LG Bonn, Urteil vom 21.01.2021 - 17 O 146/17
Fundstelle
openJur 2021, 4494
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 64 % und die Beklagte zu 36 %.

Die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Berlin entstandenen Mehrkosten werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit und die Rechtsfolgen des Widerrufs zweier im Wege des Fernabsatzes geschlossener Darlehensverträge.

Die Parteien schlossen zum einen am 10./11.11.2005 einen Wohnungsbaudarlehensvertrag über Finanzierungsmittel in Höhe von 122.000,00 EUR zur vorgezogenen Anschlussfinanzierung zu einem Nominalzinssatz (inclusive Forward-Aufschlag) in Höhe von 4,610 % (effektiv 4,71 %). Die Auszahlung des unter der Hauptdarlehensnummer ...#1 (nachfolgend: DV -...#1) bei der Beklagten geführten Darlehens sollte frühestens am 30.05.2007 erfolgen.

Zum anderen schlossen die Parteien am 10./11.11.2005 einen Wohnungsbaudarlehensvertrag über Finanzierungsmittel in Höhe von insgesamt 214.800,00 EUR zur vorgezogenen Anschlussfinanzierung. Die Auszahlung des Darlehens sollte frühestens am 30.04.2007 erfolgen. Das unter der Hauptdarlehensnummer ...#2 (nachfolgend: DV -...#2) bei der Beklagten geführte Darlehen wurde aus bilanziellen Gründen auf drei Unterkonten aufgeteilt. Im Unterkonto -022 wurde ein Darlehensteilbetrag in Höhe von 108.100,00 EUR, im Unterkonto -030 ein Darlehensteilbetrag in Höhe von 4.700,- EUR und im Unterkonto - 049 ein Darlehensteilbetrag in Höhe von 102.000,- EUR gebucht.

Bei beiden Darlehen war eine Festzinsbindung bis zum 30.06.2022 sowie eine Tilgungsaussetzung gegen Abtretung von Tilgungsersatzprodukten vereinbart.

Die Darlehen wurden jeweils durch an die Beklagte abgetretene Grundschulden besichert.

Beiden Darlehensverträgen war als Anlage jeweils eine Widerrufsbelehrung beigefügt.

in der es u.a. heißt:

"[...] Die Widerrufsfrist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.

[...]

Wird der Widerruf form- und fristgerecht erklärt, sind Sie an den Darlehensvertrag nicht mehr gebunden. Die empfangenen Leistungen sind in diesem Fall zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit gegebenenfalls Wertersatz leisten.[...]"

Wegen des weiteren des Inhalts und Wortlauts der Widerrufsbelehrung sowie des übrigen Inhalts der Darlehensverträge nebst weiterer dem Kläger ausgehändigter Vertragsunterlagen wird auf die im Anlagenkonvolut K1a, K1b und B1 zur Akte gereichten Kopien Bezug genommen.

Der Kläger rief die Darlehen zu den Auszahlungsterminen vereinbarungsgemäß bei der Beklagten ab. Das Darlehen - ...#2 wurde vollständig am 30.04.2007 und das Darlehen - ...#1 am 18.06.2007 zur Ablösung von Drittkrediten ausgezahlt.

Mit Schreiben vom 14.11.2015 (Anlage K 3) widerrief der Kläger die Darlehensverträge. Er berief sich auf fehlerhafte Widerrufsbelehrungen und wies darauf hin, dass weitere Zahlungen nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.12.2015 nahmen die Prozessbevollmächtigten des Klägers Bezug auf diesen Widerruf und unterbreitete Vorschläge für eine vergleichsweise Verständigung. Diese kam nicht zustande. Die Beklagte wies den Widerruf final mit Schreiben vom 21.01.2016 zurück.

Mit Schreiben vom 20.10.2016 erklärte der Kläger die Kündigung der Darlehensverträge nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum Ablauf der Zehnjahresfrist. Die Beklagte akzeptierte mit Schreiben vom 28.10.2016 die Kündigung des Darlehens -...#1 zum 30.11.2017 und rechnete das Darlehen zu diesem Datum ab. Hinsichtlich des Darlehens -...#2 akzeptierte die Beklagte die Kündigung zum 31.10.2017 und rechnete das Darlehen mit Schreiben vom 02.11.2016 zu diesem Datum ab. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage B 5 zur Akte gereichten Schreiben verwiesen.

Die Darlehen wurden vom Kläger zu den jeweiligen Ablösedaten vollständig abgelöst.

Der Kläger meint, der Widerruf sei nicht verfristet gewesen, weil die Widerrufsbelehrungen fehlerhaft seien. Die Belehrungen entsprächen nicht den gesetzlichen Vorgaben und die Beklagte könne sich auch nicht auf den Musterschutz berufen.

Im Rahmen der Rückabwicklung schulde die Beklagte auf die von ihm erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen gemäß § 357 Abs.1 Satz 1 BGB a.F. i.V.m. § 346 BGB a.F. Nutzungsersatz. Dies gelte ungeachtet der Entscheidung des EuGH vom 04.06.2020 (C-301/18), da eine unionskonforme Auslegung des deutschen Rechts am Verbot der contralegem-Auslegung scheitere.

Der Kläger behauptet, der Anspruch auf Nutzungsersatz in Höhe von 2,5 % über dem Basiszinssatz belaufe sich für seine geleisteten Zahlungen für das Darlehen Nummer -...#1 auf 9.210,80 EUR und für das Darlehen Nummer -...#2 auf 17.154,93 EUR. Für die Zahlungen bis Widerruf könne er für das Darlehen -...#1 Nutzungsersatz in Höhe von 5.938,47 EUR und für das Darlehen -...#2 in Höhe von 8.808,09 EUR verlangen.

Der Kläger meint ferner, er habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung hinsichtlich gezahlter Zinsen aus den beiden Darlehen, weil die Beklagte Wertersatz aufgrund der fehlenden, gemäß § 312d Abs. 6 BGB a.F. geschuldeten, Aufklärung und der Nichteinholung seiner Zustimmung zur Ausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht verlangen könne. Zudem sei er von der Beklagten nicht gemäß Art 7 Abs. 3, Artikel 3 Absatz 1 Nr. 3 lit a) der RL 2002/65/EG über den zu zahlenden Betrag informiert worden.

Der Kläger beziffert - insoweit unstreitig - die für das Darlehen Nummer -...#1 gezahlten Zinsen auf 55.406,13 EUR und die für das Darlehen Nummer -...#2 gezahlten Zinsen auf 106.596,47 EUR.

