VG Gießen, Beschluss vom 25.03.2011 - 8 L 50/11.GI
Fundstelle
openJur 2020, 73936
  • Rkr:

1. Eine Gemeinde, die sich gegen die Genehmigung von Windkraftanlagen wendet, kann sich hinsichtlich Lärmimmissionen nicht mit Erfolg auf ihre Planungshoheit berufen, wenn der Lärm der Anlagen in keiner ihrer geplanten Baugebiete 40 dB(A) erreicht.

2. Eine erdrückende und bedrängende Wirkung einer Windkraftanlage ist in der Regel nicht gegeben, wenn der Abstand der Anlage zur Wohnbebauung das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe plus 1/2 Rotordurchmesser) beträgt (im Anschluss an OVG NW, U. v. 09.08.2006 - 8 A 3726/05 -, DVBL 2006, 1532 ff.).

3. Raumordnungsrechtliche Vorschriften begründen keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Gemeinde.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auf 50.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Vollzug einer durch den Antragsgegner erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die es der Beigeladenen erlaubt, drei Windenergieanlagen zu errichten und zu betreiben.

Mit Bescheid vom 31.05.2010 erhielt die Beigeladene vom Antragsgegner die Genehmigung, auf den Grundstücken in D-Stadt, Gemarkung E-Stadt, Flur 7, Flurstücke 48/1 und 44 sowie Flur 8, Flurstück 17, drei Windkraftanlagen vom Typ Nordex S 77 mit Stahlrohrturm und einer Spitzenhöhe von 138,5 m (Nabenhöhe 100 m und Rotordurchmesser 77 m) sowie einer Nennleistung von jeweils 1,5 MW zu errichten und zu betreiben. Wegen des näheren Inhalts der Genehmigung wird auf den Bescheid Bezug genommen (Bl. 40 bis 65 d. GA). Die Standorte der Windkraftanlagen liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zu der südwestlich hiervon verlaufenden Gemarkungsgrenze der Antragstellerin.

Die Antragstellerin erhob am 05.07.2010 Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung (VG Gießen, Az.: 8 K 1933/10.GI).

Mit Anzeige vom 05.08.2010 teilte die Beigeladene dem Antragsgegner mit, anstelle des genehmigten Anlagentyps Nordex S 77 nunmehr Windkraftanlagen vom Typ Vestas V-90 mit einer Nabenhöhe von 95 m und einer Gesamthöhe von 140 m aufstellen zu wollen. Durch Bescheid vom 28.09.2010 traf der Antragsgegner hierauf die Entscheidung, dass die Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens im Hinblick auf diese Änderung nicht erforderlich sei (Freistellungserklärung). Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen (Bl. 66 f. d. GA). Hiergegen erhob die Antragstellerin am 25.10.2010 Klage vor dem beschließenden Gericht (Az.: 8 K 5273/10.GI).

Auf den Antrag der Beigeladenen vom 05.08. und 15.11.2010 hin ordnete der Antragsgegner unter dem Datum des 10.12.2010 die sofortige Vollziehung der mit Bescheid vom 31.05.2010 erteilten Genehmigung sowie der mit Bescheid vom 28.09.2010 ergangenen Freistellungserklärung an. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt der Anordnung verwiesen (Bl. 34 bis 39 d. GA).

Die Antragstellerin hat am 13.01.2011 um einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht. Sie ist der Auffassung, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei formell und materiell rechtswidrig, weil ihr, der Antragstellerin, Suspensivintereresse das öffentliche Vollzugsinteresse und das private Vollzugsinteresse der Beigeladenen überwiege.

Die formelle Rechtswidrigkeit der Anordnung ergebe sich aus deren unzureichenden Begründung. Diese sei bloß formelhaft und nicht auf den Einzelfall bezogen und erfasse sowie würdige ihre, der Antragstellerin, Interessen nicht zutreffend.

Der von ihr in der Hauptsache eingelegte Rechtsbehelf biete umfassend Aussicht auf Erfolg. Die der Beigeladenen erteilte Genehmigung wie auch die Freistellungserklärung seien rechtswidrig und verletzten sie, die Antragstellerin, in subjektiven Rechten. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners seien die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, auch unter Berücksichtigung der im Genehmigungsbescheid aufgeführten Nebenbestimmungen, nicht erfüllt. Das genehmigte Vorhaben widerspreche vielmehr den gesetzlichen Anforderungen zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen sowie erheblicher Nachteile und Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft. Zudem stünden dem Vorhaben öffentliche Belange entgegen.

Hierzu verweist die Antragstellerin auf ihre Ausführungen zur Klagebegründung in dem Verfahren mit dem Az. 8 K 1933/10.GI.

Dort trägt sie vor, die Genehmigung verletze sie in ihrer kommunalen Planungshoheit, weil das Vorhaben aufgrund der mit ihm verbundenen schädlichen Umwelteinwirkungen hinreichend bestimmte Planungen nachhaltig störe und zugleich wesentliche Teile ihres Gemeindegebietes einer durchsetzbaren Planung entziehe. Das Vorhaben führe zu einer nachhaltigen Störung ihrer Planungen zur Ausweisung neuer Wohnbaugebiete. Dies folge aus den mit den genehmigten Windkraftanlagen verbundenen schädlichen Umwelteinwirkungen, insbesondere in Gestalt von Lärmimmissionen sowie der optisch bedrängenden Wirkung, die mit den genehmigten Anlagen einhergehe. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Ausführungen in der Klagebegründung Bezug genommen (Bl. 75 bis 108 d. GA im Verfahren mit dem Az. 8 K 1933/10.GI).

Hinsichtlich einer Verletzung des gemeindlichen Selbstgestaltungsrechts führt die Antragstellerin aus, bei einer Realisierung des Vorhabens wäre ihre städtebauliche Struktur von Grund auf verändert, indem das Vorhaben eine die übrigen Bebauung dominierende Wirkung einnehme. Die bisherige Harmonie der Ortsbilder werde auf Dauer zerstört werden (a.a.O., Bl. 109 f.).

Die Antragstellerin ist des Weiteren der Ansicht, das Genehmigungsverfahren weise eine Reihe von Verfahrensfehlern auf, wodurch es zu einer Verletzung ihrer subjektiven Rechte komme. Im Einzelnen rügt die Antragstellerin eine fehlende Gesamtlärmbetrachtung (a.a.O., Bl. 111 bis 114), eine Fehlerhaftigkeit der Schallimmissionsprognosen (a.a.O., Bl. 114 f.), eine fehlerhafte Festsetzung von Regelungen zum Schutz vor unzulässigen Lärmimmissionen (a.a.O., Bl. 115 f.), unzureichende Auflagen zur Typenprüfung (a.a.O., Bl. 116 f.), die Nichteinhaltung von Mindestabständen (a.a.O., Bl. 117 bis 123) sowie eine fehlende landesplanerische Beurteilung (a.a.O., Bl. 123 bis 127). Die Antragstellerin ist insoweit der Auffassung, bei Einhaltung des Verfahrens hätte eine Genehmigung nicht erteilt werden dürfen und eine Rechtsverletzung wäre nicht eingetreten.

Ergänzend führt die Antragstellerin aus, bereits ihr Interesse an der Bewahrung der in der Bauleitplanung zum Ausdruck gekommenen städtebaulichen Ordnung vor nachhaltigen Störungen sei ein schutzwürdiger kommunaler Belang. Die Annahme des Antragsgegners, im Hinblick auf die Anlagenänderung sei ein Genehmigungsverfahren nicht durchzuführen, treffe nicht zu. Es sei offen, ob durch den Wechsel vom Typ Nordex S 77 auf den Typ Vestas V 90 die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen eingehalten würden. Die im Rahmen des Anzeigeverfahrens vorgelegte Schattenwurfprognose vom 30.07.2010 komme zu einem nicht nachvollziehbaren Ergebnis, indem sie unterstelle, dass trotz eines nunmehr zum Einsatz kommenden größeren Rotordurchmessers von einer Verringerung der Schattenwurfereignisse auszugehen sei. Auch die überarbeitete Schallimmissionsprognose komme zu einem nicht nachvollziehbaren Ergebnis. Trotz eines nunmehr jeweils höheren Schallleistungspegels der Anlage, sei nach dieser Prognose von einer Verringerung der Schallimmissionen auszugehen. Zweifel bestünden insoweit auch an dem den Berechnungen zugrunde gelegten Schallleistungspegel (Bl. 20 f. d. GA). Schließlich sei in diesem Zusammenhang auch die Ungeeignetheit der gewählten Immissionspunkte A und B zu rügen. Diese seien bewusst in einer Entfernung ausgewählt worden, um die von den Windkraftanlagen ausgehenden Lärmimmissionen als möglichst gering darstellen zu können.

Ferner sei das Vorhaben im bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Sinn auch nicht ordnungsgemäß erschlossen. Hierauf könne sie, die Antragstellerin, sich auch zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes berufen. Die vorhandenen Feld- und Wiesenwege besäßen nicht die erforderliche Breite und Befestigung, damit schwere Baufahrzeuge wie auch Wartungs- und Rettungsfahrzeuge die Aufstellstandorte erreichen könnten. Die Beigeladene benötige für die Realisierung und den Betrieb ihres Vorhabens Wege mit einer Breite von mindestens 3,50 m bzw. 4 m. Um Wege dieser Breite herstellen zu können, benötige die Beigeladene die Zustimmung betroffener privater Grundstückseigentümer. Da es Grundstückseigentümer gebe, die sich weigerten, die zur Verbreiterung und zur Befestigung erforderlichen Grundstücksflächen zur Verfügung zu stellen, sei eine dauerhafte wegemäßige Erschließung nicht gesichert.

