ArbG Paderborn, Urteil vom 05.11.2020 - 1 Ca 131/20
Fundstelle
openJur 2020, 77700
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 615.113,70 € festgesetzt.

Tatbestand

Die am 24.10.19XX geborene Beklagte ist aufgrund des Arbeitsvertrags vom 19.07.1986 bei der Klägerin beschäftigt. Sie war in die Entgeltgruppe 9a TVöD eingruppiert und wurde als Kassenverwalterin beschäftigt. Seit dem 15.02.2019 ist sie im Bürgerbüro der Gemeinde tätig und in die Entgeltgruppe 7 TVöD eingruppiert.

Bis zum 31.12.2006 erstellte das Rechenzentrum für die Klägerin Mahnungen und Vollstreckungsaufträge. Dort wurden die Mahnungen gedruckt und anschließend an die Beklagte als Kassenverwalterin weitergeleitet. Ebenso wurde mit Vollstreckungsaufträgen verfahren. Bereits in dem Kalenderjahr 2004 beschloss das Land NRW die Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (nachfolgend: NKF). Mit der Einführung des NKFs wurde die Gemeindekasse und die Position der Kassenverwalterin abgeschafft. Jede Gemeinde, die das NKF einführt, ist gesetzlich verpflichtet, einen Verantwortlichen für die Finanzbuchhaltung zu bestellen, wenn - wie bei der Klägerin - die Finanzbuchhaltung nicht von einer Stelle außerhalb der Gemeinde besorgt wird, und die Organisation der Finanzbuchhaltung bestehend aus Buchführung und Zahlungsabwicklung zu regeln. Letzteres muss durch eine Dienstanweisung geschehen, die Festlegungen zu der Aufsicht und Kontrolle über Buchführung und Zahlungsabwicklung, regelmäßige und unvermutete Prüfungen und die Beteiligung der örtlichen Rechnungsprüfung und des Kämmerers zu enthalten hat.

Die Klägerin bestimmte keinen Verantwortlichen für die Finanzbuchhaltung. Sie erließ auch keine Dienstanweisung. Auf Letzteres wurde sie in einem Bericht der Gemeindeprüfanstalt vom 16.09.2013 nach einer überörtlichen Prüfung der Zahlungsabwicklung der Gemeinde B vom 30.07. bis zum 08.08.2013 hingewiesen.

Mit der Einführung des NKF bei der Klägerin zum 01.01.2007 wurde das Programm "Infoma" eingeführt. Die Beklagte wurde an insgesamt 18 Tagen in diesem System geschult. Anschließend waren Mitarbeiter des Rechnungszentrums vor Ort. Mitarbeiter des Rechenzentrums standen auch später telefonisch für Fragen zur Verfügung. Mittels einer Funktion des Programms können offenen Forderungen aus Bescheiden angezeigt werden.

Die Beklagte übernahm als ehemalige Kassenverwalterin, mit Einführung des NKFs gab es die Funktion der Kassenverwalterin nicht mehr, nach der Einführung des NKF unter anderem das Mahnwesen. Mit der Einführung des NKFs wurden ab dem 01.01.2007 die Mahnungen nicht mehr von dem Rechenzentrum gedruckt und an die Beklagte weitergeleitet. Die Beklagte wertete ab diesem Zeitpunkt anhand von Berichtslisten das Programm aus. Auf diesem Weg wurden ihr offene Forderungen angezeigt. Sie hat offene Forderungen angemahnt und gegebenenfalls das Vollstreckungsverfahren eingeleitet.

Die Beklagte hat in der Vergangenheit zahlreiche Überstunden geleistet. In dem Kalenderjahr 2015 zahlte die Klägerin insgesamt 904,80 Überstunden an die Beklagte aus. Am 31.12.2019 hatte die Beklagte über 130 offene Urlaubstage.

Im Jahr 2018 fielen dem Personalamtsleiter, dem Zeugen C, zunehmend offene Buchungen und auch offene Forderungen im System auf. Etwa Mitte November 2018 berichtete der Zeuge C dem Bürgermeister Herrn Y, dass das Programm mehrere Millionen Euro Außenstände aufzeige sowie auch sehr viele nicht zugeordnete Buchungen aufweise.

