LG München I, Endurteil vom 19.01.2018 - 25 O 1612/17
Fundstelle
openJur 2020, 70101
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Dem Kläger wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,–, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

über die Beklagte zu behaupten, sie sei "regelrecht berüchtigt für ihre (...) rassistischen Ausfälle",

wie dies auf der Internetseite www.der-semit.de am 26.10.2016 geschehen ist.

3. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen

4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 38 % und die Beklagte 62 % zu tragen.

5. Das Urteil ist in Ziffer 4. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags und in Ziffer 2, gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 7.500,– vorläufig vollstreckbar.

6. Der Streitwert wird auf 46.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger und Widerbeklagte sowie die Beklagte und Widerklägerin begehren jeweils vom anderen das Unterlassen von Äußerungen.

Der jüdische Kläger wuchs als Sohn von Holocaust-Flüchtlingen in Israel auf und diente längere Zeit in der dortigen Armee. Der Kläger ist seit den 1970er Jahren in Deutschland als jüdischer Publizist und Verleger tätig, bis 2012 war er Inhaber des von seinem Vater übernommenen ... Verlags. 1988 gründete der Kläger die politische Zeitschrift SEMIT, welche mittlerweile im Internet unter dem Titel "DER SEMIT – die andere jüdische Stimme" erscheint. Unter www.der-semit.de/category/aktuelles befindet sich ein Blog, in dem der Kläger wie auch externe Autoren Beiträge veröffentlichen.

Die Beklagte ist Holocaust-Überlebende und 1932 geboren. Seit 1985 ist sie Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, von 2005 bis 2013 war sie Vizepräsidentin des Jüdischen Weltkongresses und von 2003 bis 2010 Vizepräsidentin des Europäischen Jüdischen Kongresses.

Der Kläger wollte am 23.09.2016 in Zusammenarbeit mit dem Verein "Salam Shalom Arbeitskreis Palästina-Israel e.V." in den Räumlichkeiten des Münchener Eine-Welt-Haus e.V. einen Vortrag mit dem Titel "Antisemitismus heute" halten. Die Veranstaltung wurde kurzfristig abgesagt, nachdem der Kulturreferent der Stadt München am 21.09.2016 die Überlassung der städtischen Räume zur Durchführung der genannten Veranstaltung mit der Begründung untersagt hatte, die Veranstaltungsankündigung enthalte Formulierungen, die in Richtung einer Delegitimierung Israels gingen, dies lege nahe, dass "in der Veranstaltung die Grenze zwischen Israel-Kritik und Antisemitismus überschritten" werde.

Die Vortragsveranstaltung sollte dann in die Räumlichkeiten des katholischen KKV Hansa e.V. München (Brienner Straße 39) stattfinden. Die Beklagte sandte dem Vorsitzenden dieses Vereins, ... (cc. Generalvikar ...), am 23. September 2016 vormittags eine E-Mail (Anlage K 2), in der über den Kläger stand:

"Speziell der Hauptreferent ... ist für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt. So urteilte das Frankfurter Oberlandesgericht im Jahr 2007, der Verleger und Publizist müsse den Vorwurf hinnehmen, "Kapazität für angewandte Judäophobie" zu sein und "den Adolf gemacht" zu haben."

Der Kläger ließ die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 10.10.2016 abmahnen, eine Unterlassungserklärung wurde nicht abgegeben. Eine zum 21.10.2016 angekündigte Stellungnahme blieb aus.

Der Kläger veröffentlichte die streitgegenständliche E-Mail der Beklagten in einem Internetbeitrag "... dreht durch" vom 23.10.2016 auf seiner Internetseite (Anlage B 11), in welchem er die Beklagte als "jüdischen Clown" bezeichnete und in Bezug auf sie behauptete, sie "empfängt ihre Befehle vermutlich direkt vom Chef".

Am 26.10.2016 veröffentlichte der Kläger einen Internetbeitrag mit dem Titel "Jüdische Chuzpe wird nur noch von israelischer Chuzpe (Unverfrorenheit) übertroffen" (Anlage B 12). Darin schrieb der Kläger über die Beklagte, den Botschafter des Staates Israel S.E. ... und den Publizisten ...:

"Erst vor kurzem haben wir es in München erlebt, als die Präsidentin der dortigen jüdischen Gemeinde den Vortrag eines jüdischen Referenten verhinderte, indem sie per Rundschreiben mitgeteilt hatte: "Speziell der (jüdische) Hauptreferent ... ist für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt". ... und ... und andere Sayanim sind auch "regelrecht berüchtigt" für ihre antidemokratische Gesinnung und rassistischen Ausfälle. Das müssen aber andere ertragen."

Der Kläger führte mit dem jüdischen Publizisten ... in den Jahren 2006/2007 einen äußerungsrechtlichen Rechtsstreit vor dem LG und dem OLG Frankfurt am Main. In dem Verlag des Klägers war ein kontrovers diskutiertes Buch des Auschwitz-Überlebenden ... erschienen. Hierzu veröffentlichte ... im Internet einen Beitrag mit der Überschrift: "Holo mit Hajo: Wie zwei Juden für die Leipziger den Adolf machen". Er schrieb, die beiden seien "Kapazitäten für angewandte Judäophobie", der Kläger habe "eine Lücke entdeckt, die er fleißig mit braunem Dreck füllt". Das OLG Frankfurt (Anlage B 1) entschied, dass es sich bei den Äußerungen "Kapazitäten für angewandte Judäophobie" und "den Adolf machen" um Meinungsäußerungen handele, die der Kläger in einem polemisch geführten Meinungskampf hinnehmen müsse. Die Äußerung, der Kläger "fülle [eine] Lücke mit braunem Dreck" wurde untersagt.

Der Kläger veröffentlichte am 16.07.2009 einen Beitrag mit der Überschrift "Wo Hass keine Grenzen kennt" Jagdaktion gegen ... (Anlage B 5). In diesem Beitrag bezeichnet der Kläger Bedienstete des israelischen Außenministeriums als "Blockwarte", Siedlungen in der Westbank und in Gaza als "Ghettos".

Am 25.4.2015 trat der Kläger als Gastredner auf der Veranstaltung "Palestinians in Europe Conference" auf. Diese Veranstaltung wurde jährlich in einer anderen europäischen Stadt durchgeführt. Im April 2015 in Berlin wurde sie erstmals ohne direkte Beteiligung der Hamas veranstaltet. Es traten Organisationen wie das "Palestine Return Center London" und die "Palästinensische Gemeinschaft Deutschland e.V." auf, die nach dem Verfassungsschutzbericht Berlin für 2015 (Anlage B 21) Verbindungen zur Hamas aufweisen und Hamas-Anhänger zu ihren Mitgliedern zählen.

Der Kläger führte in seiner Rede (Anlage B 6) aus:

"Der Zentralrat der Juden hat unlängst von den Moslems in diesem Land gefordert, dass sie sich bei den Juden entschuldigen, weil es auf manchen Demonstrationen zu judenfeindlichen Parolen gekommen ist. Die Parolen waren aber nicht "judenfeindlich" sondern schlimmstenfalls anti-israelisch, anti-zionistisch und ein Ausdruck von Wut, des Zorns und Verzweiflung angesichts des Massenmordes an ihren Freunden und Verwandten in Gaza. Vergessen wir nicht, das es insgesamt mehr als 2100 Tote und mehrere Tausend Verletzte gegeben hat und zigtausend Obdachlose, weil tausende von Häusern zerstört worden sind. Eine durchaus verständliche Reaktion, für die sich keiner entschuldigen muss.

Für die rassistischen Reaktionen in der Redaktion der jüdischen Zeitung, die vom Zentral offensichtlich gedeckt werden und für die demnach kein anderer als der Zentralratsvorsitzende ... verantwortlich ist, müsste sich der Zentralrat sehr wohl, sehr dringend und in vollem Umfang entschuldigen, und die Entschuldigung auf der ersten Seite drucken. Der Zentralrat wird es aber nicht tun, weil er zu schwach und zu feige ist und versucht, seine Hände in Unschuld zu waschen, wie die Führung der Nazis sich auch niemals für die Ausfälle des "Völkischen Beobachters" entschuldigt hat."

Auf Demonstration 2014 in Berlin, Frankfurt am Main, Essen und Gelsenkirchen hatten Hamas-Anhänger die Parolen skandiert:

Jude, Jude feiges Schwein, komm’ heraus und kämpf’ allein!

Scheiß-Juden, wir kriegen euch!

Hamas, Hamas, Juden ins Gas

Der Kläger veröffentlichte am 16.9.2016 auf seiner Internetseite den Beitrag: "Hass-Fabrik" HAWK? (Anlage B 10), in dem es u.a. heißt:

"... war ein folgsamer Beamter, der die Befehle ausgeführt hat, die man ihm erteilt hatte. Hätte man ihm befohlen blonde Frauen einzusammeln und in Todeslager zu verfrachten, er hätte es auch gemacht, und wenn man ihm befohlen hätte, Schwarze oder Chinesen in Züge zu stecken und nach Auschwitz zu fahren, er hätte es auch gemacht. ... war ein Verbrecher und das wiegt schwerer als die Frage, ob er auch Antisemit war.