Die vom Antragsgegner bei Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit getroffene Interessenabwägung sei zu beanstanden. Der Antragsgegner habe den vermeintlich für den Sofortvollzug sprechenden privaten und öffentlichen Interessen ein Gewicht beigemessen, das diesen nicht zukomme. Zwar möge ein öffentliches Interesse für die Förderung alternativer Energie bestehen. Ein Interesse an der sofortigen Vollziehung lasse sich hieraus aber nicht ableiten. Auch seien wirtschaftliche Interessen der Beigeladenen an einer alsbaldigen Realisierung des Vorhabens nicht geeignet, vorliegend ein überwiegendes privates Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung zu begründen. Ein bloßes finanzielles Interesse rechtfertige kein Abweichen vom gesetzlich vorgesehenen Regelfall, dass ein Rechtsmittel aufschiebende Wirkung entfalte. Im Hinblick auf das von ihr, der Antragstellerin, geltend gemachte Aufschubinteresse sei hingegen zu berücksichtigen, dass die Chancen auf eine Beseitigung der Anlagen im Falle eines späteren Obsiegens im Hauptsacheverfahren nur sehr gering seien. Diese nachteiligen Vollzugsfolgen seien vom Antragsgegner nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 05.07.2010 (Az.: 8 K 1933/10.GI) gegen den Genehmigungsbescheid des Regierungspräsidiums Gießen vom 31.05.2010 und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 25.10.2010 (Az.: 8 K 5273/10.GI) gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 28.09.2010 wiederherzustellen sowie bis zur Entscheidung über den Eilantrag einen Baustopp zu verfügen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er ist der Ansicht, die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigung und der Freistellungsentscheidung liege sowohl im öffentlichen wie auch im überwiegenden Interesse der Beigeladenen. Die Interessen der Antragstellerin seien diesen nachgeordnet.

Der Genehmigungsbescheid sei rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Diese werde durch das Vorhaben weder in ihrer Planungshoheit noch in ihrem Selbstgestaltungsrecht verletzt. So sei bereits nicht ersichtlich, wie Regelungen oder unterbliebene Regelungen zur Typenprüfung eine Verletzung der Antragstellerin in eigenen Rechten verursachen könnten. Abwehrrechte der Antragstellerin seien des Weiteren nicht gegeben, soweit diese sich auf den Schutz vor Schallimmissionen der Windkraftanlagen berufe. Entsprechendes gelte für behauptete Beeinträchtigungen durch Schattenwurf. Hinsichtlich der von der Antragstellerin vorgetragenen optisch bedrängenden Wirkung der Windkraftanlagen sei eine subjektive Rechtsverletzung ebenso wenig erkennbar wie aus dem Vortrag der Antragstellerin zum Fehlen einer landesplanerischen Beurteilung und zum Vorliegen von Verfahrensfehlern.

Die Genehmigung verstoße nicht gegen der Antragstellerin drittschutzgewährende Vorschriften des öffentlichen Rechts. Das genehmigte Vorhaben störe weder eine hinreichend bestimmte Planung der Antragstellerin noch entziehe es wesentliche Teile ihres Gemeindegebietes einer durchsetzbaren Planung. Die von der Gemeindevertretung der Antragstellerin gefassten Beschlüsse zur Aufstellung von Bebauungsplänen für reine Wohngebiete (OW/9, OW/8 und NW/20) belegten noch keine hinreichend bestimmte, konkrete und verfestigte Planung. Über die gefassten Aufstellungsbeschlüsse hinaus habe die Antragstellerin keine weiteren konkretisierenden Planungsschritte durchgeführt. Selbst wenn die benannten Baugebiete bereits als reine Wohngebiete ausgewiesen wären, könnte dies nicht zu einer Versagung der Genehmigung führen, sondern allenfalls zu einer Verpflichtung, dort nachts einen Wert von 35 dB(A) einzuhalten.

Die Darstellung der Antragstellerin, wesentliche Teile ihres Gemeindegebietes würden wegen der Großräumigkeit der genehmigten Windkraftanlagen einer durchsetzbaren Planung entzogen, sei nicht zutreffend. Der überwiegende Teil des Gemeindegebietes der Antragstellerin bleibe von den genehmigten Anlagen "unbelastet" und das Gemeindegebiet sei auch nach Errichtung der Anlagen einer weiteren städtebaulichen Entwicklung zugänglich. Der Abstand der Anlagen zur bestehenden Bebauung betrage im Ortsteil Ober-C-Stadt zwischen 900 und 1000 m und zur dort geplanten Bebauung zwischen 766 und 900 m. Vom Ortsteil Nieder-C-Stadt seien die Anlagen hinsichtlich der bestehenden Wohnbebauung 1.400 m und hinsichtlich der geplanten Wohnbebauung 1.200 m entfernt.

Das Vorhaben rufe auch keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervor. Die von der TA-Lärm vorgesehenen Werte würden im Gemeindegebiet der Antragstellerin eingehalten. Dies sei durch die im Genehmigungsbescheid festgelegten Immissionsrichtwertanteile sichergestellt. Soweit unterschiedliche Immissionsrichtwertanteile für Gebiete mit grundsätzlich gleichem Schutzstatus festgesetzt worden seien, ergebe sich dies aus dem in den Antragsunterlagen dargestellten Unterschreitungen der Richtwerte. Insoweit solle dem Grundsatz der Vorsorge und Wahrung des Standes der Technik Rechnung getragen werden. Im gesamten Bereich des Bebauungsplans OW/6 ("I-Weg") sei der Schutzanspruch eines allgemeinen Wohngebiets anzusetzen. Auch für die erste Reihe der Grundstücke zum Außenbereich könne die Einhaltung eines Wertes von 35 dB(A) des Nachts nicht gefordert werden. Eigentümer von Wohngrundstücken am Rande des Außenbereichs könnten nicht damit rechnen, dass in ihrer Nachbarschaft keine emittierenden Nutzungen entstünden. Für die dahinter liegenden Baureihen im Bereich des Bebauungsplans "I-Weg" sei hingegen ein Immissionsrichtwertanteil von 37 dB(A) für die Nachtzeit festgesetzt worden.

Die von der Antragstellerin geforderte Gesamtlärmbetrachtung sei rechtlich nicht geboten. Insbesondere seien die durch die zukünftige Umgehungsstraße verursachten Geräusche nicht in die Betrachtung der Lärmimmissionen durch gewerbliche Anlagen einzubeziehen. Die von ihm, dem Antragsgegner, getroffenen Regelungen sicherten gerade für Zeiten, in denen erfahrungsgemäß kaum Verkehrslärm auftrete (z. B. in der Nachtzeit zwischen 02.00 Uhr und 03.00 Uhr), die Nachtruhe.

Eine grundlegende Veränderung der städtebaulichen Struktur der Antragstellerin infolge einer Errichtung der drei Windkraftanlagen sei nicht zu befürchten. Eine Verunstaltung des Ortsbildes trete nicht ein, sodass die Antragstellerin sich auch nicht auf eine Verletzung ihres Selbstgestaltungsrechts berufen könne. Die bloße Sichtbarkeit der Anlagen führe noch zu keiner erheblichen Beeinträchtigung. Gewisse ästhetische Einbußen für das Ortsbild als Folge eines ansonsten zulässigen Vorhabens seien grundsätzlich hinzunehmen.

Eine landesplanerische Überprüfung des Standortes der Windkraftanlagen sei nicht erforderlich gewesen. Ein Abweichungsverfahren sei nur dann geboten, wenn raumbedeutsame Vorhaben mit den Zielaussagen des Regionalplans nicht in Einklang stünden. Vorliegend sei dies auf der Grundlage der Festlegungen des Regionalplans Südhessen 2000 zu beurteilen. Hiernach liege der Standort in einem "Bereich für die Landwirtschaft" bzw. einem "regionalen Grünzug". Diese Festlegungen stünden der Errichtung von Windkraftanlagen nicht entgegen.

Der Antragsgegner führt weiter aus, die Genehmigung verstoße auch nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts, insbesondere nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Eine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung gehe von den Anlagen nicht aus. Deren Standorte lägen über 900 m von der derzeitigen Wohnbebauung im Gebiet der Antragstellerin entfernt. Selbst wenn man geplante Wohngebiete mit in die Betrachtung einbeziehe, sei immer noch eine Entfernung zwischen Bebauung und nächstgelegener Windkraftanlage von mehr als dem Fünffachen der Gesamthöhe der Anlage gegeben.

Die Genehmigung verstoße auch nicht gegen die Vorgaben der Handlungsempfehlungen des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung und des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 26.03.2010 bzw. 17.05.2010 (Staatsanzeiger, S. 1506). Diese Handlungsempfehlung richte sich an Planungsträger (Regionalplanung, Bauleitplanung) und nicht an die Immissionsschutzbehörde.

