AG Wolfratshausen, Beschluss vom 30.03.2017 - 2 K 76/15
Fundstelle
openJur 2020, 62245
  • Rkr:
Tenor

Der sofortigen Beschwerde des Antragstellers gegen den Zuschlagsbeschluss vom 26.01.2017 (Bl. 46/48 d.A.) wird nicht abgeholfen, § 572 Abs. 1 ZPO.

Gründe

Mit Beschluss vom 26.01.2017 wurde hinsichtlich des aus dem Rubrum ersichtlichen Grundbesitzes der Meistbietenden (zugleich die rubrizierte Antragsgegnerin) der Zuschlag erteilt.

Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 08.02.2017, beim Beschwerdegericht (Landgericht München II) wohl in Form einer Telekopie am 08.02.2017 eingegangen, sofortige Beschwerde ein, mit dem Antrag, den Zuschlagsbeschluss aufzuheben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei einem baren Meistgebot von 155.000 € handele es sich um eine Verschleuderung der Immobilie. Weiter liege seitens der Antragsgegnerin Prozessbetrug vor, da diese zur Abschreckung von Bietinteressenten einen mit sich selbst im Beschlussverfahren gemäß § 745 BGB abgeschlossenen Mietvertrag als rechtswirksam zustande gekommen behauptet habe.

Die sofortige Beschwerde wurde durch das Landgericht München II dem Amtsgericht Wolfratshausen zur Prüfung der gemäß § 572 Abs. 1 ZPO gegebenen Abhilfemöglichkeit zugeleitet.

Die Meistbietende (zugleich die rubrizierte Antragsgegnerin) wurde zur sofortigen Beschwerde gehört.

Diese beantragte mit Schriftsatz ihres anwaltlichen Vertreters vom 21.02.2017 die sofortige Beschwerde zurückzuweisen, da keiner der von § 100 ZVG normierten Vorschriften verletzt worden sei.

Im Übrigen wird wegen des Sachverhalts auf die Schriftsätze der Parteien und den Akteninhalt (insbesondere auf das Protokoll über den Versteigerungstermin und den Zuschlagsbeschluss) Bezug genommen.

Die sofortige Beschwerde kann nicht als begründet erachtet werden, weshalb eine Abhilfe nicht erfolgt.

Zunächst ist zur Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerdebegründung, die offenbar aufgrund Information durch den im Versteigerungstermin ohne anwaltlichen Vertreter anwesenden Antragsteller erfolgte, folgendes anzumerken:

Ein tumultartiger Verlauf des Versteigerungstermins lag nicht vor. Die gegensätzlichen Ansichten von Rechtspfleger und Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin über die Wirksamkeit des Mietvertrages führten zu Erstaunen und Diskussionen bei den anwesenden Bietinteressenten, wobei seitens des Gerichts natürlich darauf hinzuweisen war, dass die Frage der Wirksamkeit des Mietvertrages ggf. innerhalb einer Räumungsklage durch das dafür zuständige Prozessgericht geklärt werden muss. Überdies bestand für Bietinteressenten die Möglichkeit den behaupteten Mietvertrag einzusehen. Anzumerken ist hier, dass bei der Versteigerungsart zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft ein Sonderkündigungsrecht des Erstehers gegenüber einem Mieter nicht besteht (§ 183 ZVG), worauf das Gericht pflichtgemäß hingewiesen hat. Dies führte jedoch nicht dazu, dass ein Großteil der vermeintlichen Bietinteressenten den Sitzungssaal verlassen hat. Allenfalls verließen darauf hin 3 bis 5 Person den Sitzungssaal.

Teilungsversteigerungsverfahren ist es im übrigen immanent, dass öffters Unklarheit darüber besteht, ob ein Mietverhältnis vorliegt, zumal für das Gericht keine Möglichkeit besteht, die Eigentümer zu entsprechenden Auskünften zu zwingen.

Die Äußerung der Antragsgegnerin, dass das die Immobilie finanzierende Darlehen gekündigt worden sei und ein Bieter berücksichtigen müsse, die Darlehensrückführung leisten zu müssen, entspricht dem Hinweis des Gerichts, dass dem Bargebot in wirtschaftlicher Hinsicht der Nominalbetrag des nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Grundpfandrechts samt dinglicher Zinsen ab Zuschlag bis zur Ablösung hinzuzurechnen ist (siehe Terminsprotokoll Seite 41 d.A.). Die Zinsen bis Versteigerungstermin sind aus dem Bargebot abzudecken, was sich aus den den Bietinteressenten durch Verlesung bekannt gegebenen Versteigerungsbedingungen und dem geringsten Gebot entnehmen läßt, so dass hinreichend bekannt war, dass bis zum Versteigerungstermin aufgelaufene Zinsen nicht zusätzlich zum Bargebot zu entrichten sind.