In der Folge entband die Klägerin die Beklagte mit sofortiger Wirkung von ihrer Funktion und beauftragte den Zeugen C, den Sachverhalt aufzuarbeiten und die Verjährung der Forderungen aus dem Jahr 2013 zu verhindern. Der Zeuge C stellte fest, dass seit 2007 nur ein sehr geringer Teil der offenen Forderungen gemahnt worden war. Ein Großteil der Forderungen war im Jahr 2018 bereits verjährt. Die Klägerin traf daher zunächst Maßnahmen zur Verjährungsunterbrechung betreffend die Forderungen aus dem Jahr 2013. Sie ließ etwa 1.500 Mahnschreiben und diverse Vollstreckungsankündigungen erstellen. Dies geschah durch die Beklagte und den Zeugen C. Sie wurden durch zwei weitere Arbeitnehmerinnen der Klägerin unterstützt.

Im Februar 2019 wurde ein Karton mit 150 kuvertierten, aber nicht verschickten Mahnungen aus 2018 aufgefunden. Ferner fand die Klägerin etwa 2.000 unbearbeitete Briefe, von denen sich noch über 1.500 in verschlossenen Briefumschlägen befanden. Zu etwa 98% handelt es sich dabei um Amtshilfeersuchen fremder Behörden, Erinnerungen, Sachstandsanfragen und auch Rücknahmen von Amtshilfeersuchen.

Mit Schreiben vom 02.02.2019 (Bl. 67 d. A.) erklärte die Beklagte, dass sie sich im Zusammenhang mit etwaigen Schadensersatzansprüchen aufgrund der Verjährung von Forderungen der Klägerin auf Verfall- bzw. Ausschlussfristen nicht beruft. Mit ihrer am 27.01.2020 vor dem Arbeitsgericht Paderborn erhobenen Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 615.113,70 €.

Die Klägerin wirft der Beklagten vor, die nachfolgend benannten offenen Forderungen nicht gemahnt zu haben. Dadurch seien die Forderungen verjährt.

" Von einer Darstellung wird abgesehen, die Redaktion."

Die Beklagte trägt weiter vor, zu den Aufgaben der Beklagten gehöre es, offene Forderungen zu mahnen. In der Nichterbringung der geschuldeten Arbeitsleistung liege eine den Schadensersatzanspruch begründende Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB. Die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt ihre Überforderung angezeigt. Hierzu hätte sie in vielen mit dem Bürgermeister der Klägerin geführten Gesprächen Gelegenheit gehabt. Die Beklagte sei mehrere Jahre Mitglied des Personalrats gewesen. Auch auf diesem Weg hätte sie die Problematik thematisieren können. Sie habe aber keinerlei Gegenmaßnahmen getroffen, um die Verjährung der Ansprüche zu verhindern. Insbesondere habe sie zu keinem Zeitpunkt offengelegt, dass eine Vielzahl von Vorgängen von ihr nicht abschließend bearbeitet wurde. Schließlich habe sie keine Vorgänge an Kollegen abgegeben.

Es sei der Beklagten auch möglich gewesen, die entsprechenden Vorgänge zu bearbeiten. Es habe sich um ein übliches und reguläres Arbeitsvolumen gehandelt, zu dessen Bewältigung die Beklagte zuvor offensichtlich in der Lage gewesen sei. Gespräche mit der Beklagten über die noch offenen Urlaubstage habe der Bürgermeister mit der Beklagten bereits 2002 geführt. In der Folge nahmen Urlaubstage und Überstunden aber zu. Die Beklagte habe den Eindruck vermittelt, dass ihr ihre Arbeit außergewöhnlich wichtig sei. Sie habe nicht erschöpft gewirkt.

Die Zeuginnen J und T arbeiteten mit der Beklagten zusammen. Beide hatten den Eindruck, es würde zu wenig gemahnt. Dies haben sie nach dem weiteren Vortrag der Klägerin gegenüber der Beklagten angesprochen, die ausweichend reagiert habe.