Es ist deshalb auch absolut falsch und dumm zu behaupten, wie es ... tut, der Antisemitismus sei Bestandteil der DNA der Deutschen. Auch Hass auf Araber liegt nicht in der DNA der Israelis und der Juden erst recht nicht. Dass Deutsche trotzdem das getan haben, was sie taten, ist das Ergebnis politischer Verführung und Gehirnwäsche. In Israel ist es genauso.

Wenn aber jemand glaubt "Die Juden sind unser Unglück" oder wenn jemand unbedingt will, dass "Juda verrecke", dann kann man von pathologischen bzw. emotionalen Judenhass reden. Das ist die gefährliche Variante die wir bekämpfen müssen, die wir ablehnen müssen.

(...)

Und wenn ... meint, dass man in einem Bericht von Juden über Auschwitz nicht die Sichtweise der Waffen-SS übernehmen kann. Damit hat er allerdings vollkommen Recht, genau wie man in einem Bericht über die Nakba aus Sicht der Opfer, der Palästinenser, nicht auch die Sicht der Täter, der Israelis übernehmen kann. Das nennen er und seine Anhänger einseitig. Aber, wie gesagt, einseitig ist nicht verboten.

(...)

Mich hat er mit Hitler verglichen. Ich überlege heute noch, ob das ein Kompliment oder eine Beleidigung war."

In einer E-Mail vom 28.11.2016 (Anlage B 13) an den Europakorrespondenten der Zeitung Jerusalem Post, Herr ... bezeichnete der Kläger die weiblichen Mitglieder im Kabinett der israelischen Regierung (Frau ... (Kultur und Sport) und Frau ... (Justiz)) als Naziweiber.

Der Kläger trägt vor, seine Beiträge ließen sich als "antizionistisch" bezeichnen, was ihn nicht anfechte. Sie richteten sich gegen gewisse Ausprägungen des Zionismus, also die politische Ideologie von Juden und die damit verbundene Bewegung, die auf Rechtfertigung und Bewahrung eines jüdischen Nationalstaates in Palästina abziele. Das Existenzrecht des Staates Israel bestreite der Kläger insgesamt nicht. Er wende sich gegen die bestehende Siedlungspolitik des Staates Israel und deren gewaltsame Ausprägung. Niemals habe er sich feindlich oder abwertend gegenüber dem Judentum oder seinen Angehörigen als solchen geäußert. Er lehne es strikt ab, diese Bevölkerungsgruppe pauschal zu diskreditieren, er sei häufig gegen antisemitische, also das Judentum und seine Angehörigen als solche pauschal abwertenden Äußerungen eingetreten.

Seine teilweise scharfen und polemischen Äußerungen seien nicht antisemitisch. Er begreife sich weiterhin ausdrücklich als Jude und habe eine positive, weil heimatliche Einstellung zum Land (wenn auch nicht immer zum Staat) Israel, er sei kein Gegner des Judentums, dem er selbst angehört. Dieses sei nicht identisch mit dem Staat Israel und seinen Institutionen, was nicht nur die zahlreichen jüdischen Kritiker des Staates Israel bestätigten, sondern auch in Israel lebende ultraorthodoxe Juden, welche aus religiösen Gründen den Zionismus in seiner institutionalisierten Form ablehnten.

Die Bezeichnung der Beklagten als "Jüdischer Clown" sei in satirisch-polemischer Weise erfolgt, so dass bei zutreffender Würdigung hierin kein Angriff auf das Judentum zu sehen sei, sondern eine Kritik der Tatsache, dass Personen, die nun einmal in der deutschen Öffentlichkeit dezidiert als Juden aufträten, diese Eigenschaft benutzten, um bestimmte politische Ziele zu rechtfertigen.

Er habe gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch wegen unwahrer Tatsachenbehauptung aus §§ 823 Abs. 1, 1004 analog BGB in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Soweit die streitgegenständliche Äußerung der Beklagten darauf abziele, die Vortragstätigkeit des Klägers, für die er honoriert werde, zu unterbinden, liege darin ein Eingriff in seinen Gewerbebetrieb. Bei der Äußerung handele sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung, welche die Persönlichkeitsrechte des Klägers besonders gravierend verletze. Er müsse nicht hinnehmen, durch eine derart krude und falsche Behauptung Dritten gegenüber diskreditiert und in seiner Berufsausübung gehindert zu werden.

Die Beklagte, unbestreitbar mit erheblicher Amtsautorität ausgestattet, habe in unmissverständlicher Weise gegenüber einer entscheidungsbefugten Person hinsichtlich einer vom Kläger zu bestreitenden, öffentlich zugänglichen Vortragsveranstaltung interveniert, die es aus Sicht der Beklagten zu verhindern gegolten habe. Zu diesem Zweck habe sie von der aus ihrer öffentlichen Stellung und ihrem Bekanntheitsgrad hergeleiteten Einflussmöglichkeit vehement und mit Erfolg Gebrauch gemacht. Er sei als streitbare Person öffentliche Debatten gewohnt und jederzeit bereit sich zu stellen. Hinterrücks erfolgte Denunziationen wie die streitgegenständliche sei er jedoch nicht mehr bereit hinzunehmen.

Der Kläger hatte mit Schriftsatz vom 22.10.2016 den Erlass einer einstweiligen Verfügung hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerung der Beklagten beantragt. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erließ das Landgericht München I mit Endurteil vom 30.11.2016 die beantragte einstweilige Verfügung. Dem Kläger wurde mit Beschluss vom 4.1.2017 aufgegeben, bis 1.2.2017 Hauptsacheklage zu erheben. Die Klageschrift vom 30.1.2017 ging am 1.2.2017 bei Gericht ein.

Der Kläger beantragt:

Der Beklagten wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,–, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

wörtlich oder sinngemäß gegenüber Dritten zu behaupten:

"... ist für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt.",

wenn dies geschieht wie in der E-Mail der Verfügungsbeklagten vom 23.09.2016 (Anlage K 3).

Die Beklagte beantragt:

Klageabweisung

Es wird beantragt festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger gegenüber bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung des Landgerichts München I vom 21.11.2016, Aktenzeichen 25 O 17754/16, nicht dazu verpflichtet war, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß gegenüber Dritten zu behaupten: "... ist für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt.", wie dies in der E-Mail der Beklagten vom 23.9.2016 geschehen ist.

Es wird beantragt, dem Kläger bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,–, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen,

Der Kläger beantragt:

Widerklageabweisung.

Die Beklagte meint hinsichtlich des gegen sie geltend gemachten Unterlassungsanspruch (Klage), der Kläger sei zur Duldung der Äußerung verpflichtet, weil sich diese unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen als nicht rechtswidrig erweise. Der Kläger äußere sich nachhaltig und regelmäßig antisemitisch und sei damit auch dafür berüchtigt. Es handele sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine dem Schutzbereich des Art. 5 GG unterliegende Wertung und Meinungsäußerung. Eine Schmähung liege nicht vor. Eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung folge nicht bereits aus der Verwendung des Begriffs Antisemitismus oder antisemitisch. Auch wenn damit Gegner des Judentums bezeichnet werden und der Vorwurf vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte besonders negativ besetzt ist, führe die Bezeichnung nicht per se zu einer Diffamierung der Person und zu einer ein sachliches Anliegen völlig in den Hintergrund drängenden persönlichen Kränkung. Sie habe zudem ein hinreichend sachliches Anliegen verfolgt, was sich bereits aus dem Wortlaut der E-Mail und dem Kontext der Äußerung ergebe.

Die Beklagte führt aus, der Kläger verteidige öffentlich die Kampagnen und Aufrufe der "Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen für Palästina"-Bewegung (BDS). Diese propagiere die Abschaffung des Staates Israel als Heimstätte des jüdischen Volkes, indem sie die Rückkehr von Millionen palästinensischer Flüchtlinge fordere. Zur Durchsetzung seines Ziels bediene sich der BDS generell der NS-Analogie, ziehe bewusst Parallelen zu Naziparolen, wie "Kauft nicht bei Juden" und nehme die israelische Bevölkerung in Kollektivhaftung, wobei nicht die Taten eines Individuums, sondern nur seine soziopolitischen Hintergründe zum Anknüpfungspunkt der Schuld gemacht würden. Darin sei ein typisch völkisches nationalsozialistisches Verständnis von Strafrecht zu sehen.

Der Verein, auf dessen Veranstaltung der Kläger habe reden wollen, sei antisemitisch ausgerichtet, setze sich nicht für eine Deeskalation im Nahost-Konflikt und einen israelisch-palästinensischen Friedensprozess ein, sondern sorge mit israelbezogenem Antisemitismus für bundesweite Skandale und propagiere öffentlich die Delegitimierung Israels. Da es in dem Ankündigungstext zu der Veranstaltung geheißen habe, es wäre der "hierzulande hysterisierte Antisemitismusvorwurf zu problematisieren" und es werde eine Abrechnung "mit jüdischen Interessengruppen, denen eine nicht zu rechtfertigende Identifikation mit Israel" vorzuwerfen sei, erfolgen, habe sich die Beklagte zu der E-Mail aufgrund der antisemitischen Ausrichtung des Vereins veranlasst gesehen.