Soweit ein Zwischenrufer behauptete, dass es keine richtige Zufahrt zum Grundstück gäbe, was eventuell am Gebäude vorzunehmende Umbaumaßnahmen erschweren würde, konnte sich jeder Bietinteressent - soweit er dies nicht bereits im Vorfeld getan hatte - anhand des zur Einsichtnahme ausliegenden Gutachtens (dort Seite 10 Ziff. 2.4) davon unterrichten, dass die Zufahrt zum Objekt gesichert ist.

Da ein Zuschlagsversagungsgrund nicht vorlag, musste dem im Termin erzielten Meistgebot der Zuschlag erteilt werden.

Das Meistgebot, welches aus dem Kapitalwert der bestehen bleibenden Grundschuld in Höhe von 200.000,00 € und dem Bargebot von 155.000,00 € besteht, übertraf mit 355.000,00 € deutlich die 5/10-Wertgrenze von 270.000,00 €, so dass eine Zuschlagsversagung nach § 85 a Abs. 1 ZPO nicht gegeben war.

Die in den §§ 43 Abs. 1 und 73 Abs. 1 ZVG vorgegebenen Fristen bzw. Zeiträume wurden sämtlichst eingehalten.

Auch lag zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung kein Grund vor, aus dem die Fortsetzung des Verfahrens unzulässig gewesen wäre, § 83 Nr. 6 ZVG.

Eine Verschleuderung der Immobilie liegt nicht schon deshalb vor, weil das Ergebnis unter dem festgesetzten Verkehrswert geblieben ist.

Überdies wäre Verschleuderung über einen Antrag nach § 765 a ZPO geltend zu machen gewesen. Ein entsprechender Antrag wurde nicht gestellt.

Nach herrschender Meinung ist § 765 a ZPO auch bei Versteigerungsverfahren zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft anwendbar (vgl. Stöber, 20. Aufl., Einleitung Rn. 52.6). Begründet wird die Anwendung der Vorschrift damit, dass ein Miteigentümer gegen dessen Willen das Verfahren durchgeführt wird gleich einem Schuldner ein schutzwürdiges Interesse zuzubilligen ist. Da der Beschwerdeführer jedoch das Verfahren von sich aus auch aktiv betreibt, er ist Antragsteller des Verfahrens, erscheint die Anwendbarkeit des § 765 a ZPO hier ohnehin ausgeschlossen zu sein.

Selbst wenn die Anwendbarkeit des § 765 a ZPO gegeben wäre, läge bei einem Meistgebot von ca. 66 % des festgesetzen Verkehrswertes keine Verschleuderung der Immobilie vor. Eine Verschleuderung wird in der Regel nur dann angenommen, wenn ein grobes Missverhältnis zwischen dem Meistgebot und dem Wert der Immobilie vorliegt. Überwiegend wird ein solches Missverhältnis nur dann angenommen, wenn das Meistgebot, was bei Wegfall der Wertgrenzen auch zuschlagsfähig ist, wenn es 50 % des Verkehrwertes nicht erreicht, unterhalb dieses Wertes liegt (vgl. Stöber, 20. Aufl., Einleitung Rn. 55.3). Das LG Saarbrücken hat ein grobes Missverhältnis bei einem Meistgebot von 62 % als nicht mehr gegeben erachtet (Rpfl. 2000, 80 ff).

Nach alledem sah das Gericht auch keine Verpflichtung den Beschwerdeführer unter Aussetzung der Entscheidung über die Erteilung des Zuschlags über die Möglichkeit eines Antrag nach § 765 a ZPO zu belehren.

Abschließend ist anzumerken, dass eine Klärung der Frage, ob hinsichtlich der Immobilie ein wirksames Mietverhältnis vorliegt, nur außerhalb des Versteigerungsverfahrens erfolgen kann. Das Gericht hat seine Zweifel am Bestehen eines wirksamen Mietverhältnisses ebenso dargelegt, wie die Seite der Miteigentümerin B1 seine Ansicht, es liege ein wirksames Mietverhältnis vor, ausgeführt hat.

Dass darauf hin Bietinteressenten eine Risikoabwägung vornahmen, was wohl auch zu einem relativ niedrigen Meistgebot geführt haben mag, kann durch das Gericht nicht verhindert werden. Letztlich ist es Sache der Parteien, insbesondere wenn diese das Verfahren aktiv betreiben, für eventuell notwendige Klärungen von Rechtsverhältnissen im Vorfeld eines Versteigerungstermins zu sorgen.

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