LG Bielefeld, Urteil vom 10.05.2019 - 1 O 309/18
Fundstelle
openJur 2021, 5293
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 27 U 127/19
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt,

- an den Kläger 11.600,61 EUR nebst Zinsen i. H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.220,21 EUR seit dem 02.11.2018 und aus 11.600,61 EUR seit dem 11.05.2019 sowie

- den Kläger von den weiteren Ratenzahlungen seit Mai 2019 aus dem mit der H. Bank AG geschlossenen Darlehensvertrag Nr. 5314583947 vom 19.10.2017 in Höhe von 172,55 EUR pro Monat freizustellen

Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs VW Touran 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer XXX und dem amtlichen Kennzeichen XXX, der Übertragung des Anwartschaftsrechts, Rückgabe der Zulassungsbescheinigung Teil I sowie der zugehörigen Fahrzeugschlüssel.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des vorbezeichneten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.029,35 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.11.2018 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren Schäden, welche ursächlich mit dem Kaufvertrag über das vorstehend genannte Fahrzeug zusammenhängen, zu ersetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 43 % und der Beklagten zu 57 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i. H.v. 110 % des beizutreibenden Betrags. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i. H.v. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i. H.v. 110 % des beizutreibenden Betrags leistet.

Der Streitwert wird auf 27.100,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin eines Fahrzeugs auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger schloss am 05.09.2012 mit der Autohaus F. GmbH in P. einen Kaufvertrag über das Neufahrzeug VW Touran Comfortline 2.0 TDI, Fahrzeug-Ident-Nr.: XXX, zum Preis von 26.100,00 EUR. Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 20.09.2012 übergeben. Der Kläger leistete eine Anzahlung von 9.000,00 EUR. Den restlichen Kaufpreis finanzierte er über einen Darlehensvertrag mit der T. Bank AG über einen Nettodarlehensbetrag von 17.100,00 EUR. Auf das Darlehen zahlte der Kläger eine Rate von 159,25 EUR und 46 Raten á 199,00 EUR. Die Schlussrate von 10.500,00 EUR finanzierte der Kläger durch einen Anschlussdarlehensvertrag mit der H. Bank AG über einen Nettodarlehensbetrag von 14.000,00 EUR.

Das von der Beklagten hergestellte Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA 189 EU5 ausgestattet. Die Beklagte hatte in der Motorsteuerung eine Software eingebaut, die erkannte, ob sich das Fahrzeug in einer standardisierten Testsituation befand, und dann in einen anderen Betriebsmodus schaltete. In diesem Modus war die Abgasrückführung höher als im normalen Fahrbetrieb, so dass der Stickoxidausstoß geringer war. Das Kraftfahrtbundesamt sah die verwendete Software als unzulässige Abschalteinrichtung an und ordnete den Rückruf der betroffenen Fahrzeuge an. Die Beklagte entwickelte ein Software-Update, das von der zuständigen Behörde am 20.06.2016 u.a. für den streitgegenständlichen Fahrzeug- und Motortyp freigegeben wurde. Am 07.11.2016 wurde es auf das Fahrzeug des Klägers aufgespielt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.07.2018 forderte der Kläger die Beklagte bis zum 06.08.2018 zur Schadensersatzleistung in Höhe von 30.145,30 EUR auf und bot der Beklagten die Herausgabe des Fahrzeugs ausdrücklich an. Die Beklagte reagierte hierauf nicht. Der Kläger nutzte das Fahrzeug anschließend weiter. Am 10.05.2019 betrug die Laufleistung 112.321 km.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe ihn betrogen und durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs, dessen Motor mit der oben genannten Software ausgestattet ist, vorsätzlich gegen die guten Sitten verstoßen, wodurch er einen Schaden erlitten habe, den die Beklagte ihm zu ersetzen habe. Er behauptet hierzu, der zum Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs durch ihn tätige Vorstand der Beklagten einschließlich des Vorstandsvorsitzenden habe in allen Einzelheiten gewusst, dass in Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 eine Software verwendet worden sei, die eine unzulässige, nicht mit den geltenden rechtlichen Bestimmungen in Einklang stehende Abschalteinrichtung beinhaltet habe. In Kenntnis der tatsächlichen Umstände hätte er den Pkw nicht erworben. Er hätte sich in Kenntnis der tatsächlichen Abgaswerte sowie in Kenntnis der fehlenden Betriebserlaubnis niemals für ein Dieselfahrzeug entschieden, sondern für eine andere Antriebsart. Ausschlaggebend für den Kauf sei insbesondere gewesen, dass es sich um ein als umweltfreundlich und schadstoffarm beworbenes Fahrzeug gehandelt habe. Seit dem Software-Update befinde sich das Fahrzeug in regelmäßigen Abständen in der Werkstatt. Sowohl das Abgassystem als auch die Drosselklappe wiesen regelmäßig Fehler auf. Das AGR-Ventil und der AGR-Kühler hätten mehrfach gereinigt und sogar teilweise ausgewechselt werden müssen. Das Fahrzeug habe wiederholt während der Fahrt wegen Motorproblemen in das Notprogramm gewechselt. Die Fehlfunktionen seien auf das Software-Update zurückzuführen. Außerdem drohe ihm eine Kraftfahrzeugsteuernachzahlung.