Durch dass von dem Kläger verwendete "NS-Vokabular" (Blockwarte, Ghetto) stelle er die Mitarbeiter der israelischen Regierung mit NS-Funktionären gleich. Dadurch bediene er sich des vom EFA genannten Beispiels für aktuellen politischen Antisemitismus. Für die Bewertung der Begrifflichkeit als antisemitisch sei es unerheblich, dass damit eine Ablehnung der bezeichneten Person kundgetan werden sollte. Antisemitisch seien nicht solche Begriffe, die Antisemiten und Nazis verwendeten, sondern solche Bezeichnungen, die den jüdischen Staat Israel oder seine Institution mit dem nationalsozialistischen Tötungsapparat gleichsetzten. Dies sei beim hiesigen Vergleich aber gerade der Fall.

Der Kläger stelle den Zentralrat der Juden in Deutschland mit der "Führung der Nazis" und dem "Völkischen Beobachter" gleich. Er bediene sich erneut nicht nur des Nazijargons in Bezug auf jüdische Menschen und Organisationen, er vergleiche die Funktion des Zentralrats der Juden mit einem der schlimmsten Instrumentarien zur millionenfachen Ermordung von Juden.

Der Kläger bediene sich in Bezug auf die Beklagte des Klischees, diese fühle sich dem Staat Israel stärker verpflichtet, als der Bundesrepublik Deutschland. Unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs sei es gerechtfertigt, dies als antisemitisch zu bewerten.

Der Kläger könne sich nicht als Antizionist exkulpieren. Die Begriffe Antizionismus und Antisemitismus würden in Wissenschaft und Weltgeschichte gleichgestellt (Martin Luther King, Jean Améry).

Der Kläger habe sich nachweislich mehrfach in der breiten Öffentlichkeit des Internets, der von ihm zu verantwortenden Internetpräsenz sowie auf öffentlichen Veranstaltungen antisemitisch geäußert, da seine von antisemitischen Äußerungen durchzogenen Vorträge audiovisuell festgehalten und jederzeit abrufbar sind. Aufgrund der umfangreichen Berichterstattung zum Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie dem dazu ergangenen Urteil und insbesondere zu den Feststellungen des Gerichts seien dessen antisemitische Äußerungen in der Öffentlichkeit sogar noch weiter verbreitet worden.

Zudem werde die Internetseite des Klägers von zahlreichen Sympathisanten für aggressiv israel-feindliche Kommentare genutzt. Seine Aussagen stießen regelmäßig auf Kritik. Seine Aussagen und Provokationen erführen eine derart große Resonanz, dass er als Gastredner auf den wichtigsten Kongress der Hamas eingeladen worden sei. Dass dies in erster Linie damit zusammenhänge, dass sich der Kläger als Jude geriere, sei evident. Deshalb werde er von anderen antisemitischen Agitatoren eingeladen, um so auf ähnliche Positionen eines Juden verweisen zu können. Die Beklagte gehe aufgrund der Vielzahl der antisemitischen Äußerungen sowie deren umfangreicher Rezeption und der erheblichen positiven bzw. negativen Resonanz auf der Internetseite des Klägers und in der Presse zurecht davon aus, dass dem Kläger ein entsprechender Ruf vorauseile. Dass sie diesen Ruf als schlecht bewerte, sei allemal gerechtfertigt.

Hinsichtlich der Äußerungen in dem am 26.10.2016 veröffentlichten Internetbeitrag, in dem der Kläger unter anderen über die Beklagte als "Sayanim", sowie als "regelrecht berüchtigt für antidemokratische Gesinnung und rassistischen Ausfälle" schreibt, habe sie einen Unterlassungsanspruch.

Die Bezeichnung der Beklagten als "Sayanim" erweise sich als antisemitisch. Der Kläger bediene sich der Bezeichnung in ihrer antizionistischen und antisemitischen Verwendungsweise, wonach "Sayanim" freiwillige jüdische Kollaborateure des israelischen Auslandsgeheimdienstes seien, die Informationen weitergäben, Geheimnisse verrieten und wichtiger Bestandteil der jüdischen Weltverschwörung seien. Die Bedeutung müsse zudem im Zusammenhang mit der konkreten Verwendung des Begriffes durch den Kläger beurteilt werden. Der Kläger behaupte über die Beklagte, sie sei eine Zuarbeiterin eines ausländischen Geheimdienstes, namentlich des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad. Die Behauptung sei nicht nur (unstreitig) unwahr, sondern stelle zugleich eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar. Es sei zusätzlich eine schmähende Ehrverletzung, ihr als Jüdin die Fernsteuerung von außen, nämlich durch die israelische Regierung zu unterstellen.

Die Behauptung, dass die Beklagte regelrecht berüchtigt für ihre antidemokratische Gesinnung und rassistischen Ausfälle sei, stelle eine rechtswidrige Meinungsäußerung mit schmähendem Charakter dar.

Die Äußerung sei ohne sachliches Anliegen getätigt worden. Es würden keinerlei tatsächliche Anknüpfungspunkte für die Schlussfolgerung genannt. Stattdessen gehe es dem Kläger allein darum, die Beklagte zu beleidigen und schlecht zu machen. Auch in einer Abwägung zwischen der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers und dem Persönlichkeitsrecht der Beklagten sei dem Persönlichkeitsrecht der Beklagten der Vorrang einzuräumen. Die Äußerung enthalte tatsächliche Elemente, die nachweislich unrichtig seien und bewusst falsch behauptet würden. Der Kläger wisse, dass die Beklagte weder antidemokratisch sei, noch rassistische Ausfälle habe. Er wisse auch, dass sie in der Öffentlichkeit keinen dahingehenden schlechten Ruf genieße. Einen solchen wolle er vielmehr erst kreieren.

Die Beklagte sei zudem nicht schon wegen polemischer und provozierender Beteiligung am öffentlichen Meinungskampf weniger schutzwürdig. Sie zeige vielmehr einen sachlichen Ansatz, wodurch sich ihre Äußerung in entscheidungserheblicher Weise von der klägerischen Äußerung unterscheide. Außerdem sei die E-Mail der Beklagten lediglich und ausschließlich an zwei Personen und nicht an die Öffentlichkeit im Rahmen eines Meinungskampfes gerichtet gewesen. Der Kläger selbst habe Kenntnis nur durch die Zuleitung durch die KKV Hansa e.V. München erlangt.

Für "rassistische Ausfälle" bleibe den Kläger jede Darlegung schuldig, ebenso für "regelrecht berüchtigt".

Der Kläger erwidert, es bestehe kein eigenständiges Feststellungsinteresse für den Widerklageantrag Ziffer 1, der dem Hauptsacheantrag gewissermaßen spiegelbildlich entspreche. Dem stehe schon das Verbot der doppelten Rechtshängigkeit entgegen.

Der angesprochene Boykottaufruf des BDS beziehe sich nur auf Waren und Dienstleistungen aus den besetzten Gebieten.

Begriffe wie Blockwart und dergleichen würden heutzutage durchaus abwertend als negative Zuschreibung für besonders verabscheuungswürdige Personen und deren Handlungen gebraucht. So habe auch der Kläger in dem konkreten Zusammenhang die Begriffe gebraucht. Indem er bestimmte Personen polemisch als Blockwarte bezeichnete, habe er seine harsche Kritik an diesen Personen zum Ausdruck gebracht, weil er sie mit einem (zur Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft anzutreffenden) Personentyp verglich, den er rundheraus ablehne. Hierin liege keine positive Haltung gegenüber derartigen Typen und Institutionen, sondern deren schroffe Ablehnung. In dieser Bedeutung werde der Begriff im heutigen Sprachgebrauch durchweg mit deutlich abwertendem Sinngehalt verwendet. Tatsächliche Antisemiten und Nazis würden keine derartigen Zuschreibungen für Personen/Personengruppen, die sie scharf kritisieren wollen, verwenden.

Indem er weibliche Angehörige der israelischen Regierung als Naziweiber tituliere, kritisiere er politische Missstände, nicht jedoch die Angehörigkeit der so geschmähten Personen zur Religion des Judentums.

Die Polemik in dem Beitrag vom 16.9.2016 (Anlage B 10) enthalte einen Versuch der Definition dessen, was antisemitisch und aus diesem Grund abzulehnen sei. Im Übrigen enthalte dieser Artikel eine weitere polemische Auseinandersetzung des Klägers mit dem Publizisten .... Hier werde gewissermaßen eine Privatfehde in der Öffentlichkeit ausgetragen. Über Angriffe auf Herrn ... hinaus enthalte dieser Artikel keine Darstellungen, welche Angehörigen des Judentums als solche hinabwürdigten.

Der Versuch, ein Berüchtigtsein nachträglich zu konstruieren, weil nach der Verhandlung und dem darauf folgenden Urteil im Eilverfahren eine gewisse Presseresonanz zu verzeichnen gewesen sei, sei untauglich. Maßgeblich sei nach wie vor der Zeitpunkt der inkriminierten, von der Beklagten getätigten Falschbehauptung.

Bei der Äußerung in dem Artikel vom 26.10.2016 handele es sich offenkundig um eine Retourkutsche und insofern um eine direkte Reaktion auf die Intervention der Beklagten, die Anlass für die vorliegende Streitigkeit gewesen ist.

