BPatG, Beschluss vom 27.03.2007 - 33 W (pat) 250/04
Fundstelle
openJur 2011, 100976
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der am 1. März 2001 veröffentlichten Wortmarke 300 10 483 KORTS für Klasse 35: Unternehmensverwaltung, Geschäftsführung, Werbung, Büroarbeiten;

Klasse 36: Finanzwesen, Immobilienwesen, Geldgeschäfte;

Klasse 42: Unternehmensberatung, Rechts- und Steuerberatungist Widerspruch erhoben worden aufgrund der am 23. März 1999 eingetragenen Wortmarke 399 05 736 KORD für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 29, 30, 32, 33, 35, 42, u. a.:

Klasse 35: Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung für Dritte, Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für Dritte, Vermittlung von Verträgen über Anschaffung und Veräußerung von Waren sowie Werbevermittlung.

Im Verfahren vor der Markenstelle hat die Inhaberin der angegriffenen Marke mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2001 die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für Dienstleistungen der Klasse 35 bestritten. Hierauf ist den Beteiligten mit Bescheid vom 25. Oktober 2001 mitgeteilt worden, dass die Einrede derzeit nicht zulässig sei, da die Widerspruchsmarke noch nicht fünf Jahre eingetragen sei. Die Einrede müsste von der Inhaberin der angegriffenen Marke nach Ablauf der Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke "erneut erhoben werden (vgl. BPatGE 42, 195 - Neuro-Vibolex)".

Mit Beschluss des Erstprüfers vom 27. Januar 2004 hat die Markenstelle für Klasse 35 unter Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, nämlich für die Dienstleistungen

"Unternehmensverwaltung, Geschäftsführung, Werbung, Unternehmensberatung".

Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Markeninhaberin ist mit Beschluss vom 7. Oktober 2004 zurückgewiesen worden. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, dass zwischen den Marken im Umfang der von der Löschungsanordnung betroffenen Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen bestehe. Im Bereich der Dienstleistungen "Unternehmensverwaltung, Geschäftsführung" könnten sich die Marken als Kennzeichnung identischer Dienstleistungen begegnen. Zwischen den Dienstleistungen "Werbung" und "Werbevermittlung" bestehe jedenfalls eine enge Ähnlichkeit. Soweit zwischen den Beteiligten die vom Erstprüfer angenommene Ähnlichkeit zwischen der für die jüngere Marke eingetragenen Dienstleistung "Unternehmensberatung" und der für die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistung "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung und Datenverarbeitung von Dritten" umstritten sei, könne dies dahinstehen, weil jedenfalls die Tätigkeiten der "Unternehmensberatung" und der für die Widerspruchsmarke ebenfalls eingetragenen "Unternehmensverwaltung" im Hinblick auf die Art, Erbringung, Inanspruchnahme sowie Einsatz- und Verwendungszweck ähnlich seien.

