OLG Hamburg, Urteil vom 27.08.2020 - 15 U 98/19
Fundstelle
openJur 2020, 79510
  • Rkr:

1. Die folgenden Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind bezogen auf Verträge über die Lieferung von elektrischer Energie gegenüber Haushaltskunden mit Verträgen außerhalb der Grundversorgung im Sinne von § 41 EnWG wirksam, wenn keine Verpflichtung zur Teilnahme am Lastschrifteinzug besteht:

„Sämtliche Rechnungsbeträge sind mit Zugang der Rechnung fällig. [...] Abschläge werden zu dem vom Lieferanten festgelegten Zeitpunkt fällig [...]“.

(Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 23.01.2003, Az. III ZR 54/02, NJW 2003, 1237)

2. Nach der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 31.07.2013, Az. VIII ZR 162/09, NJW 2013, 3647) kann auch in Ansehung von § 310 Abs. 2 BGB nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Regelungen der StromGVV ohne weiteres „Leitbildcharakter“ für Verträge mit Sondervertragskunden haben. Eine Abweichung von den Bestimmungen der StromGVV führt demnach nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit abweichender Bestimmungen. Entscheidend ist stets eine Einzelfallprüfung anhand der jeweiligen abweichenden Regelung. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich der Kunde bewusst für einen Sondervertrag, also für den Wettbewerb, und damit gegen den besonderen Schutz der Grundversorgung entschieden hat.

3. § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV kommt kein „Leitbildcharakter“ zu.

4. Zu den Fragen der Klagebefugnis gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG und der Kostenverteilung, wenn die klagende qualifizierte Einrichtung i.S.v. § 4 UKlaG eine in ihrer Satzung enthaltene räumliche Selbstbeschränkung im Laufe des Verfahrens streicht.

Tenor

A. Die Beklagte wird des Rechtsmittels der Berufung insoweit für verlustig erklärt, als es den Klagantrag zu I.1. angeht.

B. Auf die weitergehende Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 16.01.2018, Az. 312 O 514/16, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und in seinem Tenor zu I.2. wie folgt neu gefasst:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken am Geschäftsführer,

1. [wie vom Landgericht tenoriert]

2. zu unterlassen, in Bezug auf Energielieferungsverträge, die mit Verbrauchern geschlossen werden,

die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Bestimmung als Allgemeine Geschäftsbedingung einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen, wobei der in eckige Klammern gesetzte Teil nur dem Verständnis dient und nicht untersagt ist:

[Die Rechte und Pflichten aus diesem Energielieferungsvertrag können mit Zustimmung des anderen Teils auf einen Dritten übertragen werden.] Eine Zustimmung ist nicht erforderlich, wenn der Dritte ein verbundenes Unternehmen des Lieferanten im Sinne der §§ 15 ff. Aktiengesetz (AktG) ist.“

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. [wie vom Landgericht tenoriert]

C. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger zu 19% und die Beklagte zu 81%.

D. Dieses Urteil und das angegriffene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

E. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000 € festgesetzt; davon entfallen 15.000 € auf den Klagantrag zu I.1. und jeweils 2.500 € auf die Klaganträge zu I.2.a. und I.2.b.

Gründe

I.

Gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO sieht der Senat von der Wiedergabe des Sachverhalts ab.

II.

Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.06.2020 die Berufung im Hinblick auf Ziffer I.1. des Klagantrags zurückgenommen hat und die entsprechende Verurteilung damit rechtskräftig geworden ist, war nur noch über die Berufung betreffend die Klaganträge zu Ziffern I.2. und II. bzw. die entsprechend bezifferten Verurteilungen des Landgerichts zu entscheiden. Das betrifft den Streit der Parteien über die Wirksamkeit der Klauseln gemäß Nummer 5.1 und Nummer 14.2 der AGB der Beklagten (Ziffern I.2.a. und I.2.b.) sowie die Abmahnkosten (Ziffer II.).