Die von der Beklagten dem Begriff "Sayanim" zugrunde gelegte Übersetzung entspreche nicht dem tatsächlichen Sinngehalt. Tatsächlich bedeute der hebräische Begriff Sayan(im) übersetzt Gehilfe bzw. Helfer. Er werde mit unterschiedlichem Bedeutungsgehalt u.a. auch für Personen verwendet, die politische Anliegen des Zionismus und/oder des Staates Israel unterstützten. Keineswegs sei er auf die unterstellte Bedeutung im Sinn einer geheimdienstlichen Tätigkeit beschränkt. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass derartige Begriffe ohnehin stets auch mit einer gewissen Bedeutungsverschiebung im übertragenen Sinne gebraucht werden könnten. Eine analoge Entsprechung in der deutschen Sprache seien Begriffe wie Spitzel und Helfershelfer. Diese seien zweifellos negativ konnotiert, was im vorliegenden Fall auch bezweckt worden sei. Der Vorwurf einer ohnehin nicht beweisbaren Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst sei damit jedoch nicht verbunden.

Der Vorwurf der "antidemokratischen Gesinnung" und "der rassistischen Ausfälle" beziehe sich ausdrücklich nur auf die Tatsache, dass die genannten Personen wiederholt politische Gegner mit dem stets besonders schwerwiegenden Antisemitismusvorwurf brandmarkten, um sie in der politischen Diskussion ins Abseits zu stellen. Diesem Vorwurf sei erneut kein antisemitischer Inhalt beizumessen, weil er sich auf bestimmte Praktiken beziehe, nicht jedoch gegen Angehörige des Judentums als solche richte. Schon die Artikelüberschrift mache klar, dass das Judentum und der Staat Israel für den Kläger gerade nicht identisch seien.

Der Vorwurf einer "antidemokratischen Gesinnung" sei eine reine Meinungsäußerung, die in dem konkreten Zusammenhang ohne weiteres zulässig gewesen sei, zumal ausreichende Anknüpfungstatsachen vorgelegen hätten, welche in dem betreffenden Artikel erläutert würden. Der Kläger sei daran gehindert worden, von seiner Meinungsäußerungsfreiheit Gebrauch zu machen. Kernbestand einer demokratischen Gesinnung sei es, auch Andersdenkende zu Wort kommen zu lassen und sich mit deren politischen und weltanschaulichen Ansichten, seien sie auch noch so kritikwürdig oder gar "falsch" öffentlich auseinanderzusetzen. Es liege im Bereich des äußerungsrechtlich Erlaubten und stelle keine unzulässige Schmähkritik dar, es als antidemokratisch zu bezeichnen, dass die Beklagte auf Umwegen auf die Absage der Veranstaltung hingewirkt habe. Die Behauptung, die Beklagte "sei für ihre antidemokratische Gesinnung regelrecht berüchtigt" stelle zudem eine ironische Bezugnahme auf die zuerst von der Beklagten getätigte Äußerung dar.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet, die Widerklage ist in Ziff. 1 unzulässig und im Übrigen lediglich teilweise begründet.

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet, da die streitgegenständliche Äußerung in der E-Mail vom 23. September 2016 (Anlage K 2) an Herrn ... (cc. Generalvikar ...) den Kläger nicht rechtswidrig in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Er hat daher gemäß §§ 1004 analog, 823 I BGB keinen Anspruch auf Unterlassung der Äußerung durch die Beklagte.

1. Bei der streitgegenständlichen Äußerung handelt es sich um eine Meinungsäußerung. Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, dass bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vordergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist (vgl. BVerfG NJW 2000, 199, 200 m.w.N.). Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt sowie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden und sich deshalb nicht als wahr und unwahr erweisen lassen (BGH, Urteil vom 23.02.1999, VI ZR 140/98).

Der Beurteilung, ob jemand "für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt" ist, liegt eine Bewertung der Äußerungen des Klägers und der Rezeption dieser Äußerungen durch Dritte zugrunde, bei der die subjektive Sicht des sich Äußernden auf den so Beurteilten maßgeblich ist, so dass es sich um eine Meinungsäußerung handelt.

2. Nach einer von dem European Forum on Antisemitism (EFA) verwendeten "Arbeitsdefinition" ist Antisemitismus "eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen. Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein. Oft enthalten antisemitische Äußerungen die Anschuldigung, die Juden betrieben eine gegen die Menschheit gerichtete Verschwörung und seien dafür verantwortlich, dass "die Dinge nicht richtig laufen". Der Antisemitismus manifestiert sich in Wort, Schrift und Bild sowie in anderen Handlungsformen, er benutzt negative Stereotype und unterstellt negative Charakterzüge.

Aktuelle Beispiele von Antisemitismus im öffentlichen Leben, in den Medien, Schulen, am Arbeitsplatz und in der religiösen Sphäre können unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes folgende Verhaltensformen einschließen, ohne auf diese beschränkt zu sein:

• Der Aufruf zur Tötung oder Schädigung von Juden im Namen einer radikalen Ideologie oder einer extremistischen Religionsanschauung sowie die Beihilfe zu solchen Taten oder ihre Rechtfertigung.

• Falsche, entmenschlichende, dämonisierende oder stereotype Anschuldigungen gegen Juden oder die Macht der Juden als Kollektiv – insbesondere die Mythen über eine jüdische Weltverschwörung oder über die Kontrolle der Medien, Wirtschaft, Regierung oder anderer gesellschaftlicher Institutionen durch die Juden.

• Das Verantwortlichmachen der Juden als Volk für das (tatsächliche oder unterstellte) Fehlverhalten einzelner Juden, einzelner jüdischer Gruppen oder sogar von Nicht-Juden.

(...)

• Der Vorwurf gegenüber Juden, sie fühlten sich dem Staat Israel oder angeblich bestehenden weltweiten jüdischen Interessen stärker verpflichtet als den Interessen ihrer jeweiligen Heimatländer.

Beispiele von Antisemitismus im Zusammenhang mit dem Staat Israel und unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes können folgende Verhaltensformen einschließen, ohne auf diese beschränkt zu sein:

• Das Abstreiten des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z.B. durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen.

(...)

• Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik der Nationalsozialisten.

• Das Bestreben, alle Juden kollektiv für Handlungen des Staates Israel verantwortlich zu machen.

Allerdings kann Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar ist, nicht als antisemitisch betrachtet werden" (www.european-forum-on-antisemitism.org/working-definition-of-antisemitism/deutsch-german/).

Nach der Definition im Duden (www.duden.de/) bedeutet Antisemitismus Abneigung oder Feindschaft gegenüber den Juden.

Berüchtigt definiert der Duden als durch schlechte Merkmale, Eigenschaften, üble Taten [weithin] bekannt, gefürchtet; in einem schlechten Ruf stehend; verrufen.

Jemand, der "für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt" ist, ist also eine Person, die wegen ihrer Äußerungen, mit denen sie sich gegen jüdische Menschen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen, religiöse Einrichtungen oder den Staat Israel als jüdisches Kollektiv wendet und dabei beispielsweise falsche oder stereotype Anschuldigungen gegen Juden gebraucht oder Aufrufe zur Tötung von Juden rechtfertigt, verrufen und bekannt ist.

Ob die Äußerungen einer Person dem entsprechen und ob diese Person für diese Äußerungen (weithin) bekannt ist, ist maßgeblich von der Wertung des sich dazu Äußernden geprägt und damit Meinungsäußerung.

3. Meinungsäußerungen stehen grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre Qualität, insbesondere ihre Richtigkeit unter dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG und dürfen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen, etwa wenn sie beleidigenden oder schmähenden Charakter haben, untersagt werden. Eine Äußerung nimmt den Charakter einer Schmähung erst dann an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person des Gegners im Vordergrund steht und sie jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der Herabsetzung der Person des Gegners besteht; eine für den Betroffenen herabsetzende Wirkung reicht nicht aus (vgl. BGH VI ZR 14/07; VI ZR 51/99; VI ZR 276/99; VI ZR 298/03; BVerfGE 82, 272, 284; 93, 266, 294; BVerfG NJW 1991, 95, 96; 1991, 1475, 1477; 1993, 1462; 2003, 3760; 2004, 590, 591; 2013, 3021; Az: 1 BvR 444/13).

Eine solche Schmähung ist die streitgegenständliche Äußerung wegen des offensichtlichen Sachbezuges in der streitgegenständlichen E-Mail nicht.

Es ist daher geboten, bei der Entscheidung über den Unterlassungsantrag zwischen dem Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG und dem in Art. 5 Abs. 1 GG verankerten Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung abzuwägen. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (BGH, Urteile vom 9. Dezember 2003 – VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523 m.w.N.; vom 20. April 2010 – VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 – Onlinearchiv II; vom 20. April 2010 – VI ZR 245/08).

Die Charakterisierung des Klägers als jemand, der für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt ist, kann eine Beleidigung im Sinne von § 185 StGB und eine Beschreibung sein, die geeignet ist, das Persönlichkeitsrecht des Klägers in erheblicher und weitgehender Weise zu verletzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade vor dem Hintergrund der Verbrechen der Nazidiktatur und des Holocaust sowie des hierdurch geprägten Lebenslaufs beider Parteien die Charakterisierung des Klägers als eines Menschen jüdischer Herkunft, der für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt ist, in besonderer Weise geeignet ist, den so Bezeichneten herabzuwürdigen und in seiner Ehre zu verletzen.