Mit der am 17.10.2016 bei Gericht eingegangenen Klageschrift vom 15.09.2016 hat der Kläger ursprünglich u.a. beantragt, festzustellen, dass die Darlehensverträge -...#2 und -...#1 wirksam widerrufen wurden, dass die Darlehensverträge rückabzuwickeln seien und festzustellen, dass die Beklagte gegen ihn keinen Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung habe (Bl. 2 d. A.).

Mit Schriftsatz vom 15.06.2017, bei Gericht eingegangen am 23.06.2017, hat der Kläger seine Anträge abgeändert und beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 68.258,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 102.367,57 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, alle Leistungen des Klägers an die Beklagte ab Juni 2017 zurückzuzahlen;

4. festzustellen, dass die Beklagte keinen Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen aus den Darlehensverträgen Hauptnummer: ...#1 sowie Hauptnummer: ...#2 hat.

Mit Schriftsätzen vom 05.12.2007 und vom 07.12.2017, bei Gericht eingegangen am 08.12.2017, hat der Kläger seine Klage erweitert und weiter beantragt,

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Nutzungsersatz in Höhe von 5.938,47 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2016 für das Darlehen mit der Nummer ...#1 zu zahlen;

6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Nutzungsersatz in Höhe von 8.806,90 EUR für das Darlehen mit der Nummer ...#2 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2016 zu zahlen;

7. die Beklagte zu verurteilen, ihn von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.743,43 EUR freizustellen.

Mit Zustimmung der Beklagten hat der Kläger im Termin vom 12.11.2020 die Klage teilweise zurückgenommen und beantragt nunmehr noch,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 17.154,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit November 2017, sowie 9.210,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Dezember 2017 sowie 55.406,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Dezember 2017, sowie 106.596,47 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit November 2017 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Nutzungsersatz in Höhe von 5.938,47 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2016 für das Darlehen mit der Nummer ...#1 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Nutzungsersatz in Höhe von 8.806,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2016 für das Darlehen mit der Nummer ...#2 zu zahlen;

4. festzustellen, dass die Beklagte keinen Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen für die Darlehensverträge Hauptnummer ...#1 und Hauptnummer ...#2 hat;

5. die Beklagte zu verurteilen, ihn von seinen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.743,43 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, der Widerruf sei verfristet. Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung entspreche den Anforderungen des § 355 BGB a. F. Zudem genieße sie den Schutz des Musterverwenders. Im Übrigen sei der Widerruf rechtsmissbräuchlich und ein Widerrufsrecht verwirkt. Jedenfalls scheitere ein Anspruch des Klägers auf Nutzungsersatz bereits an der gebotenen europarechtskonformen Auslegung der §§ 357, 346, 312d Abs. 6 BGB a.F. Im Rahmen einer etwaigen Rückabwicklung schulde der Kläger sowohl für die Zeit vor dem Widerruf als auch nach dem Widerruf Wertersatz in Höhe des jeweiligen Vertragszinses für die zur Verfügung gestellte Darlehensvaluta. Die Beklagte behauptet, bis zum 16.12.2015 belaufe sich der Wertersatzanspruch für das Darlehen -...#1 auf 45.470,82 EUR und für das Darlehen - ...#2 auf 87.594,61 EUR.

Die Beklagte erklärt hilfsweise die Aufrechnung mit ihrem Anspruch auf Wertersatz in Höhe des Vertragszinses sowie Rückzahlung der Nettodarlehensvaluta.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen und die Protokolle zur mündlichen Verhandlung vom 26.06.2017 (Bl. 103 f d.A.), vom 11.12.2017 (Bl. 149 d.A.) und vom 12.11.2020 (Bl. 254 f d.A.) verwiesen.

Mit Beschluss vom 19.04.2017 (Bl. 73 d. A.) hat sich das zunächst angerufene Landgericht Berlin für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Bonn verwiesen.

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 17.07.2018 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.09.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7EG und 98/27/EG (ABl. 2002 Nr. L 271, S. 16) (nachfolgend: FinFARL) folgende Frage gem. Art. 267 Abs. 2 AEUV zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2002/65/EG dahingehend auszulegen, dass er einer Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaates entgegensteht, die nach erklärtem Widerruf eines im Fernabsatz geschlossenen Verbraucherdarlehensvertrags vorsieht, dass der Anbieter dem Verbraucher über den Betrag hinaus, den er vom Verbraucher gemäß dem Fernabsatzvertrag erhalten hat, auch Nutzungsersatz auf diesen Betrag zu zahlen hat?

Mit Urteil vom 04.06.2020 (Az.: C-301/18) hat der Europäische Gerichtshof die gestellte Vorlagefrage bejaht. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Vorabentscheidungsersuchen der Kammer und das Urteil des EuGH Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist - mit Ausnahme des Antrags zu Ziffer 4) - zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

A) Der Klageantrag zu Ziffer 4) ist mangels des erforderlichen Feststellungsinteresses im Sinne des § 256 Abs. 1 Var. 2 ZPO unzulässig. Das Feststellungsinteresse muss bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen, sonst wird die Klage ex nunc unzulässig (Zöller-Greger, ZPO, 32.Aufl., § 256 Rz. 7c m.w.N.).

Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass sich die Beklagte zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch eines Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung berühmt. Soweit der Kläger darauf abstellt, dass die Beklagte grundsätzlich die Vorfälligkeitsentschädigungen beanspruche und dabei auf den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten an das Gericht vom 07.08.2017 verweist (Bl. 112 d. A.), genügt dies nicht für das Vorliegen eines hinreichenden Feststellungsinteresses. In dem genannten Schriftsatz heißt es, dass die Beklagte dem Kläger im Vergleichswege den Verzicht auf die Vorfälligkeitsentschädigung sowie eine Gutschrift angeboten habe. Das zeigt zwar, dass die Beklagte damals grundsätzlich meinte, einen Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung gehabt zu haben und spricht auch dafür, dass sie sich seinerzeit eines solchen berühmt hat. Zwischenzeitlich sind die Darlehen aber zum 31.10.2017 bzw. 30.11.2017 aufgrund der gemäß § 489 BGB a.F. erfolgten Kündigung abgelöst worden. Dass sich die Beklagte auch nach dem Zeitpunkt der vollständigen Ablösung der Darlehen noch eines Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung berühmt oder einen solchen geltend gemacht hat, ist weder dargetan noch ersichtlich. Bei der Kündigung zum Ablauf der 10-Jahresfrist gemäß § 489 BGB a.F. waren die Darlehen vorfälligkeitsentschädigungsfrei ablösbar. In ihren Abrechnungsschreiben vom 28.10.2016 und 02.11.2016 (Anlage B5) hat die Beklagte auch keine Vorfälligkeitsentschädigung in Ansatz gebracht.

B) Die Klage ist in der Sache unbegründet.

