593/18.KS -, juris, und Beschluss vom 6. Dezember 2018 - 1 L 2421/18.KS -, juris).

Die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin und der Beigeladenen sind nicht in diesem Sinne einheitlich, da jeweils unterschiedliche Einzelnoten vergeben wurden. Die bei der Antragstellerin vergebenen Einzelnoten liegen im Bereich zwischen C ("Entspricht eingeschränkt den Anforderungen") und D ("Entspricht voll den Anforderungen"), bei der Beigeladenen wurden die Einzelmerkmale zwischen der Bewertungsstufe E ("Übertrifft die Anforderungen") und G ("Liegt im Spitzenbereich") bewertet. Bei dieser Sachlage ist nicht ausgeschlossen und jedenfalls nicht im Sinne einer "Ermessensreduzierung auf Null" determiniert, dass eine andere als die gewählte Gesamtnote in Betracht kommt.

Angesichts dieser Fehler des Auswahlverfahrens erscheint die Auswahl der Antragstellerin bei einer erneuten Auswahlentscheidung nicht von vornherein ausgeschlossen, sondern (mindestens) "offen". Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Aussichten des unterlegenen Bewerbers, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, so gestaltet sind, dass seine Auswahl möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, juris). Ist die getroffene Auswahlentscheidung fehlerhaft, kann die Verweigerung vorläufigen Rechtsschutzes in Fällen nur dann in Betracht kommen, wenn es ausgeschlossen erscheint, dass der Antragsteller nach Beseitigung des Mangels den Vorzug vor den Mitbewerbern erhalten wird (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juli 2010 - 1 B 58/10 -, juris). Die Chancen eines Antragstellers auf Auswahl in einem erneuten Auswahlverfahren können demnach auch dann noch offen sein, wenn mehr für die Auswahl des Konkurrenten spricht (BVerfG, Beschluss vom 25. November 2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris).

Hier ist der Ausgang des Verfahrens bereits deshalb offen, weil für die Beigeladene keine lückenlosen dienstlichen Beurteilungen vorliegen, es also nicht bekannt ist, welche Leistungen sie in dem - wesentlichen - Zeitraum vom 1. Juli 2016 bis zum 1. Oktober 2017 erbracht hat. Auch die vorrangig erfolgte Zurückweisung der Bewerbung der Antragstellerin, weil diese nicht über die geforderte mehrjährige, erfolgreiche Führungserfahrung verfügte, kann so nicht aufrechterhalten bleiben, so dass auch insoweit nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Antragstellerin ausgewählt werden könnte. Ob die weiteren dargelegten Mängel des Auswahlverfahrens und der dienstlichen Beurteilungen ebenfalls dazu führen können, dass der Ausgang des Auswahlverfahrens zumindest offen ist, kann daher dahingestellt bleiben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen aus Billigkeitsgründen (§ 162 Abs. 3 VwGO) kommt nicht in Betracht, da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit nicht dem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 4 GKG. Der Streitwert des sog. "kleinen" Gesamtstatus ist auch im Konkurrentenverfahren um Dienstposten, wenn - wie hier - ein Anordnungsgrund zu bejahen ist, anzusetzen (std. Rspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - und vom 19. Dezember 2014 - 2 VR 1.14 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Dezember 2016 - 4 S 2078/16 -, alle zitiert nach juris).

Nach § 52 Abs. 6 GKG ist in Verfahren, welche die Verleihung eines anderen Amtes betreffen, für den Streitwert die Hälfte des 12-fachen Betrages des Endgrundgehalts zuzüglich ruhegehaltfähiger Zulagen maßgeblich. Dieser Betrag ist nach der Rechtsprechung des Hess. VGH in Konkurrenteneilverfahren (Beschluss vom 20. Juni 2014 - 1 E 970/14 -, juris) auf ½ zu reduzieren, da durch die das Eilverfahren zu sichernde Klage im Hauptsacheverfahren allenfalls eine erneute Bescheidung erreicht werden kann. Weil durch die gerichtliche Entscheidung die Hauptsache materiell fast vollständig vorweggenommen wird, ist der Streitwert entsprechend der Empfehlung in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht nochmals zu reduzieren.