In der gebotenen Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers und der Meinungsäußerungsfreiheit der Beklagten ist daher entscheidend, ob die Beklagte über ausreichende Anhaltspunkte und Anknüpfungstatsachen verfügt, aus denen sich entnehmen lässt, dass der Kläger für Äußerungen bekannt ist, aus denen sich eine antisemitische Überzeugung oder Einstellung des Klägers in dem unter Ziffer 2. geschilderten Sinne entnehmen lässt.

4. Die von der Beklagten vorgetragenen Äußerungen und Handlungen des Klägers, auf die sich die Beklagte beruft, bieten zur Überzeugung des Gerichts ausreichende Anknüpfungstatsachen dafür, dass die Beklagte den Kläger als für seine antisemitischen Äußerungen berüchtigt beurteilen konnte.

a) Der von dem Kläger auf der Internetseite "Das Palästina Portal" im Zusammenhang mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Frau ... 2009 veröffentlichte Beitrag mit der Überschrift "Wo Hass keine Grenzen kennt" Jagdaktionen gegen ... (Anlage B 5), enthält zumindest eine Äußerung des Klägers, die entsprechend der unter Ziff. 2. dargestellten Definition als antisemitisch beurteilt werden kann.

In diesem Beitrag bezeichnete der Kläger Bedienstete des israelischen Außenministeriums als "Blockwarte", die Siedlungen in der Westbank und dem Gazastreifen als "Ghettos".

Da der Begriff Ghetto als Bezeichnung für jüdische Wohnviertel bereits lange vor der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten gebräuchlich war, ist dieser Begriff, gleichwohl sie ihn für ihre Zwecke vereinnahmten, nicht dem Nazijargon zuzurechnen, auch wenn die Nationalsozialisten die jüdischen Ghettos dazu missbrauchten, die europäischen Juden dort einzusperren und auszuhungern, bevor Überlebende in Vernichtungslager deportiert wurden. Da Gegenstand des Artikels die Verteidigung der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an die lange in Israel tätige jüdische Rechtsanwältin ... war, kann aus der Verwendung des Begriffs Ghetto nicht auf eine judenfeindliche Einstellung des Klägers geschlossen werden. Hinzu kommt, dass der Begriff im heutigen Sprachgebrauch nicht mehr ausschließlich zur Bezeichnung jüdischer Wohnviertel verwendet wird, sondern im übertragenen Sinne auch für Stadtviertel mit einer ausgeprägten abweichenden sozialen und ethnischen Struktur verwandt wird.

Etwas anderes gilt jedoch für die Bezeichnung der Bediensteten des israelischen Außenministeriums als "Blockwarte". Dieser Begriff wurde für rangniedere Funktionäre der NSDAP wie auch ihrer Nebenorganisationen verwandt, die als Propagandisten für nationalsozialistische Ideologien auftraten und die Bewohner der ihnen zugeteilten Blocks bespitzelten. Ein Gebrauch dieser Bezeichnung vor der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ist dem Gericht weder bekannt noch vorgetragen. Auch in dem Zusammenhang, in dem der Kläger den Begriff konkret einsetzt, drängt sich auf, dass auf die Blockwarte der NSDAP angespielt werden sollte. Soweit der Kläger schreibt:

"(...) Und dann taucht wie immer dieser unsägliche Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, dieser bezahlte Israel-Lobbyist von Jerusalems Gnaden, ... auf der auch noch seinen Senf dazugeben muss. "I cannot see what Ms. ... has done for the state of Israel", oh Gott, was für eine Heuchelei und was für ein Unsinn. Ms. ... lebte mehr als 40 Jahre in Israel und hat dort fast 30 Jahre als Anwältin gearbeitet. Da wird sie doch das Recht haben Kritik zu üben. Jedenfalls ist sie kompetenter über Israel zu reden, als dieser Hobby-Israeli, der nur das gesehen hat und sieht, was ihm die Blockwarte des Außenministeriums gezeigt haben. Hat er nicht mit deutschen Steuergeldern durch die Adenauer-Stiftung zur Unterdrückung der Palästinenser mit beigetragen? Hat dieser Lobbyist jemals die Ghettos in Gaza und der Westbank besucht? Wer fragt denn diesen Wichtigtuer ...? Seit wann kann er beurteilen wer was für Israel getan hat oder nicht? Wer ist er denn? Der Vorsitzende eines Lobbyistenclubs, dessen einzige Aufgabe es ist, als verlängerter Arm der israelischen Propaganda, zu allem Ja und Amen zu sagen, was aus der Hauptstadt Jerusalem kommt. (...)" (Hervorhebung durch das Gericht)

Damit stellt der Kläger unter der Verwendung eines nationalsozialistisch geprägten Begriffes die Mitarbeiter des israelischen Außenministeriums als Personen dar, welche Propaganda für die israelische Regierung machen. Damit ist es durchaus gerechtfertigt, diese Äußerung als antisemitisch zu beurteilen.

Soweit der Kläger einwendet, eine Beurteilung der Äußerung als antisemitisch sei abwegig, da Begriffe wie Blockwart heutzutage durchaus abwertend als negative Zuschreibung für besonders verabscheuungswürdige Personen und deren Handlungen gebraucht würden, ändert dies nichts daran, dass die Verwendung des Begriffs im konkreten Zusammenhang als antisemitisch verstanden werden konnte. Es mag sein, dass der Kläger durch die polemische Bezeichnung bestimmter Personen als Blockwarte seine harsche Kritik an diesen Personen zum Ausdruck bringen wollte, weil er sie mit einem (zur Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft anzutreffenden) Personentyp verglich, den er rundheraus ablehnt, und dass der Begriff im heutigen Sprachgebrauch durchweg mit deutlich abwertendem Sinngehalt verwendet wird. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Kläger Mitarbeiter des Außenministeriums des Staates Israel mit einem von den Nationalsozialisten geprägten Begriff belegt und so einen Zusammenhang herstellt zwischen der Politik des Staates Israel und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, auch wenn dies nicht seine Absicht gewesen sein mag.

Die Beurteilung dieser Äußerung des Klägers durch die Beklagte als antisemitisch ist somit gerechtfertigt.

b) Die Teilnahme des Klägers als Gastredner auf der Veranstaltung "Palestinians in Europe Conference" und seine dort gehaltene Rede (Anlage B 6) lassen sich ebenfalls als antisemitisch beurteilen.

Der Kläger hat nicht bestritten, dass die an dieser Veranstaltung teilnehmenden Organisationen wie das "Palestine Return Center London" und die "Palästinensische Gemeinschaft Deutschland e.V." Verbindungen zur Hamas aufweisen und Hamas-Anhänger zu ihren Mitgliedern zählen und die Hamas unterstützen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2017 unstreitig gestellt, dass auf den Demonstrationen, die den Zentralrat der Juden zu seiner Stellungnahme zu den judenfeindlichen Parolen veranlasst hatten und auf die der Kläger in seiner Rede Bezug nahm, von den Demonstranten Parolen wie "Jude, Jude feiges Schwein, komm’ heraus und kämpf’ allein!", "Scheiß-Juden, wir kriegen euch!" und "Hamas, Hamas, Juden ins Gas" gebrüllt wurden und dass er dies im Zeitpunkt seiner Rede wusste. Wenn der Kläger dann in seiner auf dieser Veranstaltung gehaltenen Rede ausführt:

"(...) Die Parolen waren aber nicht "judenfeindlich" sondern schlimmstenfalls anti-israelisch, anti-zionistisch und ein Ausdruck von Wut, des Zorns und Verzweiflung angesichts des Massenmordes an ihren Freunden und Verwandten in Gaza. Vergessen wir nicht, das es insgesamt mehr als 2100 Tote und mehrere Tausend Verletzte gegeben hat und zigtausend Obdachlose, weil tausende von Häusern zerstört worden sind. Eine durchaus verständliche Reaktion, für die sich keiner entschuldigen muss. (...)",

dann rechtfertigt er den Aufruf zur Tötung oder Schädigung von Juden im Namen einer radikalen Ideologie oder einer extremistischen Religionsanschauung und das Verantwortlichmachen der Juden als Volk für das (tatsächliche oder unterstellte) Fehlverhalten einzelner Juden oder jüdischer Gruppen und erfüllt damit jedenfalls zwei Beispiele für aktuellen Antisemitismus, wie sie von der EFA explizit aufgeführt werden und wie auch die Kammer den Begriff (s.o. 2. a.E.) versteht.