An den Abstand der Marken zueinander seien danach eher strenge Anforderungen zu stellen, denen die angegriffene Marke nicht gerecht würde. In klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht sei die Ähnlichkeit der Marken derart ausgeprägt, dass eine Verwechslungsgefahr bestehe. Auch wenn es sich bei den Markenwörtern um einsilbige, leicht erfassbare Kurzwörter handele, bei denen einzelne Abweichungen meist stärker auffielen als bei längeren Wörtern, so stimmten sie doch in der das Gesamtklangbild beherrschenden Lautfolge "KOR-" mit dem am regelmäßig stärker beachteten Wortanfang befindlichen markanten Sprenglaut "K" und dem dunklen Vokal "O" überein. Die Lautkombination "TS" am eher unauffälligen Wortende der jüngeren Marke stelle gegenüber dem Buchstaben "D" der Widerspruchsmarke nur einen geringen Kontrast dar und führe selbst bei exakter Wiedergabe nicht zu ausreichenden Klangunterschieden, um einer Verwechslungsgefahr entgegenzuwirken.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke. Zur Begründung führt sie aus, dass zwischen den beiderseitigen Marken keine ausreichende Ähnlichkeit bestehe. Sie unterschieden sich sowohl in visueller wie auch in klanglicher Hinsicht deutlich voneinander. Insbesondere der Unterschied zwischen der weichen Endung der Widerspruchsmarke "D" und der scharfen Endung der angegriffenen Marke "TS" verleihe beiden Marken einen signifikanten Unterschied. Die Markenstelle habe nicht berücksichtigt, dass die Endung der Widerspruchsmarke aus einer "T"-Laut-Kombination, nicht aber aus der markanten "TS"-Lautkombination bestehe, welche ihrerseits nicht in getrennte Einzellaute aufgespalten werden könne. Diese Lautkombination stelle einen markanten Zischlaut dar, wobei die Aussprache des Buchstabens "S" der Aussprache des Buchstabens "Z" nahe komme. Insoweit würde die Anfangslautfolge "KOR" durch die nicht übereinstimmenden Wortendungen überlagert. Im Übrigen sei die bisherige Praxis fraglich, wonach es für die Feststellung einer Verwechslungsgefahr ausreiche, wenn die Marken allein in klanglicher Hinsicht Annäherungen aufwiesen. Diese Sichtweise entspreche nicht mehr den Gegebenheiten der heutigen Zeit, in der sich der Verkehr bei zunehmender Verwendung des Internets mehr an der Optik von Marken orientiere. Vielmehr müssten für die Feststellung einer Verwechslungsgefahr auch ausreichende visuelle Gemeinsamkeiten der Marken hinzukommen. Daran fehle es hier jedoch. Bei den Marken handele es sich um Kurzwörter, bei denen schon geringe Unterschiede ausreichten, um eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Diese Unterschiede lägen in Form des nur in der angegriffenen Marke vorhandenen Schlussbuchstaben "s" und dem Unterschied in den Buchstaben "t/d" bzw. "T/D" vor.

Zu Unrecht sei die Markenstelle im Übrigen von einer Ähnlichkeit bzw. Identität der von der Löschungsanordnung betroffenen Dienstleistungen der jüngeren Marke mit den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke ausgegangen. So sei es nicht erkennbar, dass zwischen den Dienstleistungen "Werbung" und "Anschaffung und Veräußerung von Waren sowie Werbevermittlung" Identität bestehe. Vollkommen fehl gingen die Erwägungen des Erstprüfers, der eine Identität bzw. engere Ähnlichkeit zwischen der für die angegriffene Marke eingetragenen Dienstleistung "Unternehmensberatung" und den für die Widerspruchsmarke eingetragenen Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung und Datenverarbeitung von Dritten" angenommen habe. Es habe sich nicht im Bewusstsein der für die Beurteilung maßgeblichen Kreise festgesetzt, dass Unternehmensberatung und Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung ähnlich seien. Vielmehr handele es sich bei der letztgenannten Dienstleistung allenfalls um eine untergeordnete Einzelleistung, ähnlich wie etwa Anstricharbeiten. Die Widerspruchsmarke könne hieraus keinen so weit reichenden Schutz herleiten, dass dies zu einer Verwechslungsgefahr mit einer für "Unternehmensberatung" eingetragenen Marke führe. Außerdem könnten aus der Widerspruchsmarke keine Rechte in Bezug auf die Dienstleistung "Geschäftsführung" hergeleitet werden, denn für diese Dienstleistung sei die Widerspruchsmarke zu Unrecht eingetragen worden. Geschäftsführung umfasse auch den Bereich der Rechtsberatung, zu deren Erbringung die Widersprechende nicht berechtigt sei.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 vom 27. Januar 2004 und vom 7. Oktober 2004 aufzuheben, soweit dem Widerspruch stattgegeben worden ist und den Widerspruch vollumfänglich zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Nach ihrer Auffassung besteht zwischen den Marken die Gefahr von Verwechslungen. Die Widerspruchsmarke verfüge über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die Ähnlichkeit der Marken sei hoch, insbesondere sei der Schlussbuchstabe "s" der angegriffenen Marke wenig prägnant. Zudem habe die Markenstelle zu Recht eine Identität bzw. Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen angenommen.

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Inhaberin der angegriffenen Marke die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Dies hat der Vertreter der Widersprechenden als verspätet gerügt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist nicht begründet. Der Senat hält die Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den sich gegenüberstehenden Marken im streitgegenständlichen Umfang für gegeben.

