Hamburgisches OVG, Urteil vom 18.08.2020 - 4 Bf 160/19
Fundstelle
openJur 2020, 47509
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 9 K 1669/18

1. Bewohnen Asylbewerber in einer öffentlichen Gemeinschaftsunterkunft zwei ihnen zur alleinigen Nutzung zugewiesene, für sie verschließbare Zimmer und nutzen sie darüber hinaus allen Bewohnern der Unterkunft zur Verfügung stehende Gemeinschaftsräume (Küche, Bad), handelt es sich (nur) bei den beiden Zimmern um eine Wohnung im Sinne von Art. 13 GG und § 23 Abs. 1 HmbVwVG.

2. Regelmäßig stellt das Betreten einer Wohnung durch Behördenmitarbeiter, um dort Personen zum Zwecke der Abschiebung aufzufinden und zu ergreifen, eine Durchsuchung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG und § 23 HmbVwVG dar. Dabei ist auf die ex ante Perspektive des handelnden Behördenmitarbeiters abzustellen.

Rubrum

Urteil

Im Namen des Volkes

In der Verwaltungsrechtssache

1. ...

2. ...

3. ...

vertreten durch ...

4. ...

vertreten durch ...

- Kläger -

Prozessbevollmächtigter:

zu 1-4: ...

zu 2: ...

g e g e n

Freie und Hansestadt Hamburg,

vertreten durch die Behörde für Inneres und Sport Einwohner-Zentralamt

- Beklagte -

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 4. Senat, auf Grund mündlicher Verhandlung vom 18. August 2020 durch ...

für Recht erkannt:

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 15. Februar 2019 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt war, ihre Zimmer in ihrer Wohnunterkunft zum Zwecke der Abschiebung zu betreten und zu durchsuchen.

Die Kläger, ein Ehepaar mit zwei Kindern, sind irakische Staatsangehörige. Sie reisten nach eigenen Angaben im Juni 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 27. Juli 2015 Asylanträge. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte die Asylanträge mit Bescheid vom 30. September 2015 als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung in die für das Asylverfahren zuständigen Niederlande, die einer Wiederaufnahme der Kläger am 25. August 2015 zugestimmt hatten, an.

Nachdem zwei Abschiebungsversuche gescheitert waren, ordnete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 16. November 2016 erneut die Abschiebung der Kläger in die Niederlande an. Am 12. Januar 2017 erteilte die Beklagte dem zuständigen Referat den Auftrag, die vollziehbare Ausreisepflicht der Kläger durch Zugriff in der Wohnunterkunft zu vollstrecken. Die Kläger lebten seinerzeit in zwei, ihnen allein zugewiesenen und mit einer Zwischentür verbundenen Zimmern in der Unterkunft ... .

Zur Vollstreckung der Abschiebung betraten am 16. Februar 2017 gegen 6:30 Uhr Mitarbeiter der Beklagten mit Hilfe eines ihnen wenige Tage zuvor vom Betreiber der Unterkunft ausgehändigten Schlüssels die Zimmer der Kläger. Zwei der Kläger schliefen zu diesem Zeitpunkt im zuerst betretenen Zimmer, die beiden anderen Kläger schliefen in dem damit verbundenen weiteren Zimmer. In einem Vermerk der Beklagten heißt es: „Beim Durchsuchen der Kleidung der Tochter konnten im Hosenbund € 400,00 gefunden werden. Das Geld war eingenäht. Der Ehemann hatte € 2 300,00 bei sich“. Die Kläger zu 1., 3. und 4. wurden daraufhin in die Niederlande abgeschoben, auf eine Abschiebung der Klägerin zu 2. wurde aufgrund ihrer Schwangerschaft verzichtet. Die abgeschobenen Kläger kehrten noch im selben Monat nach Deutschland zurück.

Nachdem das Asylverfahren in die Zuständigkeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge übergegangen war, lehnte dieses die Asylanträge mit Bescheiden vom 7. September 2017 und vom 25. Oktober 2017 als unzulässig ab und drohte den Klägern die Abschiebung in den Irak an. Hiergegen erhoben die Kläger Klage, die das Verwaltungsgericht abgewiesen hat (8 A 8120/17). Der dagegen gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung ist noch beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht anhängig (4 Bf 549/19.AZ).