Dass mit der Aufforderung, Juden zu töten und den anderen skandierten Parolen, eine (extrem) feindselige Gesinnung Juden und dem jüdischen Volk gegenüber zum Ausdruck gebracht wird, unterliegt keinem Zweifel. Die Rechtfertigung eines solchen Verhaltens kann ohne jeden Zweifel als antisemitisch beurteilt werden.

c) Auch soweit der Kläger in derselben Rede die Haltung des Zentralrats der Juden zu Artikeln in der "Jüdischen Allgemeinen Zeitung" mit der Haltung der nationalsozialistischen Führung gegenüber Artikeln im "Völkischen Beobachter" vergleicht, indem er sagt:

"Für die rassistischen Reaktionen in der Redaktion der jüdischen Zeitung, die vom Zentral offensichtlich gedeckt werden und für die demnach kein anderer als der Zentralratsvorsitzende ... verantwortlich ist, müsste sich der Zentralrat sehr wohl, sehr dringend und in vollem Umfang entschuldigen, und die Entschuldigung auf der ersten Seite drucken. Der Zentralrat wird es aber nicht tun, weil er zu schwach und zu feige ist und versucht, seine Hände in Unschuld zu waschen, wie die Führung der Nazis sich auch niemals für die Ausfälle des "Völkischen Beobachters" entschuldigt hat.",

ist eine Beurteilung diese Äußerung als antisemitisch gerechtfertigt. In seiner Äußerung stellt der Kläger den Zentralrat der Juden, der nach den Ausführungen des Klägers in seiner Rede die "Jüdische Allgemeine Zeitung" herausgibt, mit der Führung der Nationalsozialisten gleich und bedient sich des Nazijargons in Bezug auf jüdische Menschen und Organisationen, er vergleicht die Funktionen und Aufgaben des Zentralrats der Juden mit (nicht wahrgenommenen) Aufgaben der Führung der Nationalsozialisten, verantwortlich für die millionenfache Ermordung von Juden.

d) Soweit der Kläger in der E-Mail vom 28.11.2016 (Anlage B 13) an den Europakorrespondenten der Zeitung Jerusalem Post, Herrn ..., die (jüdischen) Frauen im Kabinett der israelischen Regierung als Naziweiber bezeichnet, stellt er diese mit weiblichen Nationalsozialisten gleich, was als antisemitisch verstanden werden kann (s.o. 4. a)). Dass der Kläger, was sich aus der konkreten E-Mail jedoch nicht erschließt, angibt, er habe politische Missstände kritisieren nicht jedoch die Angehörigkeit der geschmähten Person zur Religion des Judentums angreifen wollen, mag sein, ändert jedoch nichts daran, dass diese Äußerung als antisemitisch beurteilt werden darf.

e) Auch die Äußerungen des Klägers in dem Beitrag vom 16. September 2016 "Hass-Fabrik" HAWK? (Anlage B 10), in dem es u.a. heißt:

"... war ein folgsamer Beamter, der die Befehle ausgeführt hat, die man ihm erteilt hatte. Hätte man ihm befohlen, blonde Frauen einzusammeln und in Todeslager zu verfrachten, er hätte es auch gemacht, und wenn man ihm befohlen hätte, Schwarze oder Chinesen in Züge zu stecken und nach Auschwitz zu fahren, er hätte es auch gemacht. ... war ein Verbrecher und das wiegt schwerer als die Frage, ob er auch Antisemit war.

Es ist deshalb auch absolut falsch und dumm zu behaupten, wie es ... tut, der Antisemitismus sei Bestandteil der DNA der Deutschen. Auch Hass auf Araber liegt nicht in der DNA der Israelis und der Juden erst recht nicht. Dass Deutsche trotzdem das getan haben, was sie taten, ist das Ergebnis politischer Verführung und Gehirnwäsche. In Israel ist es genauso.

Wenn aber jemand glaubt "Die Juden sind unser Unglück" oder wenn jemand unbedingte will, dass "Juda verrecke", dann kann man von pathologischen bzw. emotionalen Judenhass reden. Das ist die gefährliche Variante die wir bekämpfen müssen, die wir ablehnen müssen.",

können ohne weiteres als antisemitisch aufgefasst werden. Indem der Kläger unter Bezugnahme auf ... und dessen Verbrechen die Greueltaten der Nationalsozialisten und ihre Ursache mit der Einstellung der Israelis zu der israelischen (Siedlungs-) Politik und deren Ursache (jeweils Gehirnwäsche und politische Verführung) vergleicht, stellt wiederum die israelische Regierung und die nationalsozialistische Führung auf eine Stufe, was durchaus als Hass auf die Juden verstanden werden kann.

Dass der Kläger im nächsten Absatz seine Definition von Antisemitismus darlegt, vermag daran nichts zu ändern, da er insoweit einen sehr eingeschränkten Begriff zugrundelegt, der deutlich enger gefasst ist als die übliche Definition von Antisemitismus.

f) Soweit der Kläger in demselben Beitrag schreibt:

"Und wenn ... meint, dass man in einem Bericht von Juden über Auschwitz, nicht die Sichtweise der Waffen-SS übernehmen kann. Damit hat er allerdings vollkommen Recht, genau wie man in einem Bericht über die Nakba aus Sicht der Opfer, der Palästinenser, nicht auch die Sicht der Täter, der Israelis übernehmen kann. Das nennen er und seine Anhänger einseitig. Aber, wie gesagt, einseitig ist nicht verboten.",

kann dies durchaus so verstanden werden, dass er die Israelis im Hinblick auf die Nabka (wohl Flucht/Vertreibung der Palästinenser 1948) mit der Waffen-SS gleichsetzt, was als antisemitisch aufgefasst werden kann.

Dem Kläger ist zuzugeben, dass er sich in diesem Artikel vor allem mit dem Publizisten ... und dessen Ansichten/Äußerungen in polemischer Art und Weise auseinandersetzt. Die von der Beklagten angeführten Passagen und ihr unmittelbarer Zusammenhang lassen trotzdem die Beurteilung dieser Äußerungen als antisemitisch zu, da sie durchaus so verstanden werden können, dass sie sich gegen Juden und den jüdischen Staat als Heimstatt des jüdischen Volkes richten.

Es kann dahinstehen, ob auch die weiteren zitierten Äußerungen des Klägers als antisemitischen verstanden werden können. Die unter Ziff. 4 a) bis f) angeführten Äußerungen bieten jedenfalls eine ausreichende Grundlage dafür, Äußerungen des Klägers als antisemitisch zu verstehen. Insbesondere die Rechtfertigung der auf den Demonstrationen des Jahres 2014 skandierten Parolen "Jude, Jude feiges Schwein, komm’ heraus und kämpf’ allein!", "Scheiß-Juden, wir kriegen euch!" und "Hamas, Hamas, Juden ins Gas" sowie der Vergleich des Zentralrats der Juden mit der Führung der Nationalsozialisten im Hinblick auf Artikel in der Jüdischen Allgemeinen Zeitung lassen kaum eine andere Deutung zu.

5. Angesichts der Tatsachen, dass der Kläger seine Ansichten in der Rede auf der "Palestinians in Europe Conference" vor einer Vielzahl von Menschen äußerte, seine Beiträge in seinem Internet-Blog in der Tat eine umfangreiche Resonanz finden und die Einladung des Klägers zu der Veranstaltung "Palestinians in Europe Conference" ihre Ursache darin hatte, dass die Ansichten des Klägers den Veranstaltern bekannt waren, konnte die Beklagte zu der Überzeugung gelangen, der Kläger sei für seine Ansichten bekannt. Dass sie seine Ansichten ablehnt und negativ beurteilt und daher die Bekanntheit des Klägers dafür als "berüchtigt sein" beschreibt, ist eine zulässige Bewertung und Meinungsäußerung.

Damit überwiegt in der Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers und der Meinungsäußerungsfreiheit der Beklagten die letztere. Die Äußerung, die geeignet ist das Persönlichkeitsrecht des Klägers zu verletzen, war nicht rechtswidrig, da die Beklagte über eine ausreichende Beurteilungsgrundlage für ihre Beurteilung verfügt und zur Begründung ihrer Beurteilung auf das Verfahren zwischen dem Kläger und ... vor dem OLG Frankfurt Bezug nimmt und damit eine, wenn auch knappe Begründung liefert. Der Kläger hat somit gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung der Äußerung.

Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, sich öffentlich mit dem Kläger auseinanderzusetzen, sondern durfte ihre Meinung in der streitgegenständlichen E-Mail dem Vorsitzenden des Vereins mitteilen, in dessen Räumlichkeiten die Veranstaltung stattfinden sollte, auf der der Kläger vortragen wollte. Dass die Beklagte dabei die Zielrichtung verfolgte, die Veranstaltung zu verhindern, ist der E-Mail ohne weiteres zu entnehmen. Die Beklagte darf ihre Reputation und ihre Position als Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde einsetzen, um ihre Meinung zu Veranstaltungen und Vortragenden zu äußern, die sie als antisemitisch beurteilt, soweit sie über eine ausreichende Grundlage verfügt. Da dies vorliegend der Fall war, ist ein Unterlassungsanspruch nicht gegeben.

II.

Der Antrag der Beklagten ist in Ziffer 2. unzulässig und im Übrigen nur begründet, soweit die Beklagte die Unterlassung der Äußerung, sie sei "regelrecht berüchtigt für ihre (...) rassistischen Ausfälle", begehrt.

1. Die Klage ist unzulässig, soweit die Beklagte die Feststellung beantragt, dass sie dem Kläger gegenüber bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung des Landgerichts München I vom 21.11.2016, Aktenzeichen 25 O 17754/16, nicht dazu verpflichtet war, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß gegenüber Dritten zu behaupten: "... ist für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt.", wie dies in der E-Mail der Beklagten vom 23.9.2016 geschehen ist.

Da im Zeitpunkt der Erhebung der Feststellungsklage die auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtete Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage bereits rechtshängig war, fehlt das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse.