Die Berufung der Beklagten ist nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 519 Abs. 1, Abs. 2; § 517 ZPO) und begründet (§ 520 Abs. 3, Abs. 2 S. 1 ZPO). Die Berufung hat in der Sache zum Teil Erfolg, so dass das landgerichtliche Urteil teilweise abzuändern war. Entgegen der Bewertung des Landgerichts steht dem Kläger der gemäß Ziffer I.2.a. tenorierte Unterlassungsanspruch nicht zu, und der Unterlassungsanspruch gemäß Ziffer I.2.b. besteht nicht in Bezug auf den ersten der beiden angegriffenen Sätze. Die Verurteilung in Bezug auf den zweiten mit dem Antrag gemäß Ziffer I.2.b. angegriffenen Satz ist jedoch ebenso zu Recht erfolgt wie die Verurteilung zum Ersatz der Abmahnkosten gemäß Ziffer II. des landgerichtlichen Tenors.

1.

Die Klage ist zulässig.

Soweit die Beklagte in der Berufung die Unzuständigkeit des Landgerichts Hamburg hätte rügen wollen (s. Schriftsatz vom 11.05.2020, Seite 2, Bl. 193 d.A., wonach der Kläger gehindert gewesen sei, das Verfahren vor dem Landgericht Hamburg zu führen), ist dies in der Berufung gemäß § 513 Abs. 2 ZPO ohne Belang.

Der Kläger ist klagebefugt. Ansprüche nach § 1 UKlaG stehen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG qualifizierten Einrichtungen zu, die nachweisen, dass sie in der Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen sind. Bei dieser Regelung handelt es sich wie bei § 8 Abs. 3 Nr. 2 und 3 UWG nicht nur um eine Regelung der Anspruchsberechtigung (Aktivlegitimation), sondern auch der Klagebefugnis (sog. Doppelnatur, s. Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Auflage 2020, § 3 UKlaG Rn. 3). Das Landgericht hat festgestellt, dass der Kläger in die vom Bundesamt für Justiz geführte Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Berufung bringt dagegen zu Recht nichts vor. Die Rüge der Beklagten, der Kläger sei aufgrund der in seiner Satzung vorgenommenen Selbstbeschränkung in sachlich-räumlicher Hinsicht nicht klagebefugt, greift nicht durch. Zwar war die Tätigkeit des Klägers gemäß § 1 seiner Satzung räumlich auf das Land Niedersachsen begrenzt. Damit mag – was offen bleiben kann – seine Klagebefugnis auf die Vertretung von Verbraucherinteressen in Niedersachsen beschränkt gewesen sein (s. zur Begrenzung der Klagebefugnis durch den Satzungszweck Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Auflage 2020, § 3 UKlaG Rn. 4). Indes hat der Kläger nach dem unstreitig gebliebenen und daher auch angesichts von § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigenden Vortrag der Beklagten in der Berufung durch Beschluss vom 03.06.2019 seine Satzung geändert und die räumliche Beschränkung auf Niedersachsen gestrichen. Die Tätigkeit des Klägers ist daher jedenfalls jetzt nicht mehr auf das Land Niedersachsen beschränkt. Die Klagebefugnis ist Voraussetzung einer zulässigen Klage; sie gehört demnach zu den Sachurteilsvoraussetzungen (s. dazu BGH, I ZR 229/10, juris Rn. 4 ff., 9 ff.). Die Sachurteilsvoraussetzungen müssen (nur) im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung gegeben sein. Jedenfalls nunmehr ist die Klagebefugnis des Klägers auch in räumlicher Hinsicht gegeben. Auf die Auslegung der alten Satzungsbestimmung kommt es nicht mehr an.

2.

Die Klage ist nur teilweise begründet. Dem Kläger steht der mit dem Antrag zu I.2.a. geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu (dazu unter a.), und der mit dem Antrag zu I.2.b. geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht nur teilweise (dazu unter b.). Die Abmahnkosten kann der Kläger von der Beklagten ersetzt verlangen (dazu unter c.).

Nach § 1 UKlaG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen verwendet, die nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind. Der Kläger ist im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 UKlaG aktivlegitimiert (s.o.).

a.

Entgegen der Bewertung des Landgerichts sind die vom Kläger angegriffenen Teile der Klausel in Nummer 5.1 der AGB der Beklagten wirksam.