Im einzelnen gilt Folgendes.

I. Klageantrag zu Ziffer 1)

1.) Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Nutzungsersatz oder Rückzahlung der auf die Darlehen erbrachten Zinszahlungen.

a) Der Kläger kann von der Beklagte nicht gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB in der gemäß Art. 229 §§ 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 22 Abs. 2 EGBGB maßgeblichen Fassung (im Folgenden: a.F.). Nutzungsersatz für seine geleisteten Zahlungen in Höhe von 17.154,93 EUR für das Darlehen Nummer -...#2 und in Höhe von 9.210,80 EUR für das Darlehen Nummer -...#1 verlangen.

Zwar haben sich die streitgegenständlichen Darlehensverträge aufgrund des vom Kläger am 14.11.2015 erklärten Widerrufs in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt. Der Kläger hat die Darlehensverträge wirksam widerrufen und die Ausübung seines Widerrufsrechts war weder rechtsmissbräuchlich noch war das Widerrufsrecht verwirkt (dazu unter aa.).

Gleichwohl bestehen Nutzungsersatzansprüche des Darlehensnehmers in europarechtskonformer Auslegung der §§ 357, 346 BGB a.F. nicht (dazu unter bb.).

aa) Der vom Kläger am 14.11.2015 erklärte Widerruf war wirksam. Das Widerrufsrecht ist mangels ordnungsgemäßer Belehrung gem. § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. nicht erloschen.

Die Widerrufsbelehrung enthielt den Hinweis, dass die Frist für den Widerruf "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" beginne. Damit genügte sie nicht den Vorgaben des § 312d Abs. 2, Abs. 5 BGB a.F. wonach die Widerrufsfrist nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 2 BGB und nicht vor dem Tage des Vertragsschlusses beginnt. Diese für den Beginn der Widerrufsfrist von § 355 Abs. 2 S. 1 BGB abweichende Regelung war vorliegend umzusetzen, da es sich bei beiden Darlehensverträgen unstreitig um Fernabsatzverträge im Sinne von § 312b BGB a.F. handelt.

Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV kann sich die Beklagte nicht berufen, weil sie das Muster der Anlage 2 zu Art. 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen Fassung vom 08.12.2004 (BGBl I 2004, 3110) nicht vollständig übernommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 01.03.2012 - III ZR 83/11; zu den Grenzen unschädlicher Abweichungen: BGH, Urt. v. 12.07.2016 - XI ZR 564/15, Rz. 20ff.; Urt. v. 11.10.2016 - XI ZR 482/15, Rz. 24ff.). Greift der Verwender in den gestellten Mustertext in einem Umfang ein, der den beispielhaft in § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. aufgelisteten Abweichungen nicht mehr entspricht, geht die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV verloren (i.E. zu den Grenzen unschädlicher Abweichungen: BGH, Urt. v. 12.07.2016 - XI ZR 564/15, Rz. 20ff.; Urt. v. 11.10.2016 - XI ZR 482/15, Rz. 24ff.). Die Beklagte hat das Muster einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, die über das nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Erlaubte hinausgeht. Sie ist die Beklagte beispielsweise hinsichtlich der Formulierung der Widerrufsfolgen und dem Auslassen von Zwischenüberschriften vom Muster abgewichen (vgl. zur Relevanz von Zwischenüberschriften: BGH Urteil v. 01.12.2010 - VIII ZR 82/10; OLG Dresden Urteil v. 11.06.2015, 8 U 1760/15).

Die Ausübung des Widerrufsrechts ist weder rechtsmissbräuchlich noch verwirkt.

Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung. Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind (BGH, Urt. v. 12.7.2016 - XI ZR 564/15, Rz. 43, juris, m. w. N.; OLG Stuttgart BKR 2017, 156). Eine Rechtsausübung kann insbesondere unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urt. v. 7.5.2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rz 40; v. 15.11.2012 - IX ZR 103/11, Rz. 12, juris; v. 12.7.2016 - XI ZR 501/15, Rz. 20, juris; OLG Stuttgart BKR 2017, 156, beckonline). Das kann bei Vorliegen entsprechender - besonderer - Umstände auch dann der Fall sein, wenn ein besonderer Vertrauenstatbestand nicht begründet worden ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 242 Rz. 49; BGH, Urt. v. 20.3.1986 - III ZR 236/84, Rz. 47, juris; OLG Stuttgart BKR 2017, 156). Dabei hat es der Bundesgerichtshof für die Beurteilung der Frage des Rechtsmissbrauchs auch ausdrücklich für zulässig erachtet, nicht nur auf Umstände bis zur Erklärung des Widerrufs abzustellen, sondern auch auf solche, die erst nach Erklärung des Widerrufs eintreten, da eine Änderung der Verhältnisse dazu führen kann, dass eine zunächst zulässige Rechtsausübung nachträglich missbräuchlich wird (vgl. BGH Urteil v. 07.11.2017 - XI ZR 369/16, Rz. 17 juris).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist bei einer Gesamtschau das Verhalten des Klägers nach Ansicht der Kammer weder als widersprüchlich noch ansonsten als rechtsmissbräuchlich zu bewerten.

Insbesondere begründen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die etwaigen Motive des Klägers für den Widerruf keinen Rechtsmissbrauch (BGH, Urt. v. 23.01.2018 - XI ZR 359/16, Rz. 16 m.w.N.).

Auch die Tatsache, dass der Kläger nach dem Widerruf vom 14.11.2015 die Darlehen noch bis zum 31.10.2017 bzw. 30.11.2017 weiter vertragsgemäß bedient hat, rechtfertigt nicht den Vorwurf eines gegen § 242 BGB verstoßenden widersprüchlichen Verhaltens. Der Kläger hat in seinem Widerspruchschreiben ausdrücklich erklärt, weitere Zahlungen nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zu erbringen. Damit hat er klar und unmissverständlich gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass er sich, auch wenn von seiner Seite zukünftig weitere Zahlungen erfolgen werden, hierzu vertraglich nicht verpflichtet sieht (vgl. OLG Köln Urteil v. 19.11.2020 - 12 U 102/19).