1. Bei der Entscheidung über den Widerspruch sind auf Seiten der Widerspruchsmarke alle für sie eingetragenen Dienstleistungen zu berücksichtigen.

a) Soweit die Inhaberin der angegriffenen Marke geltend gemacht hat, dass die Widerspruchsmarke zu Unrecht für die Dienstleistung "Geschäftsführung" eingetragen sei, weil diese Dienstleistung rechtsberatende Tätigkeit umfasse, zu der die Widersprechende nicht befugt sei, konnte dieser Vortrag schon aus mehreren Gründen nicht berücksichtigt werden. Zum einen kann die (teilweise) Schutzunfähigkeit der Widerspruchsmarke im Widerspruchsverfahren, das auf die Prüfung der Voraussetzungen des §§ 42 Abs. 2, 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MarkenG beschränkt ist, nicht vorgebracht werden. Diese Prüfung ist dem markenrechtlichen Löschungsverfahren nach §§ 50, 54 MarkenG vorbehalten, während im Widerspruchsverfahren eine Bindungswirkung an die schutzbegründende Eintragung der Widerspruchsmarke besteht (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 42, Rdn. 43). Außerdem erfasst der nach der amtlichen Klasseneinteilung der Klasse 35 zugeordnete Dienstleistungsbegriff "Geschäftsführung" nicht die allein der Klasse 42 zugeordnete Dienstleistung "Rechtsberatung" (vgl. etwa Dienstleistungsverzeichnis der angegriffenen Marke). Im Übrigen wäre die fehlende Befugnis eines Markeninhabers zur Erbringung dieser Dienstleistung schon angesichts der mangelnden Bindung der Marke an den Betrieb ihres Inhabers (freie Veräußerbarkeit von Marken) auch kein absolutes Schutzhindernis, etwa nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG.

b) Die Widersprechende hatte auch nicht die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke glaubhaft zu machen. Die in der mündlichen Verhandlung (erneut) erhobene Nichtbenutzungseinrede war auf Rüge der Widersprechenden nach § 296 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Zwar war die Markeninhaberin grundsätzlich nicht gehindert, ihre (ursprünglich auf Dienstleistungen der Klasse 35 beschränkte) bereits im Jahr 2001 und damit verfrüht erhobene Nichtbenutzungseinrede erneut zu erheben und dabei auf sämtliche Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke zu erstrecken. Hat ein Verfahrensbeteiligter ursprünglich die rechtserhaltende Benutzung verfrüht erhoben, so ist dies sogar erforderlich, wenn er die Benutzung der Widerspruchsmarke weiter bestreiten will, da eine im Zeitpunkt der Erhebung unzulässige Einrede nicht von Amts wegen als nachträglich zulässig geworden Einrede bewertet werden darf (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 43, Rdn. 18).

Das erst in der mündlichen Verhandlung erklärte Wiederaufgreifen unter Erweiterung auf alle Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke war jedoch nach den Regelungen über das verspätete Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln zurückzuweisen. Hierzu sind - nach der Reform der Zivilprozessordnung 2002 und der damit verbundenen Neugestaltung des zivilprozessualen Berufungsrechts - die Vorschriften über die Zurückweisung verspäteten Vorbringens im ersten Rechtszug (§§ 282, 296 ZPO) anzuwenden, soweit nicht Besonderheiten des patentgerichtlichen Beschwerdeverfahrens entgegenstehen (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 43, Rdn. 26 - 27). Nach § 282 Abs. 2 ZPO sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag. Ist diesen Anforderungen nicht genügt, so kann das Gericht die betreffenden Angriffs- und Verteidigungsmittel zurückweisen, wenn ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht (§ 296 Abs. 2 ZPO). Nach diesen Regeln war die in der mündlichen Verhandlung erhobene Nichtbenutzungseinrede verspätet:

Die Nichtbenutzungseinrede ist ein Verteidigungsmittel, auf das die Widersprechende ohne vorherige Erkundigung keine den Anforderungen des § 43 Abs. 1 MarkenG genügende Erklärung bzw. Glaubhaftmachung erbringen kann (vgl. BPatG GRUR 1997, 370, 372 - LAILIQUE). Ihre Zulassung hätte hier auch den Rechtsstreit verzögert. Denn nachdem der Vertreter der Widersprechenden die Verspätung gerügt und geltend gemacht hat, dass die Widerspruchsmarke benutzt werde, die Widersprechende sich somit gegen die Nichtbenutzungseinrede verteidigen will, war die Benutzung beweisbedürftig. Dies hätte zu einer Verfahrensverzögerung geführt, da das nunmehr erforderliche Glaubhaftmachungsverfahren nicht mit nachgelassenem Schriftsatz erfolgen kann (vgl. BPatG GRUR 1999, 350, 352 - Ruoc/ROC). Hierfür wäre vielmehr eine Vertagung erforderlich gewesen.

Die erneute Erhebung der Nichtbenutzungseinrede in der mündlichen Verhandlung beruht auch auf grober Nachlässigkeit. Die Markeninhaberin hat die Einrede in der mündlichen Verhandlung erhoben, also zu einem Zeitpunkt, als die (einzig in Betracht kommende) Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG gegen die am 23. März 1999 MarkenG (ohne nachfolgendes, gegen sie gerichtetes Widerspruchsverfahren) eingetragene Widerspruchsmarke bereits seit drei Jahren zulässig gewesen wäre. Insbesondere hat für die Markeninhaberin, worauf es aber schon nicht mehr ankommen dürfte, sowohl bei der Einlegung der Beschwerde mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2004 als auch bei der Erarbeitung der Beschwerdebegründung (Schriftsatz vom 15. Oktober 2004) Gelegenheit bestanden, angesichts des bisherigen Verfahrensablaufs die Neuerhebung der seinerzeit von der Markenstelle ausdrücklich als unzulässig beschiedenen Nichtbenutzungseinrede vom 12. Oktober 2001 in Erwägung zu ziehen. Da dies bis zur (von der Markeninhaberin selbst beantragten) mündlichen Verhandlung nicht geschehen ist, durfte sich die Widersprechende darauf einstellen, dass von diesem Verteidigungsmittel kein Gebrauch mehr gemacht werden soll. Der zur Entschuldigung für die verspätete Erhebung der Einrede von der Markeninhaberin vorgebrachte Hinweis auf die bereits im Verfahren vor der Markenstelle erhobene Einrede kann unter diesen Umständen gerade nicht den Vorwurf grober Nachlässigkeit entkräften.

Von dem ihm danach gemäß § 296 Abs. 2 ZPO gewährten Ermessen hat der Senat dahingehend Gebrauch gemacht, dass er zur Förderung des Verfahrens, nicht zuletzt im Hinblick auf die fortgeschrittene Gesamtverfahrensdauer und das Interesse der Beteiligten, aber auch der Öffentlichkeit an baldiger Klarheit über den Bestand der angegriffenen Marke von einer Vertagung zur Durchführung eines Glaubhaftmachungsverfahrens abgesehen hat.

2. Zwischen den Marken besteht in streitgegenständlichem Umfang die Gefahr von Verwechslungen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr i. S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2001, 544, 545 - BANK 24 m. w. N.; GRUR 2002, 1067 - DKV/OKV; GRUR 2003, 963 - AntiVir/AntiVirus).

a) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als normal einzustufen. Das Wort "Kord" wirkt für den Verkehr, gerade auch in Bezug auf die streitgegenständlichen Dienstleistungen, wie ein bürgerlicher Nachname, damit als "klassische" Marke. Ihm kommt daher mangels anderweitiger Anhaltspunkte eine normale Kennzeichnungskraft zu.

b) Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen liegen teilweise im Identitätsbereich, im Übrigen im Bereich einer mindestens durchschnittlichen Ähnlichkeit. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; GRUR Int. 1999, 734 - Lloyds/Loint«s; BGH GRUR 1999, 731 - Canon II; WRP 1998, 747, 749 - GARIBALDI; WRP 2000, 1152,1153 - PAPPAGALLO; WRP 2001, 694, 695 - EVIAN/REVIAN). Auch die maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge, wie Herstellungs- bzw. Erbringungsbetriebe und Vertriebswege, Zweckbestimmung oder Verwendungsweise sind relevante Gesichtspunkte.