Der Kläger begehrt mit der Klage Erstattung der an die Verkäuferin geleisteten Anzahlung von 9.000,00 EUR, der an die Banken geleisteten Ratenzahlungen (soweit sie auf die Finanzierung des Kaufpreises entfielen) in Höhe von zunächst 12.936,80 EUR, zuletzt 14.317,20 EUR, sowie von Aufwendungen auf das Fahrzeug (Wartungen, Vermessungskosten) in Höhe von 1.034,64 EUR (Klageantrag 1) a)). Dazu behauptet er, auf den Anschlussdarlehensvertrag habe er ab September 2016 monatliche Raten á 230,06 EUR gezahlt, die er zu 75 % (d.h. in Höhe von 172,55 EUR) geltend macht. Er hat sich auf seinen Schadensersatzanspruch zunächst eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen (6.991,15 EUR für 93.751 km auf der Grundlage einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 350.000 km), ist nunmehr aber der Auffassung, die Anrechnung eines Vorteilsausgleichs für gezogene Nutzungen sei nicht gerechtfertigt, weil die Beklagte hierdurch unbillig einen nicht zu rechtfertigenden Vorteil erhalten würde. Ferner begehrt der Kläger eine 4 prozentige Verzinsung der Schadensersatzbeträge ab jeweiliger Zahlung bis zum 06.08.2018 (Klageantrag 1) b)) und Freistellung von den restlichen Verpflichtungen aus dem Anschlussdarlehensvertrag (Klageantrag 1) c)).

Der Kläger hat zunächst angekündigt zu beantragen,

1)

die Beklagte zu verurteilen, an ihn

a)

15.980,19 EUR (Stand: 21.08.2018) zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatzes seit dem 07.08.2018 zu zahlen,

b)

3.782,17 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.08.2018 zu zahlen,

c)

ihn von den Verpflichtungen aus dem mit der H. Bank AG geschlossenen Darlehensvertrag Nr. DE70 4786 0125 6202 0200 00 vom 27.09.2016 freizustellen,

Zugum-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs Volkswagen Touran 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer XXX mit dem amtlichen Kennzeichen XXX, der Übertragung des Anwartschaftsrechts, Rückgabe der Zulassungsbescheinigung Teil I sowie der zugehörigen Fahrzeugschlüssel,

2)

festzustellen, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug mit der Rücknahme des im Antrag zu 1) aufgeführten Fahrzeugs befindet,

3)

die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.474,89 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.08.2018 zu zahlen,

4)

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weiteren Schäden, welche ursächlich mit dem Kaufvertrag über das im Antrag zu 1) genannte Fahrzeug zusammenhängen, zu ersetzen.

Nunmehr beantragt er,

1)

die Beklagte zu verurteilen, an ihn

a)

24.351,74 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatzes seit dem 07.08.2018 zu zahlen,

b)

3.782,17 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.08.2018 zu zahlen,

c)

ihn von den Verpflichtungen aus dem mit der H. Bank AG geschlossenen Darlehensvertrag Nr. DE70 4786 0125 6202 0200 00 vom 27.09.2016 freizustellen,

Zugum-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs Volkswagen Touran 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer XXX mit dem amtlichen Kennzeichen XXX, der Übertragung des Anwartschaftsrechts, Rückgabe der Zulassungsbescheinigung Teil I sowie der zugehörigen Fahrzeugschlüssel,

2)

festzustellen, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug mit der Rücknahme des im Antrag zu 1) aufgeführten Fahrzeugs befindet,

3)

die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.474,89 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.08.2018 zu zahlen,

4)

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weiteren Schäden, welche ursächlich mit dem Kaufvertrag über das im Antrag zu 1) genannte Fahrzeug zusammenhängen, zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie rügt die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Bielefeld und vertritt die Auffassung, sie habe sich nicht schadensersatzpflichtig gemacht, da sie weder getäuscht, betrogen noch gegen die guten Sitten verstoßen habe. Der Kläger habe zudem keinen Schaden erlitten bzw. zumindest keinen Schaden mehr. Sie behauptet, sie verfüge derzeit über keine Erkenntnisse dafür, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Umschaltlogik beteiligt gewesen seien oder die Entwicklung oder Verwendung der Umschaltlogik für den EA 189 seinerzeit in Auftrag gegeben oder gebilligt hätten. Nach derzeitigem Erkenntnisstand sei die Entscheidung, die Motorsteuerungssoftware zu verändern, von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen worden. Ihr Vorstand habe nach derzeitigem Ermittlungsstand im relevanten Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses weder von der Programmierung noch von der Verwendung der Software in Fahrzeugen mit EG-Typgenehmigung Kenntnis gehabt. Die Software habe den Gebrauch des Fahrzeugs nicht beeinträchtigt und sei mit einem Aufwand von ca. 35,00 EUR netto ersetzt worden. Das Software-Update habe keine negativen Auswirkungen auf das Fahrzeug gehabt, solche seien in Zukunft ebenfalls nicht zu befürchten. Ferner begründe die technische Maßnahme auch sonst keine Vermögensnachteile des Klägers, insbesondere keinen Minderwert des Fahrzeugs.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat den Kläger persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10.05.2019 verwiesen.

Die Klage ist der Beklagten am 01.11.2018 zugestellt worden.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Bielefeld auch örtlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, § 32 ZPO. Dabei ist der klägerische Sachvortrag zugrunde zu legen (vgl. BGH, Beschluss vom 25.03.2014 - VI ZR 271/13). Der Kläger hat einen Anspruch aus § 826 BGB schlüssig vorgetragen. Da bei § 826 BGB der Eintritt eines Schadens zum Tatbestand gehört - nicht lediglich zur Rechtsfolgenseite - ist auch der Ort des Schadenseintritts Begehungsort im Sinne des § 32 ZPO (Vorwerk/Wolf in BeckOK ZPO, 30. Edition, § 32, Rn 13). Der Schaden ist dort entstanden, wo die Erfüllungshandlungen vorgenommen worden sind (OLG Hamm, Beschluss vom 26.10.2018, 32 SA 46/18). Der Kläger zahlte sowohl die Anzahlung als auch die Darlehensraten von seinem Konto bei der U-Bank N. bzw. jetzt U-Bank A.; N. gehört zum Bezirk des Landgerichts Bielefeld.