Am 14. Februar 2018 haben die Kläger Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Betretens und Durchsuchens der Zimmer ihrer Wohnunterkunft erhoben. Zur Begründung haben sie im Wesentlichen ausgeführt, die Maßnahme der Beklagten sei rechtswidrig gewesen, weil sie ihre Zimmer, bei denen es sich um eine Wohnung im Sinne von Art. 13 GG gehandelt habe, ohne die erforderliche richterliche Anordnung durchsucht habe.

Die Kläger haben beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt war, ihre Zimmer in der Wohnunterkunft ... in den Morgenstunden des 16. Februar 2017 zu betreten und zu durchsuchen.

Die Beklagte hat beantragt

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, Art. 13 GG sei nicht betroffen, da das Wohnverhältnis durch die Abschiebung dauerhaft beendet werde. Die Durchführung der Vollstreckungsmaßnahme sei ohne ein Suchen, sondern durch ein Betreten, Sehen und Verweilen ausgeführt worden und stelle deshalb keine Durchsuchung dar. Folge man der gegenteiligen Ansicht der Kläger, dürfte zum Zweck der Vollstreckung eine Wohnung zwar betreten, die dort befindlichen Personen aber nicht in Gewahrsam genommen und abgeschoben werden. Damit liefe die in Gesetz und Rechtsprechung getroffene Abgrenzung zwischen Durchsuchung und Betreten leer. Auf die erfolgte körperliche Durchsuchung der Kläger beziehe sich der Klageantrag nicht.

Mit Urteil vom 15. Februar 2019 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben: Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig. Das Feststellungsinteresse ergebe sich aus der Grundrechtsrelevanz der Maßnahmen der Beklagten. Die Klage sei auch begründet. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Zimmer der Kläger in der Wohnunterkunft zu betreten und zu durchsuchen. Bei diesen Zimmern habe es sich um eine Wohnung im Sinne von § 23 HmbVwVG und Art. 13 Abs. 1 GG gehandelt. Die Kläger seien für ihren Haushalt selbst verantwortlich gewesen, dort habe ihr Privatleben stattgefunden, insbesondere hätten sie dort ihre Schlafstätte gehabt. Der Umstand, dass ausreisepflichtig Asylbewerber bei ihrer Abschiebung die Zimmer der Wohnunterkunft räumen müssten, nehme den Zimmern vor der Abschiebung nicht die Eigenschaft als räumliche Sphäre, in der sich das Privatleben entfalte. Die Privatsphäre von Asylbewerbern in den ihnen zugewiesenen Zimmern in Gemeinschaftsunterkünften sei deutlich weniger eingeschränkt als dies bei Gefangenen in ihrem Haftraum, bei dem es sich nicht um eine Wohnung im Sinne von Art. 13 GG handele, der Fall sei. Die Maßnahme der Beklagten sei - unabhängig davon, ob die Wohnung auch nach Sachen durchsucht worden sei - als Durchsuchung im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 1 HmbVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG zu qualifizieren. Es handele sich um eine Durchsuchung, wenn Vollstreckungspersonen eine Wohnung öffnen und betreten würden, um darin bestimmte Personen aufzufinden und zu ergreifen. Auf die Größe und Übersichtlichkeit der zu durchsuchenden Räume sowie darauf, ob sich die zu ergreifenden Personen - etwa unter einem Bett oder in einem Schrank - in der Wohnung verborgen hielten, komme es nicht an. Bei einem gegenteiligen Verständnis wäre eine trennscharfe Abgrenzung zwischen Durchsuchung und bloßem Betreten einer Wohnung kaum möglich. Zwar sei das Betreten notwendiges Begriffsmerkmal jeder Wohnungsdurchsuchung, unbeschadet dessen könne es in anderen Fällen als bei Eingriffsdurchsuchungen Konstellationen geben, in denen eine Wohnung nicht durchsucht, sondern lediglich betreten werde. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten die Zimmer der Kläger zu dem Zweck betreten, sie dort aufzufinden und zu ergreifen. Vor dem Betreten der Zimmer habe nicht festgestanden, dass die Kläger sich zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich alle in ihren Zimmern aufhielten, da dies bei den vorangegangenen Überstellungsversuchen teilweise nicht der Fall gewesen sei. Außerdem habe die Beklagte vor dem Betreten der Zimmer nicht sicher davon ausgehen können, dass die Kläger für sie unmittelbar sichtbar sein würden und eine Suche nach ihnen nicht erforderlich sein würde, da es auch in kleinen Zimmern einer Wohnung Möglichkeiten gebe, sich zu verstecken. Eine richterliche Anordnung habe entgegen § 23 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HmbVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG nicht vorgelegen. Die Beklagte hätte nicht auf die Einholung einer richterlichen Anordnung verzichten dürfen, weil diese nicht den Erfolg der Durchsuchung gefährdet hätte; es habe keine Gefahr im Verzug bestanden. Die Beklagte habe die Durchführung der Abschiebung mit einem Vorlauf von mehreren Wochen geplant, in denen eine richterliche Anordnung hätte beantragt werden können. Auch ein Betreten der Wohnung gemäß § 23 Abs. 1 HmbVwVG, der im Hinblick auf Art. 13 Abs. 7 GG verfassungskonform auszulegen sei, wäre rechtswidrig gewesen, weil das reine Betreten der Wohnung die weiterhin drohende Störung der Ausreisepflicht nicht wirksam zu verhindern vermocht hätte. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen.