Es kommt nur eine Unwirksamkeit gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB in Betracht. Danach sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Das ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

Der Kläger greift folgende Fälligkeitsregelungen als unwirksam an: „Sämtliche Rechnungsbeträge sind mit Zugang der Rechnung fällig. [...] Abschläge werden zu dem vom Lieferanten festgelegten Zeitpunkt fällig [...]“.

Unstreitig geht es bei den AGB der Beklagten nicht um Regelungen betreffend Grundversorgungsverträge i.S.v. § 1 Abs. 1 StromGVV. Demnach ist der Anwendungsbereich der StromGVV nicht eröffnet, so dass die Prämisse der landgerichtlichen Bewertung unzutreffend ist. Die Beklagte schließt vielmehr Sonderkundenverträge i.S.v. § 41 Abs. 1 EnWG. Demnach kann eine zur Unwirksamkeit führende unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht oder jedenfalls nicht ohne weiteres mit einer Abweichung vom wesentlichen Grundgedanken des § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV begründet werden, wonach Rechnungen und Abschläge zu dem vom Grundversorger angegebenen Zeitpunkt fällig werden, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung. Eine andere gesetzliche Regelung, deren Grundgedanke einer Fälligkeit sofort nach Zugang einer Rechnung entgegenstehen könnte, existiert nicht und wird vom Kläger auch nicht angeführt. Das EnWG trifft keine Regelung zur Fälligkeit von Leistungen. Von der Ermächtigung des § 41 Abs. 5 EnWG ist bislang kein Gebrauch gemacht worden (Winfried Rasbach in: Kment, EnWG, 2. Auflage 2019, § 41 Rn. 14). Demnach ist auf § 271 Abs. 1 BGB abzustellen, der eine Fälligkeitsregelung wie die hiesige ohne weiteres gestattet.

Die Unwirksamkeit der angegriffenen Klausel ergibt sich nicht aufgrund einer Abweichung von § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV als Norm mit „Leitbildcharakter“ (s. dazu grundsätzlich Hartmann in: Theobald/Kühling, Energierecht, Werkstand: 105. EL Februar 2020, § 1 StromGVV Rn. 35 ff.). Die Norm sieht eine frühestmögliche Fälligkeit für Rechnungen und Abschläge zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung vor. Sie schützt den Abnehmer und sichert ihm zwischen dem Zugang der Zahlungsaufforderung und der Fälligkeit ausreichend Zeit zur Disposition (Hartmann, a.a.O. § 17 StromGVV Rn. 8). Indes ist der Norm kein Leitbildcharakter beizumessen. Nach der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung gemäß dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 31.07.2013 (Az. VIII ZR 162/09, NJW 2013, 3647) kann auch in Ansehung des § 310 Abs. 2 BGB nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Regelungen der StromGVV „automatisch“ Leitbildcharakter haben. Nach der genannten Entscheidung, mit der die anderslautende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgegeben wurde, können dem Wortlaut der StromGVV entsprechende AGB-Klauseln, die Stromanbieter im Rahmen von Sonderkundenverträgen verwenden, eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 BGB bedeuten und daher unwirksam sein. Es ist eine vollständige Inhaltskontrolle auch solcher Klauseln vorzunehmen, die wortlautidentisch mit den Regelungen der StromGVV sind (OLG Dresden, 27.09.2019, 9 U 481/19, EnWZ 2020, 12 Rn. 16). Angesichts dessen kann von einem grundsätzlich bestehenden „Leitbildcharakter“ der StromGVV nicht (mehr) die Rede sein (s. BGH, NJW 2013, 3647, 3653 Rn. 57 f.; dies übersieht OLG Köln, 05.05.2017, 6 U 132/16, BeckRS 2017, 118537, wo noch auf die aufgegebene BGH-Rspr. abgestellt wird; eine Leitbildfunktion der StromGVV für Sonderkundenverträge aus dogmatischen Gründen ablehnend OLG München, 02.04.2015, 6 U 3750/14, BeckRS 2015, 16024 Rn. 12). Denn Konsequenz dessen wäre, dass Stromanbieter einerseits bei Übernahme der Regelungen der StromGVV in ihre AGB fürchten müssten, dass die Rechtsprechung diese Klauseln gemäß § 307 Abs. 1 BGB für unwirksam erachtet. Andererseits müssten sie bei Abweichungen von den Klauseln der StromGVV fürchten, dass die Rechtsprechung die abweichenden Klauseln wegen des Leitbildcharakters der StromGVV als unwirksam erachtet. Ein solches Gefüge wäre nicht stimmig. Eine Abweichung von den Bestimmungen der StromGVV führt demnach nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit, sondern entscheidend ist stets eine Einzelfallprüfung anhand der jeweiligen abweichenden Regelung (Hartmann in: Theobald/Kühling, Energierecht, Werkstand: 105. EL Februar 2020, § 1 StromGVV Rn. 41, 39). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich der Kunde bewusst für einen Sondervertrag, also für den Wettbewerb, und damit gegen den besonderen Schutz der Grundversorgung entschieden hat (Hartmann, a.a.O.). In Anbetracht dessen und der Regelung des § 271 Abs. 1 BGB, nach der der Gläubiger die Leistung sofort verlangen kann, wenn die Fälligkeit nicht vereinbart ist, und der demgemäß grundsätzlich frei zu vereinbarenden Fälligkeit stellt die hier angegriffene Klausel keine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Es liegt keine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung vor (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Angesichts der allgemeinen schuldrechtlichen Regelung des § 271 Abs. 1 BGB sowie des bewussten Vertragsschlusses des Kunden mit der Beklagten kommt § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV als spezieller, die Grundversorgung betreffende Norm ohne darüber hinausreichendes Regelungsanliegen kein Leitbildcharakter für den Sonderkundenstromvertrag zu. Die Klausel schränkt auch nicht wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Durch die bloße Fälligkeit mit Zugang der Rechnung erleidet der Kunde der Beklagten keinerlei Nachteile; insbesondere tritt damit noch kein Verzug ein, der zum Verzugsschadensersatz inkl. der Zahlung von Verzugszinsen verpflichten würde. Der Sonderstromkunde kann auch angesichts der sofortigen Fälligkeit den Rechnungsbetrag überprüfen und ggf. Einwendungen erheben, bevor er in Verzug gerät.