Die Genehmigung sei auch verfahrensfehlerfrei erteilt worden. Die maßgeblichen Vorschriften des Immissionsschutzgesetzes und der einschlägigen Immissionsschutzverordnungen seien beachtet worden.

Die Rüge einer fehlenden Typengenehmigung gehe ins Leere. Aufgrund der Anzeige der Beigeladenen werde anstelle des zunächst genehmigten Anlagentyps Nordex nunmehr eine Windkraftanlage des Typs Vestas errichtet.

Auf eine nicht ausreichende Erschließung des Anlagengrundstücks könne sich die Antragstellerin nicht berufen. Eine fehlende Erschließung des Vorhabens verletze die Antragstellerin weder in ihrer Planungshoheit noch in ihrem Selbstgestaltungsrecht. Überdies sei das Vorhaben ausreichend erschlossen. Insoweit komme es nicht auf etwaige Anforderungen an die Erreichbarkeit des Standortes während der Bauphase an. Diese sei im Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen.

Eine Verletzung eigener Rechte der Antragstellerin durch die Entscheidung, dass die von der Beigeladenen angezeigte Anlagenänderung keiner Genehmigung bedürfe, scheide ebenfalls aus. Der von den geänderten Anlagen ausgehende Schattenwurf wie auch die Schallimmissionen beeinträchtigten keine Rechte der Antragstellerin. Die von der Beigeladenen vorgelegten Prognosen vom 30.07.2010 seien nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Die Verringerung der Gesamtschattendauer nach der aktualisierten Schattenwurfprognose beruhe auf dem Wegfall der ehedem geplanten Windkraftanlagen 4 und 5. Entsprechendes gelte hinsichtlich der Belastungen durch Schallimmissionen. Die zulässigen Schallimmissionsrichtwerte würden auch durch die Vestas-Anlagen eingehalten werden. Im Übrigen sei deren Einhaltung durch entsprechende Festsetzungen im Genehmigungsbescheid sichergestellt.

Der Antragsgegner ist ferner der Ansicht, die gewählten Immissionspunkte A und B seien zur Bewertung der Immissionen geeignet. Der im Ortsteil in Ober-C-Stadt gelegene Immissionsort B, G-Straße 34, befinde sich ca. 970 m von den Windkraftanlagen entfernt. Die nächstgelegene Wohnbebauung sei in ca. 900 m Entfernung von dem Standort angesiedelt. Aufgrund der berechneten Immissionsbelastungen und der vorgelegten Karte lasse sich die dort zu erwartende Immissionsbelastung ablesen. Diese liege deutlich unterhalb des zulässigen Nachtimmissionsrichtwertes von 40 dB(A).

Die Abwägung zwischen dem Interesse der Antragstellerin, vom Vollzug der angefochtenen Genehmigung einstweilen verschont zu bleiben, und dem Interesse der Beigeladenen, mit der Errichtung und dem Betrieb der geplanten Anlagen bereits vor Bestandskraft des Genehmigungsbescheides beginnen zu dürfen, falle unter gleichzeitiger Berücksichtigung öffentlicher Interessen zu Gunsten der Beigeladenen und zu Lasten der Antragstellerin aus. Die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung, die Förderung der Stromerzeugung durch regenerative Energiequellen und die konkrete Bedeutung der Errichtung von Windkraftanlagen für den Klimaschutz seien Argumente, die das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Genehmigung rechtfertigten. Zudem habe die Beigeladene plausibel dargelegt, dass mit einer durch die Erhebung der Anfechtungsklage verzögerten Errichtung der genehmigten Anlagen wirtschaftliche Nachteile verbunden wären. Für die Bejahung eines berechtigten privaten Interesses reiche es aus, wenn sich die Beigeladene darauf berufe, dass ihr Lieferschwierigkeiten und Verzögerungen drohten, wenn der mit dem Lieferanten vereinbarte und dem Kaufvertrag zugrundeliegende Bauzeitenplan nicht eingehalten werde. Die Berücksichtigung dieser privaten Interessen sei in der Rechtsprechung anerkannt.

Schließlich schaffe eine Errichtung der genehmigten Anlagen auch keine unabänderlichen Tatsachen. Sollte die Antragstellerin mit ihren Klagen letztlich Erfolg haben, müssten die bereits errichteten Anlagen wieder rückstandslos zurückgebaut werden. Negative Vollzugsfolgen habe die Antragstellerin demnach nicht zu fürchten.

Die Beigeladene hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in dem vorliegenden Verfahren sowie in den Klageverfahren 8 K 1933/10.GI und 8 K 5273/10.GI und den in diesen Verfahren beigezogenen Behördenakten Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

1. Der Antrag ist zulässig.

Die Antragstellerin ist in analoger Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Nach dieser Bestimmung ist eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. An der Klagebefugnis fehlt es, wenn unter Zugrundelegung des Klägervorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein bzw. die vom Kläger behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (BVerwG, U. v. 10.10.2002 - 6 C 8.01 -, BVerwGE 117, 93, 95).

Vorliegend kann sich die Antragstellerin darauf berufen, durch die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Es ist nämlich möglich und nicht von vornherein und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass die Antragstellerin hierdurch in ihrem von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geschützten kommunalen Selbstverwaltungsrecht betroffen ist.

2. Der Antrag ist in der Sache aber unbegründet.

Bei einem begünstigenden Verwaltungsakt mit belastender Drittwirkung, wie hier, kann das Gericht die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs gegen einen von der Behörde für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt auf Antrag des Drittbetroffenen ganz oder teilweise nach Maßgabe des § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO wiederherstellen. Einem solchen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist stattzugeben, wenn der angefochtene Verwaltungsakt - hier die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung und die Freistellungsentscheidung - Rechte des Dritten verletzt, also wenn das genehmigte Vorhaben gegen Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt und die verletzten Vorschriften auch zum Schutze des Dritten zu dienen bestimmt sind. Denn in diesem Fall kann ein überwiegendes Interesse des Genehmigungsinhabers oder der Öffentlichkeit an einer sofortigen Ausnutzung der Genehmigung nicht bestehen. Umgekehrt ist der Antrag des Dritten abzulehnen, wenn die Genehmigung ihn nicht in eigenen Rechten verletzt und eine ordnungsgemäße Begründung für die angeordnete sofortige Vollziehung gegeben ist.

Dies ist vorliegend der Fall. Der Antragsgegner hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung zureichend begründet (a), und die Antragstellerin ist durch die von ihr angegriffenen Verwaltungsakte offensichtlich nicht in eigenen Rechten verletzt (b). Die gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen sowie dem privaten Interesse des Beigeladenen einerseits und dem Interesse der Antragstellerin andererseits ergibt mithin ein Überwiegen des Interesses am Vollzug der Verwaltungsakte gegenüber dem Aussetzungsinteresse.

a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell-rechtlich ordnungsgemäß ergangen. Entsprechend Sinn und Zweck des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des Interesses an der sofortigen Vollziehung anzuhalten, den Betroffen über die Gründe hierfür in Kenntnis zu setzen sowie dem Verwaltungsgericht die Rechtskontrolle zu ermöglichen (vgl. dazu Gersdorf, in: Posser/Wolff, VwGO, 2008, Rdnr. 86 zu § 80; Schoch, in: Schoch/W.-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 2011, Rdnr. 176 zu § 80) ist eine gesonderte schriftliche Begründung zu verlangen, in der die tatsächlichen und rechtlichen Gründe dargelegt sind, die im konkreten Einzelfall ein Vollziehungsinteresse ergeben und die zur Anordnung der sofortigen Vollziehung geführt haben. Die Gründe müssen über das Interesse am Erlass des Verwaltungsaktes hinausgehen (vgl. z. B. Thür. OVG, B. v. 22.02.2006 - 1 EO 707/05 -, ThürVBl. 2006, 152, 153 r.Sp.; Gersdorf, in: Posser/Wolff, VwGO, 2008, Rdnrn. 87, 99 zu § 80).

Geht es - wie hier - um ein mehrpoliges Verhältnis, muss sich die Behörde auch mit den gegenläufigen, von der sofortigen Vollziehbarkeit betroffenen Interessen auseinandersetzen (OVG Saarl., B. v. 10.11.2006 - 3 W 5/06 -, juris, Rdnr. 33), d. h. eine Interessenabwägung treffen (vgl. Hess. VGH, B. v. 31.05.1990 - 8 R 3118/89 -, ESVGH 40, 295, 297).

Die vom Antragsgegner unter dem 10.12.2010 in einer selbständigen Verfügung getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den zuvor genannten Maßstäben. Der Antragsgegner hat nämlich ausgeführt, die Windkraftanlagen seien aus Gründen der nachhaltigen Entwicklung der Energieversorgung und des Klimaschutzes notwendig. Außerdem würde die Beigeladene als Adressatin des Genehmigungsbescheides einen wirtschaftlichen Schaden erleiden, wenn potentielle Rechtsbehelfe Dritter letztlich ohne Erfolg blieben.