II.

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.

1)

Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 11.600,61 EUR sowie auf Freistellung von den anteiligen Darlehensraten ab Mai 2019 Zugum-Zug gegen Rückgabe des Kraftfahrzeugs VW Touran 2.0 TDI, Fahrzeug-Ident-Nr.: XXX, nebst Zulassungsbescheinigung Teil I und den Fahrzeugschlüsseln sowie Übertragung des Anwartschaftsrechts aus §§ 826, 31 BGB.

a)

Die Haftung der Beklagten basiert darauf, dass sie bei der Herstellung des Motors, der in dem klägerischen Fahrzeug verbaut worden ist, eine unzulässige Motorsteuerungssoftware installiert hat, die den Betrieb des Fahrzeugs auf einem Prüfstand erkannte und die Abgasbehandlung zur Reduzierung des Stickoxidausstoßes in einen anderen Modus als im normalen Fahrbetrieb versetzte, und den Motor unter Verschweigen dieser Software sodann mit dem Fahrzeug in Verkehr gebracht hat.

b)

Hierdurch hat die Beklagte dem Kläger einen Schaden zugefügt.

aa)

Unter den Schadensbegriff im Sinne des § 826 BGB sind nicht nur nachteilige Einwirkungen auf die Vermögenslage, sondern auch jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses sowie jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung zu fassen (vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2004, II ZR 402/02).

bb)

Der Kaufvertrag über den streitgegenständlichen PKW stellt eine solche Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung dar. Denn der Kläger hätte das Fahrzeug in Kenntnis der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware nicht erworben.

Hierfür spricht schon grundsätzlich die Lebenserfahrung. Bei lebensnaher Betrachtung würde kein informierter, verständiger und wirtschaftlich vernünftig denkender Verbraucher ein Fahrzeug erwerben, welches mit einer vom Kraftfahrbundesamt als unzulässig bewerteten Software ausgestattet ist, die dafür sorgt, dass auf dem Prüfstand und im realen Fahrbetrieb unterschiedliche Abgasrückführungsmodi in Gang gesetzt werden und dadurch auf dem Prüfstand ein niedrigerer Ausstoß von Stickoxiden erreicht wird, als dies im realen Fahrbetrieb möglich ist, so dass die Gefahr einer Betriebsuntersagung nach § 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung besteht.

Dies steht aber auch im konkreten Einzelfall zur Überzeugung des Gerichts fest. Der Kläger hat bei seiner persönlichen Anhörung sachlich, ausführlich und nachvollziehbar erklärt, wenn er damals gewusst hätte, was ihm heute über den Motor des Fahrzeugs bekannt sei, hätte er das Fahrzeug nicht gekauft. Denn das Fahrzeug sei ja, wie man jetzt wisse, nicht so sauber, wie ihnen damals nahgelegt worden sei. Der Kläger hat eingeräumt, dass bei der Kaufentscheidung nicht nur der Schadstoffausstoß relevant gewesen sei. Sie hätten vorher einen alten Volvo mit einem Benzinmotor gefahren, der durstig und teuer gewesen sei. Sie seien Campingfreunde und hätten deshalb ein Auto gebraucht, welches familientauglich sei, welches einen Wohnanhänger ziehen könne und welches den modernen Anforderungen genüge, welches also so gut wie nichts verbrauche und keinen Dreck mache. Sie hätten sich vor dem Kauf informiert. Vielfach sei ihnen die BlueMotion-Linie der Beklagten empfohlen worden. Es habe sich um ein Fahrzeug mit extrem niedrigem Verbrauch und vernünftigen Fahreigenschaften handeln sollen. Es sei familientauglich, habe ausreichend Platz und könne einen Wohnwagen ziehen. Außerdem hätte es den ökologischen Aspekt gehabt. Wir hätten ein Wohnhaus mit einer Erdwärmepumpe und Kollektoren auf dem Dach. Da habe dieses Fahrzeug zu ihrem Umweltdenken gepasst. Es habe wenig verbrauchen und damit auch wenig Dreck ausstoßen sollen. Wenn man - wie sie - den Kindern vorgebe, sich zu bemühen, die Umwelt für die Nachwelt zu erhalten, könne man kein Fahrzeug kaufen, welches 20 Liter verbrauche und Dreck mache. Wir hätten ja auch den Wohnwagen, um Flugreisen zu vermeiden. Das Gericht glaubt dem Kläger.

c)

Die schädigende Handlung ist der Beklagten nach § 31 BGB zuzurechnen.

Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit § 31 BGB setzt voraus, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 536/15), was der Kläger darzulegen - und gegebenenfalls zu beweisen - hat.

aa)

Der Kläger behauptet, der zum Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs durch ihn tätige Vorstand der Beklagten einschließlich des Vorstandsvorsitzenden habe in allen Einzelheiten gewusst, dass in Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 eine Software verwendet worden sei, die eine unzulässige, nicht mit den geltenden rechtlichen Bestimmungen in Einklang stehende Abschalteinrichtung beinhaltet habe. Dieses Behaupten ist hinreichend substantiiert. Der Kläger hat naturgemäß keinen Einblick in die inneren Abläufe der Beklagten und kann deswegen dazu nicht weiter im Einzelnen vortragen, in welcher Organisationseinheit der Beklagten die Entscheidung für die Entwicklung der Software gefallen ist und wann wem diese Entscheidung weiter zur Kenntnis gebracht wurde; er ist auf Veröffentlichungen der Medien und auf Rückschlüsse und Vermutungen angewiesen. Dabei ist schon naheliegend, dass der millionenfache Einbau der Software nicht ohne Wissen des Vorstandes erfolgen konnte (vgl. LG Kleve, Urteil vom 31. März 2017 - 3 O 252/16; LG Offenburg Urteil vom 12.05.2017 - 6 O 119/16; LG Dortmund, Urteil vom 06. Juni 2017, 12 O 228/16).

bb)

Die Beklagte hat die Behauptung des Klägers nicht substantiiert und damit nicht erheblich bestritten.