Gegen dieses ihr am 20. Februar 2019 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 14. März 2019 eingelegten und - nach entsprechender Fristverlängerung - am 23. Mai 2019 begründeten Berufung. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus:

Es sei bereits zweifelhaft, ob der sachliche Schutzbereich des Art. 13 GG eröffnet sei. Das Recht der Kläger, in der Unterkunft vor ungerechtfertigten Einschränkungen geschützt zu werden, und ein Recht auf ungestörte Entfaltung der Persönlichkeit und der Privatsphäre entfalle im Falle einer Maßnahme zur zwangsweisen Vollstreckung der Abschiebung. Durch die Abschiebung werde das Wohnverhältnis dauerhaft beendet, sodass Art. 13 GG nicht betroffen sei.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts stelle die streitgegenständliche Maßnahme keine Durchsuchung, sondern lediglich ein Betreten und somit einen von Art. 13 Abs. 7 GG gedeckten Eingriff dar. Folge man dem Verwaltungsgericht, würde bei einer Rückführung aus einer Wohnung kein Unterschied zwischen dem Betreten und dem Durchsuchen zum Zwecke der Vollstreckung bestehen. Damit wäre ihr das Recht nach § 23 Abs. 1 HmbVwVG entzogen, ihre eigenen Unterkünfte bzw. die zugewiesenen Wohnunterkünfte ohne gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss zur Abholung für eine Abschiebung zu betreten. Die von Gesetz und Rechtsprechung vorgesehene Unterscheidung zwischen dem Betreten und dem Durchsuchen einer Wohnung würde praktisch aufgehoben, denn in diesem Fall würde nach dem Betreten der Räumlichkeit bereits die Ingewahrsamnahme von für die Vollstreckungsbeamten ohne weiteres sichtbaren Bewohnern ausgeschlossen sein, obwohl diese sich nicht versteckt hielten, sondern offen sichtbar in der überschaubaren Örtlichkeit schlafend angetroffen worden seien. In einem Wohncontainer genüge eine reine Umschau. Zum verfassungsrechtlichen Begriff der Durchsuchung gehöre, dass der Wohnungsinhaber den Sachverhalt, um dessen Ermittlung es sich handele, geheim halten wolle. Erst wenn Schränke geöffnet, Verstecke gesucht, hinter Vorhänge oder in Wäschesäcke geschaut werde, also tatsächlich Durchsuchungshandlungen ausgeführt würden, könne eine Durchsuchung im Sinne von Art. 13 GG bzw. § 23 HmbVwVG gegeben sein. Maßgeblich könne dabei nur sein, ob tatsächlich ein Durchsuchen nötig sei, wenn der Ausländer beim Betreten der Wohnung nicht ohne weiteres erkennbar sei. Wenn Personen, wie vorliegend die Kläger, jedoch schlicht schlafend in ihren Betten angetroffen würden, liege kein von den abzuschiebenden Personen geheim gehaltener Sachverhalt vor. Eine Durchsuchung sei allenfalls erforderlich, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass sich die gesuchte Person in der Wohnung versteckt halte. Im Gegensatz zum Durchsuchen bedeute Betreten, dass sich die Polizei Eintritt verschaffe, sich aufhalte und umschaue, ohne jedoch Veränderungen (Verrücken, Öffnen etc.) herbeizuführen. Die Kombination der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts mit der zivilgerichtlichen Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Erlass von Durchsuchungsanordnungen würde dazu führen, dass sie eine Wohnung nur betreten und die abzuschiebenden Personen darin ohne weiteres erblicken, aber nicht in Gewahrsam nehmen dürfe, weil sie dafür einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss benötige. Einen Durchsuchungsbeschluss würde sie aber nicht bekommen, weil es nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung eines Durchsuchens nicht bedürfe, solange nicht ersichtlich wäre, dass es für die Betroffenen überhaupt erfolgversprechende Möglichkeit gebe, sich in ihrem Zimmer in der Unterkunft versteckt zu halten.