Tatsächlich habe die Beklagte in den Jahren 2007 bis 2013 insgesamt 21 Mahnungen versandt. Das sei den Handakten zu entnehmen. Die derzeitige Kassenleiterin habe der Klägerin auf eine entsprechende Nachfrage im Juli 2020 mitgeteilt, dass es "im PC keine Mahnungen" gebe. Die Beklagte habe dem Bürgermeister dagegen 2018 mitgeteilt, dass sie 2015 348, 2016 445 und 2017 423 Vollstreckungsaufträge im Innendienst bearbeitet habe. Regulär seien 100 bis 200 Mahnungen pro Monat zu erstellen. Diese Differenz hätte der Beklagten nach dem weiteren Vortrag der Klägerin auffallen müssen.

Bei der Klägerin bestehe eine Dienstanweisung im Entwurf. Dem Kämmerer werde die allgemeine Aufsicht und Kontrolle übertragen. Diese Dienstanweisung sehe auch die Verpflichtung zur jährlichen unvermuteten Prüfung der Gemeindekasse vor. Eine allgemeine Aufsichtspflicht bestehe aber ohnehin und auch eine Pflicht zur Kassenprüfung habe auch ohne Dienstanweisung bestanden. Beide Pflichten betrafen den Kämmerer. Dieser war - auch ohne formelle Bestellung - der Verantwortliche für die Finanzbuchhaltung in dem streitgegenständlichen Zeitraum.

Hinsichtlich der ab November 2018 erstellten und versandten Mahnungen habe der Zeuge C und die Beklagte Mahnungen ausgedruckt und den weiteren beteiligten Mitarbeiterinnen zum Kuvertieren gegeben. Vor dem Versand habe der Zeuge C dann alle kuvertierten Mahnungen an die Beklagte gegeben, da diese sie noch einmal durchschauen wollte. Der Zeuge C habe mit der Klägerin vereinbart, dass sie die kuvertierten Mahnungen zur Poststelle bringt oder dort selbst frankiert. Das habe die Beklagte dann aber bei 150 Mahnungen versäumt. Ein Grund für Kontrollgänge habe nicht bestanden.

Bedingt durch die Pflichtverletzung der Beklagten sei der Klägerin ein Schaden in einer Höhe von 615.113,70 € entstanden. Dieser setze sich zusammen aus dem entstandenen Schaden für den Zeitraum von 2007 bis 2012 in einer Höhe von 568.152,46 €, dem Schaden für den Zeitraum ab 2013 in einer Höhe von 12.708,58 € sowie dem Schaden, der durch die Beauftragung der Wirtschaftsprüfer BDO in Höhe von 34.252,66 € entstanden ist.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 615.113,70 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die offenen Forderungen, die ihr angezeigt wurden, habe sie auch angemahnt. Sie habe nicht gewusst, dass sie über eine Maske im System auf "explorer posten" kommen und sich so sämtliche offenen Forderungen anzeigen lassen kann. Im August 2007 habe die Beklagte versucht, einen Mahnlauf mittels des Programms Infoma zu starten. Das sei jedoch nicht erfolgreich gewesen. Die Ursachen kannte die Beklagte nicht. Daraufhin habe sich die Beklagte einen Vordruck für Mahnungen und Vollstreckungsaufträge eingerichtet. Das System habe ihr dann aber auf dem von ihr gewählten Weg nicht sämtliche offenen Forderungen angezeigt.

Insgesamt habe sich die Beklagte in einer erheblichen Überlastungssituation befunden. Zutreffend sei, dass die Beklagte Amtshilfeersuchen und ähnliche Post nicht bearbeitet habe. Sie sei davon ausgegangen, dass der Klägerin hieraus kein Schaden entstehen könne und sie zu einem späteren Zeitpunkt Gelegenheit habe, diese Post zu bearbeiten. Das sei der damaligen Drucksituation, Überforderung, Überlastung und Erkrankung geschuldet.