Der Gegner der primär behauptungs- und beweisbelasteten Partei ist nach § 138 Abs. 2 und 4 ZPO zu substantiiertem Gegenvortrag verpflichtet, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat, weil sie sich in seinem Wahrnehmungsbereich verwirklicht haben, und ihm nähere Angaben zumutbar sind (sekundäre Darlegungslast - vgl. BAG, Urteil vom 20.11.2003, 8 AZR 580/02; BGH, Urteil vom 15.10.1986, IVb ZR 78/85).

So liegt der Fall hier. Da es um Umstände geht, welche ihre interne Organisation betreffen und in welche der Kläger keinen Einblick hat, konnte sich die Beklagte nicht mit einem einfachen Bestreiten begnügen. Sie musste sich vielmehr gemäß § 138 Abs. 2 und 4 ZPO im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast im Einzelnen zu der Frage, welches ihrer Organe Kenntnis von der Manipulation der Motorsteuerungssoftware hatte und das Inverkehrbringen entsprechend ausgerüsteter Motoren veranlasst hat, erklären. Dieser Vortrag ist der Beklagten auch zumutbar. Im Gegensatz zum Kläger hat die Beklagte jede Möglichkeit, die in ihrem Unternehmen im Zusammenhang mit der Programmierung und Implementierung der streitgegenständlichen Software abgelaufenen Vorgänge und Entscheidungsprozesse darzulegen, um es so dem Kläger zu ermöglichen, die ihm obliegende weitergehende Darlegung und den erforderlichen Beweisantritt vornehmen zu können.

Dieser sekundären Darlegungslast ist die Beklagte nicht ausreichend nachgekommen. Sie trägt lediglich vor, sie verfüge derzeit über keine Erkenntnisse dafür, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Umschaltlogik beteiligt gewesen seien oder die Entwicklung oder Verwendung der Umschaltlogik für den EA 189 seinerzeit in Auftrag gegeben oder gebilligt hätten. Nach derzeitigem Erkenntnisstand sei die Entscheidung, die Motorsteuerungssoftware zu verändern, von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen worden. Ihr Vorstand habe nach derzeitigem Ermittlungsstand im relevanten Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses weder von der Programmierung noch von der Verwendung der Software in Fahrzeugen mit EG-Typgenehmigung Kenntnis gehabt. In dieser Darstellung fehlen bereits jegliche Angaben dazu, welche konkreten Aufklärungsmaßnahmen überhaupt unternommen wurden, um die Initiatoren, Täter und Mitwisser der Manipulation namhaft zu machen. Die Entscheidungsprozesse in der Konzernstruktur der Beklagten zum Einsatz der in Rede stehenden Software sind ebenso wenig vorgetragen wie eine Begründung dafür, dass trotz des erheblichen Zeitablaufs seit Bekanntwerden der Softwaremanipulation noch keine Ergebnisse der angeblich umfassend durchgeführten Untersuchung vorliegen (vgl. Landgericht Bielefeld, Urteil vom 16.10.2017, 6 O 149/16).

cc)

Im Übrigen würde die Beklagte auch dann, wenn - wie sie behauptet - tatsächlich Mitarbeiter unterhalb der Führungsebene die Entscheidung getroffen hätten, die Motorsoftware zu verändern, gegenüber dem Kläger haften.

Nach der Lehre vom körperschaftlichen Organisationsmangel und der so genannten Fiktionshaftung ist die Beklagte als juristische Person verpflichtet, mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben nur verfassungsmäßige Vertreter im Sinne des § 31 BGB zu betrauen (vgl. LG Berlin, Urteil vom 19.04.2018, 13 O 108/17 m.w.N.). Grund dafür ist, dass es einer juristischen Person nicht freistehen soll, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will. Es kann daher nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Stellung des "Vertreters" in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist. Vielmehr genügt es, dass dem Vertreter durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, wodurch er die juristische Person repräsentiert (BGH, Urteil vom 21.09.1971, VI ZR 122/70). Letzteres beurteilt sich danach, ob die übertragene Aufgabe von einem solchen Gewicht ist, dass die Stellung des Gehilfen repräsentantengleich hätte sein sollen (LG Berlin a.a.O.).

