LG Frankfurt am Main, Urteil vom 02.09.2020 - 2-34 O 47/20
Fundstelle
openJur 2020, 77969
  • Rkr:
Tenor

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12.05.2020 (Az.: 2-34 O 47/20) wird im nachfolgenden Umfang bestätigt und klarstellend insgesamt wie folgt neu gefasst:

I.

Den Antragsgegnerinnen wird im Wege der einstweiligen Verfügung - wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung - bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

1.

nachfolgende Bildnisse des Antragstellers öffentlich zur Schau zu stellen/zur Schau stellen zu lassen und/oder zu verbreiten/verbreiten zu lassen:

[Fotografien zwecks Anonymisierung entfernt]

2.

identifizierend über den Antragsteller zu berichten im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Subventionsbetrugs bezüglich Corona-Soforthilfen anhand der Identifizierungsmerkmale

a) seines Vor- und Nachnamens und/oder

b) seines Bildnisses

[Fotografien zwecks Anonymisierung entfernt]

c) seines Geburtsjahres und Geburtsortes undseines Vor- und Nachnamens und/oderseines Bildnisses

[Fotografien zwecks Anonymisierung entfernt]

jeweils, wenn dies geschieht wie am 27.04.2020 bei ... und auf ... unter der URL ... und am 28.04.2020 auf ... unter der URL ...

und wie ersichtlich in den Anlagen MK 1 bis MK 4.

II.

Im Übrigen wird die einstweilige Verfügung aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

III.

Die Verfügungsbeklagten haben die Kosten des Eilverfahrens jeweils zu 50 % zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens über presserechtliche Unterlassungsansprüche.

Der Verfügungskläger (nachfolgend: Kläger) gehört einer in ... ansässigen Großfamilie an. Einzelne Mitglieder der Großfamilie waren in mehrere teils spektakuläre Straftaten verwickelt. Gegen ihn wird ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche geführt.

Die Verfügungsbeklagte zu 1) ist die Fernsehproduktionsfirma des Nachrichtenmagazins "..." und die Verfügungsbeklagte zu 2) ein Unternehmen der Mediengruppe ... (nachfolgend: Beklagte).

Nach Auftreten der Corona-Pandemie wurden vom Land ... Zuschüsse an von der Pandemie betroffene Unternehmen ausgegeben (sog. "Corona-Soforthilfe"). Vor Veröffentlichung der in Rede stehenden Berichterstattung beantragte auch der Kläger für ein von ihm unter der Firma "..." betriebenes Unternehmen derartige Hilfsgelder, die ihm daraufhin zur Verfügung gestellt wurden. Am 28.04.2020 überwies der Kläger das erhaltene Geld zurück.

Am 27.04.2020 veröffentlichte die Beklagte zu 1) über den Fernsehsender ... eine Sendung, die sich in einem ihrer Beiträge mit Ermittlungen zu Betrugstaten im Zusammenhang mit den vom Land ... ausgegebenen "Corona-Soforthilfen" beschäftigte und über das Begräbnis der Mutter des Klägers berichtete.

In der Sendung wurde der Kläger mit vollständigem Namen genannt. Es wurden sein Geburtsjahr sowie sein Geburtsort eingeblendet und folgende Bildnisse veröffentlicht:

[Fotografien zwecks Anonymisierung entfernt]

In dem Beitrag heißt es unter anderem:

"Trauerfall im ... heute in .... Nach exklusiven Recherchen von ... stehen kriminelle Großfamilien derzeit auch im Fokus von Ermittlungen wegen Corona-Betruges. [...]

Dass die staatlichen Corona-Hilfen unbürokratisch und vor allem schnell ausgezahlt werden, ist absolut richtig. Dass die Devise Schnelligkeit vor Genauigkeit bei der Überprüfung der Anträge ein Problem sein kann, ist allerdings auch Teil der Wahrheit. Denn Kriminelle nutzen die Corona-Not aus, um staatliche Hilfsgelder zu ergaunern. Unsere Reporter ... und ... haben exklusiv herausgefunden, dass offenbar das eine oder andere ... Clan-Mitglied beim Corona-Betrug mitmischt. [...]

Nach ...-Informationen gibt es Hinweise, dass einige aus dem ...-Clan aktuell Corona-Hilfen beantragt haben. Noch ist unklar, ob zu Recht. [...]

So sind mittlerweile auch Teile des ...-Clans im Visier der Fahnder. [...]

Naheliegend, dass die LKA-Fahnder beginnen, bei Corona-Hilfen in Richtung arabische Clans zu recherchieren. So werden in den Datensätzen der Investitionsbank ein gutes Dutzend Wohn- und Geschäftsadressen von polizeibekannten Großfamilien überprüft - mit Erfolg. Es gibt mehrere hundert Treffer zu Adressdaten. So geht es auch um .... Den Fahndern fiel auf, dass Absender der Corona-Hilfe-Anträge als Adresse die ... angegeben haben. Die Immobilie gehört einem mittellosen Taxifahrer im .... Hier sitzt zum Beispiel die Firma "... [...]"

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Inhalt des Berichts wird auf das Transkript der Sendung "...: Arabische Clans und die Corona-Soforthilfen (Anlage MK 3, Bl. 35 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte zu 1) veröffentlichte den Beitrag am 28.04.2020 auch auf ihrem ...-Profil unter dem Titel "...". Der Beitrag war online abrufbar unter...

Die Beklagte zu 2) veröffentlichte den Beitrag auf ... unter ....

Die streitgegenständlichen Bilder wurden am 21.04.2020 gefertigt, wobei streitig ist, ob dies geschah, als sich der Kläger mit weiteren Trauernden bei dem Bestatter am ... versammelte.

Vor der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Berichte ließ die Beklagte zu 1) dem Strafverteidiger des Klägers eine Presseanfrage zukommen, in welcher dieser gefragt wurde, ob der Kläger Hilfen beantragt hätte und in welcher Höhe. Dass er sich zu strafrechtlichen Vorwürfen oder einem Fehlverhalten äußern solle, wurde nicht gefragt.

Der Kläger ließ die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 29.04.2020 (Anlage MK 6, Bl. 42 ff. d.A.) unter Fristsetzung bis zum 04.05.2020 abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Erstattung der Rechtsverfolgungskosten auffordern. Mit Schreiben vom 04.05.2020 (Anlage MK 7, Bl. 64 ff. d.A.) wiesen die Beklagten die Abmahnung des Klägers zurück.

Auf den entsprechenden Antrag des Klägers hat die Kammer durch einstweilige Verfügung - Beschluss - am 12.05.2020 den Beklagten untersagt,

"1. nachfolgende Bildnisse des Antragstellers öffentlich zur Schau zu stellen/zur Schau stellen zu lassen und/oder zu verbreiten/verbreiten zu lassen:

[Fotografien zwecks Anonymisierung entfernt]

2. identifizierend über den Antragsteller zu berichten im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Subventionsbetrugs bezüglich Corona-Soforthilfen anhand der Identifizierungsmerkmale

a) seines Vor- und Nachnamens und/oder

b) seines Geburtsjahres und Geburtsortes und/oder

c) seines Bildnisses

[Fotografien zwecks Anonymisierung entfernt]

jeweils, wenn dies geschieht wie am 27.04.2020 bei ... und auf ... unter der URL ... und am 28.04.2020 auf ... unter der URL ...

und wie ersichtlich in den Anlagen MK 1 bis MK 4."