Danach besteht hinsichtlich der Dienstleistungen "Unternehmensverwaltung, Geschäftsführung", die für beide Marken eingetragen sind, eine Identität, was die Markeninhaberin zuletzt auch nicht mehr in Abrede gestellt hat. Außerdem besteht zwischen der für die angegriffene Marke eingetragenen Dienstleistung "Werbung" und der für die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistung "Werbevermittlung" wenn nicht schon Teilidentität (da "Werbung" insoweit als Oberbegriff in Betracht kommt), so doch hochgradige Ähnlichkeit. Denn ebenso wie Werbung zielt die Werbevermittlung, also die Vermittlung von Werbepartnern bzw. -dienstleistern wie Printmedien, Vermietern von Werbeflächen, Anzeigendienste usw., auf die Verkaufsförderung durch gezielte Meinungsbeeinflussung des Konsumenten. Werbung und Werbevermittlung werden nebeneinander bzw. nacheinander erbracht und ergänzen sich damit funktionell. Umfassend arbeitende Werbeagenturen erbringen auch beide Dienstleistungen zumindest teilweise gleichzeitig, so dass auch bei den Erbringungsbetrieben Berührungspunkte bestehen. Angesichts dieser erheblichen wirtschaftlichen Berührungspunkte liegt eine zumindest hochgradige Ähnlichkeit vor.

Entgegen der Ansicht der Markeninhaberin besteht auch zwischen der für sie eingetragenen Dienstleistung "Unternehmensberatung" und der für die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistung "Unternehmensverwaltung" eine zumindest mittelgradige Ähnlichkeit. Bereits der Erinnerungsprüfer hat hierzu, insbesondere zur Tätigkeit eines Unternehmensberaters, ausführlich Stellung genommen, so dass insoweit zunächst auf den Inhalt des Erinnerungsbeschlusses verwiesen werden kann. Ergänzend ist auszuführen, dass beide Dienstleistungen direkt unternehmensbezogen sind und sich sowohl bei der Qualifikation der Erbringer (kaufmännisch und betriebswirtschaftlich, teilweise auch EDV-technisch vorgebildete bzw. erfahrene Dienstleister) als auch vom Verwendungszweck (Erhaltung, Wiederherstellung bzw. Steigerung der Unternehmenseffizienz und des Unternehmenserfolgs) entsprechen. Demgemäß überschneiden sich die zu erbringenden Tätigkeiten weitgehend auch, soweit dies die Erfassung der Unternehmenssituation und -probleme sowie die Erarbeitung von unternehmerischen Lösungsmöglichkeiten betrifft. Gravierende Unterschiede bestehen letztlich vor allem in der Art der Ausführung der Dienstleistungen, die bei Unternehmensberatung nur in beratender Form erfolgt. Der 29. Senat des Bundespatentgerichts hat aus diesem Grund statt einer hochgradigen nur eine mittlere Ähnlichkeit zwischen "Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung" einerseits und "Unternehmensberatung, nämlich Durchführung des Consulting und der unterstützenden Beratung von Unternehmen" andererseits angenommen (29. Senat vom 11. Februar 1998, 29 W (pat) 113/97). Der erkennende Senat neigt hingegen eher noch zu einer höhergradigen Ähnlichkeit, was vorliegend jedoch nicht entscheidungserheblich ist. Ein geringerer Grad als eine mittlere Ähnlichkeit kommt angesichts der oben festgestellten wirtschaftlichen Berührungspunkte jedenfalls nicht in Betracht.

c) Die angegriffene Marke hält den insoweit erforderlichen noch deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein. Dies gilt jedenfalls in klanglicher Hinsicht. Die Marken unterscheiden sich klanglich einzig durch den Zischlaut "s" am regelmäßig weniger beachteten Wortende. Dieser Laut bleibt mangels eines nachfolgenden Vokals jedoch stimmlos und tritt damit klanglich nicht deutlich hervor. Aus demselben Grund unterscheiden sich auch die Aussprachen der beiden Konsonanten "t" und "d" nicht (ähnlich wie bei "fort" und "Ford").