Diese Darlegungen sind weder allgemein noch formelhaft, sondern auf den Einzelfall bezogen. Dass die Argumentation dabei auch für andere Windkraftanlagen Platz greift und sich insoweit die Darlegungen gleichen (vgl. dazu VG Gießen, B. v. 03.02.2011 - 8 L 5455/10.GI -, juris), führt nicht zu einem formellen Mangel der Anordnung des Sofortvollzugs (vgl. auch Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 4. Aufl. 2007, Rdnr. 47 zu § 80 bei Fn. 170; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, Rdnr. 85 zu § 80).

b) Auch in materieller Hinsicht überwiegen bei der nach § 80 a Abs. 3 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO vom Gericht originär vorzunehmenden Interessenabwägung (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 22.03.2010, 7 VR 1.10 -, juris, Rdnr. 13; Bayer. VGH, B. v. 12.07.2010 - 14 CS 10.327 -, juris, Rdnr. 21; Thür. OVG, B. v. 22.02.2006 - 1 EO 707/05 -, ThürVBl. 2006, 152, 154 l.Sp.; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2008, Rdnr. 963; Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., Rdnr. 146 zu § 80) das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer möglichst baldigen Realisierung ihres Projektes das entgegenwirkende Interesse der Antragstellerin.

Maßstab für die Interessenabwägung ist bei dreiseitigen Rechtsverhältnissen die Erfolgsaussicht des vom Dritten eingelegten Rechtsbehelfs (vgl. Nds. OVG, B. v. 05.03.2008 - 7 MS 115/07 -, NVwZ-RR 2008, 686 r.Sp.; OVG Schl.-Holst., B. v. 28.04.2010 - 1 MR 6/10 -, juris, Rdnr. 3 = NordÖR 2010, 266 (nur L); OVG Saarl., B. v. 09.09.2009 - 2 B 398/09 -, juris, Rdnr. 11; OVG Berl.-Brandenb., B. v. 15.01.2009 - OVG 9570.08 -, juris, Rdnr. 4; Thür. OVG, B. v. 22.2.2006 - 1 EO 707/05 -, ThürVBl. 2006, 152, 154 l.Sp.; Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 159 zu § 80 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Anfechtungsklagen der Antragstellerin ohne Erfolg bleiben werden. Denn der Antragstellerin stehen in Bezug auf die genehmigten Windkraftanlagen keine Abwehrrechte zur Seite.

Bei der Frage der Erfolgsaussichten der Klage hat das Verwaltungsgericht die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nur darauf zu kontrollieren, ob Rechte des anfechtenden Dritten, hier der Antragstellerin, verletzt werden (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 5.10.1990 - 7 C 55 u. 56.89 -, DÖV 1991, 249 ff. ; Hess. VGH, B. v. 31.05.1990 - 8 R 3118/89 -, ESVGH 40, 295, 299; OVG Saarl., B. v. 22.08.2001 - 2 W 1/01 -, juris, Rdnr. 8; Thür. OVG, B. v. 22.02.2006 - 1 EO 707/05 -, Thür. VBl. 2006, 152, 154; Hess. VGH, B. v. 27.09.2004 - 2 TG 1630/04 -, ESVGH 55, 82, 85; Nds. OVG, B. v. 31.03.2010 - 12 LA 157/08 -, juris, Rdnr. 6; Schoch, in: Schoch/W.-Aßmann/Pietzner, a.a.O., Rdnr. 65 zu § 80a). Für eine Gemeinde gilt dies gleichfalls. Sie ist - wovon die Antragstellerin ebenfalls ausgeht - nicht befugt, insoweit eine umfassende objektiv-rechtliche Prüfung zu verlangen, sondern sie kann nur mit Erfolg Verstöße gegen Vorschriften geltend machen, die auch dem Schutz gemeindlicher Interessen zu dienen bestimmt sind (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 05.11.2002 - 9 VR 14.02 -, DVBl. 2003, 211, 213 r.Sp.; U. v. 24.06.2004 - 4 C 11.03 -, juris, Rdnr. 46, insoweit in BVerwGE 121, 152, 169 nicht abgedr.; Hess. VGH, B. v. 07.05.2009 - 3 A 1523/08.Z -, LKRZ 2009, 305, 306/307; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 3. Aufl. 2005, Rdnr. 4286).

Bei der im Rahmen des Eilverfahrens allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage verletzt die Genehmigung der Windenergieanlagen keine Rechte der Antragstellerin, wobei die beschließende Kammer die Genehmigung und die Freistellungserklärung gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ihrer Rechtmäßigkeitskontrolle zu Grunde legt.

Die von der Antragstellerin gerügte Verletzung ihrer Planungshoheit liegt nicht vor.

Die kommunale Planungshoheit ist als ein Aspekt der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie von Artikel 28 Abs. 2 GG geschützt (vgl. z. B. Jarass/Pieroth, GG, 9. Aufl. 2007, Rdnr. 13 und 19 zu Art. 28).

Sie vermittelt gegenüber einem genehmigten Vorhaben aber nur dann eine wehrfähige Rechtsposition, wenn durch dieses Vorhaben eine eigene hinreichend bestimmte Planung der Gemeinde nachhaltig gestört wird oder dieses wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung der Gemeinde entzieht oder wenn kommunale Einrichtungen durch das Vorhaben erheblich gestört werden (vgl. z. B. OVG NW, U. v. 03.12.2008 - 8 D 15/07.AK -, juris, Rdnr. 207; für Planungen ebenf.: BVerwG, U. v. 28.10.2008 - 7 BN 4.08 -, UPR 2009, 236; B. v. 05.11.2002 - 9 VR 14.02 -, DVBl. 2003, 211, 212 l Sp.; U. v. 21.03.1996 - 4 C 26.94 -, BVerwGE 100, 388, 394; U. v. 27.03.1992 - 7 C 18.91 -, BVerwGE 90, 96, 100; OVG Schl.-Holst., B. v. 26.09.2006 - 7 ME 93/06 -, NuR 2007, 40).

Dafür, dass kommunale Einrichtungen der Antragstellerin durch die Windkraftanlagen erheblich gestört werden, ist weder von der Antragstellerin etwas vorgetragen worden noch sonst wie ersichtlich.

Die Antragstellerin sieht sich vielmehr in ihren Planungen zur Ausweisung neuer Wohnbaugebiete nachhaltig gestört. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang auf ihre Aufstellungsbeschlüsse vom 29.10.2009 zur Ausweisung drei neuer Baugebiete (OW/9 "Am B-Stock"; OW/8 "I-Weg II"; NW/20 "W-Gärten II") und ihre über Jahre hinweg dokumentierten Überlegungen für neue Wohnbaugebiete im Rahmen der Ortsentwicklung. Diese Aktivitäten belegen indes noch keine hinreichend bestimmte Planung im zuvor genannten Sinn. Zwar erfordert eine solche noch keinen verbindlichen Bauleitplan, sondern sie kann sich auch unterhalb der Schwelle des Bauleitplans in anderer Weise ergeben (vgl. Hess. VGH, U. v. 25.03.2010 - 4 A 1687/09 -, LKRZ 2010, 260, 263 r.Sp.; VerfGH NW, U. v. 25.06.2002 - VerfGH 42/00 -, NVwZ 2003, 202, 203 r.Sp.; U. v. 28.01.1992 - VerfGH 2/91 -, DVBl. 1992, 710, 711 r.Sp.; U. v. 11.02.1992 - VerfGH 6/91 -, UPR 1992, 313,314 l.Sp.).

Ein bloßer Aufstellungsbeschluss - hier für Bebauungspläne zur Ausweisung reiner Wohngebiete - steht aber erst am Beginn einer konkreten Planung, die im weiteren Verlauf regelmäßig Änderungen unterworfen wird, und vermag deshalb noch keine verfestigte Planung zu belegen. Die sichere Verwirklichung der Planung ist erst dann zu erwarten, wenn ein Anhörungsverfahren stattgefunden hat (vgl. BVerwG, U. v. 27.08.1997 - 11 A 18.96 -, NVwZ-RR 1998, 290, 292 l.Sp.). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung offengelassen, ob ein Aufstellungsbeschluss eine ausreichende Konkretisierung bedeutet. Gründe der Rechtssicherheit verlangen aber für eine hinreichend konkretisierte und verfestigte Bauleitplanung mehr als nur den Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB; denn eine Änderung des Planungsziels ist noch jederzeit ohne weiteres möglich. Auch ein Vergleich mit dem Fachplanungsrecht - hier ist die Auslegung der Planunterlagen für eine verfestigte Planung erforderlich (BVerwG, B. v. 14.05.2004 - 4 BN 11.04 -, BRS 67 (2004), Nr. 27, S. 128; Hess. VGH, U. v. 15.12.2003 - 9 N 3413/03 -, juris, Rdnr. 24; vgl. auch Thür. OVG, B. v. 22.02.2006 - 1 EO 707/05 -, ThürVBl. 2006, 152, 156 r.Sp.) - zeigt, dass die im Aufstellungsbeschluss zu sehende bloße Dokumentation einer Planungsabsicht noch nicht ausreichend sein kann.

Entsprechendes gilt für die von der Antragstellerin in Auftrag gegebenen Studien "C-Stadt 2000 plus" und "C-Stadt 2020". Auch diese belegen keine verfestigte Planung.

Aber selbst wenn man mit der Antragstellerin eine hinreichend bestimmte Planung annähme, wäre eine nachhaltige Störung dieser Planung nicht zu besorgen.