Hiergegen haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 02.06.2020 (Bl. 85 f. d.A.) Widerspruch eingelegt und diesen mit Schriftsatz vom 05.08.2020 (Bl. 160 ff. d.A.) begründet.

Der Kläger ist der Ansicht, in der heimlichen Anfertigung und Veröffentlichung der streitgegenständlichen Bildnisse liege ein rechtswidriger Eingriff in sein Recht am eigenen Bild gemäß § 22 KUG. Auch einer der Ausnahmetatbestände des § 23 KUG sei nicht gegeben. Die Filmaufnahmen zeigten ihn im öffentlichen Straßenraum ohne Bezug zu dem Bericht oder einem zeitgeschichtlichen Ereignis. Aus diesem Grund verbiete es sich, ihn, den Kläger, der eine Privatperson und keine Person des öffentlichen Lebens sei, in Bewegbild aufzunehmen und wiederzugeben. Zudem stünden der öffentlichen Zugänglichmachung der Bilder berechtigte Interessen des Klägers entgegen, da dieser heimlich und ohne Anlass gefilmt worden sei. Die Verwendung seiner Bildnisse im Zusammenhang mit dem Vorwurf von Straftaten greife auch deutlich stärker in sein Persönlichkeitsrecht ein als bei der bloßen Berichterstattung über das Begräbnis seiner Mutter.

Auch sei die den Kläger identifizierende Berichterstattung unzulässig. Die Beklagten hätten die Grundsätze einer zulässigen identifizierenden Berichterstattung nicht eingehalten. Über den Kläger werde identifizierend im Zusammenhang mit dem Verdacht des Subventionsbetrugs berichtet. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Kläger in dem Bericht besonders prominent in Szene gesetzt werde. Die Berichterstattung der Beklagten sei vorverurteilend, da durch die konkrete Formulierung der unzutreffende Eindruck erweckt werde, einzelne Familienmitglieder seien bereits des Betrugs überführt. Darüber hinaus sei die Berichterstattung bereits unzulässig, weil dem Kläger vor der Veröffentlichung keine Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt worden sei. Die Zuleitung der Presseanfrage an den Strafverteidiger sei unzureichend gewesen. Ferner fehle es an einem Mindestbestand an Beweistatsachen. Allein daraus, dass der Kläger Mitglied einer Großfamilie sei, bei der einzelne Mitglieder in der Vergangenheit Straftaten begangen haben, ergebe sich kein Mindestbestand an Beweistatsachen für den ihm im Bericht zur Last gelegten Subventionsbetrug. Auch aus der Rückzahlung der erhaltenen Beträge nach Veröffentlichung der streitgegenständlichen Berichterstattung lasse sich nicht auf den Vorwurf der unberechtigten Inanspruchnahme der Gelder schließen. Es bestehe, trotz des gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens wegen des Vorwurfs der Geldwäsche, auch nur ein geringes Berichterstattungsinteresse an der Person des Klägers in Bezug auf den hier in Rede stehenden Vorwurf des Subventionsbetrugs. Das vermeintliche Berichterstattungsinteresse an den Geschehnissen rund um die Beerdigung der Mutter sei im hiesigen Zusammenhang nicht von Bedeutung.

Der Kläger beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12.05.2020 (Az.: 2-34 O 47/20) zu bestätigen.

Die Beklagten rügen die örtliche Zuständigkeit und beantragen,

die einstweilige Verfügung vom 12.05.2020 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, der Verfügungsantrag sei unzulässig. Das angerufene Gericht sei bereits örtlich nicht zuständig, weil das Verfahren keinen erkennbaren Bezugspunkt zum Gerichtsort Frankfurt am Main aufweise. Darüber hinaus sei die Wahl des Gerichtstands Frankfurt am Main mangels sachlicher Gründe rechtsmissbräuchlich.

Die beanstandete Verdachtsberichterstattung sei zulässig gewesen und verletze die Persönlichkeitsrechte des Klägers nicht. Es habe ein hinreichender Mindestbestand an Beweistatsachen vorgelegen. Dem Kläger sei auch Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Beklagte zu 1) habe - insoweit unstreitig - dem Strafverteidiger des Klägers vor Berichterstattung mehrere Fragen zukommen lassen. Dieser habe in der Vergangenheit mehrfach gegenüber der Beklagten zu 1) eine Bevollmächtigung in Pressesachen mitgeteilt. Jedenfalls habe eine berechtigte Erwartung der Beklagten bestanden, dass er eine Anfrage direkt an seinen Mandanten weiterleiten werde. Die Berichterstattung sei nicht vorverurteilend. Es werde - wenn überhaupt - lediglich der Verdacht erhoben, dass Mitglieder ... Clans im Zusammenhang mit den staatlichen Hilfsgeldern Betrugstaten begangen haben könnten. Es habe zudem ein hohes Berichterstattungsinteresse vorgelegen. An der Familie des Antragstellers bestehe generell ein überragendes öffentliches Interesse, da es sich um einen deutschlandweit bekannten Clan handele, der durch kriminelle Machenschaften und die Ablehnung der Rechtsordnung in den Fokus der öffentlichen Berichterstattung geraten sei. Hierüber sei nicht nur abstrakt zu berichten, vielmehr seien mutmaßliche Verantwortliche innerhalb der kriminellen Familiennetzwerke zu benennen und ihre Rolle öffentlich zu erörtern. Auch im Hinblick auf den Kläger selbst bestehe ein erhebliches Interesse, da dieser im Verdacht stehe, eine tragende Rolle im Clan zu spielen. Es habe auch ein Berichterstattungsinteresse an den Geschehnissen rund um die Beerdigung der Mutter des Klägers bestanden, in deren Zusammenhang die beanstandeten Film- und Fotoaufnahmen entstanden seien. Vor dem Tod der Mutter sei - insoweit unstreitig - vor dem Krankenhaus ein Großaufgebot der Polizei notwendig gewesen, um die geltenden Kontaktbeschränkungen durchzusetzen. Es sei zudem zu Verfolgungsjagden der Polizei gekommen. Im Zusammenhang mit der Beerdigung der Mutter seien erneut umfangreiche Polizeieinsätze - unter anderem unter Einsatz eines Hubschraubers - erforderlich gewesen. Hierüber sei umfassend berichtet worden. Aufgrund dieses hohen Berichterstattungsinteresses seien die identifizierenden Fotoaufnahmen des Klägers zulässig gewesen. Auch die Berichterstattung über den Verdacht der betrügerischen Beantragung von "Corona-Soforthilfen" sei ebenfalls von besonderem öffentlichen Interesse gewesen, weshalb über den Kläger auch identifizierend habe berichtet werden können. Der Presserat habe am 04.06.2019 entschieden, dass in Bezug auf den Kläger sowohl eine vollständige Namensnennung wie auch die Veröffentlichung von Fotos für Berichterstattung im Zusammenhang mit Clan-Kriminalität - wie sie auch hier gegeben sei - zulässig sei (vgl. Anlage AG 8, Bl. 240 ff. d.A.). Der Bildberichterstattung stünden auch keine schutzwürdigen Interessen des Klägers entgegen.