Es liegen auch keine Umstände vor, die dazu geführt hätten, dass sich der Zahlungsvorbehalt nur noch als formale, durch Zeitablauf obsolet gewordene Aussage darstellen würde (dazu vgl. OLG Köln Beschluss v. 22.11.2019, 13 U 141/19; LG Köln, Urteil v. 01.10.2020, 15 O 140/20). Insofern ist vielmehr zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits mit seiner am 17.10.2016 beim Landgericht Berlin eingegangenen Klageschrift vom 15.09.2016 Rückabwicklungsansprüche aufgrund des Widerrufs anhängig gemacht hat. Der bloße Zeitablauf von knapp einem Jahr führt nicht dazu, dass die Ausübung der Rechte aus dem Widerruf als treuwidrig zu werten ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger sodann mit Schreiben vom 20.10.2016 die Darlehen zum Ablauf der Zinsbindungsfrist gemäß § 489 BGB gekündigt hat. Durch dieses Vorgehen hat der Kläger lediglich seine rechtlichen Möglichkeiten vollständig ausgeschöpft, um auf der Suche nach einer für ihn wirtschaftlich sinnvollen Alternative sein Ansinnen auf baldige Ablösung der Darlehen in zeitlich angemessenem Rahmen zu verwirklichen, nachdem die Beklagte seinen Widerruf mit Schreiben vom 21.01.2016 final zurück gewiesen hatte (vgl. OLG Köln, Urteil v. 19.11.2020, 12 U 102/19).

Auch die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Widerrufsrechts sind vorliegend nach Ansicht der Kammer nicht gegeben.

Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Betrachtung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, sodass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. BGH, Urt. v. 12.07.2016 - XI ZR 564/15, Rz. 37 m.w.N.; Urt. v. 23.01.2014 - VII ZR 177/13; Urt. v. 14.06.2004 - II ZR 395/01).

Gemessen daran liegt vorliegend keine Verwirkung vor. Zwar übte der Kläger den Widerruf erst zehn Jahre nach Abschluss der Darlehensverträge aus, sodass das notwendige Zeitmoment angesichts der Zeitspamme zwischen Abschluss der Darlehensverträge und der Widerrufserklärung zu bejahen ist. Indes fehlt es nach Ansicht der Kammer vorliegend an einem Umstandsmoment. Der Vertrauenstatbestand kann nicht allein durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden (BGH, Urt. v. 09.10.2013 - XII ZR 59/12; Urt. v. 12.07.2016 - XI ZR 546/15, Rz. 37 ff.). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen zu dem reinen Zeitablauf besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (BGH a.a.O.). Ein Umstandsmoment kann nicht allein darin gesehen werden, dass der Kläger seine Pflichten aus dem Darlehensvertrag erfüllt und vereinbarungsgemäß die Darlehen abgerufen und sodann die Darlehensraten gezahlt hat. Ein besonderes vertrauensbegründendes Umstandsmoment wird durch diese Zahlungen nicht geschaffen (BGH, Urt. v. 12.07.2016 - XI ZR 564/15, Rz. 39). Sonstige Umstände, die eine Verwirkung rechtfertigen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

bb) Ausgehend davon, dass sich die Darlehensverträge mit wirksamen Widerruf vom 14.11.2015 in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben, hat der Kläger gleichwohl keinen Anspruch auf die Zahlung von Nutzungsersatz für die von ihm erbrachten Zahlungen.

Zwar finden auf das Widerrufsrecht gemäß § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. soweit nicht ein anderes bestimmt ist, die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt entsprechend Anwendung. Diese sehen gemäß § 346 Abs. 1 2.HS BGB die Herausgabe gezogener Nutzungen vor. Jedoch ist für die streitgegenständlichen Darlehensverträge die Regelung des § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. im Hinblick auf Art. 7 Abs. 4 der FinFARL im Wege der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung dahingehend auszulegen, dass der Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers von der Verweisung des § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. nicht erfasst ist.

Der EuGH hat im Urteil vom 04.06.2020 (C-301/18) auf das Vorabentscheidungsersuchen der Kammer vom 17.04.2018 in der vorliegenden Sache zum Verständnis des Art. 7 Abs. 4 FinFARL mit folgendem Tenor entschieden:

Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.9.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG ist dahin auszulegen, dass ein Verbraucher, der sein Widerrufsrecht in Bezug auf einen im Fernabsatz mit einem Anbieter geschlossenen Darlehensvertrag ausübt, von dem Anbieter vorbehaltlich der Beträge, die er selbst unter den in Art. 7 Abs. 1 und 3 dieser Richtlinie genannten Bedingungen an ihn zahlen muss, die Erstattung der zur Erfüllung des Vertrags gezahlten Tilgungs- und Zinsbeträge verlangen kann, nicht aber Nutzungsersatz auf diese Beträge.

Zur Begründung hat der EuGH ausgeführt, aus Art. 7 Abs. 4 FinFARL gehe hervor, dass der Anbieter dem Verbraucher jeden Betrag zu erstatten habe, den er von dem Verbraucher gemäß diesem Vertrag erhalten habe, mit Ausnahme des in Art. 7 Abs. 1 FinFARL genannten Betrags, also des im Rahmen der tatsächlich erbrachten Dienstleistung unter den Bedingungen des Art. 7 Abs. 3 FinFARL erhaltenen Betrags (Rz. 32). Der Wortlaut von Art. 7 Abs. 4 FinFARL sei unmissverständlich und sehe eine Pflicht des Anbieters vor, dem Verbraucher jeden Betrag zu erstatten, den er "von diesem gemäß dem Fernabsatzvertrag erhalten" habe, und keinen weiteren Betrag (Rz. 33). Zahle der Verbraucher zur Erfüllung des Darlehensvertrags das Darlehenskapital zzgl. Zinsen an den Anbieter, müsse die Erstattung i.S.v. Art. 7 Abs. 4 FinFARL sowohl die vom Verbraucher gezahlten Tilgungsbeträge als auch die Darlehenszinsen umfassen (Rz. 34). Weder Art. 7 Abs. 4 FinFARL noch irgendeine andere Vorschrift der Richtlinie sehe vor, dass der Anbieter verpflichtet wäre, über die Erstattung der vom Verbraucher gezahlten Tilgungs- und Zinsbeträge hinaus auch Nutzungsersatz auf die im Rahmen der Vertragserfüllung erhaltenen Beträge an den Verbraucher zu leisten (Rz. 35). Wie sich aus Art. 1 Abs. 1 FinFARL im Lichte des 13. Erwägungsgrundes ergebe, bewirke die Richtlinie eine Vollharmonisierung der von ihr geregelten Aspekte (Rz. 36). Dementsprechend könne der Verbraucher die Erstattung der zur Erfüllung des Vertrags gezahlten Tilgungs- und Zinsbeträge verlangen, nicht aber Nutzungsersatz auf diese Beträge (Rz. 37).