Die Antragstellerin rügt in diesem Zusammenhang, dass sich die Windkraftanlagen negativ auf ihre begonnenen Planungen auswirkten und sich diese nicht mehr in dem beabsichtigten Umfang realisieren ließen. Dies folge aus den mit den genehmigten Windkraftanlagen verbundenen schädlichen Umwelteinwirkungen, insbesondere in Gestalt von Lärmimmissionen sowie der optisch bedrängenden Wirkung. Dem vermag die beschließende Kammer nicht zu folgen.

Die Antragstellerin kann nämlich im Hinblick auf die von ihr geplanten reinen Wohngebiete nicht beanspruchen, dass im Außenbereich ansonsten zulässige Vorhaben zu unterlassen sind, wenn deren Realisierung dazu führt, dass die für ein reines Wohngebiet geltenden Immissionsrichtwerte für Lärm nicht eingehalten werden.

Die Antragstellerin macht insoweit geltend, die Ausweisung ihrer geplanten Baugebiete als reine Wohngebiete erforderte unter Berücksichtigung der TA-Lärm die Einhaltung der Lärmwerte vom 50 dB(A) und 35 dB(A) nachts. Auch die beschließende Kammer geht in Übereinstimmung mit Literatur und übriger Rechtsprechung davon aus, dass die Lärmimmissionen von Windkraftanlagen nach der TA-Lärm zu beurteilen sind (B. v. 16.04.2002 - 8 G 493/02 -, GewArch 2002, 348, 349 r.Sp; B. v. 03.02.2011 - 8 L 5455/10.GI -, juris, Rdnr. 24 jew. m.w.N.). Danach erfordert ein reines Wohngebiet gemäß Nr. 6.1 lit. e) der TA-Lärm grundsätzlich die Einhaltung der Werte von 50 dB(A)und 35 dB(A)nachts.

Treffen allerdings mehrere Gebietskategorien aufeinander, ist ein sogenannter Zwischenwert zu ermitteln. Dies folgt im Anwendungsbereich der TA-Lärm aus deren Nr. 6.7, die für Gemengelagen hinsichtlich der für die zum Wohnen dienenden Gebiete die Bildung eines geeigneten Zwischenwertes forderte - auch wenn die TA-Lärm Nr. 6 den Außenbereich nicht explizit regelt (dazu ausführl. Hess. VGH, U. v. 30.10.2009 - 6 B 2668/09 -, ESVGH 60, 129, 131). Dass innerhalb des Wohngebietes abgestufte Werte festzulegen sind, verlangt Nr. 6.7 der TA-Lärm nicht ausdrücklich, sodass auch ein Zwischenwert für das gesamte Baugebiet gebildet werden kann.

Die TA-Lärm sieht für den Außenbereich keine Immissionsrichtwerte vor. Im Außenbereich gelten aber regelmäßig die Werte für Dorf- und Mischgebiete, d. h. 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts (vgl. OVG NW, B. v. 03.09.1999 - 10 B 1283/99 - NVwZ 1999, 1360 r.Sp.; U. v. 18.11.2002 - 7 A 2127/00 -, NVwZ 2003, 756, 757 r.Sp.; U. v. 19.06.2007 - 8 A 2677/06 -, NuR 2008, 55, 60 l.Sp.; Nds. OVG, U. v. 01.06.2010 - 12 LB 31/07 -, ZNER 2010, 506, 509 f.; VG Arnsberg, U. v. 17.06.2010 - 7 K 1932/08 -, juris, Rdnr. 112; VG Gießen, B. v. 20.03.2001 - 1 G 262/01 -, HessVGRspr. 2001, 93, 95 r.Sp.; VG Düsseldorf, U. v. 28.10.2010 - 11 K 2863/09 -, juris, Rdnr. 44; Hornmann, NVwZ 2006, 969, 973 l.Sp.; Hansmann, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 2010, Rdnr. 15 zu Nr. 6 TA-Lärm).

Für die Frage, ob eine nachhaltige Störung der Planung durch das Vorhaben eintritt, wären deshalb für die von der Antragstellerin geplanten, an den Außenbereich angrenzenden reinen Baugebiete zunächst Zwischenwerte zu bilden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zwischenwerte im Einzelfall die Werte der nächsthöheren Gebietskategorie ausschöpfen (OVG NW, U. v. 21.12.2010 - 2 D 64/08.NE -, juris, Rdnr. 109) und unter Umständen sogar mit Erhöhung um mehr als 5 dB(A) überspringen dürfen (vgl. OVG Nds., U. v. 14.02.2007 - 12 LC 37/07 -, juris, Rdnr. 48). Zutreffend weist der Antragsgegner jedenfalls darauf hin, dass bei Grundstücken, die an der Grenze zum Außenbereich liegen, infolge eines insoweit gegebenen verminderten Schutzbedürfnisses nur die Einhaltung von Immissionsrichtwerten, die für ein allgemeines Wohngebiet gelten, nämlich von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts zu verlangen ist (vgl. Hess. VGH, U. v. 30.10.2009 - 6 B 2668/09 -, ESVGH 60, 129, 130; OVG NW, U. v. 04.11.1999 - 7 B 1339/99 -, juris, Rdnr. 23; B. v. 03.09.1999 - 10 B 1283/99 -, juris, Rdnr. 20; VG Düsseldorf, U. v. 28.10.2010 - 11 K 2863/09 -, juris, Rdnr. 47; Thür. OVG, B. v. 22.02.2006 - 1 EO 708/05 -, juris, Rdnr. 66, insoweit nicht abgedr. in ZUR 2006, 479 ff. ; ebenso für den Tagwert von 55 dB(A): VGH Bad.-Württ., U. v. 23.04.2002 - 10 S 1502/01 -, UPR 2002, 356 f.).

Vorliegend ist nichts dafür ersichtlich, dass in den von der Antragstellerin geplanten Wohngebieten diese Werte von den vorgesehenen Windkraftanlagen nicht einzuhalten wären. Dies ergibt sich aus der von der Beigeladenen vorgelegten Schallimmissionsprognose vom 30.07.2010. Hiernach würde in keinem der von der Antragstellerin geplanten Baugebiete Werte von 40 dB(A) auch nur annähernd erreicht werden, sondern der von den Anlagen ausgehende Lärm bliebe deutlich darunter.

Ohne dass es für die Entscheidung noch darauf ankommt, zeigt dies auch die folgende kursorische Berechnung:

Betrachtet man die jeweils kürzeste Distanz zwischen den Windkraftanlagen (WKA 1 bis 3) und den geplanten Wohngebieten bzw. der tatsächlich vorhandenen Bebauung, ergeben sich auf der Grundlage der von der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren gemachten Angaben (Anlage Ast 6 bzw. K 10) als kürzeste Entfernungen 766,90 m (WKA 1 zu OW/9 = hier als Punkt 1 bezeichnet), 895,90 m (WKA 2 zu OW/6 = hier als Punkt 2 bezeichnet) und 901,53 m (WKA 3 zu OW/ 8 = hier als Punkt 3 bezeichnet). Hieraus lassen sich im Wege der Maßstabsumrechnung in etwa die Entfernungen der übrigen Windkraftanlagen zu diesen Punkten bestimmen, sodass insgesamt folgende Abstände der Windkraftanlagen zur geplanten bzw. tatsächlich vorhandenen Bebauung bestehen:

Punkt 1 zuWKA 1:776,90 mWKA 2:847,73 mWKA 3:ca. 1017 m

Punkt 2 zuWKA 1:ca. 944 mWKA 2:895,90 m,WKA 3:ca. 944 m

Punkt 3 zuWKA 1:ca. 944 mWKA 2:ca. 895 mWKA 3:901,35 m

Bei einem jeweiligen Schallleistungspegel von 103,1 dB(A) für die einzelne inkohärente Anlage errechnen sich nach der einschlägigen Formel L: (s)= L w - 11 - 20 logs (vgl. die zahlr. Nachw. bei VG Gießen, B. v. 16.04.2002 - 8 G 493/02 -, GewArch 2002, 348, 350 l.Sp) jeweils an den Punkten 1 bis 3 Lärmwerte von 34,41 dB(A), 33,54 dB(A), 31,95 dB(A); Punkt 2: 32,60 dB(A), 33,06 dB(A), 32,60 dB(A); Punkt 3: 32,60 dB(A), 33,06 dB(A), 33 dB(A). Hieraus folgt nach der Formel (die hier bezogen ist auf die Werte von Punkt 1; zum Nachweis der Formel vgl. VG Gießen, a.a.O.): 10 log (100,1x34,41+ 100,1x33,54+ 100,1x31,95) = 38,19 dB(A); für Punkt 2 errechnet sich danach ein Wert von 37,53 dB(A) und für Punkt 3 ein Wert von 37,66 dB(A).

Auch diese vereinfachte Rechnung zeigt, dass die Antragstellerin nicht zu besorgen hat, die Nachtwerte von 40 dB(A), die sie als einzuhaltender Zwischenwert in Bezug auf die geplanten Baugebiete OW/9 und OW/8 nur fordern kann, würden überschritten.

Für das im Ortsteil in Nieder-C-Stadt geplante Baugebiet NW/20 gilt dies aufgrund einer Entfernung zur nächstgelegenen Windkraftanlage von über 1000 m erst recht.