Diese Voraussetzungen sind auch nach dem Vortrag der Beklagten erfüllt. Denn sollten tatsächlich entsprechend ihrer Darstellung, der ihren aktuellen Kenntnisstand wiedergeben soll, Mitarbeiter unterhalb der Vorstandsebene die Entscheidung getroffen haben, die Motorsoftware zu verändern, so wäre sie von Personen getroffen worden, die nach den oben beschriebenen Grundsätzen Organe der Beklagten hätten sein müssen. Denn es handelt sich vom Gewicht und der Reichweite her um eine Entscheidung, die nur von Mitarbeitern getroffen werden kann, die in dem ihnen zugewiesenen Aufgabenbereich als Repräsentanten des Unternehmens oder zumindest repräsentantengleich handeln. Die Entscheidung über den Einsatz der hier in Rede stehenden Motorsteuerungssoftware hat Auswirkungen auf ganze Entwicklungs- und Produktlinien der Beklagten und es ergeben sich aufgrund ihrer zumindest erkennbar fragwürdigen rechtlichen Zulässigkeit auch Haftungsrisiken so erheblichen Ausmaßes, dass die Entscheidung von Mitarbeitern auf einer Entscheidungsebene getroffen worden sein muss, die als Repräsentanten der Beklagten angesehen werden müssen (LG Berlin, a.a.O.; vgl. auch LG Saarbrücken, Urteil vom 07.06.2017, 12 O 174/16).

d)

Die Schädigung des Klägers erfolgte sittenwidrig.

aa)

Eine Handlung ist objektiv sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB, wenn sie nach Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen verstößt, d.h. mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist. Hinzutreten muss eine nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden besondere Verwerflichkeit des Verhaltens, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eintretenden Folgen ergeben kann (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 77. Auflage, 2018, § 826 Rn. 4 m.w.N.).

bb)

Die serienmäßige Verwendung einer Software, die für den Abgastest auf dem Prüfstand einen besonders niedrigen Schadstoffausstoß generiert, um so einen ebenfalls geringen Kraftstoffausstoß für den Betrieb im normalen Straßenverkehr zu suggerieren und es der Beklagten so zu ermöglichen, sich als Hersteller besonders umweltfreundlicher Motoren am Markt zu platzieren, erfüllt ohne weiteres die von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen einer Sittenwidrigkeit. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten im eigenen Profitinteresse nicht einfach nur gesetzliche Abgaswerte außer Acht gelassen, sondern mit der streitgegenständlichen Motorsteuerungssoftware zugleich ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden und den Verbrauchern geschaffen. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist dieses Verhalten als Sittenverstoß zu bewerten.

cc)

In subjektiver Hinsicht ist nicht das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit erforderlich, es genügt bereits die Kenntnis der sie begründenden Umstände. Eine solche Kenntnis bei den gesetzlichen Vertretern der Beklagten ist aufgrund ihres unwirksamen Bestreitens zu bejahen.

e)

Die Schadenszufügung erfolgte auch vorsätzlich.

aa)

Der Schädiger braucht nicht im Einzelnen zu wissen, wer der durch sein Verhalten Geschädigte sein wird. Er muss nur die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden anderer auswirken könnte, und die Art des möglichen Schadens vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen haben (vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2004, II ZR 402/02).

bb)

Das ist vorliegend zu bejahen. Für den Vorstand der Beklagten war aufgrund der Kenntnis vom geheim gehaltenen Einbau der Software zwingend ersichtlich, dass damit Kunden Fahrzeuge erwerben würden, welche hinsichtlich des Motors nicht ihren Vorstellungen entsprachen. Er nahm zumindest billigend in Kauf, dass die Kunden - so auch der Kläger - Kaufverträge abschließen würden, die sie in Kenntnis der installierten Manipulationssoftware nicht geschlossen hätten.

f)

Der Inhalt der Pflicht zum Schadensersatz bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Der Schadensersatzanspruch richtet sich auf den Ersatz des negativen Interesses. Der Kläger hat Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie er ohne den Eintritt des schädigenden Ereignisses stünde (BGH, Urteil vom 19.07.2004, II ZR 402/02).

aa)

Dieser Schaden liegt vorliegend - wie bereits ausgeführt - darin, dass der Kläger aufgrund des Verhaltens der Beklagten den Kaufvertrag über das mit der streitgegenständlichen Software versehene Fahrzeug geschlossen hat, den er ohne dieses schädigende Ereignis nicht geschlossen hätte. Gleichfalls hätte er den Darlehensvertrag mit der T. Bank AG und den Anschlussdarlehensvertrag mit der H. Bank AG zur teilweisen Finanzierung des Kaufpreises ohne das schädigende Ereignis nicht geschlossen. Die Beklagte muss danach die wirtschaftlichen Folgen des finanzierten Kaufs dadurch ungeschehen machen, dass sie dem Kläger Zugum-Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs und Übertragung des Anwartschaftsrechts die Anzahlung auf den Kaufpreis sowie die vom Kläger bislang gezahlten Darlehensraten erstattet und ihn von den ab Mai 2019 fällig werdenden weiteren Darlehensraten, soweit sie auf die Finanzierung des Fahrzeugkaufpreises entfallen, freistellt. Im Einzelnen:

(a)

Die vom Kläger an die Verkäuferin erbrachte Anzahlung beträgt unstreitig 9.000,00 EUR.

(b)

Auf den Darlehensvertrag bei der T. Bank AG hat der Kläger ebenfalls unstreitig Zahlungen in Höhe von insgesamt 9.313,25 EUR geleistet (1 Rate á 159,25 EUR, 46 Raten á 199,00 EUR)

(c)

Nach den vom Kläger im Verhandlungstermin zur Akte gereichten Belegen hat er im Zeitraum vom 30.10.2016 bis zum 30.09.2017 auf einen Anschlussdarlehensvertrag bei der H. Bank AG über einen Nettodarlehensbetrag von 14.000,00 EUR insgesamt 12 Raten á 229,98 EUR (nicht wie geltend gemacht in Höhe von 230,06 EUR) gezahlt. Davon entfallen auf die Ablösung des ersten Darlehens (Schlussrate 10.500,00 EUR, also 75 %) monatlich 172,49 EUR (nicht wie geltend gemacht monatlich 172,55 EUR), insgesamt 2.069,88 EUR.