Der Kläger kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.01.2003 zum Aktenzeichen III ZR 54/02 (NJW 2003, 1237) berufen. Dort ging es um die in AGB geregelte Pflicht, am Lastschriftverfahren teilzunehmen. Dann müsse dem Kunden zwischen Zugang der Rechnung und Einzug des Betrags ausreichend Zeit bleiben (mind. 5 Werktage), um die Rechnung zu prüfen und für ausreichende Deckung auf dem Konto zu sorgen. Darum geht es hier nicht. Der Kläger macht nur geltend, dass die Beklagte „die Möglichkeit zur Zahlung per Lastschrift“ vorsehe (Schriftsatz vom 02.07.2018, Seite 6 - Bl. 176 d.A.), nicht aber, dass diese verpflichtend sei. Wenn aber die Teilnahme am Lastschrifteinzug nicht verpflichtend ausgestaltet ist, spricht nichts gegen die formularmäßige Vereinbarung einer sofortigen Fälligkeit nach Zugang einer Rechnung. Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in der Sache III ZR 54/02 zur Lastschriftklausel auf die hier streitige Klausel auch nicht deswegen übertragbar, weil diese nach verbraucherfeindlichster Auslegung dazu führen könne, dass die Beklagte unmittelbar mit Eintritt der Fälligkeit die entsprechenden Beträge vom Konto des Verbrauchers einzieht. Dies vermag die Beklagte nur zu tun, wenn ihr Kunde dem Lastschrifteinzug zugestimmt hat – was er nicht muss. Die vom Kläger angeführte verbraucherfeindlichste Auslegung bzw. vielmehr das von ihm skizzierte faktische Geschehen ist abhängig von der Zustimmung des Kunden und damit einer außerhalb der angegriffenen Klausel liegenden weiteren Voraussetzung, die zudem im Belieben des Kunden steht. Darauf kann eine Unwirksamkeit der Fälligkeitsregelung nicht gestützt werden. Nimmt der Kunde freiwillig und in Ansehung der angegriffenen Fälligkeitsregelung am Lastschrifteinzug teil, liegt es in seiner Verantwortung, für ausreichende Kontodeckung zu sorgen.

b.

Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der zweite Satz der Klausel Nummer 14.2 unwirksam ist und dem Kläger ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG i.V.m. § 309 Nr. 10 BGB zusteht. Nach der angegriffenen Regelung soll die Zustimmung zur Übertragung der Rechte und Pflichten aus dem Vertrag auf einen Dritten nicht erforderlich sein, wenn der Dritte ein verbundenes Unternehmen des Lieferanten im Sinne der §§ 15 ff. AktG ist.

Nach § 309 Nr. 10 BGB ist - auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist - eine Bestimmung in AGB unwirksam, wonach bei Kauf-, Darlehens-, Dienst- oder Werkverträgen ein Dritter anstelle des Verwenders in die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten eintritt oder eintreten kann, es sei denn, in der Bestimmung wird a) der Dritte namentlich bezeichnet oder b) dem anderen Vertragsteil das Recht eingeräumt, sich vom Vertrag zu lösen.

§ 309 BGB ist anwendbar. Zwar findet die Vorschrift gemäß § 310 Abs. 2 S. 1 BGB keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitätsversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie abweichen. Die StromGVV sieht jedoch keine Regelungen zu einer Vertragsübernahme vor. Eine Regelung, aufgrund derer auf Seiten des Stromversorgers eine von der Zustimmung des Stromkunden unabhängige Vertragsübernahme stattfinden kann, weicht demnach zum Nachteil des Abnehmers von der StromGVV ab.

Zutreffend und von der Berufung nicht angegriffen hat das Landgericht den Stromversorgungsvertrag als Kaufvertrag i.S.v. § 309 Nr. 10 BGB angesehen. Demnach kann die Möglichkeit eines Vertragspartnerwechsels in AGB nur wirksam vereinbart werden, wenn der übernehmende Dritte namentlich benannt ist (§ 309 Nr. 10 lit. a) BGB) oder dem Abnehmer das Recht eingeräumt wird, sich vom Vertrag zu lösen (§ 309 Nr. 10 lit. b) BGB). Beides ist hier nicht vorgesehen. Die bloße Konzernverbundenheit reicht nach der Bestimmung des § 309 Nr. 10 BGB nicht aus. Ob die angegriffene Klausel für den Verbraucher unwichtig und ob sie für das Marktverhalten und die Lauterkeit des Marktes von völlig untergeordneter Bedeutung ist, ist unerheblich. Im Rahmen von § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG i.V.m. § 309 Nr. 10 BGB kommt es auf eine Spürbarkeit i.S.v. § 3a UWG nicht an.

Indes ist das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass auch der erste Satz der Klausel Nummer 14.2 der AGB unwirksam ist und dass auch insoweit ein Unterlassungsanspruch bestehe. Auch dieser Satz „Die Rechte und Pflichten aus diesem Energielieferungsvertrag können mit Zustimmung des anderen Teils auf einen Dritten übertragen werden.“ ist vom Streitgegenstand der Klage erfasst. Der Kläger hat den Satz wörtlich in seinen Klagantrag aufgenommen. In diesem Sinne hat sich der Klägervertreter auf die entsprechende Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung geäußert. Nur dieses Verständnis ist auch damit in Einklang zu bringen, dass dieser Satz im Klagantrag wiedergegeben, jedoch – anders als andere, nicht angegriffene, sondern nur der Erläuterung dienende Sätze bzw. Satzteile im Antrag zu I.2.a. – nicht in eckige Klammern gesetzt ist. Schließlich hat die Beklagte mit der Berufung explizit diese Verurteilung mit dem Argument angegriffen, nach Nummer 14.2 Satz 1 der AGB werde die Übertragung des Vertrags auf einen Dritten von der Zustimmung des Kunden abhängig gemacht und sei daher wirksam (Berufungsbegründung vom 19.04.2018 Seite 17 unter 1.) – Bl. 162 d.A.). Der Kläger ist dem nicht entgegengetreten, insbesondere nicht dergestalt, dass dieser Satz gar nicht streitgegenständlich sei.