Schließlich wäre auch ein Betreten nach § 23 Abs. 1 HmbVwVG im Lichte von Art. 13 Abs. 7 GG rechtmäßig gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 15. Februar 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Sachakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).

I.

Die Klage ist zulässig.

Dabei kann dahinstehen, ob hinsichtlich der streitgegenständlichen Vollstreckungsmaßnahme die Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO oder die allgemeine Feststellungsklage nach § 43 VwGO die statthafte Klageart ist. Das für beide Klagearten gleichermaßen erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Auch bei - wie hier - in der Vergangenheit liegenden Maßnahmen ist das Feststellungsinteresse insbesondere bei tiefgreifenden Grundrechtseingriffen zu bejahen (BVerfG, Beschl. v. 31.1.2017, 1 BvR 1259/16, NJW 2017, 1164, juris Rn. 14). Hierunter fallen jedenfalls solche, die schon das Grundgesetz - wie etwa im Falle des Art. 13 Abs. 2 GG - unter Richtervorbehalt gestellt hat (BVerfG, Beschl. v. 5.12.2001, 2 BvR 527/99 u.a., BVerfGE 104, 220, juris Rn. 36). Die Maßnahme der Beklagten in den Zimmern der Wohnunterkunft der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen, denn sie ist im Hinblick auf den Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung und den für Durchsuchungen angeordneten Richtervorbehalt gemäß Art. 13 Abs. 1, Abs. 2 GG in besonderer Weise grundrechtsrelevant.

II.

Die Klage ist auch begründet. Die Maßnahme der Beklagten vom 16. Februar 2017 stellt eine Durchsuchung dar, die den Anforderungen von § 23 Abs. 1, Abs. 3 HmbVwVG nicht genügt.

1. Als Rechtsgrundlage für das Handeln der Beklagten kommt nur § 23 Abs. 1 HmbVwVG in Betracht. Die Durchführung der Abschiebung erfolgloser Asylbewerber richtet sich nach den allgemeinen Regeln (Dollinger in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 58 AufenthG Rn. 3). Mit der gemäß § 34a Abs. 2 Satz 4 AsylG sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge liegt ein im Verwaltungswege vollstreckbarer Titel im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 3 HmbVwVG vor.

Insbesondere kann die Maßnahme der Beklagten nicht auf die spezialgesetzliche Grundlage des § 58 Abs. 5 oder Abs. 6 AufenthG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltenden Fassung gestützt werden. Zwar ermächtigt § 58 Abs. 5 AufenthG dazu, soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung zu betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet, und ermächtigt § 58 Abs. 6 AufenthG die die Abschiebung durchführende Behörde, soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zum Zwecke seiner Ergreifung vorzunehmen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist jedoch das tatsächliche Handeln der Beklagten, da dies der Zeitpunkt ist, für den die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme begehrt wird. § 58 Abs. 4 bis 10 AufenthG wurden allerdings erst mit dem am 21. August 2019 in Kraft getretenen Zweiten Gesetz zur besseren Durchführung der Ausreisepflicht (v. 15.8.2019, BGBl. I S. 1294) und damit nach der streitgegenständlichen Maßnahme am 16. Februar 2017 eingefügt.

2. Nach § 23 Abs. 1 HmbVwVG ist die Vollziehungsperson befugt, Wohnungen, Geschäftsräume und sonstiges Besitztum der pflichtigen Person zu betreten und zu durchsuchen, soweit der Zweck der Vollstreckung es erfordert. Die Wohn- und Geschäftsräume der pflichtigen Person dürfen ohne deren Einwilligung nur auf Grund einer richterlichen Anordnung durchsucht werden. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Einholung der Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde (§ 23 Abs. 3 S. 1, 2 HmbVwVG).