Die Beklagte bedauere, dass Mahnungen im Dezember 2018 nicht versandt wurden, die bereits ausgedruckt worden waren. Das sei aber der besonderen Situation geschuldet. Alle seien am 21.12.2018 davon ausgegangen, dass sämtliche Mahnungen verschickt wurden. Es sei von der Klägerin die Entscheidungen getroffen worden, keinen Kontrollgang mehr durchzuführen. Die Beklagte habe die Mahnungen auch nicht allein erstellt und kuvertiert. Hieran waren - das ist unstreitig - mehrere Arbeitnehmer der Klägerin beteiligt.

Die Beklagte bestreitet die Forderungen dem Grunde und der Höhe nach. Sie vertritt die Rechtsauffassung, dass der von der Beklagten erklärte Verzicht auf die ausschlussfristen unwirksam sei und beruft sich auf die Einrede der Verjährung.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle ergänzend verwiesen.

Gründe

I.

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Zahlungsanspruch in der geltend gemachten Höhe. Dieser Anspruch folgt nicht aus § 280 Abs. 1 BGB.

Zwischen den Parteien besteht ein Schuldverhältnis. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Schuldverhältnis verletzt, indem sie zahlreiche Briefe, überwiegend Amtshilfeersuchen, unbearbeitet in einem Rollschrank verschlossen hat. Etwaige aus diesem Sachverhalt resultierende Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte sind aber nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Die Klägerin begründet ihren Schadensersatzanspruch zum Einen damit, dass die Beklagte ab 2007 offene Forderungen nicht bzw. nur noch in einem sehr geringen Umfang gemahnt und 2018 150 bereits kuvertierte Mahnungen nicht frankiert bzw. zur Poststelle gebracht hat.

1.

Es kann dahin stehen, ob die Beklagte wirksam auf die Ausschlussfrist verzichtet und ob die Schadensersatzforderung der Klägerin verjährt ist. Bezogen auf die Schadensersatzforderung der Klägerin aufgrund der bis 2017 verjährten Forderungen hat die Klägerin jedenfalls ihre arbeitsvertraglichen Pflichten nicht schuldhaft verletzt.

Der Arbeitnehmer ist nach § 611a Abs. 1 BGB verpflichtet, seine Arbeitsleistungen während der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit zu erbringen. Mit anderen Worten muss er tun was er soll und zwar so gut wie er kann (BAG, 17.01.2008, Az.: 536/06, juris). Die Beklagte hat ihre Arbeitsleistung erbracht. Sie hat offene Forderungen gemahnt. Das ist unstreitig. Neben der Verfolgung offener Forderungen und der Bearbeitung von Amtshilfeersuchen hatte sie unstreitig weitere Aufgaben. Sie hat in erheblichem Umfang Überstunden geleistet und Urlaubstage nicht in Anspruch genommen.

Sie hat das Programm Infoma falsch bedient. Hierdurch wurde ihr nur ein Teil der offenen Forderungen angezeigt. Es kann dahin stehen, ob die Beklagte ausreichend geschult war, da die ungewollte Fehlbedienung eines zur Verfügung gestellten Computerprogramms keine schuldhafte Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten darstellt. Dafür, dass die Beklagte das Programm Infoma wissentlich falsch bedient hat, bestehen keine Anhaltspunkte. Das trägt auch die Klägerin nicht vor.