Die vorliegenden Darlehensverträge fallen in den Anwendungsbereich der FinFARL. Es handelt sich unstreitig um Fernabatzverträge über Finanzdienstleistungen im Sinne des § 312b BGB a.F. Diese unterfallen dem Anwendungsbereich der FinFARL. Öffnungsklauseln sieht die FinFARL für das Widerrufsrecht zwar gemäß Art. 6 Abs. 3 für den Ausschluss bei bestimmten Darlehensverträgen, u.a. auch für Immobiliar- und grundpfandrechtlich besicherte Kredite, vor. Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Möglichkeit des Art. 6 Abs. 3 Buchstaben a) und b) der Richtlinie allerdings keinen Gebrauch gemacht. Vielmehr sollen die Bestimmungen über Fernabsatzverträge nach der Gesetzesbegründung auch dann zur Anwendung kommen, wenn es besondere Vorschriften für einzelne Finanzprodukte gibt, insbesondere also auch, wenn es sich um einen Verbraucherdarlehensvertrag handelt (BT-Drs. 15/2946, S. 16 l.Sp.).

Gemäß §§ 491, 495 Abs. 1 BGB a.F. bestand auch bei im Fernabsatz geschlossenen grundpfandrechtlich besicherten Verbraucherdarlehensverträgen ein Widerrufsrecht. Aus europarechtlicher Sicht ist unerheblich, auf welcher Rechtsgrundlage das ansonsten gleichermaßen ausgestaltete Widerrufsrecht fußt, sodass auch dieses Widerrufsrecht von der vollharmonisierenden FinFARL erfasst ist. Den Mitgliedstaaten sollte nach Sinn und Zweck der Regelung durch die Ausschlussmöglichkeit des Art. 6 Abs. 3 der Weg eröffnet sein, kein Widerrufsrecht für dort geregelte Verträge vorzusehen, sofern dies nach Auffassung der Mitgliedstaaten nicht den nationalen Rechtsvorstellungen entspricht. Sieht ein Mitgliedstaat jedoch ein Widerrufsrecht vor und macht damit deutlich, dass das Widerrufsrecht als solches auch für solche Verträge in Betracht kommt, ist eine weitergehende Differenzierung vom europäischen Richtliniengeber jedenfalls hinsichtlich der Rechtsfolgen nicht eröffnet. Auch hat die Bundesrepublik Deutschland nicht im Rahmen der Unterrichtung auf diesbezügliche Ausschlüsse hingewiesen, wozu sie gemäß Art. 6 Abs. 4 und 5 Richtlinie 2002/65/EG verpflichtet ist (s. Final Report, Part II, http://ec.europa.eu/consumers/financial_services/reference_studies_documents/docs/iff_eu_final_report_part02.pdf).

Dem vom EuGH im Urteil vom 04.06.2020 konkretisierten Richtlinienverständnis ist von den nationalen Gerichten bei der Anwendung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts Rechnung zu tragen.

Insofern hat der EuGH in seinem Urteil vom 11.09.2019 in der Rechtssache Romano C-143/18 (Rz. 37, 38) zur FinFARL ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung von den nationalen Trägern öffentlicher Gewalt verlangt, unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem vom Unionsrecht verfolgten Ziel im Einklang steht.

Die Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Auslegung darf zwar auch nach ständiger Rechtsprechung des EuGH nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen, die nationalen Gerichte müssen aber gegebenenfalls eine gefestigte Rechtsprechung abändern, wenn sie auf einer Auslegung des nationalen Rechts beruht, die mit den Zielen einer Richtlinie nicht vereinbar ist (EuGH a.a.O.)

Diese Rechtsprechung des EuGH wird vom BVerfG mitgetragen, das ebenfalls betont, dass die unionsrechtliche Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung ihre Grenze an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten findet, wobei zu berücksichtigten ist, dass Art. 20 Abs. 3 GG weder eine bestimmter Auslegungsmethode vorschreibt und zu den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung auch die teleologische Reduktion gehört (vgl. BVerfG, NJW 2012, 669 Rz. 47; NJW-RR 2016, 1366 Rz. 50).

Methodisch können Gerichte den ihnen insofern nach innerstaatlichem Recht bei der Rechtsanwendung zustehenden "Beurteilungsspielraum" durch eine richtlinienkonforme Auslegung ieS oder eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung ausschöpfen (Herresthal, Jus 2014, 289 ff; Looschelders-Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB AT, 3. Aufl., Anhang zu § 133 Rz. 32, 33 m.w.N.; BGH, Urteil v. 07.05.2014 - IV ZR 76/11 Rz. 18 ff).

Insofern ist bei der Auslegung des § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. zu berücksichtigen, dass der Wortlaut der Norm weit gefasst ist, da die Vorschriften des Rücktrittsrechts bloß "entsprechende Anwendung" finden und auch nur "soweit nicht ein anderes bestimmt ist". Im Ergebnis kann vorliegend dahinstehen, ob deshalb bereits innerhalb des Gesetzeswortlauts hinreichend Raum für eine einschränkende richtlinienkonforme Auslegung im engeren Sinne dahingehend ist, dass der Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers von der Anwendung der Rücktrittsvorschriften nicht erfasst ist (bejahend: Latta/Lühmann, BKR 2020, 69, 75; verneinend: OLG Brandenburg, Urteil v. 15.01.2020 - 4 U 90/19, Rz. 12, 13).

Jedenfalls ist aber der Verweis in § 357 Abs. 1 s. 1 BGB im Rahmen einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung teleologisch dergestalt zu reduzieren.

Die Vorschrift weist die für eine teleologische Reduktion erforderliche verdeckte Regelungslücke auf. Damit eine Rechtsfortbildung nicht contra legem erfolgt, ist eine planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes erforderlich (vgl. BGH Urteil v. 7.5.214 - IV ZR 76/11). Eine solche liegt nach der neueren Rechtsprechung des BGH dann vor, wenn das ausdrücklich angestrebte Ziel einer richtlinienkonformen Umsetzung durch die Regelung nicht erreicht ist und ausgeschlossen werden kann, dass der Gesetzgeber die Regelung in gleicher Weise erlassen hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass sie nicht richtlinienkonform ist (BGH a.a.O. Rz. 23 m.w.N.).

Da das BGB in der hier anzuwendenden Fassung keinen ausdrücklichen Ausschluss des Nutzungsersatzanspruchs des Darlehensnehmers/der Wertersatzpflicht des Anbieters regelt, liegt eine Unvollständigkeit im Sinne einer Lücke auch im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor (zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt: s. BVerfG NJW-RR 2016, 1366 Rz. 54). Zwar bestehen gemäß der seit 13.06.2014 geltenden Fassung des § 357a BGB und dortigen abschließenden Regelung der Widerrufsfolgen keine Nutzungsersatzansprüche des Darlehensnehmers mehr, indes kommt dieser Regelung keine Rückwirkung auf Altfälle zu (Art. 229 § 32 EGBGB).