Bei den von der Maßnahme der Beklagten betroffenen Räumlichkeiten handelte es sich um die Wohnung der Kläger (a). Diese wurde von Mitarbeitern der Beklagten durchsucht (b), ohne dass die Voraussetzungen von § 23 Abs. 3 HmbVwVG vorlagen (c). Ob das Betreten der Wohnung nach § 23 Abs. 1 HmbVwVG, Art. 13 Abs. 7 GG für sich genommen rechtmäßig war, kann ebenso offenbleiben wie die Frage der Rechtmäßigkeit der Durchsuchung der Kläger selbst bzw. deren Kleidung (d).

a) Bei den beiden Zimmern der Kläger in der Wohnunterkunft handelt es sich um eine Wohnung im Sinne von § 23 HmbVwVG. Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist die grundrechtliche Wertung von Art. 13 Abs. 1 GG heranzuziehen. Art. 13 GG schützt die räumliche Privatsphäre (BVerfG, Beschl. v. 13.10.1971, 1 BvR 280/66, BVerfGE 32, 54, juris Rn. 45). Aufgrund des engen Zusammenhangs mit der Menschenwürdegarantie (BVerfG, Urt. v. 27.2.2008, 1 BvR 370/07 u.a., BVerfGE 120, 274, juris Rn. 191) ist der Begriff der Wohnung weit auszulegen. In den Tatbestand der Wohnung fallen alle privaten Wohnzwecken gewidmeten Räumlichkeiten, in denen der Mensch das Recht hat, in Ruhe gelassen zu werden (BVerfG, Beschl. v. 9.8.2018, 2 BvR 1684/18, NJW 2019, 3633, juris Rn. 29; Beschl. v. 18.9.2008, 2 BvR 683/08, ZIP 2008, 2027, juris Rn. 14). Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs sind die Zimmer der Kläger als Wohnung zu qualifizieren. Den Klägern standen in der Wohnunterkunft zwei verschließbare Zimmer innerhalb eines Wohncontainers zur privaten Nutzung zur Verfügung. Anders als dies etwa bei Gemeinschaftsräumen der Fall ist, dienten die Zimmer nicht der gemeinsamen Nutzung mit anderen Bewohnern. Vielmehr spielte sich in den Zimmern der Kläger ihr Privatleben ab, insbesondere hatten sie dort ihre Schlafstätte (vgl. auch OVG Bremen, Beschl. v. 30.9.2019, 2 S 262/19, NordÖR 2020, 122, juris Rn. 18). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, sind zur alleinigen Nutzung zugewiesene Räume in Gemeinschaftsunterkünften aufgrund der unterschiedlichen Zweckrichtung der Unterbringung auch nicht mit Hafträumen vergleichbar, für die der Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG nur eingeschränkt gilt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.5.1996, 2 BvR 727/94 u.a., NJW 1996, 2643, juris Rn. 13).

Dass die Kläger aufgrund der Abschiebungsanordnung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vollziehbar ausreisepflichtig waren, ändert nichts an der Einordnung ihrer Zimmer als grundrechtlich geschützte Wohnung. Bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Kläger die Wohnung wegen der Abschiebung verließen, diente sie ihnen weiterhin als Lebensmittelpunkt und zur Verwirklichung ihrer Privatsphäre (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 30.9.2019, 2 S 262/19, NordÖR 2020, 122, juris Rn. 18). Der Schutz des Art. 13 GG endete auch nicht mit dem Beginn der zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht (so aber VG Neustadt an der Weinstraße, Beschl. v. 28.6.2002, 7 N 1804/02 NW, InfAuslR 2002, 410, Leitsatz in juris). Eine solche Betrachtungsweise würde die Ebene des Schutzbereichs eines Grundrechts mit der Ebene der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung eines staatlichen Eingriffs vermischen. Die besonderen Anforderungen von Art. 13 Abs. 2 und 7 GG sollen gerade sicherstellen, dass der grundrechtliche Schutz der Wohnung auch während der Durchführung einer staatlichen Zwangsmaßnahme Geltung entfaltet.