Die vom Antragsgegner im Genehmigungsbescheid für bereits vorhandene Baugebiete jeweils festgesetzten Lärmwerte sind rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

Soweit der Antragsgegner für das Gebiet OW/6 "I-Weg" die Werte 40 dB(A) nachts für die äußere Reihe und 37 dB(A) nachts für die dahinterliegenden Reihen festgelegt hat, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Hierzu wird auf die zuvor gemachten Ausführungen zur Bildung eines Zwischenwertes Bezug genommen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin mangelt es diesen Festlegungen auch nicht an Bestimmtheit. Die unter Nr. V. 6.2. des Bescheides vom 31.05.2010 getroffenen Anordnungen sind eindeutig und bieten keinen Anlass zu Fehlinterpretationen.

Anhaltspunkte dafür, dass diese Werte fehlerhaft bestimmt oder nicht einzuhalten sind und die immissionsschutzrechtliche Genehmigung deshalb rechtswidrig ist (vgl. dazu VG Gießen, B. v. 16.04.2002 - 8 G 493/02 -, GewArch. 2002, 348, 350 l.Sp.), liegen nicht vor.

Die Schallprognose der Beigeladenen vom 30.07.2010 bestätigt dies. Zwar weist die Antragstellerin in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, die Messung für den nunmehr vorgesehenen Windkraftanlagentyp "Vestas" habe nur bei einer Nabenhöhe von 105 m, nicht aber bei einer solchen von 95 m stattgefunden. Dieser Umstand spricht aber nicht gegen die Richtigkeit der Berechnung des Schallleistungspegels für die geplante Anlage. In dem einschlägigen Bericht der Firma Windtest vom März 2007 wurde der Schallleistungspegel auf die entsprechende Nabenhöhe - hier 95 m - umgerechnet, wie dem Bericht zu entnehmen ist.

Bestätigt wird die Einhaltbarkeit der vom Antragsgegner festgesetzten Werte auch durch das von der Antragstellerin in Auftrag gegebene Schallgutachten vom 09.06.2009. Zwar basiert dieses Gutachten noch auf den ehedem vorgesehenen Nordex-Windkraftanlagen und nicht auf dem nunmehr vorgesehenen Typ "Vestas". Andererseits ist aber zu berücksichtigen, dass bei annähernd gleichem Schallleistungspegel der verschiedenen Anlagentypen das Gutachten der Antragstellerin bei dort noch berücksichtigten fünf Windkraftanlagen lediglich zu einem Wert von 35,7 dB(A) bzw. 36,3 dB(A) am Rand des Baugebietes OW/6 gelangt, sodass davon auszugehen ist, dass der für die hinteren Baureihen festgesetzte Wert von 37 dB(A) sicher eingehalten werden kann.

Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang geltend macht, in der von der Beigeladenen vorgelegten Schallimmissionsprognose vom 30.07.2010 seien die Immissionspunkte falsch gewählt, kann dies im Eilverfahren dahinstehen. Denn - und nur dies ist maßgebend - eine Überschreitung der festgelegten Immissionswerte für die bebauten bzw. bereits beplanten Bereiche der Antragstellerin ist auf der Grundlage sämtlicher von den Beteiligten in das Verfahren eingeführten Immissionsprognosen nicht festzustellen.

Im Zuge einer Errichtung der Windkraftanlagen werden auch nicht wesentliche Teile des Gemeindegebietes der Antragstellerin einer durchsetzbaren Planung entzogen. Im Wirkungsbereich der Anlagen liegt nur ein kleiner Teil des Gemeindegebietes, der - jedenfalls im Hinblick auf die hier zu beurteilenden Windkraftanlagen - einer Planung durch die Antragstellerin zugänglich bleibt. Insbesondere stehen die Windkraftanlagen - wie oben aufgezeigt - der von der Antragstellerin verfolgten Ausweisung reiner Wohngebiete in den Ortsrandlagen nicht entgegen.

Auch das von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG umfasste Selbstgestaltungsrecht der Antragstellerin vermittelt ihr kein Abwehrrecht gegen die vorgesehenen Windkraftanlagen. Nach diesem Recht darf die Gemeinde das Gepräge und die Struktur ihres Ortes selbst bestimmen (vgl. Bayer. VGH, B. v. 29.11.2004 - 22 AS 04.40066 -, juris, Rdnr. 7; VGH Bad.-Württ., U. v. 01.10.2004 - 5 S 1012/03 -, juris, Rdnr. 86; U. v. 06.07.2004 - 5 S 1706/03 -, NuR 2006, 298, 299 l.Sp.). Aus dem Selbstgestaltungsrecht ergeben sich erst dann Abwehransprüche, wenn die Gemeinde durch Maßnahmen betroffen wird, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken (BVerwG, U. v. 15.12.2006 - 7 C 1.06 -, BVerwGE 127, 258, 268, Rdnr. 39; B. v. 15.04.1999 - 4 VR 18.98 -, NVwZ-RR 1999, 554, 555 l.Sp.; B. v. 05.12.1996 - 11 VR 8.96 -, NVwZ-RR 1997, 339 f.; OVG Rh.-Pf., B. v. 11.06.2010 - 8 B 10618/10 -, LKRZ 2010, 346 r.Sp.; Bayer. VGH, B. v. 03.02.2009 - 22 CS 08.3194 -, BayVBl. 2010, 112, 113 l.Sp.; Thür. OVG, U. v. 16.03.2010 - 1 EO 655/07 -, juris, Rdnr. 123, in BauR 2010, 2076 ff. insoweit nicht abgedr.; Hess. VGH, B. v. 27.09.2004 - 2 TG 1630/04 -, ESVGH, 55, 82, 87). Das in Rede stehende Vorhaben muss danach das örtliche Gepräge oder die örtlichen Strukturen grundlegend ändern (Sächs. OVG, B. v. 21.04.2010 - 1 B 299/09 -, juris, Rdnr. 21), das bauliche Gefüge der Kommune also um ein Element anreichern, das dem Ort im Vergleich mit dem vorherigen Zustand einen annähernd neuen Charakter gibt (OVG Berl.-Brandb., U. v. 25.04.2006 - OVG 10 A 14.04 -, juris, Rdnr. 27). Die Veränderung der landwirtschaftlichen Einbettung genügt dagegen nicht (VG Würzburg, B. v. 30.07.2008 - W 4 S 08.1359 -, juris, Rdnr. 44). Keinesfalls kann die Kommune erwarten, dass nur ihre ästhetischen Vorstellungen gegenüber einem ansonsten zulässigen Vorhaben durchschlagend sind (vgl. Bayer. VGH, B. v. 03.02.2009 - 22 CS 08.3194 -, BayVBl. 2010, 111, 113 l.Sp.; B. v. 21.12.2010 - 22 ZB 09.1681 -, juris, Rdnr. 7).

Im Streitfall wird die Wirkung der vorgesehenen Windkraftanlagen auf das Ortsbild der Antragstellerin unterhalb dieser Erheblichkeitsschwelle bleiben.

Im Hinblick auf die ausreichende Entfernung der zu errichtenden Anlagen zu den beabsichtigten Baugebieten der Antragstellerin bzw. zu ihrer vorhandenen Bebauung ist eine negative Prägung des Ortsbildes nicht festzustellen. Die bestehende städtebauliche Struktur der Antragstellerin wird nämlich durch die Windkraftanlagen nicht von Grund auf verändert werden. Eine Veränderung des Charakters des Ortsbildes kann hier nur in einem erdrückenden und optisch bedrängenden Einfluss der Windkraftanlagen liegen. Die geplanten Windkraftanlagen ermangeln jedoch eines erdrückenden und optisch bedrängenden Einflusses auf das Ortsbild der Antragstellerin.