Auch die Regelung des § 312d Abs. 6 BGB steht der Annahme einer Regelungslücke in Bezug auf Nutzungsersatzansprüche des Darlehensnehmers nicht entgegen. Diese Norm erfasst bereits nach ihrem Wortlaut lediglich die Verpflichtung des Verbrauchers zur Zahlung von Wertersatz und unterstellt den Wertersatzanspruch des Anbieters - in Umsetzung der Vorgaben des Art. 7 Abs. 3 FinFARL - abweichend von § 357 BGB zusätzlichen Voraussetzungen. Eine Regelung hinsichtlich der Gewährung von Nutzungsersatzansprüchen des Verbrauchers/ Anordnung einer Wertersatzverpflichtung des Anbieters ist der Norm hingegen nicht zu entnehmen.

Diese Regelungslücke ist auch planwidrig. Insbesondere ist hinsichtlich der Regelung zu den Widerrufsfolgen keine gesetzgeberische Ziel- oder Zwecksetzung ersichtlich, die der o.g. einschränkenden Auslegung des § 357 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. entgegenstehen würde.

Dem Gesetzgeber war der Vollharmonisierungscharakter der FinFARL bewusst. Wie der Gesetzesbegründung zu entnehmen ist, wollte der Gesetzgeber mit dem "Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen" vom 02.12.2004 die Vorgaben der FinFARL vollumfänglich in nationales Recht umsetzen. In der Gesetzesbegründung heißt es unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Erwägungsgrund 13 der Richtlinie, dass bei der Umsetzung der Richtlinie zu beachten sei, dass diese einen absoluten Standard vorgibt, den die Mitgliedsstaaten in ihr nationales Recht übernehmen sollen, es sei denn die Richtlinie lässt ausdrückliche Abweichungen zu (BT-Drs 15/2946 S. 15 linke Spalte). Grundsätzlich ist der Normzweck unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens zu bestimmen eine Richtlinie korrekt umzusetzen. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er sehenden Auges einen Richtlinienverstoß in Kauf nehmen wollte (BGH NJW 2014, 2646, 2648).

Zu den durch die FinFARL umzusetzenden Vorgaben zählten auch die Regelungen über die Widerrufsfolgen. Dem hat der Gesetzgeber ausdrücklich durch die Umsetzung von Art. 7 Abs. 3 S. 2 der FinFARL in der Regelung des § 312d Abs. 6 BGB Rechnung getragen (vgl. BT-Drs. 15/2946 Seite 16 linke Spalte). Im Übrigen findet sich in der Gesetzesbegründung schlicht die Aussage, dass bei den Widerrufsfolgen "grundsätzlich auf die geltenden Bestimmungen des § 357 in Verbindung mit §§ 346 ff BGB zurückgegriffen werden" kann. Diesem bloßen Verweis auf das bisherige Rückabwicklungsregime kann indes nicht der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, in Bezug auf die Frage des Nutzungsersatzes eine spezifische materielle Agenda zu verfolgen (Rodi, GPR 2020, 246, 249). Dem Gesetzgeber ist damit nicht der Wille zu entnehmen, dass er einen Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers/eine Wertersatzpflicht des Anbieters im Widerspruch zu Art. 7 Abs. 4 FinFARL positiv für wünschenswert erachtet (Rodi, GPR 2020, 246, 249). Vielmehr spricht die nur partielle Umsetzung der Vorgaben des Art. 7 FinFARL dafür, dass sich der Gesetzgeber über die Richtlinienkonformität des Rückabwicklungsregimes der §§ 357, 346 BGB a.F. geirrt hat und damit gerade für das Vorliegen eines unbewussten, planwidrigen Verfehlens der gewollt richtlinienkonformen Umsetzung des Unionsrechts (Latta/Lühmann,BKR 2020, 69, 75; a.A.: OLG Brandenburg, Urteil v. 15.01.2020 - 4 U 90/19, BKR 2020, 88).

Insbesondere kann - jedenfalls in Bezug auf die Regelung der Widerrufsfolgen - nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber dem zwingenden Charakter der FinFARL nur insofern Rechnung tragen wollte, als diese für den Verbraucher im Falle des Fernabsatzes gegenüber dem allgemeinen Verbraucherdarlehensrecht günstigere Regelungen enthält (a.A. OLG Köln, Urteil v. 26.03.2019, 4 U 7/18; in Bezug auf die Regelung zum Erlöschen des Widerrufsrechts gem § 312d Abs. 3 BGB: BGH, Urteil v. 15.10.2019 - XI ZR 759/17; dazu kritisch: Wendehorst NJW 2019, 3423, 3424, die die Annahme des BGH von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine richtlinienkonforme Umsetzung als "kühn" wertet, insbesondere auch im Hinblick auf die Argumentation bezüglich unterbliebener Gesetzesänderungen anlässlich nachfolgender Gesetzgebungsverfahren; so auch Freitag WM, 2020, 293, 298).

Hinsichtlich der Widerrufsfolgen ist zudem zu berücksichtigen, dass der deutsche Gesetzgeber in späterer Zeit ausweislich der Begründung zum Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung (BT-Drs. 17/12637, S. 64 f.) zum Ausdruck gebracht hat, dass er ebenfalls nicht davon ausgeht, dass der FinFARL Ansprüche des Verbrauchers auf Nutzungsersatz zu entnehmen sind, da diese in § 357a Abs. 2 BGB keine Erwähnung finden. Die Regelung des § 357a BGB schließt dementsprechend auch einen Nutzungsersatzanspruch des Verbrauchers aus (vgl. BGH, Beschluss v. 12.01.2016 - XI ZR 366/15 - juris Rz. 20). Weitergehend ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass der Gesetzgeber aus der FinFARL herleitet, dass ein solcher Nutzungsersatzanspruch bei Fernabsatzverträgen auch bereits vor der Neufassung des § 357a BGB nicht bestanden hat, denn insofern heißt es dort ausdrücklich:

" Für Verträge über Finanzdienstleistungen verbleibt [Hervorhebung durch das Gericht] es grundsätzlich bei den bisherigen Rechtsfolgen des Widerrufs, die in § 357a zusammengefasst werden.[...] [§ 357a] Abs. 2 bestimmt die Voraussetzungen, unter denen der Verbraucher im Falle des Widerrufs eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen oder eines Fernabsatzvertrages über Finanzdienstleistungen zur Zahlung von Wertersatz verpflichtet ist. Diese Voraussetzungen entsprechen hinsichtlich der Fernabsatzverträge der geltenden Rechtslage (§ 312e Abs. 2 [entspricht wörtlich § 312d Abs. 6 BGB a.F.], § 347 Abs. 1 Satz 1,§ 346 Absatz 2 Satz 2) und ergeben sich aus Artikel 7 Absatz 1 und 3 der Fernabsatzfinanzdienstleistungsrichtlinie."