b) Die Maßnahme der Beklagten stellte eine Durchsuchung dar. Für eine Durchsuchung im Sinne des Art. 13 Abs. 2 GG ist das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts kennzeichnend. Zweck der Durchsuchung ist es, etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht herausgeben oder offenlegen will (BVerfG, Beschl. v. 18.9.2008, 2 BvR 683/08, ZIP 2008, 2027, juris Rn. 17; Beschl. v. 5.5.1987, 1 BvR 1113/85, BVerfGE 75, 318, juris Rn. 26). Durchsuchungen sind danach Mittel zum Auffinden und Ergreifen einer Person, zum Auffinden, Sicherstellen oder zur Beschlagnahme einer Sache oder zur Verfolgung von Spuren; „Durchsuchen“ bedeutet in diesem Zusammenhang, in der Wohnung etwas nicht klar zutage Liegendes, vielleicht Verborgenes aufzudecken oder ein Geheimnis zu lüften (BVerwG, Beschl. v. 7.6.2006, 4 B 36.06, NJW 2006, 2504, juris Rn. 3). Die Durchsuchung erschöpft sich nicht in einem Betreten der Wohnung, sondern umfasst als zweites Element die Vornahme von Handlungen in den Räumen (BVerfG, Beschl. v. 16.6.1987, 1 BvR 1202/84, BVerfGE 76, 83, juris Rn. 26; OVG Hamburg, Beschl. v. 23.10.1996, Bf V 21/96, NJW 1997, 2193, juris Rn. 12). Deshalb handelt es sich nicht immer schon dann um eine Durchsuchung, wenn bei dem Betreten und der Besichtigung einer Wohnung Dinge wahrgenommen werden, die offen zutage liegen, die der Wohnungsinhaber aber vor den zuständigen Behörden geheim halten möchte (BVerwG, Beschl. v. 7.6.2006, 4 B 36.06, NJW 2006, 2504, juris Rn. 4). Eine Durchsuchung liegt daher nicht vor, wenn der Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung nicht über ein Betreten und das Besichtigen offenliegender Gegenstände hinausgeht, auch wenn der Inhaber der Wohnung diese lieber dem Blick entzogen hätte (OVG Hamburg, Beschl. v. 23.10.1996, Bf V 21/96, NJW 1997, 2193, juris Rn. 12). Die Betretungs- und Besichtigungsrechte der Bauaufsichtsbehörden (BVerwG, Beschl. v. 7.6.2006, 4 B 36.06, NJW 2006, 2504, juris Rn. 4) sowie der Überwachungsbehörden auf den Gebieten des Apotheken-, Handwerks-, Lebensmittel- und Wohnraumschutzrechts (vgl. BVerfG, Urt. v. 13.2.1964, 1 BvL 17/61 u.a., BVerfGE 17, 232, juris Rn. 70; Beschl. v. 13.10.1971, 1 BvR 280/66, BVerfGE 32, 54, juris Rn. 48; BVerwG, Urt. v. 5.11.1987, 3 C 52.85, BVerwGE 78, 251, juris Rn. 25; OVG Hamburg, Beschl. v. 23.10.1996, Bf V 21/96, NJW 1997, 2193, juris Rn. 13) sind deshalb von der Rechtsprechung nicht als Durchsuchung eingeordnet worden.

In Anwendung dieses Maßstabs stellt das Betreten einer Wohnung durch Behördenmitarbeiter, um dort Personen zum Zwecke der Abschiebung aufzufinden und zu ergreifen, eine Durchsuchung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG dar (so auch VG Berlin, Beschl. v. 16.2.2018, 19 M 62.18, juris Rn. 9, bestätigt durch OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.2.2018, OVG 6 L 14.18, juris Rn. 2; LG Verden, Beschl. v. 25.8.2004, 6 T 120/04, InfAuslR 2004, 453, Leitsatz in juris; vgl. AG Kerpen, Beschl. v. 22.1.2004, 68 XIV 3/04, juris Rn. 3). Der Beklagten ging es - aus der ex ante Perspektive - im Streitfall nicht darum, die Wohnung der Kläger zu betreten und zu besichtigen - etwa um deren baulichen Zustand zu kontrollieren -, sondern gezielt darum, die Kläger aufzufinden. Sie hat dabei in einer für Durchsuchungen typischen Weise in das private Leben der Kläger und die räumliche Sphäre, in der es sich entfaltete, eingegriffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.9.1974, I C 17.73, BVerwGE 47, 31, juris Rn. 16), denn der Gegenstand der Ermittlung der Beklagten waren der private Lebensbereich der Kläger und die dort wohnenden Personen (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 26.10.1990, 4 TH 1480/90, NVwZ-RR 1991, 526, juris Rn. 34). Die Feststellung, dass sich die Kläger in der Wohnung befanden, geschah nicht nur „nebenbei“ in Ausübung eines anderen Zwecken dienenden behördlichen Besichtigungs- und Betretungsrechts, sondern war das unmittelbare und einzige Ziel der Maßnahme. Die Beklagte hat die Wohnung der Kläger nicht nur betreten, um darin zu verweilen und einen bestimmten Sachverhalt festzustellen, sondern einen - wenn auch geringen - darüberhinausgehenden Aufwand betrieben, indem sie die Räumlichkeiten der Kläger in Augenschein genommen hat, um festzustellen, ob sich - was sie nicht wusste - die Kläger in der Wohnung befinden oder nicht (vgl. LG Verden, Beschl. v. 25.8.2004, 6 T 120/04, InfAuslR 2004, 453, Leitsatz in juris).