Schließlich vertreten die Beklagten die Auffassung, es bestünde jedenfalls kein Anspruch auf die konkret beantragten Verbote. Mit dem Antrag zu Ziffer I.1. werde ein unzulässiges Pauschalverbot begehrt, da es in diesem Antrag an einer Bezugnahme auf eine konkrete Berichterstattung fehle. Der sich nur hinter dem Antrag zu Ziffer I.2. befindliche "wenn dies geschieht wie"-Zusatz könne sich nicht auf den Antrag zu Ziffer I.1. beziehen, da andernfalls ein unzulässiges "Doppelverbot" begehrt werde. Das ausgesprochene Verbot zu Ziffer I.2. sei bereits zu unbestimmt, denn der Verbotstenor lasse nicht erkennen, auf welche Teile des Berichts sich dieser beziehe. Zudem könne allenfalls ein kumulatives Verbot der vermeintlich identifizierenden Merkmale ausgesprochen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen

Gründe

Auf den Widerspruch der Beklagten ist die einstweilige Verfügung - Beschluss - vom 12.05.2020 auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen, was zu ihrer überwiegenden Bestätigung führt.

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

I. Der Antrag ist zulässig.

1. Das angerufene Gericht ist örtlich zuständig. Gemäß § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Zur Begründung der Zuständigkeit genügt es, wenn der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergibt. Begehungsort der unerlaubten Handlung ist dabei sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen wurde, oder dort, wo in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde. Erfasst werden neben Ansprüchen auf Schadensersatz auch Unterlassungsansprüche (vgl. BGH, Urt. v. 02.03.2010 - VI ZR 23/09, NJW 2010, 1752, Rn. 8 - New York Times).

Soweit sich der Antragsteller neben der deutschlandweit erfolgten Ausstrahlung des Berichts über den Fernsehsender ... auch gegen die Veröffentlichung im Internet wendet, weist die Berichterstattung einen hinreichenden Bezug zum Gerichtsbezirk des Landgerichts Frankfurt am Main auf (vgl. hierzu etwa: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 07.02.2011 - 25 W 41/10, BeckRS 2011, 17392; LG Frankfurt am Main, Beschl. v. 12.11.2018 - 2-03 O 293/18). Der in Rede stehende Beitrag der Sendung "...", der sich nicht allein mit Geschehnissen von regionaler Bedeutung beschäftigte, wurde von der Beklagten zu 1) auf ihrem ...-Profil und von der Beklagten zu 2) auf ... veröffentlicht und richtete sich an einen Zuschauerkreis im gesamten Bundesgebiet.

2. Anhaltspunkte für eine Rechtsmissbräuchlichkeit der Gerichtstandswahl in Frankfurt am Main haben die hierfür darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich (vgl. hierzu: BGH, Beschl. v. 12.09.2013 - I ZB 39/13, NJW-RR 2014, 886, Rn. 23; Zöller/Schlutzky, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 35, Rn. 4). Im Gegenteil, das Landgericht Frankfurt am Main ist für beide Parteivertreter gut erreichbar. Zudem haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers ihren Sitz in ..., was zu einer Minimierung der Reisekosten führt. Schließlich bestehen auch aufgrund der hohen Spezialisierung des Landgerichts Frankfurt am Main in Pressesachen sowie aus prozesstaktischen Gründen berechtigte Interessen für die Wahl des angerufenen Gerichts (so auch: OLG Hamburg, Urt. v. 06.12.2006 - 5 U 67/06, NJW-RR 2007, [764] 763).

3. Der Antrag zu Ziffer I.1. ist zulässig, insbesondere fehlt es insoweit nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis des Klägers.

Es ist zwar zutreffend, dass die von dem Antrag erfassten Bildnisse des Klägers auch in den Klageantrag zu Ziffer I.2. aufgenommen wurden. Es handelt sich vorliegend allerdings nicht um den Fall eines sog. "Doppelverbots" (hierzu: OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.02.2019 - 16 U 179/17, BeckRS 2019, 11822, Rn. 26; LG Hamburg, Urt. v. 30.05.2008 - 324 O 18/05, BeckRS 2008, 140644, Rn. 42). Mit dem Antrag zu I.2. wendet sich der Kläger gegen eine identifizierende Berichterstattung im Zusammenhang mit dem Verdacht des Subventionsbetrugs (zum Streitgegenstand vgl. etwa: Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 12, Rn. 151). Die Darstellung der Bildnisse in diesem Antrag dient lediglich der näheren Umschreibung der Verletzungshandlung und damit der Konkretisierung des Unterlassungsantrags. Demgegenüber richtet er sich mit dem Antrag zu I.1. unter Berufung auf die Verletzung des Rechts am eigenen Bild (§§ 22 ff. KUG) gegen die Verbreitung seiner Bildnisse. Beide Anträge weisen zudem verschiedene Schutzrichtungen auf. Entgegen der von den Beklagten zuletzt vertretenen Auffassung ist ein Verstoß gegen Verbotstenor zu Ziffer I.2. auch nicht zwangsläufig mit einer Verletzung des Verbots unter Ziffer I.1. verbunden. Wie sich bereits aus der von dem Kläger gewählten "und/oder"-Verknüpfung ergibt, kann über den Kläger identifizierend auch ohne die Verwendung von Bildnissen berichtet werden.

Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Hiernach darf ein Unterlassungsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, sich der Gegner deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Gegner verboten ist (stRspr. vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2010 - I ZR 202/07, GRUR 2010, 749, Rn. 21 m.w.N.). Anders als die Beklagten meinen, wurde kein Pauschalverbot in Bezug auf die Bildberichterstattung erlassen, da sich der den Anträgen zu Ziffer I.1. und I.2. folgende Satz "jeweils, wenn dies geschieht wie am 27.04.2020 bei ... und auf ... unter der URL ... und am 28.04.2020 auf ... unter der URL ... (Unterstreichung des Wortes "jeweils" diesseits) auf beide Anträge bezieht.

Dies geht auch aus der Formatierung des von der Kammer zur Klarstellung neu gefassten Tenors hervor, in welchem sich der vorstehend wiedergegebene Satz, wie auch in der Antragsschrift, nicht auf der gleichen Ebene befindet, wie die zuvor wiedergegebenen Ziffern 1. und 2.

4. Der Antrag zu Ziffer I.2. weist eine hinreichende Konkretisierung im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO auf. Zur näheren Umschreibung der Verletzungshandlung wird entgegen der Auffassung der Beklagten vorliegend nicht allein auf den angegriffenen Sendungsbeitrag Bezug genommen, sondern es werden neben dem Themenbereich des Subventionsbetrugs (hier: Vorwurf des Subventionsbetrugs bezüglich Corona-Soforthilfen) auch konkrete Individualisierungsmerkmale genannt (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.02.2019 - 16 U 179/17, BeckRS 2019, 11822, Rn. 24).

II. Der Kläger kann von den Beklagten gemäß den §§ 823, 1004 analog BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG im zuerkannten Umfang Unterlassung der identifizierenden Wortberichterstattung verlangen (Antrag zu Ziffer I.2.).