Dem obigen Auslegungsergebnis der Kammer steht auch nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Nutzungsersatzanspruch des Darlehensnehmers, (insbesondere Beschluss vom 12.01.2016 - XI ZR 366/15 bzw. Urteil vom 12.07.2016 - 564/15) entgegen, da den Rechtsstreitigkeiten nicht Fernabsatzverträge zu Grunde lagen, wie sich aus den angefochtenen Urteilen des OLG Stuttgart vom 21.07.2015 - 6 U 41/15 - und des OLG Nürnberg vom 11.11.2015 - 14 U 2439/14 - sowie dem erstinstanzlichen Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 27.10.2014 - 10 O 3952/14 -, ergibt (vgl. auch Suchowerskyj, WM 2020, 2360, 2363).

b.

Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Rückzahlung gezahlter Zinsen.

aa) Zwar schuldet die Beklagte im Rahmen der Rückabwicklung für die Zeit bis zum Widerruf gem. §§ 495 Abs. 1, 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 HS 1 BGB a.F. und gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB für die Zeit nach Widerruf (vgl. für die Differenzierung bei der Anspruchsgrundlage ab dem Stichtag des Widerrufs: BGH Beschluss v. 21.02.2017 - XI ZR 398/16; 19.02.2019 - XI ZR 362/17) die Herausgabe der von Klägerseite erbrachten Zinszahlungen. Nach dem unbestrittenen Klägervorbringen ist davon auszugehen, dass der Kläger auf das Darlehen für das Darlehen Nummer -...#1 Zinsen in Höhe von 55.406,13 EUR und für das Darlehen Nummer -...#2 Zinsen in Höhe von insgesamt 106.596,47 EUR leistete.

bb) Indes sind diese Ansprüche des Klägers durch die Hilfsaufrechnung der Beklagten gemäß § 389 BGB erloschen.

Die Beklagte kann genau in der Höhe der Zinszahlungen des Klägers Wertersatz vom Kläger für die ihm zur Verfügung gestellte Darlehensvaluta verlangen. Dieser Anspruch der Beklagten auf Wertersatz in Höhe der marktüblichen Verzinsung folgt sowohl für die Zeit vor dem Widerruf als auch nach dem Widerruf aus §§ 495 Abs. 1, 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 HS 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB a.F. (BGH, Beschluss v. 19.02.2019 - XI ZR 362/17 Rz. 6; Urteil v. 12.03.2019 - XI ZR 9/17 Rz. 18 m.w.N., OLG Köln, Urteil v. 19.11.2020 - 12 U 102/19).

Da aus den oben dargelegten Gründen kein Anspruch des Klägers auf Nutzungsersatz besteht, ist der zum Widerrufsstichtag zu ermittelnde Rückabwicklungssaldo, von dem aus sich die Wertersatzansprüche der Beklagten nach Widerruf ermitteln, auch nicht durch den Abzug von Nutzungsansprüche zugunsten des Klägers gegenüber der Darlehensvaluta reduziert, die ohne Widerruf als Bemessungsgrundlage für den Wertersatzanspruch der Beklagten in Ansatz zu bringen ist.

Zur Bemessung der marktüblichen Verzinsung nach § 346 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BGB a.F. ist grundsätzlich auf den vertraglich vereinbarten Sollzinssatz abzustellen (BGH, Beschluss v. 12.09.2017, XI ZR 365/17, juris Rz. 10; Urteil v. 12.03.2019, XI ZR 9/17 m.w.N.), wobei dem Darlehensnehmer gemäß § 346 Abs. 2 S. 2 HS 2 BGB der Nachweis offensteht, dass der marktübliche Zinssatz für ein vergleichbares Darlehen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geringer gewesen wäre (BGH, Urteil v. 12.03.2019, XI ZR 9/17 juris Rz. 15). Hierzu hat der Kläger indes nichts vorgetragen. Soweit er bei seiner Berechnung im Schriftsatz vom 15.06.2017 (Bl. 99 ff d.A.) auf den marktüblichen Zinssatz für Wohnungsbaudarlehen in den Jahren 2007 bis 2015 abgestellt hat, ist dies irrelevant. Denn für die Beurteilung der Marktüblichkeit findet keine dynamische Betrachtung statt. Es ist allein auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (BGH, a.a.O.). Dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im November 2005 der marktübliche Zins für die streitgegenständlichen Darlehen geringer gewesen wäre als der vereinbarte Vertragszins behauptet der Kläger indes nicht.

Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Anforderungen des § 312d Abs. 6 BGB a.F. für den Wertersatzanspruch der Beklagten erfüllt.

Nach § 312d Abs. 6 BGB a.F. hat bei Fernabsatzverträgen der Verbraucher abweichend von § 357 Abs. 1 BGB Wertersatz für die erbrachte Dienstleistung nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten, wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und wenn er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt.

Die Angaben in der Widerrufsbelehrung zu den Widerrufsfolgen genügten den Anforderungen an die Belehrungspflicht über die Rechtsfolgen gemäß § 312d Abs. 6 BGB a.F. Der Kläger konnte dem Hinweis entnehmen, dass er im Falle des Widerrufs Wertersatzansprüchen der Beklagten ausgesetzt ist und die Nutzungen in Form von Zinsen herauszugeben sind.

Indem der Kläger die Darlehen abgerufen hat, hat er auch ausdrücklich zugestimmt, dass die Beklagte vor dem Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt (vgl. zur Zustimmung durch Darlehensabruf: OLG Nürnberg, Urteil v. 18.12.2017, 14 U 1221/16, BeckRS 2017, 142728 Rz. 25). Dass ein solcher Abruf geschehen sein muss, ergibt sich daraus, dass unstreitig die Darlehensvaluta für das Darlehen -...#2 zum 30.04.2007 und für das Darlehen -...#1 zum 18.06.2007 zur Ablösung der Drittverbindlichkeiten des Klägers ausgezahlt worden ist und gemäß Ziffer 2.1. der in die Darlehensverträge einbezogenen Finanzierungsbedingungen für die Auszahlung ein schriftlicher Abruf des Darlehensnehmers erforderlich ist.