Die Kammer hat sich bereits in ihrem Beschluss vom 16.04.2002 - 8 G 493/02 - (GewArch. 2002, 348 ff.) mit der Frage auseinandergesetzt, wann eine erdrückende, bzw. eine bedrängende Wirkung einer Windkraftanlage gegeben ist, und unter Hinweis auf das Nordrhein-Westfälische Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass dies jedenfalls bei einer Entfernung mehrerer Anlagen von über 500 bis 700 m verneint werden müsse. In ihrem Beschluss vom 03.02.2011 - 8 L 5455/10.GI -, juris, hat die Kammer darauf hingewiesen, dass bei einem Abstand, der das Dreifache der Gesamthöhe (Nabenhöhe + 0,5 Rotordurchmesser) der geplanten Anlagen beträgt, nicht von einer erdrückenden Wirkung zu Lasten der Wohnbebauung ausgegangen werden könne. Auch wenn solche an die Gesamthöhe anknüpfenden Abstandsregeln nur Anhaltswerte darstellen, die eine Würdigung des Einzelfalls nicht überflüssig machen (vgl. z.B. OVG NW, U. v. 09.08.2006 - 8 A 3726/05 -, DVBl. 2006, 1532, 1535 l.Sp.; Gatz, jurisPR-BVerwG 4/2007, Anm. 3, D; Scheidler, ZfBR 2010, 229, 232; Middecke, DVBl. 2008, 292, 298) kann bei einem Abstand zwischen Wohnbebauung und Windkraftanlage, der mindestens das Dreifache der Gesamthöhe der geplanten Anlage beträgt, in der Regel eine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der Wohnnutzung ausgeschlossen werden. Ist der Abstand dagegen geringer als das Zweifache der Gesamthöhe, liegt eine dominante und optisch bedrängende Wirkung der Anlage nahe, weil die Wohnbebauung bei einem solchen Abstand regelmäßig von der Anlage überlagert wird. Beträgt der Abstand das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage ist in der Regel eine besonders intensive Prüfung des Einzelfalls erforderlich. Dieser auf das Nordrhein-Westfälische Oberverwaltungsgericht zurückgehenden Rechtsprechung (grundl.: U. v. 09.08.2006, a.a.O; ferner z. B.: U. v. 19.06.2007 - 8 A 2677/06 -, NuR 2008, 55, 60 r.Sp.; B. v. 24.06.2010 - 8 A 2764/09 -, NuR 2010, 888, 889; U. v. 28.08.2008 - 8 A 2138/06 -, juris, Rdnrn. 167 ff., in NWVBl. 2009, 110, 113, insoweit nicht abgedr.) schließt sich die Kammer an. Sie wird inzwischen allgemein akzeptiert (vgl. Hess. VGH, B. v. 01.03.2011 - 9 B 121/11 -, S. 6 d. amtl. Umdr.; Bayer. VGH, U. v. 29.05.2009 - 22 B 08.1785 -, BayVBl. 2010, 114 f.; VG Wiesbaden, U. v. 02.02.2011, 4 K 1315/10.WI -, juris, Rdnr. 36; VG Ansbach, B. v. 13.10.2010 - AN 11 S 10.02276 -, juris, Rdnrn. 66 ff.; VG Frankfurt/Oder, B. v. 24.08.2009 - 5 L 333/09 -, juris, Rdnrn. 72 ff., VG Saarland, B. v. 22.02.2010 - 5 L 9/10 -, juris, Rdnrn. 72 ff.; Scheidler, a.a.O., Middecke, a.a.O.).

Im Streitfall gibt der Inhalt der Akten keinen Anlass, von der Anknüpfung an das Dreifache der Gesamthöhe wegen besonderer Gegebenheiten abzusehen. Gegen eine das Ortsbild prägende dominierende Wirkung bzw. einen optischen Riegel der geplanten Anlagen spricht hier nicht nur die erhebliche Distanz der Anlagen zur vorgesehenen bzw. tatsächlichen Bebauung, sondern auch, dass bislang einsehbare Landschaftsteile durch die Anlagen nicht abgeschnitten werden. Wie gerade die von der Antragstellerin vorgelegte Visualisierung zeigt, werden Sichtbeziehungen zu weiter entfernt liegenden Landschaftsteilen nicht eingeschränkt. Die bloße Möglichkeit der Wahrnehmung der drei Windkraftanlagen von weitem reicht dagegen nicht für die Annahme einer Verletzung des Selbstgestaltungsrechts aus (vgl. auch Bayer. VGH, B. v. 03.02.2009 - 22 CS 08.3194 -, BayVBl. 2010, 112, 113 l Sp.; VG München, U. v. 19.05.2009 - M 1 K 08.1702 -, juris, Rdnr. 20; VG Würzburg, U. v. 31.03.2009 - W 4 K 08.1723 -, juris, Rdnr. 20). Die von der Antragstellerin vorgelegte Visualisierung zeigt vielmehr, dass es sich bei den drei geplanten Windkraftanlagen um hinzunehmende bloße ästhetische Einbußen handelt.

Soweit die Antragstellerin geltend macht, nach den Handlungsempfehlungen des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung und des Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu den Abständen von raumbedeutsamen Windenergieanlagen zu schutzwürdigen Räumen und Einrichtungen vom 26.03.2010 (StAnz. vom 01.05.2010) seien Mindestabstände von 1.000 m zwischen den Windkraftanlagen und dem Gemeindegebiet der Antragstellerin einzuhalten, fehlt es an einer rechtlich verbindlichen Vorgabe. Die "Handlungsempfehlung" hat einen solchen Charakter nicht. Nach dem Willen ihrer Verfasser soll sie nur "eine Hilfestellung" bieten. Insbesondere für immissionsschutzrechtliche Genehmigungen enthalten die Handlungsempfehlungen keine rechtlich maßgebenden Genehmigungsvoraussetzungen. Auch andere Bundesländer kennen solche Empfehlungen, ihnen wird aber ebenfalls für die Bauleitplanung und die Genehmigungsverfahren keine Verbindlichkeit beigemessen (vgl. Nds. OVG, U. v. 28.01.2010 - 12 LB 243/07 -, juris, Rdnr. 36, OVG Berl.-Brandenb., B. v. 27.11.2009 - OVG 11 F 49.09 -, juris, Rdnr. 39).

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich deshalb auch, dass die Genehmigung nicht gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verstößt.

Nicht durchzudringen vermag die Antragstellerin mit ihrem weiteren Einwand, das Genehmigungsverfahren weise eine Reihe von zur Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führenden Verfahrensfehlern auf (S. 60 bis 78 d. Klageschrift). Soweit hierauf nicht bereits im Zusammenhang mit den oben gemachten Ausführungen eingegangen wurde, gilt Folgendes:

Das Genehmigungsverfahren wurde frei von Verfahrensfehlern durchgeführt; die verfahrensrechtlichen Vorgaben des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der hierauf beruhenden einschlägigen Rechtsverordnungen wurden eingehalten.

Der Vorwurf einer fehlenden Typengenehmigung für die Nordex-Anlagen hat sich erledigt, weil Gegenstand der Genehmigung nach der Änderungsanzeige nunmehr Windkraftanlagen des Typs Vestas sind, für die eine Typengenehmigung vorliegt.

Auch die von der Antragstellerin gerügte fehlende landesplanerische Beurteilung verhilft dem Antrag nicht zum Erfolg. Die Regelung des § 12 HLPG, wonach bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die von Zielen des Regionalplans abweichen, die Regionalversammlung über die Zulassung der Abweichung entscheidet, steht der erteilten Genehmigung nicht entgegen. Im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung galten die Regelungen des Regionalplans Südhessen 2000 (RPS 2000), der die Standorte der Windkraftanlagen als "Bereich für die Landwirtschaft" und "Regionaler Grünzug" ausweist.

Raumordnungsrechtliche Vorschriften begründen grundsätzlich keine subjektiven Rechte von Kommunen. Die Raumordnungsplanung ist eine staatliche Angelegenheit. Allerdings können Kommunen durch einzelne konkrete Ziele der Raumplanung geschützt werden mit der Folge, dass derartige Zielfestlegungen eines Raumordnungsplans im Einzelfall eine abwehrfähige subjektive Rechtsposition zu begründen vermögen. Hierzu gehören die Festlegungen "Regionaler Grünzug" und "Bereich für die Landwirtschaft" aber nicht (vgl. Hess.VGH, U. v. 28.06.2005 - 12 A 3/05 - juris, Rdnrn. 80 f.).

Unabhängig hiervon war vorliegend die Durchführung eines landesplanungsrechtlichen Abweichungsverfahrens im Hinblick auf diese Festsetzungen auch sachlich nicht geboten, weil die erteilte Genehmigung hiermit vereinbar ist. Regionale Grünzüge dienen insbesondere der Erhaltung und Entwicklung von Naherholungsgebieten, dem Schutz des Wasserhaushalts und der klimatischen Verhältnisse sowie der Gliederung der Siedlungsgebiete. Diesen Funktionen steht die Errichtung von Windkraftanlagen nicht entgegen (VG Frankfurt/M. - U. v. 18.03.2004 - 6 E 1707/03 -, juris, Rdnr. 25). Entsprechendes gilt für die Festlegung "Bereich für die Landwirtschaft" (VG Frankfurt/M., a.a.O., Rdnr. 26).

Soweit die Antragstellerin bemängelt, eine Gesamtlärmbetrachtung bezüglich der geplanten Umgehungsstraße zusammen mit den Windkraftanlagen sei nicht erfolgt, steht einer Summation entgegen, dass Verkehrslärm und Lärm von Windkraftanlagen jeweils unterschiedlich berechnet werden. Weder die 16. BImSchV noch die TA-Lärm regeln die Bildung eines Gesamtsummenpegels (vgl. BVerwG, U. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, 254 f., Rdnr. 389; BVerwG, U. v. 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, UPR 1996, 344 ff.; Nds. OVG, B. v. 05.03.2008 - 7 MS 115/07 -, NVwZ-RR 2008, 686, 687 r.Sp.; VG Gießen, B. v. 16.04.2002 - 8 G 493/02 -, GewArch 2002, 348, 350 m.w.N.). Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Sonderfallprüfung nach Nr. 3.2.2. TA-Lärm liegen im Hinblick auf die prognostizierten Lärmwerte von geplanter Straße und geplanten Windkraftanlagen nicht vor.

Der Antragstellerin steht ein Abwehranspruch gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung schließlich auch nicht wegen der ihrer Meinung nach nicht ausreichenden Erschließung der Windkraftanlage zu.