Zwar meint die Beklagte, ihre Maßnahme reihe sich in die bereits höchstrichterlich entschiedenen Fälle des bloßen Betretens ein, weil auch ihre Maßnahme sich dadurch ausgezeichnet habe, dass allein das Hineingelangen in die Wohnung zur Zweckerreichung ausreichend gewesen sei. Abgesehen davon, dass zu Beginn der Maßnahme nicht absehbar war, welcher Aufwand innerhalb der Wohnung betrieben werden musste, um die Kläger zu finden, verkennt die Beklagte dabei, dass das bloße Betreten der Wohnung der Kläger zur Zweckerreichung, nämlich der Abschiebung, gerade nicht ausreichte. Erforderlich war vielmehr darüber hinaus, nach den Klägern zu schauen, sie zu entdecken und sie zu identifizieren, auch wenn dies im konkreten Fall keinen großen Suchaufwand erfordert haben mag (siehe dazu unten). Die in der Rechtsprechung anerkannten Betretungsfälle zeichnen sich außerdem dadurch aus, dass das bloße Betreten typischerweise der Feststellung eines Sachverhalts zur Vorbereitung einer behördlichen Maßnahme diente (vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 6.6.2012, 11 A 3099/12, juris Rn. 22; OVG Hamburg, Beschl. v. 23.10.1996, Bf V 21/96, NJW 1997, 2193, juris Rn. 8). So liegt es hier jedoch gerade nicht. Die Beklagte wollte keine spätere Maßnahme vorbereiten, sondern die Kläger unmittelbar nach dem Betreten der Wohnung finden und dann ergreifen.

Dass die Kläger - was die Mitarbeiter der Beklagten, wie gesagt, vor Beginn der Maßnahme nicht wissen konnten - kurz nach dem Betreten der Wohnung gefunden wurden, weil sie schlafend in ihren Betten lagen, vermag an der Einordnung der Maßnahme als Durchsuchung nichts zu ändern. Im Streitfall fielen die zwei Elemente der Durchsuchung - das Betreten der Wohnung und das Auffinden der Kläger - zudem gerade nicht nahezu in einem Akt zusammen. Die Maßnahme erschöpfte sich nämlich nicht in einem reinen Betreten der Wohnung, sondern erforderte, da sich die Kläger nicht vollzählig in dem zuerst von den Mitarbeitern der Beklagten betretenen Zimmer befanden, ein Umschauen, um sie zu finden. Zwei der Kläger schliefen im Nachbarzimmer, das mit dem von den Mitarbeitern der Beklagten zunächst betretenen Zimmer durch eine Zwischentür verbunden ist. Die von den Klägervertretern in der mündlichen Verhandlung vom 18. August 2020 vorgelegten Fotos der beiden Zimmer legen nahe, auch wenn dies nur anhand der Fotos nicht mit Sicherheit beurteilt werden kann, dass die Mitarbeiter der Beklagten nach dem Betreten des ersten Zimmers lediglich zwei der Kläger sahen und dann durch die - möglicherweise geschlossene - Verbindungstür schauen mussten, um die beiden anderen Kläger in den in verschiedenen Ecken des Zimmers stehenden Betten sehen zu können. Es bedurfte also mutmaßlich eines weiteren Umsehens und jedenfalls einer Überprüfung der Identität der anwesenden Personen, um festzustellen, dass alle Kläger in den beiden Zimmern anwesend waren. Einer abschließenden Klärung bedarf dies nicht, da für die Differenzierung zwischen reinem Betreten und Durchsuchen auf die exante Sicht der Behördenmitarbeiter abzustellen ist (siehe unten).