Das erfolgreiche Geltendmachen eines Unterlassungsanspruchs setzt materiell-rechtlich voraus, dass die hinreichend konkrete Gefahr einer zukünftigen Rechtsverletzung besteht. Beurteilt wird die Frage des Vorliegens der Begehungsgefahr für den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Dabei muss die Rechtsverletzung für die Zukunft ernsthaft, das heißt mit großer Wahrscheinlichkeit zu besorgen sein (v. Hütten in Götting/Scherz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 47 Rz 9), wobei nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ein rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht eine Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr begründet. Es muss daher entweder eine Wiederholungsgefahr bestehen, weil die Äußerung bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgte, rechtswidrig war, oder weil sie sich aus dem späteren Verhalten der Beklagten ergibt (BGH, Urteil vom 27. Januar 1998 – VI ZR 72/97 – Rn. 27, juris).

Soweit die Beklagte und Widerklägerin also festgestellt haben will, dass der mit der Leistungsklage geltend gemachte Unterlassungsanspruch bereits im Zeitpunkt des Urteils im Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung, Az. 25 O 17754/16, nicht bestand, steht auch dem die Leistungsklage entgegen, da zur Begründung der erforderlichen Wiederholungsgefahr die Rechtswidrigkeit der Äußerung bezogen auf den Zeitpunkt der Versendung der E-Mail ist zu prüfen ist.

Darüber hinaus handelt es sich bei dem rein zeitlichen Aspekt der begehrten Feststellung nicht um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, so dass auch aus diesem Grund die Feststellungsklage unzulässig ist. Keinesfalls darf das Fehlen eines Rechtsverhältnisses durch ein allgemeines Klärungsinteresse überspielt werden. Ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 I ZPO besteht grundsätzlich nur, wenn dem subjektiven Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte es ernstlich bestreitet oder er sich eines Rechts gegen den Kläger berühmt, und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH NJW 2010, 1877; 86, 2507). Diese Aspekte sind jedoch Gegenstand der Leistungsklage, so dass daneben eine Feststellungsklage nicht zulässig ist.

2. Soweit die Beklagte und Widerklägerin es begehrt, dem Kläger und Widerbeklagten zu untersagen, sie wörtlich oder sinngemäß als Sayanim zu bezeichnen, steht ihr ein solcher Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 analog BGB nicht zu, da eine rechtswidrige Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts nicht gegeben ist.

Am 26.10.2016 veröffentlichte der Kläger einen Internetbeitrag mit dem Titel "Jüdische Chuzpe wird nur noch von israelischer Chuzpe (Unverfrorenheit) übertroffen" (Anlage B 12), in dem es auszugsweise heißt:

"Erst vor kurzem haben wir es in München erlebt, als die Präsidenten der dortigen jüdischen Gemeinde den Vortrag eines jüdischen Referenten verhinderte, indem sie per Rundschreiben mitgeteilt hatte: "Speziell der (jüdische) Hauptreferent ... ist für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt". ... und ... und andere Sayanim sind auch "regelrecht berüchtigt" für ihre antidemokratische Gesinnung und rassistischen Ausfälle. Das müssen aber andere ertragen."

a) Bei dieser Äußerung handelt es sich um eine Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung, da in ihr die Sicht und die Bewertung des Klägers auf und über die Beklagte im Vordergrund steht und nicht eine Tatsachenbehauptung, die einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (vgl. dazu oben I. 1.).

b) Um zu ermitteln, ob die Äußerung geeignet ist, das Persönlichkeitsrecht der Beklagten rechtswidrig zu verletzen, ist es zunächst erforderlich, den Sinn der Äußerung zu ermitteln.

Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Ziel der Deutung ist stets, den objektiven Sinngehalt zu ermitteln. Dabei ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden maßgeblich noch das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern das Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer oder Zuschauer erkennbar sind. Hingegen wird die isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht (BGH VI ZR 204/04, vgl. BVerfGE 93, 266, 295; BGH VersR 1997, 842, 843 m.w.N.; VersR 2004, 343, 344).

c) Nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag beider Parteien bedeutet der Begriff Sayanim wörtlich übersetzt Zuarbeiter, Gehilfe bzw. Helfer. Ebenso unstreitig wird der Begriff darüber hinaus mit unterschiedlichem Bedeutungsgehalt u.a. auch für Personen verwendet, die politische Anliegen des Zionismus und/oder des Staates Israel unterstützen, wobei in diesem Zusammenhang auch eine Verwendung des Begriffes für freiwillige jüdische Kollaborateure des israelischen Auslandsgeheimdienstes, also im Sinn einer geheimdienstlichen Tätigkeit in Betracht kommt.

Soweit nach dem Verständnis eines unbefangenen verständigen Lesers die Bezeichnung der Beklagten durch den Kläger in der letztgenannten Bedeutung erfolgte, käme eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Beklagten in Betracht. Ob dies der Fall ist, ist durch eine Sinndeutung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zu ermitteln.

Bei gerichtlichen Entscheidungen über die Unterlassung zukünftiger Äußerungen ist im Rahmen der rechtlichen Zuordnung von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz zu berücksichtigen, dass der Äußernde die Möglichkeit hat, sich in der Zukunft eindeutig auszudrücken und damit zugleich klarzustellen, welcher Äußerungsinhalt der rechtlichen Prüfung einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu Grunde zu legen ist. An diesen Inhalt werden die für die Abwägung bei Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch Werturteile oder Tatsachenbehauptungen in der Rechtsprechung entwickelten Prüfkriterien und Abwägungsmaßstäbe angelegt. Handelt es sich bei der Äußerung um eine Tatsachenbehauptung, wird entscheidend, ob der Wahrheitsbeweis gelingt. Bei Werturteilen wird maßgebend, ob sie als Schmähung, Formalbeleidigung oder Verletzung der Menschenwürde anzusehen und deshalb zu unterlassen sind oder, wenn dies zu verneinen ist, ob sie im Rahmen einer Abwägung dem Persönlichkeitsschutz vorgehen (vgl. BVerfGE 90, 241; 93, 266).

Ist der Äußernde nicht bereit, der Aussage einen eindeutigen Inhalt zu geben, besteht kein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund, von einer Verurteilung zum Unterlassen nur deshalb abzusehen, weil die Äußerung mehrere Deutungsvarianten zulässt, darunter auch solche, die zu keiner oder nur einer geringeren Persönlichkeitsverletzung führen. Der Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht sind vielmehr alle nicht entfernt liegenden Deutungsvarianten zu Grunde zu legen, die dieses Recht beeinträchtigen (Stolpe-Beschluss, BVerfG v. 25.10.2005, Az: 1 BvR 1696/98).

d) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die von der Beklagten vorgetragene Sinndeutung der Äußerung des Klägers, nämlich dass dieser den Begriff in seiner Bedeutung als Beschreibung eines freiwilligen jüdischen Kollaborateurs des israelischen Auslandsgeheimdienstes verwendet hat und damit über die Beklagte behauptet, sie sei eine Zuarbeiterin eines ausländischen Geheimdienstes, namentlich des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, fernliegend.

Der Beitrag, in dem die streitgegenständliche Äußerung enthalten ist, beschäftigt sich zunächst mit einer Aufforderung des israelischen Botschafters an den Regierenden Bürgermeister von Berlin ihm mitzuteilen, wie er die Veranstalter eines palästinensischen Kulturfestivals zur Rechenschaft ziehen werde, weil auf dem Festival Israel kritisiert wurde, in Bezug auf die Meinungsfreiheit. Von diesem Ausgangspunkt zieht der Kläger einen Bogen zu einer Äußerung von Sigmar Gabriel bei einem Besuch im März 2012 in Israel und der diesbezüglichen Kritiker des damaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland. Dann folgt die Passage mit der streitgegenständlichen Äußerung. Anschließend beschäftigt sich der Beitrag wieder mit den Äußerungen auf dem Kulturfestival.

In diesem Zusammenhang versteht der unbefangene Leser, soweit er ihn überhaupt kennt, die Verwendung des Begriffs Sayanim als für Personen stehend, die politische Anliegen des Staates Israel unterstützen, was der Kläger nicht gutheißt. Ein Bezug zu einer Unterstützung des Mossad oder zu freiwilligen jüdischen Kollaborateuren des israelischen Auslandsgeheimdienstes erschließt sich dem unbefangenen Leser jedoch nicht. Für eine solche Auslegung fehlen jedwede Anhaltspunkte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass auf der Internetseite des Klägers sich ein anderer Beitrag mit dem Titel "Die Sayanim – Schattenkrieger des Mossad" (Anlage B 25, vom 01.05.2015) findet, da auf diesen Beitrag in keiner Weise Bezug genommen wird. Es handelt sich daher nicht um einen Begleitumstand, der für den Leser erkennbar ist, zumal beide Beiträge ca. 1 1/2 Jahre auseinanderliegen. Die von der Beklagten angenommene Auslegung ist daher fernliegend.

Da die Beklagte unstreitig die Anliegen des Staates Israels unterstützt, verletzt die Verwendung des Begriffes Sayanim ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht nicht in rechtswidriger Weise. In der gebotenen Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers, überwiegt letztere. Dass der Kläger die Überzeugungen der Beklagten nicht teilt und zumindest teilweise heftig ablehnt und dies durch seine Wortwahl zum Ausdruck bringt, muss die Beklagte hinnehmen.

3. Die Beklagte hat gegen den Kläger einen Anspruch auf Unterlassung der Äußerung sie sei "regelrecht berüchtigt für ihre (...) rassistischen Ausfälle", die Äußerung sie sei "regelrecht berüchtigt für ihre antidemokratische Gesinnung" muss sie hingegen hinnehmen.