Im Oktober 2017 wurde das Konto gelöscht; die noch offene Darlehensvaluta wurde gemäß Ratenkreditvertrag vom 19.10.2017 um einen zusätzlichen Kreditbetrag von 6.000,00 EUR erhöht und unter einer neuen Darlehensnummer zum alten Zinssatz mit höheren Raten weitergeführt. Aus den zur Akte gereichten Belegen lassen sich monatliche Zahlungen in Höhe von 389,75 EUR für die Monate Januar 2018 bis Oktober 2018 und Dezember 2018 bis April 2019, also für 15 Monate nachvollziehen. Eine Zahlung im Januar 2019 ist aus den vorliegenden Kontoauszügen zwar nicht direkt ersichtlich, ergibt sich aber indirekt aus einem Vergleich der Salden zum 30.12.2018 und 28.02.2019. Ferner muss der Kläger auch in den Monaten November und Dezember 2017 bereits jeweils eine Ratezahlung von 389,75 EUR erbracht haben, wie sich aus einem Vergleich der Salden zum 25.10.2017 und 30.12.2017 unter Berücksichtigung der Kreditaufstockung ergibt. Aus diesen Zahlungen begehrt der Kläger wiederum einen anteiligen Betrag von 172,55 EUR erstattet. Das ist nunmehr gerechtfertigt, weil bei dem erhöhten Anschlussdarlehensvertrag die Vertragslaufzeit verkürzt worden ist (von noch offenen 54 Raten auf 48 Raten), was - neben der zusätzlichen Darlehensvaluta - ebenfalls zur Erhöhung der monatlich zu zahlenden Raten geführt hat. Für 17 Monate errechnet sich ein Betrag von 2.933,35 EUR.

(d)

Bei der Freistellungsverpflichtung war klarzustellen, dass sich diese nur auf den Ratenanteil erstreckt, der auf der Finanzierung des Restkaufpreises beruht, also auf den geltend gemachten Betrag von 172,55 EUR (in dem Sinn ist der Klageantrag 1) c) trotz der umfassenderen Formulierung bei verständiger Würdigung der Klagebegründung zu verstehen). Außerdem hat das Gericht einen Schreibfehler bei der Darlehensvertragsnummer korrigiert. Bei der im Klageantrag aufgeführten Nummer handelt es sich um das Girokonto des Klägers bei der U-Bank A. eG. Die Ratenkreditnummer des erhöhten Anschlussfinanzierungsdarlehens bei der H. Bank AG lautet: 5314583947. Auch das Vertragsdatum war anzupassen.

(e)

Dagegen ist die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger die Aufwendungen von 1.034,64 EUR zu erstatten, die dieser auf das Fahrzeug getätigt hat. Der Kläger verlangt Erstattung von Kosten für zwei Fahrzeuginspektionen nebst zeit- oder laufleistungsabhängigen Zusatzarbeiten und einer Fahrzeugvermessung. Diese Aufwendungen wären auch angefallen, wenn der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug nicht erworben hätte. Er hätte dann ein anderes Fahrzeug genutzt, das ebenfalls regelmäßig hätte gewartet werden müssen. Der Kläger hat bei seiner persönlichen Anhörung selbst ausgeführt, dass sie ländlich wohnten und auf ein Fahrzeug angewiesen seien.

(f)

Ferner kann der Kläger auch keine Verzinsung der an die Verkäuferin und die beiden Darlehensgeberinnen erbrachten Leistungen ab den Zahlungszeitpunkten verlangen. § 849 BGB ermöglicht eine Verzinsung eines Ersatzanspruchs als pauschale Nutzungsentschädigung ab dem Eintritt des Schadens nur unter der Voraussetzung, dass wegen der Entziehung oder Beschädigung einer Sache Ersatz zu leisten ist. Vorliegend ist dem Kläger aber keine Nutzungsmöglichkeit einer Sache entzogen worden. Für die erbrachten Zahlungen hat der Kläger einen Gegenwert in Form des streitgegenständlichen Fahrzeugs erlangt, welches er - mit einigen vorübergehenden Ausnahmen - grundsätzlich uneingeschränkt nutzen konnte. Für die erlangten Gebrauchsvorteile muss der Kläger vielmehr seinerseits der Beklagten Wertersatz leisten.

bb)

Der so verstandene Schaden des Klägers ist - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht dadurch entfallen, dass der Kläger das von ihr angebotene Software-Update an seinem Fahrzeug hat durchführen lassen. Auch ist dem Aufspielenlassen der Software nicht zu entnehmen, dass der Kläger sich im Nachhinein in Kenntnis der Problematik mit dem geschlossenen Vertrag einverstanden erklärt habe. Dem auf das Angebot der Beklagten folgenden Verhalten des Klägers, der das Fahrzeug bei der Werkstatt vorstellte, um das Update installieren zu lassen ist ein solcher Erklärungsinhalt nach dem objektiven Empfängerhorizont der Beklagten nicht zu entnehmen.

cc)

Der Kläger muss sich nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung auf seinen Schadensersatzanspruch die von ihm gezogenen Nutzungen anrechnen lassen.