Damit entsprechen sich die beiden Marke in allen für die klangliche Ähnlichkeit wichtigen Kriterien wie Vokalfolge, Silbengliederung, Betonung, Anfangslaut und Sprechrhythmus, wobei der Klangcharakter vor allem durch die gedehnte Lautfolge "kor" geprägt wird. Insofern liegt eine hochgradige klangliche Ähnlichkeit der Marken vor.

Darüber hinaus weisen die Marken auch in schriftbildlicher Hinsicht beachtliche Annäherungen auf, wenngleich diese angesichts der Kürze der Markenwörter und der - im Vergleich zur klanglichen Ähnlichkeit - größeren Bedeutung des Schlusselements nicht so stark sind wie bei der klanglichen Ähnlichkeit. Bei gebotener Berücksichtigung aller verkehrsüblichen Schreibweisen (durchgängige Großschreibung und Normalschrift) stimmen die Marken am regelmäßig stärker beachteten Anfang bis einschließlich des dritten von insgesamt vier bzw. fünf Buchstaben völlig überein, so dass eine zumindest geringe Ähnlichkeit auch in schriftbildlicher Hinsicht vorliegt.

d) Im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller oben behandelten Kriterien ist eine Gefahr von Verwechslungen festzustellen. Bei normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und zumindest mittelgradiger Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen war hierfür vor allem die hochgradige klangliche Ähnlichkeit der Marken ausschlaggebend. Nach der bis heute herrschenden Rechtsprechung wird es als für die Feststellung einer Verwechslungsgefahr ausreichend angesehen, wenn nur in einer Hinsicht ausreichende Übereinstimmungen bestehen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rdn. 123 m. w. N.) Soweit die Markeninhaberin demgegenüber meint, dass im Hinblick z. B. auf die umfangreiche Benutzung des Internets nicht mehr allein auf klangliche Übereinstimmungen abgestellt werden könne, ist damit allein kein ausreichender Grund für die Abkehr von der jahrzehntelang herrschenden Praxis dargetan. Um dies überhaupt ernsthaft erwägen zu können, müssten Erkenntnisse darüber vorliegen, dass der Verkehr im relevanten Dienstleistungsbereich Marken gar nicht mehr oder nur noch in einem völlig unerheblichem Maß mündlich verwendet. Bei den streitgegenständlichen Dienstleistungen, die bekanntermaßen nach wie vor, auch in der Auswahlphase, persönliche und fernmündliche Kontaktaufnahmen, Erkundigungen usw. erfordern, besteht hierfür kein Anlass.

Auch soweit der Europäische Gerichtshof in neueren Entscheidungen angedeutet hat, dass er bei der Feststellung der Verwechslungsgefahr auf den durch klangliche, schriftbildliche und begriffliche Annäherungen ermittelten Gesamteindruck der Marken abstellen will (vgl. EuGH GRUR 06, 237, Nr. 19 - Picasso; GRUR 06, 413, Nr. 19 - SIR/ZIHR), rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Denn zum einen hat der Gerichtshof ausdrücklich anerkannt, dass auch bei dieser Gesamtwürdigung allein die klanglichen Annäherungen ausreichen können, um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen (EuGH, a. a. O., Nr. 21 - SIR/ZIHR), zum anderen ist vorliegend mit zu berücksichtigen, dass sich die beiderseitigen Marken nicht nur in klanglicher Hinsicht nahe kommen, sondern wegen ihrer Übereinstimmungen in der Buchstabenfolge "KOR" bzw. "Kor" (unter Berücksichtigung aller verkehrsüblichen Wiedergabeformen in Groß- und Kleinschrift) ebenfalls gewichtige schriftbildliche Gemeinsamkeiten aufweisen (s. o.). Auch bei einer "Gesamtwürdigung" der klanglichen und der schriftbildlichen Ähnlichkeit würde die angegriffene Marke den erforderlichen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke also nicht einhalten.

Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof in jüngerer Zeit erneut betont, dass nicht die Unterschiede sondern das Maß an Übereinstimmungen den Beurteilungsmaßstab für die Verwechslungsgefahr bilden (BGH GRUR 2003, 1047, 1049 - Kellogg«s/Kelly«s).

Da die teilweise Verwechslungsgefahr somit von der Markenstelle zu Recht festgestellt worden ist, war die Beschwerde zurückzuweisen.

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