Bei der streitgegenständlichen Äußerung handelt es sich um eine Meinungsäußerung, mit der der Kläger das Verhalten der Beklagten be- und verurteilt, und nicht um eine Tatsachenbehauptung. Wie ausgeführt, ist die Äußerung in ihrem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, wobei für die Ermittlung des Aussagegehalts der Äußerung darauf abzustellen ist, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird. Eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils ist regelmäßig nicht zulässig, sondern es sind auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 139, 95, 102).

Wenn man unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe den Absatz betrachtet, in dem die streitgegenständliche Äußerung enthalten ist, so erschließt sich dem unvoreingenommenen Durchschnittsleser, dass der Kläger mit seiner Formulierung auf die Äußerung der Beklagten über den Kläger in der E-Mail vom 23.09.2016 (Anlage K 2) Bezug nimmt und diese zitiert. Es handelt sich um eine offensichtliche, polemisch formulierte Retourkutsche für die Äußerung der Beklagten, die letztlich den Vortrag des Klägers erfolgreich verhindert hat.

a) Die Ausführungen des Klägers, er sei von der Beklagten durch die E-Mail vom 23. September 2016 daran gehindert worden, von seiner Meinungsäußerungsfreiheit Gebrauch zu machen, was den Kernbestand einer demokratischen Gesinnung, nämlich auch Andersdenkende zu Wort kommen zu lassen, verletze, sind geeignet eine ausreichende Tatsachengrundlage für seine Äußerung, die Beklagte sei für ihre anti-demokratische Gesinnung regelrecht berüchtigt, zu bilden. Es ist zutreffend, dass die Beklagte eine direkte Konfrontation mit dem Kläger nicht zugelassen hat, sondern ohne dessen Einbeziehung und ohne ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme zu geben, auf die Absage der Veranstaltung hingewirkt hat. Ein solches Verhalten als antidemokratisch zu bezeichnen, liegt im Bereich des äußerungsrechtlich Erlaubten und stellt keine unzulässige Schmähkritik dar, da ein ausreichender Sachbezug gegeben ist.

Auch in der gebotenen Abwägung zwischen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers überwiegt insoweit die Meinungsäußerungsfreiheit. Durch die von dem Kläger gewählte Art der Formulierung mit der er die Beklagte wörtlich zitiert und ihre eigene Formulierung gegen sie wendet, um sie und ihr Vorgehen zu kritisieren, wird deutlich, dass es sich um eine polemische Reaktion auf das Verhalten der Beklagten handelt, die diese hinnehmen muss, da ihr eigenes Verhalten gegenüber dem Kläger diesem ausreichende Anhaltspunkte für diese Bewertung gegeben hat.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte die öffentliche Konfrontation mit dem Kläger gerade nicht gesucht, sondern sich darauf beschränkt hat, eine E-Mail an zwei Personen zu schreiben. Es ist das Recht des Klägers, das Vorgehen der Beklagten öffentlich zu machen und öffentlich darauf zu reagieren. Er ist nicht verpflichtet, stillschweigend hinzunehmen, dass er "hinter seinem Rücken" und ohne, dass ihm eine Einflussmöglichkeit eingeräumt wurde, daran gehindert wurde, einen Vortrag zu halten. Die Beklagte kann sich insoweit gerade nicht darauf berufen, dass sie den öffentlichen Meinungskampf gerade nicht gesucht hat. So wie der Kläger hinnehmen muss, dass die Beklagte ihre Meinung über ihn per E-Mail Personen mitteilt, die eine den Kläger betreffende Entscheidung zu treffen haben, so muss die Beklagte hinnehmen, dass der Kläger diese öffentlich macht und seine Meinung diesbezüglich öffentlich kundtut.

b) Soweit der Kläger der Beklagten in seiner Äußerung rassistische Ausfälle unterstellt, hat er keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen, die eine solche Beurteilung der Beklagten rechtfertigen würden. Auch die E-Mail der Beklagten, auf die der Kläger mit seiner Äußerung reagiert, lässt keinerlei Rückschlüsse auf ein entsprechendes Verhalten der Beklagten zu.

Bei der Äußerung, die Beklagte sei für ihre rassistischen Ausfälle regelrecht berüchtigt, handelt es sich nach den oben dargestellten Grundsätzen um eine Meinungsäußerung, die geeignet ist, das Persönlichkeitsrecht der Beklagten zu verletzen. Aufgrund des ausreichenden Sachbezugs der Äußerung ist diese nicht bereits als Schmähkritik unzulässig. Aus der Äußerung ergibt sich, wie ausgeführt, dass der Kläger mit dieser Äußerung auf die E-Mail der Beklagten vom 23.9.2016 und die darin enthaltene Äußerung über den Kläger reagiert. Da der Kläger insoweit seine Kritik und seine Verärgerung über das Verhalten der Beklagten zum Ausdruck bringen will und darf, ist ein ausreichender Sachbezug gegeben, so dass nicht die Diffamierung der Beklagten im Vordergrund steht und die Äußerung nicht jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der Herabsetzung der Person der Beklagten besteht, zumal eine für den Betroffenen herabsetzende Wirkung für die Annahme einer Schmähung nicht ausreichend ist.

Da der Vorwurf rassistischer Ausfälle geeignet ist, den Tatbestand der Verleumdung oder der Beleidigung zu erfüllen, kommt es in der gebotenen Abwägung zwischen der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers und dem Persönlichkeitsrecht der Beklagten darauf an, ob die Beklagte dem Kläger eine für diese Beurteilung ausreichende Grundlage geboten hat. Hierzu fehlt jeglicher Sachvortrag des Klägers. Die E-Mail, auf die der Kläger reagiert, stellt keine geeignete Grundlage dafür dar, die Beklagte rassistischer Ausfälle zu bezichtigen. Auch ansonsten hatte der Kläger nichts vorgetragen, was eine solche Beurteilung der Beklagten begründen könnte.

Da der Meinungsäußerung des Klägers damit jegliche Tatsachengrundlage fehlt, überwiegt in der insoweit gebotenen Abwägung zwischen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers das Persönlichkeitsrecht der Beklagten.

Die Äußerung des Klägers ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechts zum Gegenschlag gerechtfertigt. Damit wird das Recht bezeichnet, auf öffentlich erhobene ehrkränkende Vorwürfe mit der Wiedergabe der eigenen Sachdarstellung auch gegenüber Meinungsmultiplikatoren wie Presse, Rundfunk etc. zu reagieren, ohne dass dem Angegriffenen, der die Wahrheit der gegen ihn gerichteten Behauptungen leugnet, der Beweis der Richtigkeit seiner Darstellung obläge. Voraussetzung für eine solche Berechtigung ist aber, dass die Auseinandersetzung noch aktuell ist und dass die "Gegenschlags-Äußerungen" sich als Verteidigung gegen die in diesem Zusammenhang erhobenen öffentlichen Vorwürfe darstellen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 22. Oktober 2014 – 6 U 152/13 – Rn. 64, juris).

Eine solche Situation bestand im Streitfall jedoch nicht. Die Beklagte hatte sich gerade nicht öffentlich über den Kläger geäußert, sie hatte sich vielmehr nur gegenüber zwei Personen in einer E-Mail über den Kläger ausgelassen. Damit liegt die für das Gegenschlagsrecht charakteristische Abwehrsituation nicht vor. Der Umstand, dass der Kläger die E-Mail der Beklagten auf seiner Webseite in dem Beitrag "... dreht durch" vom 23.10.2016 (Anlage B 11) öffentlich gemacht hat, führt nicht dazu, dass er sozusagen eigenhändig ein Recht auf Gegenschlag herbeiführen kann. Ein solches hätte ihn im vorliegenden Fall allenfalls gegenüber den Adressaten in der E-Mail zugestanden. Ob diese von seiner Äußerung in dem Beitrag vom 26.10.2016 (Anlage B 12) überhaupt Kenntnis erlangen würden, ist zweifelhaft.

Die Beklagte hat gegen den Kläger daher aus § 823 Abs. 1, 1004 analog BGB einen Anspruch auf Unterlassung dieses Teils der Äußerung.

Damit ist die Klage unbegründet, die Widerklage zum Teil unzulässig und im Übrigen nur teilweise begründet.

Soweit die Beklagte in den Widerklageanträgen 3. a) und b) bei der Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform die Internetseite des Klägers mit www.dersemit.de bezeichnet, ist den von ihr vorgelegten Anlagen sowie dem Vortrag des Klägers zu entnehmen, dass die zutreffende Internetadresse tatsächlich www.der-semit.de lautet. In den Tenor des Urteils war daher diese Internetadresse aufzunehmen, da diese ersichtlich gemeint war, § 308 ZPO steht dem nicht entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO.

Der Streitwert für die Klage wird entsprechend dem Interesse des Klägers an der begehrten Unterlassung auf € 10.000,– festgesetzt, der Streitwert für Ziff. 2 der Widerklage wegen der zeitlichen Einschränkung auf € 6.000,–. Der Streitwert für Ziff. 3. a) und b) der Widerklage wird auf jeweils € 15.000,– festgesetzt, da das Interesse der Beklagten an der Unterlassung dieser Äußerungen aufgrund der weiten Verbreitung im Internet höher anzusetzen ist.

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