Der Beklagten hätte auch nicht auffallen müssen, dass ihr nur ein Teil der Forderungen angezeigt wird. Die Klägerin trägt vor, regulär seien 100 bis 200 Mahnungen pro Monat zu erstellen. Das sind mindestens ca. 1.200 Mahnungen pro Jahr. Bei den verjährten Forderungen von 2007 bis 2011 handelt es sich nach der Aufstellung der Klägerin um 349 Forderungen, die verjährt sind, da sie nicht gemahnt wurden. Von den in dem Jahr 2012 fällig gewordenen Forderungen sind nach der Auflistung der Klägerin 137 Forderungen verjährt, weil sie nicht gemahnt wurden. Die Klägerin trägt also vor, dass in einem Zeitraum von sechs Jahren, nämlich von 2007 bis 2012 486 Forderungen verjährt sind, da sie nicht gemahnt wurden. Ausgehend von ca. 1.200 Mahnungen pro Jahr bedeutet das, dass die Beklagte entweder mehr als 90 % der zu versendenden Mahnungen versandt hat - was beide Parteien nicht behaupten - oder die Zahl der monatlich bzw. jährlich zu versendenden Mahnungen stark schwankt. In beiden Fällen kann der Beklagten nicht der Vorwurf gemacht werden, ihr hätte auffallen müssen, dass zu wenig Mahnungen versandt wurden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass nach dem Vortrag der Klägerin die Beklagte von Kolleginnen darauf aufmerksam gemacht wurde, dass zu wenig gemahnt wurde. Unstreitig hat alleine die Beklagte die offenen Forderungen bearbeitet. Warum also Kolleginnen erkennen konnten, dass zu wenig gemahnt wird, erläutert die Beklagte nicht. Und die Beklagte musste aus den oberhalb dargestellten Gründen auch nicht davon ausgehen, dass sie zu wenig mahnt.

2.

Hinsichtlich der am 31.12.2018 verjährten Forderungen kann dahin stehen, ob die Beklagte arbeitsvertragliche Pflichten verletzt hat. Die Klägerin behauptet, die Beklagte sei damit beauftragt worden, dafür Sorge zu tragen, dass alle ausgedruckten und kuvertierten Mahnungen in die Poststelle gebracht bzw. frankiert werden. Den Vortrag der Klägerin als wahr unterstellt, hätte die Beklagte ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, indem 150 bereits kuvertierte Mahnungen nicht in die Poststelle gelangten, nicht frankiert und somit auch nicht versandt wurden.

Die Beklagte handelte aber weder grob fahrlässig noch vorsätzlich. Gemäß § 3 Abs. 6 TVÖD ist die Schadenhaftung der Beschäftigten bei dienstlich oder betrieblich veranlassten Tätigkeiten auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Leicht fahrlässig handelt demnach, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, § 276 Abs. 2 BGB. Das wäre der Beklagten - den Vortrag der Klägerin als wahr unterstellt - vorzuwerfen. Grobe Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, indem schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden sowie das nicht beachtet wird, was im vorliegenden Fall jedem hätte einleuchten müssen. Daran fehlt es vorliegend.

Darüber hinaus hat die Klägerin den Schaden nicht schlüssig dargelegt. Sie listet 281 offene Forderungen auf, die mit Ablauf des 31.12.2018 verjährt sind, was nach dem Vortrag der Klägerin darauf beruht, dass keine Mahnung versandt wurde. Gleichzeitig trägt sie vor, dass 150 Mahnungen nicht versandt wurden und sie aufgrund dessen Schadensersatz von der Beklagten verlangt. Welche Forderungen Gegenstand der Schadensersatzklage sind, trägt sie nicht vor.

Schließlich trägt die Klägerin ein erhebliches Mitverschulden daran, dass die von ihr behaupteten 150 Mahnungen nicht versandt wurden. Ende 2018 war bereits aufgefallen, dass die Beklagte offene Forderungen nicht gemahnt hatte. Dem Zeugen C war die Verantwortung für die Gemeindekasse übertragen worden. Er sollte die Verjährung der Forderungen aus dem Jahr 2013 verhindern. Er wäre daher dafür verantwortlich gewesen, durch geeignete Überprüfung - möglicherweise einen Kontrollgang - dafür Sorge zu tragen, dass die offensichtlich überlastete Klägerin ihren Pflichten nachkommt. Das ist nicht geschehen.

II.

Als unterlegene Partei hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Wert des Streitgegenstandes entspricht dem Nennwert des eingeklagten Betrages.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden. Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim

Landesarbeitsgericht Hamm

Marker Allee 94

59071 Hamm

Fax: 02381 891-283

eingegangen sein.

Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.justiz.de.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.

Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1. Rechtsanwälte,

2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

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