Die in Rede stehende Berichterstattung ist nach den Grundsätzen der identifizierenden Verdachtsberichterstattung unzulässig (vgl. zum Ganzen: BGH, Urt. v. 18.06.2019 - VI ZR 80/18, GRUR 2019, 1084, Rn. 38 ff. - Staatsanwalt ermittelt gegen Star-Anwalt; BGH, Urt. v. 17.12.2019 - VI ZR 249/18, GRUR 2020, 664, Rn. 17 ff. - Kommunalpolitiker).

1. Der angegriffene Sendungsbeitrag greift in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG ein. Denn die Berichterstattung über eine Straftat oder den Verdacht einer solchen unter Namensnennung, Abbildung oder Darstellung des Täters beeinträchtigt dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs erheblich, weil sie sein mögliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert (BVerfG, Urt. v. 05.06.1973 - 1 BvR 536/72, NJW 1973, [1229] 1226 - Lebach; BVerfG, Beschl. v. 25.01.2012 − 1 BvR 2499/09 u. 1 BvR 2503/09, NJW 2012, 1500, Rn. 36 f. - Fall Ochsenknecht; OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 24.05.2018 - 16 U 108/17, GRUR-RS 2018, 50595, Rn. 16 - sexueller Missbrauchsvorwurf).

In dem Beitrag wird auch nicht lediglich der generelle Verdacht geäußert, einzelne Mitglieder arabischer "Familienclans" könnten durch die Beantragung sog. "Corona-Hilfen" Betrugstaten begangen haben. Vielmehr lässt sich dem Bericht unter Berücksichtigung seines gesamten Inhalts entnehmen, dass sich dieser Verdacht gerade auch auf die Person des Klägers erstreckt. So wird zunächst - nachdem mitgeteilt wurde, dass arabische Großfamilien im Fokus von Ermittlungen wegen "Corona-Betrugs" stünden - die Frage aufgeworfen, Familienmitglieder des "...-Clans" könnten staatlichen Hilfen unberechtigt beantragt haben. Im weiteren Verlauf der Sendung wird mitgeteilt, dass auch Teile des "...-Clans" im "Visier der Fahnder" stünden und von einer möglichen Antragstellung des Klägers zugunsten eines von ihm geführten Unternehmens berichtet. Diese Berichterstattung ist für den durchschnittlichen Rezipienten der Sendung dahingehend zu verstehen, dass der zu Beginn des Sendungsbeitrags geäußerte Verdacht betrügerischer Handlungen gerade auch in Bezug auf den Kläger besteht, der durch die Nennung des Vor- und Nachnamens und/oder seiner Bildnisse, jeweils auch in Verbindung mit seinem Geburtsjahr und Geburtsort, identifizierbar ist.

2. Ob der Kläger Unterlassung der identifizierenden Berichterstattung - wie in dem angegriffenen Sendungsbeitrag geschehen - verlangen kann, ist im Rahmen einer Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden.

Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. nur: BGH, Urt. v. 16.02.2016 - VI ZR 367/15, GRUR 2016, 532, Rn. 18 - Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs m.w.N.).

Das öffentliche Informationsinteresse ist ein wesentlicher Abwägungsfaktor in Fällen einer Kollision der Meinungsfreiheit einerseits und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des von der Äußerung Betroffenen andererseits. Verfehlungen - auch konkreter Personen - aufzuzeigen, gehört zu den legitimen Aufgaben der Medien. Bei Tatsachenberichten hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht (vgl. nur BGH, Urt. v. 18.12.2018 - VI ZR 439/17, NJW 2019, 1881, Rn. 14 - Online-Archiv). Dementsprechend dürfen Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre grundsätzlich nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen ist (BGH, BGH, Urt. v. 17. 11. 2009 - VI ZR 226/08, NJW 2010, 760, Rn. 21). Bei der Abwägung des Interesses des Betroffenen, in selbst gewählter Anonymität zu bleiben, auf der einen Seite und dem Berichterstattungsinteresse auf der anderen Seite kann jedoch im Einzelfall auch eine Rolle spielen, ob über das berechtigte Interesse an dem den Gegenstand der Berichterstattung bildenden Geschehen hinaus ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an der konkret handelnden Person besteht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.02.2010 - 1 BvR 2477/08, GRUR 2010, 544, Rn. 25 - Zitat aus Anwaltsschreiben m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 29.06.2016 - 1 BvR 3487/14, NJW 2016, 3362; OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 07.01.2016 - 16 W 63/15, NJW-RR 2016, 1381 Rn. 28 - Pick-Up-Artist; KG Berlin, Urt. v. 16.03.2007 - 9 U 88/06, GRUR-RR 2007, 247 - DDR-Polit-Offizier). Hierbei ist auch zu fragen, ob der Betroffene zum Kreis der Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gehört oder eine hervorgehobene Position innehat (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 07.01.2016 - 16 W 63/15, NJW-RR 2016, 1381 Rn. 37 - Pick-Up-Artist).

Da Gegenstand der Berichterstattung der Verdacht ist, der Kläger habe unberechtigt zugunsten eines von ihm geführten Unternehmens staatliche Hilfsgelder beantragt, müssen die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung erfüllt sein. Danach darf eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 StGB). Erforderlich ist insoweit ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen (BGH, Urt. v. 03.05.1977 - VI ZR 36/74, NJW 1977 [1289] 1288; BGH, Urt. v. 26.11.1996 - VI ZR 323/95, NJW 1997 [1149] 1148; BGH, Urt. v. 18.06.2019 - VI ZR 80/18, GRUR 2019, 1084, Rn. 50 - Staatsanwalt ermittelt gegen Star-Anwalt). Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen strafbaren Handlung bereits überführt (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 02.02.1989 - 16 U 228/87, NJW-RR 1990 [990] 989; BGH, Urt. v. 17.12.2019 - VI ZR 249/18, GRUR 2020, 664, Rn. 33 - Kommunalpolitiker). Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen (vgl. nur: BGH Urt. v. 30.01.1996 - VI ZR 386/94, NJW 1996 [1134] 1131 m.w.N.). Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (vgl. BGH, Urt. v. 07.12.1999 - VI ZR 51/99, NJW 2000 [1037] 1036). Maßgeblich ist dabei, ob die Tatsachenbehauptungen im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Veröffentlichung zulässig waren (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.2016, a.a.O., Rn. 20).

Diesen Anforderungen wird die angegriffene Berichterstattung nicht gerecht.

a) Im Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung des angegriffenen Beitrags lag kein Mindestbestand an Beweistatsachen für den von den Beklagten geäußerten Verdacht vor.

Eine zulässige Verdachtsberichterstattung setzt voraus, dass vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung eine hinreichend sorgfältige Recherche über ihren Wahrheitsgehalt angestellt wird. Die Pflicht zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richtet sich dabei nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien grundsätzlich strenger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen. Andererseits sind die Anforderungen umso höher, je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt. An Äußerungen, die den Verdacht einer Straftat oder sonstigen Verfehlung thematisieren, sind aufgrund der hohen Eingriffsintensität derartiger Vorwürfe, erhöhte Anforderungen an die Sorgfaltspflicht zu stellen. Erforderlich ist vor diesem Hintergrund ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen (vgl. zum Ganzen: BGH, Urt. v. 16.02.2016 - VI ZR 367/15 a.a.O., Rn. 22 ff.).