Es ist weder vom Kläger dargelegt noch erkennbar, inwiefern bzw. aus welchem Grund der erste Satz in Klausel Nummer 14.2 unwirksam sein sollte. Er bildet lediglich eine Selbstverständlichkeit der Privatautonomie ab, die in § 414 BGB ihren ausdrücklichen Niederschlag gefunden hat. Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 10 BGB liegt nicht vor.

c.

Zu Recht, wenn auch ohne Begründung, hat das Landgericht dem Kläger den Ersatz von Abmahnkosten gemäß seinem Klagantrag zu II. zugesprochen, so dass diese Verurteilung bestehen bleibt. Die Beklagte hat die Berufung im Hinblick auf ihre Verurteilung gemäß Ziffer I.1. des landgerichtlichen Tenors zurückgenommen. Damit steht rechtskräftig fest, dass dem Kläger der vom Landgericht zugesprochene, auf eine Verletzung des UWG gestützte Unterlassungsanspruch zusteht. Angesichts dessen kann der Kläger gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG den Ersatz der für die Abmahnung gemäß Anlage K3 angefallenen Kosten verlangen. Zwar war die Abmahnung nicht vollständig berechtigt, weil nicht alle der beanstandeten AGB-Klauseln unwirksam sind. Das steht jedoch dem Kostenerstattungsanspruch nicht entgegen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Abmahnkostenpauschale, die ein nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 UWG klagebefugter Verband beanspruchen kann, auch dann in voller Höhe geschuldet, wenn die Abmahnung nur teilweise berechtigt war (BGH GRUR 2010, 744 Rn. 51 – Sondernewsletter m.w.N.). Die einem Verband zustehende Kostenpauschale richtet sich nach den Kosten des Verbands, fällt daher auch bei einer nur teilweise berechtigten Abmahnung in voller Höhe an und ist deshalb in voller Höhe zu erstatten. Das gilt auch für die Abmahnkostenpauschale einer qualifizierten Einrichtung i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und damit auch den Kläger. Gegen die Angemessenheit der vom Kläger in Ansatz gebrachten Pauschale und damit die Höhe des Anspruchs hat die Beklagte zu keinem Zeitpunkt Einwendungen erhoben, und solche sind auch für den Senat nicht ersichtlich.

3.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Was den Klagantrag zu I.1. angeht, hat die Beklagte die Kosten erster Instanz gemäß § 91 Abs. 1 ZPO und die Kosten der Berufung gemäß § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Klage erweist sich bzgl. des Klagantrags zu I.2.a. als vollständig unbegründet und in Bezug auf den Klagantrag zu I.2.b. als teilweise unbegründet, so dass der Kläger gemäß § 92 Abs. 1 ZPO einen entsprechenden Teil der Kosten beider Instanzen tragen muss. Den Anträgen zu I.2.a und I.2.b. hat das Landgericht – von den Parteien unbeanstandet – jeweils einen Streitwert von 2.500 € beigemessen, so dass der Kläger in Bezug auf einen Teilstreitwert i.H.v. 3.750,00 € unterliegt. Angesichts des Gesamtstreitwerts von 20.000 € errechnet sich daraus die tenorierte Quote. Soweit die Beklagte die Klagebefugnis des Klägers aufgrund einer räumlichen Selbstbeschränkung in seiner Satzung in Abrede genommen und der Kläger seine Satzung inzwischen geändert hat, bleibt dies für die Kostenentscheidung unbeachtlich. Es hätte der Beklagten freigestanden, nach der Satzungsänderung des Klägers ein (teilweises) Anerkenntnis abzugeben mit der möglichen Kostenfolge gemäß § 93 ZPO; das ist aber nicht geschehen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt gemäß § 3 ZPO, § 51 Abs. 2, § 47 Abs. 2 und 3 GKG und folgt der plausiblen, unbeanstandet gebliebenen Festsetzung des Landgerichts.

Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht.

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