(a)

Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind solche Vermögensvorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, die mit dem Schadensereignis in adäquatem ursächlichen Zusammenhang stehen, deren Berücksichtigung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, die den Geschädigten nicht unzumutbar belasten und die den Schädiger nicht unbillig begünstigen (BGH, Beschluss vom 01.06.2010, VI ZR 346/08). Eine derartige Konstellation ist vorliegend gegeben. Insbesondere begünstigt die Anrechnung eines Wertersatzes für die gezogenen Nutzungen die Beklagte nicht unbillig. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger sämtliche aus dem Kaufvertrag und seiner Finanzierung resultierenden Aufwendungen zu erstatten, erhält aber im Gegenzug nur ein durch die erfolgte Nutzung wertgemindertes Fahrzeug zurück. Durch die Anrechnung eines Wertersatzes für die gezogenen Nutzungen wird dieses Ungleichgewicht lediglich wieder ausgeglichen, eine ungerechtfertigte Begünstigung der Beklagten ist damit nicht verbunden.

(b)

Der Kläger hat Nutzungen von 112.321 km gezogen. Hierin lag für den Kläger allerdings nur insoweit ein Vorteil, als er den Pkw ohne Funktionseinschränkungen nutzen konnte. Soweit die Laufleistung dadurch erhöht worden ist, dass das Fahrzeug wegen technischer Probleme in eine Werkstatt verbracht werden musste, erscheint ein Vorteilsausgleich nicht gerechtfertigt. Der Kläger hat bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschildert und zum Teil auch belegt, dass das Fahrzeug nach dem Software-Update fünfmal in einer Werkstatt repariert werden musste. Die in diesem Zusammenhang zurückgelegten Wegstrecken schätzt das Gericht auf 100 km. Der Wert der verbleibenden Nutzungen von 112.221 km wird vom Gericht gemäß § 287 ZPO auf 11.715,87 EUR geschätzt, berechnet auf der Grundlage einer zu erwartenden Gesamtfahrleistung von 250.000 km (Kaufpreis 26.100,00 EUR × gezogene Nutzungen 112.221 km ÷ Gesamtlaufleistung 250.000 km).

2)

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB (Rechtshängigkeitszinsen).

Die Beklagte ist nicht bereits mit Ablauf der mit vorprozessualem Schreiben vom 23.07.2018 gesetzten Zahlungsfrist in Schuldnerverzug geraten, § 286 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn der Kläger hat mit der Rückzahlung des gesamten Kaufpreises einen zu hohen Betrag verlangt. Der Schadensersatzanspruch bestand von vornherein nur in Höhe des Kaufpreises abzgl. des Wertersatzes für gezogene Nutzungen, der nach den Regeln des Vorteilsausgleichs auf den Ersatzanspruch anzurechnen war. Die Beklagte war auch nicht in der Lage, den von ihr geschuldeten Betrag zu errechnen. Der Kläger hat zwar in dem vorprozessualen Schreiben angegeben, der Kilometerstand betrage mittlerweile 93.751. Das kann aber nicht zutreffend sein. Denn diese Laufleistung hatte das Fahrzeug ausweislich der Rechnung der Gebr. K. GmbH & Co. KG vom 19.04.2018 schon zum Zeitpunkt der damals durchgeführten Inspektion. Das Fahrzeug wird auch in dem nachfolgenden Zeitraum bis zur Fertigung des Anspruchsschreibens von gut drei Monaten benutzt worden sein. In einem derartigen Fall kommt der Forderung eines zu hohen Betrags keine verzugsbegründende Wirkung zu (BGH NJW 2006, 327; OLG Hamm NJW-RR 2013, 345).

3)

Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten ist nach §§ 256 Abs. 1, 756, 765 ZPO zulässig und gemäß §§ 293, 295 S. 1 BGB begründet.

a)

Zwar ist der Annahmeverzug nicht bereits mit vorprozessual entstanden. Der Kläger hat der Beklagten mit Schreiben vom 23.07.2018 die Rückgabe des Fahrzeugs lediglich wörtlich angeboten. Nach § 295 BGB genügt ein wörtliches Angebot nur dann, wenn der Gläubiger erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist. Beide Voraussetzungen lagen zum Zeitpunkt des wörtlichen Angebots des Klägers nicht vor. Die Annahmeverweigerung muss vor dem wörtlichen Angebot des Schuldners erklärt worden sein (BGH, Urteil vom 20.01.1988, IVa 128/86). Die Beklagte hat die Forderungen des Klägers erst durch die Nichtreaktion auf das Schreiben vom 23.07.2018 - konkludent - abgelehnt. Auch liegt hinsichtlich der Rücknahme des Fahrzeugs kein Fall der Holschuld vor.

b)

Der Annahmeverzug ist jedoch mit Rechtshängigkeit der Klage eingetreten. In der Ankündigung eines Zugum-Zug-Antrags liegt konkludent ein erneutes wörtliches Angebot des Klägers auf Herausgabe des Fahrzeugs, welches nach § 295 BGB aufgrund der vorherigen Ablehnung einer Schadensersatzleistung durch die Beklagte genügte.

4)

Der Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 826, 249 BGB, da die Anwaltskosten Teil des aufgrund vorsätzlich sittenwidriger Schädigung zu ersetzenden Schadens sind.

Der Höhe nach richtet sich der Anspruch danach, was der Kläger zum damaligen Zeitpunkt in berechtigter Weise verlangen konnte. Da der vom Kläger geschuldete Wertersatz für gezogene Nutzungen für diesen Zeitpunkt nicht zuverlässig berechnet werden kann - der Kläger hat den damaligen Tachometerstand nicht zutreffend angegeben, zum Zeitpunkt der Klageeinreichung sollen es immer noch nur 93.751 km gewesen sein -, muss auch für den Zeitpunkt des vorprozessualen Aufforderungsschreibens vom 23.07.2018 ein Vorteilsausgleich von 11.715,87 EUR berücksichtigt werden. Daraus errechnet sich bei einem Gegenstandswert von 15.384,13 EUR (26.100,00 EUR - 11.715,87 EUR + 1.000,00 EUR, s. unten III.) eine Gebührenforderung von 1.029,35 EUR (1,3-Geschäftsgebühr zzgl. Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer).