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Tatsache, dass Behörden Ermittlungen wegen des Verdachts unberechtigter Antragstellungen aufgenommen haben und sich diese auch gegen Mitglieder arabischer Großfamilien richten, als solche nicht die Annahme des Vorliegens eines Mindestbestands an Beweistatsachen für den gegen den Kläger erhobenen Vorwurf rechtfertigen (vgl. etwa: BGH, Urt. v. 16.2.2016 - VI ZR 367/15 a.a.O., Rn. 26). Die Staatsanwaltschaft hat schon beim Vorliegen eines Anfangsverdachts Ermittlungen aufzunehmen (vgl. §§ 152 Abs. 2, 160 Abs. 1 StPO). Hierfür können schon entferntere Verdachtsgründe genügen. Für eine Berichterstattung sind demgegenüber in der Regel konkrete Anhaltspunkte für eine Täterschaft des Betroffenen und den Wahrheitsgehalt der aufgestellten Behauptungen erforderlich (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 01.06.1992, NJW-RR 1993, 735).

Insofern ist zu berücksichtigen, dass sich die Ermittlungen - ausweislich der Angaben des LKA in den angegriffenen Berichterstattungen - "[...] noch in einer wirklich frühen Phase befinden [...]" und im Rahmen der Pressekonferenz des LKA und der Staatsanwaltschaft ausweislich der eigenen Ausführungen der Beklagten in der Berichterstattung "keine Rede von Großfamilien" war (vgl. Anlage MK 3, Bl. 35 f. d.A.).

Sofern im Hinblick auf die "..." mitgeteilt wird, dass ein tatsächlich existierender Geschäftsbetrieb, jedenfalls an deren Sitz, nicht erkennbar sei, lässt dies keine Rückschlüsse auf die Rechtmäßigkeit des vom Kläger gestellten Antrags zu; zumal der Kläger für dieses Unternehmen unstreitig überhaupt keinen Antrag gestellt hat. Die Tatsache, dass sich der Kläger dem Vorwurf der Geldwäsche ausgesetzt sieht und dieser Vorwurf auch einen Bezug zu der "..." aufweist, mag die Vermutung zulassen, dass der Kläger gegebenenfalls in die auch kriminellen Strukturen des Familienclans eingebunden sein könnte, hieraus kann jedoch nicht der sichere Rückschluss gezogen werden, dass der Kläger sich zudem des Subventionsbetrugs strafbar gemacht hat. Auch insoweit gilt die Unschuldsvermutung. Weitere Anhaltspunkte, welche den Rückschluss auf das Vorliegen eines Subventionsbetrugs durch den Kläger zulassen, nennen die Beklagten nicht.

Da die Anhaltspunkte zur Begründung eines Verdachts bereits zum Zeitpunkt des ersten Erscheinens der Berichterstattung vorliegen müssen, ist insoweit auch ohne Bedeutung, dass der Kläger nach Bekanntwerden der Presseberichterstattung die von ihm vereinnahmten Gelder zurückgezahlt hat und aus welchen Gründen dies geschah.

b) Dem Kläger wurde vor der Veröffentlichung des Sendungsbeitrags auch keine hinreichende Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Grundsätzlich ist es Teil ordnungsgemäßer Recherche, dem Betroffenen vor der Veröffentlichung der Berichterstattung Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen, vor allem bei schwerwiegenden Vorwürfen (BGH, Urt. v. 07.12.1999 - VI ZR 51/99, NJW 2000 [1037] 1036 - Korruptionsverdacht). Dabei dürfen sich die Medien nicht auf das pauschale Angebot eines Interviews oder auf eine allgemein gehaltene Frage nach einer Stellungnahme zu einem bestimmten Sachverhalt beschränken, sondern müssen den Betroffenen substantiiert mit allen Details konfrontieren, die in die geplante Berichterstattung aufgenommen werden sollen (OLG Hamburg, Urt. v. 23.03.2010 - 7 U 95/09, BeckRS 2010, 11967; LG Köln, Urt. v. 10.01.2018 - 28 O 301/17, GRUR-RS 2018, 419, Rn. 23; LG Frankfurt am Main, Urt. v. 22.06.2017 - 2-03 O 355/16, BeckRS 2017, 120940, Rn. 52).

Die Beklagten haben dem Kläger selbst vor der Veröffentlichung des angegriffenen Sendungsbeitrags keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Das ordnungsgemäße Einräumen einer Gelegenheit zur Stellungnahme war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Beklagte zu 1) dem Strafverteidiger des Klägers vor Veröffentlichung einzelne Fragen zukommen lassen hat. Dabei kann letztlich offenbleiben, ob eine Mitteilung an eine dritte Person überhaupt geeignet sein kann, die Anforderungen an eine Gelegenheit zur Stellungnahme zu erfüllen (vgl. hierzu: BGH, Urt. v. 17.12.2019 - VI ZR 249/18, GRUR 2020, 664, Rn. 36 - Kommunalpolitiker). Eine Gelegenheit zur Stellungnahme kann nur ausreichend sein, wenn der Betroffene in die Lage versetzt wird, in angemessener Weise den in Raum stehenden Verdacht auszuräumen. Dies setzt eine Mitteilung voraus, welchen konkreten Inhalt die beabsichtigte Berichterstattung haben soll. Eine solche substantiierte Konfrontation mit dem Inhalt der geplanten Berichterstattung wird von den Beklagten bereits nicht behauptet. Vielmehr hat der Kläger unbestritten vorgebracht, dass der Strafverteidiger lediglich gefragt worden sei, ob und in welcher Höhe der Kläger Hilfen beantragt habe.

Die Anhörung war auch nicht deshalb verzichtbar, weil der Kläger nach Vortrag der Beklagtenseite in der Vergangenheit auf Anfragen nicht reagiert habe und sich lediglich über seinen Verteidiger geäußert habe. Eine Entbehrlichkeit ist erst dann anzunehmen, wenn der Betroffene zuvor eine Stellungnahme zu den gleichen Vorwürfen abgelehnt hat (vgl. hierzu: OLG Köln, Urt. v. 15.11.2011 - 15 U 61/11, BeckRS 2011, 26775, Rn. 54). Dass dies vorliegend der Fall gewesen ist, ist weder dargelegt, noch ersichtlich.

c) Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Beitrag hinreichend sachlich und ausgewogen. Eine vorverurteilende Berichterstattung liegt nicht vor.