Nach § 35 Abs. 1, 2 BauGB gehört zur Zulässigkeit eines Vorhabens im Außenbereich die Sicherung der ausreichenden Erschließung. Die normative Forderung der gesicherten Erschließung eines Vorhabens beinhaltet aber nach allgemeiner Ansicht keinen drittschützenden Charakter (vgl. BVerwG, B. v. 23.01.1992 - 4 NB 2.90 -, NVwZ 1992, 974, 975 l.Sp.; OVG Berl.-Brandenb., B. v. 14.05.2007 - OVG 11 S 93.06 -, juris, Rdnr. 80; Bayer. VGH, B. v. 19.02.2007 - 1 ZB 06.92 -, juris, Rdnr. 15; VG Ansbach, B. v. 11.12.2003 - An 9 S 03.01636 -, juris, Rdnr. 37; VG Augsburg, U. v. 12.10.2006 - Au 5 K 05.505 -, juris, Rdnr. 30; VG Oldenburg, B. v. 30.04.2003 - 1 B 4791/02 -, juris, Rdnr. 10; VG München, B. v. 08.05.2001 - M 11 SN 01.1660 -, juris, Rdnr. 25; U. v. 24.11.2009 - M 1 K 09.2075 -, juris, Rdnr. 35; VG Ansbach, B. v. 25.06.2008 - An 9 K 08.00498 -, juris, Rdnr. 40; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, Rdnr. 79 zu § 31; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Löhr, Stand 2010, Rdnr. 142 a. E. zu § 34, m.w.N.). Davon geht der Hessische Verwaltungsgerichtshof ebenfalls aus: Nach dessen Beschluss vom 27.09.2004 besitzt das Merkmal der Sicherung der ausreichenden Erschließung eines Vorhabens im Außenbereich keine nachbarschützende Funktion (Az.: 2 TG 1630/04, ESVGH 55, 82, 90). Die Antragstellerin bezieht sich auch auf diesen Beschluss, ohne allerdings auf den fehlenden Drittschutz im Rahmen des § 35 BauGB einzugehen.

Etwas anderes gilt nur, wenn die Anlage auf dem Gebiet der Gemeinde errichtet werden soll; in diesem Fall dient § 35 BauGB auch dem Schutz der Gemeinde (vgl. BVerwG, U. v. 01.07.2010 - 4 C 4.08 -, DVBl. 2010, 1377 ff., s. auch BVerwG, B. v. 24.06.2010 - 4 B 60.09 -, BauR 2010, 1737 f.; Thür. OVG, B. v. 29.01.2009 - 1 EO 346/08 -, BRS 74 (2009), Nr. 174, S. 801, 802). Dieser Fall ist hier nicht gegeben, denn die Windenergieanlagen sollen auf dem Gebiet der Stadt D-Stadt aufgestellt werden.

Abgesehen davon liegt hier eine ausreichende Erschließung der geplanten Windkraftanlagen vor. Entsprechend dem Wortlaut des § 35 Abs. 1 BauGB verlangt diese Vorschrift nur eine "ausreichende" Erschließung, während die §§ 30, 33, 34 BauGB bei dem Begriff Erschließung das Adjektivattribut "ausreichend" nicht nennen. Demgemäß sind die Anforderungen an die Erschließungen von Außenbereichsvorhaben gegenüber Vorhaben in Gebieten in beplanten Bereichen oder im nicht beplanten Innenbereich deutlich geringer: Lediglich ein Mindestmaß an Zugänglichkeit, das sich nach den Auswirkungen und Bedürfnissen des jeweiligen Vorhabens richtet, unter anderem nach der zu erwartenden Verkehrsbelastung (BVerwG, U. v. 30.08.1995 - 4 C 48.81 -, NVwZ 1986, 38 f.; OVG Sachs.-Anh., B. v. 29.01.2010 - 2 M 226/09 -, BauR 2010, 888, 889 l.Sp.), muss bei privilegierten Vorhaben gewährleistet sein. Nach der Rechtsprechung, der sich die beschließende Kammer anschließt, genügen für die gesicherte Erschließung von Windkraftanlagen Wirtschafts- und Feldwege (OVG NW, U. v. 19.05.2004 - 7 A 3368/02 -, NuR 2004, 690, 693 l.Sp.; VG Würzburg, U. v. 21.08.2006 - W 4 K 06.324 -, juris, Rdnr. 37; VG Meiningen, B. v. 25.01.2006 - 5 E 386/05.ME -, ThürVBl. 2006, 163, 164 f.), weil Windkraftanlagen lediglich zu Kontrollbesuchen oder Wartungsarbeiten erreichbar sein müssen (VG Stuttgart, U. v. 29.04.2010 - 13 K 898/08 -, juris, Rdnr. 88 = ZNER 2010, 313 (nur L); VG Meiningen, a.a.O.). Damit sind die hier vorhandenen Wege als ausreichend anzusehen.

Der Einwand der Antragstellerin, die Grundstücke, auf denen die Anlagen errichtet werden sollen, seien mit den übergroßen Baufahrzeugen nicht zu erreichen, weil die Feldwege nicht breit genug seien, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Da die Erschließung erst nach Herstellung des Bauwerks funktionsfähig und auf Dauer angelegt sein muss (vgl. BVerwG, U. v. 20.05.2010 - 4 C 7.09 -, LKRZ 2010, 421, 424 l.Sp.; U. v. 30.08.1985 - 4 C 48.81 -, NVwZ 1986, 38, 39 r.Sp.) spielt die Erreichbarkeit während der Bauphase keine Rolle für eine gesicherte Erschließung der Anlage (VG Würzburg a.a.O., VG Stuttgart a.a.O., Rdnr. 90; VG Meiningen, a.a.O.).

Des Weiteren ist das Argument der Antragstellerin, die Stromeinspeisung sei ungesichert, nicht durchschlagend. Wie der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem genannten Beschluss vom 27.09.2004 ausgeführt hat, gehört der Anschluss einer Windkraftanlage an ein Verbundnetz zum Zweck der Stromeinspeisung nicht zum bauplanungsrechtlichen Inhalt der Erschließung (ESVGH 55, 82, 90; ebenso Stüer, a.a.O., Rdnr. 2480). Die rechtliche Beurteilung der beabsichtigten Nutzung ist nämlich keine Frage der Erschließung (BVerwG, B. v. 05.01.1996 - 4 B 306.95 -, GewArch 1996, 256 r.Sp.), weshalb sich die Antragstellerin nicht mit Erfolg auf eine nicht vorhandene Möglichkeit der Einspeisung zu berufen vermag (vgl. OVG Schl.-Holst., U. v. 20.07.1995 - 1 L 88/95 -, juris, Rdnr. 33).

Auch bezüglich der Freistellungserklärung vom 28.09.2010 bleibt der Antrag ohne Erfolg. Denn diese ist ebenfalls offensichtlich rechtmäßig.

Nach § 15 Abs. 1 S. 1 BImSchG hat die zuständige Behörde aufgrund einer Änderungsanzeige unverzüglich zu prüfen, ob die Änderung einer Genehmigung bedarf. Das ist der Fall, wenn eine Änderung wesentlich im Sinne des § 16 Abs. 1 BImSchG ist. Ist die Änderung dagegen nicht als wesentlich anzusehen, kann eine Freistellungserklärung ergehen. Diese können Dritte nur dann mit Erfolg angreifen, wenn eine Änderungsgenehmigung erforderlich gewesen wäre (Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, Rdnr. 30 zu § 15) und diese rechtmäßigerweise Auflagen zum Schutz des Nachbarn hätte enthalten müssen (Fluck, VerwArch 88 [1997], 265, 293) bzw. sich auf seine materiell-rechtliche Position hätte auswirken können (vgl. OVG Saarl., B. v. 15.01.2009 - 2 B 376/08 -, juris, Rdnr. 13; Nds. OVG, B. v. 22.05.2008 - 12 MS 16/07 -, juris, Rdnr. 85; Rebentisch, in: Feldhaus, BImSchG, Stand 2010, Rdnr. 89 zu § 15; Zöttl, NVwZ 1998, 234, 238 r.Sp.).

Gegenstand der Änderungsanzeige ist hier die Errichtung von drei Windkraftanlagen des Typs Vestas anstelle des Typs Nordex. Insoweit kann nach den bereits zuvor gemachten Ausführungen nicht festgestellt werden, dass von der geänderten Anlage Einwirkungen ausgehen, die Rechte der Antragstellerin verletzen.

Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang ausführt, die aktualisierte Schattenprognose vom 30.07.2010 sei nicht nachvollziehbar, ist dem zu widersprechen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist insbesondere nachzuvollziehen, dass trotz größeren Rotordurchmessers der Vestas-Anlagen keine wesentliche Erhöhung des Schattenwurfs festzustellen ist. Während sich die frühere Prognose aus dem Jahre 2004 noch auf fünf Windkraftanlagen (Nordex) bezog, hat die überarbeitete Fassung dagegen nur die drei genehmigten Anlagen (Vestas) zum Gegenstand. Daher ist verständlich, dass die Schattenwurfereignisse geringer sein müssen.

Hinsichtlich der neuen Schallprognose vom 30.07.2010 gilt, ungeachtet der hierzu schon gemachten Ausführungen, im Übrigen das Gleiche.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil diese keinen Antrag gestellt und sich einem Kostenrisiko deshalb nicht ausgesetzt hat (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 52, 53 GKG. Für das vorliegende Verfahren bewertet das Gericht das Interesse der Antragstellerin mit 50.000,-- EUR.

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