Ob der Kläger die Rechtsanwaltsgebühren gezahlt hat, bedarf keiner Entscheidung. Nach § 250 Satz 2 BGB ginge auch ein Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch über, wenn der Gläubiger unter Setzung einer Frist mit Ablehnungsandrohung den Ersatzpflichtigen erfolglos zur Erfüllung aufgefordert hat. Nach fruchtlosem Ablauf kann der Gläubiger dann Ersatz in Geld verlangen; der Anspruch auf Befreiung ist ausgeschlossen. Das Erfordernis einer entsprechenden Fristsetzung entfällt, wenn der Schuldner - wie vorliegend die Beklagte - ernsthaft und endgültig die Befreiung oder überhaupt jede Schadensersatzleistung verweigert (BGH, Urteil vom 13.01.2004, XI ZR 355/02).

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

5)

Der Antrag auf Feststellung der Haftung der Beklagten für weitere Schäden ist zulässig und begründet.

a)

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann nur dann Klage auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an dieser Feststellung hat. Da die Beklagte nicht wegen der Verletzung eines absoluten Rechtsgutes, sondern wegen Verletzung von Normen zum Schutz des Vermögens in Anspruch genommen wird, muss der Kläger für die Zulässigkeit der Feststellungsklage die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts substantiiert dartun (BGH, Urteil vom 24.01.2006, XI ZR 384/03). Nach Auffassung des Gerichts ist das Wahrscheinlichkeitskriterium auch anzuwenden, wenn ein bereits entstandener Schaden per Leistungsklage geltend gemacht und daneben eine Feststellungsklage wegen möglicher weiterer, zukünftiger Schäden erhoben wird.

Eine derartige Wahrscheinlichkeit des Entstehens zusätzlicher Schäden ist vom Kläger hinreichend dargetan. Der Kläger hat bei seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung ausführlich, anschaulich und glaubhaft geschildert, dass das Fahrzeug nach dem Software-Update fünfmal in einer Werkstatt habe repariert werden müssen. Er hat ausgeführt, seit dem Softwareupdate hätten sie ungefähr alle 4 - 5 Monate Ausfälle mit dem Fahrzeug gehabt. Die träten von jetzt auf gleich auf, zum Beispiel wenn man im Verkehr an einer Ampel stehe. Der Motor gerate ins Stottern. Es leuchteten alle möglichen Kontrollleuchten auf. Das Fahrzeug werde ins Notprogramm gefahren. Man habe gefühlt nur noch 5 PS zur Verfügung. Sie hätten dann jedes Mal Kontakt zu der Werkstatt aufgenommen. Beim ersten Mal sei ihnen gesagt worden, das Abgasrückführungsventil sei überfordert. Das sei dann getauscht worden. Nach 4 - 5 Monaten habe das Fahrzeug ein ähnliches Verhalten an den Tag gelegt. Diesmal sei ihnen gesagt worden, der Abgasrückführungskühler sei betroffen; er sei ausgetauscht worden. Als das Problem dann wieder aufgetaucht sei, habe zunächst eine Reinigung des Kühlers durchgeführt werden sollen. Das habe aber nicht sofort gemacht werden können, weil die Werkstatt noch auf eine Ausrüstung für dieses Reinigungsverfahren gewartet habe. Ich habe das Fahrzeug deshalb zunächst wieder mitgenommen. Letzthin habe man doch den Abgasrückführungskühler noch einmal getauscht. Der letzte Fall sei ein Problem mit der Drosselklappe gewesen. Es gesagt worden, die verockere. Man habe das Gefühl gehabt, als fahre man in einem Känguru. Nach viel privatem Schriftverkehr sei die Drosselklappe auf Kulanzbasis kostenfrei getauscht worden. Diese Ausführungen wurden untermauert durch vorgelegte Duplikate von Rechnungen vom 20.12.2017 und 12.06.2018, die sich auf kostenfrei durchgeführte Arbeiten am Abgasrückführungssystem beziehen.

Angesichts des zeitlichen Zusammenhangs der Reparaturen mit dem Software-Update und der von der Beklagten jeweils übernommenen Kulanzleistung erscheint es hinreichend wahrscheinlich, dass die Funktionsbeeinträchtigungen des Fahrzeugs auf dem Software-Update beruhen. Ferner kann es auch zu weiteren durch das Software-Update verursachten Problemen mit dem Fahrzeug kommen.

b)

Die Begründetheit der begehrten Feststellung folgt aus §§ 826, 31 BGB.

III.

Der Streitwert für den mit dem Klageantrag zu Ziffer 1) geltend gemachten Anspruch beträgt 26.100,00 EUR; er setzt sich zusammen aus der Anzahlung auf den Kaufpreis von 9.000,00 EUR und dem zur Finanzierung des Restkaufpreises aufgenommenen Darlehen über einen Nettobetrag von 10.500,00 EUR. Die mit dem Klageantrag zu Ziffer 1) b) begehrte Verzinsung betrifft eine Nebenforderung, die den Streitwert nach § 43 Abs. 1 GKG nicht erhöht. Gleiches gilt für den Klageantrag zu Ziffer 3). Der Antrag zu Ziffer 2) auf Feststellung von Annahmeverzug hat keinen eigenständigen Wert (BGH, Beschluss vom 25.10.2016, XI ZR 33/15). Den Klageantrag zu Ziffer 4) auf Feststellung der Haftung der Beklagten für weitere Schäden bewertet das Gericht mit 1.000,00 EUR.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.