Für den unbefangenen Durchschnittszuschauer wird in dem angegriffenen Bericht hinreichend deutlich gemacht, dass gegen den Kläger lediglich ein Verdacht besteht. Zwar wird zu Beginn des Beitrags mitgeteilt, dass Mitarbeiter der Beklagten "herausgefunden" hätten, "dass offenbar das eine oder andere ... Clan-Mitglied beim Corona-Betrug mitmischt". Allerdings wird dies in dem weiteren Verlauf des Beitrags dahingehend eingeschränkt, dass bisher lediglich Hinweise vorlägen, dass Mitglieder des "...-Clans" Hilfsgelder beantragt hätten, wobei unklar sei, ob dies zu Recht erfolgt sei. Auch der anschließend befragte Sprecher des Landeskriminalamts ..., der ausführt, "Wir befinden uns noch in einer wirklich frühen Phase und da ist auch noch relativ viel Nebel", macht deutlich, dass es sich bisher nur um Verdachtsfälle handelt. Schlussendlich wird ausgeführt, dass die Familie Anfragen bezüglich "Corona-Hilfen" unbeantwortet gelassen habe.

d) Unter Berücksichtigung der vorgenannten Aspekte war die namentliche Bezeichnung des Klägers zum Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung des Beitrags unzulässig.

Eine Namensnennung, Abbildung oder sonstige Identifizierung des Betroffenen ist dann zulässig, wenn die damit verbundene Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts im angemessenen Verhältnis zur Schwere des Fehlverhaltens oder zu seiner sonstigen Bedeutung für die Öffentlichkeit steht. Letztere kann sich unterhalb der Schwelle der Schwerkriminalität auch aus den Besonderheiten in der Person oder Stellung des Täters, der Art der Tat oder des Tathergangs ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 30. 10. 2012 - VI ZR 4/12, GRUR 2013, 94 Rn. 19 - Gazprom-Manager; BGH, Urt. v. 17.12.2019 - VI ZR 249/18, GRUR 2020, 664, Rn. 20 - Kommunalpolitiker; BGH, Urt. v. 18.6.2019 - VI ZR 80/18 GRUR 2019, 1084, Rn. 22 jeweils m.w.N.). Eine Identifizierung ist nur dann erlaubt, wenn gerade der Name oder die Identität des Betroffenen einen eigenen Informationswert besitzen und zudem gerade hieran ein öffentliches Informationsinteresse besteht (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 07.01.2016 - 16 W 63/15, NJW-RR 2016, 1381 Rn. 34 m.w.N. - Pick-Up-Artist).

Die im Raum stehenden Straftatbestände des Betrugs (§ 263 StGB) und des Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) in dem vorgeworfenen Umfang sind dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen. Allerdings darf bei der Gewichtung des Informationsinteresses, wie vorstehend ausgeführt, nicht allein auf die Schwere der dem Kläger zur Last gelegten Straftat abgestellt werden. Darüber hinaus können auch die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls Bedeutung erlangen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Geringfügigkeit des Tatvorwurfs auch die Bedeutung der Persönlichkeitsbeeinträchtigung mindert (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.03.2010 - 1 BvR 1891/05, NJW-RR 2010, 1195, Rn. 32).

Besondere Umstände des Einzelfalls, die eine Nennung des Namens des Klägers im vorliegenden Fall rechtfertigen würden, liegen nicht vor. Zwar besteht an der Familie des Klägers ein erhebliches öffentliches Interesse. Einzelne Mitglieder der Familie sind in den vergangenen Jahren durch teils spektakuläre Straftaten und die Ablehnung der Rechtsordnung in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Auch an dem Thema sog. "Clan-Kriminalität" besteht ein erhebliches Berichterstattungsinteresse. Kriminelle Clans sind ethnisch abgeschottete Subkulturen, die in der Regel patriarchalisch-hierarchisch organisiert sind und einer eigenen Werteordnung folgen. Schließlich besteht auch ein besonderes Interesse an der Berichterstattung über Kriminalität im Zusammenhang mit der im Zuge der Corona-Pandemie im großen Umfang zur Verfügung gestellten Hilfsgeldern.

Ein die Interessen des Klägers überwiegendes besonderes öffentliches Interesse an der Identifizierung des Klägers durch vollständige namentliche Bezeichnung sowie Nennung weiterer Identifizierungsmerkmale, die eine Identifizierung für jedermann ermöglichen und die Beeinträchtigung des Ansehens des Klägers erheblich intensivieren, folgt hieraus allerdings nicht. Dass der Kläger zuvor besonders im Lichte der Öffentlichkeit gestanden oder selbst an die Öffentlichkeit getreten ist und dies die Heraushebung des Klägers aus der Vielzahl von verdächtigen Personen, denen vergleichbare Taten zu Last gelegt werden, rechtfertigen würde, ist nicht ersichtlich.

Insoweit ist im Rahmen der sich gegenüberstehenden Interessen der Parteien auch zu beachten, dass der Kläger zwar Mitglied des Familienclans ist und in der Vergangenheit bereits über Ermittlungsverfahren gegen den Kläger und über Clanstrukturen berichtet wurde. Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass der Kläger der breiten Öffentlichkeit, zu der auch die Mitglieder der Kammer zählen, bekannt war. Dies wirkt sich zugunsten des Anonymitätsinteresses des Klägers aus.

Auf Seiten des Klägers ist weiter zu berücksichtigen, dass die vollständige namentliche Bezeichnung und Nennung weiterer persönlicher Daten eine Identifizierung für jedermann ermöglichen und damit das Ansehen des Klägers besonders intensiv beeinträchtigt wird.

Ferner ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er durch die Berichterstattung der Beklagten aus einer Vielzahl von Personen, gegen die der Verdacht des Subventionsbetrugs besteht, herausgehoben wurde, um die Geschehnisse rund um die aufgenommenen Ermittlungen gegen arabische Großfamilien durch Personalisierung zu verdeutlichen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.02.2010 - 1 BvR 2477/08, GRUR 2010, 544 Rn. 25 - Zitat aus Anwaltsschreiben m.w.N). Dies führt dazu, dass gerade der Kläger mit dem Vorwurf der unberechtigten Inanspruchnahme staatlicher Hilfsgelder durch arabische Großfamilien in Verbindung gebracht wird und sich einer gewissen Prangerwirkung ausgesetzt sieht.

Weiter ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung des Beitrags in einer sehr frühen Phase befanden. Die Äußerung eines Verdachts - wie der Kläger durch die Vorlage weiterer Berichterstattung und Rezeption des streitgegenständlichen Berichts verdeutlicht hat - birgt die Gefahr, dass die Öffentlichkeit bereits den Umstand der Einleitung von Ermittlungen mit dem Nachweis der Schuld gleichsetzt und die Schuldvorwürfe hängenbleiben, auch wenn sie sich im Nachhinein als unzutreffend erweisen. Angesichts der geltenden Unschuldsvermutung sind für eine Identifizierung durch Nennung des vollständigen Klarnamens demgegenüber in der Regel Verdachtsmomente mit einer hohen Überzeugungskraft zu fordern (vgl. etwa: MüKoBGB/Rixecker, 8. Aufl. 2018, BGB Anh. zu § 12 Rn. 210).

Schließlich hat die Kammer berücksichtigt, dass eine Identifizierung in Einzelfall nur dann erlaubt sein soll, wenn gerade der Name oder die Identität des Betroffenen einen eigenen Informationswert besitzen und zudem gerade hieran ein öffentliches Informationsinteresse besteht (BGH NJW 1980, 1790; OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 07.01.2016 - 16 W 63/15, NJW-RR 2016, 1381 Rn. 34 m.w.N. - Pick-Up-Artist). Dies ist hier aus vorgenannten Gründen jedoch gerade nicht der Fall. Die streitgegenständliche Berichterstattung würde nichts von ihrer Bedeutung einbüßen, wenn der Kläger anonym bleiben würde und lediglich über Ermittlungen gegen arabische Großfamilien berichtet würde (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 07.01.2016 - 16 W 63/15, NJW-RR 2016, 1381 Rn. 34 - Pick-Up-Artist).

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der von den Beklagten vorgelegten Entscheidung des Presserats (Anlage AG 8, Bl. 240 ff. d.A.), welchen den dort konkret zu beurteilenden Fall betraf und schon deshalb nicht generell auf andere Fälle übertragbar ist. Auch wurden im dortigen Fall - anders als hier - ausweislich der Ausführungen des Beschwerdeausschusses die Voraussetzungen der Verdachtsberichterstattung gewahrt.

Inwiefern ein Berichterstattungsinteresse an dem Begräbnis der Mutter des Klägers bestand, ist vorliegend ohne Bedeutung. Eine identifizierende Berichterstattung setzt, wie vorstehend erläutert, ein besonderes öffentliches Berichterstattungsinteresse an der Tat, ihren Umständen oder des Täters voraus. Allein der Umstand, dass die Beklagten in ihrer Berichterstattung mehrere Themenkomplexe verbinden, kann nicht dazu führen, dass hieraus ein Interesse an der Namensnennung des Klägers im Zusammenhang mit dem hier allein streitgegenständlichen Vorwurf des Subventionsbetrugs begründet werden könnte.

All dies führt in der Abwägung dazu, dass die namentliche Erwähnung des Klägers im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt ist.

3. Auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Im Regelfall indiziert die Erstbegehung die Wiederholungsgefahr (stRspr. vgl. BGH, Beschl. v. 16.11.1995 - I ZR 229/93, GRUR 1997, 379 - Wegfall der Wiederholungsgefahr II). Im Allgemeinen gelingt eine Widerlegung der Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die jedoch von der Beklagtenseite verweigert wurde. Damit zeigen die Beklagten, dass nach wie vor Wiederholungsgefahr besteht (vgl. etwa BGH, Urt. v. 19.03.1998 - I ZR 264/95 GRUR 1998, [1046] 1045 - Brennwertkessel).

III. Soweit der Kläger neben dem mit dem Ausspruch zu Ziffer I.2. a) - c) zugesprochenen Identifizierungsmerkmalen die Nennung seines Geburtsjahres und Geburtsortes in ein Alternativverhältnis zu weiteren individualisierenden Merkmalen gesetzt hat, steht ihm mangels Identifizierbarkeit anhand der Merkmale "Geburtsjahr und Geburtsort" ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten nicht zu.

Die isolierte Nennung des Geburtsjahres und Geburtsortes führt nicht zu einer Erkennbarkeit des Klägers. Zwar sind an die Erkennbarkeit keine hohen Anforderungen zu stellen. Insoweit genügt es, wenn der Kläger begründeten Anlass zu der Annahme hat, dass über das Medium persönlichkeitsverletzende Informationen auch an solche Personen geraten, die aufgrund ihrer sonstigen Kenntnisse in der Lage sind, anhand der mitgeteilten individualisierenden Merkmale die Person zu identifizieren, auf die sich die Aussagen beziehen (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 25.05.2016 - 16 U 198/15, GRUR-RR 2017, 120, Rn. 44; BVerfG, Beschl. v. 14.07.2004 - 1 BvR 263/03, NJW 2004, [3620] 3619). Dies ist aufgrund der Vielzahl von Personen, die jährlich in der ... Hauptstadt .... geboren werden, ersichtlich nicht der Fall.

IV. Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten im Hinblick auf die Veröffentlichung und Verbreitung der beanstandeten Aufnahmen gemäß §§ 823, 1004 analog BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 85 DSGVO zu (Antrag zu I.1.).

Die Zulässigkeit einer Bildberichterstattung richtet sich nicht nach denselben Maßstäben wie die einer Textberichterstattung (BGH, Urt. v. 29.5.2018 - VI ZR 56/17, GRUR 2018, 964, Rn. 28 ff. - Tochter von Prinzessin Madeleine). Sie beurteilt sich nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG. Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren - hier nicht vorliegender - Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG). Hiervon besteht allerdings gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nach § 23 Abs. 2 KUG nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden.

Schon die Beurteilung, ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen ist, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits.

1. Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse (BGH, Urt. v. 29.05.2018 - VI ZR 56/17, GRUR 2018, 964, Rn. 11 - Tochter von Prinzessin Madeleine). Es gehört zum Kern der Pressefreiheit, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht. Dazu zählt auch die Entscheidung, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird (BGH, Urt. v. 28.10.2008 - VI ZR 307/07, GRUR 2009, 150, Rn. 15 - Karsten Speck). Eine Bedürfnisprüfung, ob eine Bebilderung veranlasst war, findet nicht statt (BGH, Urt. v. 18.06.2019 - VI ZR 80/18, GRUR 2019, 1084, Rn. 31- Staatsanwalt ermittelt gegen Star-Anwalt m.w.N.).

2. Allerdings besteht das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (BGH, Urt. v. 16.02.2016 - VI ZR 367/15, GRUR 2016, 532, Rn. 38 - Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs; BGH, Urt. v. 07.06.2011 - VI ZR 108/10, GRUR 2011, 750, Rn. 17 - Bildveröffentlichung von Irak-Terroristen). Es bedarf mithin einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen. Die Belange der Medien sind dabei in einen möglichst schonenden Ausgleich mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des von einer Berichterstattung Betroffenen zu bringen (BGH, Urt. v. 29.05.2018 - VI ZR 56/17, GRUR 2018, 964, Rn. 15 - Tochter von Prinzessin Madeleine m.w.N.). Im Rahmen der Abwägung kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu, wobei der Informationsgehalt der Bildberichterstattung unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung zu ermitteln ist (BGH, Urt. v. 29.05.2018 - VI ZR 56/17, GRUR 2018, 964, Rn. 16 - Tochter von Prinzessin Madeleine; BGH, Urt. v. 16.02.2016 - VI ZR 367/15, GRUR 2016, 532, Rn. 38 - Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs). Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie - ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis - lediglich die Neugier der Leser befriedigen (BGH, Urt. v. 18.06.2019 - VI ZR 80/18, GRUR 2019, 1084 Rn. 32 - Staatsanwalt ermittelt gegen Star-Anwalt).

3. Geht es um eine identifizierende Bildberichterstattung über eine Straftat, ist weiter zu berücksichtigen, dass eine solche Berichterstattung in das Recht des Abgebildeten auf Schutz seiner Persönlichkeit eingreift, weil sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (vgl. BGH, Urt. v. 16.02.2016 - VI ZR 367/15, GRUR 2016, 532, Rn. 38 - Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs). Andererseits gehört eine Straftat zum Zeitgeschehen, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Bei der rechtlichen Prüfung der Bildberichterstattung ist in die Abwägung einzustellen, dass die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter begründen und dass bei schweren Gewaltverbrechen in der Regel ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information auch über die Person des Täters anzuerkennen ist (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2011 - VI ZR 108/10, GRUR 2011, 750, Rn. 19 - Bildveröffentlichung von Irak-Terroristen). Bei Straftaten besteht häufig ein legitimes Interesse an der Bildberichterstattung über den Täter, weil sie oft durch die Persönlichkeit des Täters geprägt sind und Bilder unmittelbar und prägnant über die Person des Täters informieren können (BGH, Urt. v. 07.06.2011 - VI ZR 108/10, GRUR 2011, 750, Rn. 24 - Bildveröffentlichung von Irak-Terroristen, mwN). Auch hier kommt es maßgeblich auf die Bedeutung der Straftat für die Öffentlichkeit an, die sich aus der Schwere oder Art der Tat, den Besonderheiten des Tathergangs oder der Person oder Stellung des Täters ergeben kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.06.2009 - 1 BvR 1107/09, NJW 2009, 3357 Rn. 20; BVerfG, Beschl. v. 27.11.2008 - 1 BvQ 46/08, NJW 2009, 350 Rn. 11). Mag oftmals bis zu einem erstinstanzlichen Schuldspruch das Recht auf Schutz der Persönlichkeit das Interesse an einer Abbildung des Straftäters überwiegen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.06.2009 - 1 BvR 1107/09, NJW 2009, 3357 Rn. 20), kann schon mit dem erstinstanzlichen Urteil - auch vor Eintritt der Rechtskraft - dem Informationsinteresse der Vorrang gebühren (BGH, Urt. v. 07.06.2011 - VI ZR 108/10, GRUR 2011, 750, Rn. 25 - Bildveröffentlichung von Irak-Terroristen). Jedenfalls bei einem rechtskräftig verurteilten Straftäter besteht nicht mehr die Gefahr, dass sein Gesicht zu Unrecht mit der Tat verbunden wird und er sich von diesem Eindruck auch nach einem Freispruch auf unabsehbare Zeit nicht mehr befreien kann. Auch im Rahmen der Bildberichterstattung gilt der Grundsatz, dass derjenige, der den Rechtsfrieden bricht, sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern es auch dulden muss, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (BGH, Urt. v. 07.06.2011 - VI ZR 108/10, GRUR 2011, 750, Rn. 19 - Bildveröffentlichung von Irak-Terroristen). Verdient für die aktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang, gewinnen das Resozialisierungsinteresse und das Recht des Täters, "alleine gelassen zu werden", mit zeitlicher Distanz zur Straftat und zum Strafverfahren zunehmende Bedeutung (BGH, Urt. v. 18.06.2019 - VI ZR 80/18, GRUR 2019, 1084, Rn. 33 - Staatsanwalt ermittelt gegen Star-Anwalt; BGH, Urt. v. 28.10.2008 - VI ZR 307/07, GRUR 2009, 150, Rn. 23 - Karsten Speck, mwN; zum Vorstehenden im Ganzen vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2019 - VI ZR 249/18, GRUR 2020, 664 Rn. 39-44).

4. Nach diesen Grundsätzen stellen die angegriffenen Abbildungen des Klägers keine Bildnisse der Zeitgeschichte dar. Die bereits im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorzunehmende Abwägung fällt vorliegend zugunsten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers aus.

Zwar besteht - wie bereits ausgeführt - ein öffentliches Interesse an einer Berichterstattung über sog. "Clan-Kriminalität" und über die Familie des Klägers. Zudem enthalten die Aufnahmen des Klägers, die Gesicht und einen kleinen Abschnitt des Körpers des Klägers kontextneutral im Profil im öffentlichen Straßenverkehr und stehend vor einem Gebäude zeigen, keine über die mit seiner Identifizierung als Straftäter durch eine Abbildung hinausgehende Beeinträchtigung. Der Kläger wurde nicht unvorteilhaft getroffen oder in einer besonders unglücklichen Situation.

Gleichwohl überwiegt vorliegend das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers.

Auf Seiten des Klägers ist in die Abwägung einzustellen, dass die Berichterstattung einhergehend mit der Veröffentlichung der Bildnisse des Klägers, einen starken Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellt. Die Augenpartie des Klägers oder seine weiteren Gesichtszüge sind nicht unkenntlich gemacht. Der Kläger ist damit nicht nur für sein soziales Umfeld, sondern für die breite Öffentlichkeit und damit auch für jeden, der ihn vorher nicht kannte, ohne Weiteres erkennbar und mit der ihm vorgeworfenen Straftat zu verbinden.

Zu Gunsten des Klägers ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen Bildnisse heimlich erstellt wurden und zwar kurz nach dem Tod der Mutter und somit in einer höchst emotionalen Zeit. Der Kläger suchte zuvor auch nicht die mediale Öffentlichkeit. Anderes ergibt sich auch nicht aus den von den Beklagten in der Anlage 9 (Bl. 243 d.A.) vorgelegten Fotos des Klägers, die bei der Online-Plattform Instagram hochgeladen waren. Allein aus dem Umstand, dass der Kläger Bilder über ein Instagram-Profil veröffentlicht hat, ergibt sich nicht, dass dieser die mediale Öffentlichkeit suchte. Es ist bereits nicht erkennbar, ob das Profil des Klägers öffentlich oder lediglich für ausgewählte Personen einsehbar gewesen ist. Dass die von den Beklagten vorgelegten Bilder, bezüglich deren Veröffentlichung die Beklagte zu 1) bereits im Februar 2019 eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, noch vor kurzem auf dem Profil des Klägers einsehbar waren, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Beklagten dem Kläger vor Veröffentlichung der streitgegenständlichen Beiträge nicht in hinreichender Form die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben haben und zum Zeitpunkt deren ersten Veröffentlichung keine hinreichenden Belegtatsachen für den von den Beklagten geäußerten Verdacht vorlagen.

Bei der dargestellten Abwägung hat die Kammer auch berücksichtigt, dass seit dem 25.05.2018 die DSGVO Geltung erlangt hat. Insoweit wendet die Kammer jedoch unter Berücksichtigung von Art. 85 Abs. 2 DSGVO die §§ 22 f. KUG und die hierzu in der Rechtsprechung ergangenen Grundsätze an, da insoweit - jedenfalls hier in Bezug auf journalistische Inhalte (vgl. zur Anwendung außerhalb journalistischer Zwecke LG Frankfurt am Main, Urt. v. 13.09.2018 - 2-03 O 283/18, K&R 2018, 733) - die §§ 22 f. KUG fortgelten (OLG Köln, Beschl. v. 18.06.2018 - 15 W 27/18, BeckRS 2018, 12712, Rn. 6; Sydow/Specht, DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 85 Rn. 13 ff.; Lauber-Rönsberg/Hartlaub, NJW 2017, 1057, 1060).

5. Wegen der Wiederholungsgefahr wird auf vorstehende Ausführungen Bezug genommen.

V. Die Entscheidung über die Androhung eines Ordnungsmittels beruht auf § 890 ZPO.

VI. Die erforderliche Dringlichkeit liegt vor. Der angegriffene Sendungsbeitrag wurde erstmals am 27.04.2020 über ... veröffentlicht und der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist am 07.05.2020 - mithin binnen der 6-Wochen-Frist - beim Landgericht Frankfurt am Main eingegangen.

VII. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

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