Dass der Kunde darüber informiert werden muss, dass der Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Leistung vor dem Ablauf der Widerrufsfrist liegt, ergibt sich aus § 312d Abs. 6 BGB a.F. nicht. Die als erste Voraussetzung in § 312d Abs. 6 BGB a.F. statuierte Hinweispflicht bezieht sich nur auf die Wertersatzpflicht als Rechtsfolge des Widerrufs. Die zweite Voraussetzung des § 312d Abs. 6 BGB a.F. verlangt eine ausdrückliche Zustimmung zur Leistungserbringung, aber nicht einen zusätzlichen Hinweis darauf, dass der so bestimmte Leistungstermin vor Ablauf der Widerrufsfrist liegt (OLG Nürnberg, a.a.O. Rz. 25; vgl. auch Wendehorst in MüKo-BGB, 5. Aufl. 2007, § 312d BGB Rn.130, 131; sowie zu der heutigen Vorschrift des § 357a Abs. 2 Satz 1 BGB Fritsche in MüKo-BGB, 7. Aufl. 2016, § 357a BGB Rn. 6, 8; § 357 BGB Rn. 41).

Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 7 Abs. 1, Abs. 3 FinFARL.

Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Anforderungen des Art. 7 Abs. 1, Abs. 3 iVm Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 lit a) FinFARL und damit die des § 312c Abs. 1 BGB a.F. iVm § 1 Abs. 4 BGB-InfoV erfüllt. Die Beklagte begann mit der Erfüllung des Vertrages durch Auszahlung auf Grund des Abrufs der Darlehensvaluta durch den Kläger nach dessen ausdrücklicher Zustimmung. Der Kläger erhielt mit den in Kreditverträgen unter Ziffer 1.5 benannten pro Monat zu leistenden bezifferten Zinsraten auch die Informationen über die Beträge, die dem Wert der bis zum Widerruf erbrachten Leistung der Beklagten entsprachen. Da die Darlehen tilgungsfrei waren, erfasste die Monatsrate ausschließlich Zinsen. Der Kläger konnte aufgrund der Ratenhöhe durch einfache Multiplikation den Gesamtbetrag des zu leistenden Wertersatzes ermitteln.

Weitergehende Informationen waren nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 lit a) FinFARL von der Beklagten nicht geschuldet, insbesondere war nicht die Bezifferung eines konkreten Wertersatzbetrages geschuldet. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) FinFARL sieht in verschiedenen Sprachfassungen jeweils vor, dass Informationen über die zurückzuzahlenden Beträge angegeben werden (engl.: "information on the amount"; frz.: "informations sur le montant"; sp.: "información relativa al importe"; nl.: "informatie over het bedrag"; it.: "informazioni relative all'importo", pt.: "informações sobre o montante"), sodass die deutsche Sprachfassung insoweit ungenau ist.

Dies hat auch der deutsche Gesetzgeber erkannt und hat ausdrücklich mit § 312c Abs. 1 BGB a.F. iVm § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV Informationen über den "zurückzuzahlenden Betrag" genügen lassen (BT-Drs. 15/2946, S. 26, l.Sp.).

Dieses Ergebnis steht in Übereinstimmung mit der Richtlinienhistorie. Eine ursprünglich von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Differenzierung (KOM (98) 468 endg.) für Fälle, bei denen eine konkrete Berechnung möglich ist, und solche, bei denen dies nicht der Fall ist - wie bei vereinbarten Zinszahlungen (s. BT-Drs. 15/2946, S. 26 l.Sp.) -, wurde im Rahmen des gemeinsamen Standpunktes des Rates vom 06.12.2001 (Dok. 12425/01) mit redaktionellen Änderungen vereinfacht (s. Übermittlungsvermerk vom 18.01.2002, Dok. 5465/02, SEK(2002)30 endg., S. 10). Hierbei geriet nicht aus dem Blick, dass die Bezifferungen eines Betrages nicht immer möglich ist, wie insbesondere bei Annuitätendarlehen.

2. Da keine Hauptforderungen begründet sind, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die geltend gemachte Verzinsung.

II. Klageantrag zu Ziffer 2) und zu Ziffer 3)

Die Anträge zu Ziffer 2) und 3) sind unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Nutzungsersatz hinsichtlich seiner bis zum Widerruf geleisteten Ratenzahlungen für das Darlehen Nummer -...#1 in Höhe von 5.938,47 EUR bzw. für das Darlehen Nummer -...#2 in Höhe von 8.806,90 EUR gem. §§ 357, 346 Abs. 1 BGB.

Insofern kann dahinstehen, ob die von Klägerseite in Ansatz gebrachten Nutzungsersatzansprüche der Höhe nach zutreffend ermittelt worden sind.

Insoweit gilt das unter II. 1. a. bb) Gesagte. Nutzungsersatzansprüche des Darlehensnehmers gegenüber der Bank bestehen bei Fernabsatzgeschäften gemäß §§ 357, 346 BGBa. F. in richtlinienkonformer Auslegung nach Art. 7 Abs. 4 FinFARL nicht.

III. Klageantrag zu Ziffer 5)

Der Antrag zu Ziffer 5) ist ebenfalls unbegründet.

Der Kläger hat mangels begründeter Hauptforderung keinen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2, 281 Abs. 3 ZPO.

Die Einbeziehung des rechtskraftfähig erledigten Teils der streitigen Hilfsaufrechnungsforderung der Beklagten in den Streitwert gemäß § 45 Abs. 3 GKG (Hilfsaufrechnung 55.406,13 EUR + 106.596,47 EUR) zwingt bei der Kostenentscheidung grundsätzlich zu einer Quotierung nach § 92 ZPO bezogen auf den Gesamtstreitwert (BGH WM 1985, 264 juris Rz 58; Zöller-Herget, ZPO, 32.Aufl. § 92 Rz. 3 m.w.N.).

Hinsichtlich der teilweise zurück genommenen Klageanträge waren die Kosten im Wege der sog. Mehrkostenmethode zu verteilen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.

Streitwert:

Bis zum 12.11.2020: 598,784,05 EUR (§ 45 Abs. 3 GKG)

[Antrag zu 1): 68.258,94 EUR,

Antrag zu 2): 102.367,57 EUR,

Antrag zu 3): 262.154,94 EUR (80 % der ab Juni 2017 erbrachten Leistungen)

Antrag zu 4): bis 4.000,00 EUR (80 % von geschätzt 5.000,- EUR VFE)

Antrag zu 5) und 6): 0 EUR (streitwertneutrale Nebenforderungen)

Zzgl. Hilfsaufrechnung : 162.002,60 EUR]

Ab dem 12.11.2020: 328.005,20 EUR (§ 45 Abs. 3 GKG)

[Antrag zu 1): 162.002,60 EUR (hinsichtlich der Nutzungsersatzansprüche streitwertneutral)

Antrag zu 2) und 3): 0 EUR (streitwertneutrale Nebenforderungen),

Antrag zu 4): bis 4.000,00 EUR (80 % von geschätzt 5.000,- EUR VFE)

Zzgl. Hilfsaufrechnung : 162.002,60 EUR]