Folgte man der Ansicht der Beklagten, dass von einem Durchsuchen nicht gesprochen werden kann, wenn die fraglichen Personen sich nicht verborgen halten, sondern vor Ort bei der jeweiligen Umschau ohne weiteres zu erkennen sind, hinge es letztlich von Zufällen wie der Größe oder der Überschaubarkeit einer Wohnung oder dem konkreten Aufenthaltsort der Personen innerhalb der Wohnung ab, ob eine Durchsuchung - die dann ggf. mangels richterlicher Anordnung abgebrochen werden müsste - oder ein Betreten vorliegt. Außerdem vermag allein der Umstand, dass sich - wovon vor dem Betreten der Wohnung nicht ausgegangen werden konnte - nach dem Betreten der Wohnung weitere darüberhinausgehende körperliche Handlungen als nicht erforderlich erweisen, die Einordnung von Eingriffen als Durchsuchung nachträglich nicht zu ändern (anders wohl OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.12.2014, I-3 Wx 46/14, FamRZ 2015, 1047, juris Rn. 28, in einem Fall, in dem der gesuchte Gegenstand vom Bewohner sofort freiwillig herausgegeben wurde). Dies widerspräche dem Sinn und Zweck von Art. 13 Abs. 2 GG, der auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz abzielt (BVerfG, Urt. v. 20.2.2001, 2 BvR 1444/00, BVerfGE 103, 142, juris Rn. 33 und Beschl. v. 16.6.1987, 1 BvR 1202/84, BVerfGE 76, 83, juris Rn. 31). Insofern ist auf die ex ante Sicht der Behördenmitarbeiter abzustellen. Müssen die Behördenmitarbeiter - was in der Praxis regelmäßig der Fall sein dürfte - bei der Planung der Maßnahme von der Notwendigkeit, Suchhandlungen vorzunehmen, ausgehen oder müssen sie zumindest mit solchen ernstlich rechnen, weil sie nicht wissen können, ob und - wenn ja - wo genau sich die aufzugreifenden Ausländer in der Wohnung befinden, zielt die Maßnahme auf eine Durchsuchung ab, für die der Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG greift. So lag es hier. Vor dem Betreten der Zimmer konnte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass alle Kläger dort für sie unmittelbar sichtbar sein würden. Die Kläger bzw. einzelne Kläger hätten sich etwa gar nicht in der Wohnunterkunft oder anderswo in der Unterkunft aufhalten oder auch - sollten sie die Ankunft der Mitarbeiter der Beklagten rechtzeitig bemerkt haben - irgendwo in der Unterkunft versteckt halten können. Insofern mussten die Mitarbeiter der Beklagten davon ausgehen, feststellen zu müssen, ob und wo sich die Kläger in der Wohnung aufhalten. Dass sie ohne größeren Aufwand zu sehen waren, war aus Sicht der Mitarbeiter der Beklagten angesichts der frühen Uhrzeit wohl wahrscheinlich, letztlich aber Zufall.

c) Für die Durchsuchung der Wohnung der Kläger lag jedoch entgegen § 23 Abs. 3 S. 1 HmbVwVG weder deren Einwilligung noch eine richterliche Anordnung vor. Eine Durchsuchungsanordnung war vorliegend auch nicht gemäß § 23 Abs. 3 S. 2 HmbVwVG und Art. 13 Abs. 2 GG entbehrlich, weil keine Gefahr im Verzug bestand. Die vorherige Einholung der richterlichen Anordnung hätte den Erfolg der Durchsuchung nicht gefährdet (vgl. BVerfG, Urt. v. 20.2.2001, 2 BvR 1444/00, BVerfGE 103, 142, juris Rn. 42). Die Beklagte hat die Abschiebung mit mehr als einem Monat Vorlauf geplant. In dieser Zeit hätte eine richterliche Durchsuchungsanordnung beantragt werden können. Bereits am 12. Januar 2017 erteilte die Beklagte dem zuständigen Referat den Auftrag, die vollziehbare Ausreisepflicht der Kläger durch Zugriff in der Wohnung zu vollstrecken, was dann am 16. Februar 2017 erfolgte.

d) Ob die Voraussetzungen für ein Betreten als sonstiger Eingriff im Sinne von § 23 Abs. 1 HmbVwVG im Lichte des Art. 13 Abs. 7 GG vorgelegen haben, kann dahinstehen, da die streitgegenständliche Maßnahme der Beklagten - wie dargelegt - eine Durchsuchung und kein bloßes Betreten darstellt. Ebenso kann dahinstehen, ob die Durchsuchung der Kleidung der Kläger bzw. ggf. deren körperliche Durchsuchung rechtmäßig war, da der Antrag der Kläger auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Wohnungsdurchsuchung beschränkt